Another Life von Flordelis (Another World, another Wesker) ================================================================================ Prolog: Prolog: Es ist Zeit --------------------------- [LEFT]Jill fluchte leise. Der Regen verwandelte das Dach in eine glitschige Rutschpartie, mehr als einmal hätte sie fast schon den Halt verloren, während sie darauf balancierte. In der Dunkelheit spendete ihr lediglich das Licht ihrer Taschenlampe etwas Licht – wenn man von den gelegentlichen Blitzen absah –, nur um sie stets daran denken zu lassen, dass ein falscher Schritt einen Sturz in die unendliche Schwärze jenseits der Klippe bedeutete. Das einzig Gute an dem Gewitter war, dass sowohl der Regen als auch der Donner ihre Fußschritte übertönte.[/LEFT] [LEFT]Das Funkgerät in ihrem Ohr knisterte immer wieder, weil die anderen ihrer Einheit sich gegenseitig Rückmeldungen gaben, womöglich zu vertieft, um zu bemerken, dass Jill sich nicht meldete. Bislang war niemand auf die Idee gekommen, am selben Ort zu suchen wie sie, also blieb ihre Hoffnung, dass sie den anderen zuvorkam, erhalten – aber nur solange sie nicht erwischt wurde.[/LEFT] [LEFT]Schließlich kam sie bei einem Oberlicht an. So vorsichtig wie möglich ließ sie sich zu diesem hinunter – was bedeutete, dass sie seitlich hinabrutschte – und stützte sich mit dem Fuß auf der Regenrinne ab, die bedenklich unter ihrem Gewicht knarrte. Doch statt darüber nachzudenken hob sie den Arm ein wenig an, den Ellenbogen auf das Fenster gerichtet.[/LEFT] [LEFT]Ein weiterer Blitz zuckte, zeigte ihr für den Bruchteil einer Sekunde ihr eigenes Spiegelbild in der Scheibe, ihr blasses Gesicht, die dunklen Augenringe, die gerunzelte Stirn. Sie hoffte so sehr, dass bald alles vorbei wäre.[/LEFT] [LEFT]Als der Donner ertönte, rammte sie ihren Ellenbogen gegen das Glas. Es zerbrach klirrend und ließ sie endlich ins Innere klettern, wo es zumindest etwas sicherer war. Sie fand sich auf einem Dachboden wieder, den sie so leise wie möglich durchquerte. Durch eine unverschlossene Tür kam sie in einen mit Teppich ausgelegten Gang, der ihre Schritte dämpfte. Wie sie gehofft hatte, gab es hier keine Sicherheitsvorkehrungen, die sie aufhalten oder ihre Spuren verfolgen könnten. Dennoch wuchs ihre Nervosität mit jedem Meter, den sie vorankam. Gleich würde sie jener Person gegenüberstehen, die sie alle verraten hatte, Jill würde ihn zur Rede stellen und nicht mehr gehen, bevor er ihr alles erklärte.[/LEFT] [LEFT]Schließlich gelangte sie an eine angelehnte Tür aus der ein Lichtstreifen auf den Teppich fiel. Davor hielt sie lauschend inne. Aus dem Raum kam nur das sanfte Surren von laufenden Elektrogeräten, hin und wieder ein leises Seufzen, sonst nichts.[/LEFT] [LEFT]Jill atmete noch einmal tief durch, dann hob sie ihre Waffe, öffnete die Tür und betrat das Zimmer. Mit einem kurzen Blick erfasste sie mehrere Monitore an den Wänden, auf allen waren die übrigen Mitglieder ihrer Einheit zu sehen. Er hatte sie also die ganze Zeit beobachtet, das hätte sie sich denken müssen.[/LEFT] [LEFT]Sie richtete ihre Waffe auf den Hinterkopf des Mannes, der vor den Geräten saß. »Es ist Zeit, dass du für deinen Bio-Terrorismus geradestehst. Also dreh dich jetzt einfach langsam um, Chris Redfield.«[/LEFT] Kapitel 1: Wo ist er? --------------------- [LEFT]Der schrille Wecker riss Jill – gefühlt – viel zu früh aus dem Schlaf. Noch halb von ihrem letzten Traum benebelt stand sie auf. Der kalte Boden unter ihren Füßen ließ sie frösteln, dennoch wurde sie nicht wacher. Sie stolperte an ihrer Pinnwand vorbei, ohne diese wirklich wahrzunehmen, und ging durch die kleine Kochnische ins Bad. Sie klatschte sich kaltes Wasser ins Gesicht, betrachtete sich im Spiegel – und hielt inne.[/LEFT] [LEFT]»Was …?«[/LEFT] [LEFT]Etwas stimmte nicht, es nagte an ihr, zog an ihrem Gehirn, irgendwo ganz hinten. Und es hatte mit dieser Wohnung zu tun. Sie sah sich eingehender um, musterte die Einrichtung des Badezimmers, die Kochzeile hinter ihr – am Kühlschrank hingen noch immer die Flyer der Lieferservices, die sie fast täglich angerufen hatte –, es gab keinen Zweifel: Das hier war ihre Wohnung in Raccoon City, ein Ort, der gar nicht mehr existierte. Die Armee hatte die gesamte Stadt mit Bomben ausgelöscht, um die Zombie-Infektion einzudämmen.[/LEFT] [LEFT]Die Zombies![/LEFT] [LEFT]Jill hastete zum Fenster und riss es auf. Obwohl sie lediglich die ihr bekannte Gasse sehen konnte, hörte sie den Verkehr von der nahen Straße, dazu vereinzelte Gesprächsfetzen und auch hin und wieder ein Lachen, das der Wind herüberwehte. Alles war normal, niemand wurde angegriffen, zumindest niemand in der Nähe, keine Infektion breitete sich in der ganzen Stadt aus.[/LEFT] [LEFT]Ist das ein Traum?[/LEFT] [LEFT]Doch obwohl sie sich in den Arm kniff, bis die Stelle rot wurde, endete dieser Zustand nicht. Sie stand immer noch vor dem offenen Fenster ihres Apartments und lauschte dem summenden Leben in Raccoon City, das eigentlich nur noch als Krater existieren dürfte.[/LEFT] [LEFT]Es war einfach unmöglich. Gestern war sie noch im Labor der BSAA gewesen, wie schon die Jahre zuvor, weil man die Virus-Variante in ihr untersuchen wollte. Nichts Außergewöhnliches war geschehen, die Monotonie dieselbe wie immer. Sie erinnerte sich auch an alles davor: der Arklay-Anwesen-Zwischenfall, Nemesis, ihre Gefangennahme und Gehirnwäsche durch Wesker und die anschließende Rettung durch Chris und Sheva. Dass diese Vergangenheit alles Teil eines Traums war, erschien ihr unmöglich, dafür war es zu detailliert in ihrer Erinnerung verankert, zu lebhaft, zu fremdbestimmt. Nein, all das war die Wirklichkeit – aber was war dann das hier?[/LEFT] [LEFT]Sie betrachtete die Pinnwand in der Hoffnung hier eine Antwort zu finden. Zeitungsartikel waren darauf angeheftet, dazwischen einige Fotos und handschriftliche Notizen, die eindeutig von ihr stammten. T-V Ursprung in RC, Verräter in S.T.A.R.S.?, Virus verkauft? waren die einzigen Zettel, die ihr etwas sagten. Auf anderen standen vor allem zusammenhanglose Zahlen, manchmal erkennbare Koordinaten. Die Zeitungsartikel berichteten hauptsächlich von dem Arklay-Zwischenfall, die Fotos zeigten dazu passende Szenen: ein auf dem Boden liegender Zombie, ein durch das Fenster erspähter Hund, sogar ein Tyrant in einer Röhre im Labor. In ihrer alten Erinnerung gab es diese Bilder nicht, denn sie hatten keine Zeit und Gelegenheit dafür gehabt und bei ihrer Flucht war das Anwesen zerstört worden. Wer hatte sie gemacht?[/LEFT] [LEFT]Sie schüttelte mit ihrem Kopf. Nur hier herumzustehen würde ihr keine Antworten geben. Sie müsste jemanden fragen, am besten einen ihrer Kollegen. Um das schnell umzusetzen, duschte sie kurz, zog sich dann an und verließ das Apartment.[/LEFT] [LEFT]Es fühlte sich surreal an, durch die Straßen von Raccoon City zu laufen. Das letzte Mal hatte hier in ihrer Erinnerung Chaos geherrscht: hastig verlassene Fahrzeuge, die Straßen verstopften, dazwischen umherwankende Zombies, die stöhnend nach allem Lebenden lechzten, und Nemesis, der Tyrant, der auf die letzten S.T.A.R.S.-Mitglieder angesetzt worden war und ihr deswegen durch die ganze Stadt gefolgt war. Schon beim Gedanken daran ächzten ihre Knochen, die seinen Angriffen nur mit Mühe hatte standhalten können.[/LEFT] [LEFT]Hier war das alles nicht geschehen. Die Straßen waren immer noch dicht, aber nur wegen eines von einer Baustelle verursachten Staus, die Menschen hasteten quicklebendig zu ihren Zielorten. Niemand war blutverschmiert, niemand schrie, niemand wurde gefressen. Alles war friedlich. Lediglich die scheinbar omnipräsenten Flächen, auf denen lächelnde Ärzte für die Produkte von Umbrella warben, ließen Jill noch nervös sein. Immerhin hatte sie gelernt, dass hinter diesem Lächeln unendliche Abgründe lauerten, die so viele Länder und Menschenleben ins Chaos gestürzt hatte. Doch war das hier überhaupt so? Sie wusste es noch nicht.[/LEFT] [LEFT]Offen blieb auch, wie sie hier gelandet war, und wie sie wieder nach Hause käme. Obwohl … wenn in dieser Welt der Bio-Terrorismus scheinbar unter Kontrolle gehalten wurde, wollte sie dann wirklich wieder zurück? Vor allem in das BSAA-Labor, in dem sie sich zu Tode langweilte?[/LEFT] [LEFT]Sie rief sich selbst zur Ordnung. Erst einmal sollte sie herausfinden, was hier noch anders war und vielleicht auch, wie sie hier gelandet war. Dann könnte sie immer noch überlegen, ob sie bleiben oder wieder gehen sollte. Und vor allem, wie das funktionieren sollte.[/LEFT] [LEFT]Als sie beim Polizeirevier ankam, war sie tatsächlich neugierig, was sie erfahren würde. Deswegen ließ sie den Eingangsbereich hinter sich und öffnete die schweren Türen, um einzutreten. Die imposante Empfangshalle war genau wie früher voller Menschen. Polizisten und Zivilisten – und vereinzelte Kleingangster – tummelten sich hier; ihre Stimmen und ihre Schritte auf dem Marmor erzeugten ein Echo, das an einen großen Bienenschwarm erinnerte. Ein Mann in Uniform lehnte auf dem Empfangstresen und brachte mit seinen Worten die Sekretärin immer wieder zum Lachen, während ihre Kollegin gerade einer Bürgerin etwas erklärte. Irgendwo klingelten unentwegt Telefone, eine Tür wurde zugeworfen, ein Pieper wies darauf hin, dass jemand dringend gebraucht wurde.[/LEFT] [LEFT]Jill atmete tief und zufrieden durch. Alles war wie früher. Sie war zu Hause.[/LEFT] [LEFT]Sie ging auf die Westtreppe zu, um zum S.T.A.R.S.–Büro zu kommen, als der Mann am Tresen auf sie aufmerksam wurde. Sofort stellte er sich aufrecht hin und hob zur Begrüßung den Arm. »Hey, Jill. Geht's dir schon wieder besser?«[/LEFT] [LEFT]Sie hielt inne und musterte den dunkelhaarigen Mann, der ihr bekannt vorkam, aber noch konnte sie ihn nicht zuordnen. Um sich aber nichts anmerken zu lassen, stellte sie erst eine Gegenfrage: »Besser als wann?«[/LEFT] [LEFT]Er schmunzelte und tippte sich gegen die Schläfe. »Du hast vorgestern einen ziemlichen Schlag auf den Kopf bekommen. Aber du wolltest ja nicht ins Krankenhaus. Hast du dem Boss schon gesagt, dass du wieder fit bist?«[/LEFT] [LEFT]Während er redete, musterte sie ihn weiter. Er trug eine S.T.A.R.S.–Weste, aber in ihrer Erinnerung sah sie ihn mit einer RPD-Uniform – und da fiel ihr auch wieder ein, wer er eigentlich war. »Kevin? Seit wann bist du bei S.T.A.R.S.?«[/LEFT] [LEFT]Kevin Ryman war ein Mitglied des RPD gewesen und ein Bekannter von Chris. Deswegen wusste sie, dass er die Aufnahmeprüfung mehrmals verhauen hatte. Ihn jetzt so zu sehen, passte deswegen noch weniger in ihre Erinnerung.[/LEFT] [LEFT]Er blinzelte irritiert. Die Sekretärin, die er vorhin noch unterhalten hatte, kicherte auch nun wieder. Nach einem kurzen Blick zu ihr, konzentrierte er sich weiter auf Jill. »Schon eine Weile. Ihr hattet nach der Arklay-Sache einige Personalprobleme, da konnte ich endlich nachrücken.«[/LEFT] [LEFT]Natürlich, selbst wenn das Anwesen am Ende nicht in die Luft geflogen war, das Bravo-Team war schon im Vorfeld von den Zombies ausgelöscht worden, mit Ausnahme von Rebecca. In ihrer Welt war es nur deswegen nicht zu Personalproblemen gekommen, weil die Einheit durch Umbrellas Einfluss praktisch ohnehin aufgelöst worden war. Hatte Chief Irons hier anders entschieden? Stand er vielleicht gar nicht unter Umbrellas Einfluss? Oder …[/LEFT] [LEFT]»Geht es dir wirklich gut?«, fragte Kevin und unterbrach damit ihre Gedanken.[/LEFT] [LEFT]Um ihn davon abzubringen, dass etwas nicht stimmen könnte, griff sie sich an den Kopf. »Ja, klar. Sorry, vielleicht hab ich doch noch ein paar Nachwirkungen. Aber ich hab was im Büro vergessen, das wollte ich noch holen.«[/LEFT] [LEFT]Offenbar beruhigte ihn das, denn er sagte nichts weiter dazu, sondern nickte stattdessen. »Okay, ich begleite dich einfach nach oben, muss eh langsam hoch.«[/LEFT] [LEFT]Jill hatte nichts dagegen, vielleicht gab ihr das Gelegenheit, ihn unauffällig auszufragen, bevor sie ins Büro kam. Dort wäre nämlich vor allem Chris sicher misstrauischer, sobald er bemerkte, dass etwas mit ihr nicht stimmte.[/LEFT] [LEFT]Davor wandte er sich aber noch einmal der Sekretärin zu und verabschiedete sich zwinkernd von ihr. Sie unterdrückte ein Lachen und riet ihm, später noch einmal wiederzukommen, ehe sie den Hörer vom Telefon abhob und mit professioneller Stimme den Anrufer begrüßte. Der plötzliche Wechsel verwunderte Jill, Kevin dagegen gar nicht. Er bedeutete Jill einfach, loszugehen und schloss sich ihr an.[/LEFT] [LEFT]Sie setzte ihren Weg zur Treppe fort. Als sie am Westbüro des RPD vorbeikam, warf sie einen Blick durch die offene Tür. Marvin stand mit seinen Kollegen zusammen und begrüßte gemeinsam mit ihnen den Neuen in in ihren Reihen. Jills Herz schlug ein wenig schneller, als sie diesen neuen Rekruten als Leon wiedererkannte. Also war wirklich nicht alles anders als vorher.[/LEFT] [LEFT]»Kevin«, begann sie, kaum, dass sie am Büro vorbei waren, »habt ihr Umbrella inzwischen etwas nachweisen können?«[/LEFT] [LEFT]Er runzelte seine Stirn und warf ihr einen undefinierbaren Blick zu. »Was sollen wir ihnen denn nachweisen? Hab ich was verpasst?«[/LEFT] [LEFT]Wusste er es nur nicht, weil er erst später zu ihnen gekommen war? Oder sollte Umbrella hier wirklich nichts mit der ganzen Sache zu tun haben?[/LEFT] [LEFT]»Der Vorfall in den Arklay-Bergen«, fügte sie hinzu, »wurde er nicht von Umbrella verursacht?«[/LEFT] [LEFT]Sein Gesicht hellte sich auf. »Ach so, das meinst du. Umbrella hat doch schon längst eingeräumt, dass einige abtrünnige Wissenschaftler die Mittel zur Medikamentenforschung veruntreut hat. Es gab auch eine riesige Entschädigungszahlung an die Hinterbliebenen.«[/LEFT] [LEFT]Da das Anwesen noch zur Beweissicherung gestanden hatte, war es Umbrella wohl unmöglich gewesen, sich aus der Sache herauszuwinden. Diese Ausrede war aber auch typisch für das Unternehmen. Oder war sie hier nur voreingenommen?[/LEFT] [LEFT]»Wenn der Boss merkt, dass du noch immer nicht ganz fit bist, schickt er dich gleich wieder nach Hause«, sagte Kevin. »Also hol deine Sachen lieber, bevor er spitzkriegt, dass du hier bist.«[/LEFT] [LEFT]Das S.T.A.R.S.– Büro zu betreten, fühlte sich noch einmal wie Heimkommen an. So viel Zeit hatte sie damals hier verbracht, um Berichte zu lesen, eigene zu schreiben, mit ihren Kollegen zu sprechen, vor allem mit Forest, den sie noch aus der US Army kannte – und den sie natürlich nicht entdecken konnte, da er mitsamt dem Beta-Team ausgelöscht worden war. Barry und Brad begrüßten sie dafür direkt freundlich und kamen auf sie zu.[/LEFT] [LEFT]»Geht es dir wieder gut?«, fragte Barry mit seiner wohltuend tiefen Stimme, aus der auch der väterliche Unterton nicht wegzudenken war. »Du solltest dich doch zu Hause ausruhen.«[/LEFT] [LEFT]»Ja«, unterstützte Brad ihn sofort, »wir sagten doch, wir übernehmen hier alles.«[/LEFT] [LEFT]Kevin warf ihr einen Siehst du Blick zu, den sie ignorierte. Stattdessen erklärte sie auch den beiden, dass sie nur etwas holen wollte. Demonstrativ trat sie an ihren Schreibtisch, wobei ihr auffiel, dass Chris' Platz, direkt neben ihrem, ungewohnt sauber war. Dort, wo früher immer ein unorganisiertes Chaos geherrscht hatte, mit CDs, die er ihr unbedingt hatte zeigen wollen, nur um sie dann einfach liegenzulassen, war nun Leere. Lediglich der Computer und seine Bestandteile erinnerte noch daran, dass hier jemand arbeiten könnte. Auch die Lederjacke und die E-Gitarre, die Chris im Büro aufbewahrt hatte, fehlten vollkommen.[/LEFT] [LEFT]Ihr längerer Blick blieb den anderen nicht verborgen. Plötzlich schlug die Stimmung um, aus Besorgnis wurde Betroffenheit. Jill wandte sich wieder den Männern zu. Brad und Kevin bemühten sich, ihrem Blick auszuweichen, nur Barry sah sie an, während er sich mit der Hand über den Nacken fuhr. »Das mit Chris …«[/LEFT] [LEFT]Er hielt inne, verzog das Gesicht, als sei es schmerzhaft, auch nur daran zu denken.[/LEFT] [LEFT]Jills Inneres gefror augenblicklich. War Chris etwas zugestoßen? Hatte Wesker im Endeffekt doch sein Ziel erreicht, wenn auch nur in dieser Welt? Hatte sie deswegen die private Pinnwand zu Hause, um Beweise zusammenzutragen?[/LEFT] [LEFT]Sie wollte, dass Barry ihr verriet, was mit Chris geschehen war, gleichzeitig wollte sie aber auch, dass er nichts sagte, ihre Befürchtung einfach in der Luft hängenließ, damit sie auf keinen Fall bestätigt wurde. Solange er nichts mehr sagte, ging es Chris gut. Er durfte nur nichts mehr sagen![/LEFT] [LEFT]Tatsächlich fuhr Barry auch nicht fort, denn in diesem Moment öffnete sich die Tür zum Chefbüro. Einen kurzen Moment lang hoffte Jill, dass es Chris wäre, der herauskäme, dass er nur eine Beförderung erhalten hatte, die ihr anderes Ich vielleicht hatte haben wollen, aber dieses Gefühl zerbröckelte wie ein hohler Fels, als ein anderer Mann heraustrat.[/LEFT] [LEFT]»Oh«, entfuhr es Kevin, »Boss! Jill wollte nur was holen.«[/LEFT] [LEFT]Boss musterte Jill. Seine blonden Haare waren zurückgekämmt, der Blick ein wenig unstet in die Ferne gerichtet, der Bartschatten und der knittrige Anzug sprachen dafür, dass er gerade andere Probleme als sein Erscheinungsbild hatte. Sie wusste nicht, wer dieser Mann war, aber instinktiv glaubte sie, dass es sich um eine andere Form von Wesker handeln musste, denn er sah dem Wesker ihrer Erinnerung so ähnlich, das konnte nicht nur ein Zufall sein. Langsam spürte sie tatsächlich die Nachwirkungen einer Kopfverletzung, ihr Sichtfeld verschwamm ein wenig vor ihren Augen, ihre Bewegungen zogen ein unangenehmes Gefühl nach sich, das sie in die Knie zwingen wollte.[/LEFT] [LEFT]»Jill«, sagte der Boss, mit einer Stimme, die viel sanfter als in ihrer Erinnerung war, »wir waren doch darin übereingekommen, dass du dich ausruhst. Oder soll dich Kevin doch ins Krankenhaus, zu einem Check up, begleiten?«[/LEFT] [LEFT]»Nein, es geht mir gut, wirklich.« Obwohl sich ihr Innerstes anfühlte, als wäre es mit Eiswasser gefüllt worden, und die Unsicherheit bezüglich Chris ihr einen Kloß im Hals verschaffte. »Ich bin auch gleich wieder weg.«[/LEFT] [LEFT]Sie wandte sich so abrupt ab, dass ihr schwindelig wurde. Mit einer Hand stützte sie sich auf ihren Tisch. Barry trat einen Schritt näher zu ihr. »Langsam, Jill. Setz dich doch lieber erst mal.«[/LEFT] [LEFT]»Nein, es geht schon.« Ihr Blick fiel unwillkürlich wieder auf Chris' leeren Platz. »Wo ist er?«[/LEFT] [LEFT]Sollten sie ruhig denken, dass ihre Verletzung, die ihr gerade zu schaffen machte, sie alles vergessen ließ, was geschehen war. Aber obwohl sie es nicht wollte, musste sie wissen, was mit Chris geschehen war. Und wenn es nur dafür war, damit sie umso mehr zurück nach Hause wollte, dorthin, wo es ihm gut ging, wo er den Bio-Terrorismus bekämpfte und ihr Leben gerettet hatte.[/LEFT] [LEFT]Kevin, Barry und Brad sahen zu Boss, von dem sie sich wohl ein Machtwort erhofften. Doch er sah nur mit einer stoischen Ruhe auf Jill herab. »Du weißt es nicht mehr?«[/LEFT] [LEFT]»Captain Wesker-«, setzte Brad an, doch der Mann, der also wirklich Wesker war, hob die Hand und brachte ihn damit zum Verstummen.[/LEFT] [LEFT]Ihr Kopf begann zu dröhnen, ein heiß glühender Schmerz wütete direkt hinter ihren Augen, vor die sich ein roter Schleier gelegt hatte. Sie musste es erfahren, selbst wenn sie danach einfach umkippte. Sie musste einfach.[/LEFT] [LEFT]Sein Blick blieb derweil weiter auf Jill, scannte sie, ob sie sich tatsächlich nicht erinnerte, ob sie die Antwort überhaupt ertrüge. Und sie selbst war sich sicher, dass sie es nicht könnte, dass ihr Kopf dann einfach bersten und sie sterben würde. Aber nun hatte sie die Frage gestellt und sie musste die Wahrheit wissen.[/LEFT] [LEFT]Wesker erkannte das offenbar auch, denn er antwortete endlich: »Chris Redfield hat uns während des Arklay-Zwischenfalls verraten. Er wird inzwischen international wegen Bio-Terrorismus gesucht.«[/LEFT] [LEFT]Die Worte tropften wie flüssiges heißes Eisen in ihren Kopf, ließen die Schmerzen geradezu explodieren. Jegliche Kraft verließ ihre Beine, als sie sich in die befreiende Ohnmacht fallen ließ, in der Hoffnung, dann einfach wieder in ihrer Welt aufzuwachen, wo alles in Ordnung war, wo Chris dafür kämpfte, dass alle in Frieden leben könnten.[/LEFT] [LEFT]Ihr Bewusstsein war fort, noch bevor sie auf dem Boden aufschlug.[/LEFT] Kapitel 2: Wie ist das eigentlich passiert? ------------------------------------------- [LEFT]Noch bevor sie die Augen öffnete, wusste sie, dass sie nicht zurück war. Die Umgebung roch nach Desinfektionsmitteln, das Labor war dagegen inzwischen – dank Barrys Frau und ihren Geschenken – von Blumenduft erfüllt. Außerdem war sie nicht allein. Jemand war mit ihr im Raum, im Labor hatte man aber genug Respekt für sie aufgebracht, um das Zimmer nicht einfach zu betreten, wenn sie noch schlief.[/LEFT] [LEFT]»Hier sind die Bilder«, sagte eine gedämpfte Stimme, die ihr nicht bekannt vorkam. »Wie Sie hier sehen, gibt es keine ersichtlichen Verletzungen. Sie sagten, sie hätte einen Schlag auf den Kopf bekommen?«[/LEFT] [LEFT]»Richtig.« Die sanfte Stimme des hiesigen Weskers. »Bei einer Mission vorgestern. Sie war da schon kurzzeitig bewusstlos. Ich hätte sie direkt ins Krankenhaus schicken sollen.«[/LEFT] [LEFT]Er klang zerknirscht, als täte es ihm wirklich leid. Vielleicht kam die Übelkeit, die Jill in diesem Moment übermannte, von der Gehirnerschütterung und nicht von dieser Unvereinbarkeit mit dem Wesker in ihrer Erinnerung. Aber es war genug, dass sie leise würgen musste.[/LEFT] [LEFT]Das lenkte die Aufmerksamkeit der Anwesenden auf sie. Schritte näherten sich ihrem Bett.[/LEFT] [LEFT]»Sind Sie wach, Ms. Valentine?«, fragte die erste Stimme.[/LEFT] [LEFT]Sie öffnete blinzelnd die Augen. Neben ihrem Bett stand ein Mann, der sich hier als »Dr. Hamilton« vorstellte.[/LEFT] [LEFT]»Wie fühlen Sie sich?«, fragte er.[/LEFT] [LEFT]»Furchtbar«, erwiderte sie mit kratziger Stimme. »Aber es ging schon schlechter.«[/LEFT] [LEFT]Es war eben kein Vergleich dazu, von einem Tyrant herumgeschleudert zu werden. Oder von einem Hunter fast aufgespießt zu werden. Oder eine Klippe hinabzustürzen.[/LEFT] [LEFT]Hamilton leuchtete ihr mit einer kleinen Taschenlampe in beide Augen, Schmerzen brandeten über sie hinweg und ließen sie stöhnen.[/LEFT] [LEFT]»Ich würde Sie gern über Nacht hier behalten«, sagte Hamilton. »Als Vorsichtsmaßnahme.«[/LEFT] [LEFT]»In Ordnung.« Sie glaubte ohnehin nicht, dass sie in diesem Zustand nach Hause käme oder es dort keinen weiteren Zwischenfall gäbe. Das konnte sie sich aber nicht leisten, sie musste herausfinden, was mit Chris geschehen war – und dann dazwischengehen. Selbst wenn er nicht ihr Chris war, durfte sie nicht zulassen, dass er hier wütete; da ging es um eine gewisse Verantwortung als seine Partnerin.[/LEFT] [LEFT]Mit der Versicherung, dass er gleich zurück wäre, weil er nur schnell die Einweisungspapiere holen wollte, verließ Hamilton den Raum. Kaum war er fort, fiel Jill auf, dass Wesker immer noch hier war. Er betrachtete sie aufmerksam, während er mit der Schulter an einer Wand lehnte.[/LEFT] [LEFT]In ihrer Welt hatte Albert Wesker immer eine Sonnenbrille getragen, am Ende vermutlich auch um seine leuchtenden Augen zu verbergen. Außerdem war er immer in schwarz unterwegs gewesen. In seiner Anwesenheit war die Luft eiskalt geworden, erfüllt von einem unbändigen Verlangen nach Macht, für das er sogar über Leichen ging.[/LEFT] [LEFT]Aber dieser Wesker war anders. Seine Augen waren deutlich zu sehen, sein Anzug war dunkelblau und seine Gegenwart war sogar fast … angenehm. Selbst, dass er sie unablässig fixierte, störte sie nicht wirklich. Es weckte nur eine Frage: »Warum bist du hier? Musst du nicht im Büro sein, Captain?«[/LEFT] [LEFT]Das letzte Wort kam schärfer über ihre Lippen als beabsichtigt. Sie war es inzwischen einfach nicht mehr gewohnt, ihn als Vorgesetzten zu betrachten, selbst wenn er hier so anders war.[/LEFT] [LEFT]Wesker schmunzelte ein wenig. Er stieß sich von der Wand ab, kam langsam zu ihrem Bett herüber und setzte sich auf einen Stuhl daneben. »Natürlich begleite ich dich ins Krankenhaus, wenn du direkt vor mir umkippst.«[/LEFT] [LEFT]Dass er so nah war, während sie sich so kraftlos fühlte, machte sie nun doch nervös. Sie versuchte, sich aufrecht hinzusetzen, obwohl ihr Kopf dagegen demonstrierte. Wesker reagierte sofort, indem er sich vorbeugte und sie wieder nach unten drückte. »Bleib liegen, Jill. Wir wollen nicht, dass du noch einmal umfällst. Auch wenn du jetzt schon im Krankenhaus bist.«[/LEFT] [LEFT]Bei seinem letzten Satz funkelten seine Augen belustigt. Dass sie das feststellen konnte, sagte ihr, dass er viel zu nah war. In einem ersten Impuls wollte sie ihn fortstoßen, aufspringen und weglaufen, aber ihre Arme waren zu schwach dafür. Also ließ sie sich zurück auf das Bett fallen, damit er sich wieder zurückzog – was er glücklicherweise auch direkt tat. Ihr Puls beruhigte sich sofort. Dafür setzte hinter ihrer Stirn ein pochender Schmerz ein.[/LEFT] [LEFT]»Wie ist das eigentlich passiert?«, fragte Jill.[/LEFT] [LEFT]»Was genau meinst du?«[/LEFT] [LEFT]»Die Verletzung. Wer hat mir diesen Schlag versetzt?«[/LEFT] [LEFT]Wesker warf einen Blick zur geschlossenen Tür. Erst nachdem er sichergestellt hatte, dass Hamilton gerade nicht zurückkam, antwortete er: »Wir haben Chris' … Redfields Versteck infiltriert, um ihn festzunehmen. Du hast einen Alleingang gestartet und ihn gestellt.«[/LEFT] [LEFT]Das konnte sie sich vorstellen. Wenn sie hier auch mit Chris befreundet war – wovon sie ausging, wenn sie die Reaktionen aller anderen betrachtete –, sah es ihr ähnlich, dass sie die Sache allein beenden wollte.[/LEFT] [LEFT]»Redfield hat dich niedergeschlagen und ist dann geflohen. Wir haben dich in der Kommandozentrale gefunden, da wurdest du langsam schon wieder wach.«[/LEFT] [LEFT]»Tut mir leid, dass ich die Mission ruiniert habe.« Auch wenn es nicht ihre Schuld war, nicht direkt jedenfalls.[/LEFT] [LEFT]Wesker schüttelte den Kopf. »Ich hätte im Vorfeld daran denken müssen. Immerhin weiß ich, wie nah sich das Alpha-Team steht, und ich kenne auch deinen sturen Kopf. Wir hätten diesen Auftrag gar nicht erst übernehmen dürfen.«[/LEFT] [LEFT]Das war vermutlich wirklich der Fehler gewesen. Sie hätten einfach jemand anderen übernehmen lassen sollen. Aber selbst dann hätte sie einen Alleingang gewagt. Sie kannte sich doch.[/LEFT] [LEFT]Wesker griff in die Innentasche seines Jacketts und zog ein Buch hervor. »Ich nehme an, du bist eigentlich hierfür ins Büro gekommen. Damit kannst du deine Gedächtnislücken etwas füllen.«[/LEFT] [LEFT]Es war ihr Notizbuch, wie sie bemerkte, als er es ihr in die Hand drückte.[/LEFT] [LEFT]»Außerdem«, fuhr er schmunzelnd fort, »vermeiden wir dann, dass du wieder ins Büro kommst und uns noch einmal umkippst. Am Ende verletzt du dich sonst noch ernsthaft.«[/LEFT] [LEFT]»Danke, Captain.«[/LEFT] [LEFT]Er neigte den Kopf, dabei wirkte er fast verletzt. »Warum bist du eigentlich so förmlich?«[/LEFT] [LEFT]Bevor sie fragen konnte, was er damit meinte, kam Hamilton in den Raum zurück. »Ich habe die Papiere. Sie müssen sie nur noch ausfüllen.«[/LEFT] [LEFT]Wesker stand vom Stuhl auf. »Ich muss ins Büro zurück. Danke für Ihre Hilfe, Doktor. Kümmern Sie sich bitte gut um sie. Und du, Jill, erhol dich. Melde dich, falls etwas sein sollte.«[/LEFT] [LEFT]Er nickte beiden noch einmal zu – wobei es Jill vorkam, als sähe er sie besonders intensiv an, es löste eine Gänsehaut bei ihr aus – und verließ dann das Zimmer. Sie sah ihm ratlos hinterher, sich weiterhin fragend, was er gemeint hatte. Warum sollte sie ihm gegenüber nicht förmlich sein? Und warum hatte er so verletzt gewirkt?[/LEFT] [LEFT]Selbst das Ausfüllen der Einweisungspapiere lenkte sie nicht von dieser Frage und vor allem diesem intensiven Blick ab. Sie konnte sich nicht erinnern, dass der Wesker ihrer Welt sie je so angesehen hatte. Was bedeutete das nur alles? Würde ihr Notizbuch ihr helfen, sich hier zurechtzufinden? Und was genau war mit Chris hier schief gelaufen?[/LEFT] [LEFT]All diese Fragen und Überlegungen verschlimmerten die Kopfschmerzen. Sie schloss ihre Augen, schob alles erst einmal weit von sich und konzentrierte sich nur noch darauf, Hamilton die richtigen Antworten für die Einweisung zu geben. Alles andere würde sich schon finden. Irgendwann. Hoffentlich.[/LEFT] [LEFT] [/LEFT] [LEFT]Mehrere Stunden später hatten die Schmerzen dank prompter Medikamentengabe genug nachgelassen, so dass Jill in der Lage gewesen war, sich ihres Notizbuches anzunehmen. Glücklicherweise hatte sie ein Einzelzimmer bekommen, denn das Lesen war langwierig gewesen. Als sie fertig wurde, war es bereits Nacht, aber sie war dafür um einige Informationen reicher.[/LEFT] [LEFT]Der Zwischenfall in den Arklay-Bergen hatte sich zumindest zu Beginn so abgespielt wie in ihrer Erinnerung. Wesker, Chris, Barry und sie waren bei der Rettungsmission für das verschwundene Beta-Team in das von Zombies verseuchte Arklay-Anwesen eingedrungen. Die Ereignisse im Inneren unterschieden sich aber: Dokumente und Tagebücher wiesen darauf hin, dass die Forscher nach dem erfolglosen Versuch, ein bestimmtes Medikament herzustellen, auf der Suche nach Fördergeldern an Bio-Terroristen geraten waren. Auf deren Anweisungen und mit ihren finanziellen Mitteln war das T-Virus erstellt worden, ganz ohne Umbrellas Kenntnisnahme. Die Selbstzerstörung war nicht aktiviert worden, daher hatte man später noch einmal das Anwesen durchsuchen können – und bei dieser Beweissicherung war Chris an eine Probe des T-Virus gekommen und mit dieser verschwunden.[/LEFT] [LEFT]Laut ihren Aufzeichnungen war es dann tatsächlich von der Regierung zu einer gründlichen Durchleuchtung Umbrellas gekommen und laut den Ergebnissen handelte es sich hier wirklich um ein ganz normales Pharmazieunternehmen. Deswegen existierte S.T.A.R.S. noch und darum gab es keinen Ausbruch der Infektion in Raccoon City.[/LEFT] [LEFT]Was Chris anging, so sagten die Informationen, dass er wohl inzwischen für die H.C.F. arbeitete, jener Organisation, der in ihrer Welt Wesker jahrelang angehört hatte, eine Einheit speziell trainierter Soldaten, die zu einem Konkurrenten Umbrellas zählte. Was mochte Chris dazu bewogen haben, sich ihnen anzuschließen und seine Freunde dafür zu verraten?[/LEFT] [LEFT]Der letzte Eintrag stammte von dem Tag vor der Mission, bei der sie Chris stellen wollten – und er stellte Jill vor neue Fragen: Wir haben Chris' Aufenthaltsort gefunden. Albert sagte, wir werden morgen aufbrechen, um ihn selbst zu stellen. Das sei unsere Pflicht als seine ehemaligen Kameraden. Ich sehe das etwas anders. Natürlich will ich, dass er verhaftet wird, wenn alles so stimmt. Aber zuerst will ich, dass er mir seine Beweggründe erklärt. Ich kann nicht glauben, dass er uns einfach so verraten hat. Was immer vorgefallen ist, er soll es mir sagen, erst dann werde ich ihn der Justiz übergeben. Ich wünschte, Albert würde das verstehen und es auch so sehen. Aber er hat gesagt, ich soll den Gedanken vergessen und Chris als Feind betrachten, sonst bekäme ich Probleme bei der Mission. Also muss ich einfach gute Miene zum bösen Spiel machen und mich dann heimlich absetzen. Ich werde diese Mission zu Ende bringen und ich werde die Wahrheit erfahren. Oder dabei draufgehen.[/LEFT] [LEFT]Also hatte selbst ihr hiesiges Ich daran gezweifelt, dass Chris sie einfach verraten würde. Was war dann bei diesem Treffen zwischen ihr und Chris geschehen? Hatte er sie wirklich niedergeschlagen? Aber selbst wenn: er hatte sie nicht getötet, obwohl es ihm bestimmt möglich gewesen wäre. Vielleicht war er also gar nicht böse?[/LEFT] [LEFT]Jill seufzte. Der Schmerz hinter ihren Augen setzte wieder ein, besonders weil sie sich nun eine weitere Frage stellte: warum hatte ihr altes Ich Wesker nur Albert genannt? Selbst wenn er hier ein anderer Mann war, so war er doch ihr Vorgesetzter. Falls ihre Beziehung sich hier von ihrer Erinnerung unterschied, erklärte das, warum Wesker sich über ihre Förmlichkeit wunderte. Sie wollte aber gar nicht weiter darüber nachdenken, wie ihre Beziehung ausgesehen hatte. Selbst eine mögliche Freundschaft ließ die Gänsehaut auf ihren Armen zurückkehren.[/LEFT] [LEFT]Natürlich war ihr bewusst, dass es sich um unterschiedliche Weskers handelte. Aber es war immerhin ihr erster Tag in dieser Welt, sie konnte beide einfach noch nicht voneinander trennen. Und wer wusste, ob sie das überhaupt je tun müsste? Vielleicht wachte sie morgen auch wirklich wieder im Labor auf, dann stellte sie fest, dass das alles nur ein seltsamer, langwieriger Traum gewesen war und konnte sich wieder auf ihr normales Leben konzentrieren.[/LEFT] [LEFT]Sie legte das Buch auf den Beistelltisch und löschte das Licht. Ihre erneut erwachten Kopfschmerzen ließen sofort etwas nach, seufzend sank sie ein wenig tiefer im Bett. Wenn sie doch bliebe, würde sie alles daran setzen, noch einmal mit Chris zu sprechen. Genau wie ihr anderes Ich verlangte es ihr nach einer Erklärung, nun auch für diesen Schlag, der sie derart ausknockte. Natürlich müsste sie ihn dann erst wieder finden, aber ein wenig Detektivarbeit machte ihr nichts aus.[/LEFT] [LEFT]Gerade als sie vor sich hinzudösen begann, klingelte das Telefon auf dem Beistelltisch. Jill starrte es unentschlossen an, da sie nicht so recht wusste, ob sie abheben sollte. Wer sollte sie hier schon anrufen? Obwohl … vielleicht war es Barry? Er hatte sie in ihrer Welt sogar im Labor hin und wieder angerufen, also warum sollte er das hier nicht auch tun? Mit ihm könnte sie sich bestimmt auch über Chris austauschen. Deswegen hob sie den Hörer an ihr Ohr – und als sie die Stimme ihres Anrufers hörte, setzte ihr Herz für einen Schlag aus.[/LEFT] [LEFT]»Jill, wie geht es dir?« Ohne sein Gesicht wirkte selbst Weskers sanfte Stimme in dieser Welt furchteinflößend für sie. Es erinnerte sie zu sehr an diese Jahre, die sie bei ihm als Versuchskaninchen verbracht hatte.[/LEFT] [LEFT]»Schon besser«, antwortete sie kurz angebunden.[/LEFT] [LEFT]Er schwieg für einen Moment, in dem sie ihn nur leise atmen hörte. Hatte der Wesker in ihrer Welt auch noch geatmet? Oder hatte er irgendwann damit aufgehört, vielleicht sogar ohne es zu merken?[/LEFT] [LEFT]»Ich weiß, dass dir die Ereignisse zugesetzt haben«, fuhr er fort. »Chris und du standet euch sehr nahe.«[/LEFT] [LEFT]Klang er da gerade verbittert? Was störte ihn an ihrer Freundschaft? Nein, sie musste sich irren.[/LEFT] [LEFT]»Aber heute hast du dich besonders distanziert verhalten. Ich weiß nicht, was zwischen euch vorgefallen ist …« Er machte eine Pause, als hoffe er, dass sie die Lücke füllen würde, aber das konnte sie ja nicht mal. Deswegen fuhr er fort: »Ich will nur, dass du daran denkst, dass du dich jederzeit bei mir melden kannst, wenn etwas sein sollte.«[/LEFT] [LEFT]Erst wollte sie ihm versichern, dass alles in Ordnung war, damit sie ihn abwürgen konnte. Doch dann kam ihr wieder in den Sinn, dass sie unter Umständen noch länger hier bleiben müsste, da wäre es besser, wenn sie sich gut mit ihm stellte.[/LEFT] [LEFT]»Danke, Albert«, sagte sie daher.[/LEFT] [LEFT]Diese Worte schienen zu genügen, um seine Laune ein wenig zu heben. »In Ordnung. Dann schlaf gut. Und mach dir keine Sorgen wegen der Arbeit, wir kümmern uns schon um alles. Bis morgen.