Sliter von paptschik ================================================================================ Kapitel 17: Ungor ----------------- Dunkle Seitengassen in denen noch finstere Gestalten lauern. Alte Leute und Kinder lebten auf den Straßen, bettelnd, die einen weil sie zu jung, die anderen weil sie zu alt, beide weil sie zu schwach sind jene zu überfallen, die den Fehler machen dieses Dorf zu durchqueren. Die Häuser werden bewohnt von Verbrechern, Räubern, Mördern, Menschen die einfach alles tun würden, wenn sie dafür bezahlt würden. Familien gibt es hier keine, ehrliche Bürger nur wenige. Diejenigen, die trotz allem ehrlich sind, besitzen Gasthäuser. Sie versorgen die Einwohner mit dem Alkohol, der sie ihre Sorgen vergessen lässt. So erkaufen sie sich das Recht ehrlich zu sein. Das Recht hier zu leben, ohne das Leben derer zu führen, die sie bedienen. Auch wenn es schwer fällt zu sagen, wieso man hier überhaupt leben wollen würde. Jene, die das Geld haben, fliehen für gewöhnlich aus diesem Dorf. Diejenigen die hier sind, sind hier gefangen. Gewalt an allen Ecken, Mord, Vergewaltigung, Tod, Leid. Der faulige Gestank verwesender Körper liegt in der Luft, Krankheiten breiten sich aus, Hygiene gibt es nicht. "Ungor.", sprach Frick, als er das Dorf von weitem sah. Grolfin blickte zu ihm und dann ebenfalls in die Ferne. Er kannte Ungor, jedoch nur aus Geschichten seines Vaters. In Büchern findet man es genauso wenig wie auf Landkarten. "Das Dorf der Diebe und Bettler?", fragte Grolfin. Das Dorf der Diebe und Bettler. So beschrieb Wareme Ungor. Frick hatte eine weitaus treffendere Bezeichnung. "Eher das Dorf der Vergessenen. . .der hohe Adel Gaourts bestreitet gar die Existenz dieses Dorfes und all seiner Einwohner. Deshalb ist es auch längst von allen Karten verschwunden und aus allen Schriften verbannt. Ein Schandfleck, das ist dieser Ort. Und ein Bildnis all dessen, wofür die ach so zivilisierten Völker dieser Welt schämen sollten." Alle sahen nun zu Frick. Dieser schwieg einen Augenblick, bis er schließlich, schneller als bisher, seinen Weg fortsetzte. "Beeilt euch, die Nacht bricht bald herein." Es waren nun schon einige Tage, seit Grolfin, Kawaisa, Gurwaz und Aneva Frick begegnet waren. Mittlerweile hatten sie sich auch an seine Gesellschaft gewöhnt. Er war nun auch ein Teil ihrer Gruppe geworden. Und auch wenn er es wohl nicht zugeben würde, in diesen wenigen Tagen, hatte auch er sich an sie gewöhnt. Es waren Kleinigkeiten, wie Gespräche mit Grolfin und Aneva und das Beobachten von Kawaisa und Grolfin, wenn sie miteinander spielten, die ihn von dem ablenkten, was seit vielen Tagen, Wochen und Monaten, sein Alltag war. Sein Ziel war zwar nach wie vor das Gleiche, Sandor zu finden und zu töten, doch war es ein gutes Gefühl, wieder ein Leben abseits der Jagd und des Kampfes zu haben. In Ungor nahm sich die Gruppe ein gemeinsames Zimmer, getrennt wären sie nur schwächer und in diesem Dorf war man ständig in Gefahr. Dort besprachen Aneva, Grolfin und Frick den weiteren Verlauf ihrer Reise. "Die Wahrscheinlichkeit ist sehr hoch, dass er in die Hauptstadt will, das dürfte euch gelegen kommen, oder?", fragte Frick. Grolfin nickte. "Ich muss sowieso nach Dormior. Erst dort werde ich ein Sliter." "Gut. . .bleibt die Frage welchen Weg wir nehmen.", meinte Frick. "Lass das!", rief