No World of Beauty von Flordelis ================================================================================ Kapitel 5: Ich wollte dich überraschen -------------------------------------- [LEFT]Seit der berüchtigten Umarmung von Platan war inzwischen eine Woche vergangen. Um weiteren Gerüchten vorzubeugen, hatten sie sich seitdem nicht mehr getroffen und lediglich telefoniert oder Nachrichten miteinander ausgetauscht. Aber selbst das genügte schon, dass Flordelis am Ende jeder Interaktion verwirrt zurückblieb. Spätestens wenn Projekt Y zur Vollendung kam und es Zeit wurde, Platan seinen Plan zu eröffnen, würde er ihn fragen, ob er das absichtlich machte oder nicht. Wie er reagieren würde, wenn Platan zugab, dass er es absichtlich machte – am besten noch mit einem Zwinkern –, wusste er aber selbst noch nicht.[/LEFT] [LEFT]An diesem Abend saß Flordelis wie so üblich allein in seinem Haus und trank ein Glas Wein, während er über die Geschichte verschiedener legendärer Pokémon las. Das Buch war inzwischen ziemlich abgegriffen, aber das wunderte ihn nicht, hatte er es doch von einem Antiquar in Einall erstanden - die Geschichten und die Zeichnungen im Buch machten das aber wieder wett.[/LEFT] [LEFT]Heute konnte er sich aber nicht so recht konzentrieren, denn noch immer geisterte ihm Platans letzte Nachricht durch den Kopf. Darin hatte Platan ihn gefragt, wo er gerade war, und nachdem Flordelis ihm gesagt hatte, dass er zu Hause war, war von ihm keine vernünftige weitere Nachricht mehr gekommen. Eigentlich sollte Flordelis sich schon denken, was das bedeutete, aber da die Reporter sie immer noch belagerten und ausharrten, war es eine dumme Idee, ihnen jetzt weiteres Feuer zu geben. Also kam Platan bestimmt nicht vorbei. Oder?[/LEFT] [LEFT]Und warum würde er sich tatsächlich darüber freuen, wenn Platan vorbeikäme?[/LEFT] [LEFT]Er schüttelte den Kopf, um den Gedanken ein wenig abzuschütteln. Er sollte aufhören, immer an ihn zu denken, besonders im Moment, wenn er allein war. Das machte diese Leere in seinem Inneren nur noch schlimmer.[/LEFT] [LEFT]Als es plötzlich an der Tür klingelte, schwankte er zwischen Hoffnung und Genervtheit. Wer würde ihn so spät am Abend noch stören? Bestimmt niemand von Team Flare, sie würden ihn per Holo-Log kontaktieren, genau wie seine sonstigen Angestellten. Vielleicht war es ein Reporter. Oder Platan.[/LEFT] [LEFT]Lediglich die Hoffnung, dass es sich wirklich um letzteren handelte, sorgte dafür, dass Flordelis das Buch auf den Tisch legte und das Glas daneben stellte. Dann stand er auf und ging zur Tür, mit seinem üblichen genervten Gesicht, um jeden Reporter direkt zu verscheuchen.[/LEFT] [LEFT]Aber vielleicht war es Platan …[/LEFT] [LEFT]Er atmete noch einmal tief durch, dann öffnete er die Tür.[/LEFT] [LEFT]Vor der Tür stand jemand in einem braunen Trenchcoat, den Kopf gesenkt. Langsam hob er die Hand und rückte den Filzhut zurecht, den er trug.[/LEFT] [LEFT]Flordelis starrte diese Person an. War sie von der Internationalen Polizei? Waren die Informationen über Projekt Y nach draußen gesickert? Waren sie nun gekommen, um ihn zu verhaften?[/LEFT] [LEFT]Erst nach einigen Sekunden hob die Person den Kopf und tippte professionell gegen die schwarze Sonnenbrille.[/LEFT] [LEFT]»Einen wundervollen guten Abend, wünsche ich~«, sagte die Person mit melodischer Stimme – und da erkannte Flordelis, dass es sich nur um Platan handelte.