Underworld III von Tomanto (In Teufelsküche) ================================================================================ Kapitel 2: Das Auge des Himmels ------------------------------- ~ Ninas Sicht ~ Die physische Form eines Engels ist komplex. Die der Menschen dagegen einfach. Was viele von ihnen nicht wissen, ist, dass Engel unter ihnen wandeln können, und mehr oder weniger frei entscheiden können, wo wir uns aufhalten mögen. Innenstädte auf der Erde können so voll sein mit Leuten, Sünden und Tugenden, alles auf einem Haufen. Manchmal brauchen sie Führung, himmlische Beobachter um nach dem Rechten zu sehen. Mein menschliches Camouflage ist ausreichend. Eines meiner Augen — mein Geisterauge — ist noch immer weiß und glasig, aber das scheint auch auf der Erde ein weit bekanntes Konzept zu sein, weswegen ich nicht stark auffalle. Hier nennen sie es "Blindheit", woran viele Menschen leiden. Aber mein Geisterauge kann sehen, nur anders. Es sieht Verstorbene. Hier in dieser Welt sollte es blind sein, aber heute sollte ich mich in dieser Hinsicht täuschen. Denn genau hier, an diesem beschäftigten irdischen Ort, läuft eine junge Familie vorbei, und ich kann nicht glauben, was ich sehe. »Er überlegt es sich noch, braucht aber Zeit zum Nachdenken hat er gesagt«, erzählt der Mann, den ich sehe. Mit beiden Augen. »Mal sehen, vielleicht erwidert er meine Liebe eines Tages«. »Du klingst jedenfalls ziemlich optimistisch«, antwortet die rothaarige Frau neben ihm. Dieser Mann da... Er sollte eigentlich tot sein. Ich sehe doch, dass er tot ist! Doch wieso wandelt er dann so unverfroren auf der Erde? Wieso... lebt er? »Hans, läufst du wieder so komisch?«, droht die rothaarige Frau, woraufhin sich beim Mann alle Anzeichen peinlicher Überraschung zeigen. »Überhaupt nicht! Ich bin doch seit gestern die ganze Zeit bei dir gewesen, Mary!«. »Hm, stimmt. Ich habe es mir nur eingebildet«, lacht sie. »Also wirklich, manchmal machst du dir zu viele Sorgen«. »Irgendwer muss doch auf dich aufpassen«. »Mama, kann ich Eis haben?«, fragt das zutiefst seltsam wirkende Kind. »Wir haben zu Hause doch noch genug Eis, Schlumpf«. Der Mann richtet einen ebenso rothaarigen Zopf des kleinen Mädchens. »Mama?«, fragt sie mit großen Augen. »Nichts da, du hast Papa gehört«. »Menno. Und wann kann ich ein Eis haben?«. »Bald, mein Schatz«. »Kann mir das Feuer Eis bringen?«. »Das, ähh... Das kann ich dir nicht sagen, Karen. Aber Feuer lässt Eis doch schmelzen«. »Echt?«, fragt sie und schaut nach unten, als sei soeben ihr Weltbild geplatzt. Die Familie geht an mir vorbei. Sie merken nicht, was ich bin. Aber ich weiß diese Familie ist alles andere als gewöhnlich. Ob mich Elohim deshalb hergeschickt hat? »Ich muss diesen Menschen unbedingt weiter beobachten«, protokolliere ich still und wende mich von der Erde ab. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)