Beautiful Behavior von Varlet ================================================================================ Kapitel 25: Inoffizielle Befragung ---------------------------------- Die drei Männer liefen, als wäre der Teufel hinter ihnen her. Als sie vor Jodies Krankenzimmer ankamen, schob Akai den Agenten zur Seite und riss die Tür auf. Sofort traten alle drei ein. „Tripton! Sofort raus hier“, befahl Agent Decker. Roy und Jodie tauschten Blicke aus. Sie verstanden nicht, was auf einmal passiert war. „Aber warum?“, wollte Roy wissen. Akai ging zu Roy und zog ihn auf die Beine. „Mitkommen.“ Ehe er sich versah, stand er zusammen mit Shuichi außerhalb des Krankenzimmers. „Bleib du bei ihr“, sagte Decker zu James und ging ebenfalls nach draußen. James nickte und schloss die Tür. Er lehnte sich gegen diese und atmete tief ein und wieder aus. Er beobachtete Jodie. „Worüber habt ihr gesprochen?“ Verschreckt hatte Jodie die Bettdecke enger an sich gezogen. „Ich…habe mich bei ihm entschuldigt, weil…ich damals verschwunden bin“, begann sie. „Und…ich habe ihm erzählt, wie ich mit Ed wieder nach New York kam und…wer Ed ist. Roy hat…mir mein Verhalten verziehen. Dann hat er mir erzählt, dass er…erpresst wurde und…,dass man ihm gedroht hat, mir etwas anzutun. Er sagte, er hätte es dir auch erzählt…als ich mit Sharon in der Wohnung war…“ James nickte verstehend. „Und worüber habt ihr danach gesprochen?“ „Das wars. Danach seid ihr hier reingestürmt.“ James fuhr sich mit der Hand durchs Gesicht. „Gott sei Dank“, murmelte er. „Roy darf dich vorerst nicht besuchen. Du darfst mit keiner Person über die Geschehnisse von jenem Abend sprechen. Wenn du zum Tatabend befragt wirst, sagst du nichts ohne deinen Anwalt oder ohne mich.“ Sie sah ihn irritiert an. „James, was…was ist passiert? Du machst mir Angst.“ Er ging zu ihr und setzte sich auf den Stuhl vor ihrem Bett. Der Agent blickte auf den Monitor. Ihr Herzschlag ging gleichmäßig und die Ärzte gaben ihr eine gute Prognose. Außerdem ging es der jungen Frau bereits deutlich besser. Dennoch haderte er mit sich selbst. Sollte er ihr tatsächlich die Wahrheit sagen oder eine Lüge auftischen? Andererseits wollte er ihr neuerliches Wiedersehen nicht mit einer Lüge aufbauen. „Es sieht so aus, als hätte man dich in eine Falle gelockt. Alles, was passiert ist, schien geplant gewesen zu sein.“ „W…wie meinst du das?“ „Damit du alles verstehst, muss ich am Anfang anfangen“, sprach er ruhig. „Das FBI ist schon seit einigen Jahren hinter Sharon Vineyard her. Um ehrlich zu sein, hat dein Vater bereits gegen sie ermittelt, was…ihm letzten Endes das Leben gekostet hat. Wir wussten schon damals, dass sie es war. Wir haben dir nichts gesagt, weil wir wollten, dass du ein normales Leben führst. Hättest du gewusst, wer sie ist, hätte es dich noch mehr zerstört. Du hättest versucht sie zu finden und…wer weiß, was dann passiert wäre…“ „Das ist nicht wahr.“ Jodie kämpfte gegen die Tränen. „Nicht zu wissen, wer sie war, hat meine Kindheit zerstört. Ich habe mich immer umgesehen und hatte Angst, dass sie wieder auftaucht, um mich umzubringen. Da war es auch egal, dass mich Agenten immer im Blick hatten, abholten und überall hingefahren haben. Es war eine furchtbare Zeit. Und wenn ich gewusst hätte, wer sie ist, hätte ich nicht so lange nach ihr gesucht. Ich bin regelmäßig zu euch ins Büro und ihr habt mich angelogen und ich habe mich zum Affen gemacht. Ich wäre doch nicht einfach so drauf losgestürmt.