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Schleifen in Blut und Zeit

Ein Todesfall, eine Hochzeit und die Krümmung der Raumzeit
von

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Donnerstag Nacht Teil 1


 

K

agome atmete in ihrem Zimmer kurz durch, als sie die Säcke mit Tee und Essen sah. Noriko hatte schlicht für einen Youkai eingekauft. Oder einen Hanyou. Inu Yasha ….

Nun gut, erst einmal brauchte sie nichts. Ihre Hofdame, wie albern das klang, wegzuschicken war sinnlos, die würde sich vermutlich eher läutern lassen, so deutlichen Respekt wie die vor dem Herrn Schwager zeigte. Mit gewissem inneren Seufzen ging die junge miko daher ins Bad. Hier zumindest war sie allein und das ausgiebige Duschen konnte sich Sesshoumaru doch sicher leisten.

Unter dem heißen Wasser dämmerte ihr ganz etwas anderes. War das etwa unter Youkai, unter vornehmen Youkai, immer so? Du warst nie allein? War der arme Kerl, und ja, das bezog sie auf ihren Schwager, etwa auch in seiner Kindheit nie allein gewesen, nun ja, nicht etwa bei seinen Eltern, sondern bei Aufpassern? War der etwa darum immer so sachlich, beherrscht? Niemand hatte je sehen dürfen wie es ihm ging? Oder auch nur sollen?

Das klang kaum nach toller Kindheit. Inu Yashas war ja auch etwas sehr speziell gewesen. Hatten sich darum etwa die Halbbrüder irgendwann anfreunden können, weil sie eben die Einzigen waren, die sich noch kannten und verstanden? Und, um es mal von der Seite des großen Bruders zu sehen – irgendwo doch noch ebenbürtig waren? Inu Yasha mochte ein Halbblut sein, aber es war immer noch das Blut des gemeinsamen Vaters und das hob ihn sicher von Jaken oder Myouga oder sonst wem ab. Überdies – wenn sie sich so recht entsann, selbst als Sesshoumaru seine kleine Familienschande umbringen wollte und es auch redlich versuchte: er hatte nie gezögert den mit Namen anzusprechen. Und das war, zumindest vor fünfhundert Jahren, ziemlich wenigen Leuten widerfahren. Jaken und Rin noch, aber da hörte es auch schon auf, soweit sie sich entsinnen konnte. So gesehen war es wirklich eine Neuerung, dass er sie selbst jetzt mit Namen anredete und einige andere Leute auch. Sie musste ihm eindeutig eine Entwicklung zubilligen. Naja, und in ihrer beider Interesse sich jetzt diese Texte vornehmen.

 

Als Kagome wieder in ihr Schlafzimmer kam war sie nicht sonderlich überrascht als sich zwei Personen vor ihr verneigten. Noriko hockte dabei wieder an der Tür. Was für ein Leben, das so vor sich hinzuknien, dachte das Mädchen aus der Moderne unwillkürlich, ehe sie sich der zweiten Person im Raum zuwandte, die sich immerhin schon mal vor ein Textblatt gehockt hatte. „Myouga-jiiji, ich hoffe, du kannst das so lesen.“

„Ja, kann ich, im Prinzip,“ gab der Flohgeist zurück, dessen Schweißperle die Worte Lügen strafte. „Aber dieser Kerl, der das geschrieben hat …“

„Zeig mal.“ Sie ließ sich ihm gegenüber nieder und nahm das Papier auf, zunächst irrtümlich der Meinung der winzige Floh habe mit einem Din A 4 Blatt Probleme. „Ach du je, das …“ Es war schlimmer, als sie gedacht hatte. Das war nicht nur alte Schrift, eigenartige Worte – das war schlicht eine Sauklaue! Sie sprach es aus.

Myouga seufzte. „Ich fürchte, das war ein Vogel. Sie sind nicht sonderlich stabil, wenn sie schreiben. Sie sind zwei Beine gewohnt und Flügel, keine Hand.“

„Und wer kam dann auf die Idee ausgerechnet einen Piepmatz das schreiben zu lassen?“ fauchte sie prompt, da das die Arbeit erhöhte und sie doch gehofft hatte bis 19 Uhr ein Ergebnis zu haben. Ihre Meinung über diese ersten Vier sank jedenfalls stündlich.

