Der erfundene Freund von Kittykate ================================================================================ Kapitel 13: Folge deinem Herzen ------------------------------- Kaito trat aus dem Haus in den Garten. Er begrüßte die gesellige Runde und setzte sich auf den frei gewordenen Platz Aoko gegenüber. Auch er bediente sich, während seine Augen immer wieder zu seinem Gegenüber huschten. Seine Laune ließ nichts auf die morgendliche Joggingrunde schließen. Im Gegenzug zu Shinichi wirkte er ausgelassen und erleichtert. Aoko hatte ihn nur kurz angesehen, dann fokussierte sie ihren Kaffee. Doch so langsam bekam sie das Gefühl, dass alle ihre Aufmerksamkeit auf sie richteten. Yukiko sprach es dann auch schon aus. „Nun haben wir die erste Hochzeit erfolgreich hinter uns gebracht. Wie sieht es bei euch aus? Ihr habt euch gestern verlobt. Wann wollt ihr den Schritt in die Ehe wagen?“ Shinichi ließ absolut nicht erkennen, was er dachte und auch Kaitos Mimik spiegelte plötzlich absolute Verschlossenheit wider. Sonoko und Makoto beobachteten das Szenario aufmerksam aber schweigend, während Oma und Aokos Eltern auf eine Antwort warteten. Yukiko schlug sich plötzlich lachend an die Stirn. „Natürlich, so schnell habt ihr noch kein Datum im Kopf. Meine Frage war wirklich unbedacht. Wir sollten uns einen Termin aussuchen. Yusaku! Wie wäre es im Frühling? Zur Kirschblütenzeit. Das wird eine wunderschöne Kulisse hier im Garten geben.“ Yusaku nickte seiner Frau zu. Und schon verfielen sie in die Hochzeitsplanung. Aoko lauschte eine ganze Weile, suchte währenddessen unsicher nach einer Antwort. Lass dein Herz sprechen. Was tat es denn? Was sagte es? Sie blickte auf ihre Hand mit dem Verlobungsring. Was war richtig? Was war falsch? Er mochte sie, er wollte ihrer Familie eine Freude machen. Sie mochte ihn, wollte ihre Familie aber nicht belügen. Sie hatten ein paar Mal was miteinander, aber selbst das war für ihn vermutlich nichts Besonderes. Für sie hingegen war das alles, was sie sich jemals erträumte. Wie viele One-Night-Stands er in alle den Jahren hatte, wollte sie sich nicht mal annähernd vorstellen. Ob er sie auch als solchen sah? Wie viele Frauen hatte er wohl in Las Vegas? Jemand wie er konnte jede haben, warum sollte er solch eine lange Zeit über so eine weite Distanz in Abstinenz leben, nur weil sie hier in Japan saß und in ihn verliebt war? Hatte er nicht gesagt, dass verliebt sein was für Kinder wäre? Hin und her gerissen haderte sie mit sich. Ganz in Gedanken versunken drehte sie an ihrem Ring. „Ich habe etwas zu sagen“, erhob sie ihre Stimme. Sofort richtete sich die gesamte Aufmerksamkeit wieder auf sie. Aokos Augen wichen zu ihrer Oma, die sie ermutigend anlächelte, dann sah sie zu ihren Eltern. „Die Verlobung kam gestern überstürzt.“ Sie spielte nervös an ihrem Ring. „Ich habe mich in etwas verrannt und gedacht, dass sich alles fügen wird, aber dem ist nicht so.“ Sie sah zu Kaito, der sie stumm ansah und zu ahnen schien, was sie gerade vor hatte. „Wir beide haben keine Zukunft zusammen.“ Sie drehte ihren Kopf zu ihrer Oma: „Es tut mir leid.“ Sie zog ihren Ring vom Finger und legte diesen auf den Tisch. Schon stand sie auf und flüchtete. Kaito entschuldigte sich am Tisch, sprang auf und folgt ihr. Im Wohnzimmer bekam er Aoko zu fassen. „Bitte, lass mich los“, flehte die junge Frau. Sie wollte keine Diskussion oder Auseinandersetzung mit ihm. Ihr Herz pochte unruhig in seiner Nähe und das verwirrte sie zusätzlich. Er aber hielt sie fest. „Wie kommst du zu der Meinung, dass wir keine gemeinsame Zukunft haben?“ Aoko schluckte und suchte seine Augen. „Du hast Akako geküsst“, rutschte es aus ihr heraus. Beschämt senkte sie den Blick. Das war kindisch. Aber ein wichtiger Grund. „Ich kann das nicht. Ich kann nicht ständig mit anderen Frauen konkurrieren. Ich bin wie ich bin und ich wünsche mir einen Mann, der nur mich sieht.“ Sie begegnete seinem Blick. „Ich möchte die einzige sein.“ Sie stockte. „Ich hätte uns gerne als altes Paar auf einer Parkbank im Sonnenuntergang sitzend gesehen.“ Sie schluckte. „Aber ich sehe uns nicht zusammen.“ Er löste seinen Griff und Aoko flüchtete in ihr Zimmer. Ran eilte an Kaito vorbei, um ihrer Schwägerin zu folgen, während Shinichi auf seinen besten Freund zuging, um ihn aufmunternd auf die Schulter zu klopfen. Aoko packte ihre Sachen. Sie würde nach Tokio fliegen und das alles hinter sich lassen. Es machte keinen Sinn hier zu bleiben. Es klopfte und Ran betrat das Zimmer. „Aoko.“ Überrascht sah sie den gepackten Koffer. „Du gehst doch nicht, oder?“ „Es wäre Unsinn zu bleiben. Fährst du mich zum Flughafen?“ Ran nickte. Traurig blickte sie ihre Schwägerin an. Aoko schnappte sich ihren Rucksack und schulterte diesen, dann griff sie nach ihrem Koffer. Einen letzten Blick in ihr Kinderzimmer, ein letztes Mal die letzten Tage Revue passieren lassen, ehe sie Ran ansah und ihr zunickte. „Möchtest du dich noch verabschieden?“, hakte Ran unsicher nach. „Ich möchte gerade niemanden sehen.“ Shinichis Frau nickte verständnisvoll. Sie verließen das Zimmer, traten die Treppe hinunter und gingen zur Haustüre. Dort trafen sie auf Großmutter Kudo. Sie schien fest damit gerechnet zu haben, ihre Enkelin verabschieden zu müssen. Aoko umarmte sie. „Ich komme dich bald wieder besuchen.“ Die Oma nickte. Ein besorgter Blick folgte, aber dann sprach sie milde lächelnd: „Folge deinem Herzen, mein Kind.“ Aoko nickte und drückte ihre Oma nochmal ganz fest, ehe sie ihr Elternhaus verließ. Ran führte sie zu Shinichis Kleinwagen. Wenig später befanden sich die beiden Frauen auf dem Weg zum Flughafen. „Wie geht es jetzt weiter?“ Aoko zuckte mit den Schultern. „Ich hab einiges in der Uni verpasst.“ „Das meinte ich nicht. Zwischen euch ist so viel passiert, wie geht es mit Kaito und dir weiter?“ „Es gibt kein wir – das gab es nie.“ Ran konzentrierte sich auf die Straße und schwieg betreten. Am Flughafen angekommen, fuhr Ran vor den Eingang. Aoko drehte sich zu ihr. „Vielen Dank für alles. Und schöne Flitterwochen.“ „Übermorgen geht’s los“, freute sich Ran und drückte ihre Schwägerin. „Komm uns bald besuchen.“ Sie verabschiedete sich von Ran und sah wenig später dem Kleinwagen ihres Bruders nach. War es wirklich die richtige Entscheidung? Sie schüttelte über sich selbst den Kopf. Natürlich war es das. Sie schlenderte durch das Terminal und zum Schalter der Airline. Die Dame am Schalter konnte ihr aber noch keine Buchung zusagen. Und so saß sie nun am Flughafen und wartete auf eine Lösung. Die Gedanken an die letzten Tage schob sie schnell wieder von sich. Das schmerzhafte Ziehen in ihrer Brust ignorierte sie. Die Worte ihrer Oma drängten sich dafür ständig wieder in den Vordergrund. Sie solle auf ihr Herz hören. Es war das Beste für alle, wenn sie ging. Für Shinichi, da er nicht mehr zwischen den Stühlen saß. Für Kaito, dem der Weg nun für Akako freistand. Und für sie selbst, die sich nun komplett auf sich und ihr Studium konzentrieren konnte. Ihr Handy klingelte und riss sie aus ihren trüben Gedanken. Sie zog es hervor. „Shinichi.“ „Hey, Schwesterchen, wann geht dein Flug?“ „Bald.“ „Sieh es positiv, du bist mal pünktlich.“ „Lass die Witze, Shin.“ „Hör zu, das ist echt beschissen gelaufen. Wieso läufst du aber jetzt weg? Du solltest dich den Tatsachen stellen.