Staub und andere Überraschungen von KiraNear ================================================================================ Kapitel 1: Der Auftrag ---------------------- Dreimal klopfte er an die Tür; und als er gerade dabei war seine geballte Faust wieder zu senken, wurde er bereits in den Raum gebeten. „Ah, Kakashi, wie ich sehe, haben sie dich wieder aus dem Krankenhaus entlassen. Meinen Glückwunsch zu deiner Genesung“, sagte Tsunade, kaum hatte er den Raum betreten und die Tür hinter sich geschlossen. „Ich bin ebenfalls froh, dass ich wieder hinausdurfte. Der Arzt wollte mich noch für zwei weitere Tage im Krankenhaus behalten, um mich beobachten zu können. Aber mein Körper hat sich wieder vollständig erholt. Auf eine längere Zeit betrachtet hätte ich mich dann doch nur gelangweilt“, entgegnete Kakashi. Er durchquerte den Raum und übergab Tsunade einen kleinen Papierstapel. Sie legte die Dokumente ab, welche sie bis eben bearbeitet hatte, und überflog die wenigen Seiten des Stapels. Kakashi erkannte den Blick in Tsunades Augen wieder, es war das gleiche Interesse, mit welchem sein behandelnder Arzt stets seine Patientenakte gelesen hatte. „Gut, gut, das sind doch mal positive Nachrichten. Davon haben wir viel zu wenige in der heutigen Zeit. Vielen Dank, dass du mir das hier vorbeigebracht hast“, erwiderte Tsunade und legte die Papiere auf der linken Seite ihres Schreibtischs ab. „Dann kann ich davon ausgehen, dass du bereit bist, auf die nächste Mission zu gehen? Es ist auch keine allzu anstrengende Mission. Es wäre mir zwar lieber, ich könnte dir noch ein oder zwei Tage Ruhezeit geben, aber …“ Ihr Blick wanderte über dem Schreibtisch, welcher unter Bergen an Papieren und Schriftrollen verschwand. „Wie du siehst, nimmt die Arbeit einfach kein Ende. Wir müssen um jeden Ninja kämpfen, der uns zur Verfügung steht, und dennoch steht mir das Wasser bis zu Kinn.“ Die Hände vor sich gefaltet, sah sie Kakashi mit erwartungsvollem Blick an. Er wusste, dass das Dorf schon länger mit derartigem Personalmangel zu kämpfen hatte, besonders nach dem Angriff Orochimarus vor vielen Jahren. Viele gute Ninja hatten dabei ihr Leben gelassen und diese fehlten ihnen nun an allen Ecken und Enden. So gerne er das beheben wollte, er war auch nur ein Mensch und selbst mit der Kunst der Schattendoppelgänger war er nicht in der Lage, mehr als eine Mission gleichzeitig auszuführen. Auch wusste er nicht, wie man das Problem am besten lösen könnte, man konnte keine Ninjas aus dem Nichts schaffen. Daher versuchte er, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren, anstatt sich um Punkte zu bemühen, auf welche er keinen Einfluss besaß. „Ich verstehe. So ist es nun mal, die Arbeit macht sich nicht von allein. Um welche Art von Mission handelt es sich denn?“, sagte er, um gleich auf den Punkt zu kommen. Eine Handlungsweise, die Tsunade offensichtlich imponierte. „Richtig, wir sollten lieber keine Zeit verlieren. Es ist keine anspruchsvolle Mission, dennoch muss sie erledigt werden. Eigentlich könnte man sie sogar einer Gruppe aus Chunin überlassen, aber wie es der Zufall so will, habe ich aktuell keine zur Verfügung, um sie damit zu beauftragen.“ Tsunade blickte auf eine Liste mit Namen und Fotos, doch Kakashi hatte den Eindruck, dass das mehr zur Stützung ihrer Aussage diente. Er ahnte, dass sie die Liste bereits vor seinem Auftauchen mehrfach geprüft hatte. „Jedenfalls ist es eine Aufgabe, die erledigt werden muss. Ich muss gestehen, dass es recht … nachlässig von meinem Vorgänger war, dass das nicht bereits längst geschehen ist. Sagt dir das Magnolia Krankenhaus etwas?“, fragte sie und hob ihren Blick von der Liste. Kakashi musste sehr lange überlegen. „Nein, der Name ist mir nicht bekannt. Was ist damit? Soll ich für dich aus diesem Krankenhaus etwas besorgen? Oder ist meine Aufgabe, etwas dorthin zu bringen?“ Tsunade verschränkte ihre Finger ineinander, bevor sie eine Antwort gab. „Es ist kein Wunder, dass du von diesem Krankenhaus noch nichts gehört hast. Es war ein recht kleines Krankenhaus, spezialisiert auf Versiegelungsjutsus und der Aufhebung dieser. Es liegt im Osten, recht nah an der Grenze zum Land der Strudel. Als das Land jedoch unterging, wurde das Krankenhaus ebenfalls aufgelöst und seitdem ist das Gebäude verlassen.“ Tsunade hob eine Tasse und nahm einen großen Schluck, bevor sie ihre Erzählung fortsetzte. „Um ehrlich zu sein, habe auch ich lange Zeit vergessen, dass dieses Krankenhaus existiert hat. Doch mir sind neulich ein paar Gerüchte zu Ohren gekommen. Es könnte sein, dass Orochimaru das Gebäude für sich entdeckt und, wenn auch nur für eine kurze Zeit, als Versteck genutzt hat.“ „Und jetzt gehst du davon aus, dass sich dort Hinweise auf Orochimaru befinden könnten?“ Für einen kurzen Augenblick war Kakashi erleichtert, dass sich weder Naruto noch Sakura in diesem Augenblick im Raum befanden. Er war sich sicher, vor allem Naruto hätte nur zu gerne seine aktuelle Mission abgebrochen, um sich der seinigen anzuschließen. Denn Hinweise auf Orochimaru bedeuteten auch gleichzeitig Hinweise auf Sasuke. Diesen zu finden, war nach wie vor Narutos größte Sorge. Welch ein Zufall, dass ausgerechnet ich damit betreut werde, dachte sich Kakashi und steckte die Hände in die Westentaschen. Tsunade nickte, bevor sie ihr Kinn auf ihre verschränkten Finger stützte. „In der Tat. Es mag schon eine Weile her sein, dass Orochimaru sich dort niedergelassen hat, aber bei ihm kann man sich nie sicher sein. Zwar gehe ich davon aus, dass er seine Spuren beim Verlassen verwischt hat, doch es könnte ihm auch ein Fehler unterlaufen sein. Auf jeden Fall muss ich wissen, wie der aktuelle Status dieses Krankenhauses ist. Möglicherweise benutzt er es wieder als Versteck. Ist das der Fall, dann müssen wir herausfinden, was er als nächstes vorhat. Und wenn wir ganz viel Glück haben…“ Ihr Ton wurde schärfer und sie sah sich eingehend im Raum um, als würde sie einen unliebsamen Mithörer befürchten. „Nun, möglicherweise finden wir sogar einen Hinweis auf Sasuke. Die Wahrscheinlichkeit ist nicht sehr hoch, aber je mehr ich über das Gebäude weiß, desto besser werde ich nachts schlafen können. Daher ist es deine Mission, dort nachzusehen und gegebenenfalls Hinweise mitzubringen. Allzu große Hoffnungen habe ich ehrlich gesagt nicht… aber diese Aufgabe möchte ich dir hiermit übertragen.