„Es gab damals nicht gerade viele Youkai, die schreiben konnten, Kagome.“

„Ja, schon gut. Ich nehme mir jetzt das Heft hier und dann lesen wir mal. Ich schreibe es dann in modernem Japanisch.“

 

Eine halbe Stunde später langweilte sich die Hofdame mehr als sie es auch nur zu denken wagte. Diese Diskussionen zwischen der Gefährtin und dem Floh: könnte das ni oder no heißen? Dann die Abwägung, welches Wort sich aus dem Zusammenhang ergeben könnte … Langweilig. Sie schloss die Augen. Gehen war natürlich unmöglich, sie wollte nicht erleben, was oyakata-sama dazu sagen würde oder auch tun. Aber nichts und niemand hinderte ihre Träume und so stellte sie sich vor, wie sie diese reizenden Öhrchen des leider verstorbenen Inu Yasha kraulte, streichelte, der sie anlächelte, sein großer Bruder dazu kam …

 

Erst ihr Name ließ sie aufschrecken und in die vorwurfsvollen Augen des winzigen Beraters gucken.

„Es hat geklopft!“ Myouga hatte sich schon gezwungen gesehen Kagome durch hektisches Winken davon abzuhalten selbst zur Tür zu gehen und war entsprechend nervös. „Schläfst du?“

Nun, sie hatte geträumt, aber auch das konnte Ärger geben. So schob sie pflichtgemäß die Tür beiseite. Ein Krieger, eindeutig ein kitsune, kniete nieder und reichte ihr einen Brief. Sie stand auf und brachte ihn der Gefährtin, wohlweislich ein regungsloses Gesicht beibehaltend.

„Danke.“ Kagome nahm ihn, geradezu schockiert, dass sie anscheinend nicht mal ihre eigene Zimmertür öffnen durfte. War das von Shippou? Sie öffnete. Ein handgeschriebener Brief und ihr Blick fiel auf die Unterschrift. Shinishi. Der Herr der Füchse. Und der hatte nicht etwa seinen Namensstempel verwendet, der doch eigentlich sogar bei Verträgen galt. sondern selbst unterschrieben? War etwas mit Shippou? Hastig begann sie zu lesen.

„Werte Kagome-sama, ich freue mich Euch benachrichtigen zu dürfen, dass Shippou seinen zweiten Schwanz erhalten hat. Er fühlt sich verständlicherweise noch ein wenig matt, entbietet Euch jedoch seinen Gruß und Dankbarkeit. Ich habe ihm erlaubt Euch zu schreiben, wenn wir zuhause angekommen sind und er sich besser fühlt.“

Sie atmete durch. Das war so schön für den Kleinen. Und, dass er ihr schreiben durfte, wenigstens… Sie las weiter.

„Ich war überaus angetan Euch und Eure Magie persönlich kennen zu lernen und verstehe nun durchaus die Erzählungen Inu Yasha-samas. Ich wäre erfreut, wenn mir Sesshoumaru-sama gestatten würde mit Euch ein längeres Gespräch zu führen. Shinishi.“

Das war sicher ein sehr lobender, ja, ungewöhnlicher Brief eines Daiyoukai an einen Menschen. Kagome ließ etwas irritiert das Anschreiben sinken. Aber, was meinte der Neunschwänzige, der Kerl, der angeblich das höchste Level an Magie in ganz Japan besaß? Oh, da draußen kniete ja immer noch der Fuchskrieger. Wartete der etwa auf Antwort? Da sie keine Ahnung hatte, was sie darauf schreiben sollte, musste sie es wohl besser mündlich tun und suchte hektisch alle Höflichkeitsregeln zusammen, die sie je gelernt hatte. Schließlich wollte sie doch ihre Eltern nicht blamieren. „Ich lasse Shinishi-sama, dem mächtigen Herrn der Füchse, meinen Dank für den überaus freundlichen Brief ausrichten, den er mir zu schicken geruhte.“ War das höflich genug? Sie schielte zu Myouga und der kleine Berater, erfahren in unauffälligen Tipps, nickte. So fuhr sie fort, bemüht, nichts im Hohen Rat oder zwischen Rat und Taishou auszulösen: „Ich wäre ebenfalls über ein Gespräch erfreut, muss Shinishi-sama dazu jedoch, wie er bereits vorschlug, an Sesshoumaru-sama verweisen. Ich danke nochmals für den Brief.“ Uff. Das schien funktioniert zu haben, denn der kitsune verneigte sich nur, stand auf und verschwand. Noriko schob die Tür zu. Und Myouga grinste. „War ich gut?“ erkundigte sie sich daher.

