Memento defuncti - Ein Requiem zu früh von Dollface-Quinn ================================================================================ Kapitel 11: Burger-Teufel und 100¥-Heldin ----------------------------------------- Wie sich herausstellte, war Toshiko nicht weniger anhänglich, als es Shinsuke gewesen war. Shinsuke hatte sich zumindest als Gentleman erwiesen, indem er seiner Geliebten den Freiraum gelassen hatte, selbst zu entscheiden, wann Zärtlichkeiten gestattet waren. Toshiko war dagegen das reinste Raubtier. Kaum dass Lucifer in ihre Nähe geriet, wurde er umarmt, gestreichelt, liebkost, geküsst und unsittlich berührt ohne Rücksicht darauf, wer dabei zusah. Toshiko ließ keine Gelegenheit aus, um öffentlich zu zeigen, dass Lucifer ihr gehörte. Das dadurch entstehende Getuschel und die Blicke der anderen Schüler interessierten Lucifer wenig, aber er hielt diese ständige Nähe Toshikos bald nicht mehr aus, sodass er sich gezwungen sah, wieder Zuflucht in Olbas und seinem Hauptquartier zu suchen. "Sieh mal einer an. Lucifer. Verschwindest wortlos, lässt dich Tage lang nicht blicken und jetzt liegst du hier faul herum, als wärst du nie fort gewesen! Ich dachte schon, du hast unsere Mission vergessen und dich mit diesem Jungen abgesetzt, den du Teufel verführst.", schimpfte der Erzbischof im Blaumann, als er Lucifer Chips essend und mit der Spielkonsole in Händen auf seinem angestammten Platz im verbotenen Klassenzimmer antraf. "Wie gewohnt liegst du meilenweit daneben, alter Mann.", erwiderte Luzifer, ohne die Augen vom Bildschirm zu nehmen. "Während du hier deine Zeit mit Dreckschaufeln verplempert hast, bin ich einer Spur gefolgt, die mich direkt zu Maou geführt hat.", meinte er leichthin und schob sich einen Kartoffelchip zwischen die Zähne. Olba fielen fast die Augen aus dem Kopf, so erstaunt war er. Seine Lippen bebten. "Lügst du auch nicht.", fragte er skeptisch. "Warum sollte ich mir die Mühe machen?", erwiderte Lucifer emotionslos. "Um deine faule Haut vor Strafarbeiten zu retten, wie jener, der du vor Tagen entflohen bist.", schlug Olba vor. "Glaub's ruhig, Erzbischof. Ich habe ihn gefunden.", ließ sich der Engel nicht aus der Ruhe bringen. Olba hingegen wurde nun ganz aufgeregt. "Wo?! Wie sieht er jetzt aus?! Hat er seine Macht noch?!" "Eile mit Weile, eure Heiligkeit.", grinste Lucifer überlegen, "Im Moment observiere ich ihn noch. Er hat die Gestalt eines durchschnittlichen Japaners angenommen, heh, was den ollen Muskelprotz ziemlich nerven dürfte. Ich finde noch heraus, ob er seine Kräfte hat. Ich werde ihm keine andere Wahl lassen, als sie zu zeigen." Olba beruhigte sich wieder. "Was ist mit Alciel?" "Bisher keine Spur von ihm. Vielleicht ist er inzwischen tot." "Und Emilia?", fragte Olba ernst. Endlich sah Lucifer den Erzbischof mit leuchtend violetter Iris über den Rand seiner Spielkonsole hinweg an. "Was wird das hier? Ein Verhör? Kommst du gleich wieder mit Ketten aus himmlischem Silber um die Ecke oder darf ich erst mal meinen Job machen, bevor du mir die Fingernägel ausreißt und meine Nippel mit der Nagelpistole piercest?" Einmal mehr ließen Lucifers loses Mundwerk und seine haltlosen Unterstellungen Olba sprachlos dastehen. "D-du Teufel! Im Moment liegst du doch nur wieder faul rum und beleidigst meine Augen mit deiner Schamlosigkeit! Nimm gefälligst die Beine zusammen, wenn du diesen Rock trägst!" Lucifer senkte die Augen wieder auf den Bildschirm, doch sein Grinsen wurde unwillkürlich anzüglicher. "Alle Welt da draußen steht auf mich, nur du willst deine Neigung immer noch nicht zugeben." Es kostete Olba seine ganze Kraft, Lucifer nicht am Kragen zu packen und zu schütteln. Mit mühevoller Selbstbeherrschung zwang er seine Stimme zur Ruhe. "Sag mir, wo Satan ist, dann können wir ihn zusammen jagen." Lucifer hob geringschätzig die Augenbrauen. "Ganz sicher