[/LEFT] [LEFT]Nur? Nein, er war sogar richtig erleichtert. Nicht etwa weil er sich nicht mit der Internationalen Polizei auseinandersetzen wollte – er könnte jeden Ermittler von seiner Unschuld überzeugen, da war er sich sicher –, sondern weil es ... Platan war. Besonders in diesem Moment wurde ihm so richtig bewusst, wie sehr er es vermisst hatte, ihn zu sehen.[/LEFT] [LEFT]Er räusperte sich rasch und sprach in einer möglichst tiefen, ernsten Stimme weiter. »Verzeihen Sie bitte die späte Störung. Ein besonders komplizierter Fall treibt mich hierher. Wenn Sie mir nur ein wenig von Ihrer kostbaren Zeit schenken und sich anhören könnten, was ich zu sagen habe, wäre ich Ihnen sehr verbunden. Ich bin da einer großen Sache auf der Spur und bin sicher, damit auch Ihr Interesse wecken zu können.«[/LEFT] »Oh, ist das so?«, fragte er, um auf das Spiel einzugehen. »Es ist nicht einfach, mein Interesse zu wecken. Aber ich bin gewillt, Ihnen zuzuhören.« Damit trat er auch schon einen Schritt beiseite und bedeutete Platan hereinzukommen. »Ich danke Ihnen vielmals«, sagte Platan betont höflich und ging an ihm vorbei ins Haus hinein. Mit einer lockeren Handbewegung nahm er die Sonnenbrille ab und klemmte sie an seiner Brusttasche fest, während er so tat, als würde er alles genau in Augenschein nehmen. Schließlich sah er Flordelis aufmerksam an. »Also gut, kommen wir gleich zur Sache. Wo haben Sie die Leiche versteckt?« Platan schien gerade wirklich in diesem Schauspiel aufzugehen. Bestimmt hätte er auch einen guten Schauspieler abgegeben, wenn er nicht Professor geworden wäre. ... Aber irgendwie behagte Flordelis der Gedanke nicht, dass dann die ganze Welt an Platans Charme teilhaben könnte. Am liebsten hätte er ihn einfach für sich behalten und … Nein, darüber sollte er nicht nachdenken. Das passte auch nicht zu ihm. Gerade wenn so viele Leute von Platans Wesen profitieren dürften, hatte er kein Recht, es anderen vorzuenthalten. ... Nicht, dass er Platan überhaupt kontrollieren konnte. Nachdenklich legte er eine Hand an sein Kinn. »Oh? Warum sollte ich Ihnen das sagen? Was können Sie mir anbieten?« »Hmmm~.« Platan nahm den Filzhut ab, während er darüber nachdenklich wirkte. Seine Frisur saß nicht mehr so perfekt wie sonst, aber das schien ihn gerade nicht sonderlich zu stören, was Flordelis irgendwie … entzückend fand. Er musste der Versuchung widerstehen, die Hand zu heben und hindurchzustreichen. Aber gleichzeitig erinnerte ihn das auch daran, dass etwas mit Platan nicht stimmte. Nur was? Mit einem charmanten Lächeln lehnte er sich näher zu Flordelis. »Warum werden Sie nicht mein Partner und lüften mit mir die Geheimnisse dieser Welt? Ich versichere Ihnen, die Erfahrungen, die wir auf dieser Reise sammeln werden, sind mehr wert als jeder Schatz.« Schon allein bei dieser Vorstellung schlug Flordelis' Herz unwillkürlich schneller. Für einen kurzen Moment gab er sich dem Gedanken hin, einfach mit ihm durchzubrennen, irgendwohin, wo niemand sie kannte. Aber noch bevor er weiter darüber nachdenken konnte, lachte Platan herzlich und zwinkerte Flordelis zu. »Was sagst du zu meiner Verkleidung? Brillant, oder? Niemand dürfte mich erkannt haben~.« Sein Herz beruhigte sich augenblicklich wieder und ließ nur den fernen Hauch von Sehnsucht zurück. »Nun, nicht einmal ich habe dich im ersten Moment erkannt«, gab Flordelis zu. »Gratuliere.