Das Spiel ist aus von PanicAndSoul ================================================================================ Kapitel 1: Kapitel 1 -------------------- Unsicher sah er sich um. Wo war er nur? Hier kam ihm rein gar nichts bekannt vor. „Hallo? Ist hier jemand?“, fragte Takeru und trat an den unbesetzten Serviceschalter. Niemand antwortete. Wie war er denn nur hier her gekommen? Das letzte, an das er sich erinnern konnte war, dass er am Bahnsteig stand, um auf den Zug zu warten. „Nummer 147, die Nummer 147 bitte.“, rief eine blecherne Stimme, die aus dem Nichts zu kommen schien. Erschrocken fuhr Takeru zusammen. „Hallo?“, rief er erneut, doch wieder erhielt er keine Antwort. „Nummer 148, die Nummer 148 bitte.“, erklang noch einmal die körperlose Stimme. Takeru sah sich um. Und tatsächlich, da entdeckte er einen Kasten, an dem man Nummern ziehen konnte, wie bei einer Behörde. Unschlüssig, was er nun tun sollte, betrachtete er das Gerät. Als die nächste Nummer aufgerufen wurde, trat er auf den Kasten zu und betätigte den Schalter. Mit einem leisen Klicken, kam ein Zettel zum Vorscheinen, auf dem die Nummer 160 stand. Stirnrunzelnd betrachtete Takeru das kleine Stück Papier in seiner Hand von allen Seiten, doch mehr konnte er darauf nicht erkennen. Vielleicht würde er ja Antworten erhalten, wenn seine Nummer aufgerufen wurde. Also wartete er. „Keru?“ Als er ihre Stimme vernahm, hob er seinen Kopf und drehte sich zu ihr herum. Sein Herz begann unwillkürlich, schneller zu schlagen, als er sie sah. Einerseits, weil er so unendlich erleichtert war, jemanden zu sehen, den er kannte. Andererseits, weil es nun mal sie war, die vor ihm stand und das die übliche Reaktion war, die sie in ihm auslöste. „Hika, Gott sei Dank!“, sagte er und überbrückte den Abstand zwischen ihnen, mit wenigen Schritten. Als er bei ihr war, schloss er sie sofort in seine Arme. „Was ist denn hier los? Wo sind wir?“, fragte Hikari als sie sich voneinander lösten, sie schien genauso verwirrt zu sein, wie Takeru. Er schüttelte den Kopf und antwortete: „Ich weiß es leider auch nicht.“ Als sie sich umsah, fiel ihr Blick auf den Nummernkasten. „Sie rufen immer wieder diese Nummern auf, ich habe einfach mal eine gezogen, vielleicht bringt es ja was.“, sagte Takeru, als er bemerkte, wo sie hinsah. Unsicher ging Hikari auf das Gerät zu und betätigte den Schalter. Unter einem Klicken, kam ein Zettel mit der Nummer 161 heraus. Sie hielt ihn Takeru hin, der ihn mit seinem verglich, doch bis auf die letzte Ziffer, glichen sie sich vollkommen. „Und was nun?“, fragte das Mädchen ihren besten Freund. Dieser löste seinen Blick von den Nummern, um ihr in die braunen Augen zu schauen und sagte: „Nun heißt es wohl warten, bis wir aufgerufen werden, schätze ich.“ „Nummer 160, die Nummer 160 bitte.“, rief die Stimme. Takeru sah auf. „Das ist meine.“, sagte er etwas lauter in den Raum hinein. Er kam sich albern vor, seit sie hier waren, hatten sie niemand anderen gesehen. Weder Menschen, die Nummern zogen, noch Menschen, die aufgerufen wurden oder die die Leute abholten. Wer wusste überhaupt, ob es einen Sinn ergab, eine Nummer zu ziehen. Er wollte sich grade zu Hikari umdrehen, um ihr etwas zu sagen, da stellte er fest, dass sie plötzlich gar nicht mehr neben ihm stand und er wieder allein war. Panik stieg in ihm auf. „Hika.“, rief er und drehte sich um, suchte den Raum nach ihr ab. „Keine Sorge, sie ist noch da, wo Sie sie zurückgelassen haben.“, erklang eine Stimme vor ihm und veranlasste ihn dazu, sich sofort in die Richtung zu drehen, aus der sie kam. Fast erwartete er, dass die körperlose Stimme mit ihm kommunizierte, doch zu seiner Überraschung, stand dieses Mal tatsächlich eine Peron hinter dem Serviceschalter. Es handelte sich um eine Frau mittleren Alters. Ihr Haar war zu einem ordentlichen Dutt zusammengebunden und sie trug ein graues Sakko, was ihre Erscheinung streng wirken ließ.  Trotzdem, schenkte sie Takeru ein freundliches Lächeln, als sie sagte: „Kommen Sie ruhig näher, dann werde ich Ihnen alles erklären und alle Ihre Fragen beantworten.“ Da er keine Alternative sah und die Frau eigentlich recht nett wirkte, trat Takeru einen Schritt auf den Serviceschalter zu. Dabei beobachtete er seinen Gegenüber genau, doch die Dame lächelte ihn weiter an und wartete geduldig, bis er direkt vor ihr zum Stehen kam. „Guten Tag, Takeru Takaishi.“, sagte sie. Erstaunt weiteten sich seine Augen, dann fragte er: „Sie wissen, wer ich bin?“ Die Dame nickte. „Und können Sie mir auch verraten, wo ich hier bin und was ich hier mache?, fragte Takeru weiter. „Natürlich. Das hier, ist das Zwischenreich. Sie sind hier, weil sie heute Nachmittag um 16:03 Uhr gestorben sind.“, antwortete sie. Noch immer lag das Lächeln auf ihren Lippen. Mit geöffnetem Mund starrte er die Frau vor sich an. Er war bitte was? „Wenn Sie keine weiteren Fragen mehr haben, dann bekomme ich noch eine Unterschrift von Ihnen.“, sagte die Dame. Takeru hob seine Hände und sagte schnell: „Moment, natürlich habe ich noch Fragen! Was soll das heißen, ich bin gestorben?“ „Dass sie tot sind.“, beantwortete sie. „Und… und wie ist es passiert?“, fragte er. Die Dame senkte ihren Kopf und sah auf einen Zettel, der vor ihr lag. Takeru versuchte ebenfalls, darauf zu schielen, doch da sah sie ihn bereits wieder an, um ihm zu antworten: „Als Sie auf dem Weg von der Schule nach Hause waren und am Bahnsteig standen, wurden Sie von Jemandem vor den einfahrenden Zug gestoßen. Es war ein Unfall.“ „Ein Unfall also…“, murmelte er. Dann weiteten sich seine Augen, als ihm etwas einfiel. „Aber, wenn dies hier das Zwischenreich ist und hier die Toten hinkommen, dann heißt dass, das Hikari auch…“ „Ja, auch sie ist tot.“, bestätigte die Dame. „Aber wieso?“, rief Takeru nun verzweifelt. „Das darf ich Ihnen leider nicht mitteilen. Aus Datenschutzgründen.“, erklärte sein Gegenüber und lächelte ihn an. „Also, wenn Sie nun keine weiteren Fragen haben, würde ich Sie bitten, einmal hier zu unterschreiben.“ Sie schob ihm einen Zettel und einen Stift hin. Als Takeru darauf sah, bemerkte er, dass das Blatt, bis auf eine einzige Linie, vollkommen leer war. Stirnrunzelnd warf er der Dame einen Blick zu, doch sie tippte nur lächelnd auf die Linie und hielt ihm den Stift hin. Nun gut, vielleicht war das hier ja alles nur ein schlimmer Traum, aus dem er bald erwachen würde. Also griff er den Stift, setzte ihn auf das Papier und kritzelte seine Unterschrift darauf. „Herzlichen Dank. Sie sind nun offiziell tot.“, sagte die Frau. Entsetzt starrte Takeru sie an. „Und was soll ich jetzt machen? Wo soll ich hingehen?“, fragte er. Ihr Lächeln war unbeirrt als sie antwortete: „Wohin Sie wollen. Die Toten sind frei. Aber bedenken Sie, es ist Ihnen zwar möglich hinzugehen, wohin Sie wollen. Aber Sie sind nicht in der Lage, in das Geschehen der Lebenden einzugreifen.“ „Vielen Dank für den Hinweis.“, nuschelte er und drehte sich um. Bitte, bitte lass das nur einen bösen Traum sein, dachte er. Unsicher sah er sich um, der Raum wirkte unverändert. Doch dann öffnete sich ganz langsam eine Tür zu seiner Linken. Er drehte sich noch einmal zu der Dame am Schalter um, die ihm lächelnd zunickte. Von wegen, er konnte hingehen, wo er wollte. Es war eindeutig, dass er durch diese Tür hier gehen musste. Nun gut, vielleicht würde wenigstens Hikari auf der anderen Seite auf ihn warten und sie konnten gemeinsam herausfinden, was um alles in der Welt mit ihnen beiden geschehen war. Entschlossen hob er den Kopf, trat auf die Tür zu und ging durch sie hindurch, bis er von einem hellen Licht umhüllt wurde. Kapitel 2: Kapitel 2 -------------------- Blinzelnd trat Takeru aus dem grellen Licht. Es dauerte einen Moment, bis sich seine Augen an die Lichtverhältnisse gewöhnt hatten und nun sah er sich um. Hier sah es aus, wie in einem American Diner und zu seiner Überraschung, saßen überall an den Tischen verteilt Menschen und unterhielten sich. Sein Blick huschte durch den Raum und durchsuchte diesen, nach einem bekannten Gesicht. Doch sie war nicht hier. „Möchtest du dich vielleicht setzen und dort auf deine Freundin warten?“, fragte eine bekannte Stimme und ließ ihn aufschauen. „Sie… arbeiten Sie etwa überall?“, fragte er die Dame vom Serviceschalter, die nun eine Kellnerinnenuniform trug und freundlich lächelnd auf einen der freien Tische zeigte. „Nun ja, sagen wir mal so. Ich bin für dich zuständig.“, erklärte sie, als Takeru ihr zu dem Tisch folgte. Als er sich hinsetzte, entdeckte er, dass sie ein Namensschild trug. „Eve, heißen Sie so?“, fragte er und deutete auf das Schild. Sie warf einen Blick darauf und antwortete: „Ja, so kannst du mich nennen. Ich bin Eve. Also, was kann ich dir bringen, Takeru Takaishi?“ Stirnrunzelnd betrachtete Takeru die Frau vor sich. Vorhin war sie noch so förmlich, nun wirkte sie, wie eine normale, freundliche Kellnerin. Das war alles so merkwürdig. Und dann noch der Umstand, dass er scheinbar tot sein sollte. Er konnte es noch immer nicht glauben. Seufzend sagte er: „Wenn Sie mir wirklich einen Gefallen tun wollen, dann wäre es toll, wenn Sie meine beste Freundin herbringen würden.“ Eve zog einen Notizblock hervor und kritzelte etwas darauf. „Einmal beste Freundin, kommt sofort.“, rief sie und war so schnell verschwunden, dass Takeru ihr nur verwundert hinterher sehen konnte. Es wurde alles immer merkwürdiger und nicht zum ersten Mal wünschte er sich, dass dies nur ein böser Traum war, aus dem er bald erwachen würde. „Bitte nimm Platz. Du wirst schon erwartet.