Tachyarrhythmie von Goetterspeise (Sasuke x Sakura) ================================================================================ Kapitel 3: 27.07.2019 --------------------- Es war das reine Chaos, das sich nun um Sasuke herum abspielte. Dieser saß seelenruhig auf einem Barhocker am Tresen des Hotels, in dem Sakura und ihr eigentlicher Nun-Ehemann die Hochzeit hatten feiern wollen. Er hielt sein zweites Glas Scotch auf Eis in den Händen (eine Macke, die er sich während eines Auslandssemesters in Schottland angeeignet hatte) und beobachtete aus den Augenwinkeln das geschäftige Treiben. Naruto lief mit dem Handy am Ohr zum siebten Mal an ihm vorbei, während Ino auf ihrem Display wie eine Irre herumtippte. Sakuras Eigentlich-Verlobter schlurfte mit ausdrucksloser Miene – was untypisch für ihn war – von einem Raum in den nächsten, um zu überprüfen, ob sie sich wegen einer Panikattacke hinter einer der Türen befand, doch bisher war er erfolglos damit gewesen. Es war so als wäre sie wie vom Erdboden verschluckt worden. Als Sasuke, Naruto und Ino den Nebenraum verlassen hatten, waren Sakuras Eltern ihnen über den Weg gelaufen und hatten erklärt, dass sie zur Wohnung des Paares fahren wollten, in der Hoffnung sie dort vorzufinden – ebenfalls ohne Erfolg. Mittlerweile waren zwei Stunden ins Land gezogen, der Beamte, der die Unterlagen für die offizielle Eheschließung entgegennehmen sollte, längst gegangen und das bestellte Essen war nur deswegen noch nicht kalt, weil das Hotel ihnen Wärmhaltebehälter bereitgestellt hatte. Theoretisch konnte es schließlich immer noch weitergehen. Sakura musste nur wieder auftauchen, ihr Siegel auf die Urkunde drücken, diese im Amt abgeben und schon wäre sie verheiratet. Lächerlich einfach und wunderbar effizient, wie Sasuke fand. Und dennoch konnte er nicht leugnen, dass es ihn nicht störte, hier zu sitzen und zu warten, während für die anderen gerade der Tag zum Albtraum wurde. Er war dafür gerade aus seinem persönlichen Albtraum aufgewacht. Trotzdem konnte er nicht vermeiden, dass er sich Sorgen um sie machte. Es war nicht Sakuras Art einfach zu verschwinden und noch nicht einmal Ino eine kurze Nachricht zu hinterlassen, um ihr mitzuteilen, wo sie sich befand. Die beiden sprachen über alles – und meistens in Gegenwart von anderen. Sasuke wusste mittlerweile mehr über das Rasieren des weiblichen Intimbereichs als ihm lieb war. „Ich gebs auf. Ich brauch Wein. Rot, trocken und machen Sie das verdammte Glas voll!“ Ino ließ sich neben Sasuke auf einen der anderen Barhocker fallen und legte ihr Smartphone mit dem Display nach oben auf den Tisch. Normalerweise achtete sie präzise darauf, genau das nicht zu tun, da sie nicht wollte, dass jemand anderes ihre Mitteilungen mitbekam. Der Barmann ging ihrer Bestellung schneller nach als Sasuke schauen konnte und im nächsten Moment nahm sie bereits einen großen Schluck aus dem wirklich bis zum Rand gefüllten Glas. Ein Wunder, dass ihr nicht links und rechts aus dem Mundwinkel Wein über das Kinn ran. „Weißt du“, begann sie und stellte das Glas mit Schwung ab, sodass ein wenig über den Rand hinaus schwappte, „ich hätte schwören können, dass du mit ihr durchgebrannt bist. Ich war mir so verdammt sicher.“ Ino sprach mehr zu sich selbst als zu ihm, aber Sasuke wusste, dass die Worte dennoch für ihn bestimmt waren. „Hn.“ Ein kurzes, lautes Lachen entwich Inos Kehle, bevor sie die Lippen fest zusammenpresste. Sie schwiegen einige Minuten, tranken in stiller Koexistenz. Doch schließlich brach Ino die Stille und sagte: „Genau das ist dein Problem. Ganz ehrlich. Du zeigst nie, was du denkst oder wie du dich fühlst. Gerade kommt es so rüber als wäre es dir vollkommen egal, was mit Sakura passiert ist. Vielleicht wurde sie entführt. Egal. Sasuke Uchiha sitzt lieber hier und betrinkt sich. Ja keine Gefühle zeigen und sich offen Sorgen machen. Hast du überhaupt den Versuch unternommen, sie zu finden?“ Sasukes erster Instinkt war, aufzustehen und zu gehen. Ihn und Ino verband eine seltsame Bekanntschaft, die meist damit endete, dass sie ihn beleidigte und er aus ihrem Blickfeld verschwand. Sie war ein anstrengender Mensch und er hatte lange gebraucht, um zu verstehen, wie Sakura mit ihr befreundet sein konnte. Aber genau solche Fragen waren es, die ihre Freundschaft erklärten. Ino war laut, nervig und aufdringlich, aber sie war immer für die Menschen da, die ihr wichtig waren. Sasuke zählte nicht dazu, Sakura dafür umso mehr. „Ich habe sie angerufen.“ Und damit sagte er mehr als er ursprünglich geplant hatte. Er verstand nicht einmal, warum er versuchte, sich zu verteidigen. Ino ging es absolut nichts an, ob und wenn ja, was er getan hatte, um mit Sakura in Kontakt treten zu können. Er sah sich eigentlich auch nicht in der Pflicht, überhaupt etwas zu tun. Sie war eine erwachsene Frau, die kurz vor ihrer Hochzeit beschlossen hatte, zu verschwinden. An eine Verschwörung glaubte er weniger. Sie würde sich melden, wenn sie es wollte. Der Anruf war aus einem ersten Impuls der Sorge entstanden, die sich in die Genugtuung gemischt hatte, dass es doch nicht einer der grauenhaftesten Tage der letzten Jahre werden würde. „Ich werde dich wahrscheinlich nie verstehen.“ Ino schob sich eine Haarsträhne, die sich aus ihrer Flechtfrisur gelöst hatte, hinters Ohr und erhob sich. „Wehe du tust ihr weh.“ Mit diesen Worten nahm sie ihr Handy wieder in die Hand, griff mit der anderen nach ihrem halb geleerten Glas Rotwein und verschwand aus seinem Sichtfeld. Sasuke hatte keine Ahnung, was sie damit meinte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)