Another Life von Flordelis (Another World, another Wesker) ================================================================================ Kapitel 3: Ich glaube ihm ------------------------- [LEFT]»Bist du sicher, dass du schon fit genug bist?«[/LEFT] [LEFT]Jill hielt die Augen geschlossen und rieb sich über die Schläfe. »Es geht mir schon besser, ja. Aber du hättest mich wirklich nicht abholen müssen.«[/LEFT] [LEFT]Wesker war sie besuchen gekommen (»Wie erwähnt«, sagte er, worauf ihr einfiel, dass er sich am Telefon mit Bis morgen verabschiedete) und hatte darauf bestanden, sie nach Hause zu fahren, kaum, dass ihm zu Ohren gekommen war, dass sie das Krankenhaus verlassen wollte. So saß sie nun gemeinsam mit ihm in seinem Wagen. Sie fragte sich, ob der Wesker ihrer Welt auch ein schwarzes Auto mit silbernen Highlights gefahren hatte, verscheuchte den Gedanken aber sofort wieder.[/LEFT] [LEFT]Die Enttäuschung war groß gewesen, als sie hier im Krankenhaus aufgewacht war, statt im Labor. Aber dafür war ihr Verlangen bestärkt worden, sich erst einmal mit allen gut zu stellen, damit niemand Verdacht schöpfte (am Ende wurde sie noch verhaftet, weil man annahm, sie wäre ebenfalls ein Terrorist), und außerdem Chris zu finden. Sie glaubte weiterhin nicht, dass er ein Terrorist war. Aber falls doch, würde sie es sein, die ihn stoppte.[/LEFT] [LEFT]An einer roten Ampel hielt Wesker den Wagen und sah zu ihr herüber. Sie spürte seinen forschenden Blick auf ihrer Haut, so dass sie doch noch die Augen öffnete. »Es ist wirklich alles okay. Du hast es doch selbst gehört, es sind keine Schäden sichtbar und ich bin auch nicht mehr bewusstlos geworden. Außerdem habe ich gute Schmerztabletten für zu Hause bekommen.«[/LEFT] [LEFT]»Ich weiß. Ich mache mir trotzdem Sorgen. Und Vorwürfe.«[/LEFT] [LEFT]»Weswegen? Ich hätte euch diese Mission bestimmt nicht allein durchziehen lassen, also hättest du mich nicht abhalten können. Und du sagtest ja selbst, dass es als seine Kameraden unsere Pflicht sei.«[/LEFT] [LEFT]Das brachte ihn zum Schmunzeln. »Sicher, aber ich hätte nicht von deiner Seite weichen dürfen. Zusammen hätten wir Chris bestimmt auch festhalten können.«[/LEFT] [LEFT]Für Jill klang das wirklich aufrichtig. Hier existierte sein Hass gegen Chris nicht, er schien sich sogar selbst Sorgen zu machen; beides Dinge, von denen Jill nie geglaubt hätte, sie zu erleben.[/LEFT] [LEFT]Die Ampel schaltete auf grün, Wesker fuhr weiter.[/LEFT] [LEFT]»Du musst dir keine Vorwürfe machen«, sagte sie. »Ich hätte dich so oder so abgehängt. Du kennst mich doch.«[/LEFT] [LEFT]Er lachte. »Du hast recht. Du wärst in dem Moment weg gewesen, in dem ich das erste Mal woanders hinsehe. Alles nur, um zu Chris zu kommen.«[/LEFT] [LEFT]Seine Stimme nahm wieder diesen verbitterten, fast erhärteten Ton an. Sobald Chris also im Verbund mit ihr erwähnt wurde, trübte das seine Stimmung. Das nährte weiter ihren Verdacht, was ihre Beziehung anging. Sollte sie ihn einfach danach fragen? Brächte er sie dann direkt ins Krankenhaus zurück?[/LEFT] [LEFT]»Wie sieht es eigentlich mit deinen Gedächtnislücken aus?«, fragte er plötzlich, als hätte er ihre Gedanken ansatzweise erahnt.[/LEFT] [LEFT]»Oh, weißt du …« Das war wirklich ihre beste Chance, wenn sie eine Antwort, statt einer unschönen Situation erleben wollte. »Im Großen und Ganzen geht es wieder. Aber ein paar Sachen sind noch schwammig.«[/LEFT] [LEFT]»Falls ich dir helfen kann, frag mich einfach.