nicht. Du Riesentrampel würdest nur alles vorzeitig versauen. Ich kenne Satan und seine Denkweise besser als irgendwer sonst. Er wird sich mir offenbaren und dann wird er mich zu Emilia führen, freiwillig oder nicht. Aber dafür muss ich allein sein!" Olba gefiel es gar nicht, einfach abzuwarten und Lucifer zu vertrauen, aber dem Engel waren keine weiteren Informationen zu entlocken. So verlangte Olba im Befehlston, über alles auf dem Laufenden gehalten zu werden, was Lucifer unkommentiert ignorierte. Er hatte seine eigenen Pläne mit Maou. Lucifer war allein, als er am selben Abend noch durch die Tür der MgRonalds Filiale schlurfte. Von seiner einst so aufrechten und stolzen Körperhaltung war ohne die Flügel absolut nichts geblieben. Das hatte sich auch mit Übung nicht geändert. Äußerlich war er ganz Schülerin. Er hatte sich außerdem große Kopfhörer aufgesetzt und einen Hoodie übergezogen, aber eher, weil es draußen regnete als aus Gründen der Verschleierung. Etwas in ihm wollte, dass Satan ihn erkannte. Etwas in ihm wollte den Dämonenkönig testen, ihm eine Chance geben. Doch Maou stand nicht am Bestelldesk, als Lucifer ankam. Er war 10 Minuten zu früh dran. Nur Chiho war da. Von ihr wusste Lucifer, wann Satan arbeitete. Weil sie sich immer bemühte, dieselbe Schicht zu bekommen, wie ihr Schwarm, war die Wahrscheinlichkeit groß gewesen, dass sie sich Satans Schichteinteilung kopiert hatte. Daher hatte Lucifer ihren Rucksack durchwühlt, als Chiho beim Sport gewesen war. Dort hatte er Maous Plan tatsächlich gefunden und mit dem Handy abfotografiert. Missmutig reihte sich Lucifer in die Schlange ein und wollte gerade den Typen vor sich absichtlich anrempeln, um ihm in die Tasche greifen zu können, als ein Erdbeben den Boden erschütterte und den Typen rücklings gegen Lucifer stolpern ließ. Der Ex-Engel ergriff die Chance, zog dem Mann mit flinken Fingern die Geldbörse aus der Tasche und versteckte sie geschickt in seinen Rockfalten , bevor dieser sich zu ihm umdrehte, um sich mit einem kessen Spruch zu entschuldigen. Als sich der Typ Chiho zuwandte und sie mit nervtötender Arroganz fragte: "Wo ist denn ihr Lächeln?", nahm sich der Dämon in Menschengestalt genug Geld für ein kleines Menü heraus und ließ die Börse dann geschmeidig in die Tasche ihres Besitzers zurückgleiten. Während er wartete, dass Chiho mit der Bestellung des Typen fertig wurde, schweifte Lucifers Blick an den vorbereiteten Burgern und Pommestüten entlang und blieb schließlich an der Friteuse hängen, die munter vor sich hin dampfte. Dann warf er einen prüfenden Blick auf die Uhr. Noch sieben Minuten bis Satan seine Schicht begann. Wahrscheinlich zog er sich gerade in den Personalräumen für seine Schicht um. Lucifers unverhülltes, violettes Auge fixierte wieder die Friteuse und begann vor magischer Energie zu leuchten. Jetzt oder nie! Auf gottlos erhitzt durch lila Energie schmorten im Gehäuse der Friteuse ein paar wichtige und unwichtige Kabel durch, der Stromfluss kam zum Erliegen und das Brutzeln des Frittierfetts wurde allmählich leiser. Chiho verabschiedete den Kunden, den sie bis eben bedient hattd und atmete erleichtert durch. Dann erkannte sie Satori und grüßte freundlich. "Hallo Satori, bist du wieder hier?", fragte sie dämlich. Lucifer nickte und schrieb auf seinen Block. "Kommst du jetzt öfter?", fragte Chiho weiter, offensichtlich um die Zeit zu überbrücken, die Lucifer zum Schreiben brauchte. Er zuckte die Schultern und schob ihr das Blatt mit seiner Bestellung zu. Chiho nahm es und las. Dann tippte sie alles in den Computer ein. Währenddessen huschten ihre Augen immer wieder abgelenkt zu Lucifer zurück, bis sie ihre Neugier offenbar nicht mehr unterdrücken konnte. Zumindest versuchte sie, es wie beiläufige Konversation klingen zu lassen. "Ich habe gehört, zwischen dir und Shinsuke Nakamura ist es aus, ist das