Aneva. Kawaisa, welche gerade dabei war die beiseite gelegten Waffen von Frick und Grolfin mit kindlicher Neugier zu untersuchen, wich erschrocken zurück. Aneva erhob ihre Stimme nicht weil Kawaisa ein Kind war und Kinder sich von Waffen fern halten sollten, nein. Kawaisa besaß sogar ihren eigenen Dolch und hatte sich auch schon im Kampf bewährt. Aneva wollte nur nicht, dass das Mädchen sich verletzt. "Kawaisa, Waffen wie diese sind zu schwer und zu groß für ein Mädchen in deinem Alter. Du könntest dich verletzen." Aneva stand auf und ging zu ihr. Sie nahm die beiden Schwerter und, nachdem sie beide einen Augenblick lang musterte, brachte sie sie zu ihren Besitzern. "Passt besser darauf auf." Beide nickten, Aneva setzte sich wieder zu ihnen und die Diskussion wurde fortgesetzt. "Wie gesagt, es bleibt die Frage welchen Weg wir gehen. Entweder wir durchqueren den Wald Daruku oder wir ziehen über die Kanhor Felder. Ich wäre für den Marsch durch den Wald.", sagte Frick. "Ich habe dabei kein gutes Gefühl. Es gibt viele Geschichten über diesen Wald, man sagt er sei verflucht.", antwortete Grolfin. "Man erzählt sich vieles. Ein Umweg über die Kanhor Felder würde uns zwei Tage kosten." "Hm. . .was denkst du, Aneva?", fragte Grolfin. Aneva, welche in Gedanken vertieft schien, sah leicht überrascht auf, als ob sie nicht damit gerechnet hätte, dass man auch sie fragt. "Äh, wie? Was? Was ich denke? Nun. . .ich denke, dass. . .die Kleinen weg sind!" "Wie bitte?" Grolfin und Frick schienen nicht zu verstehen. Aneva sprang auf, sah sich im gesamten Raum um und eilte dann zu der offen stehenden Tür des Zimmers. "Gurwaz und Kawaisa sind weg. Dabei hab ich ihnen gesagt sie sollen sich nicht von uns entfernen, solange wir hier sind." "Nur die Ruhe.", sagte Frick. "Sie können nicht weit sein, suchen wir sie." Während Kawaisa, von ihrer Umgebung wenig beeindruckt, fröhlich durch die Gassen Ungors spazierte, schien Gurwaz, welcher ihr gefolgt war, ziemlich beunruhigt. "Kawaisa, gehen wir zurück!" "Wieso denn Herr Gurwaz? Dort sind wir doch sowieso nur im Weg, da können wir uns doch auch umsehen, oder?" "In jedem anderen Fall, ja, aber nicht hier. Die Leute sehen alle so nach Verbrecher aus." "Hey, wen nennst du hier Verbrecher, Kurzer?", schnauzte ein Fremder, nach Alkohol stinkender Mann den Prono an. "Was? Sie sicher nicht. . .", versuchte Gurwaz sich zu verteidigen. Wenn er etwas nicht wollte, dann Ärger. Vor allem wo Grolfin, Frick und Aneva nicht da waren. "Soll das heißen der hier ist besser als wir?" Zwei weitere Trunkenbolde gesellten sich zu dem Fremden, einer hatte bereits ein Messer gezückt, bei dessen Anblick sich Gurwaz hinter Kawaisa versteckte. "Genau genommen seid ihr alle Drei eine Schande für euer Geschlecht, eure Rasse und sowieso alles Leben auf Vanesh.", sprach eine Frauenstimme. Gurwaz und Kawaisa drehten sich um und musterten die Frau, die entweder sehr mutig oder erschreckend dumm sein musste. Sie war etwa Sechs Jahre alt, vielleicht ein wenig größer als Grolfin, trug dunkle, ziemlich abgenutzte Kleidung und in ihrer Hand hielt sie einen langen weißen Stab. Ihre violetten Haare waren lang und glatt und ihre Augen. . .ihre Augen erstrahlten in einem wunderschönen Gold. "Was war das, Weib?", fuhr einer der Männer die Frau an, welche daraufhin ihre Hand erhob. "Schweig still.", sprach