Der Fund von Arcturus ================================================================================ IV -- „Der Gestank nach faulendem Fleisch ist überwältigend“, sagte Colm mit Grabesstimme, „dennoch zwängt ihr euch einer nach dem anderen durch das Loch. Ihr findet euch am Ufer des unterirdischen Sees wieder. Das Wasser liegt beinahe unnatürlich still da. Nicht einmal die Tropfen, die dann und wann von einem der Stalaktiten fallen, vermögen es, die Ruhe zu stören. So leise wie möglich watet ihr durch das blaublättrige Schilf, das am Ufer wächst und euch bis zu den Hüften reicht. Die einzigen Geräusche, die ihr hört, sind das Rascheln des Schilfes unter euren Füßen und das unvermeidliche Scheppern von Sairas Rüstung, doch dann … werft mir doch alle einmal einen W6.“ Vor Wylans innerem Auge zeichnete seine Fantasie noch immer das Bild nach, das Colm mit seinen Worten gemalt hatte. Einerseits, weil er sich die Details einprägen wollte, um die Szene später auf der Leinwand festzuhalten, und andererseits, weil er überlegte, ob Pax sich gerade erbrach. Blinzelnd riss er sich von der Vorstellung los, um zwischen seinen Würfeln nach dem W6 zu kramen. Jesper und Inej taten es ihm gleich. Kurz darauf klapperte Metall verheißungsvoll über den Holztisch. „Fünf“, verkündete Inej. Neben ihm starrte Jesper seinen Würfel an, als wolle er ihn allein dadurch dazu bringen, noch einmal auf eine andere Seite zu kippen. Als er sich der fragenden Blicke bewusst wurde, die auf ihm ruhten, zog er den Kopf ein.  „Drei“, sagte er leise. Wylan spähte von Jesper zurück auf den Tisch vor sich. Die Seiten seiner Würfel zeigten keine Ziffern, sondern ein Sammelsurium kunstvoll gesetzter Punkte in Silber und Rot. Sie waren eine Sonderanfertigung, die Jesper ihm geschenkt hatte, damit er sich nicht mit dem Lesen von Ziffern herumschlagen musste. Viel zu zählen gab es diesmal jedoch nicht. Ein einzelner, roter Punkt leuchtete ihm entgegen. Er schluckte. „Eins?“  Stöhnend vergrub Jesper den Kopf in seinen Händen. Inej warf ihm einen knappen Blick zu. Obwohl sie Jespers Geste sicher nicht billigte, sah sie kaum glücklicher drein als er. Kein Wunder. Colm hatte es sich zur Angewohnheit gemacht, ihre Begegnungen auszuwürfeln. Und obwohl sie seinen Code bislang nicht geknackt hatten, wussten sie eines mittlerweile ganz genau: Eine Eins war schlecht. Richtig schlecht. „Schließlich erreicht ihr das Ende des Schilfs“, sagte Colm unbeeindruckt und zog eine neue Karte aus seinen Unterlagen. Behutsam breitete er das Papier auf dem Tisch aus und strich es glatt. Einen Moment lang bewunderte er Wylans Arbeit, dann positionierte er ihre Spielfiguren. Mit dem Zeigefinger deutete er auf ein von dicken Strichen und geometrischen Figuren umgebenes Kreuz. „In einiger Entfernung könnt ihr zwischen ein paar Kisten eine Feuerstelle ausmachen. Ringsherum liegen abgeschlagene Stalagmiten, die offenbar als Sitzbänke gedacht sind, doch niemand sitzt darauf. Neben einem der Stalagmiten“, Colm deutete auf einen Kreis, „liegt lediglich ein großer Klumpen. Für feuchten Stein glänzt er nicht genug, doch auf die Entfernung könnt ihr nicht erkennen, worum es sich dabei handelt. Ihr seht nur einen Hauch von Kasalt, der seine Oberfläche bedeckt und ihn glimmen lässt.“ Inej stand auf und stützte ihre Hände auf dem Tisch ab, um die Karte besser sehen zu können. Ihrem Beispiel folgend musterte auch Wylan die Karte eingehend. Als er sie nach Colms Vorgaben entworfen hatte, hatte selbst er nicht genau gewusst, was er dort zeichnete. Jetzt jedoch erkannte er den See, der sich über den nördlichen Kartenrand erstreckte, und das Schilf, durch das ihre Charaktere gewatet waren. Die Striche und Symbole hatte Colm selbst hinzugefügt, doch es war nicht schwer, das provisorische Lager darin zu erkennen. Neben ihm streckte Jesper sich. „Wir hätten Harwood doch mitnehmen sollen.