The Decisions of Tomorrow von Refaye (the first duty of love is to listen) ================================================================================ Kapitel 22: Infinite Loop ------------------------- Kapitel 22: Infinite Loop       Ein ganz normales Leben zu führen, war immer etwas gewesen, was Harry als erstrebenswert empfunden hatte. Mit zehn Jahren hatte sich Harry nichts mehr gewünscht, als einfach genau das verkörpern zu können. Eine langweilige Normalität bestehend aus Geburtstagen, Teenachmittagen und abendlichen Stunden mit der Familie vor dem Fernseher, um sich über den neusten Tratsch in den Nachrichten aufzuregen. Genug zu sein, um als Sohn anerkannt zu werden, der mehr als nur ein Hausmädchen war. Der einen Zweck erfüllen sollte, um überhaupt eine Daseinsberechtigung zu erhalten. Jemand zu sein, den man nicht vor den Nachbarn verstecken musste, weil alleine seine Anwesenheit ein Übel darstellte, was so gar nicht zu der vorstädtischen Vorstellungskraft und Grundeinstellung in Little Whinging passte. Ein Ort, in dem es mehr als gewollt war, der langweiligen Normalität zu entsprechen. Wenn er nun darüber nachdachte, hatte er sich vermutlich in diesem Alter nie wirklich damit auseinandergesetzt, wie abstrus dieser Wunsch eigentlich gewesen war. Doch damals waren selbst die kleinsten Momente kostbar gewesen. Der kleinste Funken Anerkennung fühlte sich wertvoll an, auch wenn er lediglich daraus bestand, dass man ihn nicht für seine Fehler bestrafte. Ihn einfach existieren ließ. Harry hatte sich damals einfach damit abgefunden, dass die bebende Abneigung und Verachtung, die aus den Augen der Dursleys ihm entgegen schwappte, sobald er den Raum betrat, irgendwo wahrscheinlich ihre Art zu zeigen war, dass der kleine Junge mit den zerzausten Haaren doch irgendwie ein Teil dieser Familie war. Dass er einen Platz im Leben der Dursleys einnahm, auch wenn es nur ein kleiner Raum unter der Treppe war. Wie ein Parasit, der dieses normale vorzeigbare Leben von Vernon, Petunia und Dudley Dursley durcheinanderbrachte.   Diese winzige Tatsache verlieh ihm zumindest die Sicherheit, dass er am Leben war. Dass es ihn gab. Ihn, Harry Potter, der immer noch den Namen seiner Eltern trug. Ein Überbleibsel einer Geschichte, die nie erzählt wurde. Ein Tabu-Thema, das im Hintergrund seines Unterbewusstseins lauerte und ihn davon abhielt normal zu sein. Ein Leben, welches er akzeptiert hatte. Bis zu dem Zeitpunkt als ein hochgewachsener behaarter Mann ihn aus diesem Leben befreit hatte. Wenn man die Art und Weise betrachtete, wie Hagrid Harry schließlich in die Welt der Zauberer geholt hatte, die Harry nun ganz selbstverständlich als seine Welt bezeichnete, könnte man nach allgemeiner Meinung von Normalität eigentlich auch von einer klassischen Entführung sprechen. Für Harry hatte sich allerdings nach seinem elften Geburtstag eine Welt aufgetan, in der seine Existenz plötzlich zu einer nicht widerruflichen Schlagzeile wurde, die sich durch sein bisheriges Leben zog. Er wurde verehrt, verleumdet, verstoßen, schlussendlich als Held gefeiert und dennoch hatte sich etwas Entscheidendes in seinem Leben verändert. Er hatte gelernt, dass nicht normal zu sein gar nicht so schlimm war. Plötzlich hatte er Freunde, die ihn trotz jeglichen Widerwillens seinerseits bedingungslos unterstützen. Feinde, die er fürchtete. Die ihm nach dem Leben trachteten, das plötzlich eine Relevanz besaß, die Harry bis heute nicht wirklich verstehen konnte. Rivalen, mit denen er gestritten und gewetteifert hatte. Die … »Manchmal würde ich echt gerne wissen, was so in deinem Kopf vorgeht, Potter.