“ Sie löste ihre Hände aus der Verschränkung, erhob sich und sah Kakashi mit einem ernsten Blick an. Kakashi wartete darauf, dass seine Vorgesetzte sich noch weiter äußern würde. Es vergingen mehrere Sekunden, bis sie ihre Schultern sinken ließ und sie eine nüchterne Miene aufsetzte. Machte sie sich Sorgen um ihn? Zwar war er kein leichter Gegner für Orochimaru, dessen war Kakashi sich sicher. Jedoch kannte Tsunade ihn deutlich besser als er, hatten sie und Orochimaru doch viele Jahre gemeinsam verbracht. Zumal er auch gerade erst wieder entlassen worden war, Tsunade wollte sicherlich verhindern, dass Kakashi bereits bei seiner nächsten Mission wieder ins Krankenhaus zurückkehren sollte. Eine Wahl, die sie als Oberhaupt von Konoha leider nicht hatte, das war ihm bewusst. „Ich denke, die größte Gefahr dort wird wohl das Gebäude selbst sein. Selbst wenn Orochimaru es als Versteck genutzt hat, wird es nun niemanden mehr geben, der es in Schuss hält. Möglicherweise ist es auch genau das, was ihm als Tarnung dient. Das Gebäude könnte einsturzgefährdet sein, soweit wir es wissen. Vielleicht hat Orochimaru auch Fallen aufgestellt. Dass du auf Feinde triffst, halte ich allerdings für sehr unwahrscheinlich.“ Sie seufzte und bemühte sich um ein warmes Lächeln. „Pass also bitte trotzdem auf dich auf, egal, wie banal dir die ganze Angelegenheit erscheint. Wir wollen nicht, dass du wieder im Krankenhaus endest.“ Kakashi nickte kurz, um zu bestätigen, dass Tsunades gut gemeinte Worte seine Ohren erreicht hatten. Gleichzeitig gab ihm Tsunades Aussage die Bestätigung für seine Vermutungen. Sie machte sich Sorgen um ihn und seinen Gesundheitszustand. Allein dank seines Sharingan war er oft ein Dauergast im Krankenhaus, um sich dort von seinem letzten Kampf zu erholen. Er spürte, wie ihm diese kaum geäußerte Fürsorge seitens Tsunade unangenehm wurde, obwohl er sie nachvollziehen konnte. Es änderte jedoch nichts daran, dass Kakashi sich nicht wohl dabei fühlte. Oft genug hatte er gesehen, zu was Fürsorge bei seinen Teamkameraden geführt hatte. Um sich damit nicht länger als nötig beschäftigen zu müssen, versuchte er die Mission wieder in den Mittelpunkt ihres Gespräches zu bringen. „Ich gehe richtig in der Annahme, dass ich diese Mission allein erledigen werde, nicht wahr?“ Tsunade sah ihm tief in die Augen, dann setzte sie sich wieder und nahm ihre vorherige Position ein. „Du liegst vollkommen richtig damit. Zwar würde es mir mehr behagen, wenn ich dir noch jemanden mitgeben könnte, aber leider sind alle Ninja bereits unterwegs. Ich könnte dir nicht einmal dein eigenes Team zur Verfügung stellen, Team 7 ist bereits mit Yamato unterwegs. Tut mir leid, Kakashi, aber ich bin mir sicher, dass du das auch allein schaffen wirst.“   ~   Zum zweiten Mal an diesem Vormittag klopfte es an der Tür, ein weiteres Mal bat Tsunade den Besucher herein und ein großer Stapel an Notizbüchern betrat das Büro des Hokage. „Verzeiht mir die Störung, Hokage, aber ich habe hier die Berichtsbücher der Schüler, um die Sie mich gebeten hatten.“ Iruka hörte selbst, wie angestrengt seine Stimme klang, als er hinter dem Stapel hervorlugte. „Moment, ich helfe dir“, sagte Kakashi und nahm ihm die obere Hälfte als Entlastung ab. „Danke, das ist wirklich nett. Langsam wurden meine Arme von dem vielen Gewicht müde“, sagte Iruka peinlich berührt. Erst jetzt wurde er sich der Anwesenheit des anderen Ninjas bewusst und es kam ihm unhöflich vor, dass er Kakashi nicht auch begrüßt hatte. Was er jetzt wohl von ihm dachte? Kakashis Gesichtsausdruck, soweit Iruka ihn erkennen konnte, gab ihm keine Antwort darauf. Vermutlich war es Kakashi auch gar nicht aufgefallen. Schnell blickte Iruka zu Tsunade zurück, um seinen Ninjakollegen nicht zu offensichtlich anzustarren. Tsunade dagegen machte den Eindruck, als hätte sie die Berichte zwischenzeitlich ins Reich des Vergessens geschoben und freute sich absolut nicht, sie alle in der nahen Zukunft durchlesen zu müssen. Doch dann hellte sich ihr Gesicht auf, als sie ein anderer Gedanke zu ereilen schien. „Sag mal, Iruka, wie kommt es, dass du sie mir jetzt schon vorbeibringst? Ich habe nicht so früh damit gerechnet.“ Iruka nahm stramm Haltung an, nachdem er und Kakashi die Berichte auf einem freien Fleck des Schreibtischs abgestellt hatten. „Nun, die Schüler sind heute mit Kollegen von mir draußen unterwegs und da ich sonst nichts weiter zu tun hatte, dachte ich, bringe ich die Unterlagen heute noch zu Ihnen. Wenn Sie mich also entschuldigen, ich würde nun zurückgehen und die Tafel saubermachen, ein paar meiner Schüler haben dort… sagen wir, unflätige Nachrichten hinterlassen.“ Tsunade schüttelte langsam ihren Kopf, dann sah sie Iruka direkt in die Augen. „Das mit der Tafel kann warten, zur Not kann das ja auch ein Kollege übernehmen. Die nächsten Tage hast du nichts mehr Wichtiges zu erledigen, nicht wahr?“ Dieses Mal schüttelte Iruka den Kopf. Worauf wollte Tsunade mit dieser Frage hinaus? „Nein, nichts Wichtiges, zumindest nichts, von dem ich wüsste…“ „Perfekt. Gut, dann kriegst du jetzt eine kleine Planänderung, ob sie dir gefällt oder nicht.“ Sie klatschte zufrieden die Hände zusammen und lächelte die beiden Männer vor sich an. „Iruka Umino, du bekommst von mir die Aufgabe, Kakashi Hatake bei seiner Mission zu begleiten. Über die Details wird er dich unterwegs in Kenntnis setzen. Für die Vorbereitung sollten dreißig Minuten ausreichen. Ich möchte, dass ihr die Mission noch dieses Wochenende beendet.“ Tsunade erhob sich von ihrem Stuhl, schritt um ihren Schreibtisch herum und legte den beiden Männern jeweils eine Hand auf die Schulter. „Aber vor allem möchte ich, dass ihr beide aufpasst und gesund und munter wieder zurückkehrt. Habt ihr mich verstanden?“ „Jawohl, Tsunade-sama!“ „Verstanden!“ Mit diesen Worten ließ Tsunade die beiden wieder los. Sie gab Kakashi eine Schriftrolle mit, bevor sie mit einer kurzen Handbewegung zur Tür deutete. Es war für die beiden Ninja das Zeichen, loszuziehen, eine Bitte, welche sie sofort nachgingen.   Kaum standen sie vor der verschlossenen Tür zum Büro des Hokagen, blickte Kakashi Iruka direkt in die Augen. „In Ordnung, das hier wird eine harmlose Mission zur Informationsbeschaffung sein, allzu viel musst du also nicht einpacken. Tut mir leid, dass du da mit reingezogen wurdest. Tsunade hat manchmal seltsame Ideen … normalerweise belästigt sie Akademie-Lehrer nicht mit derartigen Dingen.“ „Ach, das macht mir nichts aus!“, sagte Iruka und begann wie wild mit seinen Händen zu fuchteln. Langsam begann sein Verstand, Tsunades Worte in vollem Umfang zu begreifen. Beschämt hoffte Iruka, seine Emotionen so gut wie möglich maskieren zu können. „Es ist lange her, dass ich auf einer Mission war, auf diese Weise kann ich das Dorf bei einer wichtigen Sache unterstützen, zumal ich die nächsten Tage wirklich nichts Besonderes mehr vorhatte.“ Kakashis Blick war nichtssagend, als er mit den Schultern zuckte. „Ja dann … wir treffen uns in einer halben Stunde am Tor und mach dir keine Gedanken, das wird schon!