1971 von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 4: Entscheidungen ------------------------- Severus ging zum Tisch der Slytherins. Es kostete ihn ziemliche Mühe sein Gesicht gerade zu halten. Er kannte einige von den äl-teren Schülern. Denn ihre Eltern kannten seine Eltern. Aber er lä-chelte ihnen nicht zu. Jetzt würde er für die nächsten sieben Jahre seines Lebens allein sein. James verstand noch immer nicht warum der Hut so lange ge-braucht hatte und starrte missbilligend auf den Slytherin hinab. Si-rius fiel auf, dass sein Freund im Moment keinen Spaß mehr an der Auswahl hatte, war sich aber nicht sicher ob er James fragen sollte; er hatte das Gefühl, dass da was persönliches zwischen ihm und dem Slytherin - Jungen war. Doch als Sirius sich den Jungen genauer anschaute sah er für ihn erstaunlich erschöpft aus. Komisch...Mitgefühl regte sich in Sirius. Doch der Junge war Slythe-rin und er nicht, was ihn wieder auf das Thema brachte, dem die-ser Tag gewidmet sein sollte. Schließlich kam wohl niemand nach Slytherin der nicht wollte, so in etwa hat der sprechende Hut das ja gesagt. Die Auswahl ging weiter. "Sparrow, Alexandra" wurde eine Gryffindor, "Tuca, Danny" auch. Bald war die Rolle verlesen und Prof. McGonnagal brachte den Stuhl wieder raus. Indessen erhob sich der Schulleiter und das lauter zu werdende Gemurmel der hungrigen Meute ebbt wieder ab. Alle schauten ge-spannt zum Professor hoch. "Willkommen. Ich freue mich neue Gesichter zu Sehen und alte wieder zu Sehen. Ich hoffe ihr werdet das kommende Jahr genießen und vor allem nutzen. Doch lasst uns zunächst etwas anderes nutzen, und zwar Tische, Teller und Tassen!" Während sich Dumbledore wieder setzte gab es lautstarken Ap-plaus und man sah wie er seinen Blick glücklich durch den Raum schweifen ließ. Er war schon einmalig dieser Dumbledore, dachte sich Sirius. Die meisten Schüler, unter ihnen auch James und Sirius, schauten erwartungsvoll auf die Schalen, Platten und Gläser. Doch Remus schaute zur Tür, es würden viele Leute kommen müssen um die benötigte Menge Essen aufzutragen. James wunderte sich weshalb Remus die ganze Zeit zur Tür schaute, doch er war zu hungrig um genauer darüber nach zu denken. Aber er wusste, dass das Festmahl Remus garantiert ab-lenken würde. Und wie zur Bestätigung James' Gedanken erschien wie aus dem Nichts ein Festmahl auf dem goldenen Geschirr. Und er hatte noch einmal Recht behalten, denn als sich die Teller und Schüsseln füllten starrte Remus das Essen mit offenem Mund an, aber James Meinung nach nicht nur wegen dem köstlich her-gerichteten Essen. "Woher kommt denn das?" "Ist doch egal! Hab noch nie was Besseres gegessen!" Mampfte James, denn er hatte sich ein etwas zu riesiges Stück Puddingtorte in den Mund geschoben. "Genau," seufzte Sirius mit geschlossenen Augen, er aß nämlich gerade sein Lieblingsgericht, dass aber noch nie besser geschmeckt hatte als hier: Schinken - Nudel Gratin mit extra viel Käse. "vollkommen egal." Das Festessen dauerte sehr lange, da auch jeder herzlich zugriff. Am Anfang gab es nur wenig Gespräche denn alle waren mords-hungrig. Doch je später es wurde desto mehr Geplapper stellte sich ein. Man hörte viel Lachen. Die Erstklässler am Gryffindor Tisch unterhielten sich gerade über ihre peinlichsten Erlebnisse beim zufälligen Zaubern. Patricia zum Beispiel schien eine wan-delnde Unfallursache zu sein. Sie erzählte unter anderem von ei-nem Mal, da sie auf das Essen aufpassen sollte, dass sich gerade kochte, weil ihre