“ Eine Pause folgte, ehe ihr Bruder weiter sprach. „Ich hätte dir und Kaito mehr vertrauen müssen. Zudem muss ich ehrlich sagen, dass mich der Gedanke euch zusammen als Paar zuerst echt geschockt hat. Aber als ich dann dieses äußerst verstörende Bild verdrängt hatte, war das ganze gar nicht mehr so übel. Es tut mir leid. Ich hätte mich nicht bei euch einmischen dürfen. Es gibt keinen besseren Mann für dich. Wem sollte ich dich sonst anvertrauen, wenn nicht dem Jungen, den ich seit meinen Kindertagen kenne und zu 1000 Prozent blind vertraue.“ „Shinichi“, warf Aoko ein, aber ihr Bruder ignorierte sie gänzlich. „Ich muss dich sehr verunsichert haben und dir auch großen Druck gemacht haben. Das tut mir wirklich sehr leid.“ Er entschuldigte sich, ließ sie aber immer noch nicht zu Wort kommen. „Er hat keiner anderen Frau mehr ernsthaft nachgeschaut. Sicherlich ist das in der Natur des Mannes festgelegt, aber solange wir wissen, wohin wir gehören, hat das nichts zu bedeuten. Das mit Akako solltest du dir ebenso anhören.“ Sie stutzte. „Aoko.“ Irritiert horchte sie auf, denn ihr Name fiel nicht am Telefon. „Wie meinst du das, Shin?“ Dabei sah sie sich um. Während Shinichis Stimme an ihrem Ohr erklang, fand sie sich einem jungen Mann gegenüber. „Gib ihm eine Chance. Bis bald, kleine Schwester.“ Und dann erklang nur noch ein Tuten. Sie ließ ihr Handy sinken und starrte ihr Gegenüber. „Kaito“, hauchte sie überrascht und ihr gesamter Körper reagierte sofort auf seine Erscheinung. „Was machst du hier?“ Sie steckte ihr Mobiltelefon in die Tasche und schluckte. Das Kribbeln in ihrem Bauch verdrängte sie stur. Es war falsch und durfte nicht sein. „Ich habe dir noch etwas zu sagen“, er verstummte, schob seine Hände in die Hosentaschen und sah sich unsicher um. Scheinbar fand er den Ort mehr als unpassend, aber es blieb ihm nichts anderes übrig. Und Aoko würde nicht gehen, denn sie wartete immer noch auf eine Nachricht der Dame, in welchem Flugzeug ein Platz frei war. „Das mit dem Kuss hast du vollkommen falsch verstanden. Akako hat die letzten Tage versucht wieder an unsere Beziehung von damals anzuknüpfen. Allerdings ist es nicht das was ich möchte. Du hast offenbar mitbekommen, dass sie mich geküsst hat, aber hast du auch mitbekommen, wie ich ihr zu verstehen gegeben habe, dass sie es sein lassen soll?“ Sie schüttelte den Kopf. „Du weißt sicherlich noch, dass meiner Familie das kleine Theater gehört, in dem mein Vater seiner Zeit als Magier aufgetreten ist.“ Dieses Mal nickte sie. Es war seit Toichis Todestag nicht mehr geöffnet worden. Zu schmerzhaft waren die Erinnerungen an den bekanntesten Zauberer Japans. „Las Vegas hat mir eine Chance gegeben mich zu verwirklichen. Aber ich bin dort inzwischen an einem Punkt angekommen, über den ich nicht hinauskomme. Mein Traum war es schon immer das Erbe meines Vaters anzutreten, wenn ich ihm ebenbürtig bin. Dieser Urlaub hier dient mir auch dazu, das Theater zu inspizieren und zu prüfen in welchem Zustand es sich befindet.“ Aokos Augen wurden größer, ihr Herz klopfte schneller. Er würde das Theater betreten, es womöglich wieder mit Leben füllen. Kaito schien ihr anzusehen, was ihr durch den Kopf ging. „Ich plane zurück zukommen. Ich möchte das Theater mit einer eigenen Show wieder bekannt machen und gleichzeitig meinem Vater ein Denkmal setzen.“ „Was sagt Chikage dazu?“ Sie konnte seine Worte kaum verarbeiten. Zu sehr überraschte sie die Neuigkeit. „Sie ist sehr stolz, möchte aber in Las Vegas bleiben. Sie hat dort einen Mann kennen gelernt und ist glücklich mit ihm.