Sprich mit mir von loire (Ostern 2022) ================================================================================ Kapitel 2: Vor Ostern -> Basteln -------------------------------- Adrian   Die Tage seit ich Kian das letzte Mal gesehen hatte, waren im Nu vergangen. Auch wenn ich krank geschrieben war, meine jüngeren Geschwister hielten mich auf Trab, meine Mutter konnte immer Hilfe im Haushalt gebrauchen und mit dem beginnenden Frühling forderte unser kleiner Garten mehr Aufmerksamkeit. Also jätete ich mit den Jüngeren, doch allzu oft landete auch frisch angepflanztes Gemüse im Eimer. Es war scheinbar unmöglich nur mit Zeichen die Rasselbande auf das Richtige anzusetzen. Mit ihnen Zimmer aufzuräumen war da erstaunlicherweise einfacher, auch wenn nicht alles den vorbestimmten Platz fand. Frustriert strich ich diese Aufgaben von der Liste meiner Aktivitäten mit den Kleinsten. Meine älteste Schwester würde das hoffentlich für mich mit ihnen angehen.   Beim Wäsche sortieren war mir wieder eingefallen, dass Anne, die in der ersten Klasse war, begeistert davon erzählt hatte, wie sie in der Schule Fensterbilder für Ostern bastelten. Ostern! Ich hatte fast vergessen, dass das Fest schon so bald war. Vielleicht sollten wir auch als Familie wieder dafür basteln. Das war mir zumindest in dem Moment so durch den Kopf gegangen. Nun stand ich auf unserem Dachboden und war umringt von ordentlich gepackten, liebevoll beschrifteten Kartons voll mit Osterdekoration. Auf keinen Fall würden wir noch mehr in unserem Haus unterbringen können, selbst wenn etwas beim Auspacken kaputt ging. Meine Idee konnte ich also getrost vergessen, dachte ich. Dann schnappte ich mir einen Karton und trug ihn vom Dachboden, weil ich damit auch anfangen konnte, wenn ich schon daran dachte. Sobald meine Mutter nach Hause kam, konnten wir dann zusammen mit dem Schmücken anfangen.   Sophie, unser Nesthäkchen, war ganz aus dem Häuschen über die vielen Häschen, die in der Kiste verstaut waren. Sie stand mit glänzenden Augen vor der Kiste und hob fast ehrfürchtig eines heraus. Das hielt sie erst in die Höhe, drückte es dann schnell an ihre Brust und streichelte über das abstehende Ohr. Einen Moment lang sah es so aus als wollte sie es neben den Karton stellen und das nächste heraus holen wollen. Doch als sie meinen Blick sah, entschied sie sich anscheinend anders. Mit der Figur im festen Griff lief Sophie auf mich zu und streckte mir dann stumm ihre Arme entgegen. Das war ihre Art darum zu bitten hochgehoben zu werden. Und nur ich erfüllte ihr diesen Wunsch, wenn sie ihn stumm äußerte. Eigentlich besagte eine der Regeln nämlich, dass sie das aussprechen musste. Also hob ich sie hoch, mit einem schnellen Ruck war sie über meinem Kopf, und treffsicher brachte ich sie damit zum quietschen. „Nein, nein, nein“, rief sie und zappelte. Ich machte einen fragenden Gesichtsausdruck und deutete an sie wieder auf den Boden zu stellen. Das war natürlich auch nicht in ihrem Sinne, sie schüttelte den Kopf und sagte: „Nein, das Haschen will nach da oben.“ Ja, sie sagte „Has-chen“ und zeigte auf die höchste Stelle des Wohnzimmerschranks. Also setzte ich sie auf meine Hüfte und ging mit ihr zum Schrank. Dort streckte sie sich, platzierte das Häschen, streichelte es nochmal und sagte dann „Danke“, als ich sie wieder auf dem Boden absetzte. Das Spielchen wiederholte sich etwa bei jedem zweiten Hasen, den sie aus der Kiste holte. Zum Glück war bald Schlafenszeit für sie, sonst hätte sich auf dem Schrank wohl auch der Rest der Deko wiedergefunden. Meine Mutter scheuchte mich danach noch einige Male auf den Dachboden und irgendwann als wir den Großteil der Kisten unten hatten, das Haus sich in ein wahres Osterparadies verwandelt war, konnte auch ich erschöpft in mein Bett fallen.   