«[/LEFT] [LEFT]Sie verabschiedete sich ebenfalls und legte dann auf.[/LEFT] [LEFT]Das Gespräch ließ sie mit einer Ahnung zurück, was ihre Beziehung anging, die ihr gar nicht gefallen wollte. Wie hatte das nur passieren können? Natürlich, Wesker war hier kein gefährlicher Feind, aber dennoch … sie erschauerte beim Gedanken an eine Beziehung mit einem Albert Wesker, egal welcher der beiden.[/LEFT] [LEFT]»Hoffentlich wache ich morgen einfach wieder im Labor auf«, murmelte sie sich zu, »das hier ist mir einfach zu verrückt.«[/LEFT] [LEFT]Sie zog sich die Decke über den Kopf, schloss die Augen und atmete noch einmal tief durch.[/LEFT] [LEFT]Bitte, lass mich einfach nur nach Hause gehen, war ihr letzter Gedanke an diesem Tag, der für ihren Geschmack viel zu seltsam verlaufen war.[/LEFT] Kapitel 3: Ich glaube ihm ------------------------- [LEFT]»Bist du sicher, dass du schon fit genug bist?«[/LEFT] [LEFT]Jill hielt die Augen geschlossen und rieb sich über die Schläfe. »Es geht mir schon besser, ja. Aber du hättest mich wirklich nicht abholen müssen.«[/LEFT] [LEFT]Wesker war sie besuchen gekommen (»Wie erwähnt«, sagte er, worauf ihr einfiel, dass er sich am Telefon mit Bis morgen verabschiedete) und hatte darauf bestanden, sie nach Hause zu fahren, kaum, dass ihm zu Ohren gekommen war, dass sie das Krankenhaus verlassen wollte. So saß sie nun gemeinsam mit ihm in seinem Wagen. Sie fragte sich, ob der Wesker ihrer Welt auch ein schwarzes Auto mit silbernen Highlights gefahren hatte, verscheuchte den Gedanken aber sofort wieder.[/LEFT] [LEFT]Die Enttäuschung war groß gewesen, als sie hier im Krankenhaus aufgewacht war, statt im Labor. Aber dafür war ihr Verlangen bestärkt worden, sich erst einmal mit allen gut zu stellen, damit niemand Verdacht schöpfte (am Ende wurde sie noch verhaftet, weil man annahm, sie wäre ebenfalls ein Terrorist), und außerdem Chris zu finden. Sie glaubte weiterhin nicht, dass er ein Terrorist war. Aber falls doch, würde sie es sein, die ihn stoppte.[/LEFT] [LEFT]An einer roten Ampel hielt Wesker den Wagen und sah zu ihr herüber. Sie spürte seinen forschenden Blick auf ihrer Haut, so dass sie doch noch die Augen öffnete. »Es ist wirklich alles okay. Du hast es doch selbst gehört, es sind keine Schäden sichtbar und ich bin auch nicht mehr bewusstlos geworden. Außerdem habe ich gute Schmerztabletten für zu Hause bekommen.«[/LEFT] [LEFT]»Ich weiß. Ich mache mir trotzdem Sorgen. Und Vorwürfe.«[/LEFT] [LEFT]»Weswegen? Ich hätte euch diese Mission bestimmt nicht allein durchziehen lassen, also hättest du mich nicht abhalten können. Und du sagtest ja selbst, dass es als seine Kameraden unsere Pflicht sei.«[/LEFT] [LEFT]Das brachte ihn zum Schmunzeln. »Sicher, aber ich hätte nicht von deiner Seite weichen dürfen. Zusammen hätten wir Chris bestimmt auch festhalten können.«[/LEFT] [LEFT]Für Jill klang das wirklich aufrichtig. Hier existierte sein Hass gegen Chris nicht, er schien sich sogar selbst Sorgen zu machen; beides Dinge, von denen Jill nie geglaubt hätte, sie zu erleben.[/LEFT] [LEFT]Die Ampel schaltete auf grün, Wesker fuhr weiter.[/LEFT] [LEFT]»Du musst dir keine Vorwürfe machen«, sagte sie. »Ich hätte dich so oder so abgehängt. Du kennst mich doch.«[/LEFT] [LEFT]Er lachte. »Du hast recht. Du wärst in dem Moment weg gewesen, in dem ich das erste Mal woanders hinsehe. Alles nur, um zu Chris zu kommen.«[/LEFT] [LEFT]Seine Stimme nahm wieder diesen verbitterten, fast erhärteten Ton an. Sobald Chris also im Verbund mit ihr erwähnt wurde, trübte das seine Stimmung. Das nährte weiter ihren Verdacht, was ihre Beziehung anging. Sollte sie ihn einfach danach fragen? Brächte er sie dann direkt ins Krankenhaus zurück?[/LEFT] [LEFT]»Wie sieht es eigentlich mit deinen Gedächtnislücken aus?«, fragte er plötzlich, als hätte er ihre Gedanken ansatzweise erahnt.[/LEFT] [LEFT]»Oh, weißt du …« Das war wirklich ihre beste Chance, wenn sie eine Antwort, statt einer unschönen Situation erleben wollte. »Im Großen und Ganzen geht es wieder. Aber ein paar Sachen sind noch schwammig.«[/LEFT] [LEFT]»Falls ich dir helfen kann, frag mich einfach.«[/LEFT] [LEFT]Der Wesker in ihrer Welt war nicht einmal so hilfsbereit gewesen, als er ihnen allen noch den netten Captain vorgespielt hatte. Als Projekt von Spencer, das zur Weiterentwicklung der Menschheit führen sollte, war er wohl ohne Empathie oder andere gute Charaktereigenschaften aufgewachsen. Das führte sie zu der Frage, ob Wesker hier eine Familie hatte. Ihn das zu fragen, ginge vermutlich aber einfach zu weit.[/LEFT] [LEFT]Auch wenn ihre Beziehung sie interessierte, wollte sie aber erst einmal unverfänglich anfangen: »Ich habe Rebecca gar nicht im Büro gesehen. Wo war sie?«[/LEFT] [LEFT]»Rebecca«, wiederholte er nachdenklich. »Ach ja, der Neuling im Beta-Team. Sie war mit Enrico bei einer Anhörung bezüglich Billy Coen.«[/LEFT] [LEFT]Jills Augen weiteten sich. Enrico lebte?! Aber natürlich! Enrico Marini, der Anführer des Bravo-Teams, war in ihrer Welt von Wesker erschossen worden, weil er herausgefunden hatte, dass dieser ein Verräter war. Hier war dieses Ereignis natürlich weggefallen. Sofern sie ihm glauben konnte.[/LEFT] [LEFT]»Welche Anhörung?«, fragte sie weiter, hoffend, dass er ihr mehr Details verriet, aus denen sie schließen könnte, ob er die Wahrheit sagte.[/LEFT] [LEFT]In knappen Worten erzählte er ihr eine ähnliche Geschichte, wie jener in ihrer Welt: Wegen der entstellten Leichen, die man in den Arklay-Bergen gefunden hatte, war das Bravo-Team zur Untersuchung geschickt worden. Kurz nach Beginn der Mission waren sie wegen angreifender Zombies voneinander getrennt worden. Billy Coen hatte Rebecca dann in den Wäldern getroffen, statt in einem stillstehenden Zug. Denn hier war es offenbar zu keinem Zwischenfall im Ausbildungszentrum für Umbrellas Führungskräfte gekommen. So hatten sich die beiden nur bis zum Anwesen durchgeschlagen und dort auch gemeinsam gekämpft, während Chris … irgendetwas anderes gemacht hatte. Dadurch war Billy zwar wieder verhaftet worden, aber da mit seiner Hilfe auch die Ausbreitung des Virus gestoppt wurde, war das Verteidigungsministerium bereit gewesen, seine Strafe noch einmal zu überdenken. Rebecca und Enrico waren deswegen zu Anhörungen vorgeladen worden, immerhin hatten sie die meiste Zeit mit ihm verbracht.[/LEFT] [LEFT]»Ich konnte leider nicht viel beitragen«, sagte Wesker. »Ich habe Coen erst ganz am Schluss getroffen. Aber ich vertraue Enrico und Rebecca, deswegen habe ich auch eine Empfehlung geschrieben.«[/LEFT] [LEFT]Als geschätzter Kommandant einer Spezialeinheit hatte seine Meinung bestimmt Gewicht. Sie hoffte, dass es unter diesen Umständen, gut für alle Beteiligten ausging.[/LEFT] [LEFT]»Was hat Chris im Anwesen gemacht?«, fragte sie. »Was stand in seinem Bericht?«[/LEFT] [LEFT]Weskers rechter Zeigefinger tippte ungeduldig auf das Lenkrad. »Er war besonders im Wohnheim unterwegs und ist dort anscheinend auf mutierte Spinnen und eine riesige Pflanze getroffen. Die ihm zugefügten Verletzungen unterstützen diese Geschichte.«[/LEFT] [LEFT]Sie erinnerte sich daran, dass sie diesen Wesen damals auch im Wohnheim begegnet war, deswegen zweifelte sie nicht daran – und Wesker ging es wohl ähnlich: »Ich glaube ihm. Weil ich Chris glauben will. Deswegen will ich auch herausfinden, was bei der Beweissicherung geschehen ist. Ob er uns wirklich verraten hat.«[/LEFT] [LEFT]Er klang derart aufrichtig und entschlossen, dass ein Schauer über Jills Rücken fuhr. Sein Blick während dieser Worte war fest auf die Straße gerichtet. Sie musste ihm einfach glauben. Er war ein komplett anderer Wesker.[/LEFT] [LEFT]»Ich will es auch herausfinden«, sagte Jill leise.[/LEFT] [LEFT]»Dann lass uns das zusammen machen.« Plötzlich klang er so begeistert, dass sie fast zusammenzuckte. »Gemeinsam kann uns Chris nicht mehr entkommen.«[/LEFT] [LEFT]»Aber du hast gesagt, wir sollen ihn als Feind betrachten.«[/LEFT] [LEFT]Seine Mundwinkel hoben sich, als gefiele es ihm, dass sie sich an seine Worte erinnerte. »Während einer Mission sollten wir ihn auch als Feind betrachten. So schwer es uns fällt, wir dürfen ihn nicht unterschätzen.« Er griff das Lenkrad so fest, dass seine Handknöchel weiß hervortraten. »Du bist noch einmal glimpflich davongekommen, aber wer weiß, wie es das nächste Mal ausgehen wird. Daran möchte ich nicht einmal denken.«[/LEFT] [LEFT]Seine optimistische Stimmung war verschwunden, ersetzt durch quälende Furcht, die sie sogar zu spüren glaubte und sie davon abhielt, noch etwas zu sagen oder zu fragen.[/LEFT] [LEFT]So fuhren sie einige Minuten in absoluter Stille, bis Wesker den Wagen schließlich in eine Parkbucht lenkte. Es dauerte einen kurzen Moment, bis sie erkannte, dass sie an ihrem Apartmentgebäude angekommen waren. Sie hatte ihm nicht einmal gesagt, wo sie wohnte, woher wusste er das so genau?[/LEFT] [LEFT]»So.« Er schmunzelte. »Hast du noch eine letzte Frage?«[/LEFT] [LEFT]Wenn sie es jetzt nicht tat, würde sie es vermutlich nie tun, deswegen fragte sie einfach, was sie eigentlich unbedingt wissen wollte: »Sind wir beide eigentlich ein Paar?«[/LEFT] [LEFT]Seine Augen weiteten sich erschrocken, er wich ein wenig zurück, was ihr erst Antwort genug war. Aber kaum hatte er die Frage verarbeitet, glaubte sie, einen hoffnungsvollen Funken in seinen Augen zu sehen. Er räusperte sich und setzte sich auch wieder richtig hin.[/LEFT] [LEFT]»Nein, sind wir nicht.« Er zögerte einen kurzen Moment. »Warum fragst du?«[/LEFT] [LEFT]»Du weißt genau, wo ich wohne, du warst besorgt, weil ich so distanziert war …« Und selbst in ihrem Notizbuch nannte sie ihn Albert, aber das verstünde er unter diesen Umständen vermutlich nicht. »Da war ich einfach neugierig.«[/LEFT] [LEFT]»Ich bin eben ein guter Chef?« Selbst er klang dabei nicht wirklich überzeugt.[/LEFT] [LEFT]Sie erwiderte darauf nichts.[/LEFT] [LEFT]Für einen Moment sahen sie sich schweigend an. Er wirkte unangenehm berührt, während sie sich nicht sicher war, was sie denken sollte. Selbst wenn er in sie verliebt wäre, so beträfe das ja ohnehin nicht sie selbst, sondern die andere Jill, jene, die bis vor kurzem noch in dieser Welt gewesen war (wohin auch immer sie nun verschwunden war). Außerdem war das hier nicht der Wesker, an den sie sich erinnerte, sondern eine gänzlich andere Person, jemand, der sogar richtig nett schien. Nicht, dass sie das kümmern musste, immerhin bestand die Wahrscheinlichkeit, dass sie irgendwann einfach in ihre Welt zurückkam. Bis dahin hatte sie andere Ziele.[/LEFT] [LEFT]Schließlich gab Wesker schulterzuckend auf. »Ich bin wohl nicht sehr gut darin, es herunterzuspielen, hm?«[/LEFT] [LEFT]»Zumindest gestern und heute, ja.«[/LEFT] [LEFT]Er wandte den Blick ab, sein rechter Zeigefinger tippte wieder rhythmisch auf dem Lenkrad. Ihn so zu sehen, erzeugte ein schmerzhaftes Ziehen in ihrer Brust. Als wäre noch etwas von der anderen Jill in ihr, die den Anblick nicht ertrug. Deswegen kamen ihr die nächsten Worte schneller über die Lippen, als sie nachdenken konnte: »Mich stört das nicht. Ich möchte auch nicht, dass dieses Gespräch jetzt irgendwie negativ auf uns zurückfällt.«[/LEFT] [LEFT]Er schmunzelte wieder ein wenig, aber diesmal wirkte es weniger selbstsicher als sonst. »Okay, ich versuche, daran zu denken.«[/LEFT] [LEFT]Dann fiel ihm aber noch etwas ein, worauf er wieder enthusiastischer wurde: »Ach ja, so wie ich dich kenne, hast du bestimmt nicht wirklich was zu essen zu Hause. Wie wäre es, wenn ich noch schnell etwas besorge und dann zurückkomme, um mit dir zu Abend zu essen?«[/LEFT] [LEFT]Sie wollte einwerfen, dass sie auch etwas bestellen könnte, aber dann kam ihr der Gedanke, dass er zum einen bestimmt etwas Vernünftiges holen wollte, zum anderen benötigte er diese Zeit wohl auch, um sich nach diesem aufwühlenden Gespräch wieder zu beruhigen. Und ihn einfach abweisen wollte sie auch nicht. Zum einen weil sie es nach wie vor als Vorteil sah, sich mit ihm gut zu stellen, und zum anderen auch, weil er eben … so nett wirkte. War der Wesker in ihrer Erinnerung ein tollwütiges Monster gewesen, das Menschen hasste und sich zum Gott erheben wollte, so war dieser hier – zumindest bislang – ein harmloser Kerl, der sich wirklich Mühe gab, ein guter Mensch zu sein. Das zu honorieren konnte doch nicht falsch sein.[/LEFT] [LEFT]»Klingt gut«, kommentierte sie. »Verrätst du mir, was du holen willst oder wird es eine Überraschung?«[/LEFT] [LEFT]Er zwinkerte ihr zu. »Es wird dir schmecken, glaub mir.«[/LEFT] [LEFT]»Dann freue ich mich schon.«[/LEFT] [LEFT]Sie verabschiedeten sich voneinander, mit der Aussicht, sich gleich wiederzusehen – etwas in Jill freute sich sogar darauf. Nachdem sie ausgestiegen war, fuhr Wesker direkt davon, um sein Versprechen einzuhalten. Sie ertappte sich dabei, wie sie ihm eine Weile nachsah, ehe sie seltsam gut gelaunt auf den Eingang des Gebäudes zulief.[/LEFT] [LEFT]Während sie die Tür aufschloss, spürte sie, wie jemand – viel zu nahe – neben sie trat. Instinktiv schnellte ihre Hand zu der Stelle, wo sie normalerweise ihren Halfter trug, nur um innerlich fluchend festzustellen, dass sie keine Waffe mit sich führte. Adrenalin fuhr bereits durch ihre Glieder, um ihr einen Nahkampf und eine anschließende Flucht zu ermöglichen – als die Stimme sie schlagartig wieder beruhigte: »Jill Valentine?«[/LEFT] [LEFT]Sie wandte sich der anderen Person zu und erkannte direkt Chris' Schwester. Sie sah natürlich jünger aus, als ihre letzte Erinnerung an sie, aber sie war es eindeutig, das erkannte sie an dem zum Pferdeschwanz gebundenen rot-braunen Haar, der roten Weste und vor allem an dem entschlossenen Redfield-Blick. Wie hatte sie vergessen können, Wesker nach ihr zu fragen?[/LEFT] [LEFT]»Claire? Was ist los?«[/LEFT] [LEFT]Die Gefragte hatte sich gerade eingehend umgesehen, fixierte nun aber mit gerunzelter Stirn wieder Jill. »Sie wissen schon, wer ich bin?«[/LEFT] [LEFT]Wie konnte sie nur so dumm sein? Bis zu den Ereignissen von Raccoon City, hatte sie Claire nie getroffen. Also war es gar nicht möglich, dass sie ihren Namen kannte. Außer …[/LEFT] [LEFT]»Chris hat mir Fotos von dir gezeigt, deswegen.« Das war immerhin nicht gelogen.[/LEFT] [LEFT]Und Claire akzeptierte diese Ausrede tatsächlich. Statt weiter nachzuhaken, deutete sie mit dem Kopf zur Tür. »Können wir reingehen? Ich will nicht, dass uns jemand beobachtet.«[/LEFT] [LEFT]Ohne weitere Worte ließ Jill sie ins Haus hinein und führte sie zu ihrem Apartment. Claire warf dabei immer wieder einen Blick umher, als fürchtete sie hinter jeden Schatten einen Beobachter oder gar einen Angreifer.[/LEFT] [LEFT]Im Apartment angekommen, griff Jill sich direkt ein Laken und warf es über ihre Pinnwand. Selbst wenn sie Claire vertraute, hielt sie es für besser, sie nicht direkt auf ihre – vielleicht veralteten – Forschungen aufmerksam zu machen. Im Moment kümmerte Claire sich ohnehin nicht darum. Sie warf erst einmal einen raschen Blick ins Bad, dann blieb sie in der Kochnische stehen, weit weg vom Fenster. Als Jill sie so näher betrachtete, fiel ihr auf, dass Claire blass aussah, mit dunklen Ringen unter den Augen. Was immer mit Chris geschehen war, es setzte auch Claire zu. Und wenn man bedachte, wie paranoid sie war, musste auch ihr inzwischen einiges zugestoßen sein.[/LEFT] [LEFT]»Tut mir leid, dass ich Sie so überfalle«, begann sie.[/LEFT] [LEFT]»Duz mich doch einfach«, bat Jill. »Chris hat mir so viel von dir erzählt, ich hab das Gefühl, ich kenne dich schon eine Weile.«[/LEFT] [LEFT]Claire lächelte schwach. »Dann tut es mir leid, dass ich dich überfalle. Aber Chris wollte-«[/LEFT] [LEFT]»Hast du Kontakt zu ihm?«[/LEFT] [LEFT]Sie schüttelte mit dem Kopf, hielt noch einmal inne und nickte dann. »Na ja, nicht direkt. Er hat mir einen Brief geschrieben, in dem stand, dass ich dir etwas geben soll.«[/LEFT] [LEFT]Würde der Chris, den sie kannte, wirklich einfach seine Schwester derart links liegenlassen? Sicher, in ihrer Welt hatte er nach dem Arklay-Zwischenfall den Kontakt zu ihr abgebrochen, um sie nicht zu gefährden. Aber wenn er hier wirklich ein Bio-Terrorist geworden war, hätte er sie dann nicht einfach zu sich geholt? Oder zumindest anders sichergestellt, dass es ihr gut ging?[/LEFT] [LEFT]Nichts von ihren Gedanken ahnend, griff Claire in ihre Tasche und zog einen kleinen Schlüssel heraus, den sie Jill anbot. »Chris meinte, du wüsstest, was damit zu tun ist.«[/LEFT] [LEFT]Ihr wurde heiß und kalt zugleich. Sie freute sich, dass Chris nicht nur an sie gedacht hatte, sondern ihr auch genug vertraute, dass er ihr eine – vermutlich – wichtige Aufgabe zuteil werden ließ. Aber gleichzeitig wurde ihr bewusst, dass sie dieses Vertrauen enttäuschen musste, denn natürlich konnte sie gar nicht wissen, was sie damit tun sollte. Dass Chris vielleicht wirklich ein Terrorist war und er sie damit in finstere Machenschaften verwickelte, zog sie nicht einmal in Erwägung.[/LEFT] [LEFT]Sie bedankte sich bei Claire, als sie den Schlüssel an sich nahm und diesen musterte. Er war klein, das obere Ende war mit einer schwarzen Plastikhülle verkleidet.[/LEFT] [LEFT]»Sieht aus wie ein Schließfachschlüssel«, meinte Claire. »Aber ich weiß nicht, für welches Schließfach.«[/LEFT] [LEFT]In Raccoon City gab es im Prinzip nur die Schließfächer am Bahnhof, aber diese waren dafür zu zahlreich, um blind mit einem Schlüssel einfach alle auszuprobieren, selbst wenn sie nur jene versuchte, die ohnehin verschlossen waren. Schon bei dem Gedanken, das wirklich anzugehen, wurde ihr wieder schwindelig. Sie musste das Thema wechseln. »Claire, hat dein Bruder nach dem Arklay-Zwischenfall mit dir gesprochen?«[/LEFT] [LEFT]Sie schüttelte zerknirscht mit dem Kopf. »Der Brief ist das einzige, was ankam. Glücklicherweise erst nachdem ich für alle möglichen Verhöre abgeholt wurde.«[/LEFT] [LEFT]Ihr genervtes Augenrollen ließ Jill schmunzeln. Doch Claire wurde sofort wieder ernst: »In den Nachrichten erzählen sie die miesesten Sachen über Chris. Dass alle schon immer misstrauisch wegen ihm waren, und dass er jede Menge Schulden hat, wegen denen er das Geld brauchte.«[/LEFT] [LEFT]Jill wusste glücklicherweise nichts über die Berichterstattung, aber für Claire musste es schlimm sein, sich all das über ihren geliebten Bruder anhören zu müssen.[/LEFT] [LEFT]»Ich kann damit leben, dass man mich seitdem schräg ansieht«, fuhr sie fort, »aber dass die Leute so über Chris reden, das ist einfach nicht richtig.«[/LEFT] [LEFT]Trotzig presste sie die Lippen aufeinander und starrte Jill an, als fordere sie sie heraus, ihr zu beweisen, dass sie nicht so über ihn dachte. Da sie hier praktisch Fremde waren, konnte sie das auch verstehen. Deswegen nickte Jill ihr zu. »Das ist wirklich nicht richtig. Chris ist ein guter Kerl und auch ein guter Freund. Etwas stimmt an dieser ganzen Sache nicht, und ich werde herausfinden, was genau es ist.«[/LEFT] [LEFT]Claire lächelte erleichtert. »Es war eine gute Entscheidung von ihm, dir zu vertrauen. Ich hab überlegt, das Schließfach selbst zu finden, aber ich glaube, ich stehe unter Beobachtung.«[/LEFT] [LEFT]Als letztes lebendes Familienmitglied von Chris war das nur logisch. Für Claire musste das aber frustrierend sein. Doch sie ließ sich davon nicht entmutigen. »Ich werde eine Weile in der Stadt bleiben, dann konzentriert man sich auf mich, und kommt nicht auf die Idee, auch dich zu beobachten.«[/LEFT] [LEFT]Ein mutiger Schritt, wie man es von Claire Redfield erwartete, besonders wenn es um ihren Bruder ging. Die beiden konnten sich wirklich glücklich schätzen, sich zu haben.[/LEFT] [LEFT]»Außerdem«, fuhr sie fort, »kannst du mich so auf dem Laufenden halten, wenn du etwas herausfindest.«[/LEFT] [LEFT]Sie griff in ihre Tasche und zog noch einen Zettel heraus. Darauf war die Adresse eines Motels notiert, das Jill sogar bekannt vorkam. Wahrscheinlich war sie früher mehrmals daran vorbeigefahren, ohne es wirklich zu bemerken.[/LEFT] [LEFT]»Wie soll ich dich am besten kontaktieren, wenn du beobachtet wirst?«, hakte sie nach.[/LEFT] [LEFT]Offenbar hatte sie darüber noch nicht nachgedacht, denn bei dieser Frage runzelte Claire ihre Stirn. »Oh. Also, ich denke, dass dir etwas einfallen wird. Um sicherzugehen, melde ich mich aber in ein paar Tagen noch mal bei dir.«[/LEFT] [LEFT]Damit öffnete sie bereits wieder die Tür, hielt aber noch einmal kurz inne. »Sei vorsichtig, Jill. Chris hält viel von dir, er will bestimmt nicht, dass dir etwas passiert.«[/LEFT] [LEFT]Ehe sie darauf antworten konnte, hatte Claire bereits das Apartment verlassen und die Tür hinter sich geschlossen. Wären der Schlüssel und der Zettel in Jills Händen nicht, hätte sie geschworen, dass Claires Erscheinen nur ihrer Einbildung zuzuschreiben war. Aber so musste sie einsehen, dass ein Teil von Chris' Hoffnung nun auf ihren Schultern lag – und das, obwohl sie sich nicht daran erinnerte, wie sie helfen könnte. Aber zumindest war sie einen Schritt näher dran, die Wahrheit zu erfahren. Sie müsste nur noch einen kleinen Hinweis finden, was sie mit dem Schlüssel machen sollte; wie schwer konnte das schon sein?[/LEFT] [LEFT]Da ahnte sie aber auch noch nicht, dass ihr beide Beweise für Claires Besuche an diesem Abend noch viel Ärger einhandeln würden.[/LEFT] Kapitel 4: (K)ein Abendessen mit Albert Wesker ---------------------------------------------- [LEFT]Nachdem Claire gegangen war und Jill sich endlich gefangen hatte, war sie dazu übergegangen, zumindest in der Kochnische aufzuräumen. Wenn Wesker – Albert, verbesserte sie sich in Gedanken, er war nicht der Wesker, an den sie sich erinnerte, er war jemand anderes – zum Essen kam, sollten sie immerhin auch am Tisch sitzen können.[/LEFT] [LEFT]Sie war gerade fertig damit, das Geschirr – das schon viel zu lange dreckig war – in der Spüle zu deponieren, als es klingelte. Sie atmete noch einmal tief durch, dann öffnete sie die Tür. Albert schmunzelte ihr entgegen und hob eine Tüte hoch, aus der ein köstlicher Duft strömte. »Wie versprochen.«[/LEFT] [LEFT]Jill trat einen Schritt beiseite, damit er hereinkam. Er sah sich nicht einmal um, nachdem er hereingekommen war, sondern steuerte direkt auf den Tisch zu, was ihr nur sagte, dass er mindestens einmal schon hier gewesen war; jeder andere wäre doch neugierig gewesen, oder?[/LEFT] [LEFT]Er stellte die Tüte ab und packte den Inhalt aus. »Wegen deiner Kondition und den Tabletten, die du vermutlich nimmst, habe ich alkoholfreies Bier besorgt.«[/LEFT] [LEFT]Zur Demonstration zog er die Flaschen heraus. Es war eine teure Marke, die hätte sie sich mit Sicherheit nicht einfach so geholt. Albert bekam bestimmt ein besseres Gehalt als sie, aber dennoch war sie ziemlich sicher, dass er sie auch nicht ohne Hintergedanken gekauft hatte. Nach dem Gespräch im Auto war er vielleicht entschlossen, sein Glück etwas direkter zu versuchen.[/LEFT] [LEFT]Schließlich beförderte er die Schachteln, aus denen der unwiderstehliche Duft kam, auch aus der Tüte. Sie sahen aber nicht sehr anders aus, als jene, die sie von ihren Lieblingsrestaurants hätte bestellen können. Fragend sah sie ihn an – und zu ihrer Überraschung wusste er sofort, was sie von ihm wollte: »Im Grunde sind es nur Burger und Pommes, aber von einem Restaurant, das ein bisschen mehr Wert auf Qualität legt.«[/LEFT] [LEFT]Das musste auch teuer gewesen sein. Konnte sie ihn guten Gewissens so viel für sie ausgeben lassen? Die Überreste der anderen Jill in ihr freuten sich aber wirklich darüber. Vielleicht war es also gar nicht so schlimm, wenn sie es akzeptierte.[/LEFT] [LEFT]Jill holte noch Gläser für das Bier aus dem Schrank, Albert zog sein Jackett aus und hängte es über den Stuhl, ehe sie sich gemeinsam an den Tisch setzten. Das Essen sah tatsächlich wesentlich besser aus, als alles, was sie hätte bestellen können; die Pommes waren knusprig, statt labberig, das Gemüse auf dem Burger frisch, der Bun anscheinend auch eine gebackene Eigenproduktion des Restaurants. Alles zusammen schmeckte derart gut, dass sie für den Moment sogar vergaß, dass sie eigentlich gar nicht in diese Welt gehörte und dass Chris irgendwo dort draußen auf ihre Hilfe baute, die sie ihm nicht bieten konnte. Während dieses Essens zählte nur, wie köstlich es war.[/LEFT] [LEFT]Allerdings war es durchaus seltsam, zu beobachten, wie Albert aß, besonders während sie dabei versuchte, sich vorzustellen, wie Wesker einen Burger aß. Die Vorstellung war aber derart abstrus, dass sie sogar selbst schmunzeln musste. Als ob ein Wesker jemals Fingerfood zu sich genommen hätte.[/LEFT] [LEFT]»Du siehst aus, als würdest du an etwas Lustiges denken«, bemerkte Albert.[/LEFT] [LEFT]»Es ist eher schräg. Und würde echt lange zum Erklären dauern.« Außerdem würde er ihr das vermutlich nicht einmal glauben und sie nur zurück ins Krankenhaus bringen, damit sie auch psychologisch begutachtet würde.[/LEFT] [LEFT]Glücklicherweise hakte er nicht nach. »Ich finde es gut, dass du wieder lächelst.«[/LEFT] [LEFT]Der Satz traf tatsächlich in ihre Brust und ließ diese warm werden. »Die letzte Zeit war ein wenig hart, ja. Aber vielleicht geht es wieder bergauf.«[/LEFT] [LEFT]Sobald sie wusste, wofür dieser Schlüssel war. Chris versteckte bestimmt etwas, das die Wende in seinem vermeintlichen Verrat brachte.[/LEFT] [LEFT]»Das würde ich hoffen.« Albert blickte auf sein Essen hinab. »Ich würde auch hoffen, dass du mein Angebot annimmst, und wir gemeinsam etwas tun, um Chris zu finden.«[/LEFT] [LEFT]Sollte sie ihm von Claires Besuch erzählen? Nein, vielleicht würde er dann nur darauf bestehen, dass sie den Schlüssel für irgendeine Untersuchung abgaben. Oder vielleicht – auch wenn sein bisheriges Verhalten nicht darauf schließen ließ – wartete er doch nur darauf, dass sie ihm etwas verriet, das dafür sorgte, dass Chris gefangen genommen werden konnte. Wollte sie das wirklich riskieren?[/LEFT] [LEFT]»Weißt du eigentlich etwas über seine Schwester?«, fragte sie stattdessen.[/LEFT] [LEFT]Albert kaute nachdenklich auf zwei Pommes. »Wenn ich mich recht erinnere, wurde sie mehrmals von der Gefahrenabwehr befragt. Aber anscheinend steht sie nicht im Kontakt mit ihm und weiß daher auch nicht mehr als alle anderen.«[/LEFT] [LEFT]Genau wie Claire es ihr gesagt hatte. Da beide Aussagen übereinstimmten, sollte sie davon ausgehen, dass es auch der Wahrheit entsprach.[/LEFT] [LEFT]»Warum fragst du eigentlich?«, hakte Albert nach.[/LEFT] [LEFT]»Ich habe vorhin nur an sie denken müssen.« Das klang hoffentlich nicht zu sehr nach einer Lüge. »Chris hat früher immer viel von ihr erzählt, deswegen …«[/LEFT] [LEFT]Alberts Mundwinkel zuckten ein wenig, als müsste er sich wieder erst unter Kontrolle bekommen. »Ja, stimmt. Und dir muss er ja noch mehr erzählt haben, eure Schreibtische waren direkt nebeneinander.«[/LEFT] [LEFT]Damit er nicht doch noch Verdacht schöpfte und sie außerdem ihre Neugier stillen wollte, wechselte sie das Thema: »Das ist jetzt vielleicht eine blöde Frage, weil ich es wahrscheinlich wissen müsste, aber du weißt ja, mein Kopf ...« Sie tippte sich demonstrativ gegen die Stirn. »Was ist mit deiner Familie?«[/LEFT] [LEFT]Er lächelte, aber es wirkte bedrückt. »Da musst du dir keine Sorgen machen, das habe ich tatsächlich noch nie erzählt. Aber da gibt es ohnehin nicht viel zu sagen, denn ich habe keine Familie. Meine Eltern sind gestorben, als ich noch sehr jung war, ich erinnere mich nicht einmal an sie.« Sein Blick ging an ihr vorbei, als starre er in die Entfernung, suchte eine Erinnerung, die einfach nicht existierte. »Andere Verwandte hatte ich sonst nicht. Also bin ich hier im Waisenhaus von Raccoon City aufgewachsen.«[/LEFT] [LEFT]Instinktiv legte sie ihre Hand auf seine. Er sah darauf hinab. »Es ist wirklich nicht weiter schlimm. Die Leute dort waren nett zu uns, wir hatten immer genug zu essen und man hatte einen guten Blick auf das R.P.D. Wahrscheinlich wollte ich deswegen immer dort arbeiten.« Er lachte kurz auf. »Ohne die Unterstützung von Umbrella wäre das vermutlich nicht möglich gewesen.«[/LEFT] [LEFT]Jills Körper verkrampfte sich augenblicklich. In ihrer Welt hatte Umbrella das Waisenhaus unterstützt, weil sie die Kinder für ihre Forschungen benutzten. War das hier genauso? Oder fühlte sich Umbrella als größte Industrie dieser Stadt nur dafür verantwortlich?[/LEFT] [LEFT]Albert bemerkte ihren Umschwung sorgenvoll. »Alles okay?«[/LEFT] [LEFT]Sie zog ihre Hand wieder zurück und atmete durch. Sie durfte keine voreiligen Schlüsse ziehen, sie musste offen für alle Möglichkeiten bleiben, wenn sie länger hier bleiben sollte. Wenn Umbrella wirklich unschuldig war, durfte sie nicht paranoid werden, das würde am Ende nur ihren Geist vernebeln und sie möglicherweise ihren Job kosten.[/LEFT] [LEFT]Albert runzelte seine Stirn. »Kevin hat mir gesagt, dass du ihn nach Umbrella gefragt hast. Denkst du immer noch, dass sie in Wahrheit hinter dem Arklay-Zwischenfall stecken?«[/LEFT] [LEFT]Sie fluchte innerlich über Kevins Mundwerk, das er anscheinend nicht geschlossen halten konnte. Aber immerhin verrieten ihr seine Worte, dass sie diesen Verdacht nicht das erste Mal ansprach. »Ist es denn so abwegig? Es war immerhin ihre Forschungseinrichtung.«[/LEFT] [LEFT]Und es war schon einmal geschehen, aber das fügte sie nicht hinzu.[/LEFT] [LEFT]»Na ja ...« Er wägte seine Worte sorgfältig ab. »Wir haben das Thema ja schon mehrmals besprochen. Ich bleibe dabei, dass es nicht unmöglich ist, dass Umbrella uns alle für dumm verkauft, nachdem der ungeplante Ausbruch geschehen ist. Aber ich kann es mir nicht vorstellen. Ich denke, das Unternehmen hat dabei zu viel zu verlieren.«[/LEFT] [LEFT]Sie biss sich auf die Unterlippe, um ihm nicht vorzuwerfen, dass das bedeutete, dass er sich durchaus vorstellen könnte, dass Chris ein Verräter sei. Einen derartigen Streit wollte sie nicht vom Zaun brechen. Schon gar nicht an diesem Abend, der bislang doch eigentlich gut verlief.[/LEFT] [LEFT]Albert wollte das offenbar auch nicht, denn er räusperte sich. »Ich denke, Umbrella ist wohl kein gutes Tischthema. Tut mir leid, dass ich sie wieder erwähnt habe.«[/LEFT] [LEFT]»Nein, ich wollte ja, dass du mir mehr über dich erzählst. Ich hätte nicht so reagieren dürfen.«[/LEFT] [LEFT]Seine Augen funkelten belustigt. »Okay, dann ignorieren wir dieses Thema fortan einfach, wenn wir so zusammensitzen. Wir können uns im Büro streiten, sobald du wieder fit bist.«[/LEFT] [LEFT]Er zwinkerte ihr zu, was die Stimmung sofort wieder entspannte. Sie lächelte ihm dankbar zu. Danach schwiegen sie beide wieder für einen Moment, den Jill nutzte, um einen weiteren Bissen ihres Burgers zu nehmen. Er wurde langsam kalt, schmeckte aber immer noch. Zu schade, dass sie sich das Essen wohl kaum öfter leisten könnte – oder dass dieses Restaurant in ihrer Welt sicher nicht mehr existierte.[/LEFT] [LEFT]Ein lautes Piepen aus Alberts Tasche beendete die Stille wieder. Er wischte seine Finger an einer mitgebrachten Serviette ab, dann zog er einen schwarzen Pieper hervor. Mit gerunzelter Stirn betrachtete er die Nummer auf dem Display. »Ich fürchte, da muss ich zurückrufen. Kann ich vielleicht dein Telefon benutzen?«[/LEFT] [LEFT]»Klar. Weißt du, wo es steht?«[/LEFT] [LEFT]Er nickte, während er bereits aufstand und tiefer ins Apartment hineinging; er musste also wirklich schon öfter hier gewesen sein. Wenn sie nur wüsste, was die andere Jill über ihn gedacht und für ihn gefühlt hatte … vielleicht sollte sie bei Gelegenheit nach einem Tagebuch suchen.[/LEFT] [LEFT]Sie lauschte unwillkürlich, als Albert am Telefon zu sprechen begann. Seine Stimme klang wesentlich strenger, emotionsloser, fast schon ein wenig wie der Captain Wesker, den sie aus ihrer Erinnerung kannte. Ein eiskalter Schauer lief ihren Rücken hinab, als sie sich vorstellte, dass er eigentlich doch dieser gnadenlose Killer war, der am Ende nur danach getrachtet hatte, ein Gott zu werden. Wäre er in der Lage, ihr einen netten, verliebten Mann vorzuspielen? Durfte sie ihm überhaupt vertrauen?[/LEFT] [LEFT]Das Gespräch selbst war unverfänglich genug. Es klang danach, als rede er mit jemandem, bei dem er eigentlich heute hätte vorsprechen sollen. So desinteressiert wie er dabei sprach, war ihr klar, dass er den Termin hatte platzen lassen, weil er ihn als unnötig betrachtete, denn: »Ich habe mich doch um alles gekümmert. Ryman hätte das gar nicht berichten müssen. Ja, das ist mir klar. Aber sie war nicht dienstlich da, deswegen …«[/LEFT] [LEFT]Ging es darum, dass sie im Büro bewusstlos geworden war? Hatte Kevin auch hier wieder ein wenig zu viel geredet und Albert deswegen in Probleme gebracht? Eigentlich war sie ja durch ihre Arbeit krankenversichert. Aber vielleicht gab es Ausnahmen? Es war lange her, dass sie den Vertrag gelesen hatte.[/LEFT] [LEFT]»In Ordnung«, gab Albert schließlich nach. »Morgen um 9 im Büro der Buchhaltung. Ist sonst noch etwas?«[/LEFT] [LEFT]Er lauschte. Wie gern hätte Jill gewusst, was ihm gerade erzählt wurde. Besonders, als er wieder etwas sagte, und seine Stimme dabei derart knurrig klang: »Nein, das wusste ich nicht. Aber ich kümmere mich darum. Bis dann.«[/LEFT] [LEFT]Das Auflegen des Hörers wurde von einem schweren Seufzen begleitet. Sie machte sich bereit, sich für etwaige Probleme zu entschuldigen, aber er blieb noch stehen, was sie wieder beunruhigte. Musste er erst wieder seine unschuldige Miene aufsetzen?[/LEFT] [LEFT]Als er schließlich zurückkam, blickte er sie ernst an. »Was ist das hier?«[/LEFT] [LEFT]Sie zuckte unwillkürlich zusammen. Seine Stimme hatte das Knurren von gerade verloren, aber dennoch erwartete sie, dass seine Augen jeden Moment zu leuchten anfingen, so wie die des Weskers in ihrer Welt. Ihr gesamter Körper spannte sich an, machte sich fluchtbereit. Deswegen begriff sie erst, was er meinte, als er Claires Zettel und den Schlüssel direkt vor ihr Gesicht hielt.[/LEFT] [LEFT]Jill hatte das Gefühl, dass jegliches Blut schlagartig ihr Gehirn verließ. Sie war nicht davon ausgegangen, dass Albert das Telefon benutzen würde, deswegen hatte sie die von Claire erhaltenen Sachen direkt daneben gelegt. Aber andererseits … woher wusste er, dass das verfängliche Dinge waren?[/LEFT] [LEFT]»Ich weiß nicht, was du meinst«, erwiderte sie, obwohl sie nicht glaubte, dass sie sehr überzeugend war.[/LEFT] [LEFT]Er knallte den Zettel und den Schlüssel auf den Tisch. »Verkauf mich nicht für blöd! Das ist das Motel, in dem Claire Redfield abgestiegen ist! Und der Agent, der sie beobachtet, sagt, dass sie heute bei dir war!«[/LEFT] [LEFT]Seine Worte dröhnten regelrecht durch das Apartment. Ihr Körper begann zu zittern, weil er plötzlich ihren Fluchtweg durch die Tür versperrte, was ihm nicht verborgen blieb. Er atmete durch, dann sprach er mit gepresster Stimme weiter: »Ist dir eigentlich klar, was das für Probleme für dich geben könnte? Wenn die Regierung denkt, dass du mit Chris unter einer Decke steckst, sperren sie dich bis an dein Lebensende ein!«[/LEFT] [LEFT]Die Wut schwand, dafür wirkte er verletzt. »Warum hast du mir das nicht erzählt? Ich dachte, wir wollten zusammenarbeiten.