“ „Das weißt du nicht. Du bist seine Tochter. Du hättest möglicherweise irgendwas getan, was dich in Gefahr gebracht hätte. Vermutlich hättest du uns helfen wollen und…dich deswegen zur Zielscheibe gemacht. Damals waren wir uns sicher, dass sie dich nicht anrühren würde. Du warst in der Obhut des FBIs und…,wenn dir etwas passiert wäre, hätte es jeder in Frage gestellt. Es tut mir leid, Jodie, wir haben es damals für das Richtige gehalten. Ich wünschte, ich könnte es wiedergutmachen.“ „Das war es aber nicht“, wisperte sie. „Ich habe sie gesucht und es gab auch Tage, an denen ich große Angst hatte.“ „Es tut mir so leid.“ James sah auf den Boden. „Wir wussten allerdings schon damals, dass sie nicht allein arbeitet. Du hast von Tripton gehört, dass…er erpresst wurde. Wir vermuten, dass sie mit Sharon Vineyard zusammenarbeiten. Verstehst du? Es war nicht nur Sharon, die dich im Visier hatte.“ „Es war…also alles geplant…“ Nun kam auch Jodie zu diesem Schluss. „Ja“, murmelte Black. „Dann…dann lebt sie noch?“ James schüttelte den Kopf. „Das FBI hat die Leiche überprüft. Es gibt keinen Zweifel…sie ist es. Sie haben sie geopfert. Viel kann ich dir nicht sagen, denn ich bin von den Ermittlungen ausgeschlossen worden.“ „Was…warum?“ „Ich stehe dir viel zu Nahe“, antwortete James. „Aber wir kriegen das schon hin. Mir dürfen die Kollegen zwar nicht viel sagen, aber ich weiß, wo wir ansetzen können.“ „Und…was darfst du mir sagen?“ „Es gibt Beweise“, fing er an. „Beweise?“ Jodie malte sich bereits das schlimmste aus. Welche Beweise gab es? Und was hieß es für sie? „Hast du…ein Tagebuch geschrieben?“ „Naja…“, murmelte Jodie. „Ich habe…ein Notizbuch…und dort ein paar Einträge geschrieben…was ich alles herausgefunden habe, was ich fühle, wie es weiter gehen soll…und so was.“ „Mhm. Hast du auch reingeschrieben, was du mit Sharon Vineyard machen würdest, wenn du sie finden würdest?“ „Was? Nein, habe ich nicht. Warum sollte ich das machen?“ „Dann hast du auch nicht geschrieben, dass du sie…umbringen würdest?“ „Natürlich nicht“, gab Jodie von sich. „Ich weiß doch erst seit einigen Tagen von ihr und…warum sollte ich sie umbringen wollen? Ich will…ich wollte, dass sie hinter Gittern kommt. Wie kommst du darauf, dass ich sie umbringen wollen würde?“ „Wegen deinem Notizbuch. Es wurde auf dem Wohnzimmertisch gefunden und…die Einträge waren eindeutig.“ Jodie schüttelte den Kopf. „Das stimmt nicht. So etwas habe ich nie geschrieben. Außerdem ist mein Notizbuch im Schlafzimmer in der Nachttischschublade. Ich hatte nie vorgehabt, sie umzubringen.“ „Das weiß ich“, entgegnete James. „Hast du…Roy schon früher getroffen?“ „Nein“, antwortete Jodie. „Wir haben uns heute das erste Mal nach Jahren wiedergesehen. Das musst du mir glauben.“ „Ich glaube dir ja. Aber ich muss das fragen.“ Er sah sie an. „Hast du…zu Hause eine Waffe?“ „Nein“, gab Jodie von sich. „Ed hat immer wieder Schießtraining mit mir machen wollen, aber ich konnte keine Waffe halten. Es ging einfach nicht. Ich habe immer wieder Panik bekommen oder bin in Tränen ausgebrochen. Und…als sie mir die Waffe in die Hand drückte, habe ich ähnlich reagiert.“ „Verstehe“, murmelte James. „Dann…hast du auch nichts mit Roy abgesprochen?