«, sagte Draco und schlürfte einen Schluck seines frisch gebrühten Kaffees. Nachdenklich betrachtete Harry sein Gegenüber und seufzte. »Es ist vermutlich normaler, als du denken würdest.«, seufzte er und biss in das frische Croissant, welches Draco in der Früh vom Bäcker geholt hatte. Die letzten Wochen hatten sich angefühlt, als wären sie wie ein Film an Harry vorbei gezogen. Nun hatten sie nur noch wenige Tage, bis der Monat vorbei war und er sich endlich von dem bitteren Geschmack des Alraunenblattes befreien konnte. Wie in einer Endlosschleife aus Tagen, die ähnlich verliefen und ihm doch so viel bedeuteten, hatte sich eine Normalität eingeschlichen, die Harry bereitwillig akzeptiert hatte. Dracos Anwesenheit hatte ihn eingenommen und in eine Welt gezerrt, in der sie miteinander existieren konnten, ohne dass die Außenwelt Einfluss darauf hatte. Die mittlerweile so vertrauten Räume des Grimmauldplatzes offenbarten sich als Rückzugsort, der ihn in eine Geborgenheit und Struktur einlullte, die Harry nur genießen konnte. Er hatte schließlich aufgegeben es zu hinterfragen. Es war, als wären sie in ihrer eigenen kleinen Blase gefangen, unwillig überhaupt einen Weg nach draußen in Betracht zu ziehen. Schmunzelnd beobachtete er, wie Draco langsam begann das Frühstück abzuräumen. Ein Anblick, der für Harry in den letzten Tagen auch irgendwie normal geworden war. Draco hasste es, wenn überall Geschirr herum lag, doch da er irgendwann auch festgestellt hatte, dass Harry nun nicht der reinlichste Mensch in dieser Hinsicht war, hatte er begonnen selbst einfach hinter ihm her zu räumen. Ihm war es irgendwann aufgefallen, als er seine Schuhe gesucht hatte, die er voller Müdigkeit neben das Sofa geschmissen hatte, und diese schließlich sorgsam nebeneinandergestellt im Flur vorgefand. Da ein sauberes Zuhause nun nichts war, worüber er sich in erster Linie beschweren würde, hatte er Dracos Verhalten mit einem Lächeln zur Kenntnis genommen. Am Abend saßen sie oftmals zusammen am Esstisch und redeten über Stunden. Harry hatte sich dazu breitschlagen lassen für sie zu kochen. Wie konnte auch jemals jemand einem bittendem Draco Malfoy widerstehen, der mit flehenden Hundeblick darauf aufmerksam machte, dass sein Handgelenk nach seinem Versuch zu kochen immer noch schmerzen würde. Eigentlich eine durchschaubare Taktik, wie Harry jetzt feststellte. Dennoch konnte er nicht beschreiben, welche Freude es ihm bereitete, wenn Draco genüsslich sich auf das von ihm gekochte Essen stürzte. Harry empfand ihr Zusammenleben als eine Art Traum, aus dem er partout nicht aufwachen wollte. Fernab der Realität, der Bedeutsamkeit der Zweifel, die in seinem Inneren strauchelten, lebten sie und genossen die Gegenwart des Anderen. Es hatte angefangen, als Draco abends zu ihm ins Bett geschlichen war. Diese Übereinkunft, dass es okay war, die Nähe des Anderen zu genießen, solange sie es nicht hinterfragen würden. Es gab seither keine Nacht, in der Draco nicht an seiner Seite geschlafen hatte und Harry wollte ehrlich gesagt auch nicht darüber nachdenken, was sich nach den Winterferien zwischen ihnen ändern würde. Wenn die Gnadenfrist abgelaufen war. Lange hatte er über die Worte seines ehemaligen Rivalen nachgedacht. Kam es nicht auch für ihn einer Gnadenfrist gleich, die ihm gewährt wurde? Eine kurze Weile, in der er die Illusion einer Realität erleben durfte, in der eine Partnerschaft zu Draco Malfoy kein Hirngespinst war, über das die Menschen hinter vorgehaltener Hand witzelten, da es nie passieren würde. Auch wenn nach ihrem Kuss an Weihnachten nichts mehr passiert war, fühlten sich die Tage mit Draco unglaublich intim an. Die