wahr?" Lucifer nickte. "Oh. Das tut mir leid. Ich hoffe, es war keine allzu schwere Trennung." Lucifer unterdrückte ein Grinsen. Für den einen mehr, für den anderen weniger, dachte er. Statt aber zu grinsen oder schriftlich zu antworten, hob er die Hand und bewegte sie, wie eine Wage, die versucht, ihre zwei Wagschalen auszubalancieren. Chiho lächelte mitfühlend, dann begann sie damit, Lucifers Bestellung einzusammeln, wobei ihr eine Pommestüte zu Boden fiel. Während sie die Fritten mit hochrotem Kopf auffegte und entsorgte, redete sie weiter. "Und jetzt bist du viel mit Toshiko aus der 3D unterwegs?", fragte Chiho vorsichtig, bevor sie sich anschickte, eine neue Tüte Pommes aus der Ablage zu holen. Lucifer wartete, bis sie damit fast bei dem Tablett war, dann bildete er mit den Händen ein Herz vor seiner Brust und lächelte so glücklich, als sei er bis über beide Ohren verliebt. Er wurde nicht enttäuscht. Chiho riss die Augen auf, rief: "Ach, so ernst ist das mit euch? Ihr seid richtig fest zusammen?!" und ließ vor Überaschung auch die zweite Tüte fallen. Man sah Chiho an, dass sie kurz davor stand, vor Scham über ihr Versagen in Tränen auszubrechen. Lucifer grinste zufrieden in sich hinein. Es war so einfach, bei Chiho Angst und Verzweiflung auszulösen, dass er durch diesen kleinen Trick bereits fast seine magische Energie wieder auffüllen konnte, die er vorhin für die Zerstörung der Friteuse verbraucht hatte. "Bitte entschuldige, ich weiß auch nicht was heute mit mir los ist. Hier hast du zwei Portionen Pommes, eine geht aufs Haus.", versuchte Chiho die Lage zu kitten. Lucifer zeigte ihr das Piece-Zeichen, wobei er ihr allerdings den Handrücken zukehrte, was so viel wie "Fotze" bedeutete, aber er lächelte dabei so lieb, dass sie es in ihrer Aufregung nicht wirklich als Beleidigung wahrnahm. Er zahlte, nahm sein Tablett und suchte sich einen Tisch. "Lass es dir schmecken!", rief sie ihm nach und wäre sichtlich gerne im Boden versunken vor Scham. Zutiefst zufrieden mit sich trug Lucifer das Tablett zu einem Tisch in der Nähe des Eingangs, von wo aus er die Friteuse einigermaßen im Blick hatte. Chiho war wieder mit Pommes aufkehren beschäftigt, da kam der Dämonenkönig in seiner mickrigen, menschlichen Gestalt aus dem Personalraum. Lucifer kannte diesen Gesichtsausdruck Maous. Sprühend vor Tatendrang und Motivation erkannte Satan mit dem geübten Blick des Heerführers die Situation. Eine Unzahl an Fritten war zu Boden gegangen! Es wurden dringend neue Einheiten benötigt, um die Reihen an der Frontablage aufzufüllen. Nur was diese Situation verursacht hatte, oder besser gesagt, wessen klare, künstlerische Handschrift das Chaos trug, das erkannte der große Kriegstreiber immer noch nicht. Dennoch handelte er sofort! Ohne zu zögern warf der Dämonenkönig eine neue Ladung Pommes Frites ins Fett, legte die Tüten bereit und wollte gerade mit Schwung eine frisch frittierte Ladung auf das Abtropfsieb werfen, als er feststellen musste, dass die Fritten allesamt noch roh waren. Bei dem verdutzten Gesicht, das Satan jetzt machte, musste sich Luzifer schwer die Hand vor den Mund halten, um nicht zu lachen. Sein charakteristisches Keckern hätte Satans Aufmerksamkeit auf jeden Fall auf Lucifer gelenkt, doch so leicht wollte Lucifer es ihm nicht machen. Er sah den Dämonenkönig in ernstes Grübeln versinken. //Ganz schön schwer, eine Entscheidung zu treffen, wenn deine Berater dir nicht ins geneigte Ohr flüstern, was, mein Lord?