On the Cusp von _Scatach_ (Teil Zwei der BtB-Serie) ================================================================================ Kapitel 28: I hear you, Sensei ------------------------------ Konoha hatte schon lange keine rote Morgendämmerung mehr gesehen.    Aber der Tag erblühte wie eine blutige Rose, als sich die Wolken wie dunkelrote Blütenblätter öffneten.    Kurenai streckte ihren Kopf aus dem Fenster, um hinauf in diesen seltsamen Himmel sehen zu können. Die dunklen samtigen Schattierungen der Nacht hatten damit begonnen, zu entschwinden; eingesaugt in eine blutige Leere aus Karmesin und Kastanienbraun. Und dennoch schien die Dunkelheit über Konoha noch immer so dicht, beinahe erdrückend zu sein, als würde sie mit dem Gewicht eines Nebels, der zu schwer zum Schweben war, auf das Dorf niedergehen.    Seltsam…   Kurenai zog sich zurück und nahm die Gießkanne vom Fensterbrett auf. Sie beobachtete, wie zinnoberrote Blütenblätter unter dem leichten Regen zitterten und neigte das Handgelenk, um den Guss besser zu verteilen. Die rote Ansammlung aus Blumen tanzte dankbar, während die tiefen Windungen in der Mitte zu ihr hoch starrten wie geweitete Pupillen.    Der Mohn hatte geblüht.    Und Kurenai schrieb das eher einer ausufernden Recherche darüber zu, wie man für sie sorgte, statt anzunehmen, sie besäße einen grünen Daumen. Sie hatte noch nie für etwas sorgen müssen außer für ihr Genin Team. Und diese Kinder waren durch harte Arbeit und Training erblüht. Blumen hingegen forderten nicht viel; ein bisschen Wasser, ein bisschen Sonnenlicht. Aber zuzusehen, wie diese kleinen Blumen blühten, hatte sie dazu gebracht, sich der Knospe aus Gefühlen bewusst zu werden, die sie in ihrem Herzen trug. Über die letzten paar Monate hinweg hatte sie begonnen, aufzugehen und Kurenai damit in Angst versetzt.    Sie hätte niemals gedacht, dass das passieren würde.    Sie war sich immer sicher gewesen, dass ein solches Ding niemals Früchte tragen und nur verwelken würde. Ein Ninjaleben eignete sich nicht besonders gut für solche Dinge. Es bot nicht die Art von Stabilität, die nötig war, um solche Emotionen nähren zu können.    Aber ich wollte immer wissen, wie es sich anfühlt…   Langsam hob Kurenai eine Hand, um eine dunkle Haarsträhne hinter ein Ohr zu streichen und trat dabei von einem nackten Fuß auf den anderen, während sie die ausgefransten Enden von Asumas altem Shirt über ihre bloßen Schenkel streichen fühlte.    Ja, das war immer noch neu für sie.    Der Gedanke, ‚verliebt‘ zu sein erschien ihr so albern und mädchenhaft. Sie glaubte nicht an ‚die Magie‘, die den besessenen Liebhabern schnulziger Romane inne war. Und dennoch musste Asuma nur dieses schelmische Lächeln aufsetzen und sie verfiel dem Zauber ganz und gar.    Ein flatterndes, schwindelerregendes Gefühl kribbelte durch ihre Magengegend.    Sie grinste und biss sich sowohl nervös, als auch aufgeregt auf die Lippe. Verrückt! Daran zu denken, dass sie noch immer diese Schmetterlinge fühlen konnte, wann immer sie an ihn dachte. Und noch verrückter war es, zu wissen, dass er direkt hinter ihr war; vollkommen ahnungslos von ihren Gedanken.    Kurenai zog leicht den Kopf zurück, um seine Reflexion im Glas sehen zu können.    Asuma saß vornüber gebeugt vor dem Sofatisch aus Kirschholz, auf dem Papiere in einem mehr oder weniger koordiniertem Chaos ausgebreitet lagen. Und dieses Chaos befand sich nun schon seit einigen Stunden unter dem Mikroskop seiner Inspektion. In dem Apartment brannten zwei dämmrige Lampen und tauchten sein Profil halb in Schatten und halb in Licht. Mit der heftig gerunzelten Stirn sah er wild und gefährlich aus; wie die Quintessenz eines mürrischen, verärgerten Mannes.    Mit finsterer Miene drehte er ein Blatt Papier um.    Sie widerstand dem Drang, zu ihm hinüber zu gehen. Sein schweres Schweigen beunruhigte sie, aber sie hatte Asuma versprochen, ihn nicht zu stören. Stattdessen hatte sie Tee gekocht, das Bett gemacht und sich um ihre Morgenroutine gekümmert, obwohl sie von seinen leisen Worten dazu gedrängt worden war, zu schlafen.    Doch zu schlafen war schwierig geworden, wenn er nicht neben ihr lag.    