“ Wylan warf ihm einen skeptischen Blick zu, doch es war Inej, die zuerst das Wort ergriff: „Als Köder?“ Jesper lachte. „Um sich in dieses Lager zu schleichen“, sagte er grinsend. „Als Schurke kann er das doch besser, als wir drei zusammen. Ich meine, wir haben eine Paladin, die genauso viel scheppert, wie sie glitzert, einen Hexenmeister, der schon auf der letzten Karte umdrehen wollte, und Tavell. Und der ist zwar ausgesprochen modisch, aber leuchtend grün. Deine Idee gefällt mir aber auch.“ Colm warf ihnen unter hochgezogenen Augenbrauen einen langen Blick zu. „An eurer Stelle würde ich das Kaz nicht hören lassen.“ Zur Antwort zuckte sein Sohn mit den Achseln und flötete: „Würde mir im Traum nicht einfallen.“ „Es war seine Entscheidung, nicht zu kommen. Schon wieder.“ Der Tonfall, der in Inejs Stimme mitschwang, ließ Wylan ahnen, dass sie noch mit Kaz reden würde – und dass Wylan bei diesem Gespräch sicher nicht dabei sein wollte. Statt weiter auf das Thema einzugehen, wandte sie sich wieder der Karte zu. „Können wir von unserer Position aus noch mehr erkennen?“ „Auf die Entfernung und bei dem Licht?“ Colm schüttelte den Kopf. „Ich fürchte, dazu müsst ihr euch die Feuerstelle aus der Nähe ansehen. Wie wollt ihr weiter vorgehen?“ „Wir sollten für den Moment davon ausgehen, dass der Klumpen dort eine Leiche ist.“ Mit der einen Hand stützte Inej sich auf dem Tisch ab, mit der anderen deutete sie auf den Kreis, den Colm eingezeichnet hatte. „Stellt sich die Frage, was diese Person angegriffen hat und ob es uns auch angreifen will.“ „Oder ob uns die Leiche angreifen will“, warf Jesper ein. „Der Vorarbeiter sprach von einer Bestie mit scharfen Klauen, nicht von seinen Kollegen.“ „Die Höhle hier hat er doch auch nicht erwähnt.“ Inej zog die Augenbrauen zusammen. „Wollen wir das immer noch auf diese Gase schieben?“ „Das hier ist Kerker und Katastrophen“, unterbrach Wylan sie. „Ich bin mir sicher, dass es in diesem Spiel lebendige – und mörderische – Gase gibt. Aber … nein. Nein, ich glaube nicht.“ Er blickte auf die Würfel vor ihm. Nachdenklich gab er einem von ihnen, dem mit den zwanzig Seiten, einen Stoß. Das Metall klackerte träge über den Tisch. „Aber Jesper hat recht. Das mit dem Schleichen können wir vergessen. Wir sind sicher schon im Schilf weithin sichtbar. Also … ihr. Pax kitzeln die Halme vermutlich in der Nase.“ Einen Moment lang verfielen sie in Schweigen. In seinem Augenwinkel konnte er Jesper sehen, wie er einen seiner Würfel durch seine Finger gleiten ließ. Die Geste wirkte beinahe schon beiläufig, so, als sei er sich gar nicht bewusst, dass er etwas in der Hand hatte. Jesper so zu sehen, gedankenverloren, ganz in seinem Element, hatte etwas Meditatives, beinahe schon Hypnotisierendes – und das nicht nur wegen Jespers langer, dunkler Finger. Unvermittelt hielt Jesper inne. „Vielleicht können wir Pax’ Größe zu unserem Vorteil nutzen.“ Den Würfel noch immer zwischen seinen Fingern, deutete er auf das Schilf, das das gesamte Ufer des Sees umgab. „Pax könnte in Deckung bleiben und unsere Nachhut bilden, während Saira und ich uns dieses Lager genauer ansehen. Sollten wir angegriffen werden, muss er dann nicht erst Distanz zwischen sich und den Gegner bringen und kann aus der Deckung feuern.“  Wylan nickte versonnen. „Ich könnte mich außerdem im Schilf umsehen“, schlug er vor. „Vielleicht solltet ihr euch ebenfalls trennen. Wenn das Monster seine Aufmerksamkeit auf euch aufteilen muss, bemerkt es mich mit Glück nicht.