“ Mit diesen Wort hob Kakashi die Hand zum Abschied und war mit wenigen Schritten aus Irukas Sichtfeld verschwunden. Besorgt blickte dieser dem älteren Ninja hinterher. „Keine Gedanken … jetzt mache ich mir erst recht welche“, sagte er und der Gedanke, zusammen mit Kakashi auf eine Mission zu gehen, verpasste seinen Wangen einen leichten Hauch von Rosa. Er war froh, dass er sich allein auf dem Flur befand und niemand sonst ihn dabei beobachten konnte. Dann hätte er sich erst recht gewünscht, ein Jutsu zu beherrschen, mit welchem er für immer in den Erdboden hätte verschwinden können. Kapitel 2: Die Mission ---------------------- „Tut mir leid, ich habe mich mal wieder auf dem Weg des Lebens verlaufen!“, sagte Kakashi in entschuldigendem Ton, als er sich Iruka an ihrem vereinbartem Treffpunkt näherte. Iruka stemmte die Hände in die Hüfte und hörte, wie die Ninja in ihrer Wachstation hinter ihm zu kichern begannen. „Ich sag es dir, Izumo, es müssen noch Zeichen und Wunder geschehen, damit Kakashi einmal pünktlich kommt“, sagte Kotetsu amüsiert, darum bemüht, ein weiteres Lachen zu unterdrücken. „Nein, nein, im Gegenteil, es ist wohl eher ein Zeichen des Untergangs, falls Kakashi mal nicht zu spät kommen sollte. Wenn das passiert, ist alles aus, das kannst du mir glauben.“ Die spitzen Kommentare der zwei Chunin schienen an Kakashi abzuprallen, als dieser eine Hand auf Irukas Schulter legte und ihn anlächelte. „Dann machen wir uns mal auf den Weg, nicht wahr? Unterwegs werde ich dir alle Einzelheiten erklären, die du für unsere Mission wissen musst. Eigentlich wäre das Tsunades Aufgabe gewesen, aber du hast ja mitbekommen, wie sie uns aus dem Büro geworfen hat.“ „Sie wird ihre Gründe gehabt haben“, sagte Iruka und versuchte das heitere Lachen, dass die beiden Chunin nicht mehr hatten zurückhalten können, zu ignorieren. Stattdessen blickte er seinen Kollegen mit Zuversicht ins Gesicht. „Ich denke, das dürfte das Beste sein, lass uns die Mission antreten, damit wir sie so schnell wie möglich erledigt haben.“ „Das ist die richtige Einstellung“, erwiderte Kakashi und schien von seiner eigenen Aussage überzeugt zu sein. Kakashi nahm die Hand von Irukas Schultern und gemeinsam machten sie sich auf den Weg hinaus aus dem Dorf. Iruka warf noch einen letzten Blick auf Izumo und Kotetsu, die sich gerade die Lachtränen aus den Augen wischten. Als sie seinen Blick merkten, winkten sie ihm fröhlich zu. „Viel Erfolg euch beiden!“, konnte er sie beide noch rufen hören, dann lag das Dorf Konoha hinter ihnen und er beschleunigte seine Schritte, um zu Kakashi aufholen zu können.   Während sie gemeinsam den Weg entlangliefen, informierte Kakashi Iruka über sämtliche Details, die es über den Auftrag und das Gebäude zu wissen galt. Kaum waren sie auf dem gleichen Wissensstand, legte Iruka seine Hand ans Kinn und winkelte nachdenklich den Zeigefinger ab. „Verstehe, Tsunade geht davon aus, dass sich Hinweise in diesem verlassenen Gebäude befinden? Das könnte sein, bei Orochimaru weiß man nie, was er als nächstes plant. Jetzt verstehe ich auch, was Tsunade mit ihrer Warnung gemeint hat … gütiger Himmel, dann müssen wir ja wirklich aufpassen! Um ehrlich zu sein habe ich keine Lust, dass mir ein Stück Haus auf den Kopf fällt.“ Kakashi klang sehr amüsiert, als er auf Irukas sorgenvolle Gedanken einging. „Ach was, das wird nicht passieren. Wenn wir die Augen offenhalten, wird schon alles glatt laufen, glaub mir!“, sagte er, während sich Iruka fragte, woher sein Kollege die Zuversicht nahm. Weitere Diskussionen hielt er jedoch für wenig zielführend, weshalb er eine Karte vorherholte und sie genau studierte. „Hat dir Tsunade auch gesagt, wo sich dieses verlassende Gebäude befindet? Ich meine, es ergibt wenig Sinn, uns an einen Ort zu schicken, ohne zu wissen, wohin wir genau gehen müssen.“ Kakashi holte ebenfalls eine Schriftrolle hervor und wedelte damit in der Luft herum. „In der Tat, das hat sie. Sie hat mir eine alte Aufzeichnung gegeben, die den Ort zeigt. Außerdem enthält die Schriftrolle einen Bauplan, der je nach Zustand des Krankenhauses aber eventuell wenig hilfreich sein wird.“ Sie beide steckten ihre Karten wieder weg und sahen sich an. Sie mussten ihre Gedanken nicht aussprechen, der Ausdruck in ihren Augen sprach Bände. Sie beide wussten, dass eine gute Vorbereitung nur die halbe Miete war. Karten und Vorkenntnisse ersetzten jedoch nicht das Wissen, welches man selbst vor Ort sammeln konnte. Nur zu gerne wichen Missionen von ihren harmlos klingenden Beschreibungen ab. Ein Risiko, welches stets über ihrem Ninja-Alltag schwebte wie eine Sense über einem schwerkranken Mann. Den Rest des Weges beschritten sie größtenteils schweigend, nur hin und wieder unterbrachen sie das Schweigen mit oberflächlichem Smalltalk, der meist Naruto zum Thema hatte. Doch sobald sie sich nichts mehr zu sagen hatten, gingen sie stumm nebeneinander und hielten die Augen offen. Zwar rechneten sie nicht mit einem Überfall, aber bei einer Mission konnte man nie wissen, ob es nicht doch ein unvorhergesehenes Ereignis geben würde, welches den Auftrag gefährden könnte. In regelmäßigen Abständen warf Iruka einen verstohlenen Blick zu seinem Kollegen hinüber, immer genau dann, wenn dieser einen flotteren Gang an den Tag legte als er. Er studierte das wilde, graue Haar; Kakashis sportliche Statur oder achtete darauf, wie sich seine Hüfte bei jedem Schritt bewegte. Zumindest so lange, bis Kakashi sich zu ihm umdrehte und sich nach seinem Befinden erkundigte. „Bist du dir sicher, dass alles in Ordnung mit dir ist?“, fragte Kakashi, nachdem er sich zum wiederholten Male in Irukas Richtung umgedreht hatte. „Ja, klar, mit mir ist alles in Ordnung. Ich bin nur ein wenig aus der Übung gekommen, das ist alles. Ich habe schon lange keine richtige Mission mehr gemacht. Dauert nicht mehr lange, dann habe ich mich wieder daran gewöhnt“, sagte er und kratzte sich verlegen am Hinterkopf. In Kakashis Gesicht stand ein Fragezeichen, doch dann zuckte er nur mit den Achseln und setzte seinen Weg fort. „Wenn du möchtest, kann ich Gai fragen, ob er dir ein Spezialtraining gibt, ich bin mir sicher, dass er sich da etwas Feines für dich überlegen könnte. Damit du wieder in Schuss kommst.“ Doch kaum hatte Kakashi den Vorschlag gemacht, nahm Iruka seine Beine in die Hand und sah zu, dass er so schnell wie möglich zu seinem Kollegen aufschloss. Allein der Gedanke daran, hunderte Mal das Dorf auf seinen Händen zu umrunden, bescherte ihm eine unangenehme Gänsehaut. „Gar nicht nötig, siehst du? Meine Beine waren nur ein wenig eingerostet, aber nun sind sie wieder so klar wie der frische Morgentau. Absolut nicht nötig, siehst du?“ Kakashi blickte ihn mit seinem freien Auge an, Iruka dagegen vermied es Augenkontakt aufzubauen. „Na gut, wenn du meinst – dann lass uns weitergehen“, sagte Kakashi nach wenigen Sekunden. Ob Iruka ihn hatte überzeugen können, das ließ sich der Kopierninja nicht anmerken. „Ja, das sollten wir am besten tun!