Befürchtung, er würde darauf beharren, ihm zu helfen und ihn vielleicht mittels Legilimentik dazu zwingen, seine Gedanken immer wieder zu erleben, verrauchte bereits am ersten Abend, da sie die ganze Nacht wach blieben und redeten. Sie redeten über die banalsten Dinge. Über Staubsauger und Angewohnheiten der Muggel an Feiertagen. Der Sinnhaftigkeit von Geschenken an Geburtstagen oder darüber, dass Pfaue keine guten Haustiere waren. Und auch wenn sie nicht weiter über seine Träume gesprochen hatten, fühlte es sich nicht so an, als würde Draco damit sein Wort brechen. Einige Male war er schweißgebadet mitten in der Nacht aufgewacht, nur um von der festen Umarmung Dracos und dem wärmenden Gefühl der Geborgenheit erneut in den Schlaf geführt zu werden. Die Erkenntnis, dass er nicht zwangsweise darüber reden musste, damit der Draco ihn verstehen konnte, half ihm seine Überwindung zu finden, an einigen Abenden auch über die Vergangenheit zu reden. Es fiel ihm immer noch schwer und dennoch erwies sich Draco als guter Zuhörer, der einfach still seinen Erzählungen lauschte.     ~~~*~~~ Der Tag verflog schnell und am Abend saß er, umgeben von einer Menge Büchern und Pergament im Wohnzimmer vor dem Kamin. Sie brüteten seit einigen Stunden über den Aufsätzen, die sie für die Schule fertig stellen sollten und Harrys anfängliche Bereitschaft, es hinter sich zu bringen, war mittlerweile verraucht. Müde lehnte er sich gegen das Couchbein und rückte das Kissen etwas zurecht. Sie hatten es sich schließlich auf dem Boden bequem gemacht, nachdem der Platz auf dem schmalen Couchtisch nicht ausreichend für die diversen Nachschlagewerke war, die sich über die Zeit auf dem Boden gesammelt hatten. Selbst sein Lernpartner schien fast fertig mit seiner Arbeit zu sein, was die Unruhe in seinem Inneren nur noch mehr verstärkte. Draco, der bei Harrys tiefen genervten Seufzen den Blick gehoben hatte, betrachtete ihn nachdenklich. »Ach sieh mich nicht so vorwurfsvoll an, ich brauche wirklich eine Pause.«, schnaufte Harry und strich sich durch die Haare. »Ich verstehe es einfach nicht. Was soll bitte so toll an Magieverbindungen sein? Klar ich verstehe, dass es kompatible Magie gibt, aber … ach keine Ahnung.«, sagte er resignierend und suchte Dracos Blick. »Gib mir deine Hand.«, forderte er und Harry betrachtete die Hand, welche ihm auffordernd entgegen gestreckt wurde. Zögernd umschloss er sie mit seiner eigenen, wie bei einer simplen Begrüßung. Er wollte schon einen Witz machen, um der Nervosität zu entgehen, die sein Herz dumpf gegen seinen Brustkorb schlagen ließ, doch als er beobachtete, dass Draco sachte die Augen schloss, und die dunklen langen Wimpern sich in einem einzigen schwarzen Kranz ineinander verflochten, tat er es ihm gleich. Dunkelheit umgab ihn und das Einzige, was er fühlen konnte, war die stetige Wärme, die seine Hand umgab. »Versuche einfach zu fühlen, Potter.«, hörte er die geflüsterten Worte in der Ferne und eine Gänsehaut zog sich durch seinen Körper.   Wie ein warmer Schleier legte sich ein Gefühl um seine Hand und suchte sich schleichend seinen Weg durch seinen Körper. Dracos Magie umschloss ihn, tastete zaghaft und verwob sich mit seiner eigenen. Sein Herz schlug eine Spur schneller und er merkte, wie sich sein Körper entspannte. Harry konnte es nicht verhindern und ein wohliges Keuchen entkam seiner Kehle. Anders als Snapes Präsenz in ihrem Oklumentikunterricht oder als Voldemorts wabernde Existenz in seinem Geist fühlte sich Dracos Magie nach schwerem Samt an, der sich um ihn schmiegte, ihn schützend mit einer Wärme umschloss. Doch bevor er es noch besser beschreiben konnte, löste Draco ihre Hände voneinander. Erst jetzt merkte Harry, dass er den Atem angehalten hatte. Hastig atmete er ein und hätte beinahe das kaum merkliche Lächeln verpasst, was sich auf Dracos Züge geschlichen hatte. Umgeben und eingenommen von dem abfallenden Gefühl öffnete er die Augen und blickte in sturmgraue Tiefen, die ihn betrachteten. »Magie kann sehr … intim sein.