«[/LEFT] [LEFT]Sie erwiderte seinen Blick zerknirscht. Es war ihr unmöglich, ihm ihre Geschichte und ihr daraus resultierendes Misstrauen zu erklären. Deswegen blieb ihr nur ein Teil der Wahrheit: »Ich dachte, du würdest mir vielleicht raten, sie zu ignorieren oder es jemandem zu melden.«[/LEFT] [LEFT]»Und das sollte ich auch!« Er verschränkte die Arme vor der Brust. »Aber ich dachte, du vertraust mir. Du weißt, dass ich Chris genauso sehr helfen will wie du. Wir hätten darüber reden können.«[/LEFT] [LEFT]Sie wollte ihm entgegenschleudern, dass sie eben nicht wusste, ob er Chris helfen wollte, dass sie ihn eigentlich nicht mal kannte, dass er in ihrer Erinnerung ein Feind der gesamten Welt war und sich ihm deswegen nicht verpflichtet fühlte oder ihm richtig vertrauen konnte, egal, wie sehr sie es vielleicht wollte. Aber sie tat es nicht, sondern sah ihn nur an.[/LEFT] [LEFT]In diesem Moment wirkte er absolut nicht wie der verhasste Wesker, der über allem zu thronen geglaubt hatte; dieser Albert Wesker vor ihr war ein Mann, der getroffen und enttäuscht über einen Vertrauensbruch war, der sich mehr erhofft hatte, und sich nun Mühe gab, es nicht zu zeigen. Aber egal, wie sehr er seine Gesichtsmuskeln unter Kontrolle behielt, seine hängenden Schultern und sein verletzter Blick verrieten genug.[/LEFT] [LEFT]»Es tut mir leid.« Das war alles, was sie sagen konnte.[/LEFT] [LEFT]Etwas in seinem Inneren schien zu brechen, er ließ die Arme wieder fallen. »Ja, mir tut es auch leid.« Seine Stimme klang hohl. »Ich hätte wissen müssen, dass du Chris immer vorziehen wirst.«[/LEFT] [LEFT]Damit griff er nach seinem Jackett, und verließ ihr Apartment ohne jedes weitere Wort.[/LEFT] [LEFT]Als die Tür hinter ihm zufiel, begann ihr Körper wieder zu zittern. Die Überreste der anderen Jill in ihrer Brust schmerzten, verlangten, dass sie ihm nachging, sich entschuldigte und erklärte, damit er nicht glaubte, dass es an ihm läge.[/LEFT] [LEFT]Doch sie blieb sitzen. Sie empfand es nicht als fair, diesem Mann, dem sie allein an diesem Tag mehrmals misstraut hatte, noch einmal Hoffnung zu machen. Er wirkte zu nett und aufrichtig, um ihn wiederholt durch diesen Strudel an Emotionen zu jagen, nur um ihn am Ende stets erneut zu zerstören. Vielleicht war es besser, wenn sie erst einmal Abstand zueinander hielten, damit sie sich darüber klar werden konnte, warum sie hier war.[/LEFT] [LEFT]Die Bruchstücke der anderen Jill in ihrem Inneren brannten vor Trauer. Sie barg ihr Gesicht in ihren Händen, als heiße Tränen über ihre Wangen liefen, die ihr verrieten, wie schwer ihr Weg fortan werden würde.[/LEFT] Kapitel 5: Bereust du es schon? ------------------------------- [LEFT]Die Nacht war anstrengend gewesen. In ihren Träumen war sie von einem lachenden Wesker durch ein verlassenes und von leuchtenden Adern entstelltes R.P.D. gejagt worden. Trotz all ihrer Anstrengungen, ihm zu entkommen, hatte er sie schließlich am Hals gepackt und gegen die Wand gedrückt. Jill versuchte, sich zu befreien, doch sein Arm hatte sich in unzählige glitschige, schwarze Schlangen verwandelt, die für eine Uroboros-Infektion sprachen; ihre Fingernägel gruben sich erfolglos in diese mutierten Körperteile, die sich unablässig wanden und ihr die Luft abschnürten. Seine goldenen Augen blitzten zufrieden hinter den Gläsern seiner Sonnenbrille, er bleckte die Zähne. »Bereust du es schon, Chris gewählt zu haben?«[/LEFT] [LEFT]Verzweifelt trat sie mit ihren Füßen gegen seinen Körper, doch erntete sie nur ein spöttisches Lachen von ihm.[/LEFT] [LEFT]»Wehr dich so viel du willst«, knurrte er. »Es wird dir nicht helfen. Chris ist tot, und du bist als nächstes dran!«[/LEFT] [LEFT]Sie schnappte nach Luft, doch kein Sauerstoff erreichte ihre Lunge. Vor ihren Augen drehte sich bereits alles, rote Punkte flackerten in ihrem Blickfeld. Das letzte, was sie hörte, war das Knacken ihres Genicks, das Wesker wie ein trockenes Streichholz brach.[/LEFT] [LEFT]Sie wachte wieder im Apartment auf, genauso müde und zermartert wie vor dem Schlafengehen. Der Wesker ihres Traums, der, den sie hasste und in gewisser Weise auch fürchtete, hatte ihr nicht geholfen, Alberts gebrochenes Ich zu vergessen. Im Gegenteil, eigentlich wollte sie ihn nur umso mehr aufsuchen, sich entschuldigen und ihm alles erklären, auch auf die Gefahr hin, dass er sie dann wirklich einweisen ließ.[/LEFT] [LEFT]Um sich davon abzuhalten, räumte sie das übrig gebliebene Essen in den Kühlschrank – auch um die letzte Spur von Albert in dieser Wohnung aus ihrem Blickfeld zu schaffen – und duschte dann ausgiebig. Früher hatte ihr das geholfen, um den Kopf frei zu bekommen, doch an diesem Tag blieb eine düstere Wolke in ihren Gedanken.[/LEFT] [LEFT]Albert hatte den Zettel mit Claires Motel und den Schlüssel auf dem Tisch liegen gelassen. Es wirkte wie ein letzter Versuch von ihm, ihr Vertrauen zu gewinnen, indem er ihr die Wahl ließ, ob sie es selbst melden wollte. Aber sie hatte nicht vor, Chris zu verraten.[/LEFT] [LEFT]Sie betrachtete den Schlüssel ausgiebig, aber natürlich erinnerte sie sich nicht daran, wofür er gedacht war und es gab auch keinen ersichtlichen Hinweis. Ihr blieb vermutlich wirklich nur übrig, zum Bahnhof zu fahren und dort Schließfächer auszuprobieren. Da sie gerade ohnehin nichts anderes zu tun hatte und Albert weiterhin erst einmal nicht begegnen wollte, machte sie sich direkt auf den Weg.[/LEFT] [LEFT]Unterwegs kam sie natürlich wieder an all den Plakatwänden vorbei, auf denen Produkte von Umbrella beworben wurden. Unwillkürlich dachte sie wieder an das von dem Unternehmen finanzierte Waisenhaus zurück, in dem Albert aufgewachsen war. Hätte er es ihr erzählt, wenn er oder eines der anderen Kinder Teil einer Versuchsreihe gewesen wäre? Am liebsten hätte sie laut geseufzt, verzichtete aber aufgrund der anderen Passanten darauf. Sie kannte Albert gerade einmal einen Tag, warum mussten die Bruchstücke der anderen Jill ihr so viel Ärger machen?[/LEFT] [LEFT]Der Hauptbahnhof von Raccoon City war ähnlich imposant wie so vieles anderes in dieser Stadt. Zwischen den tragenden Säulen tummelten sich Reisende mit schwerem Gepäck, Geschäftsleute mit Aktenkoffern und selten auch Familien, die einfach nur Tagesausflüge machen wollten. Hoch über der Halle hielt ein Milchglasdach den möglichen Regen ab und erlaubte dafür genug Sonnenlicht, so dass kein künstliches Licht gebraucht wurde.[/LEFT] [LEFT]Die Schließfächer befanden sich in einer kleinen Seitenhalle, die erst später angebaut worden war. Entsprechend war das Dach niedriger und nicht mehr aus Glas, deswegen gab es hier nur grelle Halogenlampen, die in ihren Augen brannte. Sie bereute bereits, hierher gekommen zu sein – und das verstärkte sich noch einmal, als sie die Fächer genauer in Augenschein nahm, denn dadurch stellte sie fest, dass sie umsonst hier war: Der Schlüssel war zu groß und ihm fehlte der kleine Plastikanhänger, auf dem die Fachnummer stand. All den anderen fehlte außerdem die schwarze Hülle, die ihr Exemplar aufwies.[/LEFT] [LEFT]Gab es noch andere Schließfächer in der Stadt? Oder wäre er generell zu groß für sie alle? Könnte Albert herausfinden, wofür er gedacht war? Vermutlich wäre er nach dem letzten Abend aber eher wütend, weil sie nur mit ihm reden wollte, um Chris zu helfen. Und sie konnte ihn sogar verstehen.[/LEFT] [LEFT]Verärgert über sich selbst, klopfte sie sich mit der Faust sacht gegen die Stirn, genau dort, wo schon wieder ein leichter Schmerz zu bohren begann.[/LEFT] [LEFT]Während sie noch überlegte, was sie nun tun sollte, wurde sie plötzlich von einer tiefen Stimme angesprochen: »Verzeihung, Ma'am.«[/LEFT] [LEFT]Sie trat einen Schritt beiseite, weil sie glaubte, im Weg zu stehen, aber die Person rührte sich nicht. Deswegen wandte sie ihm den Blick zu. Es war ein groß gewachsener, schwarzer Mann, der auf sie herabsah – und er trug die Jacke einer Security-Firma. Am liebsten hätte sie sich direkt noch einmal geschlagen: Natürlich musste es Verdacht erregen, wenn sie hier um die Schließfächer herumstreunte, ohne irgendwelche Anstalten zu machen, eines zu mieten oder aufzuschließen.[/LEFT] [LEFT]»Gibt es ein Problem?«, fragte er.[/LEFT] [LEFT]Sie entschuldigte sich rasch, holte sicherheitshalber aber auch ihre Marke hervor, die sie vorsorglich mitgenommen hatte. »Ich bin vom R.P.D. und wollte hier etwas nachprüfen.«[/LEFT] [LEFT]Der Mann musterte ihren Polizeiausweis, dann nickte er kaum merklich. »Okay, Ms. Valentine. Ich musste nur sichergehen.«[/LEFT] [LEFT]»Klar, Sie machen nur Ihren Job. Ich bin auch direkt wieder weg. Tut mir leid für die Umstände.«[/LEFT] [LEFT]Sie ging sofort zum Ausgang, hörte aber noch, wie er eine Entwarnung durch sein Funkgerät sendete. Hoffentlich würde dieser Zwischenfall nicht auch wieder auf Albert zurückfallen. Ob das Gespräch heute gut verlaufen war? Warum fiel es ihr so schwer, nicht an ihn zu denken? Bestimmt lag das nur an ihrem schlechten Gewissen. Sie musste sich auf etwas anderes konzentrieren, vorzugsweise darauf, wie sie herausfinden sollte, wofür der Schlüssel war. Aber so richtig einfallen wollte ihr dafür nichts. Nur die Möglichkeit, dass die andere Jill sich irgendwo eine Notiz dazu gemacht hatte. Also kehrte sie nach Hause zurück.[/LEFT] [LEFT]Kaum betrat sie das Apartment, stellten sich ihre Nackenhaare auf. Auch ohne jemanden zu sehen, wusste sie sofort, dass in ihrer Abwesenheit jemand hier gewesen war. Das Laken, mit dem sie ihre Pinnwand verborgen hatte, lag achtlos auf dem Boden, die Dokumente auf ihrem Schreibtisch waren durchwühlt worden, das Fenster stand offen. Der Rest des Apartments war unberührt, anscheinend hatte sie jemanden überrascht. Waren das Leute, die dachten, sie stünde mit Chris in Kontakt? Oder Umbrella? Oder war jemand von Albert geschickt worden? Jedenfalls zweifelte sie aber, dass der Eindringling etwas Wichtiges gefunden hatte, sonst wäre seine Flucht nicht derart überstürzt gewesen.[/LEFT] [LEFT]Nach einem kurzen Blick in die Gasse hinter dem Haus – natürlich war niemand mehr zu sehen – schloss sie das Fenster und ließ die Jalousie herab. Dann machte sie sich selbst auf die Suche nach einem Hinweis.[/LEFT] [LEFT]Auf der Pinnwand fand sie nichts dazu. Selbst die kommentarlosen Zahlen, die auf manchen Zetteln standen, konnte sie nach kurzer Zeit als Nennung von Daten erkennen, zu denen bestimmte Dinge in dieser Welt geschehen waren, wie etwa die Gründung von Umbrella im Jahr 1968. Auf dem Schreibtisch lagen nur Papiere, die sie selbst betrafen, und die sie eigentlich schon hätte wegräumen müssen, hauptsächlich Lohnabrechnungen und Quittungen für die Steuer.[/LEFT] [LEFT]Wo hatte sie früher Dinge in diesem Apartment versteckt, die nicht für jeden geeignet waren? Ihr Blick schweifte über ihre Einrichtung, bis er an ihrem Bett hängenblieb – und da erinnerte sie sich.[/LEFT] [LEFT]In verschiedenen Medien bewahrten Frauen ihre Tagebücher unter ihrem Kopfkissen, aber bei Jill war das nicht so. Sie kniete sich neben das Bett, griff mit der Hand an die Innenseite des Rahmens und fühlte dort nach einem möglichen Fremdkörper. Je länger sie ergebnislos tastete, desto hoffnungsloser wurde sie. Hatte ihr anderes Ich hier vielleicht gar nichts versteckt? Oder war es doch schon gefunden worden?[/LEFT] [LEFT]Sie wollte schon aufgeben, um keine Zeit zu verschwenden und woanders nachzusehen, als ihre Finger endlich ein Buch zu fassen bekamen. Wie in ihrer eigenen Welt hatte die andere Jill es am Rahmen festgeklebt. Mit einem Ruck löste sie es ab. Es war ein Tagebuch, genau wie gehofft.[/LEFT] [LEFT]Ihr Herz schlug sofort schneller, und sie war sich nicht sicher, was sie sich lieber wünschte: etwas über den Schlüssel oder ihre Beziehung zu Albert. Aber es gab so oder so nur einen Weg, das herauszufinden.[/LEFT] [LEFT]Sie setzte sich auf den Stuhl am Schreibtisch, fegte die Dokumente beiseite und begann wieder einmal, etwas zu lesen, was in ihrer Schrift, aber nicht von ihr verfasst worden war. Ein seltsames Gefühl, das sie immer noch nicht ganz in Einklang bringen konnte. Aber sie war dankbar dafür, dass auch ihr Ich in dieser Welt derart pflichtbewusst Buch über alles mögliche führte.[/LEFT] [LEFT]Die älteren Einträge waren sporadisch und erzählten nicht viel Außergewöhnliches, hauptsächlich alltägliche Ereignisse, die im Zusammenhang mit ihren Kollegen standen, wie Chris, der seine neue CD unbedingt im Büro hatte spielen müssen, bis Albert sich beschwerte; Barrys neueste Geschichte über seine Töchter; Kenneths Begeisterung über eine Pflanze, die er wieder aufgepäppelt hatte.[/LEFT] [LEFT]Jill musste unwillkürlich lächeln. Ihr war gar nicht mehr bewusst gewesen, wie sehr sie diese kleinen Momente vermisst hatte. Für sie war inzwischen so viel geschehen, dass die Zeit bei S.T.A.R.S. wie aus einem Traum gewirkt hatte. Aber für die andere Jill war das alles gar nicht so lange her und somit besser greifbar.[/LEFT] [LEFT]Direkt nach dem Arklay-Zwischenfall kamen häufiger Einträge, in denen sie ihre Albträume beschrieb unter denen sie seitdem litt. Die Vorstellung, dass sie selbst ein Zombie werden könnte, gehörte dabei zu ihren größten Ängsten. Jill erinnerte sich noch daran, wie sie oft aufgeschreckt war, um sich danach ausgiebig im Spiegel nach Anzeichen einer Infektion zu betrachten. Hier fand sie aber eine interessante Neuigkeit: Die andere Jill berichtete, wie sie versucht hatte, mit Chris über die Ereignisse und ihre Träume zu sprechen. Aber Chris war fahrig und unkonzentriert gewesen, immer wieder hatte er Umbrellas Verwicklungen in diesem Fall angesprochen, hatte von Beweisen geredet, die er aber noch nicht zeigen könnte, selbst in Gegenwart von Albert. Der hatte natürlich an die Unschuld des Unternehmens glauben wollen, weswegen es immer wieder zu Auseinandersetzungen zwischen den beiden gekommen war.[/LEFT] [LEFT]Da Chris nicht zuhören wollte, hatte die andere Jill sich an Albert gewandt, um mit ihm zu reden – und zu ihrer eigenen Überraschung war er einfühlsam und verständnisvoll gewesen. Statt sie einfach zu einem Psychologen zu schicken, hatte er immer wieder das Gespräch mit ihr gesucht, was laut diesen Einträgen effektiv gewesen war.[/LEFT] [LEFT]Die letzte Unterhaltung mit Chris war ebenfalls festgehalten worden: Chris war heute bei mir. Er hat kaum geschlafen, nicht wirklich gegessen, aber er sagte, dass er fast alle Beweise hat, die er braucht und auch, wo sie versteckt sind. Sollte ihm etwas passieren, wird er mir einen Schlüssel schicken, damit ich alles ans Licht bringen kann. Ich hoffe aber, dass nichts passiert, dass er sich nur in etwas verrennt. Denn wenn er sich nicht irrt … dann tut es Albert.[/LEFT] [LEFT]Das erklärte, warum auch die andere Jill hin und wieder über Umbrella als möglichen Übeltäter gesprochen hatte. Nach Chris' plötzlichem Verschwinden musste sie davon ausgegangen sein, dass wirklich das Unternehmen dahintersteckte. Dass sie aber nicht aufgeschrieben hatte, wo genau er die Beweise versteckte, ließ sie seufzen. Natürlich hatte sie nicht wissen können, dass sie sich im entscheidenden Moment an nichts erinnern würde und aus Sicherheitsgründen war es die bessere Entscheidung gewesen, es nicht aufzuschreiben … aber es war dennoch nicht hilfreich.[/LEFT] [LEFT]Die andere Jill berichtete hier nur knapp von der Beweissicherungsaktion, dafür erläuterte sie aber genauer, wie Chris' Verrat für die anderen Mitglieder abgelaufen war. Offenbar war der Funkkontakt zu ihm plötzlich abgebrochen und selbst eine gezielte Suche nach ihm war erfolglos geblieben. Er war wie vom Erdboden verschluckt.[/LEFT] [LEFT]Natürlich waren die verbliebenen S.T.A.R.S.–Mitglieder darüber schockiert gewesen. Besonders die andere Jill war am Boden zerstört. Im Anschluss an dieses Ereignis war die Beziehung zwischen ihr und Albert weiter angewachsen, bis sie sogar regelmäßig gemeinsam zu Abend aßen. Kein Wunder also, dass er am Tag zuvor gewusst hatte, was sie gern aß.[/LEFT] [LEFT]Albert ist in dieser Zeit meine Stütze, berichtete einer der Einträge. Ich wüsste nicht, was ich ohne ihn täte.[/LEFT] [LEFT]Sich vorzustellen, dass ein Albert Wesker ihr emotionalen Beistand leistete, wäre ihr früher nicht mal im Traum eingefallen. Aber bei dem in dieser Welt konnte sie sich das tatsächlich vorstellen. Schon das eine – okay, das halbe – Essen mit ihm war so angenehm gewesen, dass Jill bereute, nicht direkt ehrlich gewesen zu sein. Aber das Misstrauen hatte sich in ihre Seele verbissen und wollte nicht lockerlassen.[/LEFT] [LEFT]Einer der letzten Einträge berichtete schließlich davon, dass eine anonyme Quelle hatte durchsickern lassen, dass Chris sich mit einer Virusprobe beim H.C.F. eingekauft hatte, und wo er sich versteckt hielt. Auf dieser Grundlage wurde die Mission geplant, bei der sie verletzt worden war.[/LEFT] [LEFT]Ich kann und will weiterhin nicht glauben, dass Chris ein Verräter ist. Es muss irgendetwas mit seinen Nachforschungen zu tun haben. Ist Umbrella also wirklich für alles verantwortlich? Oder hat jemand anderem nicht gefallen, dass er herumgeschnüffelt hat?[/LEFT] [LEFT]Albert will weiter nicht über eine mögliche Verwicklung von Umbrella reden. Ich habe die Beweise nicht, falls sie denn je existiert haben. Aber ich werde Chris zur Rede stellen. Ich hoffe, ich werde es nicht bereuen, ihm vertraut zu haben. [/LEFT] [LEFT]Im Grunde will ich doch nur, dass alles wird wie vorher, dass er mir wieder CDs vorspielt, bis Albert deswegen aus dem Büro kommt, dass er mit mir wieder an den Schießstand geht und dass er mich mit seinem unvergleichlichen Lächeln fragt, wie es mir geht. Das kann doch nicht unmöglich sein, oder?[/LEFT] [LEFT]Die Sehnsucht nach Chris war in diesen Worten fast greifbar. Vor allem machte es Jill klar, warum Albert in Chris eine solche Konkurrenz sah. Warum musste diese Welt nur so kompliziert sein?[/LEFT] [LEFT]Ohne große Hoffnung blätterte Jill weiter – und zu ihrem Erstaunen fand sie tatsächlich noch einen letzten Eintrag, der nach der Mission geschrieben worden war.[/LEFT] [LEFT]Ich habe Mist gebaut.[/LEFT] [LEFT]Obwohl es ein wichtiger Auftrag war, habe ich mich von der Gruppe entfernt, um Chris zuerst zu finden. Ich weiß nicht mehr, wen ich getroffen habe, ich habe das Gefühl, mein Kopf bringt mich um.[/LEFT] [LEFT]Albert wollte, dass ich ins Krankenhaus gehe, hat mich aber nach Hause gefahren, als ich ihn darum bat. Er war so besorgt, dass er mich bis in mein Apartment begleitet hat und gar nicht mehr gehen wollte. Ich musste ihn wegschicken. Ich dachte, er wäre sauer, weil die Mission wegen mir scheiterte, und wollte seinen verurteilenden Blick nicht mehr spüren. Aber bevor er gegangen ist, hat er mich geküsst.[/LEFT] [LEFT]Ich war davon überrascht, habe nicht darauf reagiert. Albert sagte, dass es okay sei, er hat sich entschuldigt, dann war er weg.[/LEFT] [LEFT]Ich bereue es, dass ich ihn einfach gehenließ. Ich bereue, dass ich Chris nicht helfen konnte. Ich bereue so vieles. Wenn ich könnte, würde ich diese Gelegenheiten noch einmal ergreifen, Dinge anders tun. Aber vielleicht müsste ich dafür eine andere Jill sein und das ist unmöglich.[/LEFT] [LEFT]Morgen werde ich mit Albert reden. Heute möchte ich nur noch schlafen.[/LEFT] [LEFT]Ich glaube, ich habe absolut alles kaputt gemacht.[/LEFT] [LEFT] [/LEFT] [LEFT]Nach dem Lesen atmete Jill erst einmal tief durch. Das erklärte ihr noch mehr, warum Albert in ihrer Gegenwart so seltsam war. Er musste die ganze Zeit darauf gewartet haben, dass sie den Kuss noch einmal zur Sprache brachte. Vielleicht verletzte es ihn sogar, dass sie ihn – seiner Ansicht nach – vergessen hatte und stattdessen lieber über Chris oder andere Dinge sprach.[/LEFT] [LEFT]Sie müsste das unbedingt geraderücken, und wenn das bedeutete, dass sie morgen in sein Büro spazieren musste, um mit ihm zu reden, dann war das eben so. Solange sie dort nicht wieder ohnmächtig wurde, war das bestimmt kein Problem. Sie würde ihm einfach alles erklären, egal wie verrückt es war. Und wenn er ihr nicht glaubte, konnte sie es auch nicht ändern.[/LEFT] [LEFT]Aber vielleicht gab es ja die Chance, dass sie zumindest eine Sache richten konnte. Dann könnte sie gemeinsam mit Albert auch Chris helfen. Möglicherweise war sie genau die andere Jill, von der im letzten Eintrag geredet und die benötigt wurde.[/LEFT] [LEFT]Noch war nichts vorbei, sie hatte es in der Hand, alles zu einem guten Ende zu bringen. Sie müsste nur ein Gespräch mit Albert führen – und seltsamerweise freute sie sich sogar schon darauf, mit ihm zu reden und ihn hoffentlich wieder lächeln zu sehen.[/LEFT] [LEFT]Dieser Gedanke verdrängte erst einmal ihre heutige Niederlage und füllte sie mit einem neuen Ziel, das auch wieder in den Hintergrund rücken ließ, dass sie eigentlich gar nicht in diese Welt gehörte.[/LEFT] Kapitel 6: Ich bin nicht die Jill, die du kanntest -------------------------------------------------- [LEFT]Am nächsten Vormittag stand Jill wieder im R.P.D., das so lebhaft wie bei ihrem letzten Besuch war. Selbst ohne einen Zombie-Ausbruch gab es hier mehr als genug für die Polizisten zu tun. Kevin stand heute nicht am Tresen, so dass die Sekretärin ihrer Arbeit nachgehen konnte. Auch Jill musste sich so heute nicht aufhalten lassen. Sie ging die Westtreppe hinauf und direkt zum Büro, wo im Gegensatz zum Rest der Station weniger Leben herrschte. Genau genommen war sogar nur eine Person hier. Wie so oft war Barry in die Reinigung seiner Magnum vertieft, eine Tätigkeit, der er mit Leidenschaft nachging. Das erinnerte sie daran, dass sie ihre Waffen auch mal reinigen sollte, besonders da sie nicht wusste, wann die andere Jill das zuletzt gemacht hatte. Vorerst war das aber nicht weiter wichtig.[/LEFT] [LEFT]Als sie ihn begrüßte, hob Barry den Kopf. Ein Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus. »Jill, womit haben wir deinen Besuch verdient? Wesker meinte, du wärst noch eine Weile krank.«[/LEFT] [LEFT]Da Albert sie nicht gefragt hatte, ob sie das überhaupt wollte, nahm sie das eher als Zeichen, dass er sie erst mal nicht sehen wollte. Aber egal, im Moment schien er ohnehin nicht hier zu sein, wie sie nach einem Blick in sein Büro feststellte.[/LEFT] [LEFT]»Ich wollte mit dem Captain reden«, antwortete sie. »Wo sind denn alle?«[/LEFT] [LEFT]Barry seufzte. »Rebecca und Enrico sind noch mit den Gesprächen wegen Coen beschäftigt, Brad begutachtet den Heli, und Kevin macht Kaffeepause, der kommt also wahrscheinlich erst in einer Stunde wieder.«[/LEFT] [LEFT]Er schüttelte mit dem Kopf, sichtlich genervt davon, dass sein junger Kollege die Pflicht derart schleifen ließ. Jill musste derweil ein sehnsuchtsvolles Seufzen unterdrücken; ein Kaffee wäre eine gute Idee gewesen, bevor sie losgegangen war. Am Tag zuvor hatte sie wegen möglicher Kopfschmerzen darauf verzichtet, aber heute wären ihr diese sogar egal.[/LEFT] [LEFT]Barry sah zu Alberts Büro und fuhr fort: »Ich weiß nicht, ob es eine gute Idee ist, mit Wesker zu sprechen. Gestern war er ziemlich schlecht drauf, sah aus, als hätte er einen Kater.«[/LEFT] [LEFT]Noch ein Kopfschütteln, diesmal das Unverständnis, dass man so zur Arbeit erschien.[/LEFT] [LEFT]Hatte er sich nach diesem missglückten Essen wirklich betrunken? Jetzt hatte sie noch mehr das Bedürfnis, sich zu entschuldigen. Aber wenn er nicht hier war …[/LEFT] [LEFT]»Weißt du, wann er ins Büro kommt?«, fragte sie.[/LEFT] [LEFT]Barry zuckte mit den Schultern. »Er hat nicht viel geredet. Vielleicht kommt er bald. Wenn es wichtig ist, kannst du ja hier warten.«[/LEFT] [LEFT]Mit einer einladenden Geste deutete er auf den Stuhl am Tisch neben sich. Sie hatte nichts anderes zu tun, und die Aussicht, ein wenig Zeit mit Barry zu verbringen, war auch nicht die Schlechteste, also setzte sie sich. Er fuhr derweil mit der Reinigung fort. Bei ihm wirkte das wie eine Zen-Übung, sie entspannte sich allein beim Zusehen.[/LEFT] [LEFT]»Ist eigentlich irgendwas bei euch passiert?«, fragte er. »Wesker wirkte mies gelaunt, als ich ihn gefragt habe, wie es dir geht.«[/LEFT] [LEFT]Offenbar war das außergewöhnlich genug, dass er es bemerkt hatte. Sie wiegelte aber sofort ab: »Wir hatten nur wieder ein Gespräch über Chris.«[/LEFT] [LEFT]Das genügte schon, dass Barry verstehend nickte. »Niemand hier glaubt, dass Chris uns wirklich verraten hat. Aber wir müssen erst einmal davon ausgehen, das ist ein ziemliches Problem.«[/LEFT] [LEFT]Es war schön, dass auch die anderen an Chris' Unschuld glaubten. Doch für den unwahrscheinlichen Fall, dass er sie doch verraten hätte, wäre das der sichere Untergang von S.T.A.R.S., eine Tatsache, die bitter war, aber dennoch der Realität entsprach. Das musste der Grund sein, warum Albert als Kommandant der Einheit so sehr darauf bestand, keine Schwäche zu zeigen, obwohl er auch einfach nur Chris' Unschuld beweisen wollte. Das musste sehr belastend sein für ihn. Und dann kam sie daher und zerstörte ihn auch noch vollends, sie war wirklich eine Heldin.[/LEFT] [LEFT]»Barry, hat Chris vor seinem Verschwinden eigentlich auch mit dir geredet?«[/LEFT] [LEFT]Er erstarrte in seiner Bewegung und ließ die Waffenteile in seiner Hand sinken. »Ich glaube, er hat darüber nachgedacht, mit mir über Umbrella zu sprechen. Ich meine, wir wissen ja alle, dass er denen nachrecherchiert hat. Aber schlussendlich hat er es nicht getan.«[/LEFT] [LEFT]Das wunderte sie nicht. Chris hatte sich bestimmt nach Verbündeten gesehnt, aber weder Jill noch Albert hatten ihm geglaubt, sein bester Freund Forest war tot, und Barry hatte eine Familie, die Chris nicht in Gefahr bringen wollte. Die Situation musste für ihn verfahren gewesen sein, deswegen war er so am Ende gewesen bei seinem letzten Gespräch mit der anderen Jill. Alles in allem hatte sie gerade das Gefühl, sie war für keinen der beiden Männer wirklich gut.[/LEFT] [LEFT]Barry hob die Schultern. »Es bringt nichts, zu verfluchen, wie es gelaufen ist. Wir müssen jetzt dafür sorgen, dass alles zu einem guten Ende kommt.«[/LEFT] [LEFT]»Wir bekommen das wieder hin, Barry. Wir holen Chris zurück.«[/LEFT] [LEFT]Er warf ihr nur einen kurzen Blick zu und nickte dabei. Ihn auch auf ihrer Seite zu wissen, beruhigte sie noch weiter. Solange sie alle zusammenhielten, schafften sie das, und so oft wie sie in ihrer Welt die Menschheit gerettet hatten, gab es da keinen Zweifel.[/LEFT] [LEFT]Die Tür zum S.T.A.R.S.–Büro öffnete sich. Jill sah direkt hinüber – und erstarrte, als sie sah, wie Wesker eintrat. Er trug einen dunklen Anzug und dazu eine undurchdringlich schwarze Sonnenbrille, hinter der man seine Augen nicht sehen konnte. Ihr Puls beschleunigte sich, sie wollte zur Waffe greifen, um die Bedrohung zu beseitigen, aber gleichzeitig auch einfach nur von hier fliehen, bevor er sie wieder schnappte, ihr das Genick brach, um sich danach zum Gott einer neuen Menschheit aufzuschwingen.[/LEFT] [LEFT]Erst als ihr nervöser Blick auf seine Hand fiel, in der er einen Coffee-to-go-Becher hielt, entspannte sie sich wieder etwas. Wesker würde niemals Kaffee aus einem Pappbecher trinken – nein, wenn sie genauer darüber nachdachte, hatte sie ihn nie irgendetwas trinken oder essen sehen. Das hier war nicht Wesker, es war Albert, und sein Körper versteifte sich auch, als er sie bemerkte.[/LEFT] [LEFT]»Oh, Jill.« Seine Stimme klang noch so hohl, wie am Ende ihres letzten Gesprächs. »Du bist krankgeschrieben, was willst du hier?«[/LEFT] [LEFT]Obwohl es ihr schwerfiel, nicht direkt wegzulaufen oder ihn doch anzugreifen, ging sie einfach nur langsam auf ihn zu. »Ich wollte mit dir reden.«[/LEFT] [LEFT]Seine Mundwinkel zuckten, vielleicht freute er sich sogar, aber zeigen wollte er es nicht. »Ist es denn wichtig?«[/LEFT] [LEFT]Sie blieb vor ihm stehen. »Ist es.«[/LEFT] [LEFT]Hinter seiner Stirn glaubte sie seinen inneren Kampf zu sehen, einerseits mit ihr sprechen zu wollen, andererseits sie aber auch abzuweisen, um sich selbst zu schützen. Schließlich gab er aber seufzend nach. »Okay, dann komm in mein Büro. Aber ich habe nicht viel Zeit.«[/LEFT] [LEFT]Albert nickte Barry zur Begrüßung nur kurz zu. Jill folgte ihm, obwohl ihr Körper immer noch dagegen demonstrierte. Alles in ihr schrie nach Flucht, besonders da der Weg nun wieder frei war. Doch sie zwang sich, das Büro zu betreten, die Tür hinter sich zu schließen und sich dann auf den Stuhl vor seinem Tisch zu setzen, während er auf seinem Sessel Platz nahm.[/LEFT] [LEFT]»Also.« Er stellte den Kaffee ab. »Was willst du?«[/LEFT] [LEFT]»Kannst du mir … vorher einen Gefallen tun und die Sonnenbrille abnehmen?«[/LEFT] [LEFT]Er stutzte. »Was?«[/LEFT] [LEFT]»Ich erklär dir das noch, aber sie macht mich wirklich nervös.«[/LEFT] [LEFT]Das gefiel ihm offensichtlich nicht, vielleicht fürchtete er ja, dass sie nur seine Schwäche ausnutzen wollte, um ihn noch mehr zu verletzen. Sie wiederum befürchtete, dass er einfach ablehnte und sie hinausschmiss, sie hätte es sogar verstanden.[/LEFT] [LEFT]Aber sein Widerstand brach an ihrem bittenden Gesichtsausdruck. Er nahm die Brille ab, worauf seine Augen sichtbar wurden, die glücklicherweise immer noch nicht leuchteten. Dafür waren sie rot unterlaufen, mit tief sitzenden Schatten darunter. So wie er direkt das Licht abdunkelte, musste Jill Barry recht geben: Albert hatte einen Kater.[/LEFT] [LEFT]Da bereute sie es noch mehr, ihm nicht von Claires Besuch erzählt zu haben. Immerhin wäre es dann nicht zu dem Streit gekommen, der ihn so fertig zu machen schien.[/LEFT] [LEFT]»Ich bin ganz Ohr.« Er lehnte sich im Sessel zurück. »Was willst du mir sagen?«[/LEFT] [LEFT]Sie hätte es vielleicht im Vorfeld besser überdenken sollen, aber so strömte es einfach aus ihr heraus: »Es tut mir leid, dass ich dir nichts von Claire erzählt habe. Das war definitiv ein Fehler. Aber es gibt einen Grund, warum ich so … misstrauisch bin. Es ist nicht deine Schuld, aber ich kann einfach nicht anders.«[/LEFT] [LEFT]Er seufzte lautlos und rollte mit den Augen. »Und was ist das für ein Grund? Hat es irgendetwas mit Umbrella zu tun? Hab ich irgendwann etwas Falsches zu dir gesagt? Oder hat Chris etwas gesagt?«[/LEFT] [LEFT]»Es ist wirklich schwer zu erklären, garantiert unmöglich in ein paar Minuten. Und vielleicht würdest du es mir nicht mal glauben, weil es einfach so … verrückt ist.«[/LEFT] [LEFT]»Jill.« Seine Stimme klang ungeduldig. »Wir haben vor einigen Monaten ein Herrenhaus gesäubert, in dem uns Zombies und sogar mutierte Pflanzen angegriffen haben. Das war verrückt, aber es war Realität. Warum sollte ich dir andere seltsame Dinge nicht glauben?«[/LEFT] [LEFT]Prinzipiell stimmte das wohl. Außerdem wollte sie ihm ohnehin alles erzählen, also warum sollte sie nicht einfach damit anfangen, um ihm zu zeigen, von welcher Größenordnung sie da sprach?[/LEFT] [LEFT]»Ich bin nicht die Jill, die du kanntest.«[/LEFT] [LEFT]»Schon klar. Es sind viele Dinge passiert, und du wurdest am Kopf verletzt, da kommt es schon mal vor, dass-«[/LEFT] [LEFT]»Das meine ich nicht. Ich, also meine Erinnerungen, sind aus einer ganz anderen Welt, einer anderen Zeit, in der alles ganz anders gelaufen ist.«[/LEFT] [LEFT]Nachdem sie das gesagt hatte, verhärtete sein Blick sich. Sie wappnete sich für eine empörte Erwiderung, die auch sofort kam: »Machst du dich über mich lustig? Bist du deswegen hergekommen? Um mich fertigzumachen?«[/LEFT] [LEFT]»Ich sagte ja, dass es verrückt ist«, verteidigte sie sich. »Aber ich schwöre dir, dass es die Wahrheit ist. Ich bin vor ein paar Tagen in dieser Welt aufgewacht, deswegen weiß ich so wenig über das, was hier passiert ist.«[/LEFT] [LEFT]Er öffnete bereits den Mund, um noch einmal etwas zu erwidern, aber dann runzelte er seine Stirn. Sicher dachte er gerade an all die Gespräche, die sie in den letzten zwei Tagen geführt hatten, zählte eins und eins zusammen und kam zu dem Ergebnis, dass ihre Erklärung im Moment die einzig logische war. Aber sein Gesicht zeigte, wie sehr es ihm widerstrebte, so etwas wirklich zu glauben. Die Zombies hatte er wenigstens live gesehen, aber hier konnte er nur zuhören, ohne einen Beweis zu erhalten. Es war auch gut möglich, dass sie ihn einfach anlog. All das musste ihm durch den Kopf gehen, verbunden mit zwei Fragen: Sollte er darauf eingehen? Oder sie doch hinauswerfen?[/LEFT] [LEFT]»Okay«, sagte er genervt seufzend. »Nehmen wir an, ich glaube dir das einfach mal. Was genau in dieser … anderen Welt sorgt dann dafür, dass du mir so sehr misstraust?«[/LEFT] [LEFT]Er legte die gespreizte Hand auf seine Brust und sah sie so verletzt an wie zuvor. Wahrscheinlich fiel es ihm schwer, sich vorzustellen, dass er ihr in irgendeiner anderen Realität etwas getan haben könnte, um dieses Misstrauen zu verdienen. Sie wollte es ihm auch nur ungern erzählen, aber ihr blieb keine Wahl.[/LEFT] [LEFT]»Ich war auch in meiner Welt bei S.T.A.R.S., und wir hatten auch einen Captain Wesker, aber er war komplett anders als du. Er war unnahbar, kalt, arrogant – und er hat immer eine Sonnenbrille getragen.«[/LEFT] [LEFT]Sie nickte zu der von Albert, die inzwischen auf dem Tisch lag. Er sah darauf hinunter und hob eine Augenbraue. Offenbar verstand er gerade, weswegen sie ihn darum gebeten hatte, sie abzusetzen.[/LEFT] [LEFT]»Außerdem hat er für Umbrella gearbeitet und uns alle verraten.«[/LEFT] [LEFT]Diesmal wanderten beide Augenbrauen nach oben. »Ich … was?«[/LEFT] [LEFT]»Der Wesker meiner Welt, meiner Erinnerung, hat uns verraten, um Kampfdaten für die Biowaffen Umbrellas zu erhalten. Das hat eine Kettenreaktion ausgelöst, wegen der Raccoon City von Zombies überrannt und dann von der Regierung vernichtet wurde.«[/LEFT] [LEFT]Das waren die Ergebnisse der Aufarbeitung, die sie mit Chris getätigt und die zum endgültigen Fall von Umbrella geführt hatten.[/LEFT] [LEFT]Allein die Vorstellung versetzte Albert in einen schlimmen Zustand. Er sank scheinbar geschlagen tiefer in seinen Sessel und murmelte etwas vor sich hin. Mit so einer Geschichte hatte er nicht gerechnet. Was ihn wohl mehr irritierte? Dass er der Verräter war oder dass Umbrella sich verantwortlich zeigte? Oder dass sogar die gesamte Stadt, in der sie sich gerade aufhielten, dem Erdboden gleichgemacht worden war?[/LEFT] [LEFT]»Und das war noch nicht alles«, begann Jill, doch Albert hob kraftlos die Hand.[/LEFT] [LEFT]»Das reicht erst mal.« Seine Stimme klang wieder hohl, aber diesmal schob sie das auf die Überforderung durch diese Erzählung. »Ich glaube, bevor ich mir mehr dazu anhöre, brauch ich erst einen guten Drink.«[/LEFT] [LEFT]Noch dazu klingelte das Telefon auf seinem Schreibtisch und erinnerte daran, dass er eigentlich für die Arbeit gebraucht wurde. Die paar Minuten, die er sich für sie nehmen konnte, waren vorbei. Sein Blick wanderte vom Telefon zu ihr. »Ich bin mir noch nicht sicher, was ich davon halten soll. Aber ich bin bereit, mir mehr davon anzuhören. Denn ich will dir weiterhin vertrauen, auch wenn du nicht die Jill sein solltest, die ich kenne.«[/LEFT] [LEFT]Bildete sie sich seine Kritik an ihr in diesen Worten nur ein? Sie fragte ihn lieber nicht.[/LEFT] [LEFT]»Ist es okay, wenn ich heute Abend wieder zu dir komme? Dann hast du auch mehr Zeit, mir alles zu erzählen – und wir werden dabei nicht die ganze Zeit beobachtet.