„Fast perfekt. Nur vielleicht noch einmal statt ich „meine Wenigkeit“ einstreuen oder so. Aber sonst, wirklich gut gemacht.“ Der Floh hätte nie zugegeben, wie sehr es ihn überrascht hatte, dass diese temperamentvolle junge Dame doch einmal die Höflichkeitssprache auspacken konnte.

„Ach herrje.“

„Was ist denn?“

„Ich soll doch später … ich meine, Sesshoumaru … Sesshoumaru-sama sagte, er wolle mich rufen. Ich habe doch nur diese miko-Gewänder. Ich brauche einen Yukata.“ Immerhin hatte der Herr Schwager was von einem gesagt. Hätte sie keinen, wären diese Verrückten vermutlich in der Lage sie eher nackt zu ihm laufen zu lassen als im miko-Kostüm. Sie konnte schließlich nicht alle hier im Schloss läutern.

„Das ist wahr.“ Myouga warf erneut einen tadelnden Blick in Richtung der Hundeyoukai. An was dachte die denn überhaupt? „Noriko wird einen besorgen. - Und, während sie weg ist, solltest du dich herrichten.“

„Dann machen wir nicht weiter? Es ist doch erst …“

„Nach fünf. Ja. - Kagome, wie schon erwähnt, du sollst nicht allein mit einem männlichen Wesen sein. Auch nicht mit mir. Ich weiß, ich bin ein Floh, aber selbst, wenn ich dich … ich meine, wenn ich dein Blut trinken würde, wäre das ein erheblicher Eingriff in das Eigentum Sesshoumaru-samas.“

„Du bist ein Flohgeist!“

Da sie vollkommen fassungslos klang, sah Myouga an sich herunter. „Ja, das weißt du doch.“

„Myouga, du trinkst Blut, du lebst von der Magie des Blutes der Daiyoukai länger. Du kannst doch Blutmagie. Was ist mit dem Blutbann?!“

„Oh, ich verstehe. Nein, leider ist das so, dass ich eben ein Floh bin. Wie soll ich das erklären … ich lebe von Blutmagie, aber ich kann sie nicht wirken. Das ist eine der mächtigsten Arten der Zauberkunst. Leider. Sonst hätte ich mir doch schon längst etwas einfallen lassen.“

Das war vermutlich nur zu wahr und so seufzte Kagome enttäuscht. „Na schön, versuchen wir es morgen weiter, ja.“

 

So fand sich Kagome später umgezogen im Bad wieder, gehüllt in einen zugegeben flauschig weichen, weißen Yukata, der immerhin sogar ihre Knie bedeckte. Sie hätte es nicht vermocht sich vor der Hundeyoukai umzuziehen, Frau hin oder her. Jetzt, nachdem sie sich ausgiebig gebürstet hatte, fand sie keine Ausrede mehr weiter im Bad zu bleiben und ging hinüber. Noriko senkte nur den Blick, offenkundig kaum an ihr interessiert. Nun ja, wen wunderte es. Kagome setzte sich auf ihr Lager. Jetzt blieb wohl nur zu warten bis sie gerufen wurde. Ihr Schimpfwort hätte sie nicht aussprechen mögen. Das war das Leben der Frauen? Der Youkaifrauen und früher auch der Menschenfrauen? Oh, du liebe Güte. Sie nahm ihr Handy. Noch dreißig Minuten. Das würde eine Ewigkeit werden. Vielleicht sollte sie sich doch mit der Hundedame unterhalten, damit die Zeit etwas schneller ging.