kleine Schwester was zerdeppert hatte und ihre Mutter nachschauen war. Neben dem Herd lag der Zauberstab ih-res Vaters. Als sie ihn sich genauer anschaute landete eine Fliege auf der Spitze. Sie fuchtelte ein wenig mit dem Zauberstab rum ohne zu bemerken was sie tat. Aber die Fliege blieb hartnäckig und wollte sich nicht verscheuchen lassen, also fuchtelte sie umso energischer mit dem Zauberstab herum, bis plötzlich das Essen in den Töpfen förmlich explodierte. Die ganze Küche war versaut und Pat war viel zu geschockt um sich zu rühren, was wiederum dazu führte, dass ihre Mutter sie noch am Ort des Geschehens fand, mit der Tatwaffe in der Hand als sie reingestürmt kam, denn die explodierende Suppe, das Hünchen das es zerriss und die Topfdeckel die gegen die Wände und durch die Fenster knallten hatten einen unglaublichen Lärm gemacht. Auf ähnlichem Wege hatte sie auch den halben Garten in Brand gesteckt, denn sie war ein echter Zorro Fan, und wenn sie sich Schwertkämpfe (natürlich als Zorro verkleidet) mit imaginären Bösewichten lieferte, brauchte sie natürlich ein Schwert. Ihre Oma war zu Besuch, aber in dem Moment war sie mit Pats Eltern und ihrer kleinen Schwester spazieren. Ihre Oma war sehr vergesslich und (un)glücklicherweise hatte sie ihren Zauberstab im Haus liegengelassen. Pat fand dieses Ersatzschwert ihrer absolut würdig und ging in den Garten. Man kann sich ja vorstellen was passierte. Mitten im hitzigen Gefecht ging der Baum, der als einer der Bö-sewichte galt, in Flammen auf nachdem sie so getan hatte als hätte sie ihn erstochen. Der Garten war dummerweise dicht bewachsen weshalb das Feuer rasch übergriff. Sie versuchte gar nicht erst es mit Wasser aus dem Zauberstab zu löschen, sonder ließ den Zau-berstab aus Panik fallen und rannte ins Haus um einen Eimer Wasser zu holen, der natürlich nichts brachte. Ihre Eltern waren schon auf dem Rückweg doch apparierten sie sofort ins Haus als sie erkannten dass irgendetwas in der Nähe ihres Hauses brannte. Die Eltern löschten das Feuer mit Wasser aus ihren Zauberstäben und wollten wissen wie Pat das schon wieder angestellt hatte. Sie erzählte ihnen von Omas Zauberstab. Doch der Zauberstab war nicht auffindbar. Erst als Pats Eltern den Garten auf seinen Scha-den untersuchten fanden sie ein Stückchen verkohltes Holz, das ihnen irgendwie bekannt vorkam. Die Strafpredigt ging, nach Pat, über eine Stunde von der ihre Oma mindestens eine halbe nur für wüste Flüche beansprucht hatte, die Pat noch nie aus deren Mund gehört hatte. Für Fluchwörter hatte ihre Oma ein besonders gutes Gedächtnis, dass stand wohl fest. Als alle gesättigt waren, verschwand das Essen und das Geschirr blieb blitzblank zurück. Sirius, Remus und James lehnten sich bedröppelt zurück. Nur Peter schien noch immer noch immer nervös. Sirius schien das Rumgezappelle offensichtlich auf den Geist zu gehen. "Kannst du dich mal abreagieren?!" Fuhr er ihn an. Angeschrieen zu werden schockte Peter so sehr, dass er auf-hörte rum zu Hampeln, aber er nun dafür ängstlich auf seine Hände starrte und stocksteif auf seinem Stuhl saß. Remus warf Si-rius einen musste-das-sein Blick zu, den Sirius mitleidslos erwider-te. Er mochte Leute nicht die sich so gehen ließen. Sie waren viel zu Rückratlos für ihn. Dumbledore stand wieder auf. "Wir leben in schweren Zeiten. Das wisst ihr so gut wie ich. Ich will nicht von euch verlangen die geschehenen Dinge und diese die noch geschehen werden außer-halb der Schlossmauern zu lassen." "Das ist unmöglich", fügte