«, sagte Draco leise. »Sich zu informieren und zu lernen hat nicht nur schlechte Seiten, Potter.«, erklärte Draco, seinen Blick erneut auf seinen Aufsatz gerichtet hatte. »Als wir für eine Weile in den Ferien in unserem Haus in Frankreich untergekommen sind, hat meine Mutter mir jeden Morgen etwas Zitronenkuchen von dem kleinen Café am Marktplatz gekauft.« Draco zögerte und Harry, der immer noch eingenommen von dem Gefühl einfach still dasaß, fragte sich, was dies nun damit zu tun hatte. »Es war als Motivation gedacht, dafür dass ich meine Noten verbessere und dennoch mochte ich diese mütterliche Geste so sehr, dass das Lernen mir irgendwann Spaß gemacht hat. Manchmal braucht man nur die richtige Überwindung, um sich mit etwas zu befassen schätze ich.«, sagte Draco ruhig und blickte ihm aufmunternd entgegen. »Bekomme ich denn auch einen Zitronenkuchen, wenn ich endlich diesen fürchterlichen Aufsatz beende?«, lachte Harry und fing an zu grinsen. Draco, der nun nicht mit dieser Aufforderung gerechnet hatte, schien kurz zu überlegen. Er betrachtete ihn mit ruhigem Blick und ein Schmunzeln hatte sich auf seine Züge gelegt. »Vielleicht.«, sagte Draco, bevor er sich erneut auf die geschriebenen Zeilen vor sich konzentrierte und Harry das leise Kratzen der Feder hörte. Ein leichtes, kaum merkliches Lächeln hatte sich auf seinen Lippen gebildet.   ~~~*~~~ Am vorletzten Abend vor Ende der Monatsfrist erreichte ihn ein mahnender Brief von Hermine, in der sie ihre Hoffnung ausdrückte, dass Harry seinen Schulaufgaben doch ebenfalls so gewissenhaft entgegentreten würde wie Ron, über dessen neu entfachte Bereitschaft zu lernen sie nur zu schwärmen wusste. Harry wunderte es nicht unbedingt, immerhin war der fabelhafte Abschluss, den man für die Ausbildung zum Auror benötigte, durchaus bekannt und sicherlich spielte auch die Tatsache mit, dass Ron Hermine irgendwo imponieren wollte. Dieser Brief erinnerte ihn allerdings daran, dass außerhalb dieser Zwischenwelt, in der er mit Draco zu schweben schien, auch noch eine andere Welt existierte. »Morgen ist es soweit, Potter.«, sagte Draco kühl und riss ihn aus seinen Gedanken. »Hast du …« Draco zögerte, die sturmgrauen Augen waren bedacht auf Harry gerichtet, der es sich auf dem Sofa gegenüber bequem gemacht hatte. Er faltete seine Hände und einige der blonden Strähnen lösten sich hinter seinem Ohr und fielen ihm vors Gesicht. »Hast du dir eigentlich mal Gedanken gemacht, was wir als nächstes tun müssen wenn der Monat vorbei ist und wie es weiter geht nachdem wir Animagi geworden sind, Potter?« fragte ihn Draco, der den Blick leicht gehoben hatte. »Du willst deine Mutter besuchen.«, fasste Harry es in der Einfachheit zusammen. Ein genervter Blick war die Antwort.   »Es ist wirklich unglaublich fastzinierend, wie wenig Planung du eigentlich in deine Vorhaben steckst, Potter. War das schon immer so?«, schnaubte er und zog eine Augenbraue in die Höhe. »Eigentlich ist jeder Plan, den ich bisher geschmiedet habe, sowieso hoffnungslos in die Hose gegangen und im Endeffekt musste ich immer improvisieren.« Harry zuckte mit den Schultern und lächelte entschuldigend. Draco seufzte tief. »Ich habe den Tau, welchen wir brauchen bereits am Anfang der Woche auf den Hügel im Park vor der Tür präpariert. Die Lichtung ist perfekt, da laufen die Menschen nicht durch und der Mond scheint durch die Äste der Bäume auf einen einzigen Punkt.