«[/LEFT] [LEFT]Der Wesker in ihrer Welt war nicht einmal so hilfsbereit gewesen, als er ihnen allen noch den netten Captain vorgespielt hatte. Als Projekt von Spencer, das zur Weiterentwicklung der Menschheit führen sollte, war er wohl ohne Empathie oder andere gute Charaktereigenschaften aufgewachsen. Das führte sie zu der Frage, ob Wesker hier eine Familie hatte. Ihn das zu fragen, ginge vermutlich aber einfach zu weit.[/LEFT] [LEFT]Auch wenn ihre Beziehung sie interessierte, wollte sie aber erst einmal unverfänglich anfangen: »Ich habe Rebecca gar nicht im Büro gesehen. Wo war sie?«[/LEFT] [LEFT]»Rebecca«, wiederholte er nachdenklich. »Ach ja, der Neuling im Beta-Team. Sie war mit Enrico bei einer Anhörung bezüglich Billy Coen.«[/LEFT] [LEFT]Jills Augen weiteten sich. Enrico lebte?! Aber natürlich! Enrico Marini, der Anführer des Bravo-Teams, war in ihrer Welt von Wesker erschossen worden, weil er herausgefunden hatte, dass dieser ein Verräter war. Hier war dieses Ereignis natürlich weggefallen. Sofern sie ihm glauben konnte.[/LEFT] [LEFT]»Welche Anhörung?«, fragte sie weiter, hoffend, dass er ihr mehr Details verriet, aus denen sie schließen könnte, ob er die Wahrheit sagte.[/LEFT] [LEFT]In knappen Worten erzählte er ihr eine ähnliche Geschichte, wie jener in ihrer Welt: Wegen der entstellten Leichen, die man in den Arklay-Bergen gefunden hatte, war das Bravo-Team zur Untersuchung geschickt worden. Kurz nach Beginn der Mission waren sie wegen angreifender Zombies voneinander getrennt worden. Billy Coen hatte Rebecca dann in den Wäldern getroffen, statt in einem stillstehenden Zug. Denn hier war es offenbar zu keinem Zwischenfall im Ausbildungszentrum für Umbrellas Führungskräfte gekommen. So hatten sich die beiden nur bis zum Anwesen durchgeschlagen und dort auch gemeinsam gekämpft, während Chris … irgendetwas anderes gemacht hatte. Dadurch war Billy zwar wieder verhaftet worden, aber da mit seiner Hilfe auch die Ausbreitung des Virus gestoppt wurde, war das Verteidigungsministerium bereit gewesen, seine Strafe noch einmal zu überdenken. Rebecca und Enrico waren deswegen zu Anhörungen vorgeladen worden, immerhin hatten sie die meiste Zeit mit ihm verbracht.[/LEFT] [LEFT]»Ich konnte leider nicht viel beitragen«, sagte Wesker. »Ich habe Coen erst ganz am Schluss getroffen. Aber ich vertraue Enrico und Rebecca, deswegen habe ich auch eine Empfehlung geschrieben.«[/LEFT] [LEFT]Als geschätzter Kommandant einer Spezialeinheit hatte seine Meinung bestimmt Gewicht. Sie hoffte, dass es unter diesen Umständen, gut für alle Beteiligten ausging.[/LEFT] [LEFT]»Was hat Chris im Anwesen gemacht?«, fragte sie. »Was stand in seinem Bericht?«[/LEFT] [LEFT]Weskers rechter Zeigefinger tippte ungeduldig auf das Lenkrad. »Er war besonders im Wohnheim unterwegs und ist dort anscheinend auf mutierte Spinnen und eine riesige Pflanze getroffen. Die ihm zugefügten Verletzungen unterstützen diese Geschichte.«[/LEFT] [LEFT]Sie erinnerte sich daran, dass sie diesen Wesen damals auch im Wohnheim begegnet war, deswegen zweifelte sie nicht daran – und Wesker ging es wohl ähnlich: »Ich glaube ihm. Weil ich Chris glauben will. Deswegen will ich auch herausfinden, was bei der Beweissicherung geschehen ist. Ob er uns wirklich verraten hat.«[/LEFT] [LEFT]Er klang derart aufrichtig und entschlossen, dass ein Schauer über Jills Rücken fuhr. Sein Blick während dieser Worte war fest auf die Straße gerichtet. Sie musste ihm einfach glauben. Er war ein komplett anderer Wesker.