«[/LEFT] [LEFT]Sie wollte ihn fragen, was er meinte, da nickte er aber schon zu den Fenstern seines Büros. Kevin musste irgendwann zurückgekehrt sein, nun lehnte er mit der Hüfte gegen einen Schreibtisch und betrachtete sie neugierig durch die Scheibe. Er besaß sogar die Dreistigkeit, ihr lächelnd zuzuwinken.[/LEFT] [LEFT]»Stimmt, wir sollten bei mir weiterreden.«[/LEFT] [LEFT]Sein Telefon klingelte weiterhin. Wer auch immer mit ihm sprechen wollte, ließ nicht locker.[/LEFT] [LEFT]»Gut, ich komm dann gegen Acht zu dir.« Das war seine einzige Verabschiedung, dann hob er den Hörer ab und knurrte ein schlecht gelauntes »Hallo« hinein.[/LEFT] [LEFT]Jill verließ das Büro, bevor sie Alberts Tag noch weiter ruinierte. Sie winkte Kevin nur kurz zu, obwohl er sie grinsend begrüßte und sie sogar fragte, was sie mit Albert besprochen hatte.[/LEFT] [LEFT]»Keine Zeit«, erwiderte sie und trat zurück in den Gang.[/LEFT] [LEFT]Mit schnellen Schritten entfernte sie sich vom Büro, bevor Kevin auf die Idee käme, ihr doch noch zu folgen, um mehr zu erfahren.[/LEFT] [LEFT]Auf dem Weg zur Haupthalle kam sie an einem Kaffeeautomaten vorbei, was sie daran erinnerte, dass ein Kaffee eine wirklich gute Idee wäre, selbst wenn das Koffein vielleicht wieder Kopfschmerzen auslöste.[/LEFT] [LEFT]Sie griff in ihre Tasche – und wurde blass, als sie statt dem benötigten Kleingeld einen Schlüssel mit einer schwarzen Plastikhülle hervorzog. Nun hatte sie ihn extra mitgebracht, aber ganz vergessen, Albert deswegen zu fragen. Sie fluchte innerlich. Aber sie konnte auch nicht nochmal zu ihm zurück. Wie käme das denn bei ihm an? Und vielleicht war er ohnehin auch ratlos, dann wäre es für ihn nur eine unangenehme Situation mehr, die sie ihm aussetzte.[/LEFT] [LEFT]Das müsste dann eben bis zum Abend warten. Auch wenn es ihr leid tat, Chris damit ebenfalls warten lassen zu müssen. Wahrscheinlich fragte er sich bereits, warum sie so lange dafür brauchte. Aber es war keine Absicht von ihr, also könnte er es vielleicht verstehen.[/LEFT] [LEFT]Die Lust auf Kaffee war ihr damit erst mal vergangen, sie wandte sich von dem Automaten ab – und prallte gegen einen Polizisten, worauf sich ein Berg von Akten auf den Boden ergoss.[/LEFT] [LEFT]Jill entschuldigte sich rasch bei ihm und kniete sich zu ihm, um beim Aufsammeln zu helfen.[/LEFT] [LEFT]»Schon gut«, erwiderte er, »ich hätte einfach besser aufpassen sollen.«[/LEFT] [LEFT]Die Stimme allein genügte, dass sie wusste, dass es sich um Leon handelte. Sie schenkte ihm ein kurzes Lächeln – obwohl er sie nicht einmal kannte – was er erwiderte, nur um dann wieder ernst zu werden: »Zivilisten dürfen nicht in diesen Bereich. Falls Sie eine Besucherin sind, sollten Sie den Besuchsausweis sichtbarer tragen.«[/LEFT] [LEFT]»Oh, nein, nein, ich gehöre zu S.T.A.R.S.« Sie deutete auf die Marke, die sie am Gürtel befestigt hatte und ihm daher sicher nicht aufgefallen war.[/LEFT] [LEFT]»Ah, tut mir leid.« Sein Blick fiel auf die Akte, die sie ihm gerade oben auf den Stapel gelegt hatte. »Vergessen Sie Ihren Schlüssel nicht. Wenn man einen Ersatz will, ist das ein ziemlicher Aufwand. Ich hab ihn schon hinter mir.«[/LEFT] [LEFT]Erst da fiel ihr auf, dass sie Chris' Schlüssel auch oben drauf abgelegt hatte. Sie nahm ihn wieder an sich – und stutzte. »Moment, weißt du, wofür der ist?«[/LEFT] [LEFT]Leon sah sie mit geneigtem Kopf an, als fragte er sich, ob sie das ernst meinte, störte sich aber nicht daran, dass sie ihn duzte.[/LEFT] [LEFT]»Der Schlüssel gehört zu einem Fall«, erklärte sie. »Aber wir konnten noch nicht herausfinden, was er aufschließt.«[/LEFT] [LEFT]»Er sieht jedenfalls aus wie die Schlüssel, die man für einen Lagerraum bei Raccoon Storage erhält. Ich hab auch einen, weil ich ein paar Dinge unterstellen musste. Und ich hab das erste Exemplar schon verloren.«[/LEFT] [LEFT]Wenn es hier wie in ihrer Erinnerung war, lebte er noch nicht sehr lange in der Stadt. Falls er Möbel mitgebracht hatte, mussten diese natürlich irgendwo gelagert werden. Und warum war sie nicht gleich darauf gekommen, dass es auch ein Schlüssel für einen Lagerraum sein konnte? Die Antwort war einfach: Sie hatte nicht gewusst, dass es so etwas in Raccoon City für die Öffentlichkeit gab, weil sie das nie benötigt hatte.[/LEFT] [LEFT]»Es steht keine Nummer oder so drauf«, sagte sie. »Woher weiß man, für welchen Raum er ist?«[/LEFT] [LEFT]Leon streckte die Hand aus und deutete auf die Rückseite des Schlüssels. »Die Mitarbeiter können einen Code in der Hülle ablesen, der beinhaltet alle Informationen. Man ist dort echt stolz auf die Technik.«[/LEFT] [LEFT]Eine Woge von Erleichterung und Ehrgeiz überfiel sie. Sie müsste unbedingt sofort dorthin und sich die Beweise holen. Deswegen fragte sie Leon nach der Adresse, die er ihr bereitwillig nannte. Jill sprang auf, während er sich mit den Akten langsamer erhob.[/LEFT] [LEFT]»Konnte ich bei dem Fall helfen?«[/LEFT] [LEFT]»Absolut«, sagte sie und ging an ihm vorbei. »Danke, Leon!«[/LEFT] [LEFT]Damit rannte sie bereits los, ignorierte sogar seine Frage in ihrem Rücken, woher sie seinen Namen kannte. Sie hatte keine Zeit, ihm jetzt auch noch Dinge zu erklären, sie musste diese Beweise finden. Und wenn Albert heute Abend käme, könnte sie ihm diese direkt präsentieren, dann würden sie zusammen Chris helfen, genau wie sie es sich versprochen hatten.[/LEFT] [LEFT]Alles konnte noch gut werden, es kam nur noch darauf an, ob Chris wirklich alles dort versteckt hatte. Und als sie das R.P.D. wieder verließ, schickte sie ein Stoßgebet gen Himmel, dass dies nicht nur eine Sackgasse war.[/LEFT] Kapitel 7: Ich habe die Beweise gefunden ---------------------------------------- [LEFT]Nicht mal eine halbe Stunde, nachdem sie das R.P.D. verlassen hatte, stand Jill tatsächlich am Empfang von Raccoon Storage. Die fensterlosen grauen Wände und die Leuchtstoffröhren ließen den Raum noch kleiner erscheinen als er ohnehin war. Hinter einer kugelsicheren Scheibe saß eine Frau, die Jill freundlich begrüßte und nach ihrem Anliegen fragte.[/LEFT] [LEFT]»Ich habe hier einen Schlüssel, weiß aber nicht mehr genau, für welchen Lagerraum er ist.«[/LEFT] [LEFT]»Kein Problem«, versicherte die Dame ihr mit einem perfekten Zahnpasta-Lächeln.[/LEFT] [LEFT]Sie nahm den von Jill gereichten Schlüssel und hielt ihn unter ein Scanner-Gerät, das fest auf dem Tisch montiert war. Nervös wartete Jill auf ein Geräusch oder irgendetwas anderes, das ihr sagte, dass es funktionierte. Wenn sie hier doch falsch war …[/LEFT] [LEFT]Dann ertönte das erlösende Piepsen. Die Frau musterte den neu erschienen Text auf dem Bildschirm, ehe sie sich Jill wieder zuwandte. »Willkommen zurück, Ms. Valentine.«[/LEFT] [LEFT]Das ließ sie fast zurückschrecken. Der Lagerraum gehörte ihr? War das Absicht gewesen, damit Umbrella oder die Regierung ihn nicht zu Chris zurückverfolgen konnte? Natürlich war das auch nicht im Tagebuch gestanden. Ihr anderes Ich musste genug mitgedacht haben.[/LEFT] [LEFT]Die Frau reichte ihr den Schlüssel zurück. »Ihr Lagerraum ist die 231, im zweiten Untergeschoss.«[/LEFT] [LEFT]Jill bedankte sich für die Information. Der Personenaufzug war klein und klapprig, mit mehr als einer Person hätte sie sich Sorgen gemacht, steckenzubleiben. Ihr Inneres war angespannt, voller Erwartungen – und auch der Befürchtung, dass der Raum derart voll wäre, dass sie die Unterlagen vielleicht gar nicht fände.[/LEFT] [LEFT]Als die Türen sich im zweiten Untergeschoss öffneten, sprangen die Lampen an. Sie offenbarten graue Betonwände, immer wieder unterbrochen von Rolltoren, auf denen mit schwarzer Sprühfarbe die Nummer des Raums stand. Jill folgte den Zahlen; außer ihren Schritten und dem Summen der Leuchtstoffröhren herrschte absolute Stille. Instinktiv lauschte sie dennoch nach dem unverkennbaren Stöhnen und leisen Schlurfen, das die Anwesenheit von Zombies verriet. Die geraden Gänge, die nur alle paar hundert Meter abknickten, waren nicht für einen Kampf geeignet, deswegen wollte sie nicht überrascht werden.[/LEFT] [LEFT]Sie blieb glücklicherweise allein und erreichte schließlich Lagerraum 231. Der Schlüssel passte und ließ sich drehen, mit einem Klacken öffnete sich das Schloss. Jills Puls begann zu rasen. Gleich würde sie die Beweise finden, die Chris ihr hinterlassen hatte.[/LEFT] [LEFT]Tief durchatmend schob sie das Rolltor nach oben – und starrte auf den Raum vor sich.[/LEFT] [LEFT]Sie hatte erwartet, dass er voller Möbeln und Kisten wäre, um die Suche nach den Beweisen zu erschweren, nur für den Fall, dass jemand anderes von diesem Ort erführe. Doch tatsächlich stand nur ein einzelner Tisch hier und auf diesem lag ein brauner Umschlag.[/LEFT] [LEFT]Erst fühlte sie sich seltsam enttäuscht. Das sollten die Beweise sein, die Chris gesammelt hatte? Genug, um Umbrella Ärger zu bereiten? Hatte er am Ende doch gelogen? Wieso war er dann verschwunden?[/LEFT] [LEFT]Doch als sie nähertrat, erkannte sie, dass unter dem Umschlag noch ein Notizbuch lag. Sie nahm es hoch und blätterte kurz durch. Chris' kantige Schrift wandelte sich im Verlauf der Seiten von einem nüchternen Bild zu fahrigen Buchstaben, die verrieten, wie gehetzt er sich beim Schreiben gefühlt haben musste. Soweit sie es überblickte, war hier festgehalten worden, was Chris bei seinem ersten Besuch im Arklay-Anwesen erlebt und gesehen hatte, dazu seine Rechercheergebnisse, garniert mit Zeitungsausschnitten, die kritisch über Umbrella berichteten – passend mit Berichten zu den tragischen Schicksalen, die jene Kritiker danach überraschenderweise heimgesucht hatten. Wäre Jill nicht ohnehin schon misstrauisch, so wäre sie es nun geworden.[/LEFT] [LEFT]Der letzte Eintrag war zwei Tage vor der Rückkehr ins Anwesen verfasst worden: Captain Wesker hat dafür gesorgt, dass wir bei der Beweissicherung helfen können. Bestimmt will er nur beweisen, dass Umbrella unschuldig ist, und er weiß, dass ich das nie glauben werde, wenn ich nicht selbst dabei bin. Aber ich weiß, dass Umbrella dafür verantwortlich ist. Ich weiß auch, dass sie mich beobachten und versuchen, mich einzuschüchtern. Deswegen bringe ich dieses Buch und all meine Beweise in den Lagerraum.[/LEFT] [LEFT]Jill, wenn du das hier liest, bedeutet das wohl, dass mir etwas passiert ist. Du musst an meiner Stelle die Wahrheit ans Licht bringen. Ich kann in dieser Sache nur dir vertrauen, also bitte tu das richtige, damit Umbrella endlich sein Ende findet.[/LEFT] [LEFT]Jill atmete durch, erfüllt von einer großen Portion Ehrfurcht. Chris' Pflichtbewusstsein und teilweise auch sein Starrsinn, sobald er für die richtige Sache eintrat, hatten ihr diese Beweise hinterlassen, er vertraute ihr so sehr, dass es sie umso mehr schmerzte, dass sie so lange gebraucht hatte.[/LEFT] [LEFT]Sie warf einen Blick in den Umschlag hinein und entdeckte mit dem Umbrella-Logo versehene Dokumente, sowie E-Mail-Ausdrucke und Briefe. Wie war er an das alles herangekommen?[/LEFT] [LEFT]Ein Geräusch ließ sie aufhorchen. Der Fahrstuhl war wieder heruntergekommen und entließ direkt mehrere Personen, die mit schweren Stiefeln durch den Gang hasteten – dabei aber kein Wort sagten, als wären sie rein auf ihr Ziel konzentriert. Das fühlte sich derart unnatürlich an, dass sich ihre Nackenhaare aufstellten.[/LEFT] [LEFT]Man hatte gesehen, dass Claire mit Jill gesprochen hatte. Es sprach vieles dafür, dass deswegen auch sie selbst beobachtet wurde. Und wenn es wirklich Leute von Umbrella waren? Oder irgendjemand anderes, der sie nun aus dem Weg schaffen wollte? Ähnlich wie Chris? Soweit durfte sie es nicht kommen lassen![/LEFT] [LEFT]Sie packte das Notizbuch und die Unterlagen in eine Tasche, huschte aus dem Lagerraum und senkte das Rolltor so leise wie möglich, dachte aber daran, es nicht ganz zu schließen. Wer auch immer es war, sollte ruhig glauben, dass sie noch dort drinnen war. In Wahrheit schlich sie aber in die andere Richtung, hoffend, dass die Gänge nicht zwingend zum Aufzug zurückführten, sondern eher zu einem Notausgang.[/LEFT] [LEFT]Sie bog gerade um die Ecke, als die Schritten den Lagerraum 231 erreichten. Ein Blick zurück zeigte ihr, dass es drei schwarz uniformierte und bewaffnete Gestalten waren, die vor dem Rolltor stehenblieben. Eine zog eine Dose hervor, aus der dichter Rauch strömte, und ließ diese durch den offenen Spalt hineinrollen.[/LEFT] [LEFT]Diese Leute waren wirklich hier, um sie zu finden – und das vermutlich nicht nur, um mit ihr ein nettes Kaffeekränzchen abzuhalten.[/LEFT] [LEFT]Jill lief leise weiter.[/LEFT] [LEFT]Das Rolltor wurde hochgerissen, jemand schrie ihren Namen, mit der Aufforderung, sich einfach zu ergeben. Sie hatte nur ein paar Sekunden, bis ihnen durch den nachlassenden Nebel auffiele, dass niemand da wäre, aber der Gang schien kein Ende nehmen zu wollen.[/LEFT] [LEFT]»Sucht sie!«, donnerte die Stimme eines ihrer Verfolger durch das Stockwerk.[/LEFT] [LEFT]Jill rannte los, schon bald donnerten die Stiefel hinter ihr her. Sie schlitterte um die Ecken, immer hoffend, dass sie eine Tür zum Treppenhaus oder einen sonstigen Notausgang entdeckte, nur um jedes Mal enttäuscht zu werden. Die schweren Schritte näherten sich ihr unablässig. Vor ihrem inneren Auge sah sie wieder Nemesis vor sich, der ihr durch die ganze Stadt gefolgt war, egal, wie oft sie ihn getötet hatte, immer wieder waren plötzlich seine schweren Schritte erklungen. Sie hoffte, dass diese drei nicht so hartnäckig waren.[/LEFT] [LEFT]Ein Schuss knallte. Ein heißer Luftzug fuhr an ihr vorbei, dann schlug eine Kugel neben ihr in der Wand ein.[/LEFT] [LEFT]»Stehenbleiben!«, rief ihr Verfolger, der zu ihr aufgeschlossen war.[/LEFT] [LEFT]Immerhin legte man es nicht darauf an, sie kaltblütig zu töten. Aber vielleicht nur, weil die Aufräumaktion dann so schwer geworden wäre. Deswegen blieb Jill nicht stehen, um herauszufinden, was man eigentlich von ihr wollte.[/LEFT] [LEFT]Zwei weitere Schüsse folgten und verfehlten sie. Und dann – endlich – entdeckte sie nach einer weiteren Ecke eine Stahltür, auf der Notausgang stand. Sie warf sich der Tür entgegen, die sich in ein Treppenhaus öffnete. Hinter ihr rief jemand etwas, aber sie rannte bereits die Stufen hinauf.[/LEFT] [LEFT]Im ersten Untergeschoss angekommen, bemerkte sie, dass niemand ihr folgte. Sie spürte keinerlei Erleichterung deswegen, vielmehr dachte sie an eine Falle. Diese drei waren bestimmt nicht allein unterwegs, es musste noch andere geben, die draußen auf sie warteten.[/LEFT] [LEFT]Sie blieb stehen und lauschte. Im Erdgeschoss klingelte ein Telefon, ohne dass jemand den Hörer abnahm. Das verhieß nichts Gutes, und da ihre Verfolger sogar gewusst hatten, welcher Lagerraum ihrer war, ging sie davon aus, dass die Frau am Empfang entweder daran beteiligt oder getötet worden war.[/LEFT] [LEFT]Da es somit sinnlos war, es über den normalen Ausgang oder auch regulären Notausgang zu versuchen, betrat Jill das erste Untergeschoss. Die Lichter erwachten flackernd zum Leben, also war außer hier gerade niemand hier. Aber sie entdeckte eine Kamera, die genau auf diese Tür gerichtet war. Falls jemand gerade die Überwachungsvideos beaufsichtigte, um seinen Kameraden Hinweise zu geben, wusste man nun, wo sie war.[/LEFT] [LEFT]Schnell schritt sie den Gang hinunter. Diesmal hatte sie auch die Zeit, nach Wegweisern zu sehen, die bei den Abzweigungen an den Wänden angebracht waren. Neben dem Notausgang, durch den sie wieder hereingekommen war, gab es natürlich den Aufzug, die normale Treppe – und den Notausstieg. Das könnte ihre Chance sein.[/LEFT] [LEFT]Sie folgte dem Weg, lauschte dabei weiter nach Geräuschen, aber außer ihren eigenen Schritten war nichts zu hören. Vielleicht hatten ihre Verfolger auch aufgegeben. Oder aufgeben müssen. Falls sie keine Zeugen und damit keinen Aufruhr wollten, sprach vieles dafür, dass die Operation, sie zu schnappen, ohnehin nur ein kurzes Zeitfenster zur Verfügung hatte.[/LEFT] [LEFT]Der Schacht des Notausstiegs lag hinter einem Gitter, das sich mit ein wenig Anstrengung öffnen ließ. Sie kletterte die Leiter hinauf, dem Sonnenlicht entgegen. Ganz oben hielt sie noch einmal inne. Es waren keine schweren Stiefel zu hören, dafür nur die Stimmen mehrerer Personen, die aber nicht darüber sprachen, irgendwen zu fangen, sondern über Möbel, die ins Lager müssten.[/LEFT] [LEFT]Wenn ihre Verfolger keine große Aufmerksamkeit wollten, würden sie darauf verzichten, ihr etwas zu tun, solange Zivilisten in der Nähe waren. Aber falls nicht, wäre Jill unter Umständen schuld am Tod dieser Menschen. Sie konnte aber auch nicht ewig hier bleiben. Also hoffte sie, dass ihre Verfolger wirklich kein Aufsehen erregen wollten.[/LEFT] [LEFT]Vorsichtig hob sie das Gitter. Entdecken konnte sie auch niemanden, der verdächtig erschien, nur eine kleine Gruppe von jungen Männern, die gerade Möbel aus einem Van hievten, offenbar war sie auf dem Parkplatz gelandet. Sie kletterte aus dem Schacht heraus, worauf einer der Männer kurz in ihre Richtung blickte. Doch der Sessel, den er gerade abstellte, war ihm doch wichtiger.[/LEFT] [LEFT]Erst als Jill sich hinkniete, um den Ausstieg wieder zu schließen, fiel ihr Blick auf die verglaste Seitentür des Lagers, die scheinbar als Notausgang diente. Sie erstarrte. Auf der anderen Seite stand einer ihrer schwarz gekleideten Verfolger und starrte sie durch die Scheibe hinweg an. Jills Hand wanderte bereits in Richtung ihrer Waffe. Doch der andere sah zu den Männern auf dem Parkplatz, die nichts davon bemerkten, noch einmal zu ihr, dann wandte er sich ab und ging davon.[/LEFT] [LEFT]Jill legte das Gitter wieder auf seinen Platz zurück, stellte sich aufrecht hin und hastete zur Straße. Ihr Herz schlug immer noch viel zu schnell, aber wer auch immer sie schnappen wollte, würde das anscheinend nicht tun, während sie in der Öffentlichkeit war, deswegen tauchte sie zwischen den Menschenmassen unter, nicht um nach Hause zu gehen – denn sie war sich bewusst, dass man dort sicher auf sie wartete – sondern um zum R.P.D. zurückzukehren. Sie hatte die von Chris zurückgelassenen Beweise, sie konnte sie direkt Albert präsentieren und sie gemeinsam mit ihm durchgehen. Je schneller, desto besser und auch gesünder für sie.[/LEFT] [LEFT]Immer wieder warf sie einen Blick über ihre Schulter, aber natürlich entdeckte sie niemanden. Die Männer von eben würden sie nicht in ihrer auffälligen Kleidung verfolgen, verdächtige Autos könnte sie dafür möglicherweise nicht erkennen. Sie versuchte, zu erahnen, ob irgendeiner der Zivilisten vielleicht darauf aus war, ihr zu schaden, weil er nur ein verkleideter Agent war und an die Beweise kommen wollte, doch keiner beachtete sie.[/LEFT] [LEFT]Dennoch atmete sie erst auf, als sie zum wiederholten Mal an diesem Tag in die Eingangshalle des Polizeigebäudes trat. Erst hier erntete sie erschrockene Blicke, die sie allerdings ignorierte, um direkt zum Büro zu gehen. Selbst die Frau am Empfang, die sie ansprach, ließ Jill links liegen. Sie musste die Beweise abgeben, denn ganz offensichtlich waren sie irgendwem zu gefährlich und damit wichtig für Chris' Unschuld. Alles andere zählte gerade nicht.[/LEFT] [LEFT]Sie riss die Tür zum Büro auf und stürmte hinein.[/LEFT] [LEFT]Barry, Brad und Kevin fuhren sofort von ihren Schreibtischen hoch. Besonders Barry musterte sie besorgt. »Jill, was ist los?«[/LEFT] [LEFT]»Wo ist Albert?«, erwidert sie nur.[/LEFT] [LEFT]Alle drei sahen zu dessen Büro hinüber. Von dem Tumult aufgeschreckt, stand Albert bereits in der Tür. »Was ist jetzt schon wieder-«[/LEFT] [LEFT]Er verstummte und sah sie ebenfalls besorgt an. »Jill, du blutest. Was ist passiert?«[/LEFT] [LEFT]Blut? War sie doch verletzt worden, ohne es zu merken? Im selben Moment spürte sie etwas Nasses an ihrer Oberlippe. Wären die besorgten Reaktionen nicht, hätte sie auf Schweiß getippt, aber als sie darüber wischte, stellte sie tatsächlich fest, dass sie aus der Nase blutete.[/LEFT] [LEFT]»Egal!«, wehrte sie rasch ab, statt sich Sorgen zu machen. »Ich habe die Beweise gefunden, die Chris gesammelt hat.«[/LEFT] [LEFT]Albert, Barry und Brad horchten sofort auf, während Kevin nur verwirrt blinzelte. Sie zog den Umschlag und das Notizbuch hervor. »Es lag alles in einem Lagerraum! Vielleicht ist es genug, um die Schuldigen zu überführen! Es ist auf jeden Fall brisant!«[/LEFT] [LEFT]In knappen Worten erzählte sie von ihren Verfolgern, wie sie schließlich entkommen und warum sie zurückgekommen war. Die vier hörten ihr zu, während Kevin ihr ein Glas Wasser brachte, Brad durch das Notizbuch blätterte und Barry einen genaueren Blick auf die Dokumente im Umschlag warf, Albert wiederum schien einfach nur besorgt zu sein und dirigierte sie während der Erzählung zu einem Stuhl, damit sie sich setzte.[/LEFT] [LEFT]»Und deswegen bin ich jetzt hier«, schloss sie. »Damit wir gemeinsam etwas unternehmen.«[/LEFT] [LEFT]Albert kommentierte das vorerst nicht, sondern sah zu Barry und Brad. »Wie sieht es eurer ersten Einschätzung nach aus?«[/LEFT] [LEFT]»Jill könnte recht haben«, sagte Barry. »Diese Dokumente sehen echt aus, teilweise sind sie von hohen Tieren unterschrieben, und es wird unter anderem von Tyrants gesprochen, wie die, die wir im Labor gesehen haben.«[/LEFT] [LEFT]Brad nickte. »Ich hab jetzt nur die letzten Einträge gelesen, aber Chris hat einiges zusammengetragen.«[/LEFT] [LEFT]Sie befürchtete, Albert würde abwehren und darauf beharren, dass Umbrella nichts getan hatte, doch sein Blick wurde plötzlich derart entschlossen, dass die Bruchstücke der anderen Jill geradezu ins Schwärmen gerieten.[/LEFT] [LEFT]»Okay«, sagte er. »Ich will, dass wir uns diese Beweise und das Notizbuch durchnehmen und Kopien anfertigen. Dann finden wir einen Weg, alles an die Öffentlichkeit zu bringen und Chris zu retten. Wir werden nicht zulassen, dass einer von uns unter die Räder kommt, nur weil er die Wahrheit sagen will!«[/LEFT] [LEFT]Die anderen drei stimmten jubelnd zu und ließen sich von Albert darin unterweisen, dass sie sich die Dokumente teilen sollten, während er das Notizbuch lesen wollte. Sie gingen direkt an die Arbeit, versammelten sich um Barrys Schreibtisch, um sich zu einigen, während Albert neben Jill stehenblieb.[/LEFT] [LEFT]»Was soll ich tun?«, fragte sie.[/LEFT] [LEFT]Seine Mimik wurde wieder ein wenig sanfter, als er sie ansah. »Erst einmal solltest du zusehen, dass die Blutung aufhört. Dann kümmern wir uns gemeinsam um das Notizbuch.«[/LEFT] [LEFT]Er schaffte es sogar, sie wieder ein wenig anzulächeln. »Chris kann sich glücklich schätzen, dass er dich als seine Verbündete hat.«[/LEFT] [LEFT]»Eigentlich hatte er Pech«, erwiderte sie. »Er hat nicht damit gerechnet, dass ich mich nicht an den Lagerraum erinnere.«[/LEFT] [LEFT]Alberts Mundwinkel zuckten. »Niemand hätte sich vorstellen können, dass eine Jill aus einer anderen Welt vorbeikommt, um hier aufzuräumen.«[/LEFT] [LEFT]»Dann glaubst du mir?«[/LEFT] [LEFT]Er hob lächelnd die Schultern. »Sagen wir mal, ich vertraue dir mehr als vielleicht gut ist. Nutz das besser nicht aus.«[/LEFT] [LEFT]»Werde ich schon nicht.«[/LEFT] [LEFT]Barry, Brad und Kevin hatten derweil die Dokumente unter sich aufgeteilt und setzten sich nun an ihre jeweiligen Arbeitsplätze, um sich alles durchzusehen. Jill stand wieder auf. »Ich geh mir dann mal das Gesicht waschen. Wahrscheinlich wird es dann heute wohl nichts damit, dass du zu mir kommst.«[/LEFT] [LEFT]Albert schmunzelte. »Vielleicht finden wir ja noch Zeit, um das Gespräch fortzusetzen. Aber Chris hat erst mal Vorrang.«[/LEFT] [LEFT]»Richtig.« Sie lächelte ihm zu, dann wandte sie sich ab und verließ das Büro noch einmal, um die nahegelegenen Duschen aufzusuchen.[/LEFT] [LEFT]Zu ihrem Glück war niemand gerade darin, so musste sie auch nicht erklären, warum sie blutete. Sie wusch ihr Gesicht an einem der Waschbecken und nutzte die Gelegenheit auch, um im Spiegel erneut Anzeichen dafür zu suchen, dass sie infiziert war. Natürlich war nichts dergleichen zu sehen, was sie zum Lächeln brachte.[/LEFT] [LEFT]Doch im selben Moment durchfuhr ein scharfer Schmerz ihre Brust. Erschrocken sog sie die Luft ein, tastete nach der schmerzenden Stelle, weil sie glaubte, verletzt zu sein. Aber da war nichts. Sie war nicht durchbohrt worden, es war immer noch niemand außer ihr hier.[/LEFT] [LEFT]Der Schmerz klang langsam wieder ab und hinterließ nur seinen Schatten, der dumpf in ihrem Inneren pochte. Was war das gewesen?[/LEFT] [LEFT]Sie sah noch einmal in den Spiegel. Plötzlich war ihr Gesicht blass, im grellen Licht sogar fast gespenstisch. Hätte sie es nicht besser gewusst, wäre sie davon ausgegangen, längst tot zu sein.[/LEFT] [LEFT]Aber dafür war nun wirklich keine Zeit. Sie schüttelte mit dem Kopf, klatschte sich mit den flachen Händen auf die Wangen, um wieder Farbe zu bekommen und ging dann wieder in Richtung des Büros zurück. Wie Albert sagte, Chris hatte erst mal Vorrang, deswegen durfte sie jetzt keine Schwäche zeigen. Sie musste ihr Versprechen einhalten, ihm zu helfen, denn er zählte auf sie – und das, so nahm sie sich vor, würden sie alle in dieser Nacht auch endlich schaffen.[/LEFT] Kapitel 8: Das war immer noch nicht alles ----------------------------------------- [LEFT]Die S.T.A.R.S.–Mitglieder arbeiteten den ganzen Tag über an den Beweisen. Jill und Albert fingen mit dem Notizbuch an, lasen sich durch die Einträge und die Zeitungsausschnitte, hielten Zusammenhänge auf dem White Board fest und diskutierten bei manchen Fällen auch darüber, ob bestimmte Kritiker Umbrellas wirklich glaubwürdig waren oder ob sie vielleicht nur für die Konkurrenz arbeiteten, wie es bei ihnen nahelag.[/LEFT] [LEFT]Barry, Brad und Kevin gingen auf der anderen Hälfte des White Boards ähnlich vor, notierten Namen und Ränge der Absender und Empfänger der Nachrichten und die Autoren der Berichte.[/LEFT] [LEFT]Nach einigen Stunden hatten sie damit eine beeindruckende Sammlung an Verantwortlichen zusammengetragen, die bis zur Spitze Umbrellas reichten, mit Beweisen, aus denen sich niemand von ihnen herausreden könnte. Ein Name, der besonders oft erwähnt worden war – besonders in Verbindung mit der Befürchtung, nicht genug Ergebnisse für diese Person zu liefern –, war Alex W., und irgendwo ganz hinten in ihrem Gedächtnis wusste Jill, dass ihr das etwas sagen sollte. Aber sie erinnerte sich einfach nicht. Außerdem war dieser Name derart generisch, dass sie sich selbst davon überzeugte, dass es unwichtig sei.[/LEFT] [LEFT]Es war bereits nach elf, als sie mit allen Dokumenten und Notizbuchseiten durch waren. Nun standen sie gemeinsam vor dem White Board und betrachteten ihre Ergebnisse. Durch die Absender und Empfänger vieler Nachrichten, wussten sie jetzt, dass die meisten Informationen von einem Wissenschaftler namens John Clemens kamen, der mit den unmenschlichen Bedingungen im Arklay Anwesen nicht einverstanden gewesen war und deswegen Informationen gesammelt hatte, um Umbrella auffliegen zu lassen. Eigentlich hatte er das seiner Freundin – einer gewissen Ada – hinterlassen, doch irgendwie war dann alles in Chris' Besitz gelandet.[/LEFT] [LEFT]Kevin stieß ein anerkennendes Pfeifen aus. »Chris war echt fleißig. Wen würde es da noch wundern, wenn Umbrella ihn echt verschwinden lässt?«[/LEFT] [LEFT]»Dasselbe muss mit Clemens' Freundin geschehen sein«, vermutete Barry. »Sonst hätte sie doch bestimmt alles auffliegen lassen.«[/LEFT] [LEFT]Albert wischte sich mit den Händen über das müde Gesicht. »Damit kommen sie auf jeden Fall nicht länger davon. Wir werden diese Informationen an die Öffentlichkeit bringen.«[/LEFT] [LEFT]»Und wie?«, fragte Brad. Er deutete auf einen der Namen an der Tafel. »Chief Irons steht auch auf der Gehaltsliste. Wir können nicht auf seine Unterstützung hoffen.«[/LEFT] [LEFT]Genau wie in ihrer Erinnerung. Vermutlich hatte Irons bislang nur nichts gegen sie unternommen, weil Umbrella mit einer Ausrede gekommen war – und weil er Albert auf seiner Seite wähnte. Das schien nun aber vorbei zu sein.[/LEFT] [LEFT]»Wir müssen damit an die Presse«, sagte er.[/LEFT] [LEFT]»Die meisten Journalisten trauen sich das nicht mehr«, warf Barry ein und nickte in Richtung der Unterlagen. »Viele wurden eingeschüchtert oder auch bezahlt.«[/LEFT] [LEFT]Sie versanken für einen Moment in Schweigen, doch dann brach Kevin es wieder mit einem triumphierenden Ausruf: »Ich hab's. Ich bin ja oft in J's Bar, um da was zu trinken, das wisst ihr doch, nicht?«[/LEFT] [LEFT]Barry seufzte. »Ja, das wissen wir. Du hast uns auch oft genug eingeladen. Was hat das damit zu tun?«[/LEFT] [LEFT]»Dazu komme ich ja. Jedenfalls ist da auch oft eine Enthüllungsjournalistin zum Schreiben da. Alyssa … irgendwas. Vielleicht hat sie ja Interesse an den Dokumenten.«[/LEFT] [LEFT]»Alyssa Ashcroft?«, hakte Jill nach. »Sie will das bestimmt wissen.«[/LEFT] [LEFT]In ihrer Erinnerung war Alyssa eine der Überlebenden von Raccoon City gewesen – und sie war sehr ehrgeizig gewesen, was die Enthüllung von Umbrellas Machenschaften angegangen war. Wenn man ihr den richtigen Köder hinhielt, machte sie das in dieser Welt bestimmt auch wieder.[/LEFT] [LEFT]Brad und Barry waren sichtlich verwirrt über ihre Bestimmtheit, aber Kevin gefiel offenbar, dass sie seine Idee gut fand. »Okay, dann lasst mich das ruhig regeln.«[/LEFT] [LEFT]»Wir sollten aber keine eindeutige Beweisübergabe durchführen«, gab Albert zu bedenken. »Es spricht vieles dafür, dass wir alle beobachtet werden, selbst wenn es eine reine Sicherheitsmaßnahme von Umbrella ist. Wenn wir das alles einfach übergeben, könnten wir gemeinsam mit Alyssa einfach ausgelöscht oder entführt werden.«[/LEFT] [LEFT]Sie benötigten also ein Alibi-Event, bei dem es keinerlei Verdacht erzeugte, wenn sie mit Alyssa in Kontakt traten. Sicher, eine dritte Person wäre auch eine Möglichkeit gewesen, aber warum unnötigerweise noch jemanden in Gefahr bringen?[/LEFT] [LEFT]Diesmal war es Brad, der eine Antwort wusste: »Enrico, Rebecca und Coen kommen doch morgen wieder, oder?«[/LEFT] [LEFT]Das war für Jill neu. Albert erwiderte ihren Blick. »Bei dem ganzen Stress hab ich es total vergessen, aber ja. Billy Coen ist wieder frei, unter der Voraussetzung, dass er ein Mitglied von S.T.A.R.S. wird, damit er unter Beobachtung bleibt. Wir wollten morgen seinen Einstand feiern.«[/LEFT] [LEFT]»Verbinden wir das doch«, fuhr Brad fort. »Am besten in J's Bar, wenn Alyssa dort regelmäßig hingeht.«[/LEFT] [LEFT]»Und Polizisten gehen dort auch oft trinken«, ergänzte Kevin. »Also würden wir kein Aufsehen erregen, wenn wir sie dort treffen und ihr alles geben.«[/LEFT] [LEFT]Albert ließ sich das durch den Kopf gehen, dann nickte er. »Ich werde Enrico darüber in Kenntnis setzen, dass wir Coens Einstand morgen Abend dort feiern. Kevin, glaubst du, du kannst Alyssa bis dahin erreichen und davon überzeugen?«[/LEFT] [LEFT]Er salutierte spielerisch. »Überlass das nur mir, Boss.«[/LEFT] [LEFT]»Gut. Ansonsten wäre es das für heute. Geht nach Hause und ruht euch aus, ihr habt es euch verdient.«[/LEFT] [LEFT]Die anderen drei stimmten erleichtert zu und begannen ihre Sachen zu packen. Jill wollte dem Beispiel folgen, aber Albert griff an ihre Schulter. »Wo willst du hin?«[/LEFT] [LEFT]»Du hast gesagt, wir sind fertig.«[/LEFT] [LEFT]»Ja, aber du hast selbst gesagt, dass jemand sogar schon versucht hat, dich zu entführen. Und du weißt genauso wie ich, dass sie vermutlich bei dir zu Hause nur auf dich warten.«[/LEFT] [LEFT]Unter anderem deswegen war sie ja tatsächlich hierher gekommen. Aber das wäre ja kein Problem, denn: »Ich bleibe einfach die Nacht über in Bewegung, unter Menschen.«[/LEFT] [LEFT]Doch Albert schüttelte mit dem Kopf. »Kommt nicht in Frage. Du kommst einfach mit mir. Zu zweit können wir besser aufeinander aufpassen – und du schuldest mir noch eine Erklärung.«[/LEFT] [LEFT]Stimmt, eine Hälfte der Geschichte fehlte noch. Die wollte sie ihm natürlich nicht vorenthalten. Außerdem würde sie dann das erste Mal sehen, wie ein Albert Wesker lebte. Bei dem Wesker ihrer Welt wäre sie dem aus rein morbider Neugier nachgegangen, aber bei Albert war es wesentlich ehrlicher und tiefsitzender. Ob die andere Jill mal bei ihm gewesen war?[/LEFT] [LEFT]»Okay, danke.«[/LEFT] [LEFT]Nachdem sie alle ihre Sachen gepackt hatten, ging S.T.A.R.S. gemeinsam in die Tiefgarage. Brad und Kevin beschlossen kurzfristig, lieber auch nicht allein zu bleiben und fuhren zusammen, während Barry mit seinem SUV den Weg nach Hause einschlug.[/LEFT] [LEFT]Schweigend lenkte Albert sein Auto aus der Garage auf die Straße. Jill sah sich eingehend um, damit sie vermeintliche Verfolger entdecken könnte, aber sie konnte nichts Außergewöhnliches erkennen, nur vollkommen normale Fahrzeuge, mit Menschen, die ihren eigenen Leben nachgingen. Wie sehr wünschte sie sich, sie könnte dazu gehören.[/LEFT] [LEFT]Albert entspannte sich erst nach wenigen Minuten ohne ersichtlichen Verfolger. »Vorerst haben wir wohl Glück. Aber verlassen wir uns lieber nicht darauf.«[/LEFT] [LEFT]Sie sah zu ihm hinüber. »Es muss schlimm gewesen sein, zu erkennen, dass Umbrella doch finstere Machenschaften hegt.«[/LEFT] [LEFT]»Na ja … im Nachhinein hätte ich es vielleicht wissen müssen.« Seine Mimik wirkte gequält. »Ich hab dir ja erzählt, dass ich in einem Waisenhaus aufgewachsen bin, das von Umbrella gesponsert wurde. Hin und wieder wurden natürlich Kinder adoptiert, und dann haben wir nie wieder von ihnen gehört.«[/LEFT] [LEFT]Die Schlussfolgerung daraus wollte ihr gar nicht gefallen. »Das heißt ...«[/LEFT] [LEFT]»Offiziell wurde uns gesagt, dass die anderen sich nicht melden würden, um ihre Eingewöhnung in der neuen Familie nicht zu gefährden. Aber bei allem, was ich heute gelesen habe, sieht es eher danach aus, dass man die anderen Kinder als Versuchsobjekte missbraucht hat.«[/LEFT] [LEFT]Seine Schultern sanken kraftlos herab, nachdem er diese Erkenntnis ausgesprochen hatte. Wie viele seiner Freunde waren damals verschwunden? Wie oft hatte er sich verlassen gefühlt, weil er glaubte, man wolle nur nichts mehr mit ihm zu tun haben? Es wunderte sie nicht, dass er dann solch starke Gefühle gegenüber Chris' Verrat oder Jills vermeintlicher Wahl für Chris hegte.[/LEFT] [LEFT]»Ich kann nicht fassen, dass ich auch auf diese Firma reingefallen bin.«[/LEFT] [LEFT]»Das sind wir damals alle. Das meiste schwelte einfach unter der Oberfläche.«[/LEFT] [LEFT]Und wenn der Virus im Arklay-Anwesen nicht ausgetreten wäre, hätte die Welt das vielleicht niemals erfahren. Jedenfalls nicht früh genug, um sich darauf vorzubereiten.[/LEFT] [LEFT]Albert seufzte. »War das bei euch schlimmer?«[/LEFT] [LEFT]»Wirklich schlimm wurde es erst, nachdem Umbrella aufgelöst wurde. Aber eben nicht zuletzt durch Wesker. Er hat Virenproben und Forschungsunterlagen zu anderen Organisationen mitgenommen, die weiter daran forschten.«[/LEFT] [LEFT]»Also ähnlich wie das, was Chris gerade vorgeworfen wird.« Albert war blass geworden. »Aber bei diesem … Wesker war er es wirklich selbst?«[/LEFT] [LEFT]»Auf jeden Fall.«[/LEFT] [LEFT]Sie erzählte ihm von Chris' Begegnung mit Wesker auf Rockfort Island – und dann auch davon, wie sie und Chris auf der Suche nach Spencer unerwartet auf Wesker getroffen waren. »Er hatte Spencer getötet, bevor wir ihn festnehmen konnten, es kam zum Kampf. Und …«[/LEFT] [LEFT]Vor ihrem inneren Auge sah sie wieder, Wesker, der Chris packte und in die Luft hob. Sie spürte die Angst, die Panik, ihren Partner, mit dem sie so viel durchgemacht hatte, sterben sehen zu müssen. Im nächsten Moment preschte sie vor, rammte Wesker – aus dem Augenwinkel stellte sie erleichtert fest, wie er Chris losließ –, dann zerbrach die Welt um sie herum klirrend und sie stürzte dem Wasser entgegen.