er leise hinzu. "Doch wegen der jüngsten Geschehnisse bitte ich euch um euer Verständnis, dass die Hogsmeade Ausflüge fürs ers-te ausfallen werden. Doch ich bin sicher, ihr werdet die Zeit auch anderweitig nutzvoll finden. Schlaft gut." Die Schüler schenkten Dumbledore, trotz des nicht fröhlichen Inhaltes der Rede, einen tosenden Applaus. Dann erhoben sich die Massen und strömten aus der großen Halle. Die Gryffindor Erstklässler standen auf, wa-ren aber doch etwas verängstigt wohin sie denn gehen sollten. Als sie ans Ende der Gryffindor Tafel kamen hörten sie eine strenge Stimme. "Erstklässler hier rüber! Gryffindor Erstklässler hier hin!" Das Mädchen, das, wie Sirius auffiel einen Hogwarts Anstecker mit einem großen "V" in der Mitte trug, schrie sich fast heiser um gehört zu werden, denn es war noch immer sehr laut. Die vier Freunde waren gar nicht müde. Und als das Mädchen sie zum Portrait der fetten Dame im rosa Kleid führte, dass den Durch-gang zum Gryffindor Gemeinschaftsraum verbarg, bestaunten sie voll kitzliger Spannung die vielen Treppen, Gänge hinter Wand-teppichen und sahen sogar mal eine Tür, die verschwand nachdem sie sie einige Momente beobachtet hatten. Dies war das Paradies und die neuen Freunde konnten es kaum erwarten das Schloss mit all seinen Winkeln zu erkunden. Es gab bestimmt auch Geheim-gänge. Als sie am Portrait ankamen sagte ihnen das Mädchen das Pass-wort ("Mausehaar"), worauf sich James, Remus, Peter und Sirius natürlich köstlich amüsierten. Der Gryffindor Gemeinschaftsraum war ein großes rundes Zimmer mit sehr gemütlich aussehenden Sesseln, einem großen Kamin und vielen Tischen, Stühlen und Couchsesseln. Der ganze Raum war in den Gryffindor Farben rot und gold eingerichtet, und Remus sprach aus was wohl allen auf der Zunge lag. "Volltreffer!" Er blickte sich im Raum als könnte er noch immer nicht glauben, dass das echt war, Sirius fühlte sich genauso. Schon wo er diesen Raum zum ersten mal betreten hatte, hatte er sich vollkommen wohl und eingelullt gefühlt. Er wurde nun müde und wollte gleichzeitig ins Bett und schon diese Nacht mit einer Schlosserkundung beginnen doch ihm war klar, dass wenn er einmal im Bett liegen würde sein Geist aufgeben und sich dem Schlaf hingeben würde. Die Vertrauensschülerin erklärte ihnen wo die Mädchen und die Jungs schliefen, während immer noch Nachzügler aus den höhe-ren Klassen eintrudelten und ihnen allen gute Nacht wünschten. Das Mädchen beendete ihre Erklärungen mit der Aufforderung doch zu ihr zukommen sollten sie irgendwelche Fragen haben und dass ihr Gepäck bereits in ihren Schlafzimmern stünde und so lies Pat ihre Hand wieder sinken. Als die Jungs die Wendeltreppe hochgingen sahen sie am obersten Ende eine Falltür mit dem Schild "1. Klasse", die in die Mitte ihres Schlafraumes führte. Der Raum war wirklich schön. Er war riesig. Aber schließlich mussten hier ja auch sechs Leute Platz finden. Der Raum war, wie der Gemeinschaftsraum, rund und die Betten waren wie die Striche auf einer Uhr angeordnet und zwischen den Betten befanden sich große gotische Fenster, die einen einmaligen Blick auf die Umge-bung feilboten. Der Hauptgrund aus dem sich die Freunde ent-schieden nicht nur das Schloss, sondern auch die Ländereien zu erforschen. Die Koffer standen vor den großen Himmelbetten, aber keiner der Jungs schien müde, besonders wo man so einen Volltreffer bei der Zimmerauswahl erzielt hatte. Sie standen alle an den Fenstern und blickten auf das mondbeschienene Land un-ter ihnen. Peter