//, dachte Lucifer mit grimmiger Genugtuung. Dann spürte er die Veränderung in der Luft und sah Satans magische Aura aufleuchten. Nun war es für Luzifer absolute Gewissheit! Dieser Hampelmann in der Senf-Ketchup-Kombi war tatsächlich sein ehemaliger König - der Verräter, der ihn todwund auf dem Schlachtfeld hatte liegen lassen - und er besaß seine Magie! Das machte Lucifers Mission um einiges gefährlicher. Wenn Satan sich wehren konnte, dann musste Lucifer ihn schwächen, bevor er ihm gegenübertreten konnte. Lucifer unterdrückte den Schmerz und die Wut, die in ihm aufwallten und konzentrierte sich stattdessen auf seinen Triumph. Sein Plan hatte geklappt. Er wusste nun, was er wissen musste, während Satan ihn noch immer für tot hielt. Nun hielt der Engel alle Trümpfe in Händen und brauchte nur noch auf den richtigen Moment zu warten, um sie auszuspielen. Derweil wurde Satan bei der Ausführung seines magischen Kunststück von der Filialleiterin unterbrochen. So lange, wie er zuvor darüber nachgedacht hatte, Magie einzusetzen oder nicht, musste er offenbar noch besser damit haushalten als Lucifer. Ob Maou verletzt war? Anders konnte sich Lucifer dessen magische Sparflamme nicht erklären, wo es doch so einfach war, unter den Menschen lebend magische Energie zu sammeln. Vor allem mit Chiho in unmittelbarer Nähe. Bei ihr musste man ja nicht einmal groß nachhelfen, damit sie sich in Verzweiflung stürzte. Lucifer aß auf und beobachtete dabei, wie die Krise von der Filialleiterin bewältigt wurde, während sich der große Dämonenkönig einfach das Zepter aus der Hand nehmen ließ. So angepasst ... so diensteifrig ... und so ... mit dem Herzen dabei ... Bildete Lucifer sich das ein oder hatte Satan an seinem Teilzeitjob tatsächlich mehr Freude als an seinem Eroberungskrieg?! Zutiefst verwirrt, verließ der ehemalige Dämonengeneral die Filiale und schlich um das Gebäude herum in eine Seitengasse. Es hatte aufgehört zu regnen. Kurz entschlossen breitete Lucifer die Flügel aus und flatterte unbemerkt im Schatten der leeren Gasse auf das Dach der Filiale. Dort richtete er sich darauf ein, zu warten. In der Tasche seines Hoodies ruhte seine Handheld von Pasta und so spielte er in mal mehr mal weniger unbequemer Haltung darauf, bis Satans Schicht zu Ende war. Maou verließ das Schnellrestaurant pünktlich durch den Hinterausgang, bestieg sein Fahrrad und radelte los. Lucifer steckte die Konsole ein und folgte ihm lautlos über die Dächer hinweg mit einigem Abstand. Plötzlich hielt Maou auf dem Gehweg an und schien mit jemandem zu sprechen. Eine spindeldürre Rothaarige, bei deren Anblick sich Luzifer die Nackenhaare aufstellten. Sein Instinkt betrog ihn nicht, denn plötzlich zog die rothaarige Hexe ein Messer und richtete es auf Satan. Diese Körperhaltung ... und dieser Blick ... Luzifer kroch am Rand des Daches entlang näher, hielt sich aber in Deckung. Jetzt wurde die Rothaarige lauter und auch Satan stieß den nur allzu vertrauten Namen laut genug aus, damit Lucifer ihn verstehen konnte: "Die legendäre Heldin Emilia?!" "Wusst' ich's doch. Wie die Fliege zum Scheißhaufen kommt die Heldin geflogen, sobald sich der Dämonenkönig zeigt.", murmelte Lucifer grimmig in die vorgehaltene Hand. Aber was sollte denn dieses lächerlich winzige Messer? Wo war Better Half? Die Lage spitzte sich derweil unten auf dem Gehweg immer weiter zu. Satan verfiel in sein gewohntes Imponiergehabe, während die Heldin nur immer entschlossener wurde. Wären die beiden nicht in diesen absurden Menschenkörpern gefangen gewesen, hätte ihr Wortgefecht fast episch aussehen können. So jedoch hatte die Szene eher etwas peinliches. Nichtsdestotrotz waren das Emilia und Satan da unten. Lucifers Hände umfassten die Dachkante fester. "Bring sie um!", flüsterte er beschwörend, "Na los doch, worauf wartest du? Räche uns!" Doch Maou erwähnte Lucifer mit keinem Wort und als Emilia schließlich den Kampf eröffnete, machten beide dabei keine sonderlich gute Figur. Lucifers Fingernägel kratzten frustriert über das Gemäuer. Auf einmal war die Straße in Blaulicht getaucht und eine Polizeistreife griff die beiden Streithähne auf. Lucifer ging in Deckung und schlug sich die Hand vor den Kopf, so erbärmlich fand er das Ganze. Der Polizeiwache