[/LEFT] [LEFT]Ihre Stimme zitterte mehr als sie wollte, während sie das alles erzählte. Sie sah Albert extra nicht an, blickte lieber aus dem Fenster und ließ die nächtliche Kulisse mit all den vielen Lichtern und den lebenden Menschen vorüberziehen.[/LEFT] [LEFT]»Oh Gott«, hauchte Albert. »Dann bist du so gestorben? Und deswegen irgendwie hier gelandet?«[/LEFT] [LEFT]»Nein. Das war immer noch nicht alles.«[/LEFT] [LEFT]Albert stieß ein Geräusch aus, als hätte sie ihn gerade geohrfeigt.[/LEFT] [LEFT]»Natürlich habe ich den Sturz nicht überlebt, aber Wesker schon, immerhin war er mit einem Virus infiziert, der ihm übermenschliche Kräfte verlieh. Er hat meinen Körper geborgen – und Experimente daran durchgeführt.«[/LEFT] [LEFT]Albert hielt an einer roten Ampel und lehnte die Stirn gegen das Lenkrad. »Geht es noch weiter?«[/LEFT] [LEFT]»Ein bisschen.«[/LEFT] [LEFT]Er stieß ein gequältes Stöhnen aus. Weil er das Verhalten von Wesker nicht guthieß oder weil er so sehr mit ihr litt?[/LEFT] [LEFT]»Wesker wusste nicht, dass ich während meiner Flucht aus Raccoon City mit dem T-Virus infiziert worden war. Jemand hat mich mit einem Impfstoff behandelt, deswegen wurde ich nicht zu einem Zombie.«[/LEFT] [LEFT]Wie es Carlos wohl ging? Gab es hier auch eine U.B.C.S. für die er arbeitete?[/LEFT] [LEFT]»Diese Geschichte wird immer wilder«, bemerkte Albert.[/LEFT] [LEFT]Mit Grauen stellte er fest, dass sie immer noch mehr erzählen konnte. Während er weiterfuhr, berichtete sie ihm von Weskers Faszination über den latenten T-Virus und dessen Antikörper in ihrem Blut, davon, dass Wesker sie unter Drogen setzte, um ihn zu unterstützen, dass sie für ihn Leute infizierte und auch Chris und seine Partnerin Sheva bekämpfen musste.[/LEFT] [LEFT]»Ich war die ganze Zeit bei Bewusstsein, aber ich konnte nichts dagegen tun. Bis die beiden mich gerettet haben.«[/LEFT] [LEFT]»Das ist grausam.« Albert fuhr weiter, den Blick fest auf die Straße gerichtet. »Das ist einfach nur grausam. Warum hat er das getan?«[/LEFT] [LEFT]»Er wollte die Menschheit revolutionieren, indem er alle mit seinem Virus infiziert. Nur die Starken hätten überlebt – und Wesker wäre ihr neuer Gott geworden. So wie es Spencers ursprünglicher Plan war.«[/LEFT] [LEFT]Albert schüttelte mit dem Kopf. »Das ist absoluter Wahnsinn.«[/LEFT] [LEFT]Er klang aufrichtig, nicht so, als müsste er sich vorstellen, wie eine normale Person darauf reagieren würde, damit sie keinen Verdacht schöpfte. Ihre ganze Erzählung ließ ihn sichtlich fassungslos über Weskers Taten zurück. Er wirkte etwas versöhnter, als sie zu der Stelle kam, an der Chris und Sheva den inzwischen mutierten Wesker mit Raketenwerfern zerfetzten.[/LEFT] [LEFT]»Das war vor einigen Jahren. Seitdem sitze ich in einem Labor, in dem erforscht wird, welche Auswirkungen meine erste Infektion und die Experimente bei Wesker auf mich hatten. Ich habe mich furchtbar gelangweilt – und dann bin ich plötzlich hier aufgewacht.«[/LEFT] [LEFT]Es war eine willkommene Abwechslung, aber sie war sich auch im Klaren darüber, dass sie hier nicht bleiben konnte. Obwohl es hier bislang angenehmer war. Aber die andere Jill musste noch irgendwo sein und sie wartete bestimmt nur darauf, wieder zurückzukehren. Oder war sie vielleicht im Labor aufgewacht, wo sie sich nun langweilen musste und sich seltsame Geschichten über einen Wesker anhören durfte, der so gar nicht ihrem Albert entsprach.[/LEFT] [LEFT]»Das ist alles wirklich schwer zu glauben«, sagte er. »Aber wie ich dir schon sagte: wir haben so viele Dinge erlebt, von denen nie jemand geglaubt hätte, dass sie außerhalb eines Horrorfilms geschehen könnten, da fehlt auch nicht mehr viel, dir auch das zu glauben.«[/LEFT] [LEFT]Er lächelte ihr zu. »Außerdem habe ich dir ja schon gesagt, dass ich dir vertrauen will. Ich habe das bei Chris nicht getan, und es hat damit geendet, dass er alles allein schultern musste. Bei dir mache ich diesen Fehler nicht mehr.«[/LEFT] [LEFT]Sein Blick wurde wieder ernst. »Immerhin verstehe ich jetzt, warum du mir gegenüber so misstrauisch bist. Ich würde mich wundern, wenn du es nach dieser Geschichte nicht wärst.«[/LEFT] [LEFT]»Es tut mir einfach nur leid«, erwiderte sie. »Immerhin kannst du nichts dafür, du bist jemand ganz anderes, allein von deinem ganzen Charakter her. Du bist so viel … besser.«[/LEFT] [LEFT]Er lachte auf. »Ich will ja hoffen, dass ich besser bin als ein größenwahnsinniger Mörder.«[/LEFT] [LEFT]Sie musste ebenfalls schmunzeln und entschuldigte sich für diese unglückliche Wortwahl.[/LEFT] [LEFT]Inzwischen waren sie in einer Gegend unterwegs, die Jill kaum kannte. Die mit Stuck verzierten Hausfassaden wirkten unnötig teuer, aber auf jeden Fall alt. Hier war niemand außer ihnen noch unterwegs. Sie konnte sich gut vorstellen, dass der Wesker ihrer Welt auch in so einer Gegend wohnen würde. Vielleicht war zumindest der Geschmack der beiden recht ähnlich.[/LEFT] [LEFT]Albert lenkte den Wagen wieder in eine Tiefgarage, in der nur wenige, dafür aber teure deutsche Autos standen. Es sah nicht danach aus, als hätte man sie verfolgt oder als gäbe es hier jemanden, der sie beobachtete. Das musste nichts bedeuten, aber es beruhigte Jill dennoch.[/LEFT] [LEFT]Albert führte sie zu einem Aufzug, den sie schweigend nach oben nahmen. An seiner Tür angekommen, musste Jill noch einmal schmunzeln. »Willst du mich nicht vorwarnen, dass du nicht aufgeräumt hast?«[/LEFT] [LEFT]Seine Augen blitzten belustigt. »Nach deiner Wohnung solltest du lieber nicht so anspruchsvoll sein. Sonst verlange ich noch, dass du bei dir aufräumst.«[/LEFT] [LEFT]Spöttisch abwehrend hob sie die Hände. »Oh, bloß nicht.«[/LEFT] [LEFT]Schließlich schloss er auf, gab ihr aber mit einer Handbewegung zu verstehen, dass sie leise sein sollte. Er griff nach seiner Waffe, was ihr genug verriet, deswegen folgte sie seinem Beispiel. Ihr Herzschlag hämmerte wieder in ihren Ohren. Sie nahmen auf beiden Seiten der Tür Stellung und nickten sich zu.[/LEFT] [LEFT]Hatte er etwas gehört oder wollte er nur auf Nummer sicher gehen? Wartete wirklich schon jemand? Egal, sie mussten jetzt Profis sein und die Wohnung sichern![/LEFT] [LEFT]Nach einem tiefen Durchatmen, schob Albert die Tür auf und ging mit der Waffe im Anschlag vor. Sie folgte ihm, ließ den Blick in alle Ecken wandern, um seinen blinden Winkel auszugleichen. Der Flur war simpel, nur eine Garderobenstange, an der ein schwarzer Mantel hing, darunter ein Schuhschrank, auf dem eine bunte Schale für seine Schlüssel stand.[/LEFT] [LEFT]Albert sah in das doch recht kleine Bad, nickte ihr dann zu, um zu zeigen, dass es sicher war. Sie wiederum warf einen Blick in die Küche daneben, deren Sauberkeit dafür sprach, dass Albert nicht sehr viel kochte.[/LEFT] [LEFT]Auf ihr Nicken öffnete er die nächste Tür. Diese führte sie in ein schlicht eingerichtetes Wohnzimmer, ein Sofa, ein Sessel, ein niedriger Tisch, ein paar volle Bücherregale, auf einem Sideboard stand das Telefon. Auch hier versteckte sich niemand.[/LEFT] [LEFT]Albert sah durch die andere Tür, die vermutlich ins Schlafzimmer führte, dann senkte er die Waffe und entspannte sich. »Alles sicher.«[/LEFT] [LEFT]Erneut folgte sie seinem Beispiel und steckte ihre Pistole auch wieder ein. »Schöne Wohnung.«[/LEFT] [LEFT]»Danke. Ich bin kaum hier.«[/LEFT] [LEFT]Das erklärte, warum jeglicher persönlicher Touch fehlte. Nirgends gab es Fotos, keine Poster, nicht einmal nur irgendwelche Deko-Gegenstände, die keinen größeren Zweck erfüllten. Sogar die Lampe des Wohnzimmers war einfach nur eine Kugel, die Licht spenden und nicht gut aussehen sollte.[/LEFT] [LEFT]Für einen Moment standen sie sich etwas unbeholfen gegenüber, bis Albert sich räusperte. »Kann ich dir irgendwas anbieten? Wasser? Kaffee? Gin?«[/LEFT] [LEFT]Sie lachte erschöpft. »Nein, danke. Aber falls du was Bequemeres zum Anziehen für mich hast, wäre ich echt glücklich.«[/LEFT] [LEFT]Nach diesem Tag wollte sie eigentlich nur noch aus ihren Sachen raus und am liebsten ein langes, gemütliches Bad nehmen. Letzteres war nicht möglich, aber ersteres dürfte kein Problem sein. Dem stimmte Albert auch direkt zu, indem er sie mit sich winkte und in den anderen Raum ging. Wie erwartet handelte es sich hierbei um ein Schlafzimmer. Neben dem Bett gab es hier auch einen Schrank und sogar einen aufgeräumten Schreibtisch, auf dem sie das erste Mal in dieser Wohnung etwas Persönliches fand: ein Bild der gesamten S.T.A.R.S.–Truppe, eines, auf dem nur sie, Chris und Albert zu sehen waren und auch eines, auf dem ein blonder Junge neben einem ebensolchen Mädchen saß.[/LEFT] [LEFT]Albert kam zu ihr herüber. Jill deutete auf das Foto. »Wer ist das?«[/LEFT] [LEFT]Er runzelte seine Stirn. »Das bin ich – und meine Schwester.«[/LEFT] [LEFT]Jill dachte an ihr Gespräch während des Abendessens zurück. »Hast du nicht gesagt, du hättest keine Verwandten mehr?«[/LEFT] [LEFT]Sie suchte seinen Blick, um zu verhindern, dass er sie einfach anlog. Er wirkte tief verletzt, aber nicht von ihr, sondern von irgendeinem anderen Sachverhalt, den er ihr auch direkt erläuterte: »Ich habe dir vorhin auch erzählt, dass Kinder, die adoptiert wurden, sich nie mehr gemeldet haben. Alex wurde adoptiert, ich nicht. Ich kann sie nicht mehr zu meiner Familie zählen.«[/LEFT] [LEFT]Seine Stimme nahm einen derart traurigen Klang an, dass Jill sofort bereute, ihn danach gefragt zu haben. Wie oft wollte sie ihm eigentlich noch misstrauen, obwohl es keinen Grund dafür gab?[/LEFT] [LEFT]»Es tut mir leid, ich wollte das nicht wieder aufwühlen.«[/LEFT] [LEFT]Er schüttelte mit dem Kopf. »Schon okay. Es ist lange her – und vielleicht wurde sie ja auch nicht adoptiert, sondern als Experiment missbraucht. Es ist nicht ihre Schuld, dass sie sich nicht mehr gemeldet hat.«[/LEFT] [LEFT]Es wurde immer deutlicher, warum Albert sich so sehr von Chris' vermeintlichen Verrat und Jills Wahl für diesen verletzt gefühlt hatte. In seinem ganzen Leben kannte er nichts anderes, und dennoch war da immer Hoffnung, dass es doch besser werden könnte. Sie wollte ihn darin unterstützen, solange sie noch hier war – und die andere Jill übernahm dann hoffentlich für sie, sobald sie zurückkehrte.[/LEFT] [LEFT]Ihm wurde das Thema wohl zu müßig, plötzlich drückte er ihr etwas in den Arm. »Hier, ein älterer Pyjama von mir. Er ist bestimmt trotzdem noch zu groß, aber er sollte reichen.«[/LEFT] [LEFT]Sie bedankte sich und zog sich sofort ins Bad zurück, wo sie sich direkt umzog. Endlich aus den Sachen rauszukommen, war eine unfassbare Wohltat, auch wenn der Pyjama zu groß war. Aber für den restlichen Tag wollte sie ohnehin nur faulenzen und vielleicht bald schlafen gehen.[/LEFT] [LEFT]Nach dem Umziehen klatschte sie sich noch einmal Wasser ins Gesicht, dann lehnte sie sich vor, um zum wiederholten Mal nach Anzeichen einer Infektion zu suchen. Natürlich war da immer noch nichts.[/LEFT] [LEFT]Dabei dachte sie wieder an dieses kleine Mädchen von dem Bild, das möglicherweise als Versuchsobjekt für Umbrella geendet hatte. War ihr Opfer dafür benutzt worden, um das T-Virus zu vervollkommnen? Forschten sie noch an anderen Viren? Was auch immer es im Endeffekt nun gewesen war, Alex Wesker hatte ein unschönes Opfer erbringen müssen.[/LEFT] [LEFT]Jill erstarrte, ihre Augen weiteten sich. Alex Wesker … Alex W.![/LEFT] [LEFT]Krampfhaft versuchte sie sich in Erinnerung zu rufen, was Barry ihr erzählt hatte. In ihrer Welt waren er, seine Tochter Moira und Claire auf einer Insel auf Alex Wesker getroffen, wo sie, in Spencers Auftrag, Forschungen zur Unsterblichkeit durchgeführt hatte. Dabei war das T-Phobos-Virus entstanden – und ein unmenschliches Experiment, dem alle Bewohner dieser Insel zum Opfer gefallen waren.[/LEFT] [LEFT]War Alex W. wirklich Alex Wesker und arbeitete hier für Umbrella? Sollte sie Albert davon erzählen? Nein, bevor sie sich nicht sicher war, würde sie ihm gar nichts sagen. Sie wollte nicht schon wieder dafür verantwortlich sein, dass er sich Hoffnungen machte, nur um am Ende enttäuscht zu werden. Wenn es wichtig wurde, könnte er es von jemand anderem erfahren.[/LEFT] [LEFT]Mit diesem Entschluss atmete sie noch einmal durch, ehe sie das Bad verließ und ins Wohnzimmer zurückkehrte. Albert legte gerade das Mobilteil seines Telefons in die Station.[/LEFT] [LEFT]»Ich hab Enrico Bescheid gesagt, dass wir morgen in J's Bar feiern«, sagte er, noch ohne sich ihr zuzuwenden. »Sicherheitshalber hab ich ihm aber nichts von den Beweisen-«[/LEFT] [LEFT]Kaum musterte er sie genauer, verstummte er abrupt. Jill griff sich unwillkürlich an die Oberlippe, aber diesmal blutete sie nicht. »Stimmt was nicht?«[/LEFT] [LEFT]Er schüttelte rasch mit dem Kopf. »Nein, nein, ich war nur … ich hab dich noch nie in einem Pyjama gesehen, das ist doch schon etwas anders als deine übliche Kleidung.«[/LEFT] [LEFT]»Hoffe ich doch«, meinte sie schmunzelnd.[/LEFT] [LEFT]Dass ihr Anblick ihn derart durcheinanderbrachte, hätte die andere Jill vielleicht sogar gefreut. Ihr selbst tat es nur ein weiteres Mal leid, dass sie eben nicht die andere war.[/LEFT] [LEFT]»Dann treffen wir Enrico also morgen in der Bar?«, lenkte sie das Thema wieder auf etwas Unverfänglicheres.[/LEFT] [LEFT]»Ja, genau.« Er räusperte sich. »Sie wissen jetzt nichts von den Beweisen, weil ich sie erst einmal nicht in Gefahr bringen wollte.«[/LEFT] [LEFT]Vielleicht war es auch besser, wenn nicht zu viele Leute davon wussten. Kevin war fast schon genug, wenn sie bedachte, dass er normalerweise viel zu viel redete. In dieser wichtigen Sache konnte er hoffentlich auch mal still sein.[/LEFT] [LEFT]»Gute Entscheidung.« Jill betrachtete die Bücherregale genauer, in denen hauptsächlich Autoren standen, die ihr nichts sagten oder an die sich entfernt aus dem Highschool-Unterricht erinnern konnte. »Hast du die alle gelesen?«[/LEFT] [LEFT]»Nicht wirklich. Wie gesagt, ich verbringe hier nicht sehr viel Zeit. Aber die Leute haben immer das Bedürfnis, mir irgendwelche Klassiker zu schenken.«[/LEFT] [LEFT]Jill setzte sich auf das Sofa. »Dabei sieht doch jeder, dass du eigentlich einen Fernseher bräuchtest. Wie willst du denn sonst Saturday Night Live sehen?«[/LEFT] [LEFT]Albert nahm lächelnd neben ihr Platz. »Bislang habe ich da nichts vermisst.«[/LEFT] [LEFT]»Weil du es noch nie gesehen hast.« Sie zog ihre Beine an, um es ein bisschen bequemer zu haben und beugte sich zu ihm. »Okay, pass auf, ich erzähl dir ein paar Sketche.«[/LEFT] [LEFT]»Aus deiner Welt?«, fragte er belustigt.[/LEFT] [LEFT]»Oh, du musst eben damit leben, dass sie nicht zwingend die Zukunft vorhersagen. Also …«[/LEFT] [LEFT]Damit begann sie ihm ein paar der Sketche nachzuspielen, wenngleich nicht immer vollkommen korrekt. Aber er störte sich nicht daran, genauso wenig wie sie. So saßen sie einfach nur leise lachend zusammen, während sie weiterhin jeglichen Gedanken an Alex Wesker von sich schob, um diese Zeit einfach zu genießen.[/LEFT] Kapitel 9: Wir verlassen uns auf Sie ------------------------------------ [LEFT]Jill verbrachte die Nacht und auch den nächsten Tag gemeinsam mit Albert. Anlässlich des Barbesuchs am Abend nahm er sie sogar zum Einkaufen mit, damit sie frische Kleidung hätte. Ein Besuch in ihrem Apartment, um dort etwas zum Anziehen zu besorgen, war undenkbar, da man dort mit Sicherheit noch auf sie wartete.[/LEFT] [LEFT]Er hatte den anderen auch Bescheid gesagt, dass heute niemand ins Büro kommen sollte. Stattdessen hielt er es für angebracht, dass sie sich ausruhten, besonders nachdem sie am Abend zuvor so lange bei der Arbeit gewesen waren.[/LEFT] [LEFT]Den ganzen Tag mit Albert zu verbringen, war interessant. Er erzählte ihr von seiner kurzen Zeit auf dem College, wo er Chemie studierte, nur um dann doch noch zum Militär zu gehen – wo er Chris kennenlernte – und danach zum R.P.D., wo er schon nach kurzer Zeit zum Kommandant der neu gegründeten S.T.A.R.S. ernannt wurde. Sie lauschte ihm aufmerksam und stellte dabei fest, dass sein Lebenslauf sich sehr von dem Wesker in ihrer Welt unterschied. Nach allem, was sie inzwischen über ihn wusste, konnte sie ihm nicht mehr misstrauen, und sie verstand, warum die andere Jill ein solches Interesse an ihm hegte. Sie ertappte sich wieder bei der Überlegung, ob sie überhaupt zurückkehren wollte, falls sie je einen Weg fand. Sobald sie Chris gerettet hätten und Umbrella aufgeflogen war, wäre hier alles perfekt. Aber das hier war die Welt der anderen Jill, sie konnte nicht einfach hierbleiben – und außerdem vermisste sie ihren Chris und machte sich Sorgen um ihn. Bevor sie hier gelandet war, hatte er eine schwere Zeit durchgemacht. Wäre die andere Jill, sofern sie nun dort war, in der Lage, ihn zu unterstützen? Genau wegen so etwas müsste sie irgendwann zurückkehren. Bis dahin wollte sie die Zeit hier aber weiter genießen.[/LEFT] [LEFT]Am Abend fanden sie sich schließlich in J's Bar ein. Jill erinnerte sich, dass sie in ihrer Welt auch ein- oder zweimal hier getrunken hatte, deswegen erkannte sie den Barkeeper Will, genau wie die Kellnerin Cindy. Was war aus den beiden in ihrer Welt geworden? Bestimmt hatten sie entweder den Ausbruch oder die Säuberung nicht überlebt, umso schöner, dass es ihnen hier gut zu gehen schien.[/LEFT] [LEFT]Außer dem Alpha-Team der S.T.A.R.S. und den Angestellten waren nicht viele andere Leute da. Genau genommen entdeckte Jill nur eine andere Frau, die in einer Ecke saß und in einem Buch las. Sie sah nicht gefährlich aus, also kümmerte sie sich nicht weiter um diese.[/LEFT] [LEFT]Der an der Wand befestigte Fernseher zeigte laufend Sportergebnisse, sowie Highlights eines Spiels einer örtlichen Footballmannschaft. Es gab der Szenerie eine derart vertraute Normalität, dass sie selbst kaum glauben konnte, in welche Bahnen ihr Leben gerutscht war.[/LEFT] [LEFT]»Es lief also alles gut«, endete Kevin gerade seine Erzählung, wie er mit Wills Hilfe Alyssa kontaktiert hatte. »Sie kommt in etwa einer Viertelstunde.«[/LEFT] [LEFT]»Und bei keinem von euch hat Umbrella gewartet?«, fragte Jill, was sie eigentlich mehr interessierte. »Ihr seid alle sicher?«[/LEFT] [LEFT]Ihr Blick war besonders auf Barry gerichtet, dessen Familie von Wesker genutzt worden war, um ihn zu erpressen. In ihrer Erinnerung war er ihr stets ausgewichen, sobald das Thema auch nur annähernd darauf gekommen war, aber hier erwiderte er ihren Blick fest. »Bei uns war alles friedlich. Kathy sagte, es wäre nichts Außergewöhnliches passiert.«[/LEFT] [LEFT]Vielleicht hatte man es dann nur auf sie abgesehen. Oder es aufgegeben, etwas zu unternehmen, weil man sich bewusst war, dass die Beweise nun im Umlauf waren. Aber Umbrella gab nicht so einfach auf, das lag nicht in der Natur dieser Firma.[/LEFT] [LEFT]Als sich die Tür öffnete, hob Jill den Blick, ein Lächeln breitete sich auf ihrem Gesicht aus. Enrico kam herein, lebendig und selbst am Lächeln. Es war so lange her, dass sie ihn zuletzt gesehen hatte, dass ihr die Tränen in die Augen schossen. Wieder wurde ihr bewusst, wie sehr sie all ihre Kollegen von damals noch immer vermisste. Es war ungerecht, dass sie hatten sterben müssen.[/LEFT] [LEFT]Rebecca und Billy folgten Enrico direkt, Barry, Brad und Kevin gingen auf sie zu, um sie zu begrüßen. Jill nutzte die Gelegenheit, sich die Tränen wegzuwischen. Albert legte ihr eine Hand auf die Schulter, als er an ihr vorbeiging, um sich der Begrüßung anzuschließen und flüsterte ihr noch etwas zu: »Ganz ruhig. Denk daran, keinen Verdacht zu erregen.«[/LEFT] [LEFT]Sie nickte und blieb sitzen, um sich zu beruhigen. Enrico war wesentlich aufmerksamer als die anderen, er würde sofort bemerken, wenn etwas mit ihr nicht stimmte, und sie wollte ihm nicht auch alles erklären, immerhin würde er ihre Geschichte vermutlich nicht glauben.[/LEFT] [LEFT]»Jill«, sagte Enrico erfreut, als er an den Tisch kam. »Wie geht es dir? Ich hab von deiner Kopfverletzung gehört.«[/LEFT] [LEFT]Sie klopfte sich sacht gegen ihre Stirn. »Alles gut. Du weißt doch, meinen Dickschädel kriegt nichts klein.«[/LEFT] [LEFT]Enrico lachte, dann winkte er jemanden zu sich. »Jill, ich glaube, du kennst unseren neuen Kollegen noch nicht wirklich. Das ist Billy Coen.«[/LEFT] [LEFT]Billy war ein groß gewachsener, durchtrainierter Mann, wie man es von einem Marine erwartete, das schulterlange schwarze Haar hatte er zurückgekämmt. Seine Mundwinkel zuckten kaum merklich, als Jill sich ihm vorstellte.[/LEFT] [LEFT]»Ich erinnere mich«, sagte er mit einer rauchigen dunklen Stimme. »Wir haben uns kurz im Anwesen getroffen. Aber wir hatten nicht viel Zeit zum Reden.«[/LEFT] [LEFT]»Das wird sich dann jetzt wohl ändern«, vermutete Jill.[/LEFT] [LEFT]Billy reagierte darauf nur mit einem angedeuteten Nicken, dann wanderte sein Blick rüber zu Rebecca, die gerade ein von Kevin angebotenes Glas Whisky ablehnte. »Ich denke, ich stelle mich dem Kollegen auch mal vor.«[/LEFT] [LEFT]Damit ging er bereits hinüber. Kevin reagierte sofort auf Billys Anwesenheit und bot nun ihm das Glas an, was Billy mit einem Kopfschütteln quittierte. Dabei stand er auffällig nah bei Rebecca. Das fiel auch Enrico auf: »Ich glaube, er hat eine Art Beschützerinstinkt für Rebecca entwickelt. Hoffentlich wird das nicht zum Problem werden.«[/LEFT] [LEFT]»Das glaube ich nicht.« Sie vermutete eher, dass es wie bei ihr und Chris werden würde, dass sie sich gegenseitig mit aller Macht unterstützten und dafür sogar gegebenenfalls ihr Leben opfern; vielleicht betrachtete Enrico aber ja genau das als Problem. »Sie werden bestimmt ein gutes Team abgeben.«[/LEFT] [LEFT]»Das denke ich auch«, sagte Albert, der sich wieder an den Tisch setzte. »Ein wenig frisches Blut, das mit einer solchen Einstellung dazukommt, tut dem Team echt gut. Allgemein möchte ich gern einige Dinge bei den S.T.A.R.S. ändern. Darüber wollte ich mit dir dann auch noch reden, Enrico, aber das hat noch Zeit.«[/LEFT] [LEFT]Enrico lächelte gequält. »Wir haben so viele Mitglieder verloren, da müssen wir was ändern, ob wir wollen oder nicht.«[/LEFT] [LEFT]Als Vizekommandant von S.T.A.R.S. war es natürlich auch Enricos Aufgabe, wenn etwas in der Gruppe geändert werden sollte. Jill fragte sich nur, worin diese Überlegungen bestanden; vielleicht ging es um die Bedingungen für eine Aufnahme. Wenn nun sogar Kevin Mitglied werden konnte, obwohl er so oft durch die Prüfung gefallen war …[/LEFT] [LEFT]Barry und Brad, die noch am Eingang gestanden und aus dem Fenster gesehen hatten, kehrten ebenfalls an den Tisch zurück und nickten Albert kaum merklich zu. Jill hätte dem nicht mal Bedeutung beigemessen, wenn Enrico nicht die Stirn gerunzelt hätte.[/LEFT] [LEFT]»Stimmt etwas nicht?«, fragte er. »Ihr wirkt irgendwie angespannt.«[/LEFT] [LEFT]Barry hustete ein wenig zu auffällig, während Brad nur den Blick abwandte. Albert blieb immerhin gelassen: »Der Einsatz, den wir gegen Chris führen mussten, hat uns etwas paranoid zurückgelassen.«[/LEFT] [LEFT]»Ich hab den Bericht gelesen, den du geschickt hast. Tut mir leid, dass ich nicht dabei sein konnte.« Er sah wieder Jill an. »Dann wärst du vielleicht nicht verletzt worden.«[/LEFT] [LEFT]»Oh, da wäre ich mir nicht so sicher«, erwiderte sie schmunzelnd. »Ich war einfach unvorsichtig.«[/LEFT] [LEFT]»Darüber haben wir auch schon miteinander gesprochen.« Albert sah sie eindrücklich an. »Nächstes Mal keine Alleingänge mehr.«[/LEFT] [LEFT]Sie nickte ihm zu, damit auch Enrico sah, dass sie dieses Thema ernst nahm.[/LEFT] [LEFT]Rebecca, Billy und Kevin kamen ebenfalls zum Tisch. Während die beiden Männer sich setzten (Kevin hielt dabei auffallend viel Abstand zu dem anderen), begrüßte Rebecca sie auch noch und musterte sie eingehend. Jill musste ihr erst mehrmals versichern, dass alles in Ordnung war und dass sie auch keine Schmerzen mehr spürte, bevor Rebecca ihr glaubte und sich neben Billy setzte.[/LEFT] [LEFT]»Wie waren denn die Verhandlungen?«, fragte Jill, um endlich von sich abzulenken.[/LEFT] [LEFT]»Über das meiste dürfen wir gar nicht reden«, erklärte Rebecca. »Aber sie waren auf jeden Fall anstrengend. Ich habe das Gefühl, der Staat weiß jetzt mehr über mich als ich selbst.«[/LEFT] [LEFT]»Ich hab euch nicht gezwungen, mir zu helfen«, verteidigte Billy sich. »Ich will ja nicht sagen, dass ich nicht dankbar bin, aber beschwert euch nicht bei mir.«[/LEFT] [LEFT]Enrico und Rebecca lachten über diese Aussage nur, was Jill verriet, dass sie so ähnliche Unterhaltungen schon ein paarmal geführt haben mussten, seit sie zusammen unterwegs waren.[/LEFT] [LEFT]Das Gespräch wurde noch einmal unterbrochen, als Cindy dazukam, um ihre Bestellungen aufzunehmen. Albert versicherte, dass er zumindest die erste Runde übernähme, was zumindest bei Kevin auf Freude stieß. Er erging sich auch direkt wieder in eine Erklärung, welcher Drink hier am besten schmeckte, besonders wenn er von Will gemixt wurde. Barry schüttelte nur wieder mit dem Kopf, Brad lächelte nachsichtig.[/LEFT] [LEFT]Als Cindy sie nach der aufgenommenen Bestellung wieder verließ, wurde die Tür noch einmal geöffnet. Eine ernst aussehende blonde Frau betrat die Bar. Ohne sich groß umzusehen, setzte sie sich neben die Tür und klappte einen Laptop auf ihrem Tisch auf, um sich daran in Arbeit zu vertiefen. Selbst ohne Kevins Hinweis wusste sie, dass diese Frau Alyssa Ashcroft sein musste. Der Plan sah vor, die Beweise nicht direkt zu übergeben, um eventuelle Beobachter nicht direkt auf ihre Fährte zu locken. Jill musste also noch warten.[/LEFT] [LEFT]Kevin hatte inzwischen das Thema gewechselt und redete über all die Dart-Spiele, die er in dieser Bar hinter sich gebracht hatte, natürlich mit sich selbst stets als dem Sieger. Aus dem Augenwinkel sah Jill, wie Will darauf ein Kopfschütteln andeutete, sich aber nicht in den Monolog einmischte.[/LEFT] [LEFT]Billy runzelte die Stirn. »Ich seh schon, wie das ist. Du bist derjenige in der Truppe, der gern redet, was?«[/LEFT] [LEFT]»Ist dagegen was einzuwenden?«, erwiderte Kevin angespannt.[/LEFT] [LEFT]Albert machte sich bereit einzugreifen, doch Billy entschärfte die Situation bereits, indem er antwortete: »Nein. Ich wollte nur feststellen, dass es immer jemanden gibt, der viel redet. Keine Wertung.«[/LEFT] [LEFT]Kevin ließ sich das durch den Kopf gehen. Aber erst nachdem von Barry ein »Er hat doch recht« kam, zeigte er sich einsichtig: »Ich rede wirklich ziemlich viel, ja. Das sagen meine Freunde auch oft.«[/LEFT] [LEFT]Billy schmunzelte. »Dann wissen wir jetzt Bescheid.«[/LEFT] [LEFT]Er sah kurz zwischen Kevin und Rebecca hin und her, was Jill verriet, warum Billy diese Feststellung unbedingt in der Runde hatte aussprechen müssen.[/LEFT] [LEFT]Cindy brachte ihnen die Getränke, stellte lächelnd sicher, dass sie alles hatten und ging dann zu Alyssa hinüber. Albert ergriff sein Glas und erhob sich. »Da wir alle zusammen sind, möchte ich diese Gelegenheit nutzen, um einen Toast auszusprechen.«[/LEFT] [LEFT]Billy warf einen Blick umher, die anderen sahen Albert aber gespannt an, deswegen legte er wohl keinen Widerspruch ein.[/LEFT] [LEFT]»Wir haben bei S.T.A.R.S. schmerzhafte Verluste erlitten. Einige unserer Freunde sind im Zuge ihres Dienstes gefallen, einer von uns gilt als Landesverräter. Aber das wird uns nicht davon abhalten, weiter die Stadt zu beschützen. Wir haben Kevin bei uns aufgenommen, der sich in unsere Gruppe integrieren konnte.«[/LEFT] [LEFT]Kevin tippte sich grinsend mit zwei Fingern an die Stirn, wie ein Salut. Albert quittierte das mit einem kurzen Heben des Glases in seine Richtung, dann fuhr er fort: »Und heute heißen wir ein neues Mitglied willkommen, einen Mann, der uns bereits bei einer Mission unter die Arme gegriffen hat, obwohl er jeden Grund gehabt hätte, uns einfach allein zu lassen.«[/LEFT] [LEFT]Billy zog seine Mundwinkel ein wenig hoch, er sah wieder Rebecca an, die seinen Blick lächelnd erwiderte. Entweder war es sein Beschützerinstinkt für sie gewesen oder er hatte eine gewisse Zuneigung zu ihr entwickelt.[/LEFT] [LEFT]»Wir legen viel Wert auf die Erfüllung unserer Pflicht, deswegen setzte ich mich dafür ein, ihn zu uns kommen zu lassen. Aber auch Kameradschaft ist wichtig. Und Ehrlichkeit.« Albert fixierte Jill mit seinem Blick, den sie stoisch erwiderte.[/LEFT] [LEFT]Sie war ihm gegenüber offen und ehrlich gewesen, er hoffentlich auch. Deswegen sah sie keine Drohung darin, sondern nur eine Aufforderung weiter ehrlich zu bleiben.[/LEFT] [LEFT]»Heute begrüßen wir Billy Coen als unser neuestes Mitglied.« Albert hob das Glas. »Willkommen bei S.T.A.R.S., Billy.«[/LEFT] [LEFT]Die anderen folgten dem Beispiel und hoben ihre Gläser. »Hört, hört.«[/LEFT] [LEFT]Nachdem sie alle mindestens einen Schluck genommen hatten, setzte Albert sich wieder. Kevin übernahm sofort das Gespräch: »Okay, ich bin bereit, mal weniger zu sprechen, wenn ihr uns erzählt, wie ihr euch eigentlich getroffen habt.«[/LEFT] [LEFT]Billy nickte Rebecca zu, worauf sie das übernahm: »Nachdem das Bravo-Team sich im Wald getrennt hat, bin ich über einige Leichen gestolpert. Und da war auch Billy. Ich wollte ihn festnehmen, aber er hat mich einfach ignoriert.« Sie schnaubte empört. »Dabei hab ich ihm gesagt, dass ich schießen könnte!«[/LEFT] [LEFT]Er lachte. »Du hast nicht mal deine Waffe gezogen.«[/LEFT] [LEFT]»Aber ich hätte schießen können!«[/LEFT] [LEFT]Ihre Augen funkelten amüsiert, er lächelte. Dieser Austausch war für beide einfach nur eine kleine lustige Angelegenheit, deswegen wurde es auch für alle anderen nicht unangenehm. Die Beziehung der beiden war jetzt schon an einem Punkt, an dem sie zu sehr guten Partnern werden würden.[/LEFT] [LEFT]»Wenn du geschossen hättest«, fuhr Billy fort, »hättest du mich auch versorgen können, du bist doch immerhin Ärztin.«[/LEFT] [LEFT]Spielerisch stieß sie ihm mit der Faust gegen den Arm. Auch die anderen schienen von dieser Darstellung an Zuneigung ergriffen zu sein, sie lächelten alle. Für einen Moment kam es Jill so vor, als wäre alles Schlechte, das sie in der letzten Zeit erlebt hatten, vergessen.[/LEFT] [LEFT]Eine Bewegung von Alyssa riss Jill aus diesem Augenblick heraus. Die Journalistin war aufgestanden und schritt in Richtung der Toilette, sie sah nicht einmal zu ihnen; sie wirkte wie ein echter Profi.[/LEFT] [LEFT]Jill nahm noch einen Schluck, dann stand sie ebenfalls auf, schnappte sich die Tasche, in der sie die Beweise verwahrten und folgte Alyssa. Die anderen achteten nicht wirklich auf sie, da Rebecca bereits zum Besten gab, wie Billy sie vor einer riesigen Schlange im Anwesen gerettet hatte, was er damit konterte, dass er wieder im Gefängnis säße, wenn er das nicht getan hätte.[/LEFT] [LEFT]Jill betrat die Damentoilette und schloss die Tür hinter sich, worauf die Gespräche ihrer Kollegen leiser wurden. Alyssa stand bereits hier, lehnte mit der Hüfte gegen das Waschbecken und betrachtete ihre Fingernägel. Sie nickte in Richtung der Kabinen. »Es ist niemand da, ich habe das schon überprüft. Haben Sie die Unterlagen?«[/LEFT] [LEFT]Alyssa warf sofort einen Blick in die Tasche, die Jill ihr reichte. Ihr Gesicht war dabei so ernst, ihre Kieferknochen angespannt, als hätte sie nur auf eine solche Gelegenheit gewartet. Sie überflog die Dokumente und die Kopien von Chris' Notizbuch, dabei bewegten sich ihre Lippen manchmal. Mit jeder Sekunde, die verstrich, wurde Jill nervöser. Taugten die Beweise, die Chris für sie zusammengetragen hatte, vielleicht doch nichts? Entpuppte sich am Ende alles als Hirngespinst?[/LEFT] [LEFT]Plötzlich stieß Alyssa ein Seufzen aus, das Jills Mut noch weiter sinken ließ. »Stimmt etwas nicht?«[/LEFT] [LEFT]Die Journalistin sah sie kurz verwirrt an, als hätte sie ganz vergessen, dass sie gar nicht allein war. »Nein, alles ist perfekt. Diese Unterlagen sind Gold wert! Ich versuche Umbrella seit Jahren etwas nachzuweisen und das sind endlich die konkreten Beweise, die ich dafür benötige!«[/LEFT] [LEFT]Wie in ihrer Welt war Umbrella einfach gut darin, alles unter den Teppich zu kehren und die nötigen Leute zu bestechen. Alyssa konnte sich glücklich schätzen, noch am Leben zu sein.[/LEFT] [LEFT]»Ich werde mich gut um die Unterlagen kümmern«, versprach sie und packte alles wieder in die Tasche zurück. »Mal sehen, ob sie sich hier auch rausreden können.«[/LEFT] [LEFT]»Wir verlassen uns auf Sie.«[/LEFT] [LEFT]Eine der Kopien hatte Albert auf jeden Fall auch seinem Anwalt zukommen lassen, für den Fall, dass ihnen etwas zustieße. Hoffentlich würde das nicht eintreten.[/LEFT] [LEFT]Alyssa nickte ihr zu. »Ich gehe dann zuerst wieder raus. Warten Sie einen Moment. Bislang glaube ich nicht, dass wir beobachtet werden, aber …«[/LEFT] [LEFT]»Sicher ist sicher«, stimmte Jill zu, besonders wenn sie an gestern zurückdachte, als ihre Verfolger plötzlich aufgetaucht waren.[/LEFT] [LEFT]Alyssa ließ sie allein zurück, vor einem Spiegel, der ihr immer noch keine Infektion zeigte. Dafür fiel ihr auf, dass ihre Augenringe zurückgegangen und kaum noch sichtbar waren. Sie musste aber auch zugeben, dass sie bei Albert letzte Nacht gut geschlafen hatte. Vielleicht lag das an seinem bequemen Bett oder der Sicherheit, die er vermittelte. Dass die andere Jill ihn so sehr mochte, wunderte sie weiterhin nicht.[/LEFT] [LEFT]Schließlich verließ sie auch die Toilette und kehrte zu den S.T.A.R.S. zurück. Inzwischen erzählte Billy mit seiner angenehm rauchigen Stimme von dem Moment, in dem er beschlossen hatte, Rebecca zu begleiten – im Großen und Ganzen lief es darauf hinaus, dass er genau wie sie in diesem Wald festgesteckt hatte.[/LEFT] [LEFT]»Alles gut gegangen?«, fragte Albert flüsternd, als sie sich neben ihn setzte.[/LEFT] [LEFT]Jill nickte. Sie sah zu Alyssa hinüber, die mit Feuereifer an etwas tippte. Die Tasche lag sicher verstaut auf ihrem Schoß, wie ein Schatz, den es zu hüten galt. In der Ecke saß währenddessen immer noch die lesende Frau, über die Will leise zu Cindy wisperte, wie sie an den Blicken der beiden bemerkte. Cindy zuckte mit den Schultern und erwiderte etwas, das nicht zu hören war.[/LEFT] [LEFT]»Ich habe das erste Mal einen Zombie gesehen«, verteidigte Rebecca sich gerade gegen Billys Aussage, wie sie vor Furcht erstarrt sei. »Im Medizinstudium sind die Toten wenigstens tot geblieben und nicht wieder aufgestanden.«[/LEFT] [LEFT]»Also ich hab immer noch keine gesehen«, meinte Kevin. »Ist das wirklich so eine große Sache?«[/LEFT] [LEFT]Jill antwortete ohne nachzudenken: »Das Schlimmste ist der Geruch. An den Anblick und die Geräusche gewöhnt man sich, aber den Geruch vergisst man nie.«[/LEFT] [LEFT]Erst als die anderen sie alle fragend ansahen, bemerkte sie, dass sie zu viel geredet hatte. Sie lachte ein wenig, um den Verdacht zu zerstreuen. »So stelle ich mir das jedenfalls vor. Ich meine … sie riechen schon ganz schön streng, oder?«[/LEFT] [LEFT]Barry und Rebecca wirkten über diese Antwort zufrieden, genau wie Kevin, der verstehend nickte. Lediglich Enrico und Billy war noch anzusehen, dass sie ihr diese Erklärung nicht glaubten. Brad selbst hatte keinen Zombie getroffen, deswegen schien er sich nicht sicher zu sein, was er denken sollte. Albert nahm lieber noch einen Schluck, statt es zu kommentieren.