“ Mit festen Schritt, den Blick stur nach vorne marschierte Iruka, als hinge sein Leben davon ab, an der Seite von Kakashi den Weg entlang. Aus dem Augenwinkel sah er ein amüsiertes Aufblitzen im Gesicht des älteren Ninjas, bevor sich sein Gesichtsausdruck wieder normalisierte.   ~   Iruka hatte absolut keine Ahnung, in welchem Zustand er sich das Gebäude hätte vorstellen sollen. Dennoch war er erstaunt, als er das Haus vor sich sah – oder zumindest die Überreste davon. Der Zerfall des Gebäudes war viel weiter fortgeschritten, als Kakashis Beschreibung es ihn hatte glauben lassen. „Sieh dir das an, Kakashi. Wenn ich es nicht besser wüsste, könnte ich kaum glauben, dass hier Menschen behandelt wurden. Aus einem Ort, den viele Menschen fürchten, ist nun ein wahrer Albtraum geworden. Immerhin kommt man nur in ein Krankenhaus, wenn man verletzt ist oder um sein eigenes Überlegen ringt.“ Kakashi, den der Anblick des stark verfallenen Gebäudes ebenfalls kaum kalt ließ, überprüfte noch einmal mithilfe der näheren Umgebung seine Karte. „Es wäre natürlich einfacher, wenn es sich um ein anderes Gebäude handeln würde. Doch zu unserem Unglück sind wir am richtigen Ort. Ach, Tsunade, wo hast du uns nur wieder hineingezogen …“ Er verstaute die Schriftrolle in seiner kleinen Tasche und wandte sich an Iruka. „Natürlich weiß ich, dass Orochimaru sich an abgelegenen Orten aufhält. Ich bezweifle aber, dass er sich gerade hier aufhält. Angeblich experimentiert er mit heiklen Objekten und sogar mit Menschen. Er würde kein unnötiges Risiko eingehen, indem er sein Versteck in einem einsturzgefährdetem Haus einrichtet. Mit seinem Blick scannte er das Haus ab, als wäre er auf der Suche nach einem bestimmten Detail. „Nein, die einzigen Menschen, die sich hierher verirrt hatten, waren höchstens Banditen oder Teenager bei einer Mutprobe. Dennoch, Mission ist Mission, auch wenn ich nicht denke, dass wir da drin noch was finden.“ Iruka, der sich ebenfalls das Gebäude von außen näher angesehen hatte, kratzte sich gedankenverloren am Kinn. „Möglicherweise finden wir einen versteckten Hinweis von einem der Menschen, die er für seine Experimente benutzt hat, … oder sogar deren Überreste“, sagte er und wurde augenblicklich blass im Gesicht. Kakashi legte wieder eine Hand auf seine Schulter. „Mach dir keine Gedanken. Selbst wenn Orochimaru irgendwelche Leichen hier im Keller entsorgt hat, dürfte das lange genug her sein, dass davon nur noch die Knochen übrig sind. Und Knochen können dir nichts tun, es ist ja nicht so wie in einer dieser modernen Romane, in denen die Skelette erneut zum Leben erwachen und dir ans Leder wollen“, sagte er mit einem Ton, der Iruka absolut nicht beruhigte. Dennoch zwang sich Iruka zu einem Lächeln. „Ha ha, ja, wer glaubt denn auch ernsthaft an Monster und Gespenster?“, stammelte Iruka und hoffte, dass es Kakashi nicht sonderlich auffiel. Dann richtete er seine Aufmerksamkeit auf das verfallene Krankenhaus vor ihm und räusperte sich übertrieben laut. „Nun denn, wir sollten am besten keine Zeit verlieren. Wie gehen wir am besten vor? Hast du einen Plan?“, wollte er von Kakashi wissen und dieser nickte. Iruka fand keine Spur mehr von der neckischen Aura, die den Ninja bis eben noch umgeben hatte. Stattdessen war seine Stimme nun klar und fest. „Am besten betreten wir das Gebäude erstmal zusammen und sehen uns nach Fallen um, die uns bei der Arbeit behindern könnten. Wir müssen uns außerdem einen Überblick verschaffen, welche Gebäudeteile zugänglich sind und welche nicht.“ Kakashi drehte sich zu Iruka um und sah ihn mit einem düsteren Funkeln in seinem Auge an. „Danach können wir uns aufteilen und nach Informationen suchen. Wer weiß, vielleicht finden wir doch noch den einen oder anderen neuen Kalziumfreund im Keller.“ Dabei hob er seinen Daumen, als wäre das eine vollkommen normale Aussage oder als hätte er Iruka nach der Mission auf eine Nudelsuppe eingeladen. Dieser dagegen grummelte genervt vor sich hin. „Darüber sollte man keine Witze machen … lass uns lieber hineingehen, ja?“ Kakashi beobachtete ihn noch für ein paar Sekunden, bevor er sich selbst in Bewegung setzte. „In Ordnung, von außen verrät uns das Krankenhaus sicher nichts von dem, was wir wissen wollen.“   ~   „Vorsicht, da ist noch ein Draht, direkt unter dem anderen. Und ich gehe davon aus, dass dieser echt ist“, sagte Kakashi und zog Iruka wie schon mehrere Male zuvor vorsichtig am Oberarm zurück. Dieser ließ sich aus der Gefahrensituation bergen und sah in die Richtung, in welcher Kakashi den Draht vermutete. „Wahnsinn, wer weiß, was ich ohne dein Sharingan damit aktiviert hätte“, sagte Iruka beeindruckt, aber auch leicht eingeschüchtert. Sie hatten bereits unzählige Briefbomben, Drahtfallen und Falltüren aufdecken und entschärfen können. Doch dieses Mal schien etwas anders zu sein. Anstatt auf Irukas Kompliment einzugehen, studierte Kakashi mit beiden Augen den kompletten Raum und versuchte das zu erkennen, was für die Augen seines Kollegen nahezu unsichtbar war. Dann, als er fündig wurde, schob er Iruka sachte, aber bestimmt in den Nebenraum zurück. „Gut, ich denke, zwei Kunai dürften genügen“, sagte er, warf erst eins, dann das zweite, welches gegen das erste Kunai prallte und seine Flugbahn änderte. Iruka hörte, wie in der Nähe ein Draht durchtrennt wurde, dann ein weiterer. Erst jetzt bemerkte Iruka, dass er die Luft angehalten hatte. Kaum hatte er wieder angefangen normal zu atmen, kehrte Kakashi zu ihm zurück. „Das dürfte die letzte Falle gewesen sein, zumindest kann ich nichts mehr entdecken, selbst mit meinem Sharingan nicht“, sagte er und schob sich sein Stirnband wieder über das Gesicht. Beeindruckt starrte Iruka an die Stelle, an welcher bis soeben das kraftvolle Auge sichtbar gewesen war. „Vielen Dank, dass du mich gerade gerettet hast. Ich hätte nur ungern herausgefunden, was sonst mit mir passiert wäre.“ „Nun, ich gehe davon aus, dass du dank der großen Mengen Sprengstoff, die an dem Draht befestigt war, in viele kleine Einzelteile gesprengt worden wärst. Aber keine Sorge, das Schicksal hätten wir uns geteilt. So gesehen habe ich uns beiden das Leben gerettet“, sagte Kakashi vergnügt und heiter, während Iruka sämtliche Farbe aus dem Gesicht wich.  „Wir … wir wären hier fast ums Leben gekommen? Und dann kannst du das so munter aussprechen … kein Wunder, dass du bei den Anbu warst. Ich hätte da nicht die Nerven dafür, ganz und gar nicht.“ Während Iruka versuchte, sein Frühstück daran zu hindern, seinen Magen zu verlassen, sah Kakashi ihn mit einem verwunderten Blick an. Ein weiteres Mal fand seine Hand den Weg auf die Schulter des Jüngeren. „Dafür bin ich ja hier, um solche Gefahren zu erkennen und zu bannen. Jetzt ist es nur noch ein kaputtes Stück Draht, das niemandem was kann. Keine Angst, ich werde schon auf dich aufpassen, damit dir nichts passiert.