Queen of the Clouds von PanicAndSoul ================================================================================ Kapitel 3: Zusammentreffen -------------------------- Hikari sah auf die Uhr. Das Meeting ging nun bereits fast 3 Stunden. Ihr entfuhr ein leises Seufzen. Wenn sie nicht bald Schluss machten, würde sie es heute nicht mehr schafften, Miyakos Kleid noch abzuholen. „Und darum bin ich der Meinung, wir sollten uns in diesem Jahr stärker auf diese Zahlen fokussieren. Ich habe Ihnen bereits eine Datei zukommen lassen, in der Sie alles Nötige dazu nachlesen können.“, schloss Koushiro seine Präsentation. Hikari tippte auf ihrem Laptop herum und entdeckte die erwähnten Dokumente in ihrem Postfach. Der Absender war Izumi- IT-Systems. Koushiro war ein guter Freund von Taichi, den er von der Uni kannte. Er studierte dort IT-Management, hatte aber bereits seine eigene Firma und genoss einen außerordentlich guten Ruf. Daher hatte Hikari vorgeschlagen, ihn für das Projekt als Berater mit hinzu zu ziehen und bis jetzt bereute keiner der Involvierten diesen Schritt. „Danke Koushiro. Ich denke, das war es dann auch für heute. Ich lasse allen den Termin für das nächste Treffen zukommen. Vielen Dank.“ Die Anwesenden begannen, sich leise zu unterhalten, während sie ihre Sachen zusammenpackten. Auch Hikari fuhr ihren Laptop herunter und klappte ihn zu. Ihr Kopf schmerzte bereits seit einer geraumen Zeit und sie begann, sich mit dem Zeigefinger über die Schläfe zu streichen. „Du solltest dich ausruhen.“, vernahm sie Daisuke hinter sich und öffnete die Augen, die sie bis grade noch geschlossen gehalten hatte, wieder. Ein Lächeln erschien auf ihrem Gesicht, als er an sie herantrat und ihr sanft die Hände auf die Schultern legte. Ihre Hand fand die seine und sie zog ihn ein Stück zu sich herunter, um ihm einen Kuss zu geben. „Ich passe schon auf mich auf, versprochen.“, sagte sie, als sie sich von ihm löste. Dann stand sie auf und nahm sich ihre Sachen. „Wo gehst du hin?“, fragte Daisuke und folgte ihr aus dem Konferenzraum. „Ich dachte, wir machen uns noch einen ruhigen Abend zu zweit.“ Er griff nach ihrer Hand und wollte sie zum Stehenbleiben bewegen, doch Hikari hielt nur kurz an und gab ihm noch einen raschen Kuss, ehe sie ihre Hand aus seiner befreite und sich wieder in Bewegung setzte. „Das hört sich wunderbar an, aber auf mich warten Trauzeuginnenaufgaben.“, sagte sie noch im Gehen und ließ ihren enttäuschten Freund zurück. Es war bereits dunkel, als sie bei der kleinen Boutique ankam. Sie bedankte sich bei ihrem Fahrer, der ihr die Tür aufhielt und sagte ihm, dass er nicht auf sie zu warten brauche und sie sich bei ihm melden würde, wenn sie soweit war. Als sie das Geschäft betrat, war außer ihr noch eine weitere Kundin anwesend. „Ich finde, diese Bluse passt einfach perfekt dazu. Ich kann sie Ihnen auf Maß anfertigen, wenn Sie möchten. Wir können gerne einen Termin für alles machen, passt ihnen morgen um halb 12?“ Die junge Frau hinter dem Verkaufstresen notierte sich noch ein paar Details auf die Zustimmung der Kundin und verabschiedete sie daraufhin mit den Worten: „Also dann, bis morgen.“ Als die Frau das Geschäft verlassen hatte, verschloss die Verkäuferin den Laden hinter ihr und trat auf ihre Freundin zu. „Hallo Sora, schön dich zu sehen.“, begrüßte Hikari sie und nahm sie in die Arme. Diese erwiderte die Begrüßung und antwortete: „Oh ja, vor allem ist es schön, mal jemanden in meinem Alter zu sehen. Heute waren gefühlt nur alte Menschen hier.