« »Der Mond?« »Meine Güte, Potter! Hast du die Anweisung für den Trank überhaupt gelesen?« Draco rieb sich mit zwei Fingern die Stelle zwischen den Augen. »Ich war wirklich froh als ich den Silberlöffel in der Küche gefunden hatte. Immerhin scheint die Familie Black in dieser Hinsicht Geschmack zu beweisen.« Draco stand auf und ging im Zimmer zögernd auf und ab, bis er schließlich stehen blieb und erneut zu Harry sah. Schweigend beobachtete er, wie Draco mit sich haderte und eine Lösung für das Problem suchte, welches er noch nicht so ganz begriffen hatte. »Es ist eigentlich alles perfekt. Morgen Abend ist Vollmond und die Nacht soll klar und nicht bewölkt werden. Aber dann wäre da noch ...«, sagte Draco mehr zu sich selbst als zu Harry, sah ihn jedoch plötzlich an. Eine Erkenntnis flackerte in Dracos Blick, als dieser mit den Schultern zuckte. »Es führt kein Weg dran vorbei. Ich muss in die Winkelgasse.«, bestimmte Draco kühl und verzog leicht den Mund. »Was fehlt denn noch?«, fragte Harry neugierig, der nun gemerkt hatte, dass wohl noch eine Zutat fehlte, die sich nicht ohne weiteres beschaffen ließ. »Die Puppe einer Acherontia. Eigentlich eine nicht unbedingt seltene Zutat, jedoch nichts was ich hier in irgendeinem Gebüsch im Park finden könnte, geschweige denn hier einfach so im Keller rumliegt.«, sagte Draco und rieb sich mit zwei Fingern über die Stirn. »Ich sollte sie in in dem kleinen Zaubertrankladen in der Nähe der Nocturngasse bekommen. Das wird nicht lange dauern. Ich werde einfach mir die Kapuze ins Gesicht ziehen, dann wird mich schon keiner erkennen.« Allein die Erinnerung an Harrys letzten Ausflug in die Nocturngasse sorgte für ein dumpfes Gefühl in seinem Inneren. Das war nie und nimmer eine gute Idee, Draco alleine dorthin gehen zu lassen. »Ich werde gehen.«, beschloss Harry schließlich, was Draco protestierend seine Arme vor seiner Brust verschränken ließ. »Na klar.«, schnaufte er. »Weil du auch mit deinem unglaublichen Talent erkennen würdest, ob du überhaupt die richtige Zutat in der Hand hast. Die Acherontia ist eine Faltergattung die oft auch als Totenschwärmer bezeichnet wird.« Einen kurzen Moment schwiegen sie angesichts dessen, dass Harry keine Erwiderung darauf mehr einfiel. In einer ersten Vermutung hätte Harry getippt, dass es sich vielleicht um eine Spinne oder so handelte, aber Draco hatte recht, der Verkäufer könnte ihn komplett übers Ohr hauen und er würde es wahrscheinlich nicht einmal bemerken. Und wirklich Zeit, etwaige Fehlkäufe auszubügeln, blieb ihnen nun auch nicht mehr. Harry stand auf und trat auf Draco zu, welcher seine Augen leicht weitete. Sanft legte er eine Hand auf seine Schulter. Eine unterstützende Geste, die sie bereits häufig geteilt hatten. Dennoch schickte die leichte Berührung jedes Mal ein Kribbeln durch seine Fingerspitzen, welches er in die letzten Winkel seines Bewusstseins schob. »Lass mich dich wenigstens begleiten, Draco.«, sagte er zögernd und betrachtete sein Gegenüber. Denn da war sie, die Grenze die Draco nicht überschreiten wollte. Die unsichtbare Linie, welche die Außenwelt vom Grimmauldplatz abgrenzte. »Du weißt, dass das keine gute Idee ist, Harry.«, sagte Draco kühl und die Tatsache, dass er seinen Vornamen verwendete, beruhigte ihn auf eine komische Weise. »Wir würden mehr Aufmerksamkeit auf uns ziehen als ein tanzender Oger im Tütü, welcher im tropfenden Kessel von einem Tisch zum anderen springt.