“ Etwas in diesem Ton, wie Kakashi den letzten Satz ausgesprochen hatte, machte Iruka stutzig, doch er beschloss, nicht näher darauf einzugehen. „Ja, danke, ich fühle mich auch schon viel sicherer“, sagte er und blickte sich um, als gäbe es einen geheimen Schatz zu entdecken. „Sollen wir uns dann lieber umsehen? Ich meine, die Fallen sind alle deaktiviert und das Gebäude sieht doch sicherer aus, als wir es von außen vermutet hatten … damit wir an die Informationen für Tsunade kommen können“, sagte Iruka und kratzte sich nun unsicher an der Wange. wanderte sein Blick zurück zu Kakashi, blieb an dessen normalem Auge haften und versank in dem geheimnisvollen Dunkel, das ihm entgegenblickte. Er brauchte ein paar Sekunden, bis Iruka bemerkte, dass Kakashi ihn ebenfalls in die Augen sah. „Kann es sein, dass ich was im Gesicht habe? Oder warum siehst du so auffällig oft in meine Richtung?“, fragte Kakashi in einem unverfänglichen Ton; dennoch zuckte Iruka erschrocken zusammen. „Nein, nein, das ist nur Zufall, das bildest du dir ein“, sagte Iruka und sah weg. „Du weißt doch, wir sollen hier auf Fallen und herunterfallende Gebäudeteile achten, da kann es doch nicht schaden, wenn man mal einen Blick oder zwei mehr auf seinen Missionspartner riskiert, nicht wahr?“ „Missionspartner, verstehe … und damit du das jetzt so gut kannst, hast du auf dem Weg hierher fleißig geübt, nicht wahr? Ja, das vorhin ist mir nicht entgangen.“ Irukas Gesicht färbte sich puterrot, seine Wangen brannten und nun konnte er Kakashi erst recht nicht mehr in die Augen sehen. „Ach, das… ja, das ist nur ein großes Missverständnis. Ich war schon so lange nicht mehr auf einer Mission und ich dachte, wenn ich dich beobachte, kann ich sicherlich die eine oder andere Wissenslücke auffüllen“, sagte er, spielte nervös an seiner Jacke herum und lachte abgehackt. „Sag mir lieber, warum du heute so gesprächig bist, das kenne ich ja gar nicht von dir.“ Aus dem Augenwinkel sah er, wie Kakashi seine Hand auf Irukas linke Wange legte, als wollte er ihn auf diese Weise beruhigen. Dabei sah er ihn mit einem Blick an, den Iruka bestenfalls als stark amüsiert bezeichnen konnte. „Das hat keinen bestimmten Grund, mir ist einfach danach. Mich interessiert vielmehr, wie viel du davon gelernt hast, mich auf dem Weg hierher zu studieren. War es denn aufschlussreich? Hast du gefunden, was auch immer du dabei gesucht hast und noch viel wichtiger: Hat es dir gefallen?“ Iruka hämmerte das Herz in der Brust, er war die lebendige Definition der Nervosität geworden. Seine Hände wurden schwitzig und er versuchte, sie so unauffällig wie möglich an der Jacke abzuwischen. Ohne, dass Kakashi es mitbekommen sollte. „Ich … ich habe keine Ahnung, was du damit meinen könntest … ich meine, ist ja nicht so, als hätte ich dich … wie sagt die heutige Jugend … abgecheckt, nein, ich wollte mir wirklich nur von einem erfahrenen Jonin etwas abschauen, das ist alles.“ Kakashi sah ihn mit einem Blick an, den Iruka nicht deuten konnte. Er schien alles zu bedeuten und gleichzeitig nichts. „Außerdem stehe ich nur auf Frauen, auch wenn ich bei ihnen keine allzu große Chance habe … naja, es gibt Schlimmeres, nicht wahr? Ich meine, wem sage ich das, bei deiner Vergangenheit?“ Iruka bemerkte, dass sich sein Mund in Gebiete vorwagte, die er eigentlich nicht betreten wollte, und beschloss, in eine anderen Richtung zu gehen. Leider war sein Mundwerk dabei schneller als der rational denkende Teil seines Gehirns. „Sag mal, gibt es für dich eine besondere Art von Frau, die du interessant findest und gerne mal beobachtest? Oder einen Ninja, den du bewunderst? Da gibt es doch sicherlich wen, nicht wahr? Dann weißt du sicher, was ich meine.“ Sofort biss sich Iruka auf die Zunge, diese Fragen konnte Kakashi mit Sicherheit nur falsch verstehen. Doch dieser schwieg ihn weiterhin an, verschränkte die Arme vor der Brust und begann dann laut zu lachen. Kaum hatte er sich beruhigt, kramte er in einer seiner Taschen herum und holte einen kleinen Gegenstand hervor. „So so, verstehe. Na dann, Iruka, der mich nicht abgecheckt hat, ich würde vorschlagen, du kümmerst dich um den südlichen Teil des Gebäudes, während ich die andere Hälfte übernehme. Wir sollten uns am besten über unsere Funkempfänger kurzschalten, um in Kontakt zu bleiben.“ Kaum hatte er das gesagt, banden sich beide Männer die Funkempfänger um den Hals und steckten den Kopfhörer ins Ohr hinein. Dann nickten sie sich zu, weitere Worte waren nicht nötig, bevor sich ihre Wege trennten.   Iruka ging mehrere Schritte, durch eine offene Tür hindurch und lehnte dahinter sich an eine Wand. Kaum verschwand Kakashi außerhalb seiner Hörreichweite, sank Iruka auf den Boden hinab und versuchte, sein rasendes Herz zu beruhigen. Zwar schlug es ihm längst nicht mehr um die Ohren, dennoch war er noch immer aufgeregt. Und er wusste, dass das weder an den Fallen lag, die sie deaktiviert hatten, noch an dem unwahrscheinlichen Szenario, dass er auf Orochimaru oder einen seiner Gefolgsleute stoßen könnte. Kakashi wusste es, er hatte es die ganze Zeit gewusst, dass Iruka ihn beobachtet hatte. Dass seine Blicke viel zu oft und viel zu lange auf ihm verweilt waren. Zwar konnte er von Glück reden, dass Kakashi ihm keine böswilligen Absichten andichtete, jedoch… die wahren Beweggründe wären Iruka nicht weniger unangenehm. Kakashi sollte nicht wissen, dass er ihn nicht nur wegen seiner Fähigkeiten als Ninja bewunderte, wie es bei den meisten Dorfbewohnern der Fall war. Kakashi sollte nicht wissen, dass Iruka sich oft fragte, wie dieser unter seiner Maske aussah. Dass Iruka sich fragte, ob Kakashis restlicher Körper auch mit Narben übersäht war. Dass Iruka den festen Griff seiner Hände bewunderte und sich fragte, wie es sich anfühlte, von eben diesen Händen gehalten zu werden. Erneut wärmten sich seine Wangen, auch seine Ohren und er schüttelte intensiv den Kopf, um sämtliche Gedanken zu verdrängen. Immerhin befanden sie sich auf einer Mission, nicht auf einem Date. Zumal das Gebäude über keinen Strom mehr verfügte, schon lange nicht mehr und wenn er sich nicht auf das Licht seiner Lampe verlassen wollte, musste er zusehen, dass er die Räume so schnell wie möglich durchkämmte. Schnell klatschte er mit den Handflächen auf seine Wangen, um seinen Gedanken einen Neustart zu verpassen, erhob sich und klopfte sich sämtlichen Dreck wie auch Staub von der Hose. Kurz lauschte er in Kakashis Richtung, konnte jedoch nichts vernehmen. Dann nahm er seinen Teil der Mission auf, aktivierte den Funkempfänger und begann, Raum für Raum aufmerksam zu durchsuchen.   