“, sagte eine männliche Stimme hinter Takeru und riss ihn aus seinen Gedanken. „Danke Pierre.“, erwiderte Hikari und setzte sich ihrem besten Freund gegenüber, auf die Bank. Sofort wurde dieser hellwach und sagte: „Hika, da bist du ja. Wie geht es dir?“ Sie lächelte Takeru an, dann warf sie noch einmal einen Blick auf Pierre. „Meldet euch einfach, wenn ihr beiden etwas braucht. Wir sind dann sofort für euch da, okay?“, sagte Eve und erst jetzt bemerkte Takeru, dass sie ebenfalls neben ihnen stand und sie beobachtete. „Ja, danke.“, erwiderte er und sah den beiden nach, als sie gingen. Als sie weit genug weg waren, senkte Hikari ihren Kopf und sagte, so leise sie konnte: „Keru, das ist so ein seltsamer Ort hier. Dieser Pierre meinte zu mir, dass ich tot sei. Weißt du, was das zu bedeuten hat?“ Takeru lehnte sich nun ebenfalls nach vorne. „Nein, leider nicht. Aber Eve hat mir das Gleiche erzählt. Sie meinte, jemand habe mich versehentlich vor einen Zug gestoßen. Und was hat man dir gesagt?“, fragte er und  musterte sie aufmerksam. Ein Schatten huschte über ihr Gesicht. Zwar nur flüchtig, doch er kannte sie so gut, dass es ihm nicht verborgen blieb. Hikari schüttelte den Kopf und sagte: „Sie wussten es nicht so genau. Aber wenn sie es rausgefunden haben, dann teilen sie es mir mit.“ Einen Moment sah er ihr nur in die Augen. Sie hielt seinem Blick stand, doch sagte nichts mehr. Warum um alles in der Welt, log sie ihn an? Doch er vertraute ihr, sie waren immerhin, seit sie klein waren, beste Freunde. Wenn Hikari ihm nicht die Wahrheit sagte, dann würde sie dafür ihre Gründe haben. „Okay, aber wenn sie etwas rausfinden und du es mir erzählen möchtest, dann bin ich für dich da.“, sagte er und ein liebevolles Lächeln legte sich auf seine Lippen. Takeru bemerkte, wie sich etwas von ihrer Anspannung löste und nun erwiderte sie sein Lächeln, als sie antwortete: „Danke. Ich weiß, dass ich immer auf die zählen kann. Und das bedeutet mir einfach alles!“ Auch, wenn es alles andere als fair war, Takeru war froh, dass er nicht alleine war. Natürlich war er im ersten Moment schockiert, als er erfahren hatte, dass er gestorben war. Und nun, da er wusste, dass Hikari auch tot war, tat es ihm unendlich leid für sie, er wollte, dass sie lebte und gesund und glücklich war. Aber er konnte nicht verhindern, dass ein winziger Teil von ihm glücklich war, sie hier bei sich zu haben. Der kleine, egoistische Teil von ihm, den er schon seit Jahren versuchte, wegzusperren und zu unterdrücken. Der Teil von ihm, der sich vor etlichen Jahren in seine beste Freundin verliebt hatte. Diese kleine, leise Stimme, die ihm zuflüsterte, dass sie nun für immer zusammen sein konnten. Schnell schüttelte er den Kopf, um diese Gedanken zu vertreiben. So etwas war falsch. Hikari hatte den Tod genauso wenig verdient, wie er. Überrascht sah sie ihn an, doch er schenkte ihr nur ein Lächeln und sagte: „Ich war in Gedanken. Also, was wollen wir denn jetzt machen? Eve sagte, wir können hingehen, wo wir wollen, nur nicht eingreifen. Hast du eine Idee?“ Einen Moment überlegte sie, ehe sie vorschlug: „Wir könnten ja mal nachsehen, was unsere Freunde und Familien so machen. Also, wenn du möchtest.“ Takeru zögerte mit seiner Antwort. Ob es wirklich so gut für Hikari war, wenn sie ihre Liebsten sah, ohne mit ihnen kommunizieren zu können? Da bemerkte er, wie sich ihre Hand über die seine legte. „Wir müssen nicht, wenn du dich unwohl dabei fühlst.“, sagte sie und lächelte ihn liebevoll an. Sie war immer so verständnisvoll und fürsorglich, dabei zögerte er eigentlich ihretwegen. Nein, sie war längst nicht mehr das kleine Mädchen von früher, das er um jeden Preis beschützen musste. Vor ihm saß eine heranwachsende, junge Frau. Und als er ihr in die Augen sah, wurde ihm einmal mehr bewusst, wie stark Hikari eigentlich war. Darum erwiderte er nun ihr Lächeln und antwortete: „Nein, schon gut. Ich würde gerne sehen, was sie so machen. Die Frage ist nur, wie kommen wir jetzt wieder dort hin?“ „Wir hatten gehofft, dass ihr bald diese Frage stellt.“, ertönte da die mittlerweile vertraute Stimme von Eve. Sie und Pierre kamen herbeigeeilt, dieses Mal trugen die beiden eine Art Flugbegleiteruniformen. Als sie am Tisch ankamen, huschte Eves Blick auf die Hände von Takeru und Hikari, die sie immer noch miteinander verschränkt hielten. Etwas verlegen lösten sie sich voneinander, dann räusperte sich der Blonde und fragte: „Habt ihr uns etwa die ganze Zeit belauscht?“ Pierre winkte ab, als er antwortete: „So kann man das nicht nennen. Aber wir müssen doch wissen, wenn ihr etwas braucht, damit wir zur Stelle sein können. Und hier sind wir. Also, ihr wollt zu den Lebenden, richtig?“ Hikari und Takeru nickten. „Nun gut, aber denkt dran, ihr könnt nicht eingreifen. Ach, und wenn ihr weiter möchtet oder zurückwollt, dann ruft uns einfach.“, trällerte Eve und bevor die beiden noch eine Frage stellen konnten, schnippte sie bereits mit ihrem Finger und ein weißes Licht breitete sich um sie herum aus. Kapitel 3: Kapitel 3 -------------------- „Ich kann immer noch nicht glauben, was da passiert ist. Es ist einfach so schrecklich.“ Miyako starrte vor sich hin, als sie die Worte sagte, dann brach sie in Tränen aus. Hikari lief auf ihre beste Freundin zu und wollte sie in den Arm nehmen, doch sie musste feststellen, dass sie sie nicht berühren konnte. Ein verzweifelter Ausdruck machte sich auf ihrem Gesicht breit. Takeru sah in die Runde. Ihre Freunde hatten sich versammelt, alle trugen schwarz. Nur eine Person fehlte und das war Hikaris Bruder. Sie sahen alle so niedergeschlagen aus, den meisten sah man an, dass sie vor Kurzem noch geweint hatten. Ken ging auf Miyako zu und zog sie in seine Arme. Die Stille, die im Raum lag, war erdrückend. Nur das leise Schluchzen von Miyako und nun auch von Mimi, waren zu hören. „Ich würde gerne etwas sagen.“, durchbrach Yamato mit brüchiger Stimme das Schweigen. Alle Augen richteten sich auf ihn. In diesem Moment, wurde die Tür aufgeschoben und Taichi betrat den Raum. Als Hikari ihn sah, erstarrte sie. Er sah noch viel schlimmer aus, als alle ihre Freunde zusammen. Seine Augen waren blutunterlaufen und seine Haut wirkte blass und eingefallen. Als Mimi ihn sah, eilte sie zu ihm und warf sich in seine Arme, doch er registrierte sie kaum. Hikari legte ihre Hand vor den Mund, auch sie kämpfte mit den Tränen. Einen Moment sahen sich Taichi und Yamato nur an, dann begann der Blonde noch einmal: „Also, ich würde gerne etwas sagen. Erst einmal, möchte ich mich bedanken, dass ihr für Taichi und mich da seid. Wir wissen das sehr zu schätzen. Diese Zeiten sind wirklich schwer und so viel Rückhalt von euch zu bekommen, das ist unbezahlbar. Dennoch würden sich Takeru und Hikari sicher nicht wünschen, dass wir so sehr leiden.“ Er warf einen Blick auf seinen besten Freund, der bei der Erwähnung des Namens seiner Schwester zusammenzuckte. „Sie würden sich sicher wünschen, dass wir an die guten Zeiten mit ihnen denken und unser Lachen wiederfinden.“, ergänzte Yamato. „Bullshit.“, murmelte Taichi. Mimi sah zu ihm auf und ihre Augen weiteten sich. Auch alle anderen sahen den Brünetten nun an, die Luft war zum zerreißen gespannt. „Taichi, ich…“, begann Yamato, doch er wurde sofort unterbrochen. „Bullshit, habe ich gesagt! Was weißt du denn schon, was sie sich gewünscht hätte? Das weiß keiner von euch.“, schrie Taichi und machte einen Schritt auf seinen besten Freund zu, wobei Mimi sich von ihm löste, sie sah ihn erschrocken an. Yamato musterte ihn aus seinen blauen Augen nur ruhig, als er antwortete: „Nein, das weiß ich nicht. Aber ich kannte Hikari. Daher kann ich es mir denken.“ In den Augen des Brünetten blitzte Zorn auf. Er überbrückte den Abstand zwischen ihnen und packte den Blonden am Kragen. Erschrockene Rufe wurden laut, Joe und Daisuke waren bereits auf dem Weg, um die beiden zu trennen, doch Yamato hob seine Hand, um ihnen zu bedeuten, dass es in Ordnung sei. „Du kanntest sie also? Weißt du, Takerus Tod war ein Unfall, ein Unfall! Ich habe auch gedacht, dass ich meine Schwester kenne. Aber scheinbar, war es doch nicht so. Sonst hätte ich ihr doch helfen können. Sonst hätte ich sie retten können.“, schluchzte Taichi verzweifelt. Mit jedem seiner Worte, wurde sein Griff lockerer und er sackte immer mehr in sich zusammen, bis Yamato ihn stützen musste. Langsam drehte Takeru seinen Kopf in Hikaris Richtung. Mit geweiteten Augen, starrte sie auf die Szene vor sich. Als ihr Bruder weinend in Yamatos Armen auf dem Boden saß ging sie, wie in Trance, auf die beiden zu. „Hika, nicht…“, flüsterte Takeru und streckte seine Hand nach ihr aus, um sie aufzuhalten, doch sie war viel näher an ihren Brüdern, als an ihm dran. Als sie Taichi erreichte, murmelte sie immer wieder: „Es tut mir so leid. Bitte verzeih mir.“ Dabei versuchte sie, ihm ihre Hände auf die Schultern zu legen, ihn in ihre Arme zu ziehen, ihn zu berühren. Doch als sie realisierte, dass dies nicht ging, wurde sie zunehmend verzweifelter. Takeru eilte zu ihr. „Eve, Pierre? Bitte, bringt uns hier weg. So schnell es geht.“, rief er in den Raum. Immer noch versuchte Hikari, ihren Bruder zu berühren. So lange, bis das weiße Licht sie forttrug. Hilflos sah er Hikari an. Sie saß nun bereits eine ganze Weile schweigend neben ihm. In ihren Augen, erkannte er den Schmerz, den sie fühlen musste. Es half alles nichts, zu schweigen, brachte sie auch nicht weiter. „Hika, was da eben passiert ist…“, begann er. „Es ist alles meine Schuld.