hatte seine Hände und seine Stirn gegen das küh-lende Glas gelehnt und obwohl von der schwarzen Masse unter ihm eine magnetische Anziehungskraft ausging fürchtete er sich gleichermaßen vor ihr. Doch etwas drang in sein Gedächtnis und zum ersten Mal sprach er wirklich freiwillig zu den anderen. "Das da unten muss der verbotene Wald sein. Meine Mom hat mir da-von erzählt. Sie hat gemeint ich solle mich davor hüten da Rein-zugehen. Da drin soll es unglaublich spuken." "Du willst doch nicht etwa auf sie hören!" rief James empört und löste seinen Blick vom Fenster um Peter anzusehen. "Ich weiß nicht...ich würde schon gerne reingehen, besonders weil mein Vater mir so-viel davon erzählt hat. Als er nämlich noch hier zur Schule ging, war er oft in dem Wald und dort soll es alle möglichen magischen Wesen geben. Einhörner, Hippogreiffe, Zentauren...und er sogar geschworen einmal einen leuchtenden Schwänzelglubscher gese-hen zu haben." Sagte Peter mit erfurchtsvoller Stimme. "Einen was?!" riefen die anderen Jungs im Chor. "Einen leuchtenden Schwänzelglubscher. Das ist eine Art Riesensalamander. Soll ca. drei Meter lang sein und eine Art Auge auf seinem Schwanzansatz tragen. Ich hab's nicht ganz verstanden. Soll aber voll selten sein." James und Sirius tauschten bedeutende Blicke und sahen so sehn-suchtsvoll auf das dunkle Land unter ihnen als könnten sie es kaum erwarten dort hinunter zu gehen. "Dann würd' ich mal sa-gen" ließ Sirius verlauten und rieb sich die Hände "dass wir in die Federn hüpfen. Schließlich hätte auch Columbus Amerika nicht unausgeschlafen erobern können." Und so krochen sie unter ihre behaglichen Decken und schliefen schnell ein. Nur Remus konnte nicht so gut einschlafen, denn der Halbmond passierte für einige Zeit das Fenster ihm gegenüber und selbst wenn er die Vorhänge seines Bettes zuzog, konnte er nicht alle silbernen Strahlen am passieren hindern. Die Nacht war unruhig gewesen. Aber er würde sich mit allem ab-finden. In gewisser Weise passte er doch hierhin. Bittere Gedan-ken, so wie diese, würden ihnen für den Rest seines Lebens zeich-nen, das würde er noch lernen. Als er aufwachte zog er sich rasch an. Nach dem Himmel draußen zu urteilen war es noch sehr früh, aber man wusste nie ob diese Zauberfenster nun das richtige Wet-ter anzeigten oder nicht. Denn hier unten in den Kerkern gab es keine richtigen Fenster. Sie waren nur so verzaubert, weil man ih-nen wohl nicht zumuten wollte in einem Loch zu leben, das abso-lut kein Licht hineinließ. Ihm war es egal. Er würde so selten wie möglich hier unten sein. Der Raum miefte ein wenig, denn die Fenster waren zu, aber Severus merkte es nicht. Er sah auch nicht, dass das kühle einströmende Licht dem Raum und seinem Innen-leben eine fast kunstvolle Note verlieh. Nun konnte man die Ein-zelheiten der grotesken Figuren, an den aus dunklem Holz beste-henden Betten und Schränken erkennen. Plötzlich hielt Severus inne und er bemerkte zum ersten Mal das Geschnarche seiner Mitschüler, die noch tief schliefen. Er atmete auf. Er würde nicht zu spät zum Unterricht kommen. Er musste besser aufpassen, was um ihn rum vor sich ging. Als er die Tür hinter sich schloss merk-te er, dass das schwarze Holz der zu einer Fratze verunstalteten Türklinke einen ekelhaften Rotstich besaß. Mit seinen Büchern und seinem Zauberstab setzte er sich in den vollkommen leeren Gemeinschaftsraum. Dieser war ganz in grün und silber eingerich-tet, und doch bestand eigentlich alles aus dem verfratzten schwar-zen Holz, das