Here comes the sun von _Natsumi_Ann_ (Morgana & Merlin) ================================================================================ Kapitel 1: Erste Begegnung. --------------------------- Merlin- Die neuen Abenteuer [Alternative Timeline] […] Was wäre, wenn Uther keine schlechten Erinnerungen an die Magie gehabt hätte und diese nicht verflucht bzw. verboten hätte? Was wäre, wenn Lady Morgana Merlin auf eine ganz andere Art und Weise kennengelernt hätte? […] Here comes the Sun Little darling, it's been a long cold lonely winter. * * * Erste Begegnung Gedankenverloren strich Morgana unzählige Male über das Maikätzchen in ihrer Hand. Ihre Zofe Gwen hatte ihr diesen Strauch von einem Spaziergang mitgebracht. Morgana fieberte dem Frühling entgegen, denn sie liebte die grünen Wälder und bunten Blumen. Zudem vermisste sie die seichte Frühjahrssonne, die ihr schon morgens beim Aufwachen über das Gesicht strich. Die Wintermonate machten sie jedes Jahr aufs Neue ein wenig depressiv. Doch bald endete dieser lange kahle Winter endlich. Das Schloss würde bald in bunten Farben geschmückt werden und das „Winterschiedsfest“, so wie es Uther getauft hatte, stand vor der Tür. Morgana liebte dieses Fest. Denn mit dem Fest würde endlich wieder Leben in dieses Reich zurückkehren. Uthers letzte Ehefrau war vor einigen Jahren im Winter gestorben, deshalb herrschte von Dezember bis März Trauerzeit. Er empfing keinen Besuch und empfand es auch als sehr unhöflich, wenn es jemand anderes im Schloss tat. Uther war eigentlich ein heiterer Mann, der seinem Volk viel Liebe und Wärme schenkte. Jedoch wollte er seine tote Gemahlin ehren und seiner Meinung nach tat man dies am besten in Stille. Vermutlich bevorzugte er dies, da er selbst nicht wirklich über seine Trauer sprach. Er verarbeitete diese in den Wintermonaten für sich und hoffte insgeheim auf Verständnis. Seine Mitmenschen gaben ihm dieses, da er, sobald der Frühling vor der Tür stand, wieder aus seiner Rückzugsphase erwachte und mit einem Lächeln den Thronsaal betrat. Uther letzte Gemahlin war Ygraine gewesen, die einige Jahre älter als er selbst gewesen war und schon von Kindesbeinen an ein schwaches Immunsystem hatte. Dennoch hatte Uther sich Hals über Kopf in sie verliebt und nicht gezögert, sie zur Frau zu nehmen. Und er hatte es verdient, sich wieder zu verlieben. In jungen Jahren schenkte er sein Herz Vivienne, Morganas Mutter, die aber beschlossen hatte, schlussendlich einen anderen König zu heiraten. Nämlich Gorlois, der Uthers bester Freund und Kamerad war. Dieser wusste jedoch nichts von der Liebschaft zwischen Uther und Vivienne, sodass Uther stillschweigend seinen Liebeskummer angenommen hatte, um seinem Freund eine glorreiche Zukunft zu schenken. Auch Morgana selbst hatte dieses Geheimnis erst vor ein paar Jahren von ihrer alten Amme erfahren. Es gab wohl einige alte Briefe zwischen Uther und Vivienne, die alles beweisen könnten, doch Morgana hatte kein Interesse daran, einen Aufstand zu machen. Sie genoss die idyllische Harmonie zwischen ihren Familien und wollte diese auf keinen Fall aufgeben. Zumal Uther durch den Tod von Ygraine unter genug Herzensleid litt, den er verarbeiten musste. Normale Männer würden sich direkt die nächste Braut nehmen, doch Uther trauerte seit Jahren. Wobei er sich wohl vor Kurzem mit einer Freundin von Gaius getroffen hatte. Gaius hatte mit einem Augenzwinkern berichtet, dass die beiden sich gut verstanden hätten. Ihr Name war Catrina, sie war mittleren Alters, hatte lange braune Haare und rehbraune Augen, ihre Figur war von schlanker Natur mit gewissen Rundungen und sie besaß einen entzückenden Schmollmund. Morgana hatte sich die Dame genausten angesehen und war zufrieden gewesen. Sie schien eine Frohnatur zu sein und das war genau das, was Uther in seinem Leben brauchte. Uther war für sie wie ein Onkel, und da sie für einige Monate im Jahr bei ihm wohnte, war ihr sein Wohl besonders wichtig. Sie hatte nie hinterfragt, warum sein Sohn Arthur das halbe Jahr bei Glorlois im Schloss verbrachte und sie dann dafür den anderen Part des Jahres bei Uther im Schloss. Natürlich war Arthur immer einer ihrer besten Freunde gewesen und durch die Entfernungen zu anderen Königreichen war es schwer, Freundschaften zu knüpfen und zu pflegen. Aber nun waren beide in einem Alter, in dem man vermutlich anderes als Freundschaft im Sinn hatte zwischen Mann und Frau. Manchmal fragte sich Morgana, ob ihr Vater und Uther insgeheim vorhatten, ihre Kinder eines Tages zu