wollte Lucifer wegen seiner Raubzüge aber lieber nicht zu nahe kommen. Daher brach er seine Observation für dieses Mal ab. Missgelaunt und grübelnd kam er wieder im verbotenen Klassenzimmer an, fegte den Müll von seiner Matte, legte sich hin und drehte sich mit dem Gesicht zur Wand. Was war das nur für eine Welt, in der Satan von einem Drahtesel herunter große Reden schwang und die legendäre Heldin mit einem 100 Yen Messer herumfuchtelte, bis die Polizei die beiden hops nahm?! Lucifer biss sich auf die Unterlippe bis es schmerzte. Kein einziges Wort hatte Satan über ihn verloren! Es war auch Maous erstes Wiedererkennen mit Emilia gewesen und er hatte kein einziges Word über Lucifer oder einen der anderen gefallenen Generäle verloren! Satan wollte überhaupt keine Rache für diejenigen, die im Krieg für ihn treu ihr Leben gaben! Lucifer schmeckte Blut und zog die Zähne aus seiner aufgebissenen Unterlippe und musste über sich selbst schmunzeln. Weder als Engel noch als Dämon war er je so gefühlsduselig gewesen. Diese Menschenwelt war ja ganz spaßig, aber er bemerkte nun, dass er sein verändertes Wesen nicht mehr nur spielte. Er lebte unter den Menschen, trug ihre Kleidung, aß ihre Speisen, nutzte ihre Technik, richtete seinen Tagesablauf nach dem ihren aus und hatte sich sogar dazu herabgelassen, sich aus billiger Rachlust mit einer Menschenfrau zu vergnügen. Und jetzt blutete er auch noch, wegen so einer Kleinigkeit. Langsam fuhr er mit der Zunge über die kleinen Wunden, die seine Zähne gerissen hatten, dann zwang er sich zu einem teuflischen Grinsen. Es wurde langsam Zeit, den Spieß umzudrehen und die Welt den süßen Horror eines Dämonen schmecken zu lassen. In den nächsten Tagen tauchte Lucifer immer dann im MgRonalds auf, wenn Satan Schicht hatte. Mal kam er allein, mal mit der Gang. Er gab Satan damit unterbewusst noch weitere Chancen, ihn zu erkennen, auch wenn er es vor sich selbst als reine Observation rechtfertigte. Aber Maou hielt nicht Ausschau nach ihm. Tag für Tag übersah er Lucifer, bis dessen Frustration auch für sein Umfeld spürbar wurde. "Was guckst du denn immer so trübsinnig zu der Bedienung da hinten?!", wollte Toshiko eingeschnappt wissen und rammte Lucifer ihren spitzen Ellbogen zwischen die Rippen. Lucifer war nicht in Stimmung und schwieg. Toshiko sah sich den Mitarbeiter hinter dem Tresen genauer an. "Gefällt er dir etwa?! Überlegst du vielleicht, doch nochmal das Ufer zu wechseln, oder was?!", fuhr sie ihn halb besorgt, halb wütend an und boxte ihn. In Lucifer brodelte es, doch er blieb stoisch. Toshiko holte erneut aus. "Ich schwöre dir ...!", doch weiter ließ er sie nicht kommen. Er umschloss ihren schlanken Hals mit den Händen und drückte sie rücklings in die Sitzecke. "Satori!", kreischte Toshiko auf, ... dann ermordete er sie, indem er ihr die Kehle herausriss. Stolz breitete er seine Flügel aus, sprang auf den Tisch und warf den noch warmen, blutigen Leichnahm dem Dämonenkönig als Tribut vor die Füße. Ihre flammenden Blicke trafen sich über der Toten. Die Luft zwischen ihnen knisterte. Der Moment war intensiv. Endlich nickte Satan und bot ihm seine riesige Hand dar. Lucifer schwebte vom Tisch, um geschmeidig vor Satan zu landen. Er kniete nicht vor ihm und verbeugte sich auch nicht. Er stand vor diesem riesigen, teuflischen Koloss und forderte mit leuchtenden Augen sowie schmalem Lächeln sein Recht. Seine schöne, schmale Hand griff entschlossen in die Pranke des Dämonenkönigs und Dämonengeneral Lucifer ließ sich an seinen angestammten Platz an des Königs Seite führen. ... "Sag mal, träumst du?!", ein weiteter schmerzhafter Hieb, diesmal gegen die Schulter, riss Lucifer aus seinen Fantasien. Satan hatte immer noch dieses idiotische Lächeln im Gesicht und bediente die Menschen, als sei es seine Lebensaufgabe. "Toshiko-chan.", wandte sich Lucifer plötzlich