Safe Zone von HalcyTheWolf ================================================================================ Kapitel 1: Zone 1 - Willkommen in der Hölle ------------------------------------------- Thawat »Was? Der Cop hat mit dir gewettet?«, Mi sah mich mit großen Augen an. Wir waren gerade in meiner Wohnung, die meinen Eltern gehörte. Mi ist Teil meiner Gang und eine gute Freundin von mir. Wir kannten uns schon ewig und auch wenn viele dachten wir wären zusammen, war es nicht so. Liebe war mir egal. Ich hatte Wichtigeres zu tun, als mit irgendwem rumzuschnulzen. Anders als ich ging Mi zur Uni, nahm ihre Kurse ernst und lernte. Trotzdem war sie ein Teil von uns. So wie etliche andere, die ich mit einem Fingerschnipsen mobilisieren könnte. »Hat er. Mutig, aber auch ziemlich dumm. Er wird genauso wie alle anderen Idioten vor ihm mit eingezogenem Schwanz den Bezirk verlassen. Was soll er mir schon nachweisen, wenn ich gar nichts mache?« Bisher hatte es immer geklappt. Ich ließ sie auflaufen, weil sie mir keine Taten anhängen können. Dafür hatte ich meine Handlanger. »Ja, so war es immer, Tii. Aber ich finde es schon krass, dass er sich darauf eingelassen hat. Ist das nicht bescheuert? Hat er dich dann nicht mehr am Hals als sowieso schon?« Mi fläzte sich auf mein Sofa, spielte an ihrem Handy. Währenddessen sah ich nach draußen, überlegte mir schon den nächsten Schachzug. In einem Spiel, dass nur einer gewinnen konnte. »Ziemlich bescheuert. Er kann sich auf die volle Dosis gefasst machen. Wo auch immer er vorher war, ruhige Nachtschichten wird es nicht mehr geben. Kennst mich doch.« »Soll ich den beschatten?«, fragte sie und es schwang Vorfreude in ihrer Stimme mit. Normalerweise war es auch ihre Aufgabe, da sie als Studentin mit einem durchschnittlichen Aussehen am wenigsten auffiel. Doch die Wette hatte es für mich geändert. »Lass‘ mal, Mi. Diesmal ist es Chefsache«, sagte ich und grinste. »Wie du meinst.« Meine Mission startete früh, denn am nächsten Tag um 6 Uhr morgens lungerte ich in der Nähe der Polizeistation herum. Den Wohnort würden wir vermutlich über unseren Hacker herausfinden, aber es war wichtig seine Wege und Routinen zu kennen. Cap wird wohl eine ruhige Nacht gehabt haben, denn noch hatte ich niemanden auf ihn angesetzt. Er kam in Uniform aus der Station, machte sich zu Fuß auf den Weg. Das hieß schon mal, er wohnte nicht weit weg. Mit gebührendem Abstand folgte ich ihm, beobachtete, dass er sich öfter umdrehte. Konnte nicht schaden, misstrauisch zu sein. Sein Weg führte mich in kleine, verwinkelte Gassen und ich vermutete, dass es ein Umweg war. Er blieb oft stehen, weil er von Anwohnern angequatscht wurde. Die Leute hier in der Gegend waren sehr skeptisch und auch sie wollten so viel über den neuen Polizisten wissen wie möglich. Schließlich würde er bald der wichtigste Kontakt von ihnen sein. Cap nahm sich trotz seines Feierabends Zeit für jeden, sprach mit allen, die was von ihm wollten. Er sollte die restliche Zeit, die ihm dafür blieb, auch lieber nutzen. Mehr als zwei Wochen würde er ohnehin nicht schaffen. Als er eine Tür aufschloss, sehe ich mich genau um. Mein Handy half mir dabei, die Adresse herauszufinden. Ich schickte meinen Leuten den Standort in die Gruppe. Natürlich musste es nicht zwangsläufig seine Wohnung sein, aber ich ging zunächst davon aus. Ich wollte nicht ewig davor warten, ab hier würden andere übernehmen. Daher rief ich Zeta an. »Ja, Boss?