„Ich bin aufgeregt.“

„Das ist kaum zu überriechen,“ sagte Noriko, mehr ehrlich als taktisch klug. „Dabei dachte ich,“ entkam es ihr dann doch: „Dass Ihr gewohnt seid, wie es ist, Klauen zu spüren.“

Was … „Ja, natürlich weiß ich das.“ Aus irgendeinem Grund bekam Kagome den Eindruck sie sollte hier deutlicher Stellung beziehen. „Und ich weiß auch, wie es ist, wenn man jemanden mit Fangzähnen küsst. Das erste Mal ist nur immer anders.“

„Ja, natürlich, vergebt.“ Die Youkai zwang sich zur Ruhe. Das war knapp gewesen.

„Wärst du etwa nicht aufgeregt, wenn dich mein … Sesshoumaru-sama zu sich rufen lassen würde?“

Der Wunschtraum in Erfüllung…? „Oh, ja, ich wäre begeistert,“ gab Noriko zu. „Aber auch aufgeregt.“

„Begeistert.“ Kagome klang trocken. Nun ja, der Taishou, der Herr der Hunde, der Feldherr aller Youkai. Macht machte attraktiv.

Noriko schien erstaunt. „Ihr seid es nicht? Nun ja, Ihr seid ein Mensch, aber jede Youkai wäre glücklich ihm dienen zu dürfen, auf Knien, auf dem Rücken, wie immer er will….“

Die junge miko spürte, wie sich ungeahnte Hitze in ihre Wangen schlich, als sie begriff was dieses törichte Mädchen gesagt hatte. Wie kam sie jetzt da raus ohne Sesshoumaru in den Augen dieses … dieser Kleinen zu blamieren? „Vielleicht entsinnst du dich, dass Inu Yasha, mein Gefährte, erst verstarb.“ Noch immer konnte sie den Namen kaum aussprechen ohne dass sich der Hals zuschnürte.

„Oh, ja, natürlich.“ Noriko gab zu, dass das ein ziemlich ersichtlicher Grund war nicht begeistert zu sein. Nun ja, fast. „Aber immerhin habt Ihr…. oh, habt Ihr einmal diese Öhrchen berühren dürfen…?“

Das reichte jetzt wirklich, beschloss Kagome bei allem Verständnis. Dieses dumme Ding hatte ihr nicht nur soeben erzählt, dass sie begeistert wäre, mit ihrem Schwager und Ehemann ins Bett zu steigen, sondern auch noch mit Inu Yasha?! Schön, sie selbst war wohl schon Jahrhunderte tot und da konnte sie sich kaum auf Treue berufen, aber er hatte sie zu sich gerufen, als es ihm schlecht ging, als er wusste, dass er sterben musste und … diese… diese….

Noriko erkannte, wie eine sehr starke, läuternde Energie vor ihr aufflammte und sich schwarze Augen mit tanzenden Funken darin auf sie richteten. Erst jetzt begriff sie, dass es sich nicht um lächelnden Tratsch zwischen Freundinnen gehandelt hatte, den jede morgen schon vergessen hatte, sondern wem gegenüber sie da was geäußert hatte. Sie warf sich flach zu Boden.

„Was soll ich mit dir jetzt machen?“ fragte Kagome, ohne zu ahnen, dass es unter Youkai als Strafverschärfung galt, wenn der Schuldige seine Strafe auch noch selbst benennen musste.

Kein Eiswasser, kein Feuer, kein Youki, das ihr den Rücken aufreißen würde, kein….Noriko zuckte zusammen, als sie etwas hörte.

„Es klopft,“ sagte Kagome, die eigentlich froh um diese Unterbrechung war, hätte sie doch keine Ahnung gehabt, was sie mit dieser … anstellen sollte. Sie konnte ja auch niemanden fragen. Sesshoumarus Lösung konnte sie sich vorstellen – Kopf ab. Aber das war ja noch ein halbes Kind, und irgendwie unerfahren.