Dieses Unterfangen stellte sich letztlich als leichter heraus, als es Iruka anfangs bewusst gewesen war. Zwar waren die Räume nicht allzu groß oder mit sonderlich vielen Möbeln ausgestattet, doch die schiere Größe des Gebäudes sorgte dafür, dass man sich eine Menge Zeit nehmen musste. Er konnte sich vorstellen, dass Kakashi erleichtert war, nicht allein auf diese Mission geschickt worden zu sein. Doch all die Schränke, Schubladen, Spinte und Kommoden gaben ihm nichts, absolut nichts, was ihn für den ganzen Einsatz entlohnt hätte. Nicht ein einziges interessantes Blatt Papier oder eine kleine Schriftrolle konnte er entdecken und er gab langsam die Vorstellung auf, überhaupt fündig zu werden. Selbst wenn sich Orochimaru tatsächlich an diesem Ort aufgehalten hätte, hatte er seine Spuren gründlich verwischt. Iruka fand nur spärliche Spuren des ursprünglichen Krankenhauses. Die meisten Überreste, die, die nicht absichtlich zerstört worden waren, waren wohl dem Zahn der Zeit zum Opfer gefallen, dachte Iruka. Immer mehr Enttäuschung breitete sich in ihm aus und als er auch den ersten Stock mit leeren Händen verließ, wurde es nicht besser. Ihm blieb nur noch der Keller, ein Ort, an welchem man mit Vorliebe die geheimsten aller geheimen Dokumente aufbewahrte. Doch Iruka erwartete inzwischen nichts weiter als noch mehr Spinnweben, Staub in mehreren Schichten und Schimmel, der mittlerweile eine eigene Hochkultur entwickelt haben musste. Für einen kurzen Moment beneidete er Ninjas, die stets eine Atemmaske mit sich trugen oder auch Kakashi für seine Stoffmaske. Er selbst hatte keinerlei passenden Dinge in seiner Ausrüstung, als Ausbilder war er selten mit derartigen Situationen konfrontiert. Dennoch, es führte kein Weg daran vorbei und zur Not konnte Iruka immer noch einen Arzt in Konoha aufsuchen, sollte er zu viel von dem gefährlichen Schimmelporen eingeatmet haben. Er atmete ein letztes Mal tief ein, bevor er sich vornahm, so flach wie möglich zu atmen, dann stieg Iruka die dunkle Treppe hinab. Zwar hatten sie den Keller kurz zuvor auf Fallen untersucht, dennoch kam ihm der Ort nun unheimlicher vor. Nicht nur, weil Irukas Lampe schwächer leuchtete als die von Kakashi. Dieses Mal betrat er den Keller allein und die Vorstellung gefiel ihm kaum. Zumindest musste er sich um die Fallen keine Sorgen mehr machen. Es war viel mehr seine Fantasie, die in den dunklen Ecken und verwinkelten Gängen Dinge sahen, die rein aus seiner Einbildung entstanden. Mit dem Unterschied, dass er sich ihnen nun allein stellen musste. Iruka schluckte, es führte kein Weg mehr daran vorbei. Zumal er sein Gesicht gegenüber Kakashi nicht verlieren wollte, nur, weil er sich nicht in den Keller traute. Also schluckte er ein weiteres Mal, festigte den Griff um seine Lampe und ging die letzten Treppenstufen hinab. Er musste mutig sein und das würde er auch, das bisschen Dunkelheit würde ihm nichts anhaben. „Alles klar bei dir? Oder hast du einen Frosch im Hals?“, erkundigte sich eine Stimme in seinem Ohr und Iruka brauchte ein paar Sekunden, um zu verstehen, dass Kakashi gerade mit ihm kommunizierte. Sie hatten so lange vor sich hin geschwiegen, dass Iruka den Funkempfänger komplett verdrängt hatte. „Ja, ja, ich habe nur ein bisschen zu viel Staub eingeatmet, das ist alles. Kein Grund zur Sorge“, sagte Iruka und fragte sich, in wie viele Fettnäpfchen er an diesem Tag noch treten würde. „Dann ist ja gut. Hast du schon etwas gefunden?“, wollte Kakashi nun von ihm wissen. „Nein, leider nichts, und du?“ „Ebenfalls negativ. Der Laden ist leerer als Narutos Kühlschrank und glaub mir, das ist eine Leistung.“ Iruka, der lieber nicht wissen wollte, warum Kakashi derartige Dinge wusste, streckte seinen Arm mit der Taschenlampe in diverse Richtungen, um wenigstens ein bisschen Licht ins kellerliche Dunkel zu bringen. Doch auch hier fand er kaum etwas, was in seinen Augen hilfreich oder interessant wäre. Ein veralteter Rollstuhl, ein Behandlungsstuhl, dessen Leder abblätterte und leere Kartons, die schon beim Ansehen auseinanderfielen, nichts davon einen weiteren Blick wert. Wieder schwiegen sie vor sich hin, und Iruka wusste nicht, was ihm lieber war. Zwar hätte er nichts dagegen, wenn Kakashi ihn ablenken würde. Doch auf der anderen Seite sagte ihm sein Bauchgefühl, dass er trotz deaktivierter Fallen vorsichtig sein sollte. Wer wusste, ob die beiden Ninja nach wie vor allein in diesem Gebäude waren, oder ob sie nicht in der Zwischenzeit Gesellschaft bekommen hatten. So warf er immer nur einen kurzen Blick in den nächsten Raum, hielt dann seine Lampe hinein, um eventuelle Gefahren zu blenden, bevor er selbst das Zimmer betrat. Auf diese Art fühlte sich er am sichersten, und der Plan schien auch aufzugehen. Außer leerer Behandlungszimmer und noch leeren Vorratskammern fand er nichts weiter als Dunkelheit, Spinnweben im Gesicht und Staub an den Fingern. Bis ein Geräusch seine Aufmerksamkeit weckte. Ein Geräusch, welches verzerrt von den dunklen Wänden des Kellers widerhallte. Iruka hielt inne, versuchte sich auf den Funkempfänger in seinem linken Ohr zu konzentrieren, ob das Geräusch nicht vielleicht von Kakashi gekommen war. Doch als das Geräusch erneut erklang, musste Iruka zu seinem Schrecken feststellen, dass er es in seinem rechten Ohr hören konnte. Ein merkwürdiges Geheul, gefolgt von etwas, was über Fliesen schabte, das in unregelmäßigen Abständen erklang. Irukas Vorstellungskraft ging wieder mit ihm durch, vorsichtig wagte er sich aus dem Raum hinaus und blickte sich unsicher um, bereit, Kakashi jederzeit um Verstärkung zu bitten. Jedoch nicht, bevor er sich nicht eine Übersicht über die Situation verschafft hatte. Seinen Kollegen kopflos in eine möglichen Hinterhalt zu locken, lag absolut nicht in Irukas Absicht. Dann geschah alles ganz schnell, zu schnell für sein Empfinden. Iruka hörte, wie sich das Schaben näherte und mit ihm das seltsame Heulen und er drehte sich in die Richtung, aus welcher die Geräusche stammten. Vor ihm leuchtete ein Augenpaar auf, das sich in einer schier unmöglichen Geschwindigkeit näherte. Iruka blieb keine Gelegenheit darauf zu reagieren, bevor er getroffen wurde. Ein Schrei hallte in seinen Ohren und aus dem Funkgerät kam ein Rufen. Dann wurde die Welt schwarz und Iruka sank in ein tiefes, dunkles Loch, in dem er weder sehen, noch hören konnte. Kapitel 3: Drei Stunden später ------------------------------ Das Erste, was er spürte, war ein kalter, nasser Gegenstand auf seiner Stirn. Iruka tastete vorsichtig danach. Seine Finger berührten ein Taschentuch, welches sorgsam gefaltet auf seiner oberen Kopfhälfte lag. Behutsam nahm er das Taschentuch herunter und öffnete seine Augen. In seinem Mund hatte sich ein Geschmack ausgebreitet, den er nicht zuordnen konnte. Seine Brust fühlte sich so schwer an, als wäre er einen Marathon gelaufen. Wenige Sekunden später bemerkte er einen Schmerz am Hinterkopf. „Ah, bist du wieder wach. Wie fühlst du dich?