« »Ihr übernehmt heute die Beschattung für den Standort, den ich geschickt habe. Wechselt euch von mir aus ab. Ich muss alles ganz genau wissen.« »Okay. Rho und ich machen das.« »Nach 23 Uhr treffen wir uns bei mir. Bis dahin solltet ihr besser was herausgefunden haben«, ich betonte es extra deutlich. Zeta war dafür bekannt, zwischendurch mal zu sehr abgelenkt zu sein. »Alles klar.« Ich machte mich auf den Weg zu Cy, unserem Hacker. Er war meine wichtigste Informationsquelle. Es war mittlerweile ein Ritual von mir, bei einem neuen Polizisten persönlich bei ihm aufzutauchen. Cy hatte Familie, die jedoch nichts von seinen Aktionen wusste. An der Tür begrüßte er mich kurz. »Boss.« Mit einer Kopfbewegung gab er mir zu verstehen, dass ich reinkommen konnte. Wir gingen in seinen Keller, von dem die Familie nichts wusste. Hier fand der wichtigste Schritt statt: Die grundlegende Recherche. Cy setzte sich an seinen Computer: »Der Schichtleiter des 54. Bezirks, nehme ich an?« »Genau.« Er wusste schon, was auf ihn zu kam. Mehr Informationen waren nicht nötig, um uns einen Vorteil zu verschaffen. Ich lehnte mich an die Wand. Ihnen die Schicht aufzumischen war sowieso der Plan, aber das reichte mir nicht. Wir würden noch einen Schritt weitergehen und auch vor ihrem Privatleben nicht halt machen. So wurde man sie am schnellsten los. Ein paar Minuten später händigte er mir eine Mappe aus. Meine stärkste Waffe. Ich schlug sie auf, sah mir sein Foto an und setzte ein Grinsen auf. Captain Niran Kongkaew, 30 Jahre, Schichtleiter des 54. Bezirks. Willkommen in deiner persönlichen Hölle! Niran Erleichtert schloss ich die Tür hinter mir, als ich auf dem Revier ankam. Den ganzen Weg über hatte ich mich verfolgt gefühlt. Als wäre jeder Schatten gefährlich. Mir wurde klar, dass Thawat schon seine Leute auf mich angesetzt hatte. Doch er brauchte nicht glauben, dass er dieses Spiel allein spielte. »Cho, ruf‘ alle zusammen, die Dienst haben. Wir treffen uns im Meetingraum. Ach, und bring‘ bitte die Bezirkskarte mit.« Er sah von seine Computer auf: »Jetzt?« »Jetzt.« Ich schnappte mir ein Whiteboard und schob es zum Konferenzraum. Wir durften keine Sekunde verlieren. Wenn wir eine Chance haben wollten, brauchten wir eine Strategie. Er sollte nicht unterschätzen, was ich mobilisieren konnte. Langsam fanden sich alle ein, bisher leider nur fünf Leute. Ich hatte schon mit dem Bezirksleiter gesprochen. Wenn wir Glück hatten, würde er unser Personal aufstocken. Auch er wusste von dem Problem, leider aber auch alle anderen. Daher war es schwierig Leute zu finden, die sich darauf einlassen würden. Jeder ihrer Kollegen würde ihnen von der Nachtschicht im 54. Bezirk abraten. Durch den hohen Verschleiß an Schichtleitern, hatten wir diesen schlechten Ruf bekommen. Eigentlich war es ein Wunder, dass hier überhaupt noch jemand arbeitete. Alle setzten sich, sahen mich erwartungsvoll an. Cho händigte mir die Bezirkskarte aus, die ich am Whiteboard befestigte. »Wenn wir Thawat und Konsorten in den Griff bekommen wollen, müssen wir strategisch vorgehen. Von meinen Vorgängern habe ich erfahren, in welchen Bereichen sie besonders häufig unterwegs sind. Daher denke ich, es ist am besten wir teilen den Bezirk ein.