“ „Nein, das sagte ich doch schon“, meinte sie. „Willst du mir etwa sagen, dass man mir vorwirft, dass ich alles geplant habe? Zusammen mit Roy? Das habe ich nicht. Wenn es Beweise gibt, wurden diese gefälscht.“ „Das dachte ich mir schon, allerdings…muss ich dir diese Fragen stellen. Und bei deiner Befragung werden ebenfalls diese Fragen gestellt. Wir müssen dich darauf vorbereiten. Allerdings wird es schwer werden die Beweise zu widerlegen.“ Jodie sah auf ihre Hände. „Als ich bei Ed war, habe ich auch ein paar Recherchen unternehmen dürfen. Ich kenne unser Rechtssystem und…,wenn du so mit mir sprichst, weiß ich, dass es nicht gut für mich aussieht. Vielleicht sollten wir separate Ermittler darauf ansetzen? Ed…kennt bestimmt gute Leute.“ James griff nach ihren Händen. „Wir kriegen das hin, Jodie. Du musst uns nur vertrauen. Die Beweislage ist zwar erdrückend, aber es gibt auch Widersprüche. Wir müssen den Tatabend rekonstruieren und die Fehler in ihrem Plan aufdecken. Das wird schon. Akai ist bereits dran.“ „Akai…“, murmelte Jodie. „Das ist…der Japaner vom Friedhof. Er…war vorhin auch im Raum.“ James nickte. „Ja, er ist ein fähiger Agent. Ich vertraue darauf, dass er die Wahrheit herausfindet.“ „Also…,wenn er mich was fragt, soll ich ihm alles sagen, was ich weiß?“ Sie hatte Angst vor dem ersten richtigen Treffen mit dem Agenten. „Ja, er ist vertrauenswürdig. Und…“ James räusperte sich. „Wenn du offiziell befragt wirst, musst du die Wahrheit sagen. Denk dir nichts aus, denn das finden die Agenten heraus. Erzähl immer nur die Wahrheit oder…,wenn es dich selbst belastet, schweige. Wir werden alles mit dir durchgehen und ein wenig üben. Du musst keine Angst haben.“ „Danke…“ Zur gleichen Zeit stand Roy zusammen mit Akai und Decker vor dem Krankenzimmer. Der Agent war immer noch irritiert. „Was geht hier vor?“ Shuichi lehnte sich gegen die Tür und unterband damit, dass Roy in das Zimmer gehen konnte. Er verschränkte die Arme vor der Brust. „Sie haben es doch gehört. Sie dürfen erst einmal nicht mit Jodie sprechen.“ „Sie wurden zum Tathergang noch nicht befragt, Agent Tripton“, begann Decker. „Ich muss Sie darauf hinweisen, dass Sie sich für die Befragung jederzeit zur Verfügung stellen müssen. Außerdem ist Ihnen untersagt, mit Jodie Starling zu sprechen. Haben Sie das verstanden?“ „Äh…ja…“, gab er von sich. „Aber ich versteh nicht… Moment, Sie glauben, ich würde mich mit Jodie absprechen? Und worüber? Darüber was ihr passiert ist? Sagen Sie mir nicht, dass Sie denken, ich hätte versucht Jodie umzubringen. Das stimmt nicht. Ich liebe…ich liebte sie und sie ist mir immer noch wichtig. Und als das mit Jodie passiert ist, war ich bei Agent Black. Er kann Ihnen das bestätigen.“ „Agent Tripton, atmen Sie erst einmal tief durch. Ihnen möchte hier keiner etwas unterstellen. Wir möchten nur mit Ihnen reden. Dies ist keine offizielle Befragung. Sie können uns also die Wahrheit sagen, außer Sie belasten sich selbst“, entgegnete der Ältere. „Sind Sie für unser Gespräch bereit?“ „Ja, das bin ich.“ „Agent Tripton als Jodie Starling angeschossen wurde, waren Sie bei Agent Black. War das, um ein Alibi zu haben?“ „Was? Nein, natürlich nicht“, sprach Roy. „Agent Akai hatte herausgefunden, dass ich Jodie geholfen habe. Er gab mir die Chance das selbst Agent Black zu sagen. Dann…bin ich angerufen worden und man hat…Jodies Leben bedroht. Ich war deswegen bei Agent Black, um ihn zu warnen. Ich wusste zu dem Zeitpunkt nicht, wo sich Jodie aufhält. Das ist die Wahrheit.