Übelkeit in ihm hochsteigen ließ. Er vergrub seine Nase in seiner Lektüre um sich abzulenken. Er las ein altes Buch, dessen Titel man nicht mehr entziffern konnte. Er hatte es von zu Hause mitgehen lassen. Sein Vater würde ihn umbringen wenn er das erführe, aber solche Charakterstärke traute er diesem nicht zu. Hätte er eine normale Familie könnte er vielleicht fürchten einen Euler vorgesetzt zu kriegen, aber das war für ehemalige Slytherins unter ihrer Ehre. Deshalb erhoffte sich Severus keine ernsthaften Konsequenzen für sein Tun. Schon bald war er vollkommen in sein Buch vertieft. Nach zwei Stunden nahm er eine kleine mit Metal verzierte Glasphiole heraus und stellte sie in einen Halter auf einem der Tische. Er setzte sich und schlug das Buch neben ihm auf. Er hob seinen Zauberstab und schrieb Zeichen in die Luft während er die Zauberformel aus dem Buch murmelte. In der beschriebenen Luft entstand blauer Rauch, der sich langsam in verschiedenen Punkten verdichtete. Severus nahm den Zauberstab runter und beobachtete wie in den Verdichtungsstellen Lichter entstanden und dann plötzlicher ohne einen Laut zu machen exp-lodierten und Lichter und farbige Wolken versprühten. "Netter Sidus - Zauber." Severus drehte sich so schnell rum um zu sehen wer gesprochen hatte, dass er sich den Hals verrenkte und mit schmerzverzerrtem Gesicht zu einem älteren Schüler auf-blickte. Er kam ihm seltsam bekannt vor. Plötzlich hob der Junge seinen eigenen Zauberstab und richtete ihn auf Severus und bevor er sich bewegen konnte hatte dieser schon seinen Zauber gespro-chen: "Dolore carens." Und wie durch ein Wunder verschwand der Schmerz in Severus Hals augenblicklich. Es blieb nur eine komische Taubheit, die aber nicht weiter störend war. Der Junge grinste über das verwunderte Gesicht von Severus, nahm seinen Zauberstab wieder runter und schritt auf ihn zu. "Lucius Malfoy" und er streckte seine Hand aus. Nun wusste Severus woher er den Jungen kannte und dass er ihm eigentlich misstrauen sollte, aber irgendwie konnte er nicht, denn schließlich hatte er seinen Zauber gelobt und ihm den Schmerz genommen. "Severus Snape." Sie schüttelten sich die Hände. Severus sah es Lucius an, das diesem der Name Snape nicht unbekannt war. "Scheinst ja mehr Talent zu haben als deine Eltern." Obwohl er seine Eltern hasste ver-spürte er einen leichten Stich, doch er wollte sich nichts anmerken lassen. Außerdem hatte Malfoy Recht. "Ist ja auch nicht gerade schwer." Malfoy schnaubte nur, konnte sich aber ein verächtliches Grinsen nicht verkneifen. Er hatte Ausstrahlung, dass musste man sagen. Diese kalten, blauen Augen, die alles aus einem heraus zu saugen schienen, die einen von der Außenwelt abschirmten und vereinnahmten; diese langen hellgoldenen Haare, die ihm, hinten zu einem lockeren Zopf gebunden eine gewisse Adeligkeit zuspra-chen und doch zeigten, dass ihn die Welt mal konnte. Außerdem war er älter und verstand was von seinem Handwerk, was sein schmerzfreier Hals bewies, und so kam Severus einfach nicht drum rum ein wenig stolz darauf zu sein, dass dieser Junge ihn ge-rade gelobt hatte. Lucius setzte sich auf die Tischkante und beo-bachtete die Galaxien und Wolken mit Ehrfurcht und sie spiegel-ten sich in seinen Augen. Es war offensichtlich, dass ihr Anblick ihn faszinierte. Ohne seine Augen von ihnen zu wenden zeigte er auf die leere Phiole. "Willst du sie dort hineintun?" "Ja" antworte-te Severus "aber ich weiß nicht wie." Das brachte er nur etwas zö-gerlich heraus, denn es war