“ Hikari musste über ihren Kommentar kichern. Sora war so alt wie Taichi und studierte Modedesign, doch sie war, was man umgangssprachlich eine alte Seele nannte. Sie war viel reifer und erwachsener, als die meisten 24 Jährigen, was ihre Aussage über ältere Menschen, aus Hikaris Sicht, sehr sonderbar wirken ließ. „Du kommst sicher, um Miyakos Kleid abzuholen, oder?“, fragte die Rothaarige nun, als sie bereits in Richtung Hinterzimmer ging, in das ihr die Jüngere folgte. „Ja stimmt, sie freut sich schon tierisch drauf. Wenn es in der Reinigung war, gibt es nächste Woche noch einmal eine letzte Anprobe bei mir. Sie möchte, dass du dann auch dabei bist.“, erwiderte Hikari. Sie zog ihren Mantel aus und hängte ihn an den Kleiderhaken. „Aber klar doch, immerhin ist es mein Meisterstück, was Miyako zu ihrer Hochzeit tragen wird. Da möchte ich doch dabei sein, wenn sie es allen präsentiert.“ Sora schenkte sich und Hikari ein Glas Wasser ein und reichte es ihrem Gegenüber. Diese nahm es dankend an. „Ein echtes Takenouchi, das trägt auch nicht jeder.“, sagte Hikari und erhob ihr Glas. Sora und ihre Mutter hatten vor einigen Jahren gemeinsam ein Label für Designermode gegründet. Zu ihrem Kundenkreis gehörten nur die reichsten der Reichen und alle ihre Anfertigungen waren Einzelstücke. Auch Hikari besaß einige von Soras Kleidungsstücken, wie ihren über alles geliebten Mantel. Als Miyako verkündet hatte, dass sie heiraten würde, war für sie niemand anderes in Frage gekommen, um ihr Hochzeitskleid anzufertigen. Und für die junge Designerin war es eine große Ehre, dass man ihr so viel Vertrauen entgegen brachte. „Ich habe auch dein Kleid fertig. Möchtest du es heute auch schon mitnehmen?“, fragte Sora und sah Hikari erwartungsvoll an. Diese strahlte ihre Freundin an und nickte eifrig zur Bestätigung. Sie begannen, sich über dies und jenes zu unterhalten, als ein Klingeln sie unterbrach. „Ishida?“, meldete sich Sora am Telefon. Hikari zuckte leicht zusammen. Sie vergaß oft, dass Sora mittlerweile diesen Namen trug. Vor etwa einem Jahr hatte sie geheiratet, ihre große Liebe, Yamato Ishida. Und den Namen zu hören löste bei Hikari noch immer eine Gänsehaut aus. Es war nicht so, dass sie Soras Mann nicht mochte, eigentlich war er wirklich nett. Er studierte ebenfalls an ihrer Uni, Journalismus. Er war ein eher stiller, nachdenklicher Typ. Doch wenn er seine Gitarre in die Hand nahm und begann zu singen, verwandelte er sich in einen ganz anderen Menschen. Und das wichtigste war: Er machte Sora glücklich. Nein, an Yamato lag es nicht, dass ihr der Name Ishida so ein Unbehagen bereitete. Sondern an seiner Familie. Ihnen gehörte die Ishida- Media Group, der unter anderem eine Zeitung, mehrere Onlinemagazine und sogar ein Fernsehsender unterstanden. Ihr Leiter war Yamatos Vater und gegen seine Wünsche, eigentlich Musiker zu sein, war Yamato ihr CEO. Ishida-Media Group ließ keine Gelegenheit aus, über Klatsch und Tratsch der erfolgreichsten Familien und Konzerne zu berichten und dachte sich auch gerne mal Fake-News aus. Und oft betraf es Yagami-Corporation. Sora hatte Hikari einmal erklärt, dass Yamato nichts dafür konnte und eigentlich gar nicht für seine Familie arbeiten wollte, doch es fiel ihr trotzdem manchmal schwer, privates und geschäftliches zu trennen. „Nein ist gut, dann weiß ich Bescheid. Bis später.“ Sora beendete ihr Telefonat und legte das Handy zur Seite. Sie sah Hikari entschuldigend an, die ihr zulächelte. „Also, soll ich die Kleider holen?“, fragte die Ältere und stand bereits auf. „Oh ja, bitte.“ Als Sora mit zwei Kleidersäcken zurückkam, ließ Hikari ihre Finger ehrfürchtig darüber gleiten. „Ich bin schon so gespannt, wie ihr beide sie finden werdet.