“, murmelte sie. Takeru sah sie mit geweiteten Augen an, dann schüttelte er den Kopf und sagte schnell: „Was? Nein, ist es nicht! Warum denkst du denn so etwas?“ Mit einem traurigen Lächeln, wandte sie sich ihm zu und erwiderte: „Ich habe Taichi so unglücklich gemacht, weil ich gestorben bin.“ „Oh Hika. Aber das ist doch nicht deine Schuld. Bei mir war es doch auch ein Unfall. Ich bin mir sicher, wenn sie rausgefunden haben, was bei dir die Ursache war…“, sagte Takeru, doch in diesem Moment sprang Hikari von der Bank, auf der sie saßen, auf. Als sie nichts sagte, tat es ihr der Blonde gleich und stellte sich neben sie. „Bitte, Keru. Lass es einfach.“, flüsterte sie mit gesenktem Kopf. Er versuchte, sie dazu zu bringen, ihn anzusehen. Doch als sie nicht reagierte, stellte er sich ihr direkt gegenüber, so dicht, wie es ging. „Wenn du weinen möchtest, kannst du das machen. Wenn du reden möchtest, höre ich dir zu. Ich bin für dich da, egal, was du brauchst.“, sagte er. Hikari sagte nichts. Noch immer hielt sie ihren Kopf gesenkt, doch nach einer Weile, lehnte sie ihre Stirn gegen seine Brust. „Ich spüre es nicht.“, murmelte sie irgendwann. Takeru wusste genau, was sie meinte. Als sie zu ihm aufsah, erkannte er die Tränen, die sich in ihren Augen gesammelt hatten. „Ich spüre deine Berührung nicht. Schon als ich im Diner meine Hand auf deine gelegt habe, da habe ich es bemerkt. Darum umarmst du mich auch nicht, habe ich recht?“, fragte Hikari und als sie den gequälten Ausdruck auf seinem Gesicht sah, gab ihr das die Bestätigung, dass sie mit ihrer Vermutung richtig lag. Eine Träne löste sich und lief ihre Wange hinab. „Ich war so froh. Es war egoistisch von mir, aber ich war so froh, dass du hier bei mir bist. Aber was ist das für eine Welt, in der wir unsere Familie und Freunde sehen, aber ihnen nicht bei ihrem Kummer helfen können? In der wir beide zusammen sein, uns aber nicht berühren können?“ Um ihre Worte zu untermalen, streckte sie ihre Hand aus und legte sie auf seine Brust. „Hika…“ Sie schüttelte den Kopf. „Ich habe wirklich gedacht, dass mein Leid vorbei sei. Aber das ist noch viel schlimmer, als zu leben.“, stellte sie fest und wieder legte sich ein trauriges Lächeln auf ihre Lippen. Ihre Worte ließen ihn erschrocken zusammenfahren. „Wie meinst du das?“, fragte Takeru. „Sie meint die Umstände, die sie in den Tod geführt haben.“, erklang Pierres Stimme, der plötzlich, wie aus dem Nichts, zusammen mit Eve, hinter Hikari auftauchte. Kapitel 4: Kapitel 4 -------------------- Zwei Tage zuvor- Hikari:   Sie lag auf dem Rücken, mitten in ihrem Zimmer und starrte an die Decke. Zum Millionsten Mal, zogen ihre Gedanken nun immer die gleichen Kreise, verirrten sich, verkanteten und die Spirale begann wieder von neuem. Heute war mal wieder so ein Tag, an dem einfach nichts gelang. Ihr Lächeln fühlte sich falsch an, jedes Wort, das sie wechselte, wirkte gelogen und jeder Schritt, den sie machte, war wie einer, in die falsche Richtung. Am liebsten hätte sie geweint, doch irgendwie, wollten da keine Tränen fließen. Was war denn nur los? So war sie doch früher nicht. Früher war es ihr doch leicht gefallen, zu lächeln. Sie konnte sich mit den Leuten unterhalten. Positiv in Richtung Zukunft gehen. Doch seit einiger Zeit, waren da diese Gedanken. Gedanken, die sie immer wieder beschäftigten, belasteten und in die Tiefe zogen. Wieder einmal überkam Hikari das Bedürfnis, sich jemandem anzuvertrauen. Doch sie schaffte es einfach nicht, sich aufzuraffen. Stattdessen blieb sie einfach auf ihrem Boden liegen und starrte weiter an die Decke. Wenn ich doch einfach nicht mehr hier sein müsste, einmal diesen Gedanken entfliehen könnte, wenn die Welt einfach einmal stoppen würde, dachte sie und schloss ihre Augen. Da tauchte ein Bild vor ihr auf. Blonde Haare, blaue Augen. Sie hob ihre Lider. Nein, wenn sie nicht mehr da war, was würde dann aus Takeru werden? Oder ihrem Bruder, ihren Freunden, ihrer Familie? Mühsam richtete sie sich auf. In ihrem Magen breitete sich ein flaues Gefühl aus. Wann hatte sie das letzte Mal etwas zu sich genommen? Vielleicht hatte ihre Mutter noch ein Mittel gegen Übelkeit. Sie stand auf, um ins Badezimmer zu gehen. Ihre Eltern waren auf der Arbeit und Taichi in der Schule, Hikari hatte behauptet, krank zu sein und da sie seit Tagen schon so blass aussah, stellte ihre Mutter sie nicht infrage. Mühsam schleppte sie sich zum Arzneischrank, der über dem Waschbecken im Badezimmer hing und öffnete ihn. Hikari kramte darin herum, auf der Suche nach einem Medikament, für ihren Magen. Als sie nicht fündig wurde, wollte sie bereits aufgeben, doch da erregte eine kleine Schachtel ihre Aufmerksamkeit. Sie nahm sie heraus und drehte sie herum. Es handelte sich dabei um ein Mittel zum Einschlafen, welches ihrer Mutter vor langer Zeit einmal verschrieben wurde. Neugierig öffnete sie die Packung, sie war noch fast voll. Hikari erinnerte sich, dass das Medikament ziemlich stark war und ihre Mutter nur wenige der Tabletten eingenommen hatte, da sie sich davon so betäubt fühlte. Sie starrte einen Moment auf die kleinen Pillen, dann schloss sie die Schranktür und ging, mit der Packung in der Hand, zurück in ihr Zimmer. Unsicherheit überkam Hikari. Sollte sie wirklich auf so etwas zurückgreifen? Andererseits könnte sie so vielleicht die Gedanken, die sie quälten, betäuben. Wenigstens für eine Weile. Sie zog den Blister hervor und drückte ein paar der Tabletten heraus. Sie hatte keine Ahnung, wie viele nötig waren, doch sie wollte lieber kein Risiko eingehen. Nicht, dass sie zu wenige nahm und sie nicht halfen. Sie begann mit vier Tabletten. Nach einer halben Stunde, merkte sie nichts. Sie nahm noch einmal die Schachtel zur Hand und drückte noch vier weitere Pillen heraus. Nach einer Weile, begann ihr Blick sich etwas zu vernebeln und ein leichtes Schwindelgefühl setzte ein. Doch die Gedanken kreisten noch immer in ihrem Kopf herum. Also nahm sie sich ein letztes Mal einen der Blister und schluckte nun gleich sechs der Tabletten hinunter. Langsam spürte sie die Wirkung. Es fühlte sich an, als habe jemand einen Föhn genommen und damit ihre Gedanken regelrecht weggepustet. Das Schwindelgefühl verstärkte sich und Hikari musste sich auf den Boden legen. Sie bemerkte, wie ihre Glieder schwer wurden. Als sie die Müdigkeit überkam, schloss sie ihre Augen. Wie herrlich dieses Gefühl war. Sie fühlte sich so leicht, frei von allem Ballast. Und als sie endlich die Schwärze umfing, hieß sie diese willkommen, wie einen alten Freund. Im Zwischenreich: „Nummer 161, die Nummer 161 bitte.“ Hikari sah noch einmal auf ihren Zettel. Als Takeru plötzlich verschwunden war, hatte sie panisch nach ihm gerufen, doch nichts geschah. Nun war es ihre eigene Nummer, die aufgerufen wurde. Sie hob ihren Blick und sah einen Mann hinter dem Serviceschalter. Als er ihr ein Lächeln schenkte, machte sie ein paar Schritte auf ihn zu. „Guten Tag, Hikari Yagami.“, wurde sie von dem Fremden begrüßt. Seine Stimme und sein Lächeln wirkten freundlich, dennoch bekam sie eine Gänsehaut, als er sie ansprach. „Mein Name ist Pierre und ich möchte dich offiziell im Zwischenreich willkommen heißen.“, sagte er. „Zwischenreich?“, fragte Hikari, die nun an den Schalter herangetreten war. Mit gerunzelter Stirn, musterte sie ihren Gegenüber. Er war ungefähr so alt, wie ihr eigener Vater und sein braunes Haar wurde allmählich hier und da von einigen grauen Strähnen durchzogen. Einen Moment schien es, als würde sein Blick weicher, als er sie betrachtete. Als er sprach, schwang so etwas wie Mitleid in seiner Stimme: „Ich sage es ohne Umschweife. Hikari, Sie sind tot.“ Zuerst konnte sie seinen Worten nicht folgen. Doch als sie realisierte, was er da sagte, weiteten sich ihre Augen und sie suchte seinen Blick. „Waren das…“ Sie schluckte und räusperte sich, ihre Stimme klang viel zu dünn. „…waren das die Tabletten, die ich genommen habe?“, fragte sie. Pierre betrachtete sie einen Moment schweigend, ehe er antwortete: „Ja. Du hast zu viele von ihnen genommen und bist dann einfach eingeschlafen.“ Als er die förmliche Anrede fallen ließ, bemerkte Hikari wirklich, dass er sie bemitleidete. Sie ertrug es nicht, wie er sie ansah und schloss ihre Augen. Plötzlich kam ihr ein Gedanke und sie riss sie schlagartig wieder auf. „Was ist mit Takeru?“ Als sie die Frage formulierte, war ihr bereits klar, was Pierre antworten würde. „Auch er ist tot. Jeder hier im Zwischenreich, ist gestorben. Aber ich darf dir die Gründe der anderen nicht nennen. Sei gewisse, dass auch deine Todesursache niemandem verraten wird.“ Eine Weile schwiegen sie sich nur an. Hikari brauchte einen Moment, um alles zu realisieren. Irgendwann räusperte Pierre sich leise und schob ihr ein Blatt Papier entgegen. Bis auf eine einzige Zeile, war es vollkommen leer. „Hast du noch Fragen?“ Nun hielt Pierre ihr auch einen Stift hin. Als Hikari ihn ergriff, fragte sie: „Was soll ich denn jetzt machen?“ „Erst einmal, musst du hier unterschreiben. Und dann,“ Er schob das Blatt noch ein Stück zu ihr und tippte auf die Zeile. „Dann kannst du machen, was du willst. Die Toten sind frei. Ich muss dich jedoch warnen, du kannst zwar die Lebenden besuchen, aber dir ist es nicht möglich, sie zu berühren oder mit ihnen zu sprechen.“ Hikari hob den Stift und setzte ihre Unterschrift auf die dafür vorgesehene Zeile. Sofort löste sich das Papier auf und Pierre nahm den Stift wieder an sich. „Das heißt, ich kann alle sehen, aber sie mich nicht?“, fragte sie mit brüchiger Stimme. Ihr Gegenüber nickte. „Und Takeru?“ „Der erwartet dich bereits.“, antwortete eine Frauenstimme plötzlich. Als Hikari sich umdrehte, erblickte sie eine weitere Person, die ein Kellnerinnenoutfit trug. „Hikari, das ist Eve. Wenn du möchtest, bringen wir dich nun zu Takeru.“, sagte Pierre und kam hinter dem Serviceschalter hervor. Unsicher sah die Brünette zwischen den beiden Personen hin und her. Eve bedachte Pierre kurz mit einem Blick, den man schon fast als liebevoll bezeichnen konnte. Als sie jedoch bemerkte, dass Hikari sie ansah, setzte sie schnell ein freundliches, aber unnahbares Lächeln auf. „Folge mir bitte.“, sagte Eve und deutete mit einer Geste auf eine Tür. Hätte Hikari es bezeugen müssen, hätte sie behauptet, diese Tür war eben noch nicht da. Sie kaute sich kurz auf der Unterlippe herum, nun wurde sie plötzlich unendlich nervös. Dann nickte das Mädchen und folgte Eve durch die Tür und in das weiße Licht hinein. Heute: „Was meint er mit den Umstände, die dich in den Tot geführt haben?“, fragte Takeru und sah seine beste Freundin an. Hikari starrte Pierre an. Sie fühlte sich schlagartig von ihm verraten. So hatte sie Takeru nicht von ihrem Tot erzählen wollen. Doch als sie den Blonden ansah, spürte sie, wie sich die Worte automatisch ihren Weg an  die Oberfläche suchten. Zögernd begann sie: „Ich hatte das nie vor, das musst du mir bitte glauben. Und wenn ich nun daran denke, wie sehr ich Taichi verletzt habe… Am liebsten würde ich das alles rückgängig machen.“ Takeru begriff nicht wirklich, was sie meinte. Darum wartete er und gab ihr Zeit, ihre Gedanken zu sortieren. Als sie weitersprach, breitete sich eine Gänsehaut auf seinem Körper aus. „Mir geht es schon seit einer Weile nicht mehr gut. Jeden Tag, habe ich versucht, es zu überspielen. Ich habe gelächelt, doch es wirkte einfach falsch. Ich wollte so oft um Hilfe rufen, aber ich hatte das Gefühl, als hielte mich eine unsichtbare Kraft davon ab. Im Nachhinein betrachtet, wollte ich einfach nur, dass die Gedanken einmal aufhören, mir den Verstand zu verdrehen. Darum habe ich Tabletten genommen, die alles betäuben sollten. Viel Tabletten…“ Takeru hörte ihr zu. Warum hatte er nicht bemerkt, dass es Hikari schlecht ging? Und warum, hatte sie sich ihm nicht anvertraut? Sein Blick glitt über ihre angespannten Gesichtszüge. Nein, es brachte ihr nichts, wenn er ihr Vorwürfe deswegen machte. Sie brauchte ihn jetzt. Vielleicht war es nun bereits zu spät, doch er wollte für sie da sein. Als er sprach, legte er ihr eine Hand auf den Unterarm. Auch wenn sie die Berührung nicht spürte, wollte er seine Worte mit dieser Geste untermalen. „Es ist okay, Hika. Du wolltest das nicht, das weiß ich. Und auch, wenn ich dir gerne früher geholfen hätte, sollst du wissen, dass ich für dich da bin. Ich werde immer an deiner Seite sein, egal, was auch passiert.“ Er schenkte ihr ein Lächeln. Als Hikari in seine Augen sah, bemerkte sie die tiefe Zuneigung darin. Tränen stiegen in ihr auf, die sie nur mit Mühe zurückhalten konnte. Womit um alles in der Welt, hatte sie Takeru nur verdient? „Ich würde es zwar gerne wieder rückgängig machen, aber andererseits, bin ich auch froh, dass du nicht alleine hier sein musst. Ich glaube, ich hätte es nicht ertragen, auch nur einen Tag ohne dich zu sein.“, sagte sie mit zittriger Stimme. In Takeru stieg der Wunsch auf, sie an sich zu ziehen und zu küssen. Das Gefühl war so mächtig, dass er es beinahe getan hätte. Doch dann fiel sein Blick auf seine Hand und ihm fiel wieder ein, dass sie diese Berührungen nicht würden spüren können. Resigniert sah er noch einmal zu ihr auf und schenkte ihr ein trauriges Lächeln. Auch Hikari hatte auf seine Hand gesehen und als sie ihn wieder ansah, glaubte er, den gleichen Schmerz, den er empfand, auch in ihren Augen zu sehen. Erst ein leises Räuspern machte den beiden klar, dass sie die ganze Zeit nicht alleine gewesen waren. Erschrocken zuckten sie zusammen und drehten sich um. Pierre und Eve standen etwas entfernt, hatten jedoch alles genau beobachtet. „Wir haben euch nun eine Weile zugesehen. Und wir sind zu dem Schluss gekommen, dass wir euch gerne ein Angebot machen würden.“, sagte Eve und bedachte die beiden mit einem Lächeln. Dieses Mal, wirkte sie nicht unnahbar. Als Takeru und Hikari nichts sagten, begann Pierre zu sprechen: „Was würdet ihr sagen, wenn ihr die Chance hättet, wieder zu den Lebenden zurückzukehren?“ Kapitel 5: Kapitel 5 -------------------- Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, in der Hikari und Takeru Pierre und Eve nur anstarrten. Sie waren tot, daran bestand für sie nun kein Zweifel mehr. Und nun sagten diese beiden, sie hätten die Chance, wieder zu den Lebenden zurückzukehren? Es war Takeru, der als erstes das Wort ergriff: „Wir können wieder zu unseren Familien zurück? Und zwar lebendig?“ Pierre lächelte ihn an, als er erwiderte: „So ist es. Ihr müsst wissen, es gibt auf der Welt Seelen, denen es bestimmt ist, zueinander zu finden. Durch eine Art Fehler, habt ihr beide dies zu euren Lebzeiten nicht mehr geschafft. Und darum wurde beschlossen, die Zeit noch einmal zurückzudrehen und euch die Chance zu geben, zusammen zu sein.“ Hikari wandte sich von Pierre und Eve ab, um Takeru anzusehen. Es war ihr Schicksal, zusammen zu sein? Sie hatte schon immer eine starke Verbundenheit mit ihrem besten Freund verspürt. Und sie konnte sich auch nicht vorstellen, je ohne ihn zu sein. Vielleicht, war dies das Gefühl, das man hatte, wenn man eine Person aufrichtig liebt. Doch darüber hatte sie bisher nie nachgedacht. Eves Stimme riss sie aus ihren Gedanken und sie sah sie wieder an: „Nun, wie sieht es aus? Wollt ihr zu den Lebenden zurückkehren?“ Takeru sah die Brünette an, als er fragte: „Hika, wie steht es bei dir? Möchtest du zurück in dein Leben? Es hat dir so viel Schmerz bereitet, ich möchte nicht…“ Doch Hikari unterbrach ihn mit einem Kopfschütteln. „Ich habe bereits gesagt, dass ich das alles gerne rückgängig machen würde. Das, was ich jetzt verspüre, ist wesentlich schlimmer als alles zuvor. Ich möchte wieder leben, aber nur, wenn du auch willst.“, sagte sie und sah dem Blonden in die Augen. Ein Lächeln legte sich auf Takerus Lippen. „Natürlich möchte ich leben. Und zwar mit dir an meiner Seite.“, erwiderte er. Nun hoben sich auch Hikaris Mundwinkel. „Dann soll es so sein. Ihr werdet wieder zu dem Moment zurückgeschickt, an dem ihr den Tot gefunden habt. Nur dieses Mal sterbt ihr natürlich nicht.“, erklärte Pierre. Als die beiden nickten, fuhr er fort: „Es gibt da allerdings noch eine Bedingung. Ihr müsst euch innerhalb der nächsten vierundzwanzig Stunden finden und beweisen, dass ihr euch wirklich liebt und zueinander gehört.“ „Wir wünschen euch viel Glück und kommt nicht so bald wieder.“, fügte Eve noch hinzu und hob bereits ihre Hände. „Moment, was heißt, wir müssen beweisen, dass wir zueinander gehören?“, fragte Takeru, als sich das weiße Licht bereits um ihn und Hikari auszubreiten begann. „Das müsst ihr schon selber rausfinden.“, vernahm er noch Pierres Stimme, die wie aus weiter Ferne klang. Das Licht wurde immer heller und im nächsten Moment, wurden sie bereits davon fortgetragen.   Hikari:   „Hikari, Hikari. Bitte mach deine Augen auf!“ Das erste, was sie wahrnahm, war eine vertraute Stimme, die immer wieder ihren Namen rief. Als nächstes, hörte sie jemanden weinen. Hör auf zu weinen, ich bin doch hier! Doch sie konnte die Worte nicht aussprechen. Alles fühlte sich schwer und betäubt an. Wieder hörte sie, wie jemand verzweifelt ihren Namen rief. Und nun wagte sie den Versuch, ihre Augen zu öffnen. Im ersten Moment wirkte alles verschwommen. Die Welt bestand nur aus Farben und Pixeln. Doch als sie mehrmals blinzelte und ihre Augen immer wieder dazu zwang, offen zu bleiben, klärte sich langsam ihre Sicht. Hikari erblickte ihren Bruder. Er sah aus, als habe er einen Geist gesehen. „Hika… Hikari.“, brachte Taichi nur hervor, dann zog er sie auch schon in seine Arme. Die Brünette versuchte, die Umarmung zu erwidern, doch ihre Glieder waren einfach zu schwer. „Ich dachte, du seist tot.“, hauchte der Älter und schob seine Schwester ein Stück von sich, um sie zu mustern. Hikari gelang ein schwaches Lächeln, als sie mit heiserer Stimme sagte: „Das dachte ich auch. Aber zum Glück, bin ich am Leben. Es tut mir so leid, ich wollte dich nicht erschrecken.“ Einen Moment schien Taichi über ihre Worte nachzudenken. Doch statt einer Erwiderung, zog er sie nur erneut in seine Arme. „Es tut mir so leid.“, presste Hikari noch einmal hervor. Sie spürte, wie ihr Tränen in die Augen stiegen. Eine ganze Weile saßen die beiden nur da und hielten sich aneinander fest. Es hatte lange Zeit gedauert, bis Taichi wieder einigermaßen seine Fassung wiedererlangte. Hikari fühlte sich noch immer schwach, jedoch gleichzeitig auch viel leichter, als die letzten Monate. Es war ein gutes Gefühl. Es bedeutete, dass sie am Leben war. Irgendwann, sie konnte nicht sagen, wie lange es dauerte, ließ Taichi seine Schwester wieder los. Mit einem Seufzer zog er sein Handy aus der Tasche und sagte: „Ich werde jetzt einen Krankenwagen rufen, damit sie dich ins Krankenhaus bringen können.“ Auf seine Worte hin, weiteten sich Hikaris Augen. „Das ist wirklich nicht nötig, mir geht es gut!