“ Inej und Jesper tauschten einen Blick und nickten ihm zur Antwort zu.  Nach kurzem Überlegen griff Inej nach ihrer Tiefling-Figur. „Einverstanden“, sagte sie und stellte sie bei dem Klumpen ab. „Dann schaue ich mir die Leiche an.“ Neben ihr umfasste Jesper den Würfel. Vermutlich brannte er schon darauf, ihn zu werfen. „Okay, dann untersuche ich das Lager auf Spuren. Und Wertgegenstände. Und alles, was sonst noch auffällig ist. Werfe ich dafür auf Wahrnehmung?“ Colm, der während ihres Gesprächs in seinen Unterlagen geblättert hatte, sah hinter seiner Trennwand auf. „Nein, auf Nachforschen, da du das Lager genauer untersuchen willst, Jes. Inej? Du wirf mir bitte auf Heilkunde.“ Kaum hatte Colm den Wurf spezifiziert, klackerte Jespers Würfel über das Holz. Das Kerzenlicht ließ die goldenen Ziffern schimmern und flackern, während das Metall sich überschlug. Als der Würfel liegen blieb, zeigte die oberste Seite schließlich zwei Ziffern. Dennoch stöhnte Jesper auf. „Zehn? Plus drei? Das ist jetzt meine wievielte Dreizehn? An diesem Würfel ist doch was faul. Ich will einen Neuen!“ Hinter seiner Spielleiterwand zeigte sich Colm unbeeindruckt. In aller Seelenruhe stellte er ein Kistchen vor sich ab, das Wylan nur an dem hölzernen Geräusch erkannte, mit dem es auf den Tisch traf. Vermutlich enthielt es Spielfiguren, detaillierte Miniaturen von Räubern und Monstern, mit denen Jesper sich in den letzten Wochen die Abende vertrieben hatte. Statt das Kistchen zu öffnen, antwortete Colm seinem Sohn. „So viele, wie du willst, Jes. Aber richte dich darauf ein, jeden davon überprüfen zu lassen, bevor du sie zur nächsten Sitzung mitbringst.“ Ohne auf Jespers Murren einzugehen, blickte er zurück auf die Karte. „Entschlossen tretet ihr aus dem Schilf. Bedächtig nähert ihr euch dem Lager, doch alles bleibt still. Das Erste, das euch auffällt, sind die Fußspuren. Der Boden ist zu hart und zu glatt, um Abdrücke zu hinterlassen, doch offenbar ist an den schweren Stiefeln der Arbeiter Kasalt hängen geblieben, das diese dann mit jedem Schritt weiter verteilt haben. Auf dem beinahe schwarzen Untergrund zeichnen sich ihre Fußspuren nun als purpurne, fade leuchtende Schlieren ab. Tavell, als du dir das Lager genauer ansiehst, bemerkst du, dass die Kasaltspuren an manchen Stellen stark verwischt sind. Ob diese Verwischungen durch die Schritte eines deutlich größeren Lebewesens verursacht wurden, oder ob etwas durch die Spuren geschliffen wurde, kannst du jedoch nicht sicher sagen. Wertgegenstände findest du keine. Offenbar haben die Arbeiter nur Dinge mitgebracht, die sie für ihre Arbeiten in der Mine brauchen. An einem der umgehauenen Stalagmiten lehnen mehrere Spitzhacken. Die Kisten sind großteils leer. Nur in einer von ihnen findest du ein paar leere Konservendosen.“ „Nicht einmal Essen haben sie uns übrig gelassen?“, fragte Jesper dazwischen. Er hatte einen Arm auf den Tisch gelegt und seinen Kopf darauf gebettet. Mit der anderen Hand balancierte er seinen W20 auf seiner Fingerspitze. „Das ist echt unterirdisch.“  „Das ganze Höhlensystem ist das. Was erwartest du?“ Colm schenkte ihm ein dünnes Lächeln. „Aber Tavell fällt tatsächlich noch etwas auf. Im gesamten Lager befindet sich überraschend viel Wasser. Obwohl die Arbeiter sich eine möglichst trockene Stelle für ihr Lager gesucht haben und hier kaum Wasser von der Decke tropft, haben sich überall Pfützen gesammelt. Auch dieses Wasser ist von Kasaltpartikeln durchzogen und leuchtet in einem tiefen Purpur.“ Jesper drehte den Kopf, um einen Blick zur Karte werfen zu können. „Stärker als der See?“ Einen Moment lang musterte Colm den See, den Wylan skizziert hatte, dann nickte er. „Ja. Du glaubst fast, dass es das Purpurnste ist, das du seit langem gesehen hast. Und du hast heute wirklich viel Purpur gesehen.“ „Das gefällt mir nicht, oder?“ „Kein bisschen, nein.“ Colm schüttelte den Kopf. „Inej? Wie sieht es bei Saira aus?“ „Neunzehn.“  Colm nickte bedächtig. „Als du dich zu dem Klumpen begibt, bestätigt sich deine Vermutung. Es ist tatsächlich die Leiche eines Arbeiters. Sie liegt auf der Seite und ist von einer dünnen Kasaltschicht überzogen. Auf dem Rücken ist es nur ein dünnes Leuchten, doch dort, wo kasalthaltiges Wasser den Mann getroffen hat, leuchtet es hell genug, um Schatten zu werfen. Bei näherer Untersuchung erkennst du eine ganze Reihe tiefer Wunden, die offenbar von messerscharfen Klauen gerissen wurden. Es sieht aus, als habe eine riesige Kreatur Fleisch aus dem Körper gerissen und sich an den Eingeweiden gelabt. In deiner Paladinausbildung hast du gelernt, dass Tiere ihre Beute in der Regel mit einem Biss in den Nacken oder die Kehle töten, bevor sie sie fressen. Seltsamerweise suchst du an dieser Leiche jedoch vergebens nach einer solchen Verletzung.“ Inej setzte sich und griff nach ihrem Graphitstift. Schweigend machte sie sich erst Notizen und überflog das Geschriebene dann noch einmal. Nach kurzem Überlegen sagte sie: „Ich nehme eines meiner Messer und schneide die Kleidung auf, damit ich mir den Körper selbst ansehen kann. Fällt mir dadurch noch mehr auf?“ „In der Tat, ja. Zunächst einmal wirkt der Körper des Arbeiters ungewöhnlich ausgemergelt, fast so, als sei er schon länger nicht mehr bei Gesundheit gewesen. Und dann sind da noch dunkle Striemen, die sich über die Haut seines Oberkörpers ziehen.“ „Striemen? So, als hätte ihn etwas – jemand – geschlagen?“ Colm musterte die Tiefling-Figur und den Kreis, neben dem sie stand. „Ja. Es handelt sich eindeutig um Anzeichen von stumpfer Gewalt, vermutlich stark genug, um auch die Organe darunter in Mitleidenschaft zu ziehen.“ Inej nickte zufrieden und schrieb auch das nieder. Derweil wandte Colm sich an Wylan. „Pax? Du streifst durch das Schilf?“ „Ja, tue ich.“ Er griff nach seiner Spielfigur, um sie mitten ins Schilf zu bewegen. „Wenn irgendetwas durch das Schilf gegangen ist, sollte ich das erkennen können. Gibt es irgendwelche zertretenen Pflanzen oder Abdrücke im Boden?“  „Oh, oh ja, die gibt es. Du findest eine ganze Reihe von Pfaden, die sich durch das Schilf schlängeln. Sie stammen vermutlich von den Arbeitern, die wie ihr durch das Schilf gewatet sind. Doch da ist noch eine weitere Spur aus zertrampeltem Schilf, die deutlich breiter ist als die der Arbeiter. Folgst du ihr?“ Wylan warf einen Blick zu Jesper und Inej. Er ahnte, dass ein „Ja“ Folgen haben würde. Er machte sich nichts vor: Wenn seine Kameraden bei der Feuerstelle keine Monster fanden und sich auch nichts auf sie stürzte, lauerte die Gefahr vermutlich im Schilf. Gleichzeitig wusste er aber auch, dass sich sein kleiner, feiger Halbling nicht immer hinter seinen Kameraden verstecken konnte. Also nickte er. „Ja, warum nicht. Die anderen beiden scheinen bei der Feuerstelle ja sicher zu sein.“  „Gut“, antwortete Colm und klang eine Spur zu zufrieden. „Neugierig folgst du der Spur. Du bist dir sicher, dass sie von einem massigen Körper verursacht wurde und die Chancen, dass du diesen Körper siehst, bevor er dich sieht, stehen relativ gut. Tief im Schilf findest du schließlich eine plattgetrampelte Lichtung. Von dort führen weitere Pfade ins Schilf, doch etwas anderes zieht deine Aufmerksamkeit auf sich. Aus der Sicherheit des Gestrüpps beobachtet dich ein paar runder, schwarzer Augen.“ „Oh oh“, verkündete Jesper. „Er hat es gefunden.