[/LEFT] [LEFT]»Ich will es auch herausfinden«, sagte Jill leise.[/LEFT] [LEFT]»Dann lass uns das zusammen machen.« Plötzlich klang er so begeistert, dass sie fast zusammenzuckte. »Gemeinsam kann uns Chris nicht mehr entkommen.«[/LEFT] [LEFT]»Aber du hast gesagt, wir sollen ihn als Feind betrachten.«[/LEFT] [LEFT]Seine Mundwinkel hoben sich, als gefiele es ihm, dass sie sich an seine Worte erinnerte. »Während einer Mission sollten wir ihn auch als Feind betrachten. So schwer es uns fällt, wir dürfen ihn nicht unterschätzen.« Er griff das Lenkrad so fest, dass seine Handknöchel weiß hervortraten. »Du bist noch einmal glimpflich davongekommen, aber wer weiß, wie es das nächste Mal ausgehen wird. Daran möchte ich nicht einmal denken.«[/LEFT] [LEFT]Seine optimistische Stimmung war verschwunden, ersetzt durch quälende Furcht, die sie sogar zu spüren glaubte und sie davon abhielt, noch etwas zu sagen oder zu fragen.[/LEFT] [LEFT]So fuhren sie einige Minuten in absoluter Stille, bis Wesker den Wagen schließlich in eine Parkbucht lenkte. Es dauerte einen kurzen Moment, bis sie erkannte, dass sie an ihrem Apartmentgebäude angekommen waren. Sie hatte ihm nicht einmal gesagt, wo sie wohnte, woher wusste er das so genau?[/LEFT] [LEFT]»So.« Er schmunzelte. »Hast du noch eine letzte Frage?«[/LEFT] [LEFT]Wenn sie es jetzt nicht tat, würde sie es vermutlich nie tun, deswegen fragte sie einfach, was sie eigentlich unbedingt wissen wollte: »Sind wir beide eigentlich ein Paar?«[/LEFT] [LEFT]Seine Augen weiteten sich erschrocken, er wich ein wenig zurück, was ihr erst Antwort genug war. Aber kaum hatte er die Frage verarbeitet, glaubte sie, einen hoffnungsvollen Funken in seinen Augen zu sehen. Er räusperte sich und setzte sich auch wieder richtig hin.[/LEFT] [LEFT]»Nein, sind wir nicht.« Er zögerte einen kurzen Moment. »Warum fragst du?«[/LEFT] [LEFT]»Du weißt genau, wo ich wohne, du warst besorgt, weil ich so distanziert war …« Und selbst in ihrem Notizbuch nannte sie ihn Albert, aber das verstünde er unter diesen Umständen vermutlich nicht. »Da war ich einfach neugierig.«[/LEFT] [LEFT]»Ich bin eben ein guter Chef?« Selbst er klang dabei nicht wirklich überzeugt.[/LEFT] [LEFT]Sie erwiderte darauf nichts.[/LEFT] [LEFT]Für einen Moment sahen sie sich schweigend an. Er wirkte unangenehm berührt, während sie sich nicht sicher war, was sie denken sollte. Selbst wenn er in sie verliebt wäre, so beträfe das ja ohnehin nicht sie selbst, sondern die andere Jill, jene, die bis vor kurzem noch in dieser Welt gewesen war (wohin auch immer sie nun verschwunden war). Außerdem war das hier nicht der Wesker, an den sie sich erinnerte, sondern eine gänzlich andere Person, jemand, der sogar richtig nett schien. Nicht, dass sie das kümmern musste, immerhin bestand die Wahrscheinlichkeit, dass sie irgendwann einfach in ihre Welt zurückkam. Bis dahin hatte sie andere Ziele.[/LEFT] [LEFT]Schließlich gab Wesker schulterzuckend auf. »Ich bin wohl nicht sehr gut darin, es herunterzuspielen, hm?«[/LEFT] [LEFT]»Zumindest gestern und heute, ja.«[/LEFT] [LEFT]Er wandte den Blick ab, sein rechter Zeigefinger tippte wieder rhythmisch auf dem Lenkrad. Ihn so zu sehen, erzeugte ein schmerzhaftes Ziehen in ihrer Brust. Als wäre noch etwas von der anderen Jill in ihr, die den Anblick nicht ertrug. Deswegen kamen ihr die nächsten Worte schneller über die Lippen, als sie nachdenken konnte: »Mich stört das nicht. Ich möchte auch nicht, dass dieses Gespräch jetzt irgendwie negativ auf uns zurückfällt.