ihm etwas peinlich, dass er diesen dummen Sternenhaufen nicht in einen Behälter verfrachten konn-te. "Sieh zu und lerne..." Lucius tauchte seinen Zauberstab mitten in die Wolken und begann ihn mit kreisenden Bewegungen he-rauszuziehen. Es entstand ein Wirbel, wie wenn man den Stöpsel zieht, doch die Sterne verschwanden nicht sondern folgten nur in diesem Wirbel. Als Lucius mit seinem Zauberstab bei der Öff-nung der Phiole angekommen war hielt er mit den Kreisbewegun-gen inne. Er sagte leise aber deutlich "Diffundi." während er gleichzeitig seinen Zauberstab Richtung Phiole düsen ließ und kurz vor dem Zusammenstoß den Zauberstab wegriss, als wenn er ein Band zwischen seinem Zauberstab und den Sternen zerstören wollte. Kurz darauf sah Severus etwas, dass er von nun an für immer mit dem Wort Schönheit in Verbindung bringen würde. Die Sterne die nun über der Phiole schwebten schmolzen zu ei-nem Teich, durch dessen Oberfläche man sie noch immer beo-bachten konnte. Als wenn Wasser den Nachthimmel spiegelte. Dann ergoss sich aus diesem See ein Wasserfall durch den die Sterne in die Phiole flossen. Auf dem Weg zum Boden der Phiole verlor sich der flüssige Zustand und die Phiole erfüllte sich mit den Wolken und den Sternen so wie sie vorher über dem Tisch geschwebt hatten. Severus murmelte ein "Danke", schloss die Phiole mit dem leuchtenden Inhalt und verstaute sie in seiner In-nentasche. Schweigend gingen sie hinunter zum Frühstück. Als sie in die Eingangshalle traten bewegte sich Severus schon au-tomatisch Richtung große Halle, aber Lucius fragte ihn ob er nicht vorher noch einen kleinen Spaziergang am See machen wollte. Se-verus stimmte zu und so gingen sie hinaus. Es war ein warmer Morgen und orangene Wolkenschleier zogen sich über den hell-blauen Himmel. Es war unglaublich ruhig und Severus konnte nur die Vögel hören. Es wunderte ihn, dass Lucius um diese Uhrzeit spazieren gehen wollte. Wenn er sich nicht sehr irrte wollte er mit ihm über etwas reden, dass er nicht vor fremden Ohren erwähnen konnte. "Ich stehe nicht oft so früh auf. Aber wenn, dann gehe ich meistens gleich raus um meinen Kopf frei zu kriegen. Es hilft um Wut abzubauen." Wenn Severus seinen Sinnen trauen konnte, dann hatte er Bitterkeit in Lucius' Stimme gehört, doch er verstand nicht was sie dort zu suchen hatte, denn für ihn schien dieser Junge erfahren genug um alleine mit schwierigen Situatio-nen klar zu kommen. "Kennst du die Blacks?" fragte Lucius nach einer Pause. "Ich habe ihren Namen schon öfters gehört. Aber ich kenne sie nicht näher, wenn du das meinst..." "Aber dir wird wahrscheinlich aufgefallen sein," er machte eine Pause als müsste er sich erst beruhigen bevor er weiter sprechen konnte "dass ges-tern ein Black in Gryffindor aufgenommen wurde." Sie schritten langsam weiter. Ja er konnte sich erinnern. Einem anderen wurde die Tür geöffnet vor der er die Augen verschlossen hatte. Sirius Black hatte das gekriegt was er zurückgewiesen hatte. Er wunderte sich nun wer der wahre Feigling war. Severus bemerkte, dass Lu-cius ihn beobachtete und versuchte den Schmerz zu vertilgen und seinen Gedankengang zu verfolgen. Es war eine Schande. Er wusste wie empört bestimmte Kreise sein würden wenn sie he-rausfänden, dass ein Zauberer aus dem Hause Black der jahrhun-dertealten Tradition den Rücken gekehrt und dem großen Slythe-rin seine Verachtung gezeigt hatte. "Er ist ein Verräter." Und Se-verus wusste, dass Sirius Black von nun an auch als solcher be-handelt werden würde. "Und weißt