an seine menschliche Freundin. Diese hielt verdutzt in ihrer ausholenden Bewegung inne, die Faust noch locker geballt. Diesen Tonfall kannte sie noch gar nicht von ihm. Seine Stimme war weich, samtig, geschmeidig, regelrecht verführerisch. "Was ist denn?", fragte sie unsicher. Er drehte den Körper auf der Sitzbank zu ihr herum, hob den Arm und fuhr mit den Fingerspitzen in ihre geballte Faust, bis sich ihre Finger ineinander verschränkten und er sie zu sich heranziehen konnte. "Lass dich küssen.", verlangte er sanft und strich ihr mit der freien Hand durchs Haar, bis seine Finger in ihrem Nacken lagen. Dann hob er ihr sein schönes Gesicht entgegen. Ihre Nasenspitzen strichen zärtlich übereinander hinweg. Mit einem letzten gehauchten Seufzer vereinigten sich ihre geöffneten Münder zu einem leidenschaftlichen Kuss, den sie mit halb geschlossenen Augen minutenlang aufrecht erhielten. So lange bis Chiho an ihrem Tisch auftauchte. "Entschuldigt bitte, Toshiko, Satori. Es tut mir wirklich leid, aber ich muss euch bitten, äh, damit aufzuhören. Die Restaurantordnung .... und die anderen Gäste fühlen sich schon gestört ... bitte seid so lieb, ja?" Mit erhitzten Wangen und Schlafzimmerblick löste sich Toshiko lächelnd von Lucifers Lippen und schielte regelrecht in dem Versuch Chiho anzusehen ohne den Blick von Lucifers Auge abzuwenden. "Kein Problem, Chiho.", hauchte sie. Dann stand sie auf und zog Lucifer an ihren verschränkten Fingern in die Höhe. Stehend lehnte sie sich gegen seine Brust und meinte: "Ich halte es hier eh keine Sekunde länger aus." Lucifer lächelte verschlagen, legte den Arm um Toshiko und führte sie an Satan vorbei in Richtung der Toiletten. Chiho hob hilflos die Hände, als wolle sie sie noch aufhalten. "Oh, bitte, nicht doch.", rief sie ihnen bebend vor Unbehaglichkeit nach. Doch da bogen die beiden kurz vor den Damenwaschräumen noch ab und verließen das Schnellrestaurant durch den Kundenausgang. Maou hatte nicht einmal zu ihnen hinübergesehen. Da wurde Lucifer klar, dass seine Bemühungen sinnlos waren! Draußen kühlten sich ihre Gemüter etwas ab, auch wenn Toshiko die Erregung noch deutlich anzusehen war. Lucifer löste sich von ihr. Das war mehr als genug Nähe gewesen und die Show war vorbei. Sie gingen eine Weile schweigend nebeneinander her, bis Toshiko das Thema wieder aufgriff, von dem er sie mit dem Kuss hatte ablenken wollen. "Aber mal im ernst. Wieso willst du seit Neuestem dauernd zu MgRonalds?", fragte Toshiko. Er zuckte die Schultern. Auch für den Fall, dass sie nicht locker ließ, hatte er eine Ausrede parad. "Ich überlege, mich da als Aushilfe zu bewerben." "Du und arbeiten?!", fragte Toshiko erstaunt, "Du gehst doch nicht mal zum Unterricht!" "Nur solange bis ich weiß, wann es sich lohnt, die Kasse abzugreifen." "Puh, na das klingt schon eher nach dir. Jetzt bin ich aber erleichtert.", schnaufte Toshiko lachend. Sie gingen wieder eine Weile schweigend nebeneinander, dann nahm Toshiko das Gespräch wieder auf. "Sag mal, weißt du schon das Neueste von Shinsuke Nakamura?" "Muss ich?", fragte Lucifer zurück. "Er geht jetzt mit Hikari Kobayashi, der dummen Pute, die dich seinetwegen immer abstechen wollte." "Hat sie es also endlich geschafft den Mund aufzumachen. Bravo." "Was meinst du?" "Ach nichts. Wann treffen wir uns nochmal mit den andern?" "In einer dreiviertel Stunde. Ich hoffe, wir machen heute gut Beute. Ich spare auf einen Roller." Als Lucifer an diesem Abend allein zur Schule zurückkehrte, die Jackentaschen voller unrechtmäßig an sich gebrachter Scheine, war er müde, aber guter Dinge. Er vertrieb sich die Zeit mit der Vorstellung, wie er Emilia und Maou besiegen und Maous gesundes Horn als Trophäe behalten würde. So versunken war er in seine Gedanken, dass er die Schritte hinter sich gar nicht recht registrierte, bis es zu spät war. Zwei grobe Hände packten