«[/LEFT] [LEFT]Er schmunzelte wieder ein wenig, aber diesmal wirkte es weniger selbstsicher als sonst. »Okay, ich versuche, daran zu denken.«[/LEFT] [LEFT]Dann fiel ihm aber noch etwas ein, worauf er wieder enthusiastischer wurde: »Ach ja, so wie ich dich kenne, hast du bestimmt nicht wirklich was zu essen zu Hause. Wie wäre es, wenn ich noch schnell etwas besorge und dann zurückkomme, um mit dir zu Abend zu essen?«[/LEFT] [LEFT]Sie wollte einwerfen, dass sie auch etwas bestellen könnte, aber dann kam ihr der Gedanke, dass er zum einen bestimmt etwas Vernünftiges holen wollte, zum anderen benötigte er diese Zeit wohl auch, um sich nach diesem aufwühlenden Gespräch wieder zu beruhigen. Und ihn einfach abweisen wollte sie auch nicht. Zum einen weil sie es nach wie vor als Vorteil sah, sich mit ihm gut zu stellen, und zum anderen auch, weil er eben … so nett wirkte. War der Wesker in ihrer Erinnerung ein tollwütiges Monster gewesen, das Menschen hasste und sich zum Gott erheben wollte, so war dieser hier – zumindest bislang – ein harmloser Kerl, der sich wirklich Mühe gab, ein guter Mensch zu sein. Das zu honorieren konnte doch nicht falsch sein.[/LEFT] [LEFT]»Klingt gut«, kommentierte sie. »Verrätst du mir, was du holen willst oder wird es eine Überraschung?«[/LEFT] [LEFT]Er zwinkerte ihr zu. »Es wird dir schmecken, glaub mir.«[/LEFT] [LEFT]»Dann freue ich mich schon.«[/LEFT] [LEFT]Sie verabschiedeten sich voneinander, mit der Aussicht, sich gleich wiederzusehen – etwas in Jill freute sich sogar darauf. Nachdem sie ausgestiegen war, fuhr Wesker direkt davon, um sein Versprechen einzuhalten. Sie ertappte sich dabei, wie sie ihm eine Weile nachsah, ehe sie seltsam gut gelaunt auf den Eingang des Gebäudes zulief.[/LEFT] [LEFT]Während sie die Tür aufschloss, spürte sie, wie jemand – viel zu nahe – neben sie trat. Instinktiv schnellte ihre Hand zu der Stelle, wo sie normalerweise ihren Halfter trug, nur um innerlich fluchend festzustellen, dass sie keine Waffe mit sich führte. Adrenalin fuhr bereits durch ihre Glieder, um ihr einen Nahkampf und eine anschließende Flucht zu ermöglichen – als die Stimme sie schlagartig wieder beruhigte: »Jill Valentine?«[/LEFT] [LEFT]Sie wandte sich der anderen Person zu und erkannte direkt Chris' Schwester. Sie sah natürlich jünger aus, als ihre letzte Erinnerung an sie, aber sie war es eindeutig, das erkannte sie an dem zum Pferdeschwanz gebundenen rot-braunen Haar, der roten Weste und vor allem an dem entschlossenen Redfield-Blick. Wie hatte sie vergessen können, Wesker nach ihr zu fragen?[/LEFT] [LEFT]»Claire? Was ist los?«[/LEFT] [LEFT]Die Gefragte hatte sich gerade eingehend umgesehen, fixierte nun aber mit gerunzelter Stirn wieder Jill. »Sie wissen schon, wer ich bin?«[/LEFT] [LEFT]Wie konnte sie nur so dumm sein? Bis zu den Ereignissen von Raccoon City, hatte sie Claire nie getroffen. Also war es gar nicht möglich, dass sie ihren Namen kannte. Außer …[/LEFT] [LEFT]»Chris hat mir Fotos von dir gezeigt, deswegen.« Das war immerhin nicht gelogen.[/LEFT] [LEFT]Und Claire akzeptierte diese Ausrede tatsächlich. Statt weiter nachzuhaken, deutete sie mit dem Kopf zur Tür. »Können wir reingehen? Ich will nicht, dass uns jemand beobachtet.