verheiraten. Und sie wollte es so natürlich wie möglich aussehen lassen. War sie deshalb so oft hier? Jedoch würde sich Gorlois der Magen umdrehen, würde er bemerken, dass Arthur eher ihrer Zofe Gwen hinterher starrte als ihr selbst. Natürlich hatte Gwen immer versucht, seinen Blicken auszuweichen, aber Morgana hatte das Gefühl, dass ihre Zofe es nur ihr zuliebe tat und ihr Arthurs heimliche Avancen schmeichelten. Vielleicht sollte sie einmal mit Gwen sprechen, denn sie hatte definitiv nichts dagegen, wenn beide Gefühle füreinander hegten, sollten sie diese ausleben. Das einzige Problem war vermutlich, dass ihr Vater und Uther mehr als enttäuscht sein würden. Der Königssohn mit einer einfachen Zofe. Morgana rollte mit den Augen, als sie ihren Vater in Gedanken sprechen hörte. Aber was das Herz begehrt, kann man nicht so einfach aus seinen Gedanken verbannen. Morgana seufzte und starrte wieder aus dem Fenster. Sie hatte definitiv kein Interesse an Arthur, auch wenn er recht hübsch anzusehen war. Er war zu einem staatlichen jungen Mann herangewachsen. Dennoch knisterte es nicht, wenn sie ihn anblickte. Sie war bis jetzt nur ein einziges Mal verliebt gewesen, in Sir Gwaine. Einen Ritter der Tafelrunde, mit dem sie ein paar Monate eine Liaison gepflegt hatte. Dann hatte er sie verlassen. Da alles im Geheimen stattgefunden hatte, musste sie ihre Würde wahren. Niemand hatte ihren Kummer sehen dürfen. Es dauerte Monate, bis sie aufgehört hatte, sich heimlich abends in den Schlaf zu weinen. Der Schmerz hörte auf, als sie zum ersten Mal von IHM geträumt hatte. Er hatte dunkelbraunes Haar und strahlendblaue Augen. Meist konnte sie seine Gestalt nur verschwommen wahrnehmen, aber sie fühlte sich ihm so nah. Jede Nacht ein Stück weit mehr. Sie träumte oft von ihm, manchmal sogar täglich. Nach ein paar Monaten hörten die Träume wieder auf. Sie fühlte sich bedrückt und vermisste diesen Ungekannten schmerzlich in ihrer Traumwelt. Sie schimpfte sich selbst kindisch und naiv. Ihr Geist hatte ihr vermutlich nach der Tragik mit Gwaine etwas zusammengesponnen, um ihr Halt zu geben. Man konnte sich schließlich nicht in eine Fantasiefigur verlieben. Das war absurd. Sie hatte versucht, ihn wieder zu vergessen. Und fast war es ihr auch gelungen. Doch diese Nacht hatte sie ihn wiedergesehen. Das erste Mal seit Wochen. Er war wieder da gewesen. Ihr Herz hatte nach dem Erwachen noch einige Stunden schneller geschlagen. Gwen hatte besorgt eine Hand auf ihre Stirn gelegt und gefragt, ob sie sich krank fühle. Fast wie im Fieberwahn hatte sie abgewunken und es auf das kommende Fest geschoben, auf das sie sich tatsächlich freute, aber nicht in diesem Ausmaß, wie sie es beschrieben hatte. Vielleicht musste sie Gaius' Bruchbude doch einen Besuch abstatten, um ihn zu bitten, ihr ein Schlafmittel herzustellen, welches Träume unterdrückt. Aber wie sollte sie ihm das erklären? Ungerne würde sie ihm die ganze Wahrheit erzählen. Ihr war die ganze Sache mehr als peinlich. Sie fühlte sich wie ein pubertiertes kleines Mädchen, das die Heirat scheute, nur weil sie noch nicht dem Mann ihrer Träume begegnet war. Morgana schritt zu ihrem großen Spiegel, der mitten im Raum stand. Sie blickte hinein und betrachtete sich von oben bis unten. Ihre langen schwarzen Locken fielen trostlos über ihre Schultern. Sie schienen glanzlos und stumpf. Sie musste bis zum Fest dringend etwas dagegen tun. Sie wollte perfekt aussehen, denn vielleicht bestand die minimale Chance, dass sie den Mann aus ihren Träumen endlich verbannen konnte, – wenn ihr nur die richtige Person über den Weg laufen würde. Sie runzelte die Stirn. Dieser Gedanke war wirklich etwas gutgläubig. Nichts passierte, wenn man es erzwang. Sie schloss kurz die Augen und atmete tief durch. In Gedanken erinnerte sie sich an die letzten Feste und wie viel Freude sie dabeigehabt hatte. Sie würde alte Bekannte und gute Freunde wiedersehen. Das hatte ihr Herz immer gewärmt, mit diesen wundervollen Erinnerungen musste sie arbeiten. Dann öffnete sie ihre Augen wieder und ein Lächeln zierte ihre Lippen. Der Winter würde mit ruhigem Gewissen zu Bette gehen und dafür würde der Frühling mit bunter Blumenpracht vor ihrer Türe stehen. Little darling, the smiles returning to the faces. * * * Morgana war noch völlig in Gedanken, als ihre Zofe in den Raum trat und sie fragend ansah. „Seid Ihr fertig Mylady?“, hörte Morgana sie wie aus der Ferne fragen. Sie musste an das Gespräch gestern mit Gaius denken. Sie hatte ihm grob erzählt, dass sie seltsame Träume hatte und er schien nicht überrascht gewesen zu sein. Zu ihrer Verwunderung hatte er ihr ein altes Buch mitgegeben, welches von magischen Wesen handelte. Er hatte ihr nur gewisse Seiten empfohlen und ihr etwas verschleiert mitgeteilt, dass er von ihren Träumen nicht zum ersten Mal gehört habe. Als sie ihn gebeten hatte, mehr zu erzählen, hatte er sich auf die Unterlippe gebissen. Sie kannte Gaius, seit sie klein war, und sie verstand nicht so recht, was ihn so zurückhielt. Abends hatte sie dann all das Wissen in sich hineingesaugt, dass es zum Thema „Seher“ in diesem Buch gab. Es beschrieb genau die Gabe der Vorhersehung. Es waren Visionen, die in Träumen erscheinen konnten, und würde sich die Kraft verstärken, so würden sie auch in Tagträumen oder kurzen Gedankensprüngen erscheinen. Seitdem fragte sich Morgana, ob ihre Träume wirklich schon des Öfteren wahr geworden waren und Gaius sich deshalb so zurückhaltend verhielt. Es war nichts Schlimmes, ein Seher zu sein, und dennoch war er anscheinend verunsichert. Vielleicht lag es daran, dass sich ihre Gabe nie ausgeprägt hatte in jungen Jahren? Mittlerweile war sie Mitte zwanzig und hätte längst unterrichtet werden sollen in dieser Kunst, falls sie denn in ihr schlummerte. Bedeutete dies eine Gefahr, wenn man seine Kräfte nicht kontrollieren konnte in dem Alter? Hatte er ihren Eltern nie etwas davon erzählt? „Mylady? Geht es Euch gut? Die Feier hat schon begonnen“, erhellte Gwens Stimme wieder den Raum und Morgana zuckte zusammen. Oh je, Uther war sicherlich jetzt schon verstimmt, dass sie das Fest nicht mit ihm eröffnet hatte. Sie blickte ein letztes Mal in den Spiegel. Ihre langen schwarzen Haare hatte sie zu einem Flechtzopf gebunden. Sie trug rote Farbe auf ihren Lippen, ein leichtes Rosa schimmerte über ihre Wangen und ihr Körper wurde von einem langen, eng anliegenden grünen Kleid verhüllt, welches zu ihren Augen passte. „Ich komme sofort. Ich war nur in Gedanken.“ Dann drehte sie sich hastig um und lächelte Gwen an. Sie hatte ihr erlaubt, eines ihrer Kleider anzuziehen und hoffte, damit würde Arthur endlich den ersten Schritt wagen. Wobei er es unter Uthers Augen wohl eher heimlich tun würde. Morgana würde aber sicherlich nicht aufgeben, denn wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, wollte sie es auch umsetzen. Obgleich es sich nur um einen Verkupplungsversuch handelte. Mit schnellem Schritt folgte sie Gwen, die im Laufe des Flures ihre Schritte verlangsamte, um hinter ihrer Herrin zu stehen. Man konnte schon die festliche Musik im Gang hören, wie Leute lachten und klatschten. Es herrschte Aufregung im Saal. Der perfekte Moment, um schnell unbemerkt hineinzuschlüpfen, ohne das einem seltsame Fragen gestellt wurden. Die Stimmen und das Gejubel wurde immer lauter. Morgana bemerkte, dass eine Schar von Menschen sich in einer Art Kreis versammelt hatten und irgendetwas bestaunten. Gwen zupfte ihrer Herrin kurz am Ärmel. „Ich denke, die erste Attraktion ist schon im Gange. Gaius hat einen alten Bekannten von sich eingeladen. Ich glaube, es handelt sich um einen Zauberer.“ Morgana versuchte etwas zu erkennen, doch sie fand noch keine Lücke, um etwas zu erspähen. Uther hatte gar nicht erwähnt, dass er einen Magier eingeladen hatte. Sie wusste zwar, dass dieser Druiden sehr schätze, da sie das Leben seiner Frau durch Tränke und gewisse Praktiken um ein paar Jahre verlängert hatten, aber bestimmte Namen hatte sie von ihm nie gehört. Wer konnte das nur sein? Neugierig versuchte sich Morgana zwischen die Menschen zu drängen. Anscheinend vollbrachte dieser Knabe Wunder, denn niemand begrüßte sie oder wunderte sich, dass sie erst jetzt aufgetaucht war. Dann stupste Gwen ihre Herrin an. Sie war ihr immer dicht auf den Fersen. „Herrin, ich habe eine Idee, damit wir mehr zu Gesicht bekommen. Folgt mir.“ Morgana folgte ihr hoffnungsvoll. Gwen deutete auf die Treppen, die zu den Balkonen führten. Überrascht stellte Morgana fest, dass dort einige Menschen schon standen, aber noch genug Platz für zwei schlanke Frauen war. Halbwegs elegant versuchte sie, die Treppen zu bewältigen … Je näher sie ihrem Ziel kam, desto schneller schlug ihr Herz. Sie schob es auf die kleine Anhebung und ihre miserable Kondition. Denn sie wusste noch nicht, was ihre Augen in wenigen Sekunden erblicken würden. Gwen kicherte schon, da sie ein Stück größer war und zuerst einen Blick auf den Künstler werfen konnte. „Wow, er lässt das Besteck fliegen“, erwiderte sie amüsiert und zog Morgana an sich heran vor Aufregung. „Schaut nur Herrin!“ Von der Begeisterung angesteckt, schaffte Morgana es nun auch, eine kleine Lücke zu finden, von der aus sie etwas erkennen konnte. Zunächst erblickte sie das schwebende Besteck und einen Mann beziehungsweise seinen Rücken. War das der Zauberer? Mit Sicherheit. Ein warmes Kribbeln lief ihren Rücken hinunter und sie klatschte automatisch mit den anderen Gästen mit, als er eine weiße Taube aus seinem Hut zauberte. Er legte seinen Hut beiseite und zog seinen Mantel aus, nun konnte sie ihn etwas besser von der Seite erkennen. Ein seltsames Gefühl schoss durch ihre Brust. Ihr Mund wurde trocken und ein Kribbeln durchzog ihren ganzen Körper. Angestrengt stierte sie den Magier an. „Warum dreht er sich nicht um?“, sagte sie eher zu sich selbst als zu Gwen, aber diese kicherte wieder. „Wird er sicher gleich, Mylady.“ Doch Morgana hatte ihre Worte nur halbwegs aufgenommen. „Dreh dich endlich um. Zeig mir dein Gesicht“, wisperte sie wieder und Gwen hob etwas verwirrt eine Augenbraue, ließ dies aber unkommentiert. Morgana war auf einmal so nervös wie schon lange nicht mehr. Wenn sich dieser Mann nicht gleich die Position wechseln würde, glaubte sie sterben zu müssen. Ihr Instinkt oder was auch immer es war, ließ sie wissen, dass sie unbedingt dieses Gesicht erblicken musste. Ihre Hände verkrampften sich und ihre langen Finger durchbohrten fast ihr Kleid. Der Zauberer hatte nicht nur einen Vogel aus seinem Hut, sondern nun auch einen Hasen aus seinem Schuh herbeigezaubert. Aber im Gegensatz zu der Menschenmaße, die immer mehr Begeisterung für seine Tricks zeigten, wollte Morgana nur eines. Und dann geschah es. „Wie ich sehe, mögt ihr Tiere. Dann kommen wir nun zu meinem nächsten magischen Erscheinen“, hörte sie seine helle und klare Stimme. Selbst diese schien ihr so vertraut. Aber wie konnte das sein? Er drehte sich plötzlich im Kreis und murmelte altlateinische Worte. Er wiederholte sie immer und immer wieder. Dann blieb er stehen und aus seiner Hand flogen Schmetterlinge empor. Sie schimmerten rot bis violett und glänzten im matten Sonnenlicht, welches durch die Burgfenster schien. Die Schmetterlinge stiegen immer weiter hinauf, genau in Morganas Richtung, doch ihr Blick war nur auf den Zauberer gerichtet. Fast wie erstarrt erkannte sie den jungen Mann aus ihren Träumen wieder. „Herrin, seht wie wunderschön“, hörte sie Gwen, denn die Insekten waren genau vor ihrem Gesicht. Ein Schmetterling setze sich auf Morganas Haaransatz. Und endlich wanderten auch seine Augen nach oben, sein Blick folgte den Schmetterlingen: Dann traf blau auf grün. Er blickte ihr genau ins Gesicht, – zumindest glaubte Morgana dies. Ihr Atem stand still. Sein vorheriges Lächeln erstarb und er hatte leicht seinen Mund geöffnet. Vor Überraschung? Sie wusste es nicht, aber er schien verblüfft, etwas überfordert von der Situation. Es war, als würde die Zeit stehen bleiben und Morgana wünschte sich nichts mehr, als dass dieser Moment wirklich nie wieder enden würde. Doch dann klatschte jemand laut in die Hände. „Das war großartig, Merlin. Einen großen Applaus nochmals für unseren jungen begabten Zauberer.“ Wie aus einer Trance gerissen zuckten Merlins Augen kurz hin und her, dann spürte er schon Uthers Hand auf seiner Schulter. Etwas verlegen ließ er den Ruhm über sich ergehen. Die Menschen um ihn herum kamen dichter auf ihn zu, umringten ihn. Wollten ihn anfassen, ihm tausend Fragen stellen. Morgana sah den Mann ihrer Träume in der Menschenmenge untergehen. Hastig entfernte sie sich vom Gelände und versuchte sich durch die Schar an Leuten zu drängen, was ihr jedoch nicht sonderlich gut gelang. Sie musste zu ihm. Sie verspürte eine enorme Sehnsucht nach dieser Person, dass sie glaubte, ihr Herz würde zerspringen. Sicher würde Gwen ihr direkt hinterhereilen, wenn sie es denn schaffte, sie zu finden in diesem Chaos, aber Morgana hatte nur ein Ziel und das war: Merlin. Endlich wusste sie, wie der Unbekannte hieß. Diese Erkenntnis versetzte sie in eine Art Ekstase, die sie sich selber nicht erklären konnte … Ihr Körper wollte keine Rücksicht auf irgendwen oder irgendetwas nehmen, er wollte nur ihn. Ihr Kopf dröhnte, als sie die lauten Stimmen neben sich wahrnahm, doch sie versuchte weiter, sich nach vorne zu kämpfen. Sie musste wieder nach unten! Als sie die Treppen erreicht hatte, atmete sie kurz heftig ein und aus, dann folgte sie den Stufen weiter hinab. Ihr Herz hämmerte so extrem gegen ihre Brust, dass sie glaubte, ihre Knochen würden daran zersprengen. Als sie die untere Ebene erreicht hatte, versuchte sie die Menschentraube zu durchbrechen, von der Merlin umkreist war. Einige Minuten vergingen, doch sie schaffte es nicht, bis nach vorne zu dringen. Dann traf es sie wie ein Schlag: Wie sollte sie ihm überhaupt gegenübertreten? Sie hatte sich keine geeignete Begrüßung überlegt. „Hallo Fremder, unsere Blicke vorhin waren magisch, ich hoffe Sie haben es auch gespürt und übrigens, ich habe Sie schon so oft in meinen Träumen gesehen. Ich glaube, wir sind füreinander bestimmt, Sir.“ Nein, das konnte sie beim besten Willen nicht bringen! Allein der Gedanke an diese Worte trieb ihr eine Schamröte über ihr ganzes Gesicht. Was sollte sie sonst sagen? Ihm einfach danken für diese einmalige Attraktion? Wie all die anderen Gäste? Morgana biss sich auf die Unterlippe und ihr Gehirn ratterte im Sekundentakt. Sie wollte sich nicht blamieren, aber sie wollte ihm auch im Gedächtnis bleiben. Es war zum Haare raufen! Aber diese durfte sie auf keinen Fall zerzausen, denn bei aller Selbstliebe, sie sah heute umwerfend aus. Es war der richtige Augenblick, um ihm entgegenzutreten und dennoch ... „Lady Morgana! Ihr seid also doch anwesend!“, hörte sie plötzlich Uthers Stimme, und als sie ihn anblickte, hatte er einen Arm um Merlin gelegt und ließ diesen wie von selbst neben sich aus der Menschenmaße gleiten. „Morgana, meine Liebe, alles in Ordnung? Ihr seht blass aus“, hörte sie ihren Ziehonkel besorgt fragen, doch sie konnte sich einfach nicht von Merlins Gesicht lösen. Es schien, als wäre ihr Herz stehen geblieben für einen kleinen Augenblick. Dieser blickte von ihr zu Uther unruhig hin und her. Uther bemerkt, dass Morgana den Jüngling anstarrte, aber interpretierte es völlig falsch. Zu ihrem Glück. „Ah, ich verstehe. Ihr seid auch so begeistert von Merlins Einlage. Und zurecht! So etwas sieht man nicht alle Tage!“, lobte Uther den jungen Mann und klopfte ihm lachend auf die Schulter. Morgana nutze die Fehlinterpretation ihres Ziehonkels und nickte eifrig. „Ja, mir fehlen immer noch die Worte, es war einfach magisch, im wahrsten Sinne des Wortes“, versuchte sie halbwegs glaubwürdig rüber zu bringen und sowohl Uther als auch Merlin freundlich zu zulächeln. Sie glaubte zu sehen, dass sich Merlins Wangen einen Hauch rötlicher verfärbt hatten und er erwiderte ihr Lächeln nur kurz, sah dann wieder zu Uther. Er schien sichtlich nervös. Hoffentlich war ihm die Situation nicht gänzlich unangenehm. Morgana biss sich leicht auf die Unterlippe und dachte über mehrere Möglichkeiten nach, wie sie Uther loswerden könnte. Doch jede einzelne, die ihr einfiel, wäre zu auffällig gewesen. Zudem kam noch hinzu, dass hundert andere Gäste Merlin sicher wieder belagern würden, sobald der König sich etwas anderem widmen würde. Es war zum Mäuse melken. Plötzlich spürte sie eine kurze Berührung hinter ihrem Ohr. Etwas erschrocken blickte sie auf und ihre Augen erblickten eine einzelne weiße Tulpe. Merlin hielt ihr die Blume entgegen. „Ein so schönes Fräulein sollte nicht so eine angestrengte Miene verziehen“, wisperte er fast und Morgana errötete leicht. Sie hatte so angestrengt darüber nachgedacht, wie sie mit Merlin allein sein konnte, dass sie wohl völlig in Trance gewesen sein musste. Es waren nur ein paar Sekunden gewesen, aber Uther schien nichts bemerkt zu haben. Er unterhielt sich zwischen Tür und Angel mit jedem, der an ihm vorbeilief. Schnell ergriff Morgana die Blüte und zog sie hinter ihren Rücken, sodass Uther keine neugierigen Fragen stellen konnte. „Danke“, hauchte sie leise und ihr Herz klopfte wieder wild gegen ihre Brust. Als sie noch etwas einwerfen wollte, kam Uther jedoch zurück auf Merlin zu und lenkte ihn in eine andere Richtung. „Entschuldige uns mein Kind, wir müssen noch ein paar Fragen beantworten und ein wenig Lob einsacken, beziehungsweise Merlin. Ich werde ihn kurz begleiten. Sonst blickt unser junger Knabe gar nicht mehr durch. Ich weiß schließlich, wer die wichtigen Leute mit Einfluss sind“, grinsend nickte Uther dem Jüngling zu und zog ihn dann weiter hinter sich her. In diesem Moment hätte Morgana ihn gerne verflucht. * * * Morgana hatte sich in eine ruhige Ecke gesetzt und seufzte ernüchternd. Den ganzen Abend hatte sie heimlich versucht Merlin allein anzutreffen, doch es war ihr nicht gelungen. Natürlich nicht, – wie töricht sie doch gewesen war. Sie starrte auf die weiße Tulpe, die er ihr geschenkt hatte und lächelte. „Euer Lächeln ist zwiespältig“, hörte sie plötzlich Gwens Stimme an ihrem Ohr. Es war ein Wunder, dass ihre Zofe sie nicht schon viel früher gefunden hatte. Aber aus einem Augenwinkel hatte sie gesehen, dass Arthur sich eine Weile zu ihr gesellt hatte, was den Drang, ihre Herrin zu suchen, sicher vermindert hatte. Und da sie jede Sekunde mit ihm genießen sollte, hatte Morgana sich auch nicht aufdringlich in ihre Blickweite begeben. Zudem war sie genug damit beschäftigt gewesen, Merlin nicht aus den Augen zu verlieren. Überrascht sah sie auf und legte den Kopf schief. „Was meinst du Gwen?“, fragte sie unsicher und strich unbewusst mit den Fingern weiter über die Blume. Gwen grinste matt und setze sich dann neben sie. „Nun ja, ein Lächeln weist immer auf innere Freude hin, dennoch trägt euer Lächeln im Abgang eine Traurigkeit in sich.“ Morganas Herz versetzen ihre Worte einen Stich, denn genau so fühlte sie auch. Sie war so unendlich glücklich über diese Blume und die Tatsache, dass es den Mann aus ihren Träumen wirklich gab, aber dass sie ihm so nah und dennoch so fern war, schmerzte sie. Von außen würde es jedem so vorkommen, als hätten sie sich heute zum ersten Mal gesehen, und warum sollte man deshalb schon solche Sehnsucht verspüren? Es klang maßlos überzogen, aber Fakt war, dass es für Morgana nicht das erste Mal war, seit sie Merlin begegnet war. Aber wer würde ihr schon glauben? Selbst Gaius würde es sicher belächeln, wenn sie ihm erzählen würde, dass sie von Merlin schon unzählige Male geträumt hatte. Obgleich ihre Träume oft verschleiert waren, wusste ihr Instinkt genau, dass er es war. Er und kein anderer auf dieser Welt. Sie spürte, wie Gwen sie erwartungsvoll ansah, aber auch ihr konnte sie keinen reinen Wein einschenken. Zumindest noch nicht. „Von wem ist dieses hübsche Geschenk?“, warf Gwen plötzlich ein und Morgana zuckte zusammen. Froh, dass sie das Thema zumindest etwas gewechselt hatte, aber dennoch unsicher, was sie sagen sollte. Ihre Wangen färbten sich dunkelrot und Gwen hob erstaunt eine Augenbraue. „Ihr hattet schon den ein oder anderen Verehrer, aber so eine Reaktion habe ich noch nie auf Eurem Gesicht gesehen. Also ist es endlich passiert?!“ „Was ist passiert?“, erwiderte Morgana und ihre Wimpern zuckten nervös auf und ab. Gwen hielt sich kichernd eine Hand vor den Mund. „Euch hat es erwischt. Ich habe schon viel von der Liebe auf den ersten Blick gehört, und das muss es schließlich sein, denn ich wüsste nicht, wo ihr sonst einen ansehbaren Mann außer auf diesem Fest begegnet sein könntet. Unser König hat schließlich den ganzen Winter über keinen Besuch ins Schloss gelassen.“ Morgana öffnete den Mund, doch keine Worte kamen heraus. Natürlich hatte es sie erwischt, allerdings schon lange vor diesem Fest. Dennoch … Gwens Schlussfolgerung klang logisch, also sollte sie diese nutzen, um sich nicht selbst noch etwas Abstruseres auszudenken? „Ich verstehe schon“, gab Gwen einfach nach und legte die Hand auf ihre. „Ihr seid eine Lady, euch stehen alle Türen offen“, gab sie mild wieder, ohne zu wissen, dass es vielleicht nicht so einfach war, wenn man sich in einen Zauberer verliebt hatte … „Gebt mir die Blume, sie braucht Wasser. Ich stelle sie in einer Vase an euer Bett. Ich komme geschwind zurück und dann möchte ich euch fröhlich tanzen sehen.“ * * * Da Morgana wusste, dass Gwen definitiv kontrollieren würde, ob sie tatsächlich tanzte, blieb ihr nichts anders übrig, als sich ins Getümmel zu werfen. Sie tanzte mit einigen Herren, dessen Namen sie bereits nach zwei Minuten wieder vergessen hatte und atmete erleichtert auf, als Uther zum Volkstanz aufrief, wo jeder mit jedem und sich selbst tanzen konnte. Seit einigen Jahren eine neue Tradition, und Uther glaubte vermutlich schon selbst, dass er diesen Tanz erfunden hätte. Doch Morgana kam dies nur recht, denn so konnte sie locker und leicht durch den Saal schweben, einmal neben Gwen tanzen und sich dann wieder zurückziehen, was im Pulk der Masse unterging. Ihre Füße brannten, als sie sich gegen eine kühle Steinsäule lehnte und ihrem Atem beruhigen wollte. Sie hatte fast vergessen, wie sehr sie das Tanzen eigentlich liebte. Morganas Körper wippte immer noch leicht mit dem Takt der Musik mit. Sie schloss kurz die Augen und genoss die Töne und das Lachen der Menschen in vollen Zügen. Dann wollte sie sich wieder auf die Tanzfläche begeben. Gerade als sie sich von der Säule abstoßen wollte, packte plötzlich jemand ihre Hand und zog sie zurück. Erschrocken zuckte sie zusammen und wollte aufschreien, doch als sie