Nicht, dass sie das jemals zugeben würde.    Genauso wie sie niemals die Tatsache zugeben würde, dass es sich so…behaglich anfühlen würde, all diese häuslichen Dinge mit ihm an ihrer Seite durchzuführen. Und was noch viel seltsamer war, war, dass es anfing, ihr wirklich zu gefallen. In ihrer Vergangenheit war es eine konstante Sorge gewesen; der Gedanke daran, dass sich dieser Mann zu tief in ihrem Herzen und in ihrer Komfortzone niederließ. Es hatte sich niemals beständig angefühlt, niemals sicher – bis er diese Worte gesagt hatte…   ‚Du weißt, warum ich bleibe. Warum ich weiterhin bleiben werde…‘   Sie wusste es; sie wusste es hoffnungslos, vollkommen und Hals über Kopf.    „Scheiße…“, knurrte Asuma.    Kurenai wandte sich um.    Asuma lehnte sich mit einem Jammern zurück und rollte seine steifen Schultern. Mit den Fingern fuhr er sich durch das dichte Durcheinander seines Haares, während er den Kopf schüttelte. Langsam setzte Kurenai die Gießkanne auf dem Fensterbrett ab und schritt zu ihm hinüber. Sie achtete dabei darauf, einen weiten Bogen um seine Arbeit zu machen, da sie spürte, dass Privatsphäre von größter Wichtigkeit bei dem war, in was er sich da verwickelt hatte.    Er schenkte ihr ein schiefes Lächeln. „Du magst dieses Shirt wirklich.“   Kurenai kniete sich neben ihn und faltete die Hände in ihrem Schoß, bevor sie durch sanfte Erdbeeraugen zu ihm aufsah. „Du offensichtlich nicht“, sagte sie leise und senkte leicht den Kopf, um vielsagend auf die zahlreichen Brandlöcher in dem Baumwollstoff hinzudeuten, der einst die Farbe dunklen Leders gehabt hatte.    Asuma wackelte mit den Brauen und ein Grinsen spielte über seine Lippen. „Ich bin eben so heiß, dass ich Löcher durch mein eigenes Shirt brenne.“   Mit bebenden Schultern warf Kurenai ihm einen skeptischen Blick zu, als sie versuchte, ihr Lachen in sich zu halten. „Früher einmal muss das einige Damen sehr alarmiert haben.“   In spöttischer Nachdenklichkeit machte Asuma eine Pause. „Nicht so sehr wie mein Gesang.“    Kurenai ergab sich letztendlich ihrem Giggeln. Asuma strahlte angesichts dieses Klanges und seine Augen erwärmten sich wie erhitzter Brandy. Dieses unwiderstehliche, bübische Grinsen bog seine Mundwinkel nach oben. Rasch zog er sie auf seinen Schoß, als er sich nach hinten auf das Sofa kippen ließ.    „Ich bin mir nicht ganz sicher, was beleidigender ist. Die Tatsache, dass du gerade das Wort ‚damals‘ benutzt hast, oder die eklatante Respektlosigkeit gegenüber meinem Gesangstalent.“ „Du hast kein Gesangstalent, Asuma“, kicherte Kurenai und küsste seinen Mundwinkel.   „He, es braucht Talent, um so furchtbar zu sein, wie ich es bin.“   Kurenai lachte auf und drückte seine Schultern in einer improvisierten Massage. Langsam schloss Asuma die Augen und summte, bevor er den Kopf in den Nacken legte. Lächelnd betrachtete Kurenai ihn durch ihre Wimpern und fühlte…   So viel…   Beinahe zu viel. Sie fühlte so viel, wenn sie bei ihm war, dass es sie erschreckte. Verletzlichkeit war nichts, was sie gut konnte – und Asuma neigte ebenfalls dazu, sie um jeden Preis zu vermeiden. Doch die Gefühle stiegen so stark in ihr auf, dass es schmerzte, sie zu zertrümmern und zurück zu halten. Nicht einmal die Furcht konnte sie verwässern; sie waren tief und warm und süß wie Wein. Sie stahlen ihren Atem und füllten sie bis zum Rand mit…   „Ich liebe dich…“, wisperte sie; die Worte rannen direkt aus ihrem überlaufenden Herzen.    Asumas Schultern hoben sich und seine Augen öffneten sich.    Kurenai wurde vollkommen regungslos. Angst verdrehte sich kalt und säuerlich in ihrer Magengegend; schlimmer als ihre morgendliche Übelkeit. Weitäugig und mit zusammengepressten Lippen starrte sie ihn an.   Du dummes Mädchen…   Für einen langen Moment saß Asuma einfach nur da und musterte sie. In dem dämmrigen Licht wirkte er immer noch wild und unlesbar.    Du dummes, DUMMES Mädchen…   Kurenai spürte, wie ihre Lungen brannten und sich ihre Kehle zusammenzog.    Und dann lächelte Asuma. Sanft und langsam erwärmte die Miene seine Augen und stahl sich auf jeden Winkel seines Gesichtes. Er setzte sich auf und strich ihre Münder in einem schmerzhaft süßