Hand Overs von DuchessOfBoredom (Seto x Duke) ================================================================================ Kapitel 4: A die, some tools and ... ------------------------------------ Die Wärme neben Duke verschwand schnell. Zu schnell. Sein Herz klopfte noch immer wie wild, als er sich ebenfalls wieder unter der Arena hervorschob, aufrichtete und seinen Blick durch den Raum schweifen ließ. Kaiba hatte bereits wieder sein Jackett angezogen, war zu seinem Laptop gegangen und tippte mit versteinerter Miene darauf herum. Wie am Anfang. Als wären die letzten drei Stunden nicht passiert. Als wäre nichts Besonderes vorgefallen. Als hätten sie sich nicht gerade beinahe … Duke senkte den Kopf und fuhr sich mit der Hand durch die Haare. Fuck! Sein Magen fühlte sich an, als sei er einmal um 180 Grad gedreht worden. Vorsichtig trat er in angemessenem Abstand wieder hinter den Brünetten, um an ihm vorbei auf den Laptop-Bildschirm spähen zu können. Letzterer wurde jetzt fast vollständig von einem schwarzen Fenster dominiert, in dem im klackernden Stakkato der Tastatur eine neue, weiße Zeile nach der anderen erschien. Sollte er etwas sagen? Nein, vermutlich war es besser, Kaiba erst einmal nicht zu stören. Er entließ ein kaum hörbares Seufzen, vergrub die Hände in den Hosentaschen und lief leise und ziellos entlang der Arena auf und ab. Immer wieder wanderten seine Augen sekundenlang zu dem Brünetten, der weiterhin konzentriert vor sich hin tippte und ihn anscheinend vollkommen ausgeblendet hatte. Wie konnte Kaiba nur so ruhig sein? Er war doch gerade eben auch da unten gewesen! Und mit absoluter Sicherheit hatte er die plötzliche Veränderung ebenfalls bemerkt, sonst hätte er wohl kaum so überstürzt das Weite gesucht! Aus dem Augenwinkel sah er, wie Kaiba den Kopf hob, und kehrte zum Spielerterminal zurück. Das Code-Fenster auf dem Computer war in den Hintergrund geschoben worden, stattdessen beherrschte ein sich gemächlich füllender Ladebalken die Bildschirmmitte. Als der Balken einhundert Prozent erreichte, blinkten die LEDs an der Arena drei Mal kurz hintereinander auf, dann erloschen sie für einige Sekunden, bevor sie wieder dauerhaft zu leuchten begannen. Offenbar führte Kaiba einen Neustart durch. „Hast du das Problem behoben?“, fragte Duke zaghaft in die Stille hinein. Er glaubte zwar, die Antwort bereits zu kennen, aber Hauptsache, es wurden überhaupt wieder ein paar Worte gewechselt. „Was glaubst du?!“, bekam er lediglich lakonisch zur Antwort. Gerade wollte er die Augen verdrehen, da drehte sich der Brünette plötzlich zu ihm herum. „Du hast nicht zufällig einen Würfel zur Hand?“ Ein vorsichtiges Grinsen breitete sich auf Dukes Lippen aus. „Was glaubst du?!“, imitierte er sein Gegenüber in der Hoffnung, wenigstens ein bisschen zu der Leichtigkeit von vorhin zurückkehren zu können. Kaibas Gesichtsausdruck blieb jedoch weiterhin kühl und distanziert. Schnell wich Duke dem unangenehm stechenden Blick aus, indem er in seine Hosentasche griff und beinahe augenblicklich einen roten Würfel zum Vorschein brachte. Zielsicher warf er ihn dem Brünetten zu, der ihn problemlos mit einer Hand auffing und auf dem Spielerdisplay platzierte. Das entsprechende Quadrat auf dem großen Spielfeld leuchtete kurz auf, dann materialisierte sich der Würfel in der Arena. Ohne Umschweife drückte Kaiba das kleine Objekt auf dem Panel herunter und die Seiten des Würfels klappten auf, sowohl auf dem Spielerdisplay, als auch auf der Hologramm-Fläche. Auf einem der Würfelteile sprühten wilde Funken in einer Art kleinem Tornado und gaben schließlich den Blick frei auf einen großen, bläulich-grünen Drachen. Die Schuppen des mächtigen Wesens irisierten bunt im Licht, als es seine mächtigen Schwingen entfaltete und einen kurzes, lautes Brüllen entließ. Kaibas Augen weiteten sich und in seiner Stimme mischten sich Erstaunen und Anerkennung zu annähernd gleichen Teilen. „Schimmerdrache #2?“ Duke nickte wissend. „Eins deiner Lieblingsmonster, nicht?“ Er zuckte mit den Schultern und ging ein Stück weiter um die Arena, um den Drachen genauer zu betrachten. „Reiner Zufall. Aber man muss es ihm lassen: Er macht seinem Namen wirklich alle Ehre. Einfach wunderschön!“ Die blauen Augen des Firmenchefs blieben fest auf das Monster gerichtet; der Anblick der stolzen Kreatur vor ihm schien ihn komplett einzunehmen. „Warte erst, bis du ihn siehst, wenn ihn unsere neue Hologramm-Engine rendert! Damit erreichen wir ein ganz neues Level!“ Kaibas Worte und sein Tonfall brachten die feinen Härchen auf Dukes Unterarm und in seinem Nacken dazu, sich aufzustellen. Es war mehr als Kaibas üblicher Stolz, der da aus ihm sprach. Seine Stimme, das Leuchten in seinen Augen, das so viel mehr war, als nur die Reflektion der leuchtenden Kreatur vor ihm, es war … echte Leidenschaft. In der Hektik und dem Stress des Alltags mochte es oft genug untergehen, aber hier und jetzt, in diesem Moment, konnte es kaum klarer sein: Kaiba arbeitete nicht einfach, er verwirklichte einen – seinen! – Traum. Jeden Tag. Genau wie er selbst. Das Flattern in Dukes Eingeweiden kehrte machtvoll zurück. Seine Lippen kräuselten sich zu einem sanften Schmunzeln, als er mit dem Fuß zweimal leicht gegen den unteren Rand der Arena tippte. „Aber vermutlich nicht mehr mit dem Teil hier, oder?“ Jetzt erst löste Kaiba den Blick von dem Monster und schüttelte den Kopf. „Nein, die neue Engine braucht auch leistungsfähigere Hardware der neuesten Generation.“ Mit einem schnellen Handgriff entdimensionierte er den Würfel und entfernte ihn von der Spielfläche, dann stieg er von dem Spielerterminal hinunter. Duke entfuhr ein halb amüsiertes, halb zynisches Schnauben. „Tja, das ist wohl der unvermeidliche Lauf der Dinge! Keine drei Jahre alt und sie gehört schon wieder zum alten Eisen …“ Er seufzte, dann hob er den Blick und fror förmlich an Ort und Stelle fest. Sein Puls beschleunigte sich. Kaiba stand genau vor ihm. Das Weiß des Hemdes wirkte so hell, dass es ihn beinahe blendete. Schnell wichen seine Augen aus, weiter nach oben zu den geöffneten Hemdknöpfen, Kaibas Hals. Ein Hauch des Parfüms stieg ihm in die Nase. Er hielt den Atem an. Der Brünette streckte die Hand aus. Was zum …?! Mit gezieltem Griff wurde Duke das Werkzeug aus der Hand genommen. Sein Herz schien für eine Sekunde auszusetzen. War da wirklich gerade eine kurze Berührung gewesen oder … ? „So weit würde ich nicht gehen.“ Kaiba schüttelte sanft den Kopf, ging an Duke vorbei und räumte das Werkzeug wieder an seinen angestammten Platz hinter der Handschuhfach-Klappe. „Auch diese Generation ist bereits ein Meilenstein der absolut realistischen Hologramm-Projektion und kann noch wesentlich mehr leisten, als du dir vorstellen kannst.“ Zügig kehrte Kaiba zu dem Terminal zurück, öffnete den Reißverschluss seines Laptop-Cases, zog das Verbindungskabel von der Arena und seinem Computer ab und begann es aufzurollen. Beinahe kam es Duke vor, als würde es statt um Kaibas Hand um seine eigene Brust gewickelt und immer enger gezogen. Wieso ging das denn jetzt auf einmal alles so schnell?! Er öffnete den Mund, durchwühlte sein Gehirn verzweifelt nach sinnvollen Worten, nach irgendetwas, das er sagen konnte, um Kaiba dazu zu bringen, innezuhalten. „Zum … Beispiel?“ Es klang nicht einmal annähernd so herausfordernd, wie er es eigentlich gewollt hatte, aber vielleicht reichte es ja. Kaibas Hand verharrte am Rand des Laptop-Bildschirms, bereit ihn zuzuklappen. Dukes Atem stockte. Die Schlinge um seine Brust zog sich weiter zu. Eine perfekt geschwungene, braune Augenbraue wanderte nach oben. „Zweifelst du etwa daran?“ Duke hob die Schultern und zwang ein keckes Grinsen auf seine Lippen. „Ich überzeuge mich eben gern selbst!“ Kaiba rollte mit den Augen und atmete betont scharf ein. „Wenn ich noch einen meiner eigenen Sätze aus deinem Mund höre, dann …“ Ohne die Drohung zu vollenden, entließ der Brünette den Atemzug wieder, nahm seine Hand vom Rand des Bildschirms und zog erneut das Kabel hervor. „Du willst also sehen, was deine Arena noch so alles kann, ja?!“ Duke nickte nur. Die Enge in seiner Brust löste sich und er hatte das Gefühl wieder freier atmen zu können. Nachdenklich fuhr sich Kaiba mit dem Finger über die Lippen, dann blitzten seine Augen auf, was Dukes Herz augenblicklich einen vorfreudigen Sprung vollführen ließ. „Also gut, geh zur Mitte der Arena und steig hinein!“ Kaiba drückte ein paar Tasten und verband das Kabel von Neuem mit der Arena. „Zieh aber gefälligst die Schuhe aus!“ Dukes Stirn legte sich in Falten. In die Arena? Er hatte immer gedacht, dass man die Spielfläche keinesfalls betreten durfte … Andererseits, wenn der Erfinder der Technologie höchstselbst ihn schon dazu aufforderte, wer war er, da zu widersprechen?! Wie geheißen schlüpfte er also aus seinen Schuhen und kletterte nahe der Mittellinie über die etwa hüfthohe Umgrenzung. Das Glas der Spielfläche lag kalt und glatt unter seinen Füßen und mit vorsichtigen Schritten (bloß nicht ausrutschen!) trat er weiter bis in die Mitte. Dort angekommen verschränkte er die Arme und wartete – auf was auch immer das jetzt wieder werden sollte. Sein Herz schlug in gespannter Aufregung gegen seinen Brustkorb. Mindestens zwei Minuten lang flogen Kaibas Hände nur so über die Tastatur, dann hörte das andauernde Tippen plötzlich auf und der Brünette hob den Kopf. Suchend blickte er sich im Raum um. Gerade als Duke fragen wollte, ob er ihm behilflich sein könnte, schien Kaiba jedoch bereits fündig geworden zu sein. Mit zügigen Schritten trat er von dem Terminal hinunter, ging zu den Lichtschaltern direkt neben dem Aufgang zur Treppe und betätigte einen nach dem anderen. In dem großen Raum war es mit einem Mal stockdunkel, bis auf das sanfte Leuchten des Computers und der LEDs an der Arena. Der Wunsch zu erfahren, was Kaiba mit alldem bezweckte, wurde immer drängender, aber da die Auflösung vermutlich kurz bevor stand, machte eine Nachfrage jetzt wohl auch keinen wirklichen Sinn mehr. Beinahe geisterhaft erschien Kaibas Gesicht von Neuem in dem bläulichen Lichtkreis des Laptops. Klack! Auf einen einzelnen, entschiedenen Tastendruck hin begann die Arena um Duke sanft zu brummen und zu vibrieren. Bisher hatte er nie so genau darauf geachtet, aber jetzt, nach einem halben Abend so nahe an und mit der Technik, kam er nicht umhin das perfekte Zusammenspiel der vielen kleinen, filigranen Teile, von elektrischem Strom und Daten, zu bewundern. In einer vollkommen synchronen Bewegung richteten sich die Hologramm-Generatoren an den Seiten geschlossen nach oben. Die Decke des Raumes verschwand, die Kanten der Wände verschwammen, die Stühle, die Tische, alles trat zurück hinter einer gleichmäßigen dunkelblauen, fast schwarzen Fläche, die in der fast vollkommenen Dunkelheit tief, weit und leicht gewölbt erschien. Duke drehte sich einmal auf der Stelle im Kreis. Die schwarze Weite war allgegenwärtig. „Was …?“ Er blinzelte mehrmals. Ein Lichtpunkt tauchte auf der Fläche auf. Da, noch ein zweiter! Mit Sicherheit war es keine Einbildung, kein Symptom seiner akuten Übermüdung, denn nach und nach erschienen überall um ihn herum kleine Lichtpunkte, erst nur einige wenige, dann immer mehr, bis der gesamte Raum um und über ihm von Abertausenden kleineren und größeren, helleren und dunkleren Lichtern übersät war. „Hattest du nicht vorhin etwas von ‚Sternenhimmel‘ gesagt?“, drang Kaibas Stimme von irgendwo hinter der Schwärze an seine Ohren, doch er nahm die leicht amüsierte Frage nur halb wahr. Den Kopf in den Nacken geworfen, stand er mit weit offenem Mund da wie angewurzelt und hatte nur Augen für das beeindruckende Schauspiel um sich herum. Sein leises „Wow!“ war kaum mehr als ein atemloses Hauchen. Es war absolut perfekt! „Hab ich es nicht gesagt?!“ Duke zuckte zusammen. Kaiba stand direkt neben ihm und schien, dem Tonfall nach zu urteilen, einigermaßen zufrieden mit seiner Reaktion zu sein. „ ‚Altes Eisen’ … von wegen!“ Duke war sprachlos. Noch immer brachte er keinen zusammenhängenden Satz über die Lippen. Was hätte er auch antworten sollen?! Mit allem hatte er gerechnet: Monstern, phantastischen Landschaften, wilden Farben, aber nicht mit so etwas. So nickte er nur stumm, ließ sich schwer auf das dicke Glas der Spielfläche sinken, stützte die Arme hinter sich auf und sah völlig gefesselt weiter nach oben. Natürlich hatte er von Astronomie keine Ahnung, aber irgendetwas sagte ihm, dass jeder Stern in seiner Größe, Leuchtkraft und Position absolut akkurat war. Ein leichter Luftzug neben ihm brachte ihn dazu, sich einen Moment von dem überwältigenden Anblick zu lösen. Kaiba hatte sich neben ihn gesetzt. Sein Herzschlag beschleunigte sich. Schnell wandte er den Blick wieder nach oben, um sich erneut in dem Sternen-Panorama zu verlieren. „Glaubst du, das wird dir jemals langweilig?“, fragte er leise in die merkwürdig aufgeladene Stille. „Was?“, kam es ebenso leise zurück. „Das hier.“ Er deutete nach oben. „Du weißt schon, deine Technologie. Dir irgendwas ausdenken zu können, ein paar Knöpfe zu drücken oder ein paar Zeilen Code zu schreiben und zack, schon ist es da.“ Dukes Augen hatten sich mittlerweile weit genug an das Dunkel gewöhnt, dass er nicht nur Kaibas Kopfschütteln, sondern auch das sanfte Schmunzeln erkannte, das dabei seine Lippen umspielte. „Nicht wirklich, nein.“ Wärme breitete sich in Duke aus wie flüssiges Sonnenlicht. „Gut. Wäre auch zu schade.“ Er entließ ein absichtlich lautes Seufzen. „Eine Wiese haben wir zwar trotzdem nicht, aber … egal!“ Mit einem kurzen Schulterzucken ließ er sich vollständig nach hinten sinken, überkreuzte die Füße und verschränkte die Hände hinter dem Kopf. Er wandte den Blick noch einmal nach rechts und begegnete blauen Augen, die ihn von oben herab skeptisch musterten. „Oh, komm schon, Kaiba! Wann hast du das letzte Mal in den Sternenhimmel geguckt?!“ Noch einmal hob er seinen Oberkörper leicht an und stützte sich auf die Ellenbogen, ohne seinen amüsierten Blick von dem Brünetten zu lösen. „Der hier ist zwar nicht echt, aber glaub mir, wenn ich dir sage: Der ist so gut gemacht, das fällt gar nicht auf!