« Mit einem Stift unterteilte ich den Bezirk grob in vier Bereiche. Wenn er meinte, wir würden keine Recherche betreiben, hatte er sich gewaltig geschnitten. In jedes der Kästchen schrieb ich eine Zahl. Dann deutete ich auf das erste Kästchen: »In diesem Bereich ist ein Polizeihäuschen, hier sind wir erst einmal abgesichert. Für die Bereiche 2, 3 und 4 brauche ich Leute, die patrouillieren. Ich weiß, wir sind nicht viele in der Nachtschicht. Aber dadurch können wir vermutlich den Workload an Anrufen etwas abfangen.« Darauf, dass mir keine Begeisterung entgegenkommen würde, war ich vorbereitet. Ihre Blicke sprachen Bände. »Ich kann mir vorstellen, was ihr denkt. Aber anders wird es nicht gehen.« View meldete sich zu Wort: »Captain, warum bist du dir so sicher, dass wir die Patrouille brauchen? Thawat schlägt gerne über die Stränge, aber vorher sind wir auch ohne ausgekommen. Dass die Schichtleiter reihenweise das Handtuch geworfen haben, wird nicht allein daran gelegen haben.« Das traf mich. Denn diesen Kampf würden wir nicht zuletzt auf den Schultern der Kollegen austragen. Es war nicht richtig, sie anzulügen, doch ich konnte es ihnen nicht sagen. Ich ließ die Schultern sinken. Diese blöde Wette hatte mich als Schichtleiter auf ganzer Linie versagen lassen. Doch es gab kein Zurück und ich musste da irgendwie durch. »Glaubt mir bitte, wir werden jeden brauchen, den wir kriegen können. Es kann sein, dass wir eine Personalaufstockung bekommen.« Ich atmete tief aus: »Schaffen wir das als Team?« Mir war klar, dass es diese Frage sehr gewagt war, sie kannten mich schließlich kaum. Andererseits war es bei der Polizei unabdingbar, zusammenzuarbeiten. Ohne den Rückhalt des Teams würde ich mit wehenden Fahnen untergehen. Ich sah jedem Einzelnen in die Augen, konnte eine Mischung aus Unsicherheit und Entschlossenheit in ihren Blicken erkennen. View stand auf: »Natürlich machen wir das als Team. Aber du musst versprechen, dass du uns nicht im Stich lässt. Wir sind es langsam leid, alle zwei Wochen mit jemand neuem arbeiten zu müssen.« Das war definitiv etwas, was geändert werden musste. Und zwar so schnell wie möglich. Ich setzte einen entschlossenen Blick auf, mein Puls erhöhte sich: »Ich werde euch nicht im Stich lassen.« Ich hoffte inständig, dass es keine leeren Worte bleiben würden. Ich teilte die Leute ihren Bezirken zu, die sie jeweils für eine halbe Schicht bewachen würden und beendete das Meeting. Wieder im Büro, vertiefte ich mich erneut in die Recherche. Die Vorgänger waren geistesgegenwärtig genug gewesen, alles über Thawat und seine Gang festzuhalten. Ich versuchte mir die Gesichter der Leute genau einzuprägen. Als ich jedoch die Berichte über ihre Taten las, musste ich ein paar Mal schlucken. Sie machten vor nichts und niemandem halt. Einbruch, Hausfriedensbruch, Diebstahl. Doch vor allem Körperverletzung schlug mir oft entgegen. Der schlimmste Fall war allerdings eine Entführung eines Polizisten, bei der sie Lösegeld erpresst hatten. Kriminelle hatten meist ein Motiv. Stahlen, weil sie kein Geld hatten oder schlugen sich wegen Eifersucht. Warum zum Teufel hatte es sich Thawat es zur Lebensaufgabe gemacht, uns das Leben schwer zu machen? Es interessierte mich, denn entweder er hatte ein Problem mit Polizisten oder viel zu viel Langeweile. Ich zog eine psychische Störung in Betracht. Oder er war einfach nur ein Idiot. Wie auch immer, ich wollte es herausfinden. Vielleicht könnten wir es ändern, wenn wir nur die Gründe wussten. Die Leute einzubuchten war natürlich eine Lösung, um das Viertel friedlicher zu machen. Aber auf Dauer wäre es besser, zu wissen, was sie antrieb. »Cap?