“ „Wenn die Kleider genauso sind, wie deine Entwürfe, dann sind sie wahrscheinlich absolut umwerfend!“, schwärmte Hikari. Bisher hatte sie das Resultat der Arbeit noch nicht an, Sora hatte die Absteckarbeiten immer einzeln gemacht und das Kleid dann alleine fertiggestellt. Das Ergebnis sollten die Braut und ihre Trauzeugin dann gemeinsam mit all ihren Freundinnen bei Hikari sehen. Doch bei Soras Fähigkeiten hatte niemand Zweifel, dass die Kleider einfach perfekt werden würden. „Ich mache mich dann auch mal langsam auf den Heimweg. Der Tag war so lang und ich bin wirklich müde.“ Hikari erhob sich und zog ihren Mantel an. Dann umarmte sie ihre Freundin und ließ sich mit den Kleidersäcken helfen. An der Tür sagte Sora noch zu ihr: „Wir sehen uns dann spätestens nächste Woche bei dir.“ Hikari lächelte ihr nur zu, statt zu winken, da sie beide Hände voll hatte und verließ Soras Geschäft. Draußen angekommen, nahm sie einen tiefen Atemzug. Die pochenden Kopfschmerzen, die sie seit dem Mittag verspürte, waren nicht weniger geworden und die frische Luft tat wirklich gut. Sie ging ein paar Schritte die Straße herunter, um noch etwas Sauerstoff zu tanken. Die Erschöpfung breitete sich nun schlagartig aus und sie verspürte ein leichtes Schwindelgefühl. Als sie den nächsten Schritt machte, taumelte sie etwas. „Na hoppla. Also so langsam werden unsere Zusammentreffen ja schon zur Gewohnheit.“, vernahm sie hinter sich eine Stimme. Ihr war im ersten Moment gar nicht aufgefallen, dass sie mit jemandem zusammengestoßen war, doch als sie sich nun umdrehte, war es ausgerechnet Takeru Takaishi, der sie angrinste. Doch als er ihr ins Gesicht sah, verschwand sofort jegliche Belustigung aus seiner Miene und er musterte sie besorgt. „Du siehst aber gar nicht gut aus.“, stellte er fest und legte seine Hände auf ihre Oberarme, um sie zu stützen. Dann hob er den Kopf und sah sich um. Als er entdeckte, wonach er gesucht hatte, sagte er: „Komm, da vorne ist eine Bank. Du solltest dich wirklich hinsetzen.“ Ohne ein Wort zu sagen, ließ sie sich von ihm begleiten. Das Sitzen tat gut und nach einer Weile ebbte der Schwindel ab. „Danke.“, sagte Hikari und drehte ihren Kopf, um Takeru, der neben ihr saß, anschauen zu können. Auch er sah sie an und musterte sie eingehend. Dann fragte er: „Hast du sowas häufiger?“ Hikari wollte eigentlich direkt verneinen, immerhin kannte sie ihn kaum. Doch aus irgendeinem Grund veranlasste sie ein Blick in Takerus Augen dazu, ihm die Wahrheit sagen zu wollen. Also war sie ehrlich. „Wenn ich mich überanstrenge, so wie heute, kommt das manchmal vor.“, sagte sie. Gleich würde er ihr, wie alle anderen auch sagen, dass sie besser auf sich acht geben musste. Dass sie sich ausruhen und nicht überarbeiten solle. Er würde diese sorgenvolle Miene, die alle immer bekamen, aufsetzen und sie versuchen, zu bemuttern. Doch zu ihrer Überraschung lächelte Takeru sie an, als er fragte: „Hast du Hunger?“ Perplex starrte sie ihn an. Er fragte sie, ob sie Hunger hatte? Mehr nicht? Da begann Hikari plötzlich zu kichern. Und nun war es Takeru, der sie überrascht ansah. „Oh, war meine Frage so lustig?“, fragte er und stimmte in ihr Lachen mit ein. Er konnte nichts dagegen tun. Es war einfach ansteckend. Als Hikari sich wieder einigermaßen eingekriegt hatte, antwortete sie: „Nein lustig war deine Frage nicht, nur erfrischend. Ja, ich habe Hunger. Und was für welchen.“ Takeru grinste sie an. „Dann weiß ich genau das Richtige für uns beide.“ Er stand auf und streckte ihr seine Hand entgegen, die sie ergriff. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)