“, erklang Kakashis Stimme, als dieser langsam näherkam. Iruka blinzelte ihn verwirrt an, setzte sich langsam auf und sah sich um. Sie waren nicht mehr im Gebäude, sondern befanden sich direkt davor. Doch Iruka konnte sich nicht daran erinnern, das Krankenhaus wieder verlassen zu haben. Das Licht des Sonnenuntergangs verriet ihm, dass er mehrere Stunden lang ohnmächtig gewesen sein musste. Während er darüber nachdachte, was wohl mit ihm passiert war, spürte er, wie der Schmerz sich in seinem Hinterkopf immer weiter ausbreitete. Das Gesicht verzerrt, begann Iruka an der betroffenen Stelle zu tasten und spürte unter einer dünnen Verbandsschicht eine schmerzhafte Beule. Sofort zog er seine Hand zurück und sah, wie ihm Kakashi eine Tablette zusammen mit seinem Trinkbehälter anbot. „Hier. Das ist leider das Einzige, was ich für dich in diesem Augenblick tun kann.“ Dankbar nahm Iruka das Schmerzmittel an. Mit einem großen Schluck Wasser spülte er die Tablette herunter, bevor er Kakashi seinen Becher wiedergab. „Was ist passiert?“, wollte er von seinem Kollegen wissen, doch dieser hielt sich nicht mit derartigen Fragen auf. Stattdessen näherte er sich Irukas Gesicht, bis sie nur noch wenige Zentimeter trennten. Mit seinem freien Auge starrte Kakashi abwechselnd in die von Iruka, dann legte er seine Hand auf dessen Stirn. „Ist dir schlecht, schwindelig oder hast du andere Beschwerden? Ich bin zwar kein Iroyounin, aber erste Hilfe kann ich allemal leisten“, sagte Kakashi, während er sich noch einmal Irukas Pupillen vornahm. „Danke, aber nein. Mir geht es gut, keine Sorge. Danke auch, dass du dich um mich gekümmert hast“, sagte Iruka und tastete noch einmal vorsichtig nach der Beule. „Die hier werde ich aber trotzdem in Konoha ansehen lassen müssen…“ Kakashi nickte ihm zu. „Ja, das solltest du, das wäre besser. Nun gut, um deine Frage von vorhin zu beantworten …“ Mit einem Blick zur Seite, begann Kakashi durch seine Maske hindurch zu pfeifen. Wieder konnte Iruka hören, wie sich ihm etwas näherte. Dieses Mal jedoch hörte es sich natürlicher und weniger bedrohlicher an. Dann sah er, wie sich ihm mehrere wilde Hunde näherten, die ihn mit einem treuherzigem Blick und wedelnden Schwänzen begrüßten. Iruka konnte ihr dunkles, schmutziges Fell gut erkennen. Keiner der Hunde schien ein Halsband zu tragen oder eine andere Markierung eines möglichen Besitzers. „Wilde Hunde? Ich verstehe nicht?“, sagte Iruka und blickte Kakashi fragend an. Dieser schien gute Laune zu haben, das konnte er ihm trotz Maske und Stirnband sehr deutlich am Gesicht ablesen. „Die wilden Jungs hier haben dich unten im Keller gefunden. Leider waren sie dabei ein wenig zu stürmisch, weil sie schon lange keine Menschen mehr gesehen haben. Sie wollten dir nichts Böses, aber du bist unglücklich gestürzt, als dich einer von ihnen angesprungen hat.“ Kakashi streckte den Arm aus und einer der größeren Hund nahm die Einladung zum Kraulen sofort an. „Du hast dir den Kopf an einem dieser Untersuchungstische angehauen. Zum Glück wurde das Empfangsgerät dabei nicht beschädigt. Und die Hunde haben einen ziemlichen Aufruhr gemacht, so konnte ich dich recht schnell finden.“ „Verstehe, dann waren es die Hunde, die ich dort unten gehört habe. Durch den Hall haben sie sich dann viel unheimlicher angehört, als sie eigentlich sind“, sagte Iruka. Kakashi wandte seine Aufmerksamkeit wieder zu Iruka und schien ihn anzulächeln. „Dann habe ich dich rausgetragen, mich um dich gekümmert und gewartet, bis du wieder wach wurdest. Nun gut, in der Zwischenzeit habe ich unsere Mission beendet. Ich habe nichts gefunden. Das ist schade, aber es war nicht anders zu erwarten.“   Iruka seufzte, auch wenn er sich ebenfalls keinen anderen Ausgang der Mission hatte vorstellen können. Als er sich sicher fühlte, wollte er die Gelegenheit nutzen und sich vom Boden erheben. Doch Iruka kam nicht weit, denn Kakashis Hand hielt ihn mit sanftem Druck an Ort und Stelle. Mit hochgezogenen Schultern sah Kakashi ihn noch genauer unter die Lupe. „Überstürze es nicht, immerhin hast du dir eine Kopfverletzung zugezogen. Wenn du jetzt zu schnell aufstehst, könnte dir schwindelig oder gar schlecht werden.“ Überrascht sah Iruka Kakashi an, so angespannt hatte er den Kopierninja schon lange nicht mehr erlebt. Machte er sich tatsächlich Sorgen um ihn? Irukas Wangen färbten sich rosa und hoffte, dass Kakashi das großzügig übersehen würde. Schließlich ließ Kakashi seine Schultern sinken, seine Gesichtsmuskel lockerten sich und seine Stimme nahm wieder den lockeren Ton von zuvor an. „Wenn ich dich aber so sehe, scheint bei dir alles in Ordnung zu sein. Du klingst auch nicht desorientiert oder als würde es dir schlecht gehen. Das ist gut, das ist es wirklich.“ Iruka glaubte, unter Kakashis Maske ein Lächeln zu sehen. „Um ehrlich zu sein, als ich dich in diesem Untersuchungszimmer am Boden gefunden habe, dachte ich zuerst, dir wäre etwas viel Schlimmeres zugestoßen. Dass ich kein Blut gefunden hatte, war schon ein ziemlich gutes Zeichen. Dennoch, ich kenne mich mit derartigen Dingen nicht so gut aus, möglicherweise sollte mir Sakura eine Nachhilfestunde geben. Damit ich meine Grundkenntnisse erweitern kann..“ Nun war es Kakashi, der sich nervös am Hinterkopf kratzte, bevor er wieder das Wort ergriff. „Leider habe ich es mit meiner Fürsorge ein wenig übertrieben. Genauer gesagt, ich habe dir nicht nur den Verband umgebunden, sondern wollte auch eine Reanimationsmaßnahme einleiten. Glücklicherweise fiel mir recht schnell auf, dass du doch keine Atemnot hattest. Am Ende hätte ich dir vielleicht sogar aus Übereifer eine oder zwei Rippen gebrochen, das wäre mir wirklich unangenehm gewesen.“   Iruka, der es für einen kurzen Moment mit der Angst zu tun bekam, ging noch einmal gedanklich durch, was alles zu einer Herzdruckmassage gehörte. Nun hatte er eine Erklärung für das Druckgefühl in seiner Brust, nahm es seinem Kollegen jedoch nicht übel. Dann erinnerte er sich an den fremden Geschmack auf seiner Zunge und sein Kopf nahm die Farbe einer überreifen Tomate an. „Soll… soll das bedeuten, du hast … also ich meine, du, ich, wir, unsere …“, stammelte Iruka vor sich hin. Seine Gedanken fuhren Achterbahn und sein Herz hatte sich in einen Presslufthammer verwandelt. „Ach was, mach dir keine Gedanken, auf einer Mission kann es jedem Ninja passieren, dass er sich eine Verletzung zuzieht und medizinisch versorgt werden muss. Immerhin war es dunkel und du warst schon lange nicht mehr außerhalb der Akademie tätig. Zumal du auch kein Aufklärungs-Ninja bist und nicht über eine dementsprechende Ausbildung verfügst“, entgegnete Kakashi freundlich. „Ja … ja sicher“, sagte Iruka, doch weder sein Herz noch seine Seele wollten sich beruhigen. Unbewusst berührte er seine Lippen mit den Fingerspitzen, ganz so, als könnte er ertasten, was während seiner Ohnmacht passiert war. Dass Kakashi begann, ihn mit einem verschmitztem Gesichtsausdruck anzusehen, machte es für sein Nervenkostüm nicht viel einfacher. „Oh, darum geht es dir … nun, ich muss zugeben, ich habe zuerst gehandelt und dann nachgedacht. Wie gesagt, zum Glück ist mir mein Irrtum schnell bewusst geworden. Das ist aber auch kein Grund, rot zu werden“, sagte Kakashi amüsiert. Sein Ton klang lange nicht mehr so ernst wie noch vor wenigen Minuten. Viel mehr hatte er eine sehr neckische Note angenommen. „Ja, das stimmt, ich meine, wir sind zwei erwachsene Männer und du hast dir nur Sorgen um einen Kameraden gemacht, da ist ja nichts dabei!