ihn überraschend und zogen ihn in den Hurt Lock, einen schmerzhaften Wrestling Move, aus dem es kein Entkommen gab. Lucifer biss die Zähne zusammen, bis der Angreifer nicht mehr an ihm riss, dann begann er lauthalt zu schimpfen. "Hast du den Arsch offen?! Lass mich sofort los, sonst bereust du's! Ich hab Freunde, die dich dafür fertig machen werden!" "Das einzige, das ich bereue, ist, dass ich auf dich reingefallen bin, du verdammter Stricher!", knurrte Shinsukes Stimme in Lucifers Nacken. "Oh ... shit." Der Engel erstarrte, doch sein listiges Gehirn suchte bereits einen Ausweg. "Shinsuke, hör zu ... ich hab dich wirklich gemocht, es gibt da nur Umstände, von denen du nichts weißt." "Das ist mir aufgefallen! Zum Beispiel wusste ich nichts von dem Umstand, dass du ein Kerl bist!", warf der Wrestler ihm vor. Aus seiner Stimme sprachen immer noch Schmerz und Wut. "Ich konnte es dir nicht sagen. Ich wurde erpresst. Es hat mir nie gefallen, dir was vorzumachen. Ich hatte immer gehofft, du merkst es von se....", eine scharfe Klinge an seiner Wange stoppte ihn. "Mach den Kopf zu, Satori! Du hast ihm schon genug Lügen aufgetischt! Wir beenden das jetzt!", teilte ihm die entschlossene Stimme Hikaris mit. Dann zog sie die Schneide ihrer Stoffschere von seinem Gesicht ab und schnitt ihm dabei über dem Wangenknochen in die Haut. Lucifer verkniff sich das schmerzerfüllte Zischen und den Fluch, der ihm auf den Lippen lag. "Ach nee, wie rührend. Das dynamische Duo hat sich endlich gefunden.", kommentierte er abfällig, "Ihr solltet mir lieber dankbar sein! Ohne mich hättet ihr für immer Yandere gespielt!" Hikari streckte mit einer zackigen Geste den Arm und Lucifer zuckte zusammen, fest damit rechnend, dass sie ihm etwas antun würde. Doch sie zeigte nur in Richtung der Toiletten. Schon wurde Lucifer von dem bullenstarken Shinsuke in diese Richtung gezerrt. "Was jetzt?!", fragte Lucifer tapferer, als er sich fühlte, "Was wollt ihr machen? Mich umbringen?" So weit würde er es nicht kommen lassen. Aber solange sie ihm nur Angst machen wollten, würde er wohl oder übel mitspielen. Er brauchte seine magischen Kräfte für den Kampf gegen Satan und Emilia, da konnte er sie nicht an diese zwei Pubertiere verschwenden. Shinsuke warf ihn vor einer Toilettenschüssel auf die Knie, was schon ekelhaft genug war bei einer öffentlichen Schultoilette. Dann packte er ihn bei den Armen und hielt ihn fest, seine Schulterblätter gegen den Rand der Klobrille gedrückt. Hikari hockte sich neben ihn und Lucifer sah die Schere auf seine Mitte zukommen. Er zog den Bauch ein und klemmte die Beine zusammen, um seine Weichteile zu schützen. Doch auf die hatte es Hikari gar nicht abgesehen. Das spitze Maul der Schere verbiss sich in den Saum von Lucifers Schuluniform. Da verstand der General, was Hikari mit "Wir beenden das jetzt!" gemeint hatte. "Halt! Wartet! Stop!", Lucifer wand sich, doch Shinsuke wusste erschreckend genau, wie man einen Menschen festhielt. "Hör auf mit der Scheiße! Hikari, das ist meine einzige Uniform! Ohne die kann ich hier nicht mehr rumlaufen!" Hikaris Grinsen sagte alles. "Gut! Dann kannst du hier auch niemandem mehr weh tun!" Sie schnitt ihm die Knopfleiste der Bluse ab, zerschnippelte die Ärmel und den Kragen und trennte schließlich große Fetzen Stoff heraus, sodass das Oberteil schließlich kaum mehr etwas verdeckte und fast von Lucifers Leib abfiel. Der Engel musste es wehrlos hinnehmen und konnte Hikari lediglich mit seinen grimmigen Blicken erdolchen. Dann wandte sie sich dem Rock zu. Auch hier entfernte sie den Reißverschluss und das Häkchen zuerst. Danach zerfraß die Schere den Faltenwurf so gründlich, dass nicht einmal eine Patchworkarbeit den Rock hätte retten können. Schließlich schnitt sie ihm sogar die Kniestrümpfe vom Bündchen bis zur Ferse auf. Stolz erhob sich Hikari und blickte auf ihr Werk der Zerstörung hinab. "Das ist fürs Lügen! Jetzt kann jeder sehen, was du wirklich bist!", feixte sie. Lucifer schwieg. Er hätte auch kaum Zeit bekommen, um zu antworten, denn schon zog Shinsuke wieder an ihm. //Oh Mann ... wieso ist der für ein Menschenkind so abnormal stark?! Er muss einen Oger oder so in der Familie haben!