«[/LEFT] [LEFT]Ohne weitere Worte ließ Jill sie ins Haus hinein und führte sie zu ihrem Apartment. Claire warf dabei immer wieder einen Blick umher, als fürchtete sie hinter jeden Schatten einen Beobachter oder gar einen Angreifer.[/LEFT] [LEFT]Im Apartment angekommen, griff Jill sich direkt ein Laken und warf es über ihre Pinnwand. Selbst wenn sie Claire vertraute, hielt sie es für besser, sie nicht direkt auf ihre – vielleicht veralteten – Forschungen aufmerksam zu machen. Im Moment kümmerte Claire sich ohnehin nicht darum. Sie warf erst einmal einen raschen Blick ins Bad, dann blieb sie in der Kochnische stehen, weit weg vom Fenster. Als Jill sie so näher betrachtete, fiel ihr auf, dass Claire blass aussah, mit dunklen Ringen unter den Augen. Was immer mit Chris geschehen war, es setzte auch Claire zu. Und wenn man bedachte, wie paranoid sie war, musste auch ihr inzwischen einiges zugestoßen sein.[/LEFT] [LEFT]»Tut mir leid, dass ich Sie so überfalle«, begann sie.[/LEFT] [LEFT]»Duz mich doch einfach«, bat Jill. »Chris hat mir so viel von dir erzählt, ich hab das Gefühl, ich kenne dich schon eine Weile.«[/LEFT] [LEFT]Claire lächelte schwach. »Dann tut es mir leid, dass ich dich überfalle. Aber Chris wollte-«[/LEFT] [LEFT]»Hast du Kontakt zu ihm?«[/LEFT] [LEFT]Sie schüttelte mit dem Kopf, hielt noch einmal inne und nickte dann. »Na ja, nicht direkt. Er hat mir einen Brief geschrieben, in dem stand, dass ich dir etwas geben soll.«[/LEFT] [LEFT]Würde der Chris, den sie kannte, wirklich einfach seine Schwester derart links liegenlassen? Sicher, in ihrer Welt hatte er nach dem Arklay-Zwischenfall den Kontakt zu ihr abgebrochen, um sie nicht zu gefährden. Aber wenn er hier wirklich ein Bio-Terrorist geworden war, hätte er sie dann nicht einfach zu sich geholt? Oder zumindest anders sichergestellt, dass es ihr gut ging?[/LEFT] [LEFT]Nichts von ihren Gedanken ahnend, griff Claire in ihre Tasche und zog einen kleinen Schlüssel heraus, den sie Jill anbot. »Chris meinte, du wüsstest, was damit zu tun ist.«[/LEFT] [LEFT]Ihr wurde heiß und kalt zugleich. Sie freute sich, dass Chris nicht nur an sie gedacht hatte, sondern ihr auch genug vertraute, dass er ihr eine – vermutlich – wichtige Aufgabe zuteil werden ließ. Aber gleichzeitig wurde ihr bewusst, dass sie dieses Vertrauen enttäuschen musste, denn natürlich konnte sie gar nicht wissen, was sie damit tun sollte. Dass Chris vielleicht wirklich ein Terrorist war und er sie damit in finstere Machenschaften verwickelte, zog sie nicht einmal in Erwägung.[/LEFT] [LEFT]Sie bedankte sich bei Claire, als sie den Schlüssel an sich nahm und diesen musterte. Er war klein, das obere Ende war mit einer schwarzen Plastikhülle verkleidet.[/LEFT] [LEFT]»Sieht aus wie ein Schließfachschlüssel«, meinte Claire. »Aber ich weiß nicht, für welches Schließfach.«[/LEFT] [LEFT]In Raccoon City gab es im Prinzip nur die Schließfächer am Bahnhof, aber diese waren dafür zu zahlreich, um blind mit einem Schlüssel einfach alle auszuprobieren, selbst wenn sie nur jene versuchte, die ohnehin verschlossen waren. Schon bei dem Gedanken, das wirklich anzugehen, wurde ihr wieder schwindelig. Sie musste das Thema wechseln. »Claire, hat dein Bruder nach dem Arklay-Zwischenfall mit dir gesprochen?«[/LEFT] [LEFT]Sie schüttelte zerknirscht mit dem Kopf. »Der Brief ist das einzige, was ankam. Glücklicherweise erst nachdem ich für alle möglichen Verhöre abgeholt wurde.