« Platan nickte sich stolz selbst zu. »Mein Plan ist also aufgegangen~.« Summend hängte er den Filzhut an die Garderobe und zog auch den Trenchcoat aus. Ausnahmsweise war er ohne seinen Kittel zu sehen. Als er den Trenchcoat ebenfalls ordentlich aufgehängt hatte, wandte er sich wieder Flordelis zu. »Entschuldige, dass ich dich so überfalle. Ich wollte dich überraschen.« Er lächelte erschöpft. »Ehrlich gesagt hatte ich eine recht erfolglose Woche, was die Arbeit betrifft, und benötige dringend etwas Ablenkung.« Und dafür kam er extra zu Flordelis? Er freute sich natürlich darüber, aber es war doch ... ungewöhnlich. Ob das mit dem zusammenhing, was er ihm nicht sagen konnte? Flordelis bedeutete Platan, ihm zu folgen und führte ihn ins Wohnzimmer, wo er bis gerade eben selbst noch gesessen hatte. Pyroleo, der in seinem Bett lag, hob den Kopf und brummte Platan zur Begrüßung zu, ehe er sich wieder hinlegte. Kramshef musterte den Neuankömmling schon etwas misstrauischer, aber auf eine freundliche Begrüßung von Platan hin, plusterte er nur sein Gefieder auf und schloss wieder die Augen. »Setzt dich«, bat Flordelis. »Möchtest du etwas trinken? Ich kann dir Kaffee kochen. Oder du trinkst noch ein Glas Wein mit mir.« Die Flasche war ohnehin schon offen, er müsste nur ein weiteres Glas aus dem Schrank holen. Vielleicht sollte er ihn auch eher fragen, ob er etwas essen wollte. »Ich nehme beides, bitte~«, beschloss Platan und nahm auf einem Sessel Platz und schlug die Beine übereinander, ehe er ihm zuzwinkerte. »Je länger ich mit trinken beschäftigt bin, desto mehr Zeit kann ich bei dir verbringen.« Wie viel Zeit genau wollte er denn mit ihm verbringen? Statt weiter darüber nachzudenken, versprach Flordelis ihm, sofort zurück zu sein. »Fühl dich wie zu Hause.« Das würde er auf keinen Fall zu jedem sagen, sein Haus war sein Rückzugsort, an den sich eher so wenig Leute wie möglich verlaufen sollten. Aber Platan war eben nicht jeder. Dann ging er aber schon in Richtung Küche, damit er sich um den Kaffee kümmern und schneller wieder bei Platan sein könnte. Platan, der für etwas Ablenkung gekommen war. Was mochte er darunter verstehen? Um sich nicht zu sehr in seinen eigenen Gedanken zu verlieren, setzte Flordelis den Kaffee auf und machte sich dann auf die Suche nach dem besonderen Kaffeeservice, das er normalerweise nicht benutzte – aber wenn Platan schon einmal vorbeikam, konnte er ihm nicht einfach irgendwelche Tassen vorsetzen. Aus dem Augenwinkel bemerkte er, wie Garados und Wie-Shu aus dem Garten einen interessierten Blick durch das Fenster warfen. Sie waren es nicht gewohnt, dass er um diese Zeit noch hektisch durch die Küche lief und in Schränke sah. Da draußen hatten sie natürlich nichts von Platans Ankunft mitbekommen – und das war auch besser so. Schließlich fand er das gesuchte Service ( mit kunstvollen Details und Mustern, die Blumen ergaben, absolut passend für Platan) und schenkte den Kaffee ein, dann kehrte er ins Wohnzimmer zurück, mit der Befürchtung, dass er zu lange gebraucht hätte. Doch natürlich hatte Platan sich in das Buch vertieft, das er liegengelassen hatte. Flordelis musste unwillkürlich lächeln, aber er nahm sich keine Zeit, diesen Anblick zu genießen – und sich noch mehr zu verwirren –, sondern stellte die Tasse einfach vor Platan ab. »Dein Kaffee«, sagte er dabei. »So wie du ihn magst.