zurückblickte, blieb ihr wieder einmal der Atem stehen. Wie schon zu oft an diesem Abend. Sie blickte in blaue Augen, die sie ebenfalls erschrocken ansahen. Ihr Gesichtsausdruck musste schrecklich aussehen, mit halbgeöffnetem Mund, der bereit war, einen Schrei auszustoßen, aber trotzdem innehielt. „Verzeihung, Mylady. Ich wollte Euch nicht verschrecken“, stotterte der Jüngling etwas unbeholfen und Morgana konnte nicht anders, als auf seine vollen roten Lippen zu starren. Sie konnte sich kaum konzentrieren, ihre Gesichtszüge wieder zu normalisieren. Wie schaffte es ein Mensch allein sie nur in Sekunden so sehr zu faszinieren, dass sie all ihre guten Manieren über Board warf? Immer noch hielt er ihre Hand, sie war warm. Viel wärmer als ihre. Obwohl sie getanzt hatte und ihr ganzer Körper eigentlich erhitzt sein müsste. Aber dieses Phänomen hatte sie schon seit Kindertagen. Selbst zu heißen Sommertagen, wenn der rote Ball am Himmel das Gras niederbrannte, hatte Morgana kalte Hände und Füße. Merlin bemerkte, dass sie auf seine Hand schielte und wollte sie wegziehen, doch Morgana hielt seine Finger eisern fest. „Im Gegensatz zu meinen Frostpfoten, fühlt sich eure Haut an wie ein brennendes Feuer“, erwiderte sie, ohne zu überlegen und knete kurz seine Fingerspitzen mit ihren. Merlin blinzelte und lachte leicht auf. „Eure Wortwahl ist amüsant, Mylady. Frostpfoten, wie originell.“ Morgana errötete und senkte den Blick. „Ich vergesse mich. Wie undamenhaft, verzeiht“, gab sie scheu von sich, aber Merlin schüttelte den Kopf. „Ihr braucht Euch nicht entschuldigen. Es erheitert mich. Die ganze Zeit muss ich auf meinen Wortschatz achten, bei so viel edler Gesellschaft. Ich bin froh, wenn mich jemand normal behandelt.“ „Trotzdem ist es mir peinlich. Ich benehme mich wie ein kleines Mädchen in Eurer Gegenwart“, schoss es wieder unüberlegt aus ihrem Mund. Merlin sah verdutzt drein und legte den Kopf schief. „Ist meine Gegenwart so verwirrend?“ „Nein, eure Gegenwart ist besonders“, verbesserte Morgana ihn und hätte sich gleichzeitig ohrfeigen können. Wie offen wollte sie noch mit ihm sprechen? Ihr Verstand wollte sie zügeln, doch ihr Bauchgefühl, ihr Herz und ihr Körper wollten etwas ganz anderes. Drei zu Eins. Wer würde wohl diesen inneren Kampf gewinnen, fragte sie sich selbst schon belustigt und leckte sich über die Lippen. Da Merlin ihren inneren Monolog nicht mitbekam, hob er eine Augenbraue und betrachtete ihren Mund. „Habt Ihr zuvor etwas Leckeres verspeist?“, fragte er neugierig und Morgana bemerkte erst jetzt, dass er ihr Verhalten genau beobachtete. Wie auch nicht, er stand ihr direkt gegenüber. Und so nah, dass sie nur noch einen Schritt hätte auf ihn zu gehen müssen, bis ... „Mit offenen Augen träumen ist eine wunderbare Gabe“, hörte sie ihn wieder sprechen und dieses Mal war sie es, die anfing leicht zu lachen. „Ich bin wirklich unhöflich. Ich habe eure Frage erhört. Nein, ich habe getanzt, zum Essen bin ich noch nicht gekommen. Und Träumen ist eine meiner Lieblingsbeschäftigungen.“ Selbst überrascht, warum sie nun so viele Worte über ihre Lippen brachte, räusperte sich Morgana wieder. Sie verspürte ein vollkommenes Glück, das durch ihren ganzen Körper schoss, nur weil sie endlich mit ihm reden konnte. Ihre Lippen zogen sich zu einem breiten Lächeln und Merlins Augen blitzend entzückt auf. „Ihr solltet den ganzen Tag lächeln, es steht Euch. Aber dieses Fest ist auch ein Grund ständig fröhlich zu sein. Ich verstehe das. Uther ist wirklich ein gütiger König. Wie viele Leute er allein eingeladen hat, und mit wie viel Essen er sie beschenkt hat ...“ Morgana hörte seine Worte und lauschte ihnen eine Weile, doch dann unterbrach sie ihn. Wieder einmal nicht sehr vornehm. Aber sie konnte nicht anders. Es war, als würde sich ihre Seele selbstständig machen, sich befreien von all diesen unterdrückten Gefühlen. „Ihr seid der Grund, warum ich glücklich bin.“ Merlin brauchte einige Moment, bis er seinen Redefluss unterbrach und realisierte, was sie gerade gesagt hatte. Er klappte seinen Mund zu und dann wieder auf, doch keine Worte rangen sich über seine Lippen. „Ich habe Euch in Verlegenheit gebracht, das tut mir leid“, schnitt Morgana notgedrungen ein und sah ihn entschuldigend an. „Nein, nein ... ich ... ich muss mich entschuldigen Mylady, ich hätte mich sofort bedanken müssen und ...“, stotterte er weiter, doch wieder wurde er unterbrochen. „Ihr müsst mich nicht dauernd Mylady nennen. Ich gestatte Euch, mich beim Namen zu nennen, oder ist er so schwer zu merken?