«[/LEFT] [LEFT]Ihr genervtes Augenrollen ließ Jill schmunzeln. Doch Claire wurde sofort wieder ernst: »In den Nachrichten erzählen sie die miesesten Sachen über Chris. Dass alle schon immer misstrauisch wegen ihm waren, und dass er jede Menge Schulden hat, wegen denen er das Geld brauchte.«[/LEFT] [LEFT]Jill wusste glücklicherweise nichts über die Berichterstattung, aber für Claire musste es schlimm sein, sich all das über ihren geliebten Bruder anhören zu müssen.[/LEFT] [LEFT]»Ich kann damit leben, dass man mich seitdem schräg ansieht«, fuhr sie fort, »aber dass die Leute so über Chris reden, das ist einfach nicht richtig.«[/LEFT] [LEFT]Trotzig presste sie die Lippen aufeinander und starrte Jill an, als fordere sie sie heraus, ihr zu beweisen, dass sie nicht so über ihn dachte. Da sie hier praktisch Fremde waren, konnte sie das auch verstehen. Deswegen nickte Jill ihr zu. »Das ist wirklich nicht richtig. Chris ist ein guter Kerl und auch ein guter Freund. Etwas stimmt an dieser ganzen Sache nicht, und ich werde herausfinden, was genau es ist.«[/LEFT] [LEFT]Claire lächelte erleichtert. »Es war eine gute Entscheidung von ihm, dir zu vertrauen. Ich hab überlegt, das Schließfach selbst zu finden, aber ich glaube, ich stehe unter Beobachtung.«[/LEFT] [LEFT]Als letztes lebendes Familienmitglied von Chris war das nur logisch. Für Claire musste das aber frustrierend sein. Doch sie ließ sich davon nicht entmutigen. »Ich werde eine Weile in der Stadt bleiben, dann konzentriert man sich auf mich, und kommt nicht auf die Idee, auch dich zu beobachten.«[/LEFT] [LEFT]Ein mutiger Schritt, wie man es von Claire Redfield erwartete, besonders wenn es um ihren Bruder ging. Die beiden konnten sich wirklich glücklich schätzen, sich zu haben.[/LEFT] [LEFT]»Außerdem«, fuhr sie fort, »kannst du mich so auf dem Laufenden halten, wenn du etwas herausfindest.«[/LEFT] [LEFT]Sie griff in ihre Tasche und zog noch einen Zettel heraus. Darauf war die Adresse eines Motels notiert, das Jill sogar bekannt vorkam. Wahrscheinlich war sie früher mehrmals daran vorbeigefahren, ohne es wirklich zu bemerken.[/LEFT] [LEFT]»Wie soll ich dich am besten kontaktieren, wenn du beobachtet wirst?«, hakte sie nach.[/LEFT] [LEFT]Offenbar hatte sie darüber noch nicht nachgedacht, denn bei dieser Frage runzelte Claire ihre Stirn. »Oh. Also, ich denke, dass dir etwas einfallen wird. Um sicherzugehen, melde ich mich aber in ein paar Tagen noch mal bei dir.«[/LEFT] [LEFT]Damit öffnete sie bereits wieder die Tür, hielt aber noch einmal kurz inne. »Sei vorsichtig, Jill. Chris hält viel von dir, er will bestimmt nicht, dass dir etwas passiert.«[/LEFT] [LEFT]Ehe sie darauf antworten konnte, hatte Claire bereits das Apartment verlassen und die Tür hinter sich geschlossen. Wären der Schlüssel und der Zettel in Jills Händen nicht, hätte sie geschworen, dass Claires Erscheinen nur ihrer Einbildung zuzuschreiben war. Aber so musste sie einsehen, dass ein Teil von Chris' Hoffnung nun auf ihren Schultern lag – und das, obwohl sie sich nicht daran erinnerte, wie sie helfen könnte. Aber zumindest war sie einen Schritt näher dran, die Wahrheit zu erfahren. Sie müsste nur noch einen kleinen Hinweis finden, was sie mit dem Schlüssel machen sollte; wie schwer konnte das schon sein?[/LEFT] [LEFT]Da ahnte sie aber auch noch nicht, dass ihr beide Beweise für Claires Besuche an diesem Abend noch viel Ärger einhandeln würden.[/LEFT] Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)