du was das bedeutet?" Severus hob seine Augenbrauen um zu signalisieren, dass er es nicht wuss-te. "Wir reinblütigen Familien werden immer rarer, Severus. Wir können es uns nicht leisten Familienmitglieder an die falsche Seite zu verlieren, wir müssen zusammen halten." Lucius sah ihn dabei so intensiv an, dass es ihm den Rücken hinunterlief, dann wandte er sich wieder ab und ging weiter. "Und wir können es uns auch nicht leisten, wie soll ich sagen, gewisse Schwachstellen, zu dul-den." Severus fragte sich ob er ihn richtig verstanden hatte. "Und wir haben leider beide das Pech, solchen Schwachstellen, sehr na-he zu stehen." Nun blieb Lucius ganz stehen und sah Severus di-rekt in die Augen. "Willst du deine Eltern nicht verteidigen? Ich habe deine Familie beleidigt." Severus löste seinen Blick mit Mühe aus der Umklammerung und sah zum Boden. "Nein, du hast doch die vollkommene Wahrheit gesagt. Ich wusste nur nicht, dass es so bekannt ist." "Es sind immer die Falschen, die reden. Jedenfalls wollte ich deshalb mit dir sprechen. Ich freue mich zu sehen, dass du offensichtlich mehr Talent besitzt als deine Eltern, denn für uns, denen die schwere Bürde aufertragen wurde, die Ehre, welche die Eltern gedankenlos zertrümmern, zu erhalten, müssen schwer arbeiten. Schwerer als die meisten. Und ich weiß, dass du von ih-nen enttäuscht bist, dass du sie, noch mehr, verachtest. Ich sehe es in deinen Augen wie ich es früher einmal sehen konnte wenn ich in den Spiegel sah." Mitleidslos und doch nicht ganz ohne Ge-fühlsregung sah Lucius auf den kleinen Jungen hinab, der viel zu zerbrechlich für seine Bürde schien und flüsterte ihm ins Ohr "Und weine niemals vor ihnen." Dann wandte er sich ab und ging wieder langsam weiter. "Komm, es wird Zeit. Wir sollten frühstü-cken gehen." Es war ein langer Weg zum Schloss und so hatte Severus es bis dahin geschafft sich zu fassen, aber das Gespräch hatte sich ein-gebrannt. Als sie die große Halle betraten war sie erst halbvoll, denn obwohl sie lange draußen gewesen waren, war es noch im-mer ziemlich früh. Lucius ging fast bis ans Ende des Tisches und setzte sich dort zu einer Gruppe von älteren Slytherins. Ohne dar-über nachzudenken setzte sich Severus neben ihn. "Wozu schleppst du denn den Kleinen hier an? Nimm's mir nicht übel, aber der Babysitter Typ bisse ja nich gerade." sagte ein schlaksiger aber ansonsten eher unauffälliger Typ und ließ ein Grunzen ver-lauten, das wohl seine typische Lache darstellte und nickte in Se-verus Richtung. Severus wollte dem Jungen nicht in die Augen se-hen, denn die Bezeichnung ,Kleiner' hatte ihn gekränkt, aber das musste man ihm nicht sofort ansehen, also ignorierte er den Typ und tat so als fühlte er sich nicht angesprochen. Stattdessen blick-te er interessiert in die andere Richtung. "Halt die Klappe Joseph." Hörte er Lucius in gelangweiltem Ton sagen. "Der Junge kann besser auf sich aufpassen als du, wenn man bedenkt, dass er Zau-ber beherrscht, die du noch nicht mal halbwegs hinkriegst." "Aber natürlich! Und was für Zauber sollen das sein?" "Zeig ihm die Phiole, Snape." Severus blickte sich nun um, Lucius blickte nicht in seine Richtung sondern schaute mit bösartig zu Schlitzen ver-engten Augen in die Josephs. Langsam nahm er die Phiole heraus und hielt sie hoch ,so dass jeder der kleinen Gruppe ihren Inhalt gut sehen konnte. Severus spürte wie eine starke Woge Selbstbe-wusstsein ihn durchflutete. Konnte es wirklich sein, dass dieser Junge den Sidus Zauber nicht beherrschte? Waren die