“, begehrte sie auf. Doch als sie den besorgten Blick ihres Bruders sah, senkte sie nur den Kopf und starrte auf ihre Hände, die sie im Schoß zusammengefaltet hatte. Sie wusste, dass er Recht hatte. Ins Krankenhaus zu fahren, wäre die Vernünftigste Idee. Doch was war mit Takeru? Würde er sie dort überhaupt finden? Und wenn ja, durfte er sie dann auch besuchen? Immerhin war die Tatsache, dass sie hier sein konnte, an eine Bedingung geknüpft. Und ohne Takeru, konnte sie diese nicht erfüllen. Als Taichi den Raum verließ, um den Krankenwagen zu rufen, zog Hikari schnell ihr eigenes Handy aus ihrer Hosentasche. Sie entsperrte es, öffnete den Chat mit Takeru und schrieb: Taichi hat darauf bestanden, dass ich ins Krankenhaus fahre. Triff mich dort. Einen kleinen Moment wartete sie noch, doch er schrieb nicht zurück. Als Taichi wieder zu ihr kam, steckte sie das Handy weg. „Sie werden in ein paar Minuten da sein.“, sagte ihr Bruder und setzte sich wieder neben sie. Mit einem Nicken gab sie ihm zu verstehen, dass sie ins Krankenhaus fahren würde, wenn die Sanitäter dies für nötig hielten. Und dann schwiegen die Geschwister, solange sie warteten. Taichi hielt dabei Hikaris Hand die ganze Zeit über fest in seiner eigenen.   Takeru:   Er spürte noch, wie ihn jemand anrempelte. Ja genau, so war er gestorben. Jeden Moment würde der Zug einfahren und ihn erwischen. Doch schon im nächsten Augenblick, packte jemand ihn hinten an seiner Jacke und er wurde mit Schwung zurückgezogen. Etwas unsanft, landete Takeru auf seinem Gesäß. Unsanft, aber lebendig. Sofort bildete sich eine Menschentraube um ihn herum. „Oh mein Gott, geht es dir gut?“, rief jemand. Eine andere sagte: „Das war so knapp, beinahe hätte es ein Unglück gegeben.“ Takeru blendete sie alle aus. Er hob seinen Kopf und hielt nach der Person Ausschau, die ihn zurückgezogen hatte. War das nicht… „Eve!“, rief Takeru der Person hinterher, die sich bereits umgedreht hatte, um den Bahnsteig zu verlassen. Sie wandt sich nicht noch einmal zu ihm um. Doch der Blonde hatte auch nicht viel Zeit, ihr noch weiter hinterher zu sehen. Im nächsten Moment wurde ihm bereits eine Hand gereicht, die er ergriff und schon zog ihn jemand auf die Beine. „Ist wirklich alles okay?“, fragte der Mann, der ihm hochgeholfen hatte, freundlich. Takeru nickte und erwiderte: „Ja, es ist zum Glück nichts passiert. Vielen Dank.“ Eine Passantin bestand darauf, dass er sich noch auf eine der Bänke setzen und etwas trinken solle, um sich von dem ersten Schock zu erholen. Takeru nahm ihre Hilfe dankend an und ließ sich schwer auf die Holzbank sinken. Im ersten Moment war ihm gar nicht aufgefallen, wie zittrig er sich noch fühlte. Als die Frau, die ihm auch eine Flasche Wasser geholt hatte, gegangen war, zog Takeru sein Handy aus der Tasche. Und tatsächlich entdeckte er darauf eine Nachricht von Hikari. Mit gerunzelter Stirn, las er, was sie geschrieben hatte. Sie war also im Krankenhaus. Takeru scrollte durch sein Handy und drückte auf anrufen. Er ließ lange durchklingeln, doch irgendwann legte er auf, weil sie nicht ranging. Als nächstes, rief er Taichi an. „Takeru.“, sagte dieser, als es einige Male geklingelt hatte. „Hallo Taichi. Ist Hika bei dir? Wo genau seid ihr jetzt?“, fragte der Blonde. Einen Moment schwieg der Ältere, ehe er antwortete: „Ich glaube es ist besser, wenn sie sich erst einmal ausruht. Ich nehme an, du weißt schon, dass wir im Krankenhaus sind.“ Unter anderen Umständen, hätte Takeru ihm zugestimmt. Hikari brauchte auf jeden Fall Ruhe und im Krankenhaus, war sie gut aufgehoben. Aber es änderte nichts an der Tatsache, dass er zu ihr wollte. Nein, dass er zu ihr musste! „Taichi, bitte. Ich flehe dich an. Wo seid ihr? Ich muss unbedingt zu Hika.“, versuchte er es daher noch einmal. Wieder schwieg der Brünette. Dann seufzte er und erwiderte: „Okay, du kannst sie morgen besuchen. Ich schicke dir gleich die Adresse. Sie hat sowieso schon gefühlt 1000 Mal nach dir gefragt.“ Takerus Herz begann, schneller zu schlagen, als Taichi das sagte. „Ich danke dir.“, gab der Blonde noch zurück, bevor sie auflegten und das Gespräch damit beendet war. Es war zwar sehr schwer für ihn, Hikari heute nicht mehr sehen zu können, aber morgen reichte auch noch. Es blieb noch genug Zeit für… Ja, für was eigentlich? Takeru war immer noch nicht ganz klar, was sie tun mussten, um zu beweisen, dass sie zueinander gehörten. Immerhin hatte er es bis jetzt all die Jahre nicht geschafft, Hikari seine Liebe zu gestehen. Und plötzlich sollte er innerhalb von 24 Stunden zeigen, dass sie füreinander bestimmt waren. Ein anderer Gedanken schlich sich ein. Und was, wenn sie gar nicht das gleiche für mich empfindet, wie ich für sie? Schnell schüttelte er seinen Kopf. Nein, es hatte sich ganz anders angefühlt. Da war definitiv etwas zwischen ihnen. Und Hikari hätte sich doch auch nie darauf eingelassen, wenn sie nichts für ihn empfand. Es nützte alles nichts. Ob sie ihn ebenfalls liebte, musste sie ihm schon persönlich sagen. Aber heute, würde er nichts mehr erreichen. Also griff er sich seine Tasche, erhob sich von der Bank und machte sich auf den Weg nach Hause. Kapitel 6: Kapitel 6 -------------------- Als Hikari in dem kleinen Behandlungszimmer wartete, wurde sie immer nervöser. Der Arzt hatte nach der Blutentnahme darauf bestanden, sie über Nacht zur Beobachtung hier zu behalten. Erst protestierte sie dagegen, schließlich ging es ihr gut. Doch auch Taichi hielt es für eine gute Idee, wenn ihr Gesundheitszustand eine Weile überwacht wurde. Als sie seinen Blick sah, gab sie ihre Einwände auf. Nun war sie allein, der Arzt wollte noch schnell die Station verständigen, ihr Bruder telefonierte grade mit ihren Eltern. Er versprach ihr, es wie einen Unfall aussehen zu lassen. Und eigentlich war es das ja auch. Sie hatte nie vor, sich das Leben zu nehmen. Das war ihr im Nachhinein bewusst geworden. Dennoch musste sie Taichi versprechen, dass sie Hilfe in Anspruch nehmen würde, wenn es ihr körperlich wieder besser ging. Er hatte Recht, alleine würde sie durch diese schwere Zeit sicher nicht kommen. Als sich langsam die Tür öffnete, lies sie ihren Blick dorthin gleiten. Leise betrat Taichi den Raum und ging zu der Liege, auf der Hikari saß. „Und? Was sagen sie?“, fragte das Mädchen und spürte, wie die Nervosität sie überkam. „Sie machen sich große Sorgen.“, begann er. Sofort senkte die Braunhaarige den Kopf und starrte auf ihre Hände. Sie hatte nie jemanden mit ihrer Tat in Sorge versetzen wollen. „Aber ich habe ihnen gesagt, dass du jetzt Ruhe brauchst. Sie kommen heute nicht mehr hier her, sondern holen dich morgen ab.“, fügte Taichi hinzu. Hikari nickte nur. Sie war dankbar, dass sie noch ein wenig Zeit hatte, bevor sie ihren Eltern würde gegenüber treten. „Und… was ist mit Keru? Darf ich ihn anrufen?“, als sie die Frage formulierte, war ihre Stimme leise und brüchig. Taichi bedachte sie mit einem vielsagenden Blick. Doch als sie ihren Kopf hob, um ihm in die Augen zu sehen, da bemerkte er die Eindringlichkeit, die hinter ihrer Bitte steckte. Seufzend zuckte er mit den Schultern. „Mir wäre es zwar lieber, du würdest damit noch warten, bis du zuhause bist. Aber ich kann es dir ja auch schlecht verbieten.“, gab er zu. Hikaris Mundwinkel hoben sich. Dann sagte Taichi: „Ich schaue mal, was der Arzt macht.“ Und mit diesen Worten, verließ er erneut das Zimmer. Sofort griff Hikari in ihre Hosentasche und zog ihr Handy hervor. Auf dem Display erschien das Symbol, für einen Anruf in Abwesenheit. Sie drückte darauf, um Takeru zurück zu rufen. Ein paar Mal klingelte es, dann hob er bereits ab. „Hika!“, erklang seine Stimme und ließ ihr Herz sofort höher schlagen. „Hallo Keru.“, erwiderte sie. „Wie geht es dir? Taichi sagte, du bist im Krankenhaus.“ Hikari nickte, was Takeru natürlich nicht sehen konnte. Daher sagte sie: „Ja genau. Er wollte zur Sicherheit, dass ich untersucht werde und ich soll noch eine Nacht zur Beobachtung hier bleiben.“ Ein Seufzen erklang am anderen Ende der Leitung. „Ich würde dich jetzt gerne sehen. Aber dein Bruder hat gesagt, dass du Ruhe brauchst.“ In Takerus Stimme klang Frust mit. „Ich würde dich auch gerne sehen. Und dich endlich berühren.“, gab das Mädchen zu. Sofort stieg ihr die Röte ins Gesicht. Sie hatte nicht wirklich über ihre Worte nachgedacht, doch sie entsprachen der Wahrheit. Sie hörte, wie Takeru leise lachte. Dann sagte er: „Du ahnst gar nicht, wie oft ich mir gewünscht habe, dass du so was zu mir sagst.“ Nun war es Hikari, die über seine Worte schmunzeln musste. „Das habe ich ja gar nicht gewusst. Warum hast du nicht eher was gesagt?“, fragte sie. „Naja, vielleicht hatte ich Angst?“, mutmaßte Takeru. „Also mussten wir erst sterben, um endlich den Mut aufzubringen uns zu sagen, was wir füreinander empfinden?" Hikari wollte die Frage wie einen Scherz formulieren, doch wie sie es sagte, klang es doch eher makaber. Takeru schnaubte. „So sieht es wohl aus. Wir waren ziemlich blind.“ Einen Moment schwiegen die beiden. Es war Hikari, die die Stille durchbrach. „Wie lange wusstest du es schon? Ich meine, dass du mich magst.“, fragte sie. Es dauerte einen Augenblick, ehe Takeru antwortete: „Also… wenn ich ganz ehrlich bin, dann weiß ich gar nicht mehr genau, wann es mir so richtig bewusst geworden ist. Aber es ist auf jeden Fall ein paar Jahre her, seit es mir dann klar war. Du warst und bist meine erste große Liebe.“ Hikaris Augen weiteten sich ein wenig. „Ein paar Jahre schon?“, murmelte sie ungläubig. „Und bei dir? Ich meine, seit wann ist es dir klar?