« Dann strebte er schon wieder zum Gläserschrank hinüber, um ein Weinglas herauszuholen. Damit wieder am Tisch, schenkte er Platan ebenfalls etwas von dem Wein ein, ehe er sich auf den Sessel neben dem von Platan setzte. Er nickte zu dem Buch hinüber. »So selten wie das Buch ist, gehe ich davon aus, dass du es bislang nicht kanntest«, vermutete er. »Tatsächlich nicht!«, bestätigte Platan aufgeregt und löste den Blick vom Buch, um Flordelis mit glitzernden Augen anzusehen. »Das gab es nicht mal in der Bibliothek von Fleetburg in Sinnoh. Und du weißt ja, ich habe so gut wie jedes Buch dort verschlungen. Gute alte Zeiten~.« Das Buch war auch entsprechend selten und teuer gewesen, kein Wunder, dass es in keiner Bibliothek gewesen war. Deswegen konnte er es Platan auch nicht ausleihen, aber er hätte ihm anbieten können, öfter vorbeizukommen, um es zu Ende zu lesen. Dann wäre er auch öfter hier ... aber was sollte Platan dann von ihm denken? »Oh, aber wo bleiben meine Manieren? Vielen Dank für den Kaffee und den Wein.« Lächelnd hob Platan einen Zeigefinger. »Lass mich nur schnell noch den einen Absatz hier zu Ende lesen, ja? Gib mir eine Minute, dann bin ich ganz für dich da.« Flordelis vollführte eine einladende Handbewegung. »Tu dir keinen Zwang an.« Während Platan las, könnte er ihn weiter betrachten. So vertieft wie er dann immer war, bemerkte er das bestimmt nicht. Platan nickte dankend und versank er nochmal in das Buch. Seine Augen leuchteten, während er diese neue Geschichte in sich aufnahm wie einen Schatz. Wie konnte Platan nur selbst beim Lesen so faszinierend sein, dass Flordelis kaum den Blick abwenden konnte? Als Platan das Buch schloss, musste Flordelis sich sogar gewaltsam fortreißen und konzentrierte sich lieber auf seinen Wein, von dem er einen großen Schluck nahm. Platan nahm derweil einen Schluck von seinem Kaffee und seufzte selig. »Du hast dir wirklich hervorragend gemerkt, wie ich meinen Kaffee am liebsten mag.« Er lächelte Flordelis herzlich an. »Dafür schenke ich jetzt dir alleine meine ungeteilte Aufmerksamkeit~.« »Es ist nicht sonderlich schwer, sich zu merken, wie du deinen Kaffee trinkst«, sagte Flordelis. Immerhin verzichtete er auf den meisten neumodischen Schnickschnack, der in vielen Cafés inzwischen angeboten wurde. Platan war sehr ... klassisch in dieser Hinsicht. »Ich nehme an, in diesem Buch sind noch viele Geschichten, von denen du nie gehört hast«, vermutete Flordelis. »Ungewöhnlich, oder? Aber viele von ihnen haben sich wohl nie durchgesetzt.« Wie die des unbekannten Legendären Pokémons, das sich vor Tausenden von Jahren (noch lange vor der Geschichte mit der ultimativen Waffe) in einem Kleinkrieg mit Yveltal und Xerneas befunden hatte – nur um schlussendlich von Arceus bestraft zu werden. Vordergründig eine tragische Geschichte, aber für ihn war es hauptsächlich eine Bestätigung: Wenn sogar Arceus Recht über todbringende Pokémon sprechen konnte, wäre ihm das genauso möglich. Er wollte immerhin auch nur die Welt retten, genau wie Arceus. Fast hätte er wieder gelacht. Selbst für ihn hörte sich das vermessen an. »Das ist bedauerlich. Ich habe nur die erste gelesen und die war schon sehr faszinierend.