Zu jeder anderen Zeit wäre ich wohl sofort tief eingeschlafen. Jedoch kamen mir die Nächte ohne Kian neben mir kalt und lang vor. Meine Gedanken kreisten um ihn, in meinen Träumen tauchte er auch auf und einmal war ich aufgeschreckt und dachte, er stände im Schatten meines Zimmers, aber meine Nachttischlampe beleuchtete nur ein leeres Zimmer. Auch in dieser Nacht wälzte ich mich mit einem Kissen in den Armen im Bett herum und fand keine Ruhe. Ich versuchte mich mit Überlegungen zu Ostern abzulenken und fiel schließlich in einen Traum, in dem alle Ostereier mit Kians Gesicht bemalt waren.   Anne und Daniel weckten mich auf und verkündeten mir, während ich mir noch müde das Gesicht rieb, dass sie heute von mir zur Schule gebracht werden wollten.   Nachdem ich die Beiden vor ihrer Schule verabschiedet hatte und auch Sophie im Kindergarten war, machte ich mich auf den Heimweg. Dabei fielen mir Teile meines Traums wieder ein und ich stellte fest, dass Eier zu bemalen eine sehr gute Idee war. Wenn wir gekochte und keine ausgeblasenen nahmen, würde nach Ostern keine neue Dekokiste damit gefüllt werden. Spontan zückte ich mein Handy und checkte zu erst die Uhrzeit. Erleichtert stellte ich fest, dass es noch nicht zu spät war um meine älteste Schwester zu erreichen. Schnell schrieb ich ihr eine Nachricht in der ich ihr meine Idee erklärte und fragte, ob wir dafür genug Eier im Haus hätten. Ihre Antwort kam schnell und enthielt leider eine ganze Liste von Dingen, die ich noch einkaufen könnte, wenn ich schon dabei war. Seit sie letztes Jahr einen schlimmen Streit mit Mutter hatte, war sie unsere Vorratsbeauftragte und leider war sie sehr gut darin. Ich seufzte, weil ich wohl erst nach Hause musste und dann nochmal zum Laden zurück. Ein paar Eier hätte ich locker tragen können und mein Geld hätte gereicht, aber für so viele Dinge war ich nicht vorbereitet.   Zehn Minuten später machte ich mich also, mit einem Rucksack und mehr Geld bewaffnet, auf zu dem Laden in der Nachbarschaft. Elisas Liste umfasste neben den, von mir vorgeschlagenen, Eiern auch Lebensmittelfarbe zum färben der Eier. Die hätte ich wahrscheinlich vergessen. Aber Osterüberraschungen, in Form von Süßigkeiten, Hackfleisch und Tampons standen unter anderem noch darauf. Irgendwann musste ich nochmal ein ernstes Gespräch mit ihr darüber führen, was man seine Brüder einkaufen lassen konnte. Dieser Einkauf war wirklich schwierig für mich. An der Fleischtheke musste ich zweimal auf meinem Handy zeigen was ich brauchte, bevor die Dame mich verstand. Und dann musste sie die Liste natürlich noch laut vorlesen. Der Typ neben mir grinste, während ich rot anlief. Das Gespräch mit Elisa musste definitiv schnell stattfinden. Ich hätte mich gerne in Luft aufgelöst. So schnell ich konnte brachte ich diesen Einkauf hinter mich, wobei ich mich zwingen musste nicht aus dem Laden zu rennen. Hier würde ich in nächster Zeit nicht wieder einkaufen gehen.   Nachdem ich die Eingangstür hinter mir geschlossen hatte, überfiel mich eine Welle von Müdigkeit. Ich schleppte die Einkäufe in die Küche und überlegte, ob ich nochmal versuchen sollte zu schlafen. Aber nachdem ich fast alles eingeräumt hatte, erschien es mir besser gemütlich zu Frühstücken und schon mal einen Teil der Eier vorzukochen. Mit Sophie und den Jüngeren meiner Brüder kochte ich den anderen Teil nachmittags. Wir fingen auch an sie einzufärben und als Anne aus der Schule kam, lachte sie über unsere bunten Hände. Irgendwie hatten wir es geschafft unsere Finger in allen Farben zu färben nur die Eier sahen noch etwas blass aus. Anne versuchte sich an einer Standpauke wie Mutter sie wohl halten würde, aber am Ende konnten wir uns nicht mehr halten vor Lachen. Ich jagte sie mit meinen bunten Fingern etwas durch das Haus. Unsere Mutter und Elisa kamen gleichzeitig nach Hause, aber außer einem Stirnrunzeln ließen sie unsere fleckigen Hände unkommentiert. Elisa hatte noch extra Stifte besorgt, mit denen wir Gesichter auf die letzten ungefärbten Eier malen konnten und auch auf ein paar gefärbte verirrten sich Kreise und Striche, die Smileys hätten sein können. In Elisas Händen sah ich kurz ein Ei, dessen Bemalung mich an Kian erinnerte, aber als sie sah, wohin ich guckte ließ sie es schnell verschwinden. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)