“ Der Brünette atmete leise aus. Dann ließ er sich ebenfalls langsam nach hinten sinken. In Dukes Innerem tobte es. Niemand sprach ein Wort. Vom kaum hörbaren Brummen der Arena abgesehen war die Stille vollkommen. Genau wie er selbst hatte auch Kaiba die Hände auf seinem Bauch verschränkt und schien völlig in den Anblick der Sterne versunken. Einfach so, ohne Ziel, ohne Zweck. Wie oft konnte Kaiba eigentlich selbst die Ergebnisse seiner Technologie genießen? Duke schüttelte kaum merklich den Kopf. Vermutlich genauso selten, wie er selbst zum Spaß Dungeon Dice Monsters spielte … Sie waren sich wirklich gar nicht so unähnlich. Ganz langsam und den Blick weiterhin starr nach oben gerichtet, löste Duke seine rechte Hand und ließ sie locker neben seinen Körper fallen. Sein Atem ging ruhig und gleichmäßig, überlagerte das wilde Pochen in seiner Brust, zumindest für den Moment. Stille. Sterne. Eine unscheinbare Bewegung neben ihm. Ein kurzer Blick nach rechts, aus dem Augenwinkel nur. Auf Kaibas Bauch lag ebenfalls nur noch eine Hand. Er schluckte. Seine Augen blieben starr nach oben gerichtet, fixierten weiterhin den holographisch erzeugten Sternenhimmel, während seine Gedanken, seine gesamte bewusste Wahrnehmung zur Gänze von dem beherrscht wurden, was in ihm selbst und in seiner unmittelbaren Nähe geschah. Alles passierte von allein, ganz ohne sein Zutun. Seine Hand wanderte nach rechts. Einen Millimeter, noch einen und noch einen. Immer weiter, wie von einer fremden Macht gesteuert. Der Kontakt fühlte sich an wie ein sanfter Stromschlag. Seine Handknöchel berührten Kaibas Handrücken. Federleicht, ganz zart nur, und doch unfassbar … aufregend. Gleich … gleich würde es wieder aufhören, würde die andere Hand weggezogen. Seine Lippen pressten sich fest aufeinander und er kniff die Augen zusammen. Nichts geschah. Die Berührung war noch immer da. Nacheinander schlug er die Lider wieder auf und spähte vorsichtig nach rechts, ohne den Kopf zu drehen. Kleine, kaum sichtbare Bewegungen der dunklen Silhouette: Kaibas Adamsapfel, ein leichtes Heben seiner Brust. Das Kribbeln wurde stärker, dehnte sich weiter auf Dukes Handrücken aus und das obwohl seine Hand ganz still gelegen, sich nicht einen weiteren Millimeter bewegt hatte. Wieder musste er schlucken. Kaibas Hand hatte sich ein wenig gedreht – seiner entgegen. Die Haut war weich und warm. Die Empfindung berauschte ihn, betäubte seine anderen Sinne, die ihm zum jetzigen Zeitpunkt ohnehin herzlich egal waren. Er streckte seine Finger aus, langsam und vorsichtig, einen nach dem anderen, und wagte es kaum zu atmen. Zaghaft bewegten sich die Finger der anderen Hand den seinen entgegen und jeder neue, sanfte Kontakt ließ ein kleines Feuerwerk in seinem Inneren explodieren. Begierig erkundeten seine Fingerknöchel die neuen, fremden Erhebungen und Täler, entdeckten wärmere und kühlere, härtere und weichere Stellen. Wie von selbst fanden seine Finger die richtigen Zwischenräume und kreuzten die anderen sacht. Für den Bruchteil einer Sekunde streiften sich ihre Fingerspitzen. Duke überlief ein Schauer. Die Erkenntnis, dass Kaiba gerade neben ihm hier lag, genau wie er standhaft nach oben in einen atemberaubenden, künstlichen Sternenhimmel starrte, ohne wirklich hinzusehen, mit ebenso rasendem Herzen, demselben innerlichen Zittern, ließ ungeahnte Wärme wie eine Welle durch seinen Körper schwappen. Wieder bewegte sich seine Hand im Alleingang, löste die