« Für einen kurzen Moment sah es aus, als wollte Platan irgendetwas sagen, entschied sich dann aber dagegen. Dabei war Flordelis an dieser Stelle wirklich interessiert gewesen – und gleichzeitig konnte er sich denken, dass er fragen wollte, ob er öfter vorbeikommen könnte. Aber Flordelis bot es ihm weiterhin nicht an. »Du hast ein Händchen für gute Bücher«, lobte Platan ihn stattdessen und sah Flordelis aufrichtig interessiert an. »Wie geht es dir eigentlich? Wie läuft deine Arbeit?« Flordelis lehnte sich zurück und schwenkte den Wein ein wenig, während er in das Glas hinabsah. Es war Rotwein, eine Farbe so verheißungsvoll wie die Uniformen von Team Flare – und das Glühen von Yveltals Federkleid. Yveltal, dem sie immer näherkamen. »Die Arbeit läuft gut«, antwortete er schließlich. »Im Labor sind wir gerade dabei, eine verbesserte Version des Holo-Logs vorzubereiten, mit der einige Funktionen verbessert werden. Eine Anrufer-Erkennung etwa wäre doch praktisch, findest du nicht?« Von Projekt Y konnte er ihm nichts erzählen, obwohl ihm die Ergebnisse darin weitaus zufriedener stimmten. »Oh ja, das wäre es in der Tat.« Er nahm einen weiteren Schluck Kaffee und schmunzelte. »Vorgestern habe ich einen Holo-Log Anruf angenommen, in der Hoffnung, du wärst derjenige, der sich meldet, aber es war Diantha. Sie wollte etwas mit mir unternehmen, was ich ablehnen musste. Ich habe zu viel zu tun.« Diantha ... Flordelis hatte versucht, sie so subtil wie möglich von seinem Plan zu überzeugen, indem er an ihren Stolz und ihre Eitelkeit als Schauspielerin appellierte. Aber es hatte nicht funktionierte. Hoffentlich war das kein böses Omen für sein Gespräch mit Platan darüber. »Du hast also zu viel zu tun?«, hakte Flordelis nach. »Und sitzt jetzt einfach bei mir herum?« Er schmunzelte Platan zu, damit dieser bemerkte, dass er es nicht böse meinte, aber es erschien ihm doch ein wenig seltsam. Vor allem da Platan letzte Woche noch gemeint hatte, dass er seine Arbeit auch einfach aufschieben könnte, um mit ihm zu telefonieren. Platan stellte die Tasse wieder vorsichtig ab und nahm stattdessen das Weinglas zur Hand. »Ich habe etwas zu tun. Etwas sehr Wichtiges«, betonte er sanft. Er hielt das Glas ein wenig nach oben. »Ich muss mit dir Wein trinken und es genießen, mit dir hier herumzusitzen. In Zukunft wird das öfter passieren, also gewöhne dich schon mal daran~.« Was wollte Platan nur von ihm? Sie waren schon lange Freunde, aber derart anhänglich hatte er sich noch nie gezeigt. Wenn er nicht noch so gern Geschichten erzählen würde und Dinge wusste, die sie in der Vergangenheit gemeinsam erlebt hatten, wäre er davon ausgegangen, dass es sich hierbei nicht um Platan handelte. Aber alles war wie immer und Flordelis fühlte sich immer noch wohl bei ihm ... trotz aller Verwirrung. Ahnte er vielleicht etwas? War er irgendwie dahinter gekommen, was Flordelis vorhatte und versuchte ihn mit seiner reinen Präsenz davon zu überzeugen, es zu lassen? Nun, solange das beinhaltete, dass er Platan öfter zu Gesicht bekäme … Flordelis vollführte eine einladende Handbewegung. »Wie ich sagte: Fühl dich wie zu Hause. Du bist mir immer willkommen.« »Fein, fein~«, sagte Platan glücklich. »Genau das wollte ich hören. Oh, übrigens, diese beiden Mädchen sind auch heute wieder nicht aufgetaucht.