“, fragte Takeru. Das Herz des Mädchens schlug nun schneller. „Naja, so richtig gemerkt habe ich es erst vor einer Weile. Ich glaube aber, dass ich schon länger Gefühle für dich habe. Ich wollte es mir nur nie eingestehen.“ „Oh…“, war Takerus einzige Antwort darauf. Hikari nutze dies, um schnell weiter zu sprechen. „Und weil ich unsere Freundschaft nicht gefährden wollte, habe ich es verdrängt. Ich habe alles verdrängt. Und das hat mich dann, glaube ich, irgendwie krank gemacht. Die Gedanken wollten einfach nicht mehr verschwinden. Mein Lächeln wirkte falsch. Alles war anders.“ Es war das erste Mal, dass sie offen darüber sprach. Aber sie merkte, wie dringend sie Takeru alles erzählen wollte, damit er sie verstand. „Hika, wenn ich gewusst hätte…“, setzte Takeru an, doch seine Stimme wirkte brüchig. „Wenn ich früher mit dir oder jemand anderem gesprochen hätte, dann hätte mir vielleicht jemand helfen können. Aber es fiel mir so schwer. Andererseits, würden wir jetzt dieses Gespräch führen, wenn all die Ereignisse niemals geschehen wären?“ Sie sprach ihre Gedanken einfach laut aus, ohne groß darüber nachzudenken. Das tat wirklich gut. „Wahrscheinlich würden wir uns weiterhin heimlich anschmachten, ohne je den Mut aufzubringen, über unsere Gefühle zu sprechen.“, mutmaßte Takeru. Auf Hikaris Lippen erschien ein leichtes Lächeln. „Ja, vermutlich.“, erwiderte sie. „Oh man, jetzt möchte ich noch dringender zu ihr, um dich in meine Arme zu schließen.“, seufzte der Junge. „Das wäre wirklich schön.“, bemerkte Hikari. „Ich werde morgen als aller Erstes zu dir kommen. Ob zu dir ins Krankenhaus, oder nach Hause. Das ist mir egal.“ Auf Takerus Worte hin, hoben sich erneut ihre Mundwinkel und sie antwortete: „Ich freue mich darauf.“ Sie hatten das Telefonat grade beendet, als der Arzt, gefolgt von Taichi, den Raum betraten. „Wir werden Sie jetzt auf die Station verlegen. Am besten, Sie verabschieden sich noch von ihrem Bruder. Ich habe bereist alles mit ihm geklärt, aber sollten Sie Fragen haben, dann stellen sie diese ruhig und das Personal auf der Station wird sie Ihnen beantworten.“, erklärte der Arzt. Hikari nickte, ehe sie sich ihrem Bruder zuwandt. „Vielen Dank nochmal für alles. Und es tut mir so leid, dass ich dir Sorgen bereitet habe.“, sagte sie und sah dabei zu Boden. Taichi trat in ihr Sichtfeld, was sie dazu bewegte, ihn anzuschauen. Im nächsten Moment, zog er sie bereits in seine Arme. „Versprich mir nur, dass du so was nie wieder machst!“, bat er. Mit Tränen in den Augen, nickte das Mädchen und klammerte sich dabei an ihren Bruder. Nach einer Weile, räusperte sich der Arzt und sagte: „Es ist jetzt jemand da, um Sie auf die Station zu bringen.“ „Vielen Dank!“, erwiderte Hikari und im nächsten Moment verließ der Arzt bereits das Zimmer. „Also, ich komme dann morgen mit, wenn Mama und Papa dich abholen. Ich hab dich lieb.“, sagte Taichi und gab seiner Schwester einen Kuss auf ihren Haarschopf. „Ich hab dich auch lieb.“ Sie hoffte, dass er spürte, wie ernst ihr ihre Worte waren. Mit einem leichten Lächeln auf den Lippen, wandt sich Taichi schließlich zum Gehen. Und Hikari blieb allein zurück. In dieser Nacht schlief das Mädchen sehr schlecht. Immer wieder träumte sie von Pierre und Eve. Die Worte, die sie als letztes an Hikari und Takeru gerichtet hatten, verwoben sich mit den Geschehnissen der letzten Stunden. Und immer wieder, erschienen vor ihr blonde Haare und blaue Augen. Als sie schließlich davon träumte, wie jemand Takeru vor einen Zug stieß, wachte sie schwer atmend auf. Der Überwachungsmonitor, an den das Pflegepersonal Hikari angeschlossen hatte, piepte wie wild. Sie sah sich um und nun fiel ihr wieder ein, dass sie im Krankenhaus war. Als sich ihre Atmung etwas beruhigte, wurde auch das Geräusch des Monitors wieder ruhiger und eintöniger. Das war nur ein Traum, redete sich das Mädchen in Gedanken gut zu. Aber auch wenn sie nun wach war, die Gewissheit, dass nicht alles nur geträumt war, blieb dennoch bestehen und nagte an ihr. Takeru war von einem Zug erwischt worden. Er war gestorben. Genau, wie sie selbst. Und auch die Worte von Pierre und Eve, waren nicht ihrer Fantasie entsprungen. Ein Gefühl der Angst breitete sich in Hikari aus. Was, wenn sie es nicht rechtzeitig schafften. Wenn sie sich morgen nicht sehen konnten. Würden sie dann wieder ins Totenreich zurückmüssen? Das wollte sie nicht. Dort konnte sie Takeru nicht berühren. Lieber wäre sie auf ewig alleine, als dieses Gefühl noch einmal ertragen zu müssen. Hikari drückte sich noch weiter in ihre Kissen. Mit einer Hand, verdeckte sie ihre Augen und lauschte auf das regelmäßige Geräusch, das der Monitor neben ihr von sich gab. Wie um alles in der Welt, hatte es nur so weit kommen können? Während sie ihren eigenen Gedanken nach hing, bemerkte sie nicht, dass sie immer schläfriger wurde. Das Piepen wurde weiter in den Hintergrund gedrängt. Und ohne, dass Hikari es beabsichtige, fiel sie erneut in einen unruhigen und traumreichen Schlaf. Sie erwachte erst wieder, als jemand an ihr Bett trat und leise mit ihr zu sprechen begann. Verschlafen öffnete sie die Augen und erkannte eine junge Frau, die die gleiche Arbeitskleidung trug, wie die Schwestern und Pfleger gestern. Ihr Gegenüber schenkte ihr ein Lächeln, als sie fragte: „Hast du gut geschlafen? Möchtest du dich vielleicht fertig machen? Deine Eltern wollen dich direkt nach dem Frühstück abholen.“ Hikari nickte und bedankte sich bei der Schwester, die ihr ihre Hilfe anbot. Doch das Mädchen wollte sich alleine anziehen. Sehnsucht überkam sie bei dem Gedanken, bald wieder zuhause sein zu können. Und daran, dass sie dort endlich Takeru sehen konnte. Kapitel 7: Kapitel 7 -------------------- Nervös zupfte er an einem kleinen Hautstück an seinem Fingernagel. Hikari hatte Takeru versprochen, ihm sofort Bescheid zu geben, wenn sie zuhause war. Er wusste bereits, dass sie heute Morgen aus dem Krankenhaus entlassen wurde. Nun wartete er. Immer wieder glitt sein Blick in Richtung der Uhr, die an der Wand hing, dann zu seinem Handy, auf dem keine Nachricht war, dann aus dem Fenster. Es war belastend. Und langsam fragte Takeru sich, ob Hikari sich noch bei ihm melden würde. Dann riss ihn ein schrilles Klingeln aus seinen Gedanken. „Hika?“, fragte er in den Lautsprecher, als er abgenommen hatte. „Hallo Keru. Ich wollte dir nur Bescheid geben, dass ich jetzt zuhause bin.“, erklang ihre Stimme am anderen Ende. Takeru stieß einen erleichterten Seufzer aus. „Kann ich zu dir kommen?“, fragte er. Einen Moment schien Hikari zu zögern. „Hika?“, hakte er nach. „Weißt du, meine Eltern wollen am liebsten, dass ich mich ausruhe und haben verboten, dass ich Besuch bekomme.“, begann sie. „Aber… wenn wir uns heute nicht sehen…“ Takeru konnte den Satz nicht aussprechen. Hikari kam ihm zuvor: „Ich weiß. Darum habe ich vor, mich raus zu schleichen. Sauer können sie deswegen später immer noch auf mich sein. Sie haben hoffentlich noch mein langes Leben dafür Zeit.“ Unwillkürlich musste Takeru über ihre Worte schmunzeln. „Das hast du sehr treffend gesagt.“ Nun hörte er, dass auch seine beste Freundin zu kichern begann. „Nun ja, dafür müssen wir uns nachher aber erst einmal sehen.“, gab sie zu bedenken. „Wann kannst du denn raus?“, fragte Takeru und sah auf die Uhr. Es war bereits kurz nach elf. Sie würden nur noch bis zum Nachmittag Zeit haben. „Mama wollte nachher noch einkaufen gehen, dann ist es leichter für mich, raus zu schleichen. Sie geht sonst immer so um halb zwei, zwei Uhr.“, erklärte Hikari. „Dann würde ich sagen, wir treffen uns ab halb zwei im Park, an der gleichen Stelle wie immer? Ich warte dann dort auf dich.“ Auf sie würde Takeru immer und überall warten. „So machen wir es!“ Er wollte sich bereits von ihr verabschieden, so, wie sonst auch, als ihre Stimme erneut erklang. „Ich freue mich, dich endlich zu sehen.“, sagte Hikari und nun wirkte sie fast schon schüchtern. Auf ihre Worte hin, hoben sich seine Mundwinkel. „Und ich freue mich auf dich.“, gab er zurück. Wie oft hatte er davon geträumt, sie solche Dinge auf diese Weise sagen zu hören? Sie sagte ihm oft, dass sie sich freute, ihn zu sehen. Oder, dass sie ihn vermisste. Aber auf diese Art, hatte er sie das noch nie sagen hören. Vielleicht traute er sich vorher aber auch nur nicht, es so zu verstehen. Nachdem sie sich noch kurz voneinander verabschiedet hatten, lehnte Takeru sich seufzend zurück. Bis sie sich trafen, war noch viel Zeit. Für seinen Geschmack, viel zu viel. Hikari begann, in ihrem Kleiderschrank herumzuwühlen. Es war albern, immerhin hatte Takeru sie bereits oft ungeduscht und in Jogginghose gesehen, wenn sie mal bei dem jeweils anderen übernachtet hatten. Aber jetzt verspürte sie das Bedürfnis, sich besonders hübsch anzuziehen. Und das nur für ihn. Seit ihr klar geworden war, dass sie etwas für ihren besten Freund empfand, hatte sie mehr Wert auf ihr Äußeres gelegt, als jemals zuvor. Ab und zu schminkte sie sich sogar mal, was sie sonst nie tat. Doch meist kam sie sich beim Blick in den Spiegel fremd vor und wischte es dann wieder weg. Ein Mal, da hatte sie die Wimperntusche jedoch drauf gelassen. Sie erinnerte sich noch genau, wie Takeru sie immer wieder verstohlen aus den Augenwinkeln gemustert hatte. Anfangs fühlte sie sich dabei unbehaglich und wusste nicht so recht, wie sie seine Blicke deuten sollte. Doch irgendwann sagte er zu ihr: „Du siehst heute besonders hübsch aus.