“ „Sie sagen also, dass Sie vorher keinen Kontakt mit Jodie hatten?“ „Ja, das sage ich“, sprach er. „Ich habe von Jodies Anwesenheit in New York erst durch Agent Black erfahren…als er angerufen wurde. Ich habe Jodie über zwei Jahre nicht mehr gesehen. Das letzte Mal war in London, Ohio.“ „Gut“, nickte Decker. „Was ist mit Ihrer Waffe? Vermissen Sie sie?“ „Nein, ich trage sie während der Arbeit bei mir. Moment, ich hole sie raus.“ Er öffnete seine Jacke und zog die Waffe aus dem Holster hervor. „Hier, sehen Sie? Das ist meine Waffe.“ Decker zog sich Handschuhe über und nahm die Waffe entgegen. Er prüfte sie. „Die Seriennummer ist abgefeilt. Das ist definitiv nicht Ihre Waffe.“ „Was?“ Roy konnte es nicht glauben und trat vor. Er blickte an die Stelle, wo sich die Seriennummer befand. „Ab…gefeilt. Aber…das kann…nur heißen das…“ „Die Waffe möglicherweise in einem Verbrechen benutzt wurde“, fügte Akai hinzu. „Wenn Sie die Waffe einstecken, prüfen Sie die Seriennummer?“, wollte Agent Decker wissen. „Nein.“ Roy schluckte. „Das…mach ich nie. Ich stecke sie zu Hause in meinen Safe und nehme sie am nächsten Morgen wieder raus. Oh Gott, ich habe nicht bemerkt, dass sie ausgetauscht wurde.“ Decker runzelte die Stirn. „War jemand in den letzten Tagen in Ihrer Wohnung?“ „Nein…äh doch. Die Gasableser waren da, aber nicht nur bei mir. Das war…einen Tag bevor das mit Jodie passiert ist.“ „Mehrzahl? Es waren mehrere Personen?“ „Ja, zwei Männer“, antwortete Roy. „Und Ihre Waffe war zu diesem Zeitpunkt im Safe?“ „Ja.“ „Haben Sie die Männer irgendwann allein gelassen?“ „Natürlich. Die Beiden haben sich getrennt, um schneller fertig zu werden. Ich hatte nicht geahnt, dass sie meine Waffe haben wollen. Aber sie war im Safe. Sie hätten…den Code kennen müssen.“ Decker sah zu Akai. „Ich prüfe das“, nickte der Agent. „Wissen Sie…wo meine Waffe jetzt ist?“ Agent Decker seufzte. „Ihre Waffe ist als Tatwaffe verwendet worden. Genauer gesagt wurde sie verwendet, um Jodie anzuschießen und…eine andere Frau zu erschießen. Die Fingerabdrücke sind eindeutig. Den Beweisen nach, sieht es so aus, als wäre Jodie die Täterin.“ „Und durch den Einsatz Ihrer Waffe, sind Sie jetzt zum Komplizen aufgestiegen“, entgegnete Akai ruhig. „Oh Gott…Jodie war das nicht. Sie würde so etwas nicht tun. Das kann sie gar nicht. Sie hatte schon damals Probleme damit, eine Waffe zu halten. Das kann sich in zwei Jahren nicht geändert haben. Außerdem…ist sie so nicht. Sie ist lieb und möchte Menschen helfen.“ „Die Beweise sprechen leider gegen Sie zwei.“ Roy schluckte. „Und…was machen wir? Das FBI könnte doch…“ „Nein, wir können das nicht einfach so als Unfall abtun. Die Staatsanwaltschaft ist auch schon auf den Fall angesetzt. Wir ermitteln und müssen zunächst den Tathergang rekonstruieren. Wir werden herausfinden, was passiert ist.“ „Ich werde…alles tun, um zu helfen.“ „Gut, ich rufe jemanden zur Befragung her. Und Agent Tripton? Besorgen Sie sich sicherheitshalber einen Anwalt. Bleiben Sie aber bitte bei der Wahrheit. Es wird…schon gut ausgehen. Ich begleite Sie bei der Befragung. Sie sind nicht allein.“ „Ja, Sir.“ „Agent Akai? Sie halten hier die Stellung?“ „Natürlich.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)