« Flordelis erinnerte sich an Platans Erzählung und an das, womit er die Blicke der beiden verglichen hatte: So wie ein ziemlich schlecht gelauntes Unlicht-Pokémon. »Ich frage mich immer noch, wer die beiden wohl sein mögen. Wenn sie einfach zu mir gekommen wären, hätte ich ihnen sicher helfen können, was auch immer ihr Problem war. Hoffentlich geht es ihnen gut.« [LEFT]»Wenn sie so finster das Labor angestarrt haben, hatten sie bestimmt kein Problem, bei dem du ihnen hättest helfen können«, vermutete Flordelis.[/LEFT] [LEFT]Sicher konnte er sich aber auch nicht sein.[/LEFT] [LEFT]»Du lehnst doch jedes Jahr Kinder ab, oder? Vielleicht gehörten die beiden einfach zu diesen abgelehnten Bewerbern und waren deswegen wütend. Bestimmt haben sie sich wieder beruhigt, nachdem sie eine Weile dein Labor angestarrt haben. Kinder sind launisch.«[/LEFT] [LEFT]Wie groß war schon die Wahrscheinlichkeit, dass sie vielleicht doch eher ... Finsteres im Schilde führten? Sie waren immerhin Kinder, da dürfte das nicht der Fall sein.[/LEFT] Platan legte eine Hand an sein Kinn und nickte für sich. »Es könnten tatsächlich Kinder sein, die ich abgelehnt habe. Wirklich schade, dass ich nicht immer genug Pokémon zur Verfügung habe, die ich jungen Trainern anvertrauen kann. Solche Enttäuschungen würde ich den Kindern gerne ersparen. Nun, vielleicht bewerben sie sich nächstes Jahr nochmal um ein Pokémon. Ich bin sicher, dann werden sie mehr Glück haben.« Vielleicht sollten die beiden auch einfach lernen, mit Enttäuschungen umzugehen. Aber das warf er nicht ein, schon allein, weil es heuchlerisch wäre: Weil er mit der Enttäuschung über die Bosheit in dieser Welt nicht zurechtkam, wollte er diese nachhaltig verändern. Also konnte er schlecht von Kindern verlangen, dass sie sich nicht davon beeinflussen ließen. »Das wird sich bestimmt für jeden noch in Wohlgefallen auflösen.« Davon war er jedenfalls überzeugt. »Aber die ausgesuchten Kinder dieses Jahr dürften doch bald beim Turm der Erkenntnis ankommen, oder? Denkst du, einem von ihnen wird eine Mega-Entwicklung gelingen? Dann könntest du neue Daten bekommen, die dich vielleicht voranbringen.« »Oh, einem der Kinder auf jeden Fall«, antwortete Platan direkt aufgeregt. »Sie ist sehr talentiert und hat ein gutes Gespür. Die Bindung zu ihren Pokémon setzt Mega-Entwicklungen frei, die etwas stabiler und mächtiger sind als gewöhnlich. So etwas erlebt man leider eher selten. Bei vielen Trainern hält die Mega-Entwicklung von ihren Pokémon nicht sonderlich lange an und-« Mitten in seinem Redefluss hielt Platan kurz inne. Plötzlich wirkte er panisch, fast als verfluche er sich selbst für seine lose Zunge. Flordelis runzelte seine Stirn. »Und ich spüre einfach, dass dieses Mädchen das Potenzial dazu haben muss, kraftvolle Mega-Entwicklungen einzusetzen«, fuhr Platan, etwas nervös, fort. »Das wird meine Forschung wahrlich voranbringen. Also drück mir die Daumen, dass mich mein Gefühl nicht täuscht.« Flordelis wäre mit der Erklärung zufrieden gewesen, dass er sich irrte und die Kinder schon beim Turm gewesen waren – aber Platans plötzliche Korrektur fachte Flordelis' Misstrauen weiter an. Ihm fielen auch einige andere Dinge, die Platan zu ihm gesagt hatte, wieder ein, so wie sein aktuelles Verhalten und wenn er dann noch seine plötzliche Anhänglichkeit bedachte … In ihm formte sich ein Verdacht, dem er sich gleichzeitig aber auch verstellen wollte, denn wenn das zutraf, bedeutete das, er hätte versagt und den ultimativen Preis bezahlt. Und das wollte er sich nicht vorstellen. Außerdem war das unmöglich. Wie sollte Platan das alles wissen? »Platan ...