«, lachte Draco unsicher und Harry musste schmunzeln bei der Vorstellung, wie die kräftigen warzigen Beine versuchten elegant auf den dünnen Holztischen zu balancieren. Vermutlich würde ein Harry Potter, der plötzlich mit ehemaligen Todessern in der Nocturngasse gesehen wurde, ein Leuchtfeuer entfachen, was noch mehr Aufmerksamkeit auf sich ziehen würde. »Ich werde alleine gehen.« Ein entschuldigendes Lächeln legte sich auf seine Züge. »Das ist mein letztes Wort. Du musst nicht immer auf mich aufpassen, Potter. Ich bin alt genug denke ich.«, sagte Draco und setzte sich zusammen mit Harry auf die Couch. »Verdammt, Harry. Ich will doch nur, dass du nicht wegen mir in irgendwelche Schwierigkeiten hineingezogen wirst. Außerdem würde Astorias Vater Fragen stellen, wenn ich plötzlich mit dir in der Öffentlichkeit gesehen werde. Ich kann nicht riskieren, dass er den Deal platzen lässt. Es ist immer noch mein Leben und meine Entscheidung.«, sagte Draco und auch wenn er versuchte sie ruhig zu halten, zitterte seine Stimme ein wenig. »Dein Leben, ja?«, zischte Harry und sah zur Seite. Sie hatten schon vor einer Woche eine Diskussion darüber geführt, dass es keine gute Idee war, wenn der ehemalige Todesser draußen alleine herum lief. Draco hatte sich schnaubend und verärgert dazu bereit erklärt, das Haus nicht weiter als den angrenzenden Park zu verlassen. Er hatte es als Kompromiss ihres Zusammenlebens hingenommen. Eine klamme Stille schwang nach Harrys Worten durch die staubtrockene warme Luft des Wohnzimmers. Doch Draco, der Harry immer noch zögerlich betrachtete, biss sich auf die Lippe und rutschte ein wenig näher zu Harry heran. »Ich komme schon klar, Harry. Morgen bevor du überhaupt daran gedenkst aufzustehen werde ich in die Winkelgasse flohen und die fehlende Zutat besorgen. Du wirst nicht mal merken, dass ich weg war und ich bringe wieder die Crossaints von heute morgen mit.« Er lächelte. »Du kannst auch mal zwei Minuten durchatmen, ohne zu befürchten jemanden retten zu müssen.«, sagte Draco sanft und strich mit den Fingern sachte über Harrys Wange. Noch immer nicht von der Idee überzeugt versuchte Harry das Feuer, welches in seinem Inneren loderte, zu beruhigen. Wann hatte er eigentlich so einen Beschützerinstinkt entwickelt, dass er keine ruhige Minute mehr hatte, wenn jemand der ihm wichtig war, in möglicher Gefahr schwebte.   Wann hatte er damit angefangen, stets das schlimmste Szenario in Betracht zu ziehen, dass in der Situation passieren konnte, die sich vor ihm aufbaute, wie ein waberndes Unheil in das er direkt hinein steuerte, unfähig den Kurs zu ändern oder die Segel neu zu setzen. Und doch vermittelte die graue tiefe See in den Augen seines ehemaligen Feindes ihm ein beruhigendes Gefühl, was ihn in Sicherheit wog. Ihn mit einer Erkenntnis strafte, die mit Nachdruck in seinem Hinterkopf widerhallte. Er hatte kein Recht dazu, über Draco zu bestimmen. Sie waren kein Paar. Draco war nicht sein Partner, den er zu beschützen versuchte und war jemand anderem versprochen. Die Geschehnisse der letzten Wochen würden nichts daran ändern und sobald ihre Blase zerplatzte, würde Draco in ein anderes Leben gehen. Alles, was er noch hatte, waren die wenigen Momente, die er noch mit ihm teilen durfte. Harry neigte seinen Kopf ein wenig nach vorne und lehnte behutsam seine Stirn gegen die von Draco. Die blonden Strähnen kitzelten auf seiner Nase, als er leise etwas gegen seine Lippen murmelte. »Sei vorsichtig, versprich es mir.« Die grauen Augen weiteten sich kaum merklich und als Draco leicht seufzte, stieß der heiße Atem gegen seinen Lippen. »Ich verspreche es.«, flüsterte er.   ~~~*~~~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)