“ „Hat er“, stimmte Colm zu. „Doch bei genauerem Hinsehen wirkt das Augenpaar gar nicht so gefährlich. Der Körper, der sich hinter dem Schilf abzeichnet, ist vielleicht so groß wie ein dicker, mittelgroßer Hund. Anders als ein Hund hat das Tier jedoch keine Schnauze, sondern einen Schnabel und ein rundes, gefiedertes Gesicht. Wirf doch mal auf Naturkunde, Pax.“ „Naturkunde?“ Wylan warf einen Blick auf seinen Charakterbogen. Es dauerte einen Augenblick, bis er das gekritzelte Pflänzchen fand, das die Fähigkeit symbolisierte. Er schluckte. Obwohl ihn eine dunkle Vorahnung beschlich, griff er nach seinem Würfel. Einen Augenblick später leuchtete ihm das Ergebnis entgegen. Wie bereits bei seinem letzten Wurf war es ein einzelner, roter Punkt. Er seufzte. „Eins … minus eins …“ Jesper schreckte hoch. Sein Würfel glitt ihm aus der Hand und polterte über den Tisch. „Minus eins? Wie, eins minus eins?!“ „Eins minus eins“, wiederholte Wylan. Zähneknirschend hob er seinen Würfel auf, um Jesper das Ergebnis zu zeigen. „Siehst du? Eins. Und auf einen meiner Statuswerte musste ich acht Punkte geben und das ist bei mir Intelligenz. Naturkunde verwendet Intelligenz, also minus eins.“ „Oh.“ Wylan nickte unglücklich. „Eigentlich habe ich Pax bislang für überraschend clever gehalten.“ „Pax?“ Wylan zog die Augenbrauen hoch. „Pax hat einen Pakt mit dem Finsteren Gott geschlossen, während er betrunken war. Was glaubst du?“ „Hey, dafür kann er jetzt Todesstrahlen aus seinen Händen schießen. Klingt eigentlich nach einem guten Tausch.“ „Er hat auch das Bewusstsein dieses Gottes in seinem Hinterkopf. Und der ist auf Blut aus.“ Jesper zuckte mit den Achseln. „Solang es nicht Tavells Blut ist.“ Wylan öffnete den Mund, schüttelte dann aber doch nur den Kopf. „Nun, clever oder nicht“, übernahm Colm das Wort. Hinter der Spielleiterwand hörte Wylan die Verschlüsse des Holzkistchens aufschnappen. „Selbst Pax hat schon einmal von Eulenbären gehört. Also, in dem Sinne, dass er weiß, dass es Wesen mit dem Kopf einer Eule und dem Körper eines Bären gibt. Auf Jahrmärkten kann man manchmal Plüschtiere gewinnen, die diesen Tieren nachempfunden sind. Die meisten Leute wissen, dass der Fokus bei einem echten Eulenbären weniger auf seinem seidigen Fell und mehr auf dem ausgesprochen scharfen Schnabel und den noch schärferen Klauen liegt, aber …“ „Aber Pax findet ihn niedlich, oder?“, fragte Wylan mit einem schweren Seufzen. „Ja.“ Mit einem breiten Lächeln stellte Colm eine neue Spielfigur auf den Tisch. Es war die Miniatur eines Bären mit einem sehr euligen Gesicht. „Oh ja, das tut er.“ „Nicht nur Pax, oder?“, unterbrach Jesper sie beide und griff nach der Eulenbär-Miniatur, um sie seinen Mitspielern unter die Nase zu halten. „Oder?“ Ergeben griff Wylan nach der Miniatur und musterte sie eingehend. Aus der Nähe betrachtet, konnte er überraschend viele Details sehen. Jesper hatte das eulenartige Gesicht herausgearbeitet, bis man die einzelnen Federn erkennen konnte, die die Augen umrahmten. Auch an den Armen zeichneten sich die Konturen einzelner Federn ab. Der Rest war in Fell gehüllt. Und obwohl die gesamte Figur aus kühlem Metall bestand, fühlte sie sich flauschig an.  „Sehr“, sagte er und nickte anerkennend. „Und so detailliert. Du wirst immer besser!“ Jesper fuhr sich über den Hinterkopf und lachte dabei. „Es ist überraschend, wie leicht sowas geht, wenn du Spaß dran hast.“  „Jesper war wirklich sehr hilfreich“, stimmte Colm zu. Seine Worte ließen Jesper förmlich glühen. „Und ihr habt längst noch nicht alle seine Meisterwerke gesehen. Aber bevor ihr euch die ansehen könnt, hat eure Gruppe ein kleines Problem. Pax findet den Kleinen nicht nur niedlich. Er glaubt auch, sie werden nicht größer.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)