« Er müsste ihn nur fragen, endlich darauf bestehen, dass er ihm die Wahrheit sagte, die er nun ohnehin schon ahnte und dann müsste er nur noch in Erfahrung bringen, was Platan sich nun versprach. Sein Freund schien noch blasser geworden zu sein als sonst, furchtsam sah er ihn an, als könnte ein falsches Wort von Flordelis seine gesamte Welt zum Einsturz bringen. Er müsste nur die richtige Frage stellen. »Ich drücke dir auf jeden Fall die Daumen«, sagte Flordelis lächelnd. »Wenn du so ein gutes Gefühl hast, muss es ja funktionieren.« Er konnte ihn einfach nicht fragen. Solange er es nicht wusste, konnte er den Gedanken verdrängen und die Zeit mit Platan einfach genießen. Genau das, was er eigentlich wollte. Nach einem kurzen Moment der Überraschung entspannte Platan sich. »Lassen wir uns überraschen«, meinte er ruhig und nahm einen großen Schluck Wein. Danach dachte er kurz nach. »Da du ja offenbar dabei warst zu lesen, bevor ich dich unterbrochen habe, wie wäre es, wenn ich dir einfach wieder eine Geschichte erzähle? Lehn dich zurück und lass dich von mir berieseln.« Gut, Platan machte auch einfach normal weiter. Im Moment war das genau auch das, was Flordelis wollte, einfach nur weiter Zeit mit ihm zu verbringen, genau wie früher. Ohne an Projekt Y zu denken oder alles andere, was mit seinen Plänen zu tun hatte, die möglicherweise zum Scheitern verurteilt waren. »Bitte«, sagte er deswegen. »Erzähl mir eine Geschichte. Irgendetwas Schönes.« Wenn er schon nicht an eine Welt der Schönheit glauben dürfte, wollte er zumindest im Moment etwas hören, das schön war und das mit Platans Stimme. Der schönsten und verwirrendsten Stimme, die es auf dieser Welt gab. Und die in diesen Momenten nur für ihn erklang. »Sehr gerne. Ich glaube, mir fällt da auch schon eine ein, die dir gefallen könnte.« Vorerst stellte Platan das Glas Wein wieder ab, damit er ungestört gestikulieren konnte, wie Flordelis wusste. Sein Blick konzentrierte sich auf Flordelis, als er anfing mit gefühlvoller Stimme zu sprechen. Von einem Schwarm aus Dratinis und Dragonirs, die gemeinsam durch das Meer zu verschiedenen Inseln reisten und den dort lebenden Pokémon bei ihren Problemen halfen. Durch die Dankbarkeit, die sie dafür erhielten, wandelte sich ihr Aussehen nach und nach in eine schillernde Form. Es gab keinerlei bösen Überraschungen oder spannende Wendungen, der Inhalt blieb friedlich und sorgte für ein Gefühl der Leichtigkeit, weil einfach alles gut war. Platans Leidenschaft war sogar schon etwas zu lebhaft, doch es war seine Art solche Geschichten zu erzählen. Zum Schluss vereinten sich sämtliche Inseln zu einem Kontinent, dank der Dratinis und Dragonirs, die ihre Schillerkraft der Dankbarkeit dafür nutzten und sie schließlich der Natur zurückgaben. Platans Stimme wurde beim Höhepunkt besonders intensiv und belebend, sie klang fast wie Musik in Flordelis' Ohren. Und zumindest für den Moment konnte er glauben, dass alles gut werden würde, selbst wenn er die ultimative Waffe nie einsetzte. Solange Platan bei ihm war – nur bei ihm – war alles gut. Und deswegen hoffte er, Platan nähme sich wirklich noch viel mehr Zeit für ihn. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)