//, dachte Lucifer abfällig, bevor er den harten Rand der Toilettenschüssel vor der Brust spürte und auf das dunkle Spülwasser starrte. "Shinsuke, jetzt mach dich nicht zum Affen!", verlangte er genervt. "Nenn mich nie wieder beim Vornamen, klar?!", brüllte Schinsuke ihn so plötzlich an, dass Lucifer instinktiv den Kopf einzog. "Sprich uns beide nie wieder an! Ich geb dir eine Denkhilfe, damit du's nicht vergisst!", zischte Hikari giftig. Lucifer wollte sich ducken, doch Hikarie fasste mit einem Griff die schönen lila Haare in seinem Nacken zusammen und fuhr mit der Schere hindurch. Lange Strähnen fielen an Lucifers Gesicht vorbei ins Wasser. "Du kindische Schlampe!", knurrte Lucifer, doch bevor er dazu kam, Shinsuke aus Rache die Sache mit der gemeinsamen Sexnacht zu stecken, drückte dieser schon Lucifers Kopf hinunter in die Schüssel. Sein Gesicht war nur noch Zentimeter von der kläglichen Wasserpfütze in der bräunlich verschmutzten Keramikschüssel entfernt. Was sie ihm noch alles sagten, verstand er nicht mehr, weil das Geräusch der von Hikari betätigten Spülung ihre Stimmen übertönte und Lucifer kurz darauf zu abgelenkt war von dem Wasserpegel in der Schüssel, der beängstigend anstieg. Lucifer musste Mund und Augen schließen, um dem Schlimmsten zu entgehen. Das rettete jedoch nicht seine Nase, Ohren und Haare. Als Shinsuke ihn endlich losließ, stemmte sich Lucifer nach Luft schnappend und pitschnass am Toilettenrand aus der Schüssel. Das Wasser troff ihm aus den Haaren, an seinem vor Wut bebenden Körper hinunter und benetzte die Bodenfliesen. "Das war für die dreckige Art, wie du dich von mir getrennt hast! Jetzt fühlst du dich hoffentlich genauso beschissen, wie ich mich gefühlt hab!", gab ihm der Wrestler noch mit. Lucifers um den Toilettenrand gekrampfte Hände zitterten. Seine fast vergessene Verachtung für die Menschen entbrannte erneut. Sie ließen noch ein paar letzte Drohungen auf ihn herab, darüber was passieren würde, wenn er sich je wieder blicken lassen würde, dann ließen sie ihn allein. Luzifer stand auf. Mühsam seine Wut und seine Magie im Zaum haltend, trottete er zur Basis zurück. Olba schrie schrill auf, als er ihn sah, weil Lucifer original als das mörderische Geistermädchen aus dem Brunnen hätte durchgehen können. "Bei allen Heiligen, wie siehst du denn schon wieder aus?! Was hast du mit deiner Uniform angestellt, du Teufel?! Und warum um Himmels Willen bist du so nass?! B-bist du etwa so durch die Flure gelaufen?!" Olba sprang auf, eilte zur Tür und streckte den Kopf aus dem verboten Klassenzimmer. "Ich wusste es! Nichts als Ärger hat man mit dir! Jetzt sieh dir das an! Überall Pfützen! Das wirst du bis morgen alles trockenwischen, hörst du ....?" Lucifer streckte ihm die offene Hand entgegen. "Was soll das jetzt heißen?" "Die Schlüssel zu den Sportumkleiden. Ich muss duschen." "Allerdings! Du stinkst wie das Jungenklo im Erdgeschoss.", stellte Olba erstaunlich treffsicher fest. Er gab ihm die Schlüssel. Lucifer schnappte sich das erstbeste an Kleidung, das in seiner Hälfte des Raumes herumlag: Eine 3/4 Hose aus Jeansstoff, ein weißes T-Shirt mit blasslila Ärmeln und ein Paar dazu passende Converse Chucks. Er warf alles mit Duschgel in ein Handtuch und machte sich wortlos wieder davon. Nun war seine Tarnung futsch und sein Hass brannte ihm fast ein Loch in den Bauch. Er schwor, die Sache mit Maou zu einem schnelle Ende zu bringen und dann schleunigst von dieser Welt zu verschwinden! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)