“ Sie wollte etwas Witz in die angespannte Situation bringen, doch Merlin erstarrte in seiner Position. Das Blau in seinen Pupillen wurde leicht gelblich und sein Gesichtsausdruck wurde hart, ernst und dennoch so sehnsüchtig. Morgana verstand nicht, bis er wieder zu Wort kam und sie noch irritierter zurückließ. „Ich würde euren Namen niemals vergessen Lady Morgana. Ich kannte euren Namen längst, bevor ich Euch das erste Mal sah. Er war eingebrannt in meinen Verstand. Wie das Wissen, dass Euer Haar so schwarz wie Ebenholz sein würde und Eure Augen so grün wie das saftigste Gras im Wald. Ich habe mir immer wieder versucht vorzustellen, wie diese Beschreibungen ein reales Bild zusammensetzen, ... aber meine Erwartungen wurden bei Weitem übertroffen.“ Morgana wurde fast schwindlig, als er diese Worte formte. Verwirrt zog sie die Augenbrauen zusammen und versuchte zu erfassen, was er da gerade gesagt hatte. Merlin schien ebenso völlig irritiert von seinem eigenen Geständnis zu sein und runzelte die Stirn. Seine Pupillen wechselten immer noch die Farben von Gelb auf Blau und wieder von Blau auf Gelb. Sein Meister hatte ihm einst gelehrt, wenn er in einem Gefühlschaos gefangen war, wenn seine Emotionen nicht unter Kontrolle waren, so war auch seine Magie durcheinander. Er musste dringend aufpassen. Das letzte Mal, als er in solch eine pikante Situation gekommen war, hatte er aus Versehen jeder anwesenden Person die Klamotten vom Leib gezaubert. Nicht, dass er sie nicht ohne Kleid sehen wollte, aber es ziemte sich nun wirklich nicht. Er wollte nicht, dass sie schlecht von ihm dachte ... „Ich verstehe nicht ganz ...“, hörte er sie stottern. „Habt Ihr ebenfalls von mir geträumt?“ Ihre Frage ließ ihn verwundert aufblicken. „Nein.“ Weiter kam er nicht, denn sie trat einen Schritt auf ihn zu und sah ihn fast flehend an. „Woher kanntet Ihr dann meinen Namen und mein Aussehen?“ Ihr Blick war so fesselnd und einnehmend, sodass er fast glaubte, nicht mehr atmen zu können. Er kam sich vor wie ein Trottel. Sie hatte ihn etwas gefragt! Er musste sich zusammenreißen. Kurz schüttelte er sich und blickte dann in ihre grünen Augen. „Es war eine Vorhersagung. Ihr Name war Nimueh, ich traf sie vor knapp einem Jahr. Sie sagte mir, dass ...“, wieder stockte ihm der Atem. Warum waren ihre Augen so hypnotisierend? „Ich wusste nicht, wie Ihr heißt und oder was Ihr seid, aber ich habe Eure Gestalt jede Nacht in meinen Träumen gesehen. Schon seit Monaten frage ich mich, ob es Euch wirklich gibt, ich bin fast verzweifelt. Und nun steht Ihr vor mir, leibhaftig ...“ Ihre Worte hinterließen einen Schauer und dennoch verstand er auf einmal. Sie hatte von ihm geträumt. Sie wusste, dass er sie finden würde. Nimuehs Worte ergaben nun mehr Sinn als alles andere. Du bist ihr Schicksal. Und sie ist dein Schicksal. „Du bist eine Seherin“, platze es aus ihm heraus und dann erfasste er ihre Hände. „Jetzt verstehe ich, warum das Schicksal mich zu dir geführt hat. Ich werde dir helfen, mit deinen Kräften umzugehen, wie du sie kontrolliert einsetzen kannst und ...“, er redete wie ein Wasserfall und bemerkte dabei nicht, wie ihre Augen begannen zu funkeln. Tränen hatten sich in ihren Augenhöhlen gesammelt – vor Freude. Sie war also eine Seherin, sie war nicht irrsinnig oder dergleichen! Ihr Unterbewusstsein hatte es die ganze Zeit geahnt, – doch immer wieder hatte sie es verdrängt. Und nun hatte sie jemanden, der sie lehren konnte! Und es war Merlin! Der Mann aus ihren Träumen… es grenzte an ein Wunder. Fühlte sich so Glückseligkeit an? Es war, als wäre nach einer ewigen Nacht, die Sonne wieder aufgegangen – und er war diese Sonne. Ihre Sonne. Dann löste sie ihre Hände aus seinen und griff in sein Hemd. Merlin zuckte kurz zusammen, als sie ihn an sich zog und ihre Lippen hart auf seine trafen. Ungeschickt wedelte er mit den Händen in der Luft herum, doch sie löste sich nicht von ihm, stattdessen schien der Druck ihrer Lippen noch fester zu werden. Es dauerte einige Sekunden, bis seine Finger sich ruhig auf ihren Rücken legten, er die Augen schloss und ihren Kuss erwiderte. Wenn nach all den Monaten sich ein Traum als wahr herausstellte, und man nun die Gewissheit hatte, dass man nicht verrückt war, sondern dass alles sich zu einem großen Ganzen zusammenfügte und das Herz endlich zufrieden war, konnte man das nicht Glück nennen? Morgana beantworte diese Frage in diesem Moment innerlich mit einem klaren „Ja“. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)