sie. Der Mann riss geschockt die Augen auf, als er feststellte, dass sein Mund zugefroren war. "Ihr wollt euch doch nicht mit einer Maji anlegen, oder?", sagte sie, mit einem herzallerliebsten Lächeln im Gesicht. Da sie dies tatsächlich nicht wollten, ergriffen die Männer schlagartig die Flucht. Die Maji wandte sich nun Kawaisa und Gurwaz zu. "Und ihr seid unverletzt?" Die beiden nickten. "Was geht hier vor?" Grolfin war der erste, der Kawaisa und Gurwaz fand. Als er die Maji bei ihnen sah, wollte er schon wieder sein Schwert ziehen. Er hatte bereits die Hand am Griff, als er sich selbst zügelte. Er war nach wie vor zu hitzköpfig, das war ihm spätestens nach dem Zwischenfall mit Frick klar geworden. So ging er also ohne sein Schwert zu ziehen auf die Drei zu. "Grolfin! Diese Frau hat uns gerettet, sie ist auch eine. . .du weißt schon, Magi." "Maji, das Wort ist Maji, Kawaisa." Grolfin sah die Fremde an. Das Gold ihrer Augen war noch strahlender, als das von Kawaisas. "Und du bist der Aufpasser der beiden, nicht?", fragte sie, während sie Grolfins Blick erwiderte. Sie sprach mit Grolfin als würde sie ihn schon ewig kennen, etwas das manche wohl als unfreundlich bezeichnen würden. "Ich kann auf mich selbst aufpassen!", beschwerte sich Kawaisa. "Was heißt hier der beiden? Ich bin Fünfundvierzig, ich brauch schon lange keine Aufpasser mehr!", meinte der Prono. Grolfin schielte einen kurzen Moment zu den beiden und sah dann wieder die Frau an. "Aufpasser beschreibt es ziemlich gut." "Dann muss ich also dich fragen, wenn ich dem Mädchen etwas beibringen will, sehe ich das richtig?" Kawaisa strahlte förmlich vor Freude. Endlich würde sie richtig lernen, noch dazu von einer offensichtlich so mächtigen Maji. "Nein. . .das ist ganz allein Kawaisas Entscheidung.", meinte Grolfin. "Kawaisa?" Sie beugte sich zu ihr runter, die beiden Maji sahen sich in die Augen. "Hättest du etwas dagegen, wenn ich mich euch für eine Weile anschließen um dir etwas beizubringen? Ich habe schon lange keine Maji mehr gesehen, die so jung war, mit solchen Leuten kann man noch richtig arbeiten. Also?" "Ja, bitte!" Kawaisa fiel ihr vor Freude um den Hals. "Ist ja gut, ist ja gut, kannst mich auch loslassen." Wieso eigentlich diese spontane Entscheidung, fragte sich die Maji in Gedanken. Dann sah sie erneut in Kawaisas Augen und wusste es wieder. Wenn sie in die Augen des kleinen Mädchens blickte, spürte sie es. Das Talent und die Kräfte, die in ihr verborgen lagen. Ihr Instinkt sagte ihr, dass diese kleine Maji eines Tages große Taten vollbringen würde. Sie hockte noch vor Kawaisa, als sie etwas hörte. Es war das Geräusch eines gespannten Bogens. Er war zwar weitaus reifer als Grolfin, doch als er diese Frau sah, handelte Frick ohne zu zögern. Sowie er bei ihnen angekommen war, hatte er auch schon seinen Pfeil gezückt, den Bogen gespannt und die Spitze auf der Fremden Hinterkopf gerichtet. "Wie lange ist es her, Frick? Wie viele Monate? Und zu unserem Wiedersehen richtest du einen Pfeil auf mich.", sagte sie und beendete ihren Satz mit einem Seufzen. Sie klang nun gänzlich anders, als zuvor. Die Heiterkeit war aus ihrer Stimme verschwunden. "Und ich würde ihn dir auch in deinen Schädel jagen, wären wir allein, Shelial!" Fortsetzung in Kapitel 18 - Erinnerungen Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)