Noriko robbte mehr oder weniger zitternd zur Tür, ehe sie es wagte sich hinzuknien und diese beiseite zu schieben. Wen sie davor sah, ließ sie allerdings gleich wieder flacher werden.

Die junge miko erkannte zwei Frauen draußen und stand auf, ging zur Tür. Immerhin schien der Herr Schwager mitzudenken. Oder auch nicht. Ihr Gesicht entgleiste, als sie eine der beiden Ratsmitglieder erkannte. „Toran.“

Die Pantherkönigin lächelte flüchtig. „Kagome. Du erinnerst dich an mich.“

„Ich erinnere mich immer an Leute, die mich oder meine Freunde umbringen wollen.“

„Lang her. Und wir sind doch als Freunde geschieden.“

Nun ja. Immerhin hatten die Panther dann in der Schuld Sesshoumarus und auch Inu Yashas gestanden. Sie sollte besser nichts mehr dazu sagen und so wandte sie sich an die andere Dame. „Hikari-sama.“

„Ich bin erfreut, dass Ihr Euch unsere Namen so rasch merktet,“ erwiderte die Katzenyoukai prompt, durchaus allerdings mehr erfreut, dass ihr das ehrende Anhängsel im Gegensatz zu der großen Verwandten zugebilligt wurde. „Wir zwei haben uns bereit erklärt Euch den Weg zu begleiten.“

„Äh, das sind keine zweihundert Meter.“ Wenn sie das richtig verstanden hatte, lag doch Sesshoumarus Schlafzimmer dort links, gleich neben seinem privaten Arbeitszimmer?

„Niemand zweifelt an Eurem Mut,“ sagte Toran, bemüht wieder sachlich zu werden. „Doch der Weg zum Henker erscheint manchmal lang, hörte ich.“ Und der Fluchtimpuls eines Menschen mochte hoch steigen.

Sekunde. Die zwei weiblichen Ratsmitglieder hatten sich bereit erklärt sie zu begleiten, weil sie eine Ahnung davon hatten wie man sich fühlen mochte, wenn man so hin befohlen wurde? Von dem Versprechen wussten sie ja nichts. Das war ja richtig unerwartet – mitfühlend? „Vielen Dank.“ Was hätte sie sonst schon sagen sollen. „Dann gehen wir.“

 

Die dichte Wolkendecke hatte aufgerissen und zwischen den einzelnen dunklen Knäulen konnte man nun den Schein der gut gefüllten Mondsichel wenige Tage vor Halbmonde erkennen. Aber das war nicht das Problem des alten Baumgeistes. Er warf zwar einen besorgten Blick zum Himmel, das lag jedoch an der Veränderung in der Magie seines Waldes. Jemand kam. Jemand, den er lieber nicht hier wüsste. Und, da gab es kaum Zweifel, was den Besucher angelockt hatte. Das sah nach Ärger aus. Er blickte geradeaus, wo sich Büsche wie Bäume zur Seite neigten. Er konnte den matten Schein des Mondlichts auf dem seidenen, grünen, Kimono widerspiegeln sehen, als der schwarzhaarige Besucher auf die Lichtung trat.

„Kami-sama,“ grüßte der Baumgeist höflich den Gott.

„Bokuseno. Ich hoffe für dich du hast eine gute Erklärung.“

Nur nicht gleich aus der Deckung wagen, das hatte ihm damals der verstorbene Inu no Taishou stets gesagt. „Ihr meint die Suche nach Inu Yasha?“

„Ich meine die Beschwörung eines toten Baumgeistes, um ihn aufzufordern nach der Seele eines Hanyou zu suchen. Was wolltest du denn bitte mit der?“

Tja, am besten war es wohl bei der Wahrheit zu bleiben. Mit Seelen zu hantieren war nur sehr mächtigen Wesen möglich und gestattet. Tenseiga war buchstäblich ein Sonderfall in jeder Beziehung. „Nun, ich nahm selbstverständlich an, dass Inu Yasha nach seinem Ableben im Jenseits wäre. Ich wollte, dass mein alter Freund ihn bittet, im Interesse seiner Gefährtin, seines Bruders und der Welt, zu den ersten vier Youkaifürsten zu gehen und zu erfahren, wie man deren Blutbann lösen kann.“