Maßstäbe an dieser Schule so niedrig? Der Junge namens Joseph machte ei-nen so dümmlichen Gesichtsausdruck, dass Severus leise lachen musste "Nett, nicht?". Er konnte unmöglich einen Schüler, der so viel älter war als er aber diesen Zauber nicht beherrschte, respek-tieren, und so ließ er die Phiole elegant in seine Tasche zurück gleiten. Dummerweise begann der Junge schon wieder zu lachen, diesmal lauter. "Ich hab doch....Ich hab im ersten Moment doch echt geglaubt der Kleine hätte das Selbst hingekriegt. Oh Mann. Das war echt n guter Schock. Und es wär echt ne gute Motivation gewesen den Zauber endlich mal zu lernen, aber jetzt hab ich dich durchschaut und nun bringt's nix mehr. Wenigstens bin ich jetzt wach." Und er nahm sich mit großem Appetit noch mehr Würst-chen. "Ich habe nicht erwartet, dass du mir glauben würdest. Wie peinlich wäre es für dich, dir einzugestehen, dass ein Elfjähriger dir voraus ist." Severus, der Lucius aus den Augenwinkeln beo-bachtete, sah wie viel Spaß es diesem machte mit Joseph zu spie-len. "Du verarschst mich doch!" "Mir ist scheißegal was du denkst, dass sollte selbst dein lahmes Gehirn bis jetzt begriffen haben." Lucius Sprache hatte einen gefährlichen Unterton ange-nommen, der Joseph wohl dazu brachte nicht weiter zu diskutie-ren. Die Rangordnung war für Severus offensichtlich und er wuss-te nicht ob es gut oder schlecht war, dass Lucius sehr weit oben zu stehen schien. Doch wenigstens würde er sich wohl mit ihm keine Hänseleien über sich ergehen lassen müssen. Gerade als er sich noch Toast auf den Teller tun wollte stupste ihn Lucius an und nickte in die Richtung gegenüber von ihnen.. Seve-rus fiel sofort eine Gruppe von Erstklässlern ins Auge. Sie ließen seine Stimmung etwas sinken, aber er tat so als wäre sie ihm egal. Aber ihm fiel auf, dass der Geräuschpegel am Tisch stieg und er hörte öfters ein gezischtes ,Black'. Es wurde stetig lauter am Tisch bis man bemerkte, dass Sirius herüber schaute, dann wurden die Stundenpläne verteilt und es wurde totenstill. "Schau mal, wir beginnen gleich mit ,Verteidigung gegen die dunklen Künste'!" "Freu dich nicht zu früh, wir machen bestimmt nur so lahmarschige Sachen, oder noch schlimmer: Theorie." "Keine Ahnung, aber die actionhaften Sachen kommen erst in den oberen Klassen dran." Etwas enttäuscht ließ Peter den Stunden-plan sinken. "Ach komm. Interessant wird's auf alle Fälle!" Skep-tisch schaute Peter James an, ihm war klar, dass er ihn nur auf-muntern wollte aber es war dennoch nett von ihm und so nahm er sich mit etwas besserer Laune ein paar Würstchen und Tomaten. "Außerdem," und Remus neigte seinen Kopf verschwörerisch zu ihnen "gibt es noch genug Aufregendes außerhalb des Unterrich-tes." "Alles okay Sirius?" James war aufgefallen, dass Sirius seit Eintreffen in der großen Halle sehr still geworden war. "Was? Jaja, alles okay." Und er zwang ein Grinsen auf sein Gesicht. Er war froh, dass Slytherins sich darüber erhaben sahen offen zu sagen was sie denken, so würde er wenigstens die meiste Zeit seine Ruhe haben. James war etwas getroffen, dass Sirius ihm nicht alles sagen wollte, aber dann fiel ihm ein, dass sie sich ja auch erst seit gestern kannten und seine Stimmung hellte sich wieder etwas auf. Sirius sah, dass James ihm nicht glaubte, wollte ihm aber dennoch nicht die Wahrheit sagen, deshalb meinte er nur: "Mir ist nur gerade aufgefallen, dass wir die ersten beiden Stunden zusammen mit Slytherin haben..." Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)