“ Hikari war knallrot angelaufen und hatte es nur geschafft, ihm ein schüchternes Lächeln als Erwiderung zu schenken. Als Takeru bemerkte, was er da zu ihr gesagt hatte, fügte er noch schnell hinzu: „Also, ich meine, du siehst immer hübsch aus und du brauchst dafür auch keine Schminke. Aber so gefällst du mir auch.“ Doch anstatt die Situation dadurch besser zu machen, wurde Hikari nur noch verlegener und drehte sich schnell weg, damit ihr bester Freund nichts bemerkte. Von diesem Tag an, gab sie sich immer mehr Mühe bei der Auswahl ihrer Kleidung oder ihres Make-Ups. Doch Takeru hatte sich nicht noch einmal getraut, ihr solch ein Kompliment zu machen. Hikari hatte immer vermutet, es sei nur eine Ausnahme gewesen, dass ihm an diesem Tag aufgefallen war, dass sie sich zurecht gemacht hatte. Aber was sie nicht wusste war, dass Takeru an diesem Tag ebenfalls sehr verlegen über seine eigenen Worte war. In Wahrheit, fand er schon immer, dass Hikari das schönste Mädchen auf der ganzen Welt war. Doch sowas sagte man doch seiner besten Freundin nicht. Eigentlich war es fast schon ironisch, dass die beiden erst im Tot den Mut gefunden hatten, sich ihre Gefühle zu gestehen. Dass sie erst etwas verlieren mussten, um zu merken, dass sie sich berühren wollten. Und wie sehr es ihnen fehlte, den jeweils anderen zu spüren. Ja, man konnte es wirklich beinahe Ironie des Schicksals nennen. Hikari drehte sich noch einmal zur Seite, um sich im Spiegel zu betrachten. Sie trug das hellgelbe Kleid, das Takeru mal für sie ausgesucht hatte, als sie zusammen Shoppen waren. Es war ihr absolutes Lieblingskleid. Ihre Haare trug sie, so wie immer, offen und auf Make-Up, hatte sie verzichtet. Sie gefiel sich heute gut. Ganz anders, als in den letzten Monaten vor dem Vorfall mit den Tabletten. Oft fühlte sie sich fehl am Platz oder unwohl in ihrer Haut. Doch heute nicht, jetzt grade hatte sie so viel Energie, dass sie Bäume hätte ausreißen können. Ein Blick auf die Uhr verriet ihr, dass es langsam Zeit wurde, sich auf den Weg zu machen. Hoffentlich war ihre Mutter schon zum Einkaufen unterwegs. Andernfalls, würde es schwer, unbemerkt die Wohnung zu verlassen. So leise sie konnte, ging sie in Richtung ihrer Zimmertür, um diese zu öffnen. Im ersten Moment, konnte sie niemanden entdecken. Sie trat ein paar Schritte in den Flur hinein und lauschte. Es war auch niemand zu hören. Also schloss sie vorsichtig ihre Zimmertür und schlich in Richtung Haustür. Auch die Jacke und die Schuhe ihrer Mutter waren verschwunden. Jetzt ist die Gelegenheit, dachte Hikari und griff nach ihren eigenen Schuhen. Sie hatte bereits die Hand an der Klinke, um diese hinunter zu drücken, als ein Räuspern hinter ihr sie zusammenzucken ließ. „Was gedenkst du da zu tun?“, fragte Taichi, der mit verschränkten Armen hinter seiner Schwester stand. Ungeduldig sah Takeru auf die Uhr an seinem Handy. Es war bereits halb drei und Hikari war immer noch nicht aufgetaucht. Wenn sie sich nicht etwas beeilte, würde es bald zu spät sein. Sie hatte ihn nicht mehr angerufen, oder ihm eine Nachricht geschickt. Ob ihr etwas zugestoßen war? Es war nicht ihre Art, sich zu verspäten. Andernfalls hatte sie auch gesagt, sie dürfe eigentlich nicht raus. Vielleicht hatten ihre Eltern sie erwischt. Aber dann würde sie ihm doch bescheid geben. Takeru war schon drauf und dran, zu Hikaris Wohnung zu gehen. Doch was, wenn sie jetzt grade doch schon auf dem Weg zu ihm war und sie sich verpassten. Verzweifelt stütze er seinen Kopf auf seine Hände und raufte sich das blonde Haar. Hoffentlich würde sie bald hier sein. „Taichi bitte. Ich erkläre dir nachher alles, aber du musst mir jetzt vertrauen und mich gehen lassen!“, flehte Hikari ihren großen Bruder an. Einen Moment betrachtete der Ältere sie nur schweigend, dann schüttelte er den Kopf. „Ich habe Mama und Papa versprochen, dass ich auf dich aufpasse.“, erklärte er. Nervös kaute Hikari auf ihrer Unterlippe herum. Es war bereits viel später, als sie eigentlich beabsichtig hatte. Wenn sie nicht bald aufbrechen würde, dann wäre es zu spät. Sie tat einen Schritt auf Taichi zu und sah ihm tief in die Augen. „Bitte. Es ist wirklich wichtig, dass ich jetzt gehe. Es geht sozusagen um Leben und Tot.“, versuchte sie es erneut. Doch ihr Bruder schien nicht sehr überzeugt. „Was kann denn im Moment wichtiger für dich sein, als dich auszuruhen?“, fragte er stattdessen. Noch immer sah Hikari ihn eindringlich an.  „Ich muss zu Takeru. Und zwar jetzt sofort.“ Sie hatte kurz überlegt, Taichi die ganze Wahrheit zu sagen, hatte sich dann aber dagegen entschieden. Er würde ihr sicher sowieso nicht glauben. Aber wieso auch, könnte sie es an seiner Stelle? Als der Name des Blonden fiel, sah Hikari im Blick ihres Bruders, wie er nachdachte. Sie wusste, dass er ihren besten Freund mochte. Und sie wusste auch, dass er, wenn es hart auf hart käme, ihm ihr Leben anvertrauen würde. Wenn Taichi nur wüsste, dass dies nun der Fall war. Er merkte, wie ernst es seiner Schwester war und so langsam, begann er zu zögern. „Hikari, kannst du ihn nicht an einem anderen Tag sehen? Du bist heute erst aus dem Krankenhaus zurückgekommen. Außerdem wollen Mama und Papa, dass du zuhause bleibst. Es ist doch sonst nicht deine Art, dich gegen ihre Wünsche zu stellen.“ Taichi löste die Verschränkung seiner Arme und kam nun ebenfalls einen Schritt auf seine Schwester zu. In seiner Stimme schwang Sorge mit. Hikari wusste, dass nun alles davon abhing, wie sie die nächsten Worte formulierte. Sie streckte ihre Hand aus und legte sie auf den Unterarm des Älteren. Eine Geste, die die Wichtigkeit ihrer Aussage unterstreichen sollte. „Mir ging es in der letzten Zeit wirklich nicht gut.“, begann sie und bemerkte, wie ein schmerzlicher Ausdruck über Taichis Gesicht huschte. Wieder überkam sie ein schlechtes Gewissen, sie hatte ihm so viel Kummer bereitet. Sie sprach schnell weiter, um ihm diese Last wieder zu nehmen: „Aber nun geht es mir besser. Ich war wie gelähmt, habe mich mit mir selbst unwohl gefühlt. Ich habe mich kaum wiedererkannt. Takeru hat mich daran erinnert, wer ich wirklich bin. Er hat mich so gesehen, wie ich mich gerne gesehen hätte. Als sei ich es wert, geliebt zu werden.“ „Aber du wirst doch geliebt! Ich meine, ich liebe dich mehr, als alles andere auf dieser Welt.“, schoss es aus Taichi hervor. Mit Tränen in den Augen, lächelte das Mädchen ihren Bruder an. „Ja ich weiß. Und ich liebe dich auch! Aber es gab einen Moment, in dem ich das einfach nicht begreifen konnte. Doch Takeru hat mir wieder Hoffnung geschenkt. Er ist mein Licht, in den dunkelsten Stunden. Ich brauche ihn, um leben zu können.“ Sie wusste, dass ihre Worte theatralisch klangen. Doch es entsprach einfach nur der Wahrheit. Für einen Moment, sah Taichi Hikari nur in die Augen. Es schien fast so, als suche er nach Antworten darin. Schließlich senkte er seine Lider, sog tief die Luft ein und ließ sie geräuschvoll wieder entweichen. „Okay. Ich habe es verstanden. Geh. Such Takeru und sag ihm, was du zu sagen hast. Aber versprich mir, dass du danach sofort wieder nach Hause kommst, ja?“ Als Taichi die Augen öffnete, erblickte er seine strahlende Schwester. „Ich danke dir!“, hauchte sie und stellte sich auf ihre Zehenspitzen, um ihm einen Kuss auf die Wange zu geben. Dann drehte sie sich zur Haustür, um aus dieser hinauszutreten. Jetzt musste sie schnell zu Takeru. Ihnen blieb nicht mehr viel Zeit. Hikari wünschte sich, es gäbe eine Möglichkeit Taichi zu zeigen, wie dankbar sie war, dass er sie nicht aufgegeben hatte und ihr immer noch vertraute. Aber für den Moment reichte es, wenn er einfach nur wusste, dass sie ihn liebte. Kapitel 8: Kapitel 8 -------------------- „Meinst du, sie schaffen es rechtzeitig?“ Als Pierres Stimme erklang, hob Eve ihren Kopf. Einen Moment schwieg sie, schien nachzudenken. Dann sagte sie: „Ich hoffe es.“ Unwillkürlich hoben sich die Mundwinkel des Mannes ein wenig. „Es kommt nicht oft vor, dass du dich um jemanden sorgst.“, stellte er fest. Als Eve ihn ansah, eine Augenbraue hochgezogen, zuckte Pierre mit den Schultern. „Sie erinnern mich an uns.“, erklärte die Frau und richtete ihren Blick nun wieder auf die Geschehnisse vor ihr. Das Schmunzeln auf Pierres Gesicht verwandelte sich nun in ein warmes, liebevolles Lächeln. Dann sah auch er wieder geradeaus als er antwortete: „Ich weiß.