„Blutbann.“

Der Magnolienbaum erklärte kurz und schloss: „Das mit der Zeitschleife ist natürlich ein Problem, wie Ihr wisst. Und, wo ist jetzt Inu Yasha?“ Seiner Meinung nach hatte da jemand in der anderen Welt geschlampt und wollte das nun einem armen, alten Baumgeist aufhalsen.

„Wenn wir das wüssten, wären alle froh. Denn, nachdem sich aufgrund deines alten Freundes herausstellte, dass die Seele im Jenseits fehlt, wurde natürlich zuerst angenommen, dass der Hanyou in die menschliche Unterwelt gelangte. Aber auch das ist nicht der Fall. Und, zu allem Überfluss – es ist nicht die einzige Seele, die fehlt. Zumindest zwei Daiyoukai sind ebenfalls abgängig. Und vor allem einer ist ein wirkliches Problem. Sagt dir der Name Iwatakko etwas?“

Oh, das klang nach Ärger im Jenseits, den offenbar leider er angestoßen hatte. Die Sache mit dem Boten und der Botschaft. Aber, wo war Inu Yasha? „Nein, leider.“

„Er lebte auch vor deiner Zeit, ja. Ein Daiyoukai, der ziemlichen Ärger verursachte. Er lebte auf der damaligen Halbinsel von Niishima, heute wäre das wohl im Bereich von Akita, aber die Landschaft hat sich sehr verändert. Ich wurde nun beauftragt mir diese Gegend anzusehen, denn dort entstand in den letzten Jahren ein Bannkreis, genauer, seit fast sechs Wochen Wochen ein sehr mächtiger Bannkreis, den niemand zu durchbrechen vermag. Blutmagie. Iwatakkos Spezialgebiet. Und seine alte Heimat.“

„Deswegen auch Euer Interesse. Oder, wusstet Ihr bereits von der Zeitschleife?“

Der Besucher machte eine wegwerfende Handbewegung. „Blutbann der Youkai, Zeitschleife, das ist doch alles kein Thema. Das Problem sind abgängige Seelen, ein sich stetig verstärkender Bannkreis, durch den niemand mehr hindurch gelangt, gleich ob Tier oder Gott, nicht einmal die Strahlen der Sonne.“

Bokuseno atmete tief durch, ehe er behutsam meinte: „Ich fürchte, Ihr habt mich falsch verstanden, natürlich, ich mich falsch ausgedrückt. Kagome ist ein Mensch, mit einem menschlichen Körper. Wenn sie stirbt, ist das durchaus ein Problem für alle.“

Der Besucher schien überrascht. „Bokuseno. Du hast es wirklich nicht begriffen?“

Blätter raschelten. „Wenn Ihr mich so fragt …“

„Diese Zeitschleife existiert nur durch den Blutbann.“

„Ja, eben und ….“

„Der Blutbann muss gelöst werden. Fertig.“

Soweit war er ja auch schon. Aber womöglich bekam er hier unerwartet eine wirklich guten Ratschlag. „Ja, aber wie?“

Der Besucher seufzte fast, nahm sich jedoch zusammen. „Der Blutbann der Vier beinhaltet drei Punkte um ausgelöst zu werden. Erstens, eine Witwe, die zweitens, kinderlos sein muss und drittens einen Bruder, der sie heiraten kann.“

„Ja, aber an dem Kind lässt sich ja nun nichts mehr ändern, Kagome darf nicht sterben, weil sonst die Zeit endet ...“

„Also. Sesshoumaru muss ehrenhaften, rituellen Selbstmord begehen, der Blutbann ist gelöst und die Zeitschleife endet, da Kagome ins Mittelalter kann. Richte ihm das aus.“

Auf diese Idee konnte auch nur ein Gott kommen.
 