«, Cho holte mich aus meinen Gedanken. »Ja?« »Ich weiß nicht, ob das mit der Patrouille so eine gute Idee ist. Es fühlt sich an, als würden wir die Kollegen ans Messer liefern.« Chos besorgter Blick war unmissverständlich. Und bei ihm würde ich die letzten Zweifel auch nicht ausradieren können. »Ich weiß, dass es riskant ist. Aber es ist wichtig, damit wir ein paar Sachen präventiv verhindern können. Die Bürger werden sich auch sicherer fühlen«, es klang nicht so überzeugt, wie ich es gerne hätte. Enttäuscht wandte er sich wieder seinem Computer zu: »Okay.« Die Schicht verlief beängstigend ruhig. Ich war weiterhin damit beschäftigt, Thawats Hintergründe zu verstehen. Sein Vater war Großunternehmer in der Stahlindustrie, die Firma kannte sogar ich. Sie waren eine der reichsten Familien in der Stadt. Somit lieferten sie für Thawat vermutlich das beste Beispiel für Korruption. Er hatte auch noch einen Bruder, der aber noch nie kriminell in Erscheinung getreten war. Thawat gehörte zu den Leuten, die mir zuwider waren. Ruhten sich auf fremdem Reichtum aus und machten unschuldigen Leuten das Leben schwer. Ich spürte die Wut in mir aufsteigen. Auch wenn es nicht jedes Problem lösen würde, für ihn wäre es höchste Zeit, mal eine Zelle von innen zu sehen. Nicht nur mein Pflichtbewusstsein gegenüber der Gesellschaft und den Kollegen, auch mein Ehrgeiz trieb mich an. Ich konnte ihn unter keinen Umständen gewinnen lassen. Mittlerweile war es 2 Uhr nachts, Cho war zu einem kleineren Fall aufgebrochen. Trunkenheit am Steuer. Die anderen Kollegen waren auf ihrer Patrouille, also war ich allein. Die Polizeistation stand auch nachts den Bürgern offen, doch das Büro war noch durch eine Art Rezeption abgesichert. Das heißt weiter als bis dort, würde niemand kommen. Zumindest nicht, wenn wir ihn nicht reinließen. Ich fuhr mir mit der Hand übers Gesicht, sah seufzend auf meinen Schreibtisch. Ein einziges Chaos. Überall lagen aufgeschlagene Akten herum, doch ich war zu müde, sie einzusortieren. Stattdessen ging ich nach draußen, in der Hoffnung, die kalte Luft würde meine Müdigkeit vertreiben. Als sie mir entgegenschlug, half es auch für einen kurzen Moment. Ich blieb direkt vor der Tür stehen, hatte für alle Fälle das Handy und Funkgerät dabei. Es würde vermutlich die letzte ruhige Schicht werden. Ich sah mich um, das Licht über der Tür und die Straßenlaternen erleuchteten die Straße schwach. Unsere Station lag in einer Seitenstraße, daher war weder tagsüber noch jetzt viel Verkehr. Ich wollte die angenehme Luft etwas genießen, erlaubte mir kurz die Augen zu schließen. Ich riss sie sofort wieder auf, als mir jemand einen Arm um die Schulter legte. Braune Augen funkelten mich herausfordernd an. Mir lief ein eiskalter Schauer über den Rücken. Dieses fiese Grinsen würde ich mein Leben lang nicht mehr vergessen. »Na, Cap? Habt ihr euch schon eine Strategie überlegt?«, fragte Thawat. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)