“ Takeru hielt es nicht mehr aus. Er wusste, dass Hikari ihn niemals ohne einen Grund so lange würde warten lassen. Etwas musste passiert sein. Darum war er einfach losgelaufen, in Richtung ihres Hauses. Sein Herz schlug rasend schnell und seine Lunge brannte bei jedem Atemzug, den er tat. Doch das war ihm egal, alles was jetzt zählte, war Hikari. Er blendete alles andere aus. Sogar den Grund, warum sie sich eigentlich hatten treffen wollen. In diesem Moment überwog die Sorge um sie. Den Weg zu ihr kannte er inn- und auswendig. Sie waren ihn schon so oft gemeinsam gegangen. Nach der Schule, wenn sie noch eine Weile zusammen im Park gespielt hatten, bevor sie dann zu Hikari gingen, um Hausaufgaben zu machen. Oder an den Wochenenden, wenn sie Takeru abholte, damit er mit bei ihr übernachten konnte. Oder in den Ferien, wenn sie sich bei ihrer Lieblingseisdiele hinter dem Park eine kleine Abkühlung gönnten. Immer waren sie diesen Weg gemeinsam gegangen. Sowieso gab es wenige Dinge, die Takeru ohne seine beste Freundin tat. Seit er sich erinnern konnte, war sie an seiner Seite. Er hatte sich so sehr daran gewöhnt, dass sie bei ihm war, dass der bloße Gedanke, einmal ohne sie zu sein, ein tiefes Loch in seine Brust riss. Und auch wenn er wollte, dass Hikari glücklich und wohlauf war, nagte dieser egoistische Wunsch an ihm, für immer mit ihr zusammen zu sein. Egal ob im Leben oder im Tot. Hikari hatte zügig das Haus verlassen. Es war nun bereits so spät. Niemals würde sie es rechtzeitig in den Park und zu Takeru schaffen. Aber sie musste es versuchen. Wenn schon nicht für sich, dann wenigstens für ihn. Immerhin wollte sie nicht, dass nochmal jemand wegen ihnen beiden so leiden musste, wie Taichi und Yamato, oder all die anderen. Und sie wollte, dass Takeru lebte, dass er seine Möglichkeiten erkannte. Eine Weile wusste er nicht, was er mit seinem Leben anfangen sollte. Immer wieder ermutigte Hikari ihn, seinen Träumen zu folgen und einfach das zu tun, was ihm Freude bereitet. Doch es schien Takeru von Tag zu Tag schwerer zu fallen, sich darauf zu fokussieren. Oft sah er Hikari nur an, als überlege er, etwas zu erwidern. Doch meist schwieg er. Sie wünschte sich so sehr, ihm helfen zu können. Dann kam die Zeit, in der sie sich von ihm zurückzog. Es war, als läge eine unausgesprochene Sache zwischen ihnen, obwohl sie sich nie gestritten hatten. Erst jetzt erkannte Hikari, dass es der Wunsch war, dem jeweils anderen endlich seine Gefühle gestehen zu können. Und es war die Angst, zurückgewiesen zu werden. Wie blind wir doch waren, dachte sie und eine Bitterkeit schlich sich in ihre Gedanken. Wäre alles vielleicht anders gelaufen, wenn sie einfach ehrlicher zu Takeru gewesen wäre? Doch nun war es, wie es war. Sie konnte nichts ändern, nichts ungeschehen machen. Das einzige, was sie noch tun konnte, war so schnell zu rennen, wie ihre Beine sie trugen. „Sie schaffen es nicht.“, stellte Pierre fest. Sein Blick schweifte von Takeru zu Hikari und wieder zurück. Eve sah auf die Uhr. Er hatte recht, sie waren sich bereits ganz nah, doch die Zeit reichte einfach nicht mehr aus, um sich rechtzeitig zu begegnen. Die Frau kaute auf ihrer Unterlippe herum. „Meinst du… meinst du, sie haben es verdient?“, fragte sie zögernd und sah zu Boden. Aus dem Augenwinkel bemerkte sie, wie Pierre langsam den Kopf schüttelte. „Nein, sie haben das nicht verdient. Die beiden denken immer zuerst aneinander. In diesem Punkt, sind sie wohl anders, als wir es waren.“ „Wir waren egoistische Idioten.“, bemerkte Eve, was Pierre wieder zum schmunzeln brachte. „Aber die beiden… sie sollten die Chance bekommen zu leben. Sie haben nicht das gleiche Schicksal verdient, wie wir. Sie haben sich schon immer geliebt.“, fügte sie hinzu. Pierre senkte seinen Blick, als er die Hand ausstreckte, um die von Eve zu ergreifen. „Dann lass uns ihnen helfen.“, sagte er und zog mit dem Daumen kleine Kreise über ihren Handrücken. Als er den Kopf hob, sah er noch, wie sie nickte. Eve streckte auch ihre andere Hand nach Pierre aus und ließ sich von ihm so drehen, dass sich die beiden nun gegenüber standen. Er legte seine Stirn an ihre, als er murmelte: „Du weißt, dass es dafür Konsequenzen geben wird.“ Einen Moment stand Eve ihm nur mit geschlossenen Augen gegenüber und schwieg. Als sie ihre Lider hob, lächelte sie. „Solange wir nur zusammen sind, ertrage ich alles.“ Als Takeru sie sah, war ihm bereits bewusst, dass er sie nicht mehr rechtzeitig erreichen würde. Ihre Zeit war abgelaufen. Aber das war ihm egal. Dier Hauptsache war, dass es Hikari gut ging. Und auch wenn es aussichtslos schien, wieder zu den Lebenden zurückzukehren, rannte er weiter. Er wollte jetzt einfach nur noch bei ihr sein, sie in seine Arme schließen und wenigstens ein Mal küssen, bevor sie es nicht mehr spüren konnten. Auch Hikari war klar, dass sie zu spät kam. Aber sie ließ sich davon nicht beirren und hielt weiter auf Takeru zu. Der Blonde öffnete seine Arme, um das Mädchen hinein zu ziehen, als sie endlich beieinander ankamen. Schwer atmend und mit wild schlagenden Herzen, hielten sie sich aneinander fest. Nach einem Moment, in dem sie versuchten, ihre Körper zur Ruhe zu bringen, lösten sie sich ein kleines Stück voneinander. Doch nur so weit, dass sie sich einander besser zuwenden konnten. Und im nächsten Augenblick, ohne groß darüber nachzudenken, fanden ihre Lippen stürmisch zueinander. Der Kuss war drängend, voller Begierde und vor allem, war er lange überfällig. Rastlos wanderten ihre Hände über den Körper des jeweils anderen, nur um ihn zu spüren. Und immer wieder tauschten sie Küsse miteinander. Wenigstens konnte ich sie noch einmal fühlen, dachte Takeru. Immerhin, sind wir jetzt für immer zusammen, schoss es Hikari durch den Kopf. Je mehr Zeit verging, desto ruhiger wurden die beiden. Noch immer hielten sie einander fest, legten ihre Lippen aufeinander und genossen die Wärme, die sie durchzog. Doch abgesehen davon geschah... nichts. Irgendwann löste sich Takeru ein Stück von Hikari, um sie ansehen zu können. Er hob seine Hand und strich ihr über die Wange, ein leichtes Lächeln auf den Lippen. „Ich möchte mich ja wirklich nicht beschweren, aber ich fühle diese Berührung.“, sagte die Brünette und sah den Blonden etwas verwundert an. Dieser nickte zur Bestätigung. „Ich dachte eigentlich, wir seien zu spät.“, erwiderte er. „Oh, ihr ward auch zu spät.“ Erklang eine Stimme hinter ihnen und ließ sie zusammenzucken. Langsam drehten sie sich um. „Eve, Pierre was… was ist mit euch?“, fragte Hikari und sah erschrocken zu den beiden sich auflösenden Körpern. Pierre zuckte mit den Schultern. „Ich glaube, unsere Zeit ist um.“ „Und das sagst du so leichtfertig? Wieso so plötzlich?“, wollte Takeru wissen. Eve schenkte ihm ein Lächeln, als sie antwortete: „Wir sind nun schon sehr lange hier. Wir waren wie ihr beide, hatten die Chance, wieder zu den Lebenden zurückzukehren.“ „Aber wir haben uns entschieden, unsere Angelegenheiten über unsere Liebe zu stellen. Und als wir dann bemerkten, was wir getan haben, war es zu spät für uns.“, ergänzte Pierre. „Ihr beide seid anders. Bei euch war es zwar auch zu spät, aber nicht, weil ihr egoistisch ward. Darum haben wir beschlossen, euch etwas mehr Zeit zu schenken.“ Eve hielt eine zerbrochene Taschenuhr hoch, dessen Zeiger stehen geblieben waren. Takerus Blick schweifte von der Uhr zu den Beinen der beiden, die nun bereits nichts mehr zu sehen waren. „Bedeutet das, ihr habt uns geholfen und darum passiert das jetzt mit euch?“, fragte der Blonde, als ihn die Erkenntnis traf. Hikari schlug eine Hand vor ihren Mund und begann zu schluchzen. Pierres Mundwinkel hatten sich gehoben, als er langsam den Kopf schüttelte. „Macht euch um uns keine Sorgen. Wir haben uns dazu entschieden und werden die Konsequenzen akzeptieren. Gemeinsam.“ Seine Hand fand die von Eve. Im nächsten Moment, lösten auch sie sich auf. „Das ist nicht fair!“, brachte Hikari hervor. „Doch, das ist es. Wir wollten euch helfen, weil ihr es verdient habt. Bitte geht nicht leichtfertig mit unserem Geschenk um. Für uns beide ist das Spiel nun aus, aber für euch, da hat es grade erst begonnen.“ Eves Worte waren das letzte, was Hikari und Takeru noch vernahmen, dann waren ihre beiden Gegenüber vollends verschwunden. „Versprochen, wir werden es nicht verschwenden.“, murmelte Takeru, als er den beiden Lichtern, die gen Himmel stiegen, nachsah. Epilog: Epilog -------------- Zwei Jahre später:   „Ist es schon so weit? Beeil dich, wir kommen sonst zu spät!“, rief Hikari und zog an Takerus Hand, als sie gemeinsam den Flur entlang eilten. Ein Lächeln lag auf den Lippen des Blonden. Er wusste, wie sehr sie sich auf diesen Tag gefreut hatte. „Ich komme ja, aber ich glaube auch nicht, dass sie uns weglaufen werden.“, witzelte er, was Hikari nur mit einem Schnauben kommentierte. Als sie vor einer Tür hielten, atmete die Brünette noch einmal tief durch. Dann klopfte sie zaghaft gegen das Holz. Auf der anderen Seite ertönte ein: „Herein.“, woraufhin Hikari die Klinke hinunterdrückte und gemeinsam mit Takeru das Zimmer betrat. „Oh, hallo ihr beiden.“, ertönte Taichis Stimme, als er seine Schwester erkannte. Er trat auf das junge Paar zu, Yamato tat es ihm gleich. Ungeduldig umarmte Hikari die beiden, dann löste sie sich schnell von ihnen, um zu den nebeneinander stehenden Betten zu treten. In einem lag Mimi, die ein kleines Bündel in den Armen hielt, in dem daneben erblickte sie Sora, ebenfalls etwas im Arm haltend. „Herzlichen Glückwunsch!“, sagte Hikari, als sie den kleinen Jungen und das Mädchen mit einem liebevollen Blick bedachte. „Und sie sind wirklich gleichzeitig geboren?“, fragte Takeru, der neben seine Freundin getreten war, etwas ungläubig. „Gleicher Tag, gleiche Zeit.“, bestätigte Taichi, der sich nun zu seiner Frau auf das Bett gesetzt hatte. „Wollt ihr sie mal nehmen?“, fragte Sora und sah ihren Schwager und Hikari lächelnd an. Diese nickten und nahmen die Kinder, die ihnen gereicht wurden, auf den Arm. „Und wie heißt mein Neffe?“, fragte Hikari und sah ihren Bruder fragend an. Dieser zuckte mit den Schultern. „Die beiden haben noch keine Namen. Habt ihr nicht einen Vorschlag?“ Takeru sah das kleine Mädchen, das er im Arm hielt an. In diesem Moment, fiel ein kleiner Lichtstrahl von der untergehenden Sonne auf ihre Brust. Takerus Mundwinkel hoben sie leicht, als er sagte: „Ich glaube, Eve und Pierre wären perfekt.“ er hob seinen Kopf und sah Hikari an. Und in diesem Moment wusste er, dass sie grade genau das gleich gedacht hatte, wie er.     Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)