Nachwort zu diesem Kapitel:
Während Kagome sich gewissen Irrtümern, was die Motivation der beiden Damen angeht, hingibt, sollte Bokuseno laut meinem Beta eine Stellenanzeige aufgeben.

Gesucht wird: Suizidgefährdete, masochistische Person für Übermittlung einer Botschaft. Sofortige und schmerzvolle Exekution wird garantiert! Kosten für anschließende Beerdigung nicht nötig mangels sterblicher Überreste.

Mal wieder öffentlich vielen Dank an cistus, der sich seit langen Jahren meine Ergüsse antut, und ohne den so mancher Krimi im Plothole versunken wäre.

Das nächste Kapitel kommt nächsten Do/ Fr, Kommentare kann ich erst ab nächsten Dienstag wieder beantworten.

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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  SUCy
2021-11-20T18:46:08+00:00 20.11.2021 19:46
Ja na klar! Die Lösung! Warum ist da nur vorher niemand drauf gekommen XD
Antwort von:  Hotepneith
20.11.2021 21:13
Womöglich, weil neimand zuvor die Möglichkeit sah einen Boten zu schicken und nicht selbst der Überbringer zu sein?
Von:  night-blue-dragon
2021-11-11T17:02:30+00:00 11.11.2021 18:02
Noriko wird künftig wohl aufpassen, was sie Kagome gegenüber erzählt und besser, wenn Sesshoumaru gar nichts von diesen Gedanken erfährt. Da sie wohl eh schon negativ bei ihm aufgefallen ist.

Kagome hat also das Bad für sich entdeckt, um mal allein zu sein...nicht dass sie sich noch ein Schreibpult ins Bad stellen lässt.
Was Panther und Katze betrifft, wollen sie Kagome aus weiblicher Solidarität begleiten oder nur um sicher zu gehen, dass das frichgebackene Ehepaar, ja auch an der Kindersache arbeiten... salopp ausgedrückt.

So langsam kommt Bokuseno weiter, wenn auch mit göttlicher Hilfe... es wird nicht nur Inu Yashas Seele vermisst. Es wundert mich wie nachlässig die Gottheiten mit ihren... ja, Schutzbefohlenen sind, dass es nicht schon viel eher auffiel, dass eine Seele abgängig ist. Und ich glaube nicht, dass Sesshoumaru mit dieser Lösung einverstanden ist... aber wer weiß, vielleicht irre ich mich auch. Denn eines ist klar, wenn Kagome nach dieser Sache ins Mittelalter zurückkehrt, wird sie durch ihr Verhalten den Lauf der Geschichte sicher ändern.

Nun ja, aber was weiß ich schon... na, zumindest, dass ich gespannt auf das nächste Kapitel warte.

glg night-blue-dragon
Antwort von:  Hotepneith
11.11.2021 20:10
Danke für den KOmmetnar.

Tja, ich fürchte die weiblichen Daiyoukai haben es weniger mit mitgefühl als praktischen Erwägungen - nicht, dass der Mensch in Trauer oder Panik abhaut und das Ende der Welt naht....
Noriko ist ein Fall für sich, jung, unerfahren, sieht für sich aber die Welt offenstehen - jetzt ist sie schon zwie Mal auf das Schnäuzelchen gefallen. Wenn sie lernen will, beste Gelegenheit. Aber, will sie? Kann sie?

Bei der Unzahl an Seelen (ich erinnere an den Blick in die Unterwelt beim Kampf gegen So´unga) allein im menschlichen Teil kann man schon mal den Überblick verleiren. Vor allem, wenn man davon ausgeht, dass so etwas noch nie passiert ist ....
Wenn man dann nachsucht wird man meist feststellen, dass es durchaus schon mal passiert ist.
Ich persönlich wage zu bezweifeln, dass Sesshoumaur,u selbst falls er das für eine rationale Lösung halten sollte, das erledigt ohne den Überbringer der freudigen Botschaft einen Kopf, eher eine Baumkrone, kürzer zu machen.

Und der Satz "Denn eines ist klar ..." enthält gleich zwei Irrtümer.

hotep


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