“, sagte Iruka und versuchte, auf die Beine zu kommen, doch sein Körper gehorchte ihm nicht. Genauso wenig, wie sein Herz oder sein Blut es taten. Als Kakashi sich zu ihm hinunter beugte und sein Gesicht immer näherkam, noch immer mit diesem seltsamen Ausdruck in den Augen, begann Irukas Haut zu glühen. Sein Körper wurde unbeweglich, wie der einer Marmorstatue. „Erinnerst du dich noch an deine Frage von heute Mittag? Die, auf die ich dir keine Antwort gegeben habe? Das werde ich nun ändern.“ Iruka zwang seinen Blick zurück zu seinen Kollegen, auch wenn es sich für ihn anfühlte, als würde er direkt in die Sonne sehen. Seine Ohren begannen zu rauschen und er fragte sich, ob er diesen Augenblick überleben würde. Er wollte am liebsten flüchten, doch sein Körper hatte sich vollkommen seiner Kontrolle entzogen. Unter Kakashis Maske zeichnete sich ein Lächeln ab, soviel konnte Iruka erkennen. Er spürte, wie Kakashi eine Hand unter sein Kinn legte. „Ich schätze, ich sollte dir einen wahren Grund zum Rotwerden geben“, sagte Kakashi und griff mit der anderen Hand an seine Maske. Iruka schluckte schwer, seine Gedanken rasten immer schneller umher und er glaubte, sich in einem Traum zu befinden. Oder war es gar ein Gen-Jutsu? Ganz egal, was es war, er konnte den nächsten Schritt kaum abwarten. Und auch wenn Kakashi üblicherweise jemand war, der andere auf sich warten ließ, so gab er Iruka diesmal keine Zeit zum Nachdenken. Kaum hatte Kakashi seine Maske heruntergezogen, spürte Iruka, wie sein Kinn sanft angehoben wurde. Weiche Lippen berührten die seinen, mit einem festen und doch angenehmen Druck. Irukas Gedanken wurden weggeschwemmt, weit weg an einen Ort außerhalb seiner Reichweite. Überrascht öffnete er seine Lippen, nur ein kleines Stück. Eine unausgesprochene Einladung und zugleich Sehnsucht nach mehr. Sein Gegenüber verstand ihn sofort. Mit der Zungenspitze tastete er Irukas Lippen ab, wie um sich eine Bestätigung zu holen und Iruka ließ ihn sofort gewähren. Er öffnete seinen Mund weiter, bis Kakashis Zunge die seine berührte. Sein ganzer Körper erbebte, als ein Feuerwerk der Gefühle in ihm explodierte. Er widerstand nur mit Mühe dem Verlangen, Kakashi an sich zu ziehen. Stattdessen ließ er sich von dem Kuss treiben, wie auch von den Gefühlen, die ihm überschwemmten. Iruka hatte das Gefühl, dass er Kakashi damit das Innerste seiner Seele präsentiert hatte. Mit bebenden Händen griff er nach Kakashis Jacke und hielt sich wie ein Ertrinkender an ihm fest. Er wusste, es musste sich nur um Sekunden handeln, und doch kam ihm diese Berührung wie eine Ewigkeit vor.   Umso größer war seine Enttäuschung an, als Kakashi sich von ihm löste und ein Stück zurückwich. „So, mein Lieber, jetzt hast du eine Antwort auf meine Frage erhalten, nicht wahr?“, fragte Kakashi mit einem Lächeln. Doch alles, woran Iruka denken konnte, war die Tatsache, dass er Kakashi zum ersten Mal in seinem Leben ohne seine Maske sah. Gebannt, als wäre es ein Weltwunder, starrte er Kakashis Lippen an. „Ich kann mir vorstellen, dass es dir gefallen hat und du gerne weitergegangen wärst. Aber ich denke, das hier ist ein denkbar schlechter Ort. Außerdem musst du noch zum Arzt oder hast du das etwa vergessen?“ Als wäre nichts weiter passiert, erhob Kakashi sich. Kaum hatte er seine Maske wieder zurechtgerückt, reichte er Iruka eine Hand. Dieser ließ sich nicht zweimal bitten und kaum stand er auf den Beinen, wurde ihm bewusst, was Kakashi ihm soeben vorgeschlagen hatte. Iruka wusste nun, wie sich eine lebendige Kerze anfühlen musste, denn sein Gesicht hatte sich gerade eben in eine verwandelt. Wieder begann Kakashi ihn anzulächeln, das konnte Iruka trotz der Maske gut erkennen. „Um ehrlich zu sein, ich habe mir nie sonderlich viele Gedanken darum gemacht, welche Art von Mensch mir gefällt oder auf welches Geschlecht ich mehr stehe. Ich schätze mal, ich habe da keine festen Vorlieben, sondern finde schlicht den jeweiligen Menschen anziehend. Ergibt das Sinn?“ Iruka nickte, soweit es sein verletzter Kopf erlaubte. Seine Nerven beruhigten sich, solange er nicht versuchte sich auszumalen, was Kakashi mit seinem Vorschlag gemeint haben könnte. „Schätze, wir sind hier fertig. Zeit, aufzubrechen und die Mission offiziell von Tsunade als beendet erklären zu lassen. Die einzigen Bewohner, die dieses Krankenhaus nun hat, sind diese wilden Hunde“, sagte Kakashi. Er war wieder ganz im Arbeitsmodus. Iruka dagegen studierte ihn, suchte nach irgendwelchen Anzeichen, ob und wie Kakashi auf den Kuss reagierte. Dann fiel ihm auf, dass sein Kollege ein wenig schneller als üblich sprach und weniger selbstbewusst als üblich klang, seit er sich von ihm gelöst hatte. Ob es ihn ebenfalls ein wenig nervös gemacht hatte? Waren sie denn weiterhin nur noch Kollegen? Oder war da doch mehr? Iruka konnte es kaum erwarten, eine Antwort auf diese Fragen zu finden. Dieser Gedanke ließ sofort wieder das Blut in seinen Kopf schießen. „Oh, also wirklich, dafür ist das hier definitiv der falsche Ort, findest du nicht?“, konnte er Kakashis Stimme hören und für einen Augenblick wunderte er sich, was dieser damit meinen könnte. Dann sah Iruka an sich herab und wäre am liebsten vor Scham im Boden versunken. „Schäm dich nicht, irgendwie gefällt mir, dass du so auf mich reagierst. Aber heb dir das lieber für später auf, wenn wir wieder in Konoha sind, und nicht hier vor einem verlassenen Krankenhaus, so kurz vor Einbruch der Dunkelheit.“ Das gab Iruka den Rest, sein Kopf war ein leeres Blatt Papier und er war so damit beschäftigt, seine untere Körperhälfte wieder unter Kontrolle zu bekommen, dass ihm beinahe entging, wie nervös Kakashi selbst geworden war. „Nun, mein … Freund? Lass uns aufbrechen, bevor du mir hier noch umkippst und ich dich noch nach Hause tragen darf“, schlug Kakashi vor. Iruka, dessen Blut nun wieder gleichmäßig durch den gesamten Kreislauf zirkulierte, nickte stumm vor sich hin. „Ja, lass uns nach Hause gehen, geliebter Freund.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)