leichte Verschränkung ihrer Finger, ohne jedoch den Hautkontakt abreißen zu lassen. Seine Hand überwand die Barriere der anderen, sein Handgelenk strich über den Stoff des Hemdsaums und des Jacketts, der im Vergleich zur Haut darunter schon fast kratzig anmutete, und verharrte dort. Sogleich suchten und fanden sich ihre Fingerspitzen erneut, kreuzten sich ihre Finger erst zögerlich, dann immer entschiedener. Duke schloss seine Hand als erster, ließ seine Finger sanft auf den Knöcheln der anderen Hand ruhen. Das Chaos in seinem Innern ließ langsam nach und machte einer ungeahnten Ruhe Platz. Der Defekt der Arena, die anfängliche Wut über seinen verpassten Feierabend und Kaibas Verhalten waren längst vergessen, ja, selbst der beeindruckende Sternenhimmel über ihnen war völlig in den Hintergrund getreten. Das Einzige, was zählte, war das Gefühl der anderen Hand, der schlanken Finger zwischen seinen, der winzigen, kreisenden Bewegungen, mit denen sich ihre Daumen gegenseitig forschend betasteten, die angenehme Wärme ihrer sich sanft berührenden Handflächen. Duke schloss die Augen. Alles war gut. Alles war richtig. Dieser Moment, dieser Abend könnte noch ewig so weitergehen. Als er die Augen wieder aufschlug, lag er noch immer auf dem glatten, harten Glas der Spielfläche seiner DDM-Arena. Um ihn herum war es stockfinster. Der Sternenhimmel war verschwunden, genau wie die Hand, die seine festgehalten hatte. Er wandte den Kopf nach rechts. Da war niemand. Er war allein. Leere breitete sich in seiner Brust aus. Sein Körper fühlte sich fremd an, irgendwie hohl, so als würde er eigentlich jemand ganz anderem gehören. Vorsichtig begann er seine Arme, Beine, Hände zu bewegen und richtete sich langsam auf. Ein kaum hörbares Rascheln, etwas rutschte von ihm herunter und fiel in seinen Schoß. Ein Kleidungsstück. Der Baumwollstoff an der Außenseite fühlte sich kühl und ein wenig steif an, das glatte, seidige Innenmaterial strahlte noch immer wohlige Wärme ab. Fast schon begierig vergruben sich seine Hände darin und führten den Stoff näher an sein Gesicht. Kaibas Duft war unverkennbar. Langsam erhob er sich, warf sich das Jackett über die linke Schulter und sah auf sein Telefon. 03:12 Uhr – nach Hause zu fahren und ins Bett zu gehen lohnte sich also definitiv nicht mehr. Vorsichtig kletterte er aus der Arena, fand nach kurzer Suche seine Schuhe, zog sie jedoch nicht an, sondern lief kurzerhand in Socken die drei Etagen nach oben in sein Büro. Er zog die Tür hinter sich zu, hing das Jackett an den Kleiderständer daneben und ging zielstrebig weiter zur Couch. Die Schuhe ließ er achtlos zu Boden fallen und warf sich schwerfällig auf die gepolsterte Sitzfläche. Noch immer war da diese merkwürdige Leere, die ihn nicht zur Ruhe kommen ließ. Mehrmals warf er sich von der einen auf die andere Seite, um eine passende Position zu finden, obwohl es doch nun wirklich nicht die erste Nacht war, die er auf dieser Couch verbrachte. Seine Augen durchstreiften das schwach vom Licht der Straßenlaternen erleuchtete Büro und verharrten schließlich beim Kleiderständer. Ein plötzlicher Impuls durchzuckte ihn. Ächzend erhob er sich, durchquerte den Raum und nahm das Jackett vom Haken. Zurück auf der Couch breitete er es erneut über sich aus und zog es bis über seine Schultern. Die Wärme kehrte zurück, ebenso der Duft und mit ihnen ein schwacher Abglanz des Gefühls, mit dem er vor ein paar Stunden eingeschlafen war. Hosted by Animexx e.V. 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