“ Aoko staunte. Offenbar hatte sich doch so einiges getan in den letzten Jahren. Kaito käme nach Osaka zurück. Er kommt nach Hause. Es lägen dann keine tausende Kilometer Entfernung mehr zwischen ihnen. Er trat einen Schritt auf sie zu. „Erinnerst du dich noch an deine Frage vor dem Junggesellenabend? Du hast mich gefragt, ob ich jemals richtig verliebt war. Ja, war ich, Aoko. Dieses Mädchen gibt mir das Gefühl sie immer bei mir haben zu wollen und nur sie schafft es, dass ich mich glücklich fühle. Und ich kann mich mit ihr zusammen sehen, wir beide, in hohem Alter zusammen und Händchen haltend, bei Sonnenuntergang auf einer Parkbank sitzend.“ Er trat einen weiteren Schritt zu ihr und ihr stockte der Atem. Er sah sie so intensiv an, dass ihr ganz warm ums Herz wurde. „Dieses Mädchen warst, ist und wirst immer du sein, Aoko Kudo. Niemand anderes wird mir je das Gefühl eines Zuhauses geben können.“ Er lächelte bedrückt. „Wenn du gehen willst, weil du nicht dasselbe fühlst, lass ich dich gehen. Aber solltest du doch das gleiche fühlen, dann bitte ich dich bei mir zu bleiben.“ Ihr Herz klopfte so stark, dass es bereits weh tat. Ihr stockte der Atem, wegen seiner Worte und auch seiner Nähe. „Entschuldigen Sie, Miss?“ Die Dame von der Airline trat neben sie. „Ich hätte einen Platz für Sie in der nächsten Maschine in einer Stunde. Soll ich Sie fest einbuchen?“ Aoko wusste nicht, was sie tun sollte. Vor ihr stand der Mann, den sie sich schon so lange an ihre Seite wünschte, den sie liebte und der sie liebte. Ihr Herz begann unrund zu laufen. Da drangen die Worte ihrer Großmutter in ihr Gedächtnis. „Lass dein Herz sprechen.“ Das tat es so laut wie noch nie. Es zog sie zu diesem Mann und nirgendwo anders hin. Sie drehte sich der Frau zu. „Ich brauche den Flug doch noch nicht.“ Die Dame runzelte die Stirn, beäugte neugierig den attraktiven Mann und wandte sich anschließend ab. Aoko entging der Blick keineswegs, aber auch Kaito ließ sich nicht anmerken, dass die Frau ihm eben gerade schöne Augen gemacht hatte. „Ich liebe dich“, gestand sie. „Aber wie soll das funktionieren?“ Kaito lächelte. „Mich interessieren keine anderen Frauen, für mich gibt es nur eine Einzige.“ Er zog seine Hand hervor. „Und wenn du mich noch haben willst, die Hochzeit wäre auf den nächsten Frühling geplant.“ Schelmisch hielt er ihr den Verlobungsring ihrer Großmutter vor das Gesicht. Aoko starrte den Ring an, dann Kaito und lauschte in sich hinein. Es fühlte sich alles richtig an. „Muss ich ihn mir selbst anstecken?“ Er schüttelte lachend den Kopf und kniete sich vor sie hin. Sofort erregten sie die Aufmerksamkeit der Menschen in ihrer Umgebung. „Aoko, möchtest du meine Frau werden?“ Aoko schloss ihre Augen, suchte nach einem letzten Anzeichen Skepsis oder Unsicherheit, fand dies aber nicht. Dann öffnete sie strahlend ihre blauen Augen und nickte glücklich. „Ja, Kaito. Ja, ich will.“ Er steckte ihr den Ring an, stand auf und fand sich in einer festen Umarmung mit seiner Verlobten wieder. Die Menge begann zu klatschen, aber das nahmen die beiden nicht mehr wahr. Zu sehr waren sie aufeinander und ihr persönliches Glück fixiert. „Wollen wir nach Hause?“, fragte Kaito. „Zuhause klingt gut“, antwortete Aoko. Er nahm ihren Koffer und verknotete ihre Finger miteinander. Gemeinsam verließen sie den Flughafen. Vor dem Haupteingang stand die Limousine der Familie Kudo. Der Fahrer stieg aus, öffnete die hintere Türe, doch einsteigen konnten die Verlobten nicht. Stattdessen stieg jemand aus. Die ältere Frau lächelte glücklich, als sie das verliebte Paar entdeckte. „Oma!“ Aoko fiel ihrer Großmutter um den Hals und hörte nur noch die geliebte Stimme an ihrem Ohr. „Hat dein Herz doch noch richtig gesprochen.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)