[/LEFT] [LEFT]Glücklicherweise half ihr in diesem Moment die Tür aus, die wieder geöffnet wurde. Jill sah eigentlich nur hin, um den Blicken von Enrico und Billy zu entgehen – aber als sie die andere Person erkannte, erhob sie sich sofort von ihrem Stuhl und ging ungläubig auf sie zu. »Claire?«[/LEFT] [LEFT]Claire, die bislang ein wenig unschlüssig dagestanden hatte, lächelte sie sofort an. »Jill, ich hab deine Nachricht bekommen. Hast du gefunden, was wir gesucht haben?«[/LEFT] [LEFT]Jill stutzte. »Welche Nachricht?«[/LEFT] [LEFT]»Na, die, die du an der Rezeption hinterlassen hast. Dass ich herkommen soll, damit wir darüber reden können.«[/LEFT] [LEFT]»Nein, ich ...«[/LEFT] [LEFT]Für einen furchtbaren Moment war da wieder dieses Misstrauen. Hatte Albert Claire hierher gelockt? Selbst wenn, vielleicht war es dann nicht mal in böser Absicht gewesen, sondern nur weil er wollte, dass sie mit ihnen feierte. Doch als er ebenfalls dazukam, die Stirn gerunzelt, wusste sie, dass er genauso ratlos war wie sie. »Alles okay, Jill?«[/LEFT] [LEFT]Bevor sie antworten konnte, hörte sie Brads Stimme hinter sich. »Jill, da, im Fernsehen! Das ist doch dein Apartmentblock!«[/LEFT] [LEFT]Ihr Blick schnellte zum Fernseher hinüber, wo die Sportergebnisse für eine Sondersendung unterbrochen worden waren. Hinter der Reporterin und der Feuerwehr, die mitten im Einsatz war, erkannte sie wirklich das Haus, in dem sie lebte – obwohl es gerade in Flammen stand.[/LEFT] [LEFT]»... berichten wir nun live von dem Feuer, das dieses Apartmentgebäude hinter mir in seinen Klauen hält. Bei uns ist Marvin Branagh, vom R.P.D., der uns mehr dazu sagen kann.«[/LEFT] [LEFT]Die Kamera zoomte aus dem Bild heraus, so dass nun auch Marvin zu sehen war, der wenig begeistert von dieser Live-Reportage schien.[/LEFT] [LEFT]»Mr. Branagh«, sagte die Reporterin, »wie kam es zu diesem Brand?«[/LEFT] [LEFT]»Im Moment können wir nur Mutmaßungen anstellen«, antwortete er betont distanziert. »Die Feuerwehr ist noch mit dem Löschen beschäftigt und kann deswegen noch keine Auskunft dazu geben.«[/LEFT] [LEFT]»Stimmt es, dass das Feuer seinen Ursprung in der Wohnung von Jill Valentine hat?«[/LEFT] [LEFT]Jills Herz setzte für einen Schlag aus. War das ein auf sie gezielter Angriff gewesen? Oder hatte man den Brand bewusst in ihrer leeren Wohnung gelegt?[/LEFT] [LEFT]Marvin zog die Brauen zusammen. »Das ist richtig.«[/LEFT] [LEFT]»Und trifft es auch zu, dass Jill Valentine die frühere Partnerin des gesuchten Bio-Terroristen Chris Redfield ist? Zeugen sagen aus, dass sie sich mit Redfields Schwester getroffen haben soll.«[/LEFT] [LEFT]Jill und Claire tauschten einen erschrockenen Blick miteinander. Enrico verlangte derweil zu wissen, was hier los sei, aber keiner von ihnen antwortete darauf.[/LEFT] [LEFT]Marvin presste die Lippen aufeinander, bis sie ein dünner Strich waren.[/LEFT] [LEFT]»Dürfen wir davon ausgehen, dass Jill Valentine damit ebenfalls zu den Bio-Terroristen gezählt werden muss? Hat sie das Feuer absichtlich gelegt, um ihre Spuren zu verwischen? Und was bedeutet das für die Eliteeinheit S.T.A.R.S.?«[/LEFT] [LEFT]Marvin schüttelte mit dem Kopf und wandte sich ab. »Das Interview ist beendet!«[/LEFT] [LEFT]Die Reporterin bedeutete dem Kameramann, ihm weiter zu folgen – doch im selben Moment wurde die ganze Bar in Dunkelheit getaucht. Cindy stieß einen erschrocken Laut aus, ein Glas zersprang auf dem Boden.[/LEFT] [LEFT]»Der Strom …!«, entfuhr es Will.[/LEFT] [LEFT]Jill versuchte noch, sich zu fangen und zu entscheiden, was nun zu tun war, da flammten grelle Scheinwerfer auf, die von der Straße direkt durch das große Fenster in die Bar leuchteten. Die plötzliche Helligkeit blendete sie, so dass sie die Augen zusammenkneifen musste. Aber natürlich konnte sie so nichts erkennen.[/LEFT] [LEFT]»Was ist da draußen los?«, hörte sie Alyssas Stimme.[/LEFT] [LEFT]Mit einem ekelhaft schrillen Kreischen sprang ein Megafon an: »Hier spricht der Umbrella Biohazard Countermeasure Service!«[/LEFT] [LEFT]U.B.C.S.? Er existierte also auch hier! War Carlos auch dabei? Aber was wollten sie?[/LEFT] [LEFT]»In dieser Bar befindet sich eine Person, die mit einer neuartigen Krankheit infiziert ist, die wir eindämmen müssen. Bitte bewahren Sie Ruhe!«[/LEFT] [LEFT]Eine infizierte Person?! Sollte das ein Witz sein? Wollte Umbrella sie jetzt einfach mit einer solch dummen Ausrede aus dem Weg räumen?[/LEFT] [LEFT]»Jill.« Alberts Stimme lenkte sie von ihren Gedanken ab. »Etwas stimmt mit der Frau in der Ecke nicht.«[/LEFT] [LEFT]Da hörte sie es auch: Ein leises, aber leeres Stöhnen, das sie in so vielen Albträumen heimgesucht hatte.[/LEFT] [LEFT]Barry richtete seine Taschenlampe auf die Frau – deren gräuliche Haut sich bereits von ihrem Gesicht abschälte. Die blutunterlaufenen Augen starrten trüb direkt ins Licht, ohne es zu bemerken.[/LEFT] [LEFT]»Was ist los mit ihr?«, flüsterte Claire.[/LEFT] [LEFT]Plötzlich stieß die Frau ein Kreischen aus und stürzte sich mit einer überraschenden Geschwindigkeit auf die in ihrer Nähe stehenden Cindy. Eine Waffe wurde entsichert, Alberts »Nicht schießen!« ging in dem Pistolenschuss unter, der die Frau zurückwarf und zu Boden schleuderte. Bis auf Cindys erschrockenes Atmen war nichts mehr zu hören – bis draußen ein Dutzend Waffen entsichert wurden.[/LEFT] [LEFT]»Runter!«[/LEFT] [LEFT]Jill ließ sich fallen und zog Claire mit sich zu Boden. Im nächsten Augenblick explodierte ihre Welt in dem Stakkato zahlreicher Gewehre und tausend Scherben, die auf ihre Haut regneten.[/LEFT] Kapitel 10: Ich werde wirklich gern entführt -------------------------------------------- [LEFT]Niemand war schwer verletzt worden, so viel konnte Jill in einer Feuerpause feststellen. Sie brachten sich hinter der Theke in Sicherheit, wo sie eine kurze Bestandsaufnahme vornahm: Claire hatte eine kleine Schnittwunde von den Scherben im Gesicht, Alyssas Schulter war von einem Schuss gestreift worden, Kevin hatte sich beim Fallenlassen den Kopf am Tisch gestoßen, sie selbst hatte sich einige Scherben in die Hand gedrückt, als sie zur Theke gekrochen war, nichts weiter Wildes. Die Infizierte lag auf dem Boden und regte sich nicht. Barry kniete neben Cindy und fragte sie zum wiederholten Mal, ob sie gebissen oder gekratzt worden war. Sie schüttelte immer wieder mit dem Kopf, aber auch Jill war sich nicht sicher, ob sie auf die Frage antwortete oder zu durcheinander war. Sie sah nicht verletzt aus, aber sie mussten sichergehen.[/LEFT] [LEFT]»Was ist hier los?«, fragte Will. »Was war mit dieser Frau?«[/LEFT] [LEFT]Kevin versuchte ihn zu beruhigen, ohne ihm dabei zu viel zu erzählen.[/LEFT] [LEFT]»Hätte ich gewusst, dass das schon am ersten Tag passiert, wäre ich lieber im Gefängnis geblieben«, bemerkte Billy.[/LEFT] [LEFT]Rebecca versetzte ihm wieder einen spielerischen Schlag, obwohl sie auch angespannt war.[/LEFT] [LEFT]Enrico saß neben Albert und verlangte von ihm weiterhin eine Antwort, was hier los war, aber dieser vertröstete ihn nur auf einen späteren Zeitpunkt.[/LEFT] [LEFT]»Was jetzt?«, fragte Claire.[/LEFT] [LEFT]Jill senkte den Kopf. Ja, was jetzt? Vieles sprach dafür, dass Umbrella die Infizierte absichtlich hierher geschickt hatte, um sie und die Beweise aufzuhalten. Und um sicherzugehen hatten sie dann noch das U.B.C.S. geschickt, mit dem Hinweis, dass es zu einer Eskalation kommen könnte. War Umbrella so etwas zuzutrauen? Ja, das war es durchaus. Sie hatten in ihrer Welt sogar einen Tyrant geschickt, um sie aufzuhalten. Aber woher wussten sie, dass sie heute hier waren? Die Organisation dieser ganzen Sache war bestimmt nicht innerhalb von einigen Stunden geschehen.[/LEFT] [LEFT]Das Megafon sprang wieder an: »Wir können sehen, dass sich noch Zivilisten im Gebäude aufhalten. Bitte identifizieren Sie sich!«[/LEFT] [LEFT]Albert und Jill tauschten einen Blick miteinander. Er schien unsicher, ob das eine List war, um nicht doch noch jemanden zu erschießen. Aber sie erinnerte sich daran, dass die Gruppe – abgesehen von Nicholai – wirklich daran interessiert gewesen war, Menschen zu helfen. Sie glaubte nicht, dass das hier anders wäre.[/LEFT] [LEFT]Sie atmete noch einmal tief durch, dann nickte sie Albert zu und stand mit gehobenen Armen, direkt ins Licht starrend, auf. Die Laservisiere von mindestens einem Dutzend Gewehre waren allesamt auf sie gerichtet, ihr Herz schlug ihr bis zum Hals. Hoffentlich bereute sie das nicht.[/LEFT] [LEFT]»Mein Name ist Jill Valentine«, sagte sie mit erhobener Stimme. »Ich bin ein Mitglied von S.T.A.R.S. Wir haben die Bedrohung bereits eliminiert, niemand hier ist infiziert.«[/LEFT] [LEFT]Auf der Straße wurde gewispert, eine wilde Diskussion, deren Inhalt sie nicht verstand. Dann kam wieder das Megafon: »Jill Valentine, Sie werden wegen des dringenden Verdachts auf Zusammenarbeit mit einem Bio-Terroristen gesucht! Kommen Sie mit erhobenen Händen heraus und ergeben Sie sich!«[/LEFT] [LEFT]»Mach das nicht, Jill«, sagte Albert. »Wenn Umbrella dich erst mal in seiner Hand hat, wer weiß, was sie dann mit dir anstellen?!«[/LEFT] [LEFT]Sie sah unschlüssig auf ihn hinunter. Er schüttelte mit dem Kopf, der Blick so bittend, wie sie ihn bislang noch nie gesehen hatte. Aber wenn sie damit helfen könnte …[/LEFT] [LEFT]»Garantiert ihr, dass den anderen Zivilisten nichts passiert?«, fragte sie in Richtung der Lichter.[/LEFT] [LEFT]Dort wurde wieder heftig gewispert. Albert und Claire schüttelten derweil beide ihre Köpfe.[/LEFT] [LEFT]»Jill, du kannst das nicht tun«, sagte sie. »Chris verlässt sich auf uns! Und denen da draußen ist nicht zu trauen!«[/LEFT] [LEFT]»Ich bin immer noch dein Vorgesetzter!«, kam es von Albert. »Ich verbiete dir das!«[/LEFT] [LEFT]Jills Blick wanderte über die anderen. Enrico war genervt von den fehlenden Antworten, Brad war sichtlich eingeschüchtert, Kevin beruhigte immer noch Will, Barry half derweil Cindy dabei, auch eine sichere Position einzunehmen, Billy war angespannt und Rebecca versorgte inzwischen Alyssas Schulterverletzung. Sie konnte nicht riskieren, dass einem von ihnen etwas geschah, und das nur weil sie hier war. Wenn sie helfen konnte, müsste sie das tun.[/LEFT] [LEFT]Von draußen ertönte inzwischen die Versicherung, dass man den anderen nichts antun würde, sofern sie kein Zeichen für eine Infektion zeigten. Aber keiner von ihnen war infiziert, also gab es nichts, was sie zurückhielt.[/LEFT] [LEFT]Sie ging einige Schritte rückwärts, um den Platz hinter der Theke zu verlassen. Albert griff nach ihrem Bein. »Jill, nein! Du kannst das nicht tun!«[/LEFT] [LEFT]Sie schüttelte ihn ab, auch wenn er ihr in diesem Moment schon wieder leid tat. »Ich muss das tun. Nur so werdet ihr hier rauskommen.«[/LEFT] [LEFT]Das U.B.C.S. würde sie nicht töten, ihr blieb also nur inständig zu hoffen, dass auch Umbrella sie nicht einfach so loswerden wollte. Als Bio-Terroristin, der man alles, was man selbst verbrochen hatte, in die Schuhe schieben konnte, war sie hoffentlich zu wertvoll.[/LEFT] [LEFT]Mit langsamen Schritten ging sie in Richtung des Ausgangs, wo all die Lichter standen, und die Männer mit ihren Gewehren, die immer noch auf sie gerichtet waren. Ein nervöser Finger würde reichen, um sie schwer zu verletzen oder zu töten. Die Glassplitter knirschten unter ihren Schuhen.[/LEFT] [LEFT]Aus dem Augenwinkel bemerkte sie, wie Albert ihr folgen wollte, doch Enrico hielt ihn zurück und redete auf ihn ein. Alberts flehender Blick galt nur ihr. Er ließ die Bruchstücke der anderen Jill vibrieren, aber der Körper war unter ihrer Kontrolle und sie war überzeugt, das einzig Richtige zu tun, also lief sie weiter.[/LEFT] [LEFT]Sie trat durch das zerstörte Fenster auf die Straße. Auf einen Befehl hin, legte sie ihre Hände auf ihren Hinterkopf und kniete sich hin. Einer der Männer trat hinter sie und legte ihr Handschellen an, dann zog er sie wieder auf ihre Füße.[/LEFT] [LEFT]Das Megafon sprang erneut an, der Mann dahinter verkündete, dass die anderen Zivilisten auf Infektionen getestet werden würden. Jemand schnaubte. »Wir sollten sie einfach erschießen.«[/LEFT] [LEFT]Jills Körper spannte sich an. Nicholais Stimme war kalt wie eh und je, ohne jede Rücksicht auf die Leben anderer Menschen. Glücklicherweise widersprach Mikhail ihm direkt: »Unser Auftrag ist eindeutig. Wir sollen die Infektion eindämmen, nicht Unschuldige ermorden.«[/LEFT] [LEFT]Sie entdeckte die beiden endlich zwischen anderen Mitgliedern, die sie nicht kannte. Nicholais kantiges Gesicht und sein raubtierartiger Blick jagten ihr Schauer über den Rücken. Er nickte in ihre Richtung. »Ich glaube, ihre Verhaftung stand auch nicht in der Auftragsbeschreibung.«[/LEFT] [LEFT]»Das ist eine Ausnahme. Und wir haben sie nicht erschossen.«[/LEFT] [LEFT]Nicholai war von dieser Antwort sichtlich wenig begeistert. Nach einem letzten Blick auf Jill zog er schnaubend davon. Inzwischen betraten Männer ohne Waffen, dafür mit Testkits die Bar. Albert protestierte lautstark, dass er als Kommandant ein Recht darauf hätte, seine Untergeben zu begleiten, aber die Männer von U.B.C.S. wehrten das ab und verwiesen ihn darauf, dass sie ihn testen müssten und Jill ohnehin verhaftet wäre.[/LEFT] [LEFT]»Okay, Lady«, sagte der Mann hinter ihr und schob sie nach vorne. »Genug herumgestanden, wird Zeit, dass du in deine Limousine kommst.«[/LEFT] [LEFT]Sie erkannte auch diese Stimme sofort wieder: »Carlos?«[/LEFT] [LEFT]Er lenkte sie weiter in Richtung eines großen schwarzen Vans, dabei schnalzte er mit der Zunge. »Hatten wir schon mal das Vergnügen?«[/LEFT] [LEFT]Natürlich, er wusste nichts von ihrer gemeinsamen Vergangenheit, denn hier hatte sie nicht stattgefunden. Sie zwang sich zu einem humorlosen Lachen. »Nicht wirklich.«[/LEFT] [LEFT]»Okay?« Ansonsten sagte er nichts mehr dazu.[/LEFT] [LEFT]Sie stieg in den hinteren Bereich des Vans und setzte sich auf eine der Bänke, die an der Wand befestigt waren. Carlos befestigte ihre Handschellen an einer Vorrichtung neben der Bank. Da konnte sie ihn erstmals besser in Augenschein nehmen. In ihrer Erinnerung war sein Haar braun und sauber zurückgekämmt gewesen, aber hier war es schwarz und vollkommen durcheinander. Zusammen mit den Bartstoppeln in seinem Gesicht wirkte er weniger wie ein Playboy, dafür mehr wie ein schroffer Söldner, der seinen Job ohne Rücksicht auf Verluste durchführte.[/LEFT] [LEFT]Er schloss die Türen, worauf sie endgültig von Albert und den anderen abgeschnitten wurde. Nur zwei Rückfenster zeigten ihr, dass U.B.C.S. durch die Bar lief, die Augen und die Haut der Anwesenden prüfte. Alyssa fuchtelte mit ihrem Presseausweis, um zu verhindern, dass jemand ihr die Tasche mit den Beweisen abnahm, Claire sagte überhaupt nichts, vermutlich weil sie befürchtete, man könnte sie als Chris' Schwester auch direkt verhaften, Albert diskutierte lebhaft mit Mikhail, der wesentlich ruhiger auf ihn einsprach. Die anderen ließen die Untersuchungen wortlos über sich ergehen.[/LEFT] [LEFT]Carlos klopfte gegen das Verbindungsfenster zum Fahrer, dann setzte er sich Jill gegenüber.[/LEFT] [LEFT]Der Van wurde angelassen, sie fuhren die Straße entlang, weg von der Bar. Jill sah stur nach draußen, bis sie um eine Ecke bogen. Die Bruchstücke der anderen Jill schmerzten und erschwerten ihre Atmung. Das hier war nicht das Ende, das musste sie sich einfach immer wieder sagen. Aber es verdrängte das ungute Gefühl einfach nicht.[/LEFT] [LEFT]Carlos hielt das Gewehr in beiden Händen und behielt Jill im Auge. Sie erwiderte seinen Blick, bis das Schweigen zu belastend wurde: »Was ist?«[/LEFT] [LEFT]»Oh, ich frage mich nur, wie eine so hübsche Lady zum Bio-Terrorismus kommt.«[/LEFT] [LEFT]Er hatte also doch nicht alles von seinem Playboy-Gehabe verloren. Jill rollte mit den Augen. »Ich bin keine Terroristin, das ist nur ein Missverständnis.«[/LEFT] [LEFT]»Das sagen bestimmt auch andere Terroristen«, erwiderte er schmunzelnd. »Ich muss das zum Glück nicht entscheiden. Wir bringen Sie nur zum R.P.D.«[/LEFT] [LEFT]Dort würden dann bestimmt Bundesagenten auf sie warten, spätestens zu diesem Zeitpunkt könnte Albert sich in das Verhör einmischen. Solange Umbrella sie nicht in die Hände bekam, war alles gut. Vielleicht war es ihr auch möglich, von Carlos noch Informationen zu erhalten: »Warum seid ihr zu dieser Bar gekommen?«[/LEFT] [LEFT]Er runzelte die Stirn. »Umbrella hat gesagt, dass eine Person aus einer Impfversuchsreihe dort getrackt wurde. Aufgrund eines Versehens wurde sie mit einem Virus infiziert und man wollte verhindern, dass sich die Krankheit ausbreitet. Also genau das, was unser Job ist.«[/LEFT] [LEFT]Jill glaubte das keine Sekunde. Umbrella musste das angeleiert haben, in der Hoffnung, alle Zeugen auf einen Schlag loszuwerden, egal wie. Dumm nur, dass es nicht funktioniert hatte.[/LEFT] [LEFT]»Nur eine Sache ist schon komisch«, fuhr Carlos nachdenklich fort. »Zufällig hält sich dort gerade auch die erst seit ein paar Minuten gesuchte Jill Valentine auf. Wie hoch ist die Chance?«[/LEFT] [LEFT]Er war so kurz davor, einzusehen, dass hier gerade etwas Seltsames vor sich ging. Aber wie in ihrer Erinnerung glaubte er natürlich nicht, dass Umbrella irgendetwas im Schilde führte. Er schüttelte mit dem Kopf. »Wie auch immer. Wenn wir Sie abgeliefert haben, kümmert sich jemand anderes um Sie.«[/LEFT] [LEFT]Jills Blick ging wieder zu dem hinteren Fenster, ihr Inneres gefror. »Sagtest du nicht, ihr fahrt mich ins R.P.D.?«[/LEFT] [LEFT]»Warum?« Carlos schmunzelte. »Wollen Sie noch in einem Drive In vorbei?«[/LEFT] [LEFT]»Nein, ich dachte nur, du solltest wissen, dass wir dann gerade in die falsche Richtung fahren.«[/LEFT] [LEFT]Carlos sah ebenfalls nach draußen und erhaschte noch einen letzten Blick auf das R.P.D., von dem sie sich langsam entfernten. »Was?«[/LEFT] [LEFT]Er schlug mit der Faust gegen die Fahrerkabine. »Hey! Wo fährst du hin?«[/LEFT] [LEFT]Der Fahrer drehte ein wenig den Kopf. »Anweisung von ganz oben. Ms. Valentine soll ins R&D Center, sie wird dort erwartet.«[/LEFT] [LEFT]Jills Inneres zog sich zusammen. R&D, Research & Development, Forschung und Entwicklung. Für Außenstehende klang das nach einer ganz normalen Einrichtung für ein pharmazeutisches Unternehmen, aber auch ohne es wirklich zu wissen, konnte sie sich denken, dass es sich hier um eine Einrichtung handelte, in der Umbrella seine B.O.W.s testete. Wenn man sie dort hintransportiert haben möchte, bedeutete das nichts Gutes für sie. Und dort müsste sie nicht mit Hilfe von Albert rechnen, sie wäre auf sich gestellt.[/LEFT] [LEFT]»Das ist doch Schwachsinn!«, widersprach Carlos. »Sie ist eine gesuchte Terroristin! Sie sollte von Bundesagenten verhört werden, nicht von Umbrella!«[/LEFT] [LEFT]Der Fahrer zuckte mit den Schultern, beharrte noch einmal auf die Anweisungen von oben und sah wieder nach vorne, um sich ganz auf die Straße zu konzentrieren.[/LEFT] [LEFT]»Scheint, als hätte Umbrella eigene Pläne«, bemerkte Jill möglichst ruhig.[/LEFT] [LEFT]Carlos sah sie nachdenklich an. »Das ergibt keinen Sinn. Warum überlässt man Sie nicht der Regierung? Was haben Sie Umbrella getan?«[/LEFT] [LEFT]»Wirklich? Du willst das jetzt auf mich schieben?« Eigentlich hätte sie sich das denken können, schließlich war es genau wie in ihrer Erinnerung; nur weil er jetzt anders aussah, musste das nicht bedeuten, dass er auch anders dachte. »Hör zu, du musst mir nicht glauben. Aber du merkst doch selbst, dass etwas nicht stimmt. Also kannst du mir nur einen kleinen Gefallen tun?«[/LEFT] [LEFT]»Ich lass Sie nicht einfach gehen.«[/LEFT] [LEFT]Sie ignorierte das mal. »Wenn du mich abgeliefert hast, sag bitte meinen Kollegen bei S.T.A.R.S. Bescheid. Umbrella wird ihnen nichts sagen, aber sie sollten wissen, was los ist.«[/LEFT] [LEFT]»Ich weiß nicht, ob ich das tun kann«, meinte Carlos. »Aber wenn Sie sich dann besser fühlen ...«[/LEFT] [LEFT]Hoffentlich hielt er sich daran. Der Carlos in ihrer Erinnerung hätte es getan, aber er kannte sie auch besser als dieser hier. Im Endeffekt hatte sie also keinen Plan, ihr blieb nur Hoffnung – und das war mit so viel Unsicherheit verknüpft, dass ihr regelrecht übel wurde.[/LEFT] [LEFT]Der Van hielt schließlich vor einer fabrik-gleichen Einrichtung. Carlos löste ihre Handschellen von der Bank und half ihr beim Aussteigen. Dabei behielt er sie weiterhin im Auge, offenbar noch unentschlossen, ob ihr wirklich zu trauen war.[/LEFT] [LEFT]Jill war aber ohnehin viel zu nervös, um auch nur den Versuch zu wagen, zu entkommen. Sie war noch nie hier gewesen, wusste nicht mal im Mindesten, was sie erwarten könnte. Aber vor der Tür standen schon schwer bewaffnete Männer in Schwarz, so wie jene, die sie im Lagerraum verfolgt hatten. Sie reagierten nicht mal, als Carlos sie an ihnen vorbeiführte.[/LEFT] [LEFT]Im Inneren begrüßte sie wenigstens nicht der Verwesungsgeruch, den sie mit jeder anderen Umbrella-Anlage verband. Die Lobby erstrahlte in einem sauberen Weiß, damit wurde das künstliche Licht so stark reflektiert, dass es in ihren Augen schmerzte.[/LEFT] [LEFT]Ein Mann in einem Anzug, der mindestens eine Nummer zu groß war, flankiert von zwei uniformierten Sicherheitskräften, begrüßte sie. »Ms. Valentine, wie schön, Sie endlich persönlich zu treffen. Ich bin Quinn Everill, der Manager dieser Anlage.«[/LEFT] [LEFT]Der Name sagte ihr überhaupt nichts. Weder in ihrer Welt, noch in dieser hatte sie ihn je gehört. Sein überhebliches Auftreten, das schlecht sitzende Toupet und die viel zu teure und große Uhr an seinem Handgelenk, wirkten für sie dadurch lächerlich.[/LEFT] [LEFT]»Ja, sehr schön«, sagte sie trocken. »Ich werde wirklich gern entführt.«[/LEFT] [LEFT]Ihr Inneres war vollkommen aufgelöst, aber sie durfte sich das nicht anmerken lassen. Solange sie direkt im Herzen von Umbrella festsaß, sollte niemand ihr die Schwäche anmerken.[/LEFT] [LEFT]Everill lächelte süffisant. »Ich freue mich schon darauf, mit Ihnen ein interessantes Gespräch über Umbrella zu führen. Danke, dass Sie sie uns gebracht haben, Mr. Oliveira. Ihre Dienste werden hier nicht mehr benötigt.«[/LEFT] [LEFT]Carlos sah unschlüssig zwischen ihnen hin und her. »Bei allem Respekt, Sir, aber ist es wirklich angebracht, eine gesuchte Terroristin hier zu behalten?«[/LEFT] [LEFT]Everills braune Augen blitzten wütend. »Mr. Oliveira, lassen Sie die Kommunikation mit der Regierung nur meine Sorge sein. Also, wenn Sie uns nun entschuldigen würden ...«[/LEFT] [LEFT]Er wedelte mit der Hand, die Männer neben ihm hoben demonstrativ ihre Waffen ein wenig an. Carlos lenkte sofort ein und wich zurück. »Okay, woah, ich gehe schon.«[/LEFT] [LEFT]Doch bevor er das tat, tauschte er noch einen Blick mit Jill. Sie lenkte all ihre Intensität und Bitte in ihre Augen, damit er verstand, wie wichtig das Thema für sie war. Wenn er Albert nicht alles erzählte, wüsste sie nicht, wie sie hier wieder rauskommen sollte. Natürlich war es auch unsicher, ob Albert helfen könnte, aber es war besser als einfach aufzugeben.[/LEFT] [LEFT]Er nickte kaum merklich, dann fuhr er herum und ging. Jill sah ihm hinterher, hoffte, dass dieses Signal seinen Willen zeigte, ihr zu helfen – und dass Albert ihm auch zuhörte.[/LEFT] [LEFT]»Hier entlang bitte, Ms. Valentine.«[/LEFT] [LEFT]Unter dem wachsamen Auge der Uniformierten folgte sie Everill zu einem Aufzug. Als sich die Türen schlossen und der Fahrstuhl sich nach unten bewegte, sank auch ihr Mut ins Bodenlose. In diesem Moment war sie davon überzeugt, dieses Gebäude nie wieder zu verlassen.[/LEFT] Kapitel 11: Ist das schon alles ------------------------------- [LEFT]Everill brachte sie nicht in ein Büro, ja nicht einmal in ein Besprechungszimmer, sondern in das dritte Untergeschoss. Der Gang führte an einer Treppe nach oben und einem Krankenzimmer vorbei. Die Wände waren aus einfachem Beton und wurden immer schroffer, je weiter sie liefen. Schließlich kamen sie an einer Schleuse an. Einer der beiden Uniformierten, die anscheinend zu Umbrellas Secret Service gehörten, wenn sie die Aufnäher an den Armen richtig las, löste ihre Handschellen. Sie rieb sich die schmerzenden Gelenke, auf denen sich bereits leichte Abdrücke erahnen ließen.[/LEFT] [LEFT]Everill wedelte mit der Hand in Richtung der Schleuse. »Machen Sie schon, Ms. Valentine.«[/LEFT] [LEFT]»Was haben Sie vor?«, erwiderte sie, unbeeindruckt von den Maschinengewehren, die auf sie gerichtet wurden; hätte man sie umbringen wollen, wäre das schon längst geschehen.[/LEFT] [LEFT]»Wir wollen nur sehen, ob die Ausbildung bei S.T.A.R.S. Früchte getragen hat. Das dürfen Sie uns gern an einigen unserer Kreationen präsentieren.«[/LEFT] [LEFT]Also wurden hier wirklich B.O.W.s getestet. Sie waren bestimmt noch nicht so fortgeschritten wie zuletzt in ihrer Welt, also sollte sie das irgendwie hinbekommen. Aber wer garantierte ihr, dass Umbrella sie nicht einfach erschoss? Egal, sie hatte ohnehin keine Wahl.[/LEFT] [LEFT]Sie betrat die Schleuse, die sich hinter ihr schloss. Der kurze Gang war leer, auf dem Boden prangten getrocknete Blutspuren. Wer war hier bislang durchgeführt worden? Und wie viele davon hatten das nicht überlebt?[/LEFT] [LEFT]Aus den Lautsprechern erklang die kalte Stimme einer Frau: »Sie werden gleich in ein Schlachtfeld entlassen, in dem sie einigen Aggressoren begegnen werden. Bekämpfen Sie diese auf jede erdenkliche Weise, die dafür erforderlichen Waffen finden Sie in der Umgebung verstreut. Dieser Test endet erst, wenn alle Bedrohungen beseitigt sind – oder Sie sterben.«[/LEFT] [LEFT]Ein Alarm ertönte, gleichzeitig öffnete sich das Tor vor ihr. Dieses entließ sie in eine große Lagerhalle, in der Kisten und Container Verstecke und Hindernisse bildeten, Einschusslöcher in der Wand und unzählige Patronenhülsen erzählten von hoffnungslosen Kämpfen gegen unmenschliche Kreaturen. Auf einer höheren Eben entdeckte sie eine Glasfront, hinter der stumme Beobachter sitzen mussten, die diesen Kampf am Ende auswerten sollten. Sie mussten schon zahlreiche Menschen kämpfen und sterben gesehen haben und arbeiteten immer noch für Umbrella! Allein der Gedanke ließ Jill innerlich kochen, aber sie musste sich konzentrieren.[/LEFT] [LEFT]Sie wusste nicht, welche Kreaturen sie hier erwarteten, aber es war auf jeden Fall eine dumme Idee, hier zu bleiben. Sobald sie angegriffen wurde, wäre die Schleuse eine Todesfalle.[/LEFT] [LEFT]Sie betrat die Halle. Mit einem Blick umher entdeckte sie eine Schrotflinte, die sie an sich nahm. Mit geübten Griffen checkte sie die Munition – vorhanden – und entsicherte die Waffe. Dann lief sie los, um in Bewegung zu bleiben und sich nicht überraschen zu lassen. Irgendwo wurden Gitter gehoben, lange Krallen klickten auf dem Boden, während irgendwo etwas rannte.[/LEFT] [LEFT]Jill drehte sich in alle Richtungen – und entdeckte einen Cerberus, einen infizierten Dobermann, der gerade auf sie zusprang. Ein Schuss genügte, um ihn winselnd zurückzuwerfen und nicht wieder aufstehen zu lassen. Doch zwei weitere waren noch unterwegs.[/LEFT] [LEFT]Sie hörte einen hinter sich, er sprang. Sie duckte sich gerade rechtzeitig, dass sein geiferndes Maul sich nicht in ihren Nacken verbiss. Die Krallen kratzten dafür über ihren Rücken, nicht tief genug, um sie wirklich schwer zu verletzen, aber es fühlte sich wie tausend Nadelstiche an. Kaum landete er, schoss Jill auch diesen Cerberus mit der Schrotflinte ins Jenseits. Blieb nur noch einer.[/LEFT] [LEFT]Der letzte hielt etwas Abstand von ihr, umrundete sie knurrend und starrte sie dabei aus schwarzen Augen an. Sie schoss auf ihn, doch er wich mit einem Sprung zurück, so dass sie nur den Boden traf. Sie drückte erneut ab – doch die Antwort war nur ein Klicken. Der Cerberus stieß ein abgehacktes Heulen aus, das so klang als mache er sich über sie lustig.[/LEFT] [LEFT]»Du findest das lustig?«, fragte sie knurrend. »Wollen wir sehen, wer zuletzt lacht.«[/LEFT] [LEFT]Sie warf ihm die Schrotflinte entgegen, dann sprintete sie zur Seite, um in Deckung zu kommen. Der Cerberus rannte ihr nach. Sie schlitterte um die Ecken, immer darauf bedacht, etwas zwischen sich und ihm zu haben, gleichzeitig hielt sie noch nach einer anderen Waffe Ausschau. Plötzlich entdeckte sie eine Pistole, nur ein paar Meter entfernt. Sie rannte darauf zu – und wurde zu Boden gerissen, als der Cerberus sie mit vollem Körpereinsatz rammte. Sämtliche Luft wurde aus ihrer Lunge gepresst, der Gestank von Tod und Verwesung biss in ihrer Nase. Der Cerberus versuchte an ihre Kehle zu kommen, sie drückte ihn dem rechten Arm von sich, aber seine Kraft und seine Wut waren unglaublich.[/LEFT] [LEFT]Ihr Blick wanderte zu der Pistole, die nicht weit entfernt lag. Wenn sie sich nur genug streckte, erreichte sie diese vielleicht, gleichzeitig musste sie aber weiterhin diese wilde Bestie von sich fernhalten. Seine Krallen bohrten sich in ihre Schulter, die Kratzer auf ihrem Rücken brannten.[/LEFT] [LEFT]Ihre Finger erreichten den Griff der Pistole, bekamen sie aber nicht zu fassen. Wäre der Cerberus nicht derart verbissen, könnte sie es schaffen. Sie fluchte zwischen zusammengebissenen Zähnen. »Geh von mir runter, du scheiß Mistvieh!«[/LEFT] [LEFT]Sie schlug mit der linken Faust zu. Der Cerberus jaulte und ließ für einen Moment von ihr ab. Das genügte ihr, um nach der Pistole zu hechten, sie zu ergreifen und sich damit wieder herumzudrehen. Der Cerberus sprang direkt auf ihre Hand zu, so dass der Lauf in sein Maul hineinragte.[/LEFT] [LEFT]»Friss das!«[/LEFT] [LEFT]Die obere Kopfhälfte der Kreatur zerbarst, sie erschlaffte sofort und fiel zu Boden.[/LEFT] [LEFT]Jill atmete durch, lauschte. Nichts war mehr zu hören, kein weiterer Feind war unterwegs, sie war erst einmal sicher, dennoch erhob sie sich. Ihr Körper ächzte protestierend, ihr Rücken war voller klebrigem Blut. Aber sie durfte sich das nicht anmerken lassen. Demonstrativ blickte sie zu der Glasfront hinauf, hinter der sie Schatten wahrnehmen konnte. Sie öffnete die Arme. »Ist das schon alles?! Habt ihr nicht mehr drauf?!«[/LEFT] [LEFT]Sie zitterte, aber das mussten die da oben ja nicht wissen. Sie sollten ruhig glauben, dass sie keine Angst hatte. Das hier war nichts, sie hatte immerhin schon Nemesis überlebt, solange sie nicht noch so einen Tyrant aus dem Hut zauberten, könnte sie alles überleben.[/LEFT] [LEFT]»Herzlichen Glückwunsch«, sagte die kalte Frauenstimme durch die Lautsprecher. »Sie haben den ersten Test überlebt.«[/LEFT] [LEFT]Natürlich, das war nur ein erster Versuch gewesen, um ihre Fähigkeiten einzuschätzen. Bedeutete das, sie müsste noch mehr solcher Testläufe mitmachen?[/LEFT] [LEFT]Das Sicherheitspersonal, das mit gut einem Dutzend schwer bewaffneter Männer in die Halle strömte, nahm ihr die Pistole wieder ab, dann wurde sie in die Schleuse zurückgescheucht. Jenseits davon wurde sie bereits von Everill und seinen zwei Secret Service Männern erwartet. Er klatschte betont langsam. »Gut gemacht, Ms. Valentine. Aber ich hoffe doch, dass das nicht schon das Maximum ihrer Fähigkeiten war.«[/LEFT] [LEFT]»Leck mich.«[/LEFT] [LEFT]Sein Grinsen nahm nicht um eine Nuance ab. Einer der Uniformierten stieß ihr dafür mit der Waffe gegen den verletzten Rücken. Schmerz zuckte durch ihren ganzen Körper, ließ sie kurz schwanken. Everills Augen blitzten belustigt. Der andere Mann legte ihr die Handschellen an und verrenkte ihr dabei rücksichtslos fast die Schulter, was Everill mit noch mehr Freude quittierte.[/LEFT] [LEFT]Ohne jede weitere Worte führten die drei sie in das Krankenzimmer, wo eine Ärztin schweigend ihre Wunden versorgte. Dann fuhren sie mit dem Aufzug noch weiter nach unten, direkt in den Zellentrakt. Abgesehen von der ersten Tür, hinter der sich der Überwachungsraum befand, waren sie alle mit einem vergitterten Sichtfenster versehen. Jill warf Blicke in die Zellen, an denen sie vorbeikamen, aber sie waren alle leer.[/LEFT] [LEFT]Schließlich hielten sie vor einer Tür. Einer der Uniformierten schloss sie auf und öffnete sie, der andere entfernte Jills Handschellen und schubste sie in die Zelle. Mit einem Krachen fiel die Tür wieder ins Schloss, der Schlüssel wurde herumgedreht.[/LEFT] [LEFT]»Machen Sie es sich gemütlich, Ms. Valentine«, sagte Everill. »Sie werden eine lange Zeit unser Gast sein. Erzählen Sie Ihrem Kollegen ruhig von ihren Ergebnissen, dann sind Sie wenigstens beide beschäftigt.«[/LEFT] [LEFT]Mit diesen Worten zog er bereits wieder davon. Wütend trat Jill gegen die Tür, was nichts brachte, außer sie nun noch mit einem schmerzenden Fuß zurückzulassen. Aber das war okay, denn der Schmerz und die Wut waren besser als die Furcht, die sich durch sie hindurchfressen wollte wie ein Wurm durch einen Apfel.[/LEFT] [LEFT]Ein Geräusch hinter ihr lenkte sie von beidem ab. Jill fuhr herum. Von den zwei ungemütlich aussehenden Stahlbetten war eines belegt. Der Mann darauf hatte sich aufrecht hingesetzt und sich ihr zugewandt, so dass sie ihn erkennen konnte: »Chris!«[/LEFT] [LEFT]Erleichterung durchströmte sie und verdrängte sowohl den Schmerz als auch die Furcht. Sie ging auf ihn zu, damit er nicht auf die Idee käme, aufzustehen, und setzte sich neben ihn. Seine Arme und Beine waren bandagiert, auf seinem Hals klebten weiße Pflaster. Dunkle Schatten lagen unter seinen Augen, seine Wangen waren eingefallen. Er wirkte absolut nicht wie der Chris, den sie aus ihrer Welt kannte, obwohl der als gebrochener Mann aus Edonia zurückgekehrt war. Dieser Chris hier hatte die Hölle durchgemacht und es irgendwie geschafft, sie zu überleben.[/LEFT] [LEFT]Seine Lippen kräuselten sich zu einem Lächeln. »Jill, du bist es wirklich.«[/LEFT] [LEFT]War er die ganze Zeit in Raccoon City gewesen, während sie ihn ganz woanders gesucht hatten? Vor allem sie hatte ihn so lange warten lassen, weil sie nicht in diese Welt gehörte. Mit der anderen Jill wäre das nicht geschehen, da hätten sie ihn vielleicht schon gerettet.[/LEFT] [LEFT]»Was ist passiert?«, fragte sie.[/LEFT] [LEFT]Sie konnte sich denken, dass sie auch mit ihm Kampfdaten sammelten, um ihre B.O.W.s zu verbessern, aber wie waren sie überhaupt an ihn herangekommen? Freiwillig tat er das offensichtlich nicht.[/LEFT] [LEFT]Er winkte müde ab. »Sie haben mich bei der Beweissicherung im Arklay-Anwesen geschnappt, weil ich unvorsichtig war. Während ich ein paar der Computer versucht habe, hat man sich an mich rangeschlichen …«[/LEFT] [LEFT]Seine zusammengezogenen Brauen verrieten, wie sehr ihn das ärgerte. Aber da war noch etwas anderes, das dieses Gefühl in ihm auslöste: »Ich dachte eigentlich, ihr holt mich hier raus. Was habt ihr da draußen die ganze Zeit gemacht?«[/LEFT] [LEFT]Sie erzählte ihm davon, dass er als Bio-Terrorist gebrandmarkt worden war – er wurde noch blasser – und es deswegen vor allem für Claire schwer gewesen war, ihr den Schlüssel zu bringen. Dazu kam dann noch die falsche Information bezüglich seiner Mitgliedschaft beim H.C.F., die sie in diese – im Nachhinein vollkommen sinnlose – Mission geführt hatten, bei der sie verletzt worden war. »Darauf habe ich ein paar Probleme mit dem Gedächtnis bekommen, deswegen konnte ich mich nicht mehr an den Lagerraum erinnern.«[/LEFT] [LEFT]Dass sie aus einer anderen Welt kam, erzählte sie ihm lieber nicht. Das machte alles nur komplizierter und vermutlich würde er es nicht mal glauben; dass Albert ihr glaubte, war schon ein halbes Wunder, mehr konnte sie nicht erwarten.[/LEFT] [LEFT]»Das … tut mir leid.« Er seufzte. »Ich habe nicht gedacht, dass so etwas passieren könnte. Ich wusste nicht, was los war und dachte, ihr wollt vielleicht nicht helfen.«[/LEFT] [LEFT]Sie legte eine Hand auf seine Schulter. »Natürlich wollten wir dir helfen, unbedingt. Wir sind doch Partner, wir würden dich nie hängenlassen.«[/LEFT] [LEFT]Für den Großteil war sie gar nicht präsent gewesen, aber allein aus Alberts und Barrys Worten hatte sie so viel Aufrichtigkeit gespürt, dass sie nicht daran zweifelte. Und dann war da ja auch noch das Tagebuch der anderen Jill gewesen, das ihren Willen vermittelt hatte.[/LEFT] [LEFT]»Ich hätte wissen müssen, dass Umbrella alle Tricks anwendet, um sich aus der ganzen Sache rauszureden.« Er klang verärgert und gleichzeitig auch verbittert, eine eigentümliche Mischung. »Aber dass sie mich sogar als Terroristen darstellen …«[/LEFT] [LEFT]»Wie hast du bislang überlebt?«, fragte sie, um ihn etwas abzulenken und mehr zu erfahren.[/LEFT] [LEFT]Tatsächlich entlockte ihm das ein stolzes Lächeln. »Die Dinger sind ziemlich einfach. Anscheinend fehlt es ihnen noch ein wenig an Feinschliff.« Sein Gesicht verfinsterte sich wieder. »Aber mit mir wollen sie genau das erreichen.«[/LEFT] [LEFT]Er musterte ihre Kleidung, die schmutzig und teilweise auch zerrissen war. Darunter blitzten die weißen Verbände hervor. »Dich haben sie das auch durchmachen lassen, was?«[/LEFT] [LEFT]»Es war halb so schlimm«, wehrte sie ab. »Wahrscheinlich nur ein erster Testlauf. Die Wunden sehen schlimmer aus, als sie sind.«[/LEFT] [LEFT]Sie schmerzten auch, aber das dürfte kein Vergleich zu dem sein, was er durchgemacht hatte. Außerdem hatte sie schon Schlimmeres erlebt, aber das erwähnte sie lieber auch nicht.[/LEFT] [LEFT]»Wie haben sie dich geschnappt?«, fragte er.[/LEFT] [LEFT]Sie erzählte ihm von Billys Einstand – ließ die Beweisübergabe aber aus, falls sie belauscht wurden – und dem Auftritt der U.B.C.S. bei dem sie sich geopfert hatte.[/LEFT] [LEFT]»Dann wissen die anderen trotzdem nicht, wo wir sind?« Seine Enttäuschung war geradezu greifbar. »Wie sollen wir hier herauskommen?«[/LEFT] [LEFT]Ihr blieb nur die geringe Hoffnung, dass Carlos wirklich mit Albert sprach. Sofern Albert ihr glaubte – was er in seiner Verzweiflung bestimmt täte – würde er hier auftauchen. Er könnte bestimmt etwas tun, damit sie freikämen.[/LEFT] [LEFT]Doch als sie Chris sagte, dass Albert ihnen bestimmt helfen würde, verzog er sein Gesicht. Sie hoffte, er fing nicht auch noch damit an, Verbitterung über den anderen zu zeigen, doch sein Problem war etwas ganz anderes: »Sie haben mir gesagt, dass er mir auf keinen Fall helfen wird.«[/LEFT] [LEFT]»Warum sollte er nicht?«[/LEFT] [LEFT]»Du hast noch nicht mit der Chefforscherin gesprochen, oder?«[/LEFT] [LEFT]Ihr kam ein Verdacht, der einzige, der Albert am Ende immer noch unschuldig sein ließ (denn ansonsten müsste sie wieder denken, dass er mit Umbrella zusammenarbeitete, und sie weigerte sich einfach, das zu glauben): »Ist es Alex Wesker?«[/LEFT] [LEFT]Chris zog die Brauen zusammen. »Woher weißt du das?«[/LEFT] [LEFT]»Albert hat mir von ihr erzählt.«[/LEFT] [LEFT]»Ah, das hätte ich mir denken können. Er redet mit dir wahrscheinlich mehr über solche Dinge.«[/LEFT] [LEFT]Solche Dinge? Meinte er emotionales oder allgemein privates? Wie stand Chris zu der Beziehung von ihr und Albert? Sie hätte ihn gern gefragt, aber dafür war nicht wirklich die Zeit.[/LEFT] [LEFT]»Er hat mir auch gesagt, dass sie seit der Zeit im Waisenhaus nicht mehr miteinander gesprochen haben. Eine Weile dachte er sogar, Umbrella hätte sie für Experimente umgebracht.«[/LEFT] [LEFT]Chris schwieg betroffen. Da er eine enge Bindung zu Claire hegte, musste allein die Vorstellung, sie wäre tot, für ihn wie Folter erscheinen. Auch wenn Albert und Alex sich nicht derart nahe standen (oder gestanden hatten), musste es in Chris' Vorstellung schrecklich sein. Hoffentlich half ihm das, Albert wieder zu vertrauen und an ihn zu glauben.[/LEFT] [LEFT]»Albert wird uns helfen«, wiederholte sie noch einmal. »Er muss einfach.«[/LEFT] [LEFT]Garantiert würde er sie nicht einfach im Stich lassen. Sie musste nur hoffen, dass Carlos ihm wirklich alles erzählte – und dass ihr nicht mehr als Hoffnung blieb, erfüllte sie mit einem Gefühl der Machtlosigkeit, das sie an ihre Zeit im Labor erinnerte und ihr noch einmal schmerzhaft bewusst machte, dass sie nicht hierher gehörte. Aber nun war sie in diese Situation geraten und wollte erst einmal wieder aus ihr heraus, bevor sie die andere Jill zurückkehren ließ. Alles könnte noch gut gut werden – und das vielleicht nur durch Albert Wesker. Diese Ironie brachte sie zum Schmunzeln. Hätte man ihr früher erzählt, dass ihr Überleben einmal von ihm abhinge, hätte sie darüber lediglich müde gelacht.[/LEFT] [LEFT]Doch in dieser Welt glaubte sie an Albert. Er würde kommen und ihnen helfen. Ganz bestimmt.[/LEFT] Kapitel 12: Du bist hier ------------------------ [LEFT]Irgendwann war Jill eingeschlafen. Doch als die Tür aufgeschlossen wurde, schreckte sie sofort wieder hoch. Ihr ganzer Körper schmerzte, besonders ihr Kopf, in dem es hämmerte als wäre eine ganze Versammlung von Handwerkern beschäftigt. Vor ihren Augen tanzten bunte Lichter, die sich nur mit mehrmaligen Blinzeln vertreiben ließen.[/LEFT] [LEFT]Ihr Blick wanderte zur Tür hinüber, wo zwei Männer vom Sicherheitspersonal standen.[/LEFT] [LEFT]»Valentine, Redfield«, schnappte einer von ihnen, »mitkommen!«[/LEFT] [LEFT]Sie wollte fragen, wohin, doch Chris erhob sich bereits; anscheinend kannte er diesen Ton schon. Um ihm keinen Ärger zu bescheren, stand sie auch auf und schloss sich den anderen an. Diesmal wurde auf Handschellen verzichtet, aber das wunderte sie nicht: man ging davon aus, dass sie kein Risiko einginge, solange Chris dabei war und umgekehrt galt das ähnlich. Sie knirschte leise mit den Zähnen, weil sie recht hatten; sie würde nicht riskieren, dass sie ihm etwas antaten. Und Chris war viel zu fertig, um auch nur daran zu denken, das sah sie an seinem leeren Blick.[/LEFT] [LEFT]Die Männer brachten sie zurück zu der Schleuse und trieben sie wieder hinein. Chris seufzte, als sich das Tor hinter ihnen schloss. »Jetzt wollen sie uns beide testen.«[/LEFT] [LEFT]»Und das noch vor dem Frühstück.«[/LEFT] [LEFT]Er sah zu ihr und deutete ein Kopfschütteln an. »Dass du noch Witze reißen kannst.«[/LEFT] [LEFT]Sie entschuldigte sich bei ihm. Die lange Zeit hier musste ihm sehr zugesetzt haben, kein Wunder, dass er da so dünnhäutig war. »Ich verstehe einfach nicht, was sie für Ergebnisse erwarten, wenn sie uns verletzt in den Kampf schicken.«[/LEFT] [LEFT]»Vielleicht wollen sie uns jetzt einfach loswerden.«[/LEFT] [LEFT]Diese Vorstellung gefiel ihr nicht. Aber sie war entschlossen, nicht einfach zu verlieren. Sie müssten nur durchhalten, bis Albert endlich kam. Sie glaubte immer noch an ihn. Er würde rechtzeitig kommen. Bis dahin würde sie jeder B.O.W. die Hölle heiß machen. Sogar ihre Kopfschmerzen traten dafür in den Hintergrund.[/LEFT] [LEFT]Über den Lautsprecher erklang wieder die kalte Frauenstimme: »Willkommen zurück. Heute möchten wir eine ganz besondere Kreation an Ihnen testen. Die Regeln sind dieselben: Sie finden in der Umgebung Waffen, die Sie einsetzen können, um sich zu wehren. Der Versuch endet erst, wenn der Aggressor tot ist – oder Sie!«[/LEFT] [LEFT]Eine besondere Kreatur … Hatten sie wirklich einen Tyrant? Oder war für Umbrella in dieser Phase noch etwas ganz anderes besonders? Nein, sie stellte sich besser auf einen Tyrant ein, statt zu hoffen, dass es etwas anderes war. Sie war schon froh, wenn es sich nicht um Nemesis handelte.[/LEFT] [LEFT]Chris sah sie wieder an. »Worüber grübelst du?«[/LEFT] [LEFT]Sie erwiderte seinen Blick entschlossen. »Darüber, dass wir dieses Ding fertigmachen, egal was es ist. Die wollen S.T.A.R.S.? Wir geben denen S.T.A.R.S.!«[/LEFT] [LEFT]Chris runzelte die Stirn, vermutlich auch wegen ihres Spruchs am Ende, mit dem er nichts anfangen konnte. Sie selbst erinnerte er dagegen an einen Moment, in dem sie über sich hinausgewachsen war und Nemesis endlich geschlagen hatte. Das könnten sie beide gemeinsam erst recht.[/LEFT] [LEFT]Plötzlich lächelte er etwas und hob die Faust, so dass sie mit ihrer dagegen stoßen konnte. »Okay, Partner, dann verlasse ich mich auf dich.«[/LEFT] [LEFT]Das Tor vor ihnen öffnete sich, sie betraten die Halle. Diesmal war keine Schrotflinte im Eingangsbereich, aber dafür ein Sturmgewehr, das Chris direkt an sich nahm. Er bot es ihr an, doch sie schüttelte mit dem Kopf. »Deck mich einfach, bis ich etwas finde.«[/LEFT] [LEFT]Er nickte und lief hinter ihr her, während sie sich weiter umsah. Irgendwo in der Anlage wurde ein Tor gehoben, aber erst war nichts zu hören. Vielleicht war die B.O.W. gerade nicht in der Stimmung zu jagen. Für sie brachte das auf jeden Fall noch einen kleinen Aufschub.[/LEFT] [LEFT]Sie steckte ein Messer ein, an dem sie vorbeikamen, dann entdeckte sie zumindest einen Revolver, den sie auch an sich nahm. Gerade rechtzeitig, denn plötzlich erklangen schwerfällige Schritte. Es waren nicht die von Nemesis, das hörte sie sofort, dafür fehlten die schweren Stiefel.[/LEFT] [LEFT]Chris' Blick ging nervös umher. Jill folgte den Geräuschen, um sich dem Feind entgegenzustellen. Nie wieder wollte sie vor einem seiner Art davonrennen.[/LEFT] [LEFT]Als sie hinter einem Container hervortrat, entdeckte sie den Tyrant – und erkannte sofort, dass es sich um eine Art Prototyp handeln musste. Er war sehniger als die Versionen, die sie kannte, dafür bestand sein rechter Arm fast vollständig aus einer messerscharfen Klaue; sein übergroßes Herz pulsierte ungeschützt außerhalb seines Brustkorbs. Die trüben Augen hatten überhaupt nichts gemein mit dem entschlossenen Blick in Nemesis' Gesicht.[/LEFT] [LEFT]»Was ist das?«, hauchte Chris.[/LEFT] [LEFT]Jill richtete ihre Waffe auf das Wesen, das sie noch nicht bemerkt hatte. »Ein Tyrant.«[/LEFT] [LEFT]Sie spürte, wie Chris sie ansah, wohl auf weitere Erklärungen hoffte, aber ihre Konzentration war vollkommen auf das Monster gerichtet. Dass er sich noch nicht bewegte, beruhigte sie nicht. Vielleicht war er nur ein Ablenkungsmanöver.[/LEFT] [LEFT]»Ziel einfach auf das Herz«, fuhr sie fort. »Alles andere hilft nicht.«[/LEFT] [LEFT]»Woher weißt du das?«[/LEFT] [LEFT]Plötzlich kam Leben in den Tyrant und nahm es ihr ab, eine Erklärung liefern zu müssen. Mit einem Knurren lief er auf sie zu. Jill und Chris schossen gleichzeitig. Blut spritzte, während kleine Bläschen auf dem Herz platzten, aber er hielt nicht inne, sondern kam weiter auf sie zu. Schließlich klickte ihre Waffe nur noch.[/LEFT] [LEFT]Typisch, eine Pistole war einfach kein geeignetes Mittel gegen dieses Monster.[/LEFT] [LEFT]Der Tyrant holte aus und stieß seine Klaue nach vorne. Sie wichen zu unterschiedlichen Seiten aus, Chris brachte sich hinter einem Container in Sicherheit, während Jill weiter im Freien stand. Wieder sah das Wesen für einen Moment so aus, als wüsste es nicht, was es tun sollte. Es war kein Vergleich zu den unabhängigen Bewegungen der Tyrants, die sie so kannte. Unwillkürlich ging ihr Blick nach oben zur Glasfront. Testete man hier einen ferngesteuerten Tyrant? War das möglich?[/LEFT] [LEFT]Plötzlich setzte er sich wieder in Bewegung und kam auf sie zu. Sie wich einem weiteren Angriff aus, seine Klaue bohrte sich in den Boden, wo sie eben noch gestanden hatte.[/LEFT] [LEFT]»Jill!«[/LEFT] [LEFT]Sie sah zu Chris, der in eine Richtung nickte, in der sie noch nicht gewesen waren. Als sie hinüberblickte, entdeckte sie eine großkalibrige Schrotflinte, die ein wenig unscheinbar gegen eine Kiste lehnte. Doch der Tyrant behielt sie weiterhin im Auge und wischte mit seinem Arm nach ihr. Jill sprang zurück, aber die Spitze seiner Klaue erwischte sie dennoch. Sie schrie auf. Heißer Schmerz fuhr durch ihren linken Arm, aber sie glaubte nicht, dass sie infiziert sei, das war gut. Alles andere war nebensächlich.[/LEFT] [LEFT]Chris trat aus seiner Deckung und eröffnete das Feuer wieder. Der Tyrant fuhr herum und konzentrierte sich auf ihn. Jill nutzte diese Gelegenheit, um zur Schrotflinte zu rennen. Auch diese war geladen, gut.[/LEFT] [LEFT]Gerade als sie sich wieder umdrehte, wurde Chris gegen den Container geschleudert. Bedrohlich näherte sich der Tyrant ihm und hob den Arm.[/LEFT] [LEFT]»Nein, Chris!«[/LEFT] [LEFT]Sie hob die Waffe und feuerte, einmal, zweimal. Tatsächlich fuhr die Kreatur wieder herum und starrte sie unverhohlen zornig an. Seine Bewegungen waren plötzlich wesentlich schneller. War die Fernsteuerung ausgefallen? War das überhaupt möglich?[/LEFT] [LEFT]»Gut!«, rief sie ihm entgegen. »Komm zu mir!«[/LEFT] [LEFT]Sie schoss die Schrotflinte immer wieder ab, wobei sie auf das Herz zielte. Teile platzten davon ab, doch das schien ihn nicht weiter zu kümmern, stattdessen kam er immer schneller auf sie zu. Sie wich zurück, bereitete sich auf einen Schluck oder einen Sprung vor – und plötzlich sank der Tyrant mit einem Brüllen auf die Knie. Er war noch nicht tot, aber es genügte erst einmal, dass er sie nicht mehr verfolgte.[/LEFT] [LEFT]Sie umrundete den Tyrant, um zu Chris zu kommen, der sich gerade wieder aufzurichten versuchte. Sein Gesicht war schmerzverzerrt. Bevor sie ihn fragen konnte, wie es ihm ging, deutete er hinter sie. Sie fuhr herum, in der sicheren Erwartung, einen angreifenden Tyrant zu sehen, doch stattdessen blickte sie nur auf dessen Rücken. Das Rückgrat drückte durch die graue Haut – und zwischen den Wirbeln entdeckte sie eine rot glühende Kapsel, die über Kabel mit den Nerven verbunden war. Sie steuerten ihn wirklich![/LEFT] [LEFT]Jill legte die Schrotflinte an, zielte – und erntete nur ein Klicken. Natürlich war die Munition wieder leer, wie immer, wenn man es brauchen könnte.[/LEFT] [LEFT]»Hast du noch Munition?«, fragte sie Chris.[/LEFT] [LEFT]Zur Antwort hob er das Gewehr. Der Lauf war komplett verbogen, absolut unbrauchbar. Aus den Augenwinkeln glaubte sie, hastige Bewegungen hinter der Glasfront oben wahrzunehmen. Vermutlich versuchte man, den Tyrant wieder zum Laufen zu bekommen. Sie musste schneller sein, dafür durfte sie nicht erst Waffen oder Munition suchen.[/LEFT] [LEFT]Kurzentschlossen warf sie die Flinte beiseite und zog das Messer. Mit Anlauf rannte sie auf den Tyrant und sprang auf seinen Rücken. Die Kreatur kreischte, als sie sich an einem der freigelegten Wirbel festhielt, doch Jill kümmerte das nicht. Sie hieb mit dem Messer auf die rote Kapsel ein, eine ölige Flüssigkeit spritzte heraus, brannte auf ihrer Hand, aber sie konnte nicht innehalten. Immer wieder stach sie zu, auch als der Tyrant sich wieder aufrichtete und sie abzuschütteln versuchte; auch als ihr gesamter Körper ächzte und ihre Muskeln sich anfühlten als stünden sie in Flammen.[/LEFT] [LEFT]Erst als ihr Messer an Knochen entlangkratzte, hörte sie auf. Sie ließ den Wirbel wieder los und fiel zu Boden. Die Schmerzen in ihrem Kopf explodierten und erzeugten bunte Lichter und Sterne vor ihren Augen.[/LEFT] [LEFT]Der Tyrant wandte sich ihr zu, sein glühender Blick schien sie aufzuspießen. Sie wollte wegkriechen, aber jede Bewegung fiel ihr so unsagbar schwer und war mit rasenden Schmerzen und Übelkeit begleitet.[/LEFT] [LEFT]»Jill, pass auf!«[/LEFT] [LEFT]Etwas flog durch die Luft. Sie brauchte fast zu lang, um es zu erkennen. Geistesgegenwärtig legte sie sich flach auf den Boden, wandte den Blick ab und presste sich die Hände auf die Ohren. Im nächsten Moment explodierte die Granate bereits, ihr gesamter Körper dröhnte und vibrierte.[/LEFT] [LEFT]War es das? Für sie oder den Tyrant? Oder für sie beide? Sie fühlte sich nicht verletzt, aber andererseits schmerzte ihr gesamter Körper, also wie sollte sie sicher sein?[/LEFT] [LEFT]Plötzlich griff jemand nach ihrem unverletzten Arm und drehte sie auf den Rücken. Durch ein schrilles Pfeifen hörte sie eine Stimme, die ihren Namen sagte. Sie öffnete die Augen und entdeckte Chris, der über ihr lehnte. Er sagte noch etwas, aber ihr klingelndes Trommelfell weigerte sich, die Information aufzunehmen.[/LEFT] [LEFT]Sollte sie aufstehen? War der Tyrant noch nicht tot? Sie hatte sich fest vorgenommen, sich nicht besiegen zu lassen, aber dieser Körper war nicht ihrer, die andere Jill hatte nicht durchgemacht, was ihr widerfahren war, ihre Fitness war nicht auf demselben Level. Außerdem war sie verletzt, ihr Schädel fühlte sich an, als wäre es gespalten worden. Wie sollte sie in diesem Zustand denn überleben, wenn der Tyrant weiter angriff?[/LEFT] [LEFT]Chris' Blick ging in eine andere Richtung, er rief jemandem etwas zu. Kamen Sanitäter, um sie doch noch einmal zusammenzuflicken? Plötzlich erschien noch jemand in ihrem Blickfeld; die Bruchstücke der anderen Jill vibrierten vor Glück. »Albert … du bist hier.«[/LEFT] [LEFT]Er kniete sich neben sie, Chris rief derweil noch nach jemand anderem. Aber durch das dumpfer werdende Klingeln hörte sie nur Alberts Stimme, als er ihr leise antwortete: »Natürlich. Tut mir leid, dass es so lange gedauert hat.«[/LEFT] [LEFT]Sein besorgter Blick sagte ihr, dass sie wohl einen noch schlechteren Eindruck als gedacht machte. Im nächsten Moment kam Rebecca dazu, die sich auch neben sie kniete. »Alles okay, Jill, das wird schon wieder.«[/LEFT] [LEFT]Aber auch ihr Gesichtsausdruck war alles andere als zuversichtlich. Sie holte ein Erste-Hilfe-Spray aus ihrer Tasche, aber auch eine Dose mit mehreren Pillen, von denen sie zwei in Jills Mund legte, mit der Aufforderung, sie einfach zu schlucken. Dann sprühte sie das Spray auf Jills verletzten Arm. In der Entfernung waren Schüsse zu hören.[/LEFT] [LEFT]»Wir müssen hier raus«, sagte Jill leise. »Wir können hier nicht bleiben.«[/LEFT] [LEFT]»Gleich«, erwiderte Albert. »Du kannst gerade noch nirgendwo hin.«[/LEFT] [LEFT]Das konnte Jill nicht akzeptieren. Sie richtete sich auf, obwohl diesmal nicht nur ihr Körper, sondern auch Rebecca, protestierten. »Du kannst noch nicht aufstehen. Du bist vielleicht schwer verletzt!«[/LEFT] [LEFT]»Wir haben keine Zeit, auf einen Rettungswagen zu warten«, erwiderte Jill. »Wir müssen los.«[/LEFT] [LEFT]Albert half ihr glücklicherweise, statt ihr zu widersprechen. Kaum stand sie wieder, legte er ihren unverletzten Arm um seine Schulter. »Danke, Rebecca. Wir kriegen sie hier raus.«[/LEFT] [LEFT]Rebecca runzelte missbilligend die Stirn, doch dann gab sie auf und ging in Richtung der Schüsse davon. Im Laufen zog sie bereits ihre Waffe.[/LEFT] [LEFT]Jill bedanke sich bei Albert, doch er schmunzelte nur. »Ich kenne deinen Dickschädel. Wenn ich nicht nachgebe, versuchst du es trotzdem auf eigene Faust und verletzt dich dabei noch mehr. Das brauchen wir jetzt wirklich nicht.«[/LEFT] [LEFT]Sein Blick wanderte über die Gitter. »Wir müssen jetzt nur noch zusehen, dass wir dich wirklich hier rausbringen. Dich und Chris.«[/LEFT] [LEFT]»Ich hab ihn gefunden.« Ihre Zunge fühlte sich schwer an, fast als wäre sie betrunken, dafür ließen ihre Schmerzen wieder nach.[/LEFT] [LEFT]»Ja, das hast du.« Er führte sie an den traurigen Überresten eines Tyrants vorbei in Richtung der Schleuse.[/LEFT] [LEFT]Erstaunlicherweise kam der Kampflärm nicht von dort, sondern aus der Richtung einer der Gitter. Während sie liefen, wobei sie mehr geschleppt wurde, sah sie verschwommen, wie Billy, Chris und Rebecca auf mehrere Hunter schossen, die in die Anlage schwärmen wollten. An der Schleuse entdeckte sie dagegen Kevin, der ihnen zuwinkte und versicherte, dass alles sicher war. Der Mechanismus war zerstört worden, so dass das Tor nicht mehr geschlossen werden konnte. In ihrem umnebelten Verstand stellte sie sich vor, dass Barry und Enrico draußen die Stellung hielten, um ihren Rückzug zu sichern.[/LEFT] [LEFT]Kurz bevor sie an der Schleuse ankamen, ertönte wieder die Frauenstimme aus dem Lautsprecher: »Was habt ihr vor? Denkt ihr wirklich, ihr kommt hier so einfach raus?«[/LEFT] [LEFT]Albert stoppte nicht. Nur noch ein paar Schritte, dann wären sie an der Schleuse und so gut wie aus diesem Raum raus. Da fuhr die Stimme einschmeichelnd fort: »Albert, willst du dich wirklich gegen deine eigene Schwester stellen?«[/LEFT] [LEFT]Er hielt sofort inne und drehte den Kopf in Richtung der Glasfront. Ein einzelner Schatten starrte von dort oben auf sie herab.[/LEFT] [LEFT]»Da treffen wir uns endlich wieder«, sagte sie, »und du möchtest einfach wieder gehen?«[/LEFT] [LEFT]Es sah aus, als schwankte er zwischen Hoffnung und Unglauben. »Alex?«[/LEFT] [LEFT]»Richtig, Albert. Ich habe dich die ganze Zeit über beobachtet, darauf wartend, dass du endlich bereit bist, einer von uns zu werden. Jetzt ist es fast soweit, aber nicht, wenn du Ms. Valentine zur Flucht verhilfst. Willst du das wirklich alles wegwerfen?«[/LEFT] [LEFT]Albert zögerte. Jills Kehle schnürte sich zusammen. Wäre sie die andere Jill hätte sie ihn bestimmt überzeugen können, nicht auf Alex zu hören, dass er sie hier rausbringen musste, weil er zu ihr gehörte. Sie wäre in der Lage gewesen, ihn vollkommen auf ihre Seite zu ziehen.[/LEFT] [LEFT]Aber sie war nicht die andere Jill, sie konnte nicht auf ihn einwirken. Ihr blieb nur zu hoffen, dass er sich für die richtige Sache entschied.[/LEFT] [LEFT]Allerlei Emotionen spiegelten sich auf seinem Gesicht wider, kämpften miteinander um die Vorherrschaft, die seine nächste Entscheidung leiten würde. Jill wartete bangend auf seine Antwort. Schließlich schmunzelte er ein wenig. »Ich würde lieber sterben, als meine Kollegen euch Aasgeiern zum Fraß vorzuwerfen.«[/LEFT] [LEFT]Jill seufzte erleichtert. Die Bruchstücke der anderen Jill vibrierten glücklich in ihrem Inneren.[/LEFT] [LEFT]»Was für eine törichte Entscheidung.« Alex' Stimme war wieder schneidend kalt. »Aber so sei es, dann stirb hier unten mit deinen Kollegen.«[/LEFT] [LEFT]Der Schatten wandte sich von der Glasfront ab. Nur eine Sekunde später ertönte ein Alarmsignal, gefolgt von einer monotonen Frauenstimme aus den Lautsprechern: »Die Selbstzerstörungssequenz wurde aktiviert. Bitte begeben Sie sich umgehend zu den Notausgängen.«[/LEFT] [LEFT]Orange-farbene Alarmlichter erwachten gemeinsam mit einer Sirene zum Leben. Billy, Chris und Rebecca hasteten in ihre Richtung und direkt an ihnen vorbei zur Schleuse. Erst als Albert sicher war, dass sie alle in Sicherheit kämen, folgte er ihnen.[/LEFT] [LEFT]»Danke«, sagte Jill leise.[/LEFT] [LEFT]Er sah nur kurz zu ihr. »Wofür denn? Ich würde euch niemals im Stich lassen. Der Albert Wesker in deiner Welt mag ein egoistischer Menschenfeind gewesen sein, aber das trifft nicht auf mich zu.«[/LEFT] [LEFT]Ihre Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. »Ich kann wirklich verstehen, warum die andere Jill dich so sehr mag.«[/LEFT] [LEFT]Für einen Augenblick schien er verwirrt über diese Worte, doch als ihm die Bedeutung bewusst wurde, schmunzelte er. »Dann hoffe ich, dass sie irgendwann zurückkommt und ich wieder mit ihr reden kann.«[/LEFT] [LEFT]Das hoffte Jill auch. Für ihn und für die andere Jill, die dann hoffentlich nicht mehr zögerte, ihm zu sagen, was sie dachte oder fühlte, damit sie nichts mehr bereuen müsste. Aber damit sie wieder zurückkommen könnte, müssten sie erst einmal hier heraus – und Jill war sich noch nicht sicher, ob ihnen das einfach so gelingen könnte.[/LEFT] Kapitel 13: Friss das --------------------- [LEFT]Barry erwartete die Gruppe auf dem Gang, direkt neben der Treppe nach oben, vermutlich ging es dort zu der Glasfront, von der aus die Halle beobachtet wurde. Der Alarm schrillte immer noch, hier waren die Warnlichter aber rot.[/LEFT] [LEFT]»Wo sind Enrico und Brad?«, fragte Kevin.[/LEFT] [LEFT]Barry nickte nach oben. »Anscheinend befindet sich in der Richtung ein Notausgang. Den können wir brauchen.«[/LEFT] [LEFT]Jill sah zum Aufzug. Der Türsensor war mit Schaum verklebt worden, so dass sie nicht mehr schloss, damit niemand ihn benutzen konnte, um sie anzugreifen und sie nicht erwartet werden konnten, sobald sie ihn selbst benutzten. Eine Treppe gab es hier vermutlich nicht.[/LEFT] [LEFT]»Barry, Kevin, helft Enrico«, wies Albert an. »Wir folgen euch.«[/LEFT] [LEFT]Die beiden Männer liefen voraus.[/LEFT] [LEFT]»Wir geben euch Rückendeckung«, sagte Rebecca.[/LEFT] [LEFT]Inzwischen hämmerte nur noch Jills Kopf, der Rest ihres Körpers fühlte sich okay, wenngleich ein wenig dumpf an, deswegen schaffte sie es wesentlich schneller, die Treppe nach oben zu nehmen, während Albert sie stützte.[/LEFT] [LEFT]Der Gang führte zu einer Tür, die offensichtlich gesprengt worden war. Dahinter befand sich das Kommandozentrum mit der Glasfront, von dem aus die Kämpfe beobachtet und aufgezeichnet worden waren. Außer Enrico, Brad, Kevin und Barry war niemand hier. Alle Angestellten mussten sich bereits zurückgezogen haben, um rechtzeitig zu evakuieren. Auf einem der Computer konnte Jill sehen, dass es noch dreizehn Minuten bis zur Selbstzerstörung waren.[/LEFT] [LEFT]»Der Aufzug ist hier drüben!«, rief Enrico ihnen aus einer Ecke zu.[/LEFT] [LEFT]All die Beweise, die sie hierlassen müssten, betrübten Jill. Das hier war so eindeutig, dass Umbrella sich nicht einmal mit größter Mühe herausreden könnte. So konnten sie nur weiter auf Alyssa und ihre Reportage vertrauen.[/LEFT] [LEFT]Der Aufzug war glücklicherweise groß genug für sie alle. Vermutlich war er dafür gedacht gewesen, wirklich alle Wissenschaftler dieses Raums auf einmal zu evakuieren, falls etwas schiefgehen sollte. Alle waren angespannt, während sie auf die Lichter starrten, die ihnen anzeigten, in welchem Stockwerk sie aktuell waren. Besonders Chris atmete schwer. Er war so kurz davor, hier herauszukommen, nach so langer Zeit, bestimmt konnte er es noch nicht glauben.[/LEFT] [LEFT]»Alles okay?« Alberts Stimme lenkte Jills Aufmerksamkeit auf ihn. »Hast du noch Schmerzen?«[/LEFT] [LEFT]»Bis auf meinen Kopf ist alles gut. Du musst mich auch nicht mehr stützen.«[/LEFT] [LEFT]Ihr schien, er wollte widersprechen, wahrscheinlich machte er sich weiterhin Sorgen. Aber ihm wurde wohl bewusst, dass sie schneller wären, wenn er sie wieder selber laufen ließ. Also wehrte er sich nicht, als sie ihren Arm senkte und sich wieder aufrecht hinstellte.[/LEFT] [LEFT]Der Aufzug entließ sie in eine Halle, die der Lobby ähnelte, es fehlte lediglich der Empfangstresen. Der Ausgang war allerdings versperrt. Everill stand davor, direkt neben einem verhüllten Objekt. Selbst in diesem Moment hatte Everill ein süffisantes Grinsen im Gesicht, obwohl die Waffen aller S.T.A.R.S.–Mitglieder auf ihn gerichtet waren. »Wie schade, dass Sie uns alle schon verlassen wollen. Besonders Mr. Redfield war uns ein gern gesehener Gast.«[/LEFT] [LEFT]»Treten Sie einfach beiseite!«, forderte Albert.[/LEFT] [LEFT]Everill lachte. »Ich bitte Sie. Als ob einer von Ihnen wirklich schießen würde. Ms. Valentine hatte die Gelegenheit dazu bei unserer ersten Begegnung und hat es dennoch nicht getan.«[/LEFT] [LEFT]Die Bruchstücke der anderen Jill vibrierten in ihrem Inneren. Eine fremde Erinnerung zuckte durch ihren Kopf, zeigte ihr Everill in einem Überwachungsraum, sie fühlte Verwirrung durch ihren Körper fließen – und dann ein Schlag gegen ihre Stirn, ein Sturz zu Boden, Dunkelheit.[/LEFT] [LEFT]»Sie haben mich niedergeschlagen!«[/LEFT] [LEFT]Die anderen warfen ihr kurze Blicke zu, nur um sich erneut auf Everill zu konzentrieren, als er in seine Tasche griff. »Bravo, Ms. Valentine. Offenbar erinnern Sie sich ja doch noch an mich. Wie schade, dass wir das hier aber schon beenden müssen.«[/LEFT] [LEFT]»Fein«, knurrte Albert. »Wir werden nicht schießen, aber wir verhaften Sie hiermit wegen Körperverletzung!«[/LEFT] [LEFT]Everill zog eine Fernbedienung aus der Tasche. »Versuchen Sie lieber, ihn zu verhaften.«[/LEFT] [LEFT]In einer fließenden Bewegung zog er das Tuch von dem Gegenstand neben sich – und enthüllte damit einen reglosen Tyrant. Aber dieser hier war anders. Seine Muskeln waren ausgeprägter, sein Kopf irgendwie größer, und vor allem war das Herz gepanzert. Jill fluchte innerlich, als die Stimme verkündete, dass ihnen nur noch zehn Minuten zur Evakuierung blieben.[/LEFT] [LEFT]»In der Kampfsimulation haben Ms. Valentine und Mr. Redfield heute gegen den Prototypen unseres wunderschönen Tyrants gekämpft, der die üblichen Schwächen aufwies. Bei diesem Exemplar, das hoffentlich bald in Serie gehen wird, haben wir extra darauf geachtet, diese auszumerzen. Er wird über diese Fernbedienung gesteuert, die bei Bedarf auch Bomben in seinem Körper zündet, um ihn jederzeit unter Kontrolle zu halten. Beeindruckend, nicht wahr?«[/LEFT] [LEFT]»Das ist krank!«, erwiderte Chris. »Ihr gehört für eure Verbrechen angezeigt!«[/LEFT] [LEFT]»Legen Sie die Fernbedienung hin!«, verlangte Albert.[/LEFT] [LEFT]Everill grinste siegessicher – und erstarrte plötzlich, jegliche Farbe wich aus seinem Gesicht. Jill benötigte einen Moment, bis sie erkannte, dass sich die Klaue des Tyrants in seinen Oberkörper gebohrt hatte.[/LEFT] [LEFT]»Das kann nicht sein«, sagte er, Blut lief aus seinem Mundwinkel. »Er ist noch gar nicht akti...«[/LEFT] [LEFT]Seine Stimme erstarb. Mühelos schleuderte der Tyrant ihn gegen die nächste Wand. Die Fernbedienung fiel klappernd zu Boden.[/LEFT] [LEFT]Der Tyrant wandte sich ihnen zu. Nun stand er zwischen ihnen und dem Ausgang. Seine schwarzen Augen zeigten keine Regung, aber sie wusste, dass er sie nicht gehenlassen würde – dafür waren Tyrants, die gnadenlosen Killermaschinen, nicht gemacht.[/LEFT] [LEFT]Kevin warf eine Granate, die genau vor dem Feind landete. Doch der Tyrant wischte sie mit einer einfachen Handbewegung beiseite, so dass sie an einer Wand explodierte und dort ein Loch hineinriss. Dann kam er mit langsamen Schritten in ihre Richtung.[/LEFT] [LEFT]»Schießt, schießt!«[/LEFT] [LEFT]Alle bewaffneten S.T.A.R.S. schossen auf den Tyrant, doch natürlich verpufften die Patronen geradezu wirkungslos in der dicken Haut der Kreatur. Jill hatte keine Waffe, deswegen blieb ihr nur, ihn zu beobachten und zu überlegen. Everill hatte gesagt, der Tyrant sei nicht aktiviert, aber dennoch hatte er angegriffen – und zwar zuerst die Person, die ihn eigentlich steuern sollte. Als hätte er versucht, sich selbst vor etwas zu schützen.[/LEFT] [LEFT]Plötzlich sprang der Tyrant auf sie zu. Sie stoben auseinander, Jill stürzte zu Boden, Brad schrie auf. Als sie zu ihm sah, stellte sie erleichtert fest, dass er weit weg vom Tyrant gelandet war – aber so wie er sich den rechten Arm hielt, sah es aus, als wäre er beim Ausweichen verletzt worden. Ähnliches galt für Chris, dem es sichtbar schwer fiel, sich noch lange auf den Beinen zu halten.[/LEFT] [LEFT]Die anderen schossen weiter, immer noch ohne nennenswertes Ergebnis.[/LEFT] [LEFT]»Was sollen wir tun?!«, rief Rebecca.[/LEFT] [LEFT]Von ihrer Stimme alarmiert, wandte der Tyrant sich ihr zu. Mit einer erstaunlichen Geschwindigkeit rannte er in ihre Richtung, dabei holte er mit der Klaue aus, um sie aufzuspießen. Rebecca starrte ihm entgegen – und wurde plötzlich gepackt und zur Seite gerissen. Erst als sie in Sicherheit landete, erkannte Jill, dass es Billy gewesen war, der sie gerettet hatte. Dafür prangte auf seinem Arm nun eine neue Schnittwunde.[/LEFT] [LEFT]Die Stimme verriet, dass sie noch fünf Minuten bis zur Selbstzerstörung hätten. Inzwischen waren sie alle derart weit versprengt in der Halle, dass sie niemals alle sicher entkommen könnten. Aber sie war nicht bereit, auch nur einen von ihnen zu opfern.[/LEFT] [LEFT]Ihr Blick wanderte wieder zu Everills Leiche. Dass er tot war, kümmerte sie nicht weiter. Er war nur ein kleines Licht gewesen, deswegen hatte er es auch nur geschafft, sie niederzuschlagen, statt sie direkt mitzunehmen. Was war so bedrohlich an ihm gewesen?[/LEFT] [LEFT]Die Fernbedienung lag mehrere Meter entfernt. Wenn sie nur bis dorthin käme, könnte sie den Tyrant mit den Bomben aufhalten.[/LEFT] [LEFT]Sie richtete sich unter neuen Schmerzen auf, schwankte ein wenig, dann schlurfte sie hinüber. Ihr Kopf schien bei jeder Bewegung zu schwimmen, fast wäre sie noch einmal gestürzt.[/LEFT] [LEFT]»Jill!«[/LEFT] [LEFT]Sie wandte den Blick und wurde blass, als sie sah, wie der Tyrant auf sie zukam. Bislang hatte er sie vollkommen ignoriert, warum …?[/LEFT] [LEFT]Bei der Erkenntnis weiteten sich ihre Augen. Natürlich! Er musste verstanden haben, was die Fernbedienung bewirkte, deswegen hatte er Everill zuerst ausgeschalten![/LEFT] [LEFT]Sie lief schneller, ignorierte den Schmerz und das Schwimmen in ihrem Kopf. Immer wieder warf sie einen Blick hinter sich, beobachtete, wie der Tyrant sich näherte, obwohl die anderen immer noch auf ihn schossen und nach ihm riefen. Selbst eine weitere Granate wurde von der Kreatur lediglich mit einer kurzen Bewegung wieder abgewehrt.[/LEFT] [LEFT]Er hob seine scharfe Klaue. Sie hechtete nach vorne, erwartete dennoch den Schmerz. Ein Knall ließ ihre Ohren noch einmal klingeln. Ihre Hand erreichte die Fernbedienung. Sie sah noch einmal über die Schulter, ihr Herz setzte für einen kurzen Moment aus.[/LEFT] [LEFT]Albert stand zwischen ihr und dem Tyrant, die Waffe immer noch erhoben. Seine Kugel hatte den Tyrant genau zwischen die Augen getroffen – aber die Kreatur bewegte sich immer noch. Mit einem Brüllen fegte er Albert wie ein störendes Insekt beiseite. Er stieß ein schmerzerfülltes Keuchen aus, als er mit dem Rücken gegen die Wand prallte.[/LEFT] [LEFT]Die Bruchstücke der anderen Jill schmerzten im Einklang, ließen Jills Atem knapp werden. Entschlossen sah sie den Tyrant an, der zum Angriff ansetzte. »Friss das, Arschloch!«[/LEFT] [LEFT]Sie presste ihre Hand auf die Fernbedienung, um jeden einzelnen Schalter zu drücken. Der Tyrant hielt in der Bewegung inne, sie befürchtete schon, dass es nichts gebracht hatte und sie nun alle sterben müssten – doch plötzlich platzten faustgroße Teile aus seinem Körper. Er schrie vor Schmerzen, fiel zu Boden, als eines seiner Beine explodierte und wand sich dort.[/LEFT] [LEFT]Sie stand auf, hielt aber ihren Abstand zu ihm, während er mit seinen noch vorhandenen Körperteilen wild in alle Richtungen schlug und dabei zähflüssiges Blut in der Umgebung verteilte.[/LEFT] [LEFT]Dann erstarrte er plötzlich. Als er zu ihr sah, bemerkte sie, dass seine Augen bluteten. Zufrieden blickte sie auf ihn herab. Er war kein Nemesis, er würde nicht einfach mutieren und dann zurückkehren, um sie wieder heimzusuchen. Sie hatte dieses Mistvieh fertiggemacht.[/LEFT] [LEFT]Etwas knackte in seinem Kopf, sein Körper erschlaffte. Er war tot.[/LEFT] [LEFT]Gleichzeitig verriet die Stimme, dass sie nur noch zwei Minuten Zeit hätten. Sie eilte zu Albert hinüber, wo Enrico gerade dabei war, ihm aufzuhelfen.[/LEFT] [LEFT]»Alles okay mit ihm?«, fragte sie hastig.[/LEFT] [LEFT]»Ich kann laufen«, antwortete Albert selbst, dabei hielt er sich die Rippen. »Wir müssen hier weg! Los!«[/LEFT] [LEFT]Keiner wagte mehr, Widerworte zu geben. Sie liefen zum Ausgang, der entgegen Jills Befürchtungen tatsächlich offen war. Er entließ sie in einen großen Parkplatz, der mit Geländewagen gefüllt war, auf denen U.B.C.S. stand und die eine Barriere bildeten. Sie konnte das noch gar nicht richtig verarbeiten, da entdeckte sie Carlos vor den Autos, der ihnen zuwinkte. »Kommt schon!«[/LEFT] [LEFT]Er war wirklich hier, um zu helfen! Das hatte sie nicht erwartet.[/LEFT] [LEFT]Enrico schob sie an, damit sie weiterlief. Die anderen kletterten bereits hinter die Barriere. Jill tat es ihnen nach, dann presste sie sich mit dem Rücken gegen das Fahrzeug, legte sich beide Hände auf die Ohren und bereitete sich auf die Schockwelle der Explosion vor. Sie sah zu den anderen, stellte noch einmal sicher, dass sie alle hier waren, dass keiner von ihnen schwer verletzt war. Besonders bei Chris hielt sie länger inne. Sie hatten es wirklich geschafft, ihn zu retten. Er war sicher. Die andere Jill konnte zufrieden sein.[/LEFT] [LEFT]Plötzlich explodierte die Welt in einem Knall. Ihr gesamter Körper dröhnte, das Fahrzeug hinter ihr vibrierte, Scherben regneten auf sie herab. Für einen schrecklichen Moment dachte sie wieder an die Explosion zurück, die Raccoon City zerstört hatte, wie eine ganze Stadt innerhalb nur einer Sekunde ausgelöscht worden war.[/LEFT] [LEFT]Diesmal war das jedoch nicht so, die Stadt existierte noch. Die verbliebenen S.T.A.R.S. ebenso. Es war ihr gelungen, jeden von ihnen in Sicherheit zu bringen.[/LEFT] [LEFT]Die Druckwelle ebbte ab, doch im selben Moment war ihr, als versuche jemand ihren Schädel mit einem Meißel zu spalten, während sie gleichzeitig in einem Sturm auf hoher See waren. Stöhnend hielt sie sich den Kopf und schloss die Augen, hoffend, dass alles aufhörte, sich zu drehen und zu blinken. Blut lief aus ihrer Nase, irgendjemand rief ihren Namen.[/LEFT] [LEFT]Schlagartig hörte die Welt auf, sich zu drehen und versank dafür in einer unendlichen Schwärze, die selbst alle Geräusche und Gefühle verschluckte. Sie bemerkte nicht einmal mehr, wie ihr Körper umkippte und auf dem Boden aufkam.[/LEFT] Kapitel 14: Nenn es weibliche Intuition --------------------------------------- [LEFT]Als sie wieder erwachte, wusste sie sofort, dass sie zurück im Krankenhaus war, und das mit hoher Wahrscheinlichkeit bedeutete, dass sie immer noch nicht in ihrer Welt war. Etwas presste auf ihren Kopf, der nur noch etwas dumpf war. Blumenduft stieg in ihre Nase, das war zumindest fast wie zu Hause.[/LEFT] [LEFT]Sie öffnete die Augen. Die einfache weiße Decke über ihr und das einfallende Sonnenlicht durch die Fenster verrieten ihr zumindest, dass sie nicht mehr bei Umbrella eingesperrt war. Sie waren alle entkommen – das ließ sie zufrieden seufzen. Im selben Moment bewegte sich jemand im Zimmer und trat neben ihr Bett. Es wunderte sie gar nicht, dass es Albert war, deswegen lächelte sie ihn sofort erschöpft an. »Hey.«[/LEFT] [LEFT]Er wirkte müde, als hätte er eine Weile nicht richtig geschlafen, aber er hob einen Mundwinkel. »Gleichfalls hey. Wie fühlst du dich?«[/LEFT] [LEFT]»Groggy. Hast du das Kennzeichen von dem Laster, der mich überfahren hat?«[/LEFT] [LEFT]»Dein Humor ist wenigstens noch intakt. Also kann es dir nicht so schlecht gehen.«[/LEFT] [LEFT]Mit seiner Hilfe setzte sie sich vorsichtig aufrecht hin, um sich besser umzusehen. Sie hatte ein Einzelzimmer, in dem sogar ein Sofa stand, auf dem eine Decke und Alberts Jackett lag. Hatte er hier etwa geschlafen?[/LEFT] [LEFT]Von den anderen war nichts zu sehen. Während sie den Kopf drehte, bemerkte sie noch mehr, dass etwas darauf drückte. Ihre Hand ertastete einen dicken Verband. »Was ist passiert?«[/LEFT] [LEFT]Er erzählte ihr, dass sie nach ihrem letzten Ohnmachtsanfall direkt ins Krankenhaus gekommen war, wo man festgestellt hatte, dass sie eine Hirnblutung aufwies. »Deswegen bist du sofort operiert worden. Aber die Ärzte sagen, es ist alles gut gelaufen.«[/LEFT] [LEFT]Nach den Schmerzen bei der Flucht wunderte es sie gar nicht, dass da eine größere Verletzung dahintergesteckt hatte. Sie war nur froh, dass es gut ausgegangen war. Nicht, weil sie sich Sorgen um ihr Leben hier machte – immerhin bestand die Chance, dass sie einfach zu Hause wach wurde – aber sie wollte nicht, dass der anderen Jill etwas Schlimmes zustieß, das hatte sie nicht verdient.[/LEFT] [LEFT]»Du brauchst jetzt etwas Bettruhe, dann sollte es dir bald wieder besser gehen.«[/LEFT] [LEFT]Bettruhe, großartig. Genau wie in ihrer Welt. Warum war sie überhaupt noch hier? Nachdem das mit Chris geklärt war, könnte sie jetzt versuchen, irgendwie nach Hause zu kommen, zu ihrem Chris, der sich hoffentlich nicht wundern musste, was mit ihr los war.[/LEFT] [LEFT]»Was ist mit deiner Verletzung?«, fragte sie.[/LEFT] [LEFT]»Ach, nur eine angebrochene Rippe. Ich habe jede Menge Schmerzmittel intus, um nichts mehr zu spüren. Ich darf keine anstrengenden Arbeiten verrichten oder schwere Dinge heben. Also erst einmal keine Aktenarbeit mehr für mich.« Er schmunzelte.[/LEFT] [LEFT]Sie atmete erleichtert auf. Nachdem sie ihn gegen die Wand hatte fliegen sehen, hatte sie wirklich befürchtet, dass ihm etwas Schlimmes zugestoßen wäre.[/LEFT] [LEFT]Ihr Blick wanderte zu den zwei Blumensträußen, die auf ihrem Nachttisch standen. Albert folgte dem, um direkt eine Erklärung zu liefern: »Der eine ist von Barrys Frau. Der andere von Carlos Oliveira.«[/LEFT] [LEFT]Bei dem letzten Satz runzelte er die Stirn. »Er sagte, du sollst ihn als Entschuldigung sehen, weil er dir nicht sofort geglaubt hat und du deswegen einiges mitgemacht hast. Aber ich glaube dir ja, daher kannst du es mir sagen: Kann es sein, dass du ihn aus deiner Welt schon kanntest und ihm deswegen eine so wichtige Aufgabe gegeben hast? Das hätte nämlich echt schief gehen können.«[/LEFT] [LEFT]Sie lächelte schelmisch. »Ja, tatsächlich. Er sieht anders aus, aber ich hab Carlos getroffen, als ich damals aus Raccoon City geflohen bin. Wir haben uns gegenseitig geholfen, um zu entkommen. Darum wusste ich, dass er eigentlich ein guter Kerl ist.«[/LEFT] [LEFT]Er sah immer noch unzufrieden aus, aber ihr war nicht danach, ihn damit aufzuziehen, dass er anscheinend eifersüchtig war. Vielleicht machte er sich wirklich nur Gedanken darüber, was alles hätte schiefgehen können, wenn Carlos nicht zu ihm gekommen wäre.[/LEFT] [LEFT]»Was ist mit den anderen?«, fragte sie. »Geht es allen gut?«[/LEFT] [LEFT]Er lächelte ihr beruhigend zu. »Ja, keine Sorge. Billy und Brad durften nach einer ambulanten Behandlung direkt nach Hause, die anderen sind mit Schrammen davongekommen. Chris liegt im Zimmer nebenan. Dafür, dass er so lange bei Umbrella war, hat er sich echt gut gehalten.«[/LEFT] [LEFT]»Ja, das habe ich auch schon gedacht.«[/LEFT] [LEFT]»Wenn Dr. Hamilton später die Erlaubnis gibt, sorge ich dafür, dass alle dich besuchen kommen. Jeder von ihnen hat sich Sorgen gemacht.«[/LEFT] [LEFT]Wahrscheinlich könnte sie erst glauben, dass wirklich alles in Ordnung war, wenn alle versammelt wären, deswegen nickte sie dazu. Vor allem, da sie noch etwas anderes interessierte: »Was ist jetzt mit Umbrella?«[/LEFT] [LEFT]Er ging zum Sofa und förderte unter seinem Jackett eine Zeitung zutage, die er ihr reichte. »Ist heute rausgekommen. Alle sind in heller Aufregung deswegen.«[/LEFT] [LEFT]Die Schlagzeile kündete von Umbrellas unzähligen Lügen und erklärte das direkt am Beispiel des Arklay-Anwesens-Zwischenfall, für den Alyssa nun Beweise vorlegen konnte. In ihrem Artikel berichtete sie von all den Zusammenhängen, die sie auch im Büro entdeckt hatten, von den unmenschlichen Experimenten und den darin verwickelten Politikern, insbesondere Bürgermeister Warren und Polizeichef Irons, unerwähnt blieb auch nicht der Überfall auf J's Bar und die Infizierte. Sie endete mit der Explosion des R&D Centers, das bedauerlicherweise weitere Beweise vernichtet habe, aber sie kündigte bereits an, in Gesprächen mit Leuten zu stehen, die darüber berichten könnten, was im Inneren geschehen war. Bestimmt meinte sie Chris oder sonstige Mitglieder von S.T.A.R.S.[/LEFT] [LEFT]Albert wartete geduldig, bis sie mit dem Lesen fertig war. Erst als sie ihn wieder ansah, sagte er etwas: »Umbrella ist erledigt. Da können sie sich nicht mehr rausreden, sogar die Regierung hat bereits angekündigt, sich der Sache anzunehmen. Einige der Funktionäre sollen schon das Land verlassen haben.«[/LEFT] [LEFT]Und das alles ohne dass Raccoon City dem Erdboden gleichgemacht oder einer von ihnen von Nemesis verfolgte wurde. Es war gut gelaufen in dieser Zeit. Die andere Jill könnte sich glücklich schätzen, sobald sie zurück wäre.[/LEFT] [LEFT]Sie atmete auf. Die Erleichterung brachte aber auch eine bleierne Müdigkeit mit sich, deswegen legte sie sich vorsichtig wieder hin.[/LEFT] [LEFT]»Die Narkose wirkt vermutlich noch nach«, sagte Albert. »Ruh dich etwas aus, ich bleibe hier. Dir wird nichts passieren.«[/LEFT] [LEFT]Tatsächlich glaubte sie ihm das. Er war sogar gekommen, um sie zu retten, also fühlte sie sich in seiner Anwesenheit sicher. Er war nicht Wesker, er war Albert, und er würde ihr nie etwas antun. »Danke.«[/LEFT] [LEFT]»Nichts zu danken«, wehrte er ab. »Du hast uns so viel geholfen, da ist dies das mindeste.«[/LEFT] [LEFT]Sie schloss die Augen, zufrieden über ihre Ergebnisse und voller Erwartung, was noch käme.[/LEFT] [LEFT] [/LEFT] [LEFT]Am Abend war sie wieder wach, hatte Untersuchungen hinter sich gebracht und die Erlaubnis bekommen, größeren Besuch zu empfangen, solange sie das Bett nicht verließ. Albert hatte sein Versprechen gehalten und alle S.T.A.R.S. in ihrem Zimmer versammelt, sowie Claire – und eine riesige Auswahl an Fast Food, die vor allem von Chris mit leuchtenden Augen begutachtet wurde. Die Pepperoni-Pizza hatte Party-Größe, es waren genug Burger und Pommes für jeden von ihnen, dazu Chicken Wings und sogar Donuts. Keiner von ihnen würde hungrig enden.[/LEFT] [LEFT]»Ist das überhaupt gut für die beiden?«, fragte Enrico und nickte zu Chris und Jill.[/LEFT] [LEFT]»Ja«, stimmte Rebecca zu, »da sind nicht viele Nährstoffe enthalten, aber genau das brauchen die beiden eigentlich gerade. Vor allem Chris.«[/LEFT] [LEFT]»Komm schon«, sagten Billy und Kevin gleichzeitig, nur um sich dann einen finsteren Blick zuzuwerfen.[/LEFT] [LEFT]Albert lächelte mild. »Das ist nur eine kleine Aufmerksamkeit von mir als Ex-Chef. Die beiden haben es sich verdient.«[/LEFT] [LEFT]Alle Augen hefteten sich sofort auf Albert. Er hob die Schultern ein wenig. »Ich hab den Anruf vorhin bekommen. Alex ist noch da draußen, man befürchtet, dass unsere Verwandtschaft mich in dieser Sache beeinflussen könnte.«[/LEFT] [LEFT]»Das ist echt unfair«, sagte Claire. »Warum müssen die Verwandten immer unter so etwas leiden?«[/LEFT] [LEFT]»Also wenn du eine Schurkin wärst, würde ich dich auch nicht verhaften«, erwiderte Chris. »Ich würde dir nur ins Gewissen reden, bis du damit aufhörst.«[/LEFT] [LEFT]Claire lachte und klopfte ihm auf die Schulter. »Touché.«[/LEFT] [LEFT]Enrico wandte sich von dieser rührenden Szene ab, um wieder Albert anzusprechen: »Ich traue dir durchaus zu, dass du deine Pflicht von ihr trennen kannst. Sollen wir alle gemeinsam noch einmal mit den Verantwortlichen sprechen?«[/LEFT] [LEFT]Chris, Barry und Brad stimmten direkt zu und versicherten, ein gutes Wort für ihn einzulegen. Doch Albert schüttelte mit dem Kopf. »Das ist schon in Ordnung. Ich übergebe die S.T.A.R.S. in deine fähigen Hände, Enrico, bis Alex gefasst ist. Ihr schafft das bestimmt auch ohne mich.«[/LEFT] [LEFT]Die anderen schwiegen bedauernd. Jill konnte derweil nur daran denken, dass es auch schlimmer hätte enden können – indem die S.T.A.R.S. komplett aufgelöst wurden, zum Beispiel. Aber das erwähnte sie lieber nicht.[/LEFT] [LEFT]»Es ist wirklich in Ordnung«, beteuerte Albert. »Ich vertraue darauf, dass ihr das schnell hinbekommt und dann kann ich auch wieder zurückkommen.«[/LEFT] [LEFT]Die anderen nickten entschlossen. Jill lächelte. Jeder von ihnen hatte Interesse daran, dass Albert sie weiter anführte. So, wie es sein musste.[/LEFT] [LEFT]Zufrieden bediente sie sich an einem der Burger, was für Chris offenbar auch das Signal war, sich endlich von der Pizza zu nehmen. Die anderen folgten ihrem Beispiel und schnappten sich ebenfalls etwas. Auch wenn Rebecca immer noch leise bemerkte, dass das Essen nicht genug Nährstoffe für Chris hätte.[/LEFT] [LEFT]Nach einigen Bissen fiel ihm dann noch etwas ein: »Ach ja, Jill, du hast mir noch nicht geantwortet, woher du die Schwachstelle dieses Tyrants kanntest.«[/LEFT] [LEFT]Stimmt, das war sie ihm schuldig geblieben. Sie hatte gehofft, er würde sich nicht daran erinnern, aber offenbar nagte das noch an ihm. Aber jetzt wollte sie ihm noch weniger von ihrer Vergangenheit erzählen, während alle anderen zuhörten. Deswegen hob sie die Schultern. »Nenn es weibliche Intuition.«[/LEFT] [LEFT]Albert sah sie schmunzelnd an, sie lächelte nur. Chris runzelte derweil die Stirn. »Na ja, das Herz hat sehr auffällig geglüht, also … hast du wohl geschlussfolgert.«[/LEFT] [LEFT]»Ja, so wird es gewesen sein«, stimmte sie zu.[/LEFT] [LEFT]Während er seine Pizza aß, musterte er sie misstrauisch. Barry schüttelte aber nur mit dem Kopf. »Ist im Endeffekt doch auch egal, oder? Hauptsache, wir sind alle hier. Und wir sorgen auch dafür, dass Wesker wieder unser Captain wird.«[/LEFT] [LEFT]Albert lächelte ihm zu. »Danke, Barry. Ich schätze mich wirklich glücklich, euch als Team zu haben. Auch dich, Billy. Du hast uns gestern wirklich sehr geholfen.«[/LEFT] [LEFT]Er zuckte mit den Schultern, wandte aber ein wenig den Blick ab. »Das war doch gar nichts. Ich hab schon Schlimmeres durchgemacht.«[/LEFT] [LEFT]»Ich hoffe«, fuhr Albert fort, »dass wir irgendwann wieder so als Team zusammenarbeiten können. Wir werden nicht zulassen, dass uns noch einmal jemand so kalt erwischt wie Umbrella. In Zukunft werden wir die Jäger sein, und unsere Feinde die Beute.«[/LEFT] [LEFT]»Hört, hört«, sagten sie alle und hoben dabei ihre Gläser.[/LEFT] [LEFT]»Das war kein Toast«, erwiderte er lachend. »Aber schön, dass ihr mir zustimmt.«[/LEFT] [LEFT]»Können wir jetzt die schwere Stimmung hinter uns lassen?«, fragte Kevin. »Wir wollten doch alle feiern, dass wir noch leben!«[/LEFT] [LEFT]Billy deutete in seine Richtung. »Ausnahmsweise gebe ich ihm recht.«[/LEFT] [LEFT]Albert lachte noch einmal, ein Geräusch, das die Bruchstücke der anderen Jill freudig vibrieren ließ. Allgemein herrschte nun dieses warme Gefühl in ihrer Brust vor, das sie so zuvor noch nie gespürt hatte – außer wenn sie an ihren Chris dachte, den sie gerade wieder mehr vermisste als zuvor. Er würde sie niemals so misstrauisch ansehen wie dieser Chris, das hatte er nicht einmal getan, als sie eine Feindin wider Willen gewesen war.[/LEFT] [LEFT]Trotz der ausgelassenen Feierlaune, die nun vorherrschte, während sie aßen und tranken und sich über alles mögliche unterhielten – wobei Rebecca gern betonte, wie oft Billy inzwischen ihr Leben gerettet hatte und Claire wieder darüber sprach, wie Chris ihr das Schießen beigebracht hatte, und sie dennoch nicht bei der Rettung helfen durfte, was sie immer noch übelnahm, obwohl Enrico wieder erklärte, dass es einfach zu gefährlich für Zivilisten geworden wäre – fühlte Jill sich einfach nur noch fehl am Platz. Das alles hier, der Moment, gehörte eigentlich der anderen Jill, und sie hätte ihr diesen zu gern einfach abgegeben. Deswegen war sie stiller als die anderen, lauschte ihnen einfach nur und hoffte, dass die Erinnerung an all das hier in ihrem Gedächtnis gespeichert wurde, damit die andere Jill, wenn sie irgendwann zurückkam, all das abrufen könnte.[/LEFT] [LEFT]Innerlich glaubte sie, eine leise Stimme zu hören, die ihrer ähnelte und leise seufzend ein verträumtes Danke ausstieß. Die andere Jill war glücklich, seit langer Zeit endlich einmal wieder, und das nicht zuletzt durch Albert, der neben ihrem Bett saß, redete und lachte, bis er ihren Blick bemerkte und sie anlächelte. Die Wärme in ihrer Brust wuchs bis ins Unermessliche – und dann waren da keine Bruchstücke mehr. Die einzelnen Teile hatten sich zusammengefügt, zu einem großen Ganzen; auch ohne eine wissenschaftliche Erklärung dafür zu kennen, wusste sie, dass ihr nächster Schlaf sie endlich wieder in ihre eigene Welt zurückbrächte. Und obwohl sie die S.T.A.R.S.–Mitglieder und vor allem Albert vermissen würde, freute sie sich bereits darauf, ihren Chris wiederzusehen, und ihm dann endlich das zu sagen, was sie schon seit einer Ewigkeit tun wollte.[/LEFT] [LEFT]Vorher würde sie aber den restlichen Abend noch mit allen hier verbringen und es genießen, in einer Welt zu sein, in der Albert Wesker ein guter Mann war, in der Raccoon City noch existierte und in der es keinen derart ausgeprägten Bio-Terrorismus gab, wo sie alle so jung waren, zusammensitzen und lachen konnten.[/LEFT] [LEFT]Für diesen Moment war alles gut. Alles war perfekt. Und Jill liebte es.[/LEFT] Kapitel 15: Ich will nichts bereuen ----------------------------------- [LEFT]Der Abend war lang gewesen und hatte Jill so sehr erschöpft, dass sie sich nicht einmal angemessen von allen verabschieden konnte – irgendwann war eine Krankenschwester hereingekommen, um alle freundlich aber bestimmt hinauszubegleiten. Kurz danach war sie bereits eingeschlafen gewesen – und nach einem tiefen traumlosen Schlaf wieder erwacht.[/LEFT] [LEFT]Sie spürte sofort, dass etwas anders war. Es gab keine stechende Infusionsnadel mehr in ihrer Hand, um ihren Kopf war kein Verband geschlungen, dafür war ihr Haar länger, und in ihrer Brust war die eigentümliche Wärme verschwunden. Noch im Halbschlaf gab es daher keinen Zweifel mehr für sie, dass sie zurück war.[/LEFT] [LEFT]Diese Erkenntnis ließ ihr die Tränen in die Augen schießen. Nie wieder würde sie Enrico oder Brad sehen, die damals gestorben waren, niemals mehr mit den S.T.A.R.S. auf Mission gehen oder durch die Straßen von Raccoon City schlendern – und schon gar niemals den netten Albert Wesker wiedersehen, der sich immer solche Gedanken um sie gemacht und ihr sogar diese abenteuerliche Geschichte mit der anderen Welt geglaubt hatte. Sie konnte nur hoffen, dass seine Jill zurück war und sie beide ein glückliches Ende bekamen. Und obwohl sie bekommen hatte, was sie wollte – nämlich ihre Heimkehr – wollten ihre Tränen erst einmal nicht mehr versiegen. Die Wissenschaftler, die eigentlich wegen Tests gekommen waren, taten ihr Bestes, sie zu trösten, aber da keiner von ihnen wusste, was los war, gab es nichts, was sie ausrichten konnten.[/LEFT] [LEFT]Es dauerte eine Stunde, bis sie sich wieder genug gefangen hatte, um Informationen einzuholen. Dann erfuhr sie, dass das Datum dem Tag entsprach, nachdem sie hier ursprünglich eingeschlafen war. Also war sie für die Leute hier überhaupt nicht weg gewesen. Das beruhigte sie, denn es sagte ihr, dass die andere Jill sich hier nicht mit Verwirrung und Langeweile hatte herumplagen müssen, genauso wenig wie Chris, den sie unbedingt sehen wollte. Aber er sollte sie nicht in diesem Zustand erleben, sie wollte sich erst weiter beruhigen, deswegen rief sie ihn nicht an.[/LEFT] [LEFT]Umso größer war ihre Überraschung, als während des Mittagessens die Tür zu ihrem Zimmer geöffnet wurde – und Chris hereinkam. Er trug Zivilkleidung, sah ansonsten aber so kernig aus wie in ihrer Erinnerung, mit einer Miene, die so düster war, als hätte er alles Leid dieser Welt erblickt. Vielleicht hatte er das sogar, wenn sie bedachte, an wie vielen Anti-Terror-Einsätzen er bereits beteiligt gewesen war und dass er zweimal sein gesamtes Team verloren hatte. Das waren Erlebnisse, die nicht einfach so an einem abprallten, nicht einmal an einem Redfield.[/LEFT] [LEFT]»Hey, Chris~«, begrüßte sie ihn lächelnd.[/LEFT] [LEFT]Er erwiderte den Gruß weniger enthusiastisch, dafür musterte er sie aufmerksam. Sie legte das Besteck beiseite und bat ihn, sich zu setzen. »Was verschafft mir die Ehre?«[/LEFT] [LEFT]Er nickte in Richtung des Labors. »Einer der Doktoren hat mich angerufen. Er sagte, dir geht es nicht so gut und ich sollte mal vorbeisehen.«[/LEFT] [LEFT]Ob ihre Augen noch rot vom Weinen waren? Ob ihm das aufgefallen war?[/LEFT] [LEFT]»Oh, ja. Tut mir leid, dass du deswegen an deinem freien Tag extra herkommen musstest, es geht schon wieder, wirklich.«[/LEFT] [LEFT]Er winkte ab. »Das muss dir nicht leid tun. Ich hatte ohnehin nichts vor.«[/LEFT] [LEFT]Also wollte er den ganzen Tag in seinem Elend schmoren. Dann war es wirklich nicht schlimm, dass man ihn extra herbestellt hatte.[/LEFT] [LEFT]»Außerdem«, fuhr er fort, »bist du meine Partnerin. Ich hab extra gesagt, dass man mich anrufen soll, wenn etwas mit dir ist. Willst du mir davon erzählen?«[/LEFT] [LEFT]Das wollte sie, aber nicht hier. »Hast du Lust, einen Spaziergang mit mir zu unternehmen? Wenn du bei mir bist, lassen sie mich bestimmt in den Park.«[/LEFT] [LEFT]»Klar.« Er war auch nicht gern in diesen Räumlichkeiten, wenn es nicht sein musste, so viel war ihr klar. »Aber willst du nicht aufessen?« Er nickte zu ihrer nicht beendeten Mahlzeit.[/LEFT] [LEFT]Das Essen im Labor war nicht so schlecht, wie man befürchten könnte, aber es war – besonders nach dem Fast Food der letzten Nacht, auch wenn es nicht ihren Magen gefüllt hatte – nicht unbedingt das, was sie haben wollte. Außerdem fühlte sie sich nicht sonderlich hungrig, besonders da er nun da war.[/LEFT] [LEFT]»Ist schon okay, ich esse das später auf.«[/LEFT] [LEFT]Chris sagte nichts mehr dazu, aber seinem Gesicht merkte sie an, dass er darüber nicht begeistert war. Wahrscheinlich machte er sich Sorgen, dass sie nicht genug Nährstoffe zu sich nahm, ähnlich wie Rebecca.[/LEFT] [LEFT]Wie erwartet erlaubten die Wissenschaftler ihr, in den Park zu gehen, solange Chris bei ihr blieb und auf sie achtete. Die Grünanlage gehörte zur Forschungseinrichtung und war hauptsächlich dafür gedacht, die Pausen der Angestellten zu versüßen. Bunte Blumenbeete wechselten sich mit Rasenflächen und hohen Bäumen ab, unter denen Bänke zum Verweilen im Schatten einluden. Chris lief neben ihr her, die Hände in den Taschen seines Mantels vergraben, die Schultern leicht hochgezogen, als schütze er sich vor irgendetwas.[/LEFT] [LEFT]»Geht es dir besser?«, fragte er plötzlich.[/LEFT] [LEFT]»Ich habe das Gefühl, das sollte ich eher dich fragen.«[/LEFT] [LEFT]»Bei mir ist es dasselbe wie immer.« Er zuckte mit den Schultern. »Da ändert sich nicht mehr viel, glaube ich. Die Therapie hilft auch nicht wirklich.«[/LEFT] [LEFT]Natürlich hatte ihn die BSAA nach den Ereignissen in Edonia und China zu einem Therapeuten geschickt. Aber sie konnte sich auch nicht vorstellen, dass er dafür sehr empfänglich war. Chris war ein Praktiker, jemand, der handeln musste – nur über seine Probleme zu reden, brachte ihn nicht weiter. Er bräuchte eher ein Erfolgserlebnis, das ihn über das Trauma hinwegbrächte.[/LEFT] [LEFT]»Willst du mir jetzt erzählen, was heute los war?«, hakte er nach.[/LEFT] [LEFT]Im Moment war niemand in der Nähe, deswegen nickte sie. Sie starrte in die Entfernung, während sie zu erzählen begann: »Ich habe das Gefühl, ich hätte sehr lange und intensiv geträumt. Von früher, als wir noch bei S.T.A.R.S. waren.«[/LEFT] [LEFT]Aus dem Augenwinkel bemerkte sie, wie seine Lippen sich ein wenig verzogen, anscheinend unentschieden, ob er bei der Erinnerung lächeln oder niedergeschlagen sein sollte.[/LEFT] [LEFT]»Und jetzt stell dir vor, Wesker wäre ein netter Mann gewesen und hätte uns nicht verraten.«[/LEFT] [LEFT]Chris schnitt ihr eine Grimasse. »Wesker ein Guter? Absolut undenkbar!«[/LEFT] [LEFT]»Das hätte ich vor diesem Traum auch gedacht. Aber er war wirklich engagiert dabei, allen zu helfen. Hat sich Gedanken um alle gemacht und uns unterstützt, wo es nur ging.«[/LEFT] [LEFT]Besonders sie und Chris. Ausgehend von dem Bild in seinem Schlafzimmer, glaubte sie immer noch, dass Albert ihnen beiden einfach besonders nahegestanden hatte. Aber sie zweifelte nicht daran, dass er auch den anderen unter die Arme griff, wenn es sein musste.[/LEFT] [LEFT]»Dieser Wesker hätte dich bestimmt nicht zu einem Versuchsobjekt degradiert.«[/LEFT] [LEFT]Sie sagte ihm lieber nicht, dass Albert in Jill verliebt war und sie daher wirklich nie für irgendwelche Experimente missbrauchen würde – wenn er überhaupt je Interesse an Experimenten entwickelte.[/LEFT] [LEFT]»Dieser Traum hielt so lange an«, fuhr sie fort, »dass mir alle richtig ans Herz wuchsen, vor allem der gute Wesker und die friedliche Welt, in der wir waren. Als ich aufwachte, habe ich sie einfach vermisst. Das war alles.«[/LEFT] [LEFT]Chris runzelte seine Stirn. »Hört sich an, als wärst du dort glücklicher gewesen. Dann tut es mir leid, dass du wieder aufgewacht bist.«[/LEFT] [LEFT]Jill schüttelte mit dem Kopf und setzte sich auf eine Bank, die einen ungehinderten Blick auf einen Springbrunnen bot. Sie bat Chris, sich neben sie zu setzen, was er auch sofort tat. Seine Schultern waren nicht mehr hochgezogen, stattdessen war sein ganzer Oberkörper plötzlich in sich zusammengesunken. Um sich das nicht mitansehen zu müssen, starrte Jill auf den Brunnen.[/LEFT] [LEFT]»Ich war traurig«, sagte sie, »aber ich bin auch froh, wieder hier zu sein. Besonders wegen dir.«[/LEFT] [LEFT]Er wandte ihr den Blick zu. »Was?«[/LEFT] [LEFT]Ihr Inneres zog sich zusammen. Sie war so kurz davor, ihm zu sagen, was für sie wichtig war, ihr blieb nur zu hoffen – wieder einmal, wie sie es hasste –, dass er positiv reagierte oder wenigstens nicht zu negativ.[/LEFT] [LEFT]»Weißt du, in diesem Traum habe ich eine Sache gelernt und für mich beschlossen: Ich will nichts bereuen. Niemals wieder. Deswegen möchte ich dir etwas sagen, das ich schon längst hätte tun sollen.«[/LEFT] [LEFT]Sie sah ihn wieder an, sein mutloses und verwirrtes Gesicht griff nach ihrem Herz. Was dachte er, was sie ihm sagen wollte? Und warum war es so schwer, die richtigen Worte zu finden? In ihrer Vorstellung klang alles einfach nur hohl und bedeutungslos. Sie glaubte nicht, dass man das, was sie für ihn empfand, nach allem, was sie durchgemacht hatten, wirklich in bedeutungsvolle Worte packen konnte. Kein Wunder, dass Albert direkt dazu übergegangen war, die andere Jill zu küssen. Das erschien ihr auch wie die beste Entscheidung.[/LEFT] [LEFT]Sie legte eine Hand auf seine Wange, er zuckte nicht einmal, so sehr vertraute er ihr. Mit geschlossenen Augen brachte sie die letzte Distanz hinter sich und legte ihre Lippen auf seine. Sie waren rau und trocken, genau wie sie es erwartet hatte – und dennoch erfüllte sie das mit einer glücklichen Wärme in der Brust, denn es war genau das, was sie immer hatte spüren wollen.[/LEFT] [LEFT]Der einzige Wermutstropfen war, dass Chris nicht reagierte. Er schob sie nicht von sich, erwiderte den Kuss aber auch nicht. Er saß nur da und ließ sie gewähren.[/LEFT] [LEFT]Schlussendlich löste sie sich von ihm und öffnete die Augen wieder. Seine Miene war unbewegt, nicht mal in seinen Augen spiegelte sich etwas. Sie hatte das Bedürfnis, sich zu entschuldigen und ihn zu bitten, das einfach zu vergessen, genau wie Albert es tat. Aber noch bevor sie dazu kam, zog Chris sie plötzlich zu sich – und küsste sie nun selbst.[/LEFT] [LEFT]Das Glück explodierte in ihrem Inneren in einem imposantem Feuerwerk, das sie komplett ausfüllte. Sie legte ihre Arme um ihn, erwiderte den Kuss mit voller Inbrunst. Seine Hände wanderten über ihren Rücken, suchten die beste Position, um sie festzuhalten, ohne sie zu sehr einzuengen. Immer wieder ließ er kurz von ihr ab, sah sie an, als wollte er etwas sagen, nur um sie dann erneut zu küssen.[/LEFT] [LEFT]Das hier war ihr Moment, den sie mehr genoss als alles andere zuvor. Chris hatte sie nicht abgewiesen, stattdessen schien er zumindest ähnlich zu empfinden wie sie. Mehr konnte sie sich kaum wünschen.[/LEFT] [LEFT]Schließlich gelang es ihm, sich von ihr zu lösen, ohne sie direkt wieder zu küssen. Offenbar wollte er sie aber nicht ansehen, denn er hielt sie weiter fest umschlungen, so dass ihr Ohr auf seiner Brust lag und sie seinem überraschend schnellen Herzschlag lauschen konnte. Jills Herz raste ähnlich.[/LEFT] [LEFT]Sie atmeten beide tief durch, schwiegen und ließen den Moment nachwirken. Für ihn musste das so plötzlich gekommen sein, dass er noch nicht wusste, wie er jetzt darauf reagieren sollte, wo sie eigentlich darüber reden sollten, wie es nun weiterging.[/LEFT] [LEFT]»Also«, begann er schließlich, mit einer ungewohnten Verlegenheit in der Stimme, »du meinst das ernst, richtig? Es ist keine emotionale Überreaktion wegen des Traums?«[/LEFT] [LEFT]»Natürlich meine ich es ernst, du kennst mich doch.« Sie atmete tief durch, um seinen vertrauten Geruch in sich aufzunehmen. »Ich habe schon lange darüber nachgedacht. Er hat mir nur den letzten Schubs gegeben.«[/LEFT] [LEFT]Sie schloss die Augen, auch auf die Gefahr hin, dass sich, sobald sie sie wieder öffnete, alles nur als ein weiterer Traum herausstellte.[/LEFT] [LEFT]»Ich liebe dich, Chris«, sagte sie. »Und ich will noch so viel mit dir erleben.«[/LEFT] [LEFT]Sein Herzschlag beschleunigte sich noch mehr, blieb dabei aber in einem abenteuerlichen Rhythmus, dem sich ihr Herz anschließen wollte, während sie auf eine Antwort von ihm wartete.[/LEFT] [LEFT]Schließlich stieß er einen Laut aus, der wie ein erleichtertes und gleichzeitig glückliches Seufzen klang, das er eigentlich zurückhalten wollte. Und dann sagte er genau das, worauf sie gehofft hatte, mit einer sanften Stimme, die sie so noch nie von ihm gehört hatte: »Ich liebe dich auch, Jill.«[/LEFT] Epilog: Epilog: Wie erkennst du das? ------------------------------------ [LEFT]Jill öffnete ihre Augen und blickte auf die Decke über sich. Draußen war es bereits hell, aber außer ihr schien niemand hier zu sehen. Sie hätte sich gern umgesehen, aber sie musste warten, bis die andere Jill den Körper für sie bewegte, so wie es die letzten Tage gewesen war. Was auch immer das für ein Wunder gewesen war, aber die andere Jill hatte im Alleingang geschafft, was ihr nie gelungen wäre: sie hatte Chris gerettet, indem sie sich selbst opferte, an die Menschlichkeit eines Feindes appelliert und dann zwei Tyrants getötet – und vor allem war ihr eine Versöhnung mit Albert gelungen. Die andere Jill war großartig, tough und zu einem echten Vorbild für sie geworden. Wenn sie irgendwann – hoffentlich – ihren Körper zurückbekäme, wollte sie ihr nacheifern, sich abhärten und alle anderen noch besser im Kampf gegen Umbrella und andere Terroristen unterstützen.[/LEFT] [LEFT]So lag sie eine Weile da, dachte darüber nach, wie sie dieses Ziel am besten erreichen könnte und wunderte sich schließlich darüber, dass die andere Jill bislang keine Anstalten machte, sich zu bewegen. Probehalber hob sie selbst die Hand – und begutachtete diese fasziniert, als es funktionierte.[/LEFT] [LEFT]Bedeutete das, die andere Jill war fort? Der Körper gehörte wieder ihr?[/LEFT] [LEFT]Sie konzentrierte sich, stellte fest, dass sie selbst den Verband um ihren Kopf spürte, die Nadel in ihrer Hand und sogar ihren Fuß, als sie damit vor Aufregung gegen das Gestell stieß. Aber sie war viel zu glücklich und erleichtert, um die Schmerzen zu beklagen.[/LEFT] [LEFT]Sie war zurück! Und das bedeutete, sie könnte endlich eine Entscheidung rückgängig machen, die sie bereute.[/LEFT] [LEFT]Als hätte er gespürt, dass sie an ihn dachte, kam Albert plötzlich durch die Tür. In der Hand hielt er ein kleines Tablett mit zwei Coffee-to-go-Bechern.[/LEFT] [LEFT]»Ah, du bist schon wach«, sagte er nach einem kurzen Blick in ihre Richtung. »Der Kaffee im Krankenhaus ist furchtbar, da dachte ich, dass ich uns besser was anderes hole.«[/LEFT] [LEFT]Er stellte das Tablett auf dem Tisch ab, dann musterte er sie besorgt. »Alles okay? Du bist so ...«[/LEFT] [LEFT]Plötzlich verstummte er, seine Augen weiteten sich ein wenig. Nun machte sie sich selbst Sorgen, dass irgendetwas an ihrem Gesicht seltsam war oder ob der Verband verrutscht war. Doch bevor sie fragen konnte, kam er bereits auf sie zu, setzte sich zu ihr auf das Bett und ergriff ihre Hand. Sein glühender Blick war voller Hoffnung. »Jill? Bist du zurück?«[/LEFT] [LEFT]»Wie erkennst du das?«, fragte sie, ergriffen und gleichzeitig ängstlich, dass ihr die Antwort nicht gefallen könnte.[/LEFT] [LEFT]Er deutete auf seine eigenen Augen. »Du siehst mich ganz anders an, als sie es getan hat. Weniger scharf und misstrauisch.«[/LEFT] [LEFT]»Dafür hast du viel Zeit mit ihr verbracht.« Das kam ein wenig patziger rüber, als sie beabsichtigt hatte, aber Albert schmunzelte zu ihrem Glück nur, als er ihr darauf etwas erwiderte: »Sie sah aus wie du, was sollte ich machen? Du dürftest ja inzwischen mitbekommen haben, dass ich hoffnungslos in dich verliebt bin.«[/LEFT] [LEFT]Immer noch. Ihr Herz schlug so schnell, als wäre sie gerade einen Marathon gelaufen.[/LEFT] [LEFT]»Auch wenn ich wahrscheinlich absolut chancenlos bin«, fuhr er ein wenig bedrückter fort. »Aber wenn du dich für Chris entscheidest, weiß ich wenigstens, dass es dir gutgehen wird.«[/LEFT] [LEFT]Sie sagte nichts darauf, legte ihre freie Hand stattdessen in seinen Nacken und zog ihn zu sich, um ihn – endlich – zu küssen. Seine Lippen waren so weich wie an dem Abend, als er sie damit überrumpelt hatte; diesmal konnte sie dieses warme Gefühl auch genießen – besonders als er seine Überraschung überwand, die Arme um sie schlang und den Kuss erwiderte. In diesem Moment fiel von ihnen beide eine Spannung ab, die ihr vorher nie so wirklich aufgefallen war, die sie jetzt aber auch nicht mehr benötigten. Sie beide wussten nun, was der jeweils andere empfand und könnten offen damit umgehen.[/LEFT] [LEFT]Entsprechend zufrieden wirkte er auch, als sie sich wieder voneinander lösten und einen intensiven Blick miteinander tauschten, während sie sich nach wie vor nahe waren.[/LEFT] [LEFT]»Damit hatte ich wirklich nicht gerechnet«, sagte er, seine Augen funkelten dabei glücklich.[/LEFT] [LEFT]»Ich habe die ganze Zeit bereut, dass ich dich einfach gehenließ«, erklärte sie. »Ich mag Chris wirklich … aber ich liebe nur dich. Es tut mir leid, dass es so lange gedauert hat, bis ich es gemerkt habe – und dass es eine andere Jill brauchte, um alles wieder ins Lot zu bringen.«[/LEFT] [LEFT]Er deutete ein Kopfschütteln an. »Das ist okay. Ich bin schon glücklich, dass du meine Gefühle überhaupt erwiderst. Nachdem du mich abgewiesen hast, dachte ich, ich hätte es total verbockt. Und dann hatte ich Angst, dass du nie zurückkommst. Aber jetzt bist du hier und alles ist gut.«[/LEFT] [LEFT]Er hielt kurz inne, Furcht flackerte in seinen Augen. »Ich träume das nicht nur, oder?«[/LEFT] [LEFT]Jill lächelte und kniff ihn vorsichtig in die Wange. Er zuckte ein wenig zusammen, dann lächelte er ebenfalls. »Offenbar ist es kein Traum, das ist gut, sonst wäre das jetzt nicht so befriedigend.«[/LEFT] [LEFT]Damit küsste er sie wieder.[/LEFT] [LEFT]Jill gab sich diesem Moment vollkommen hin, glücklich über seine Reaktion, über die Umstände, einfach über alles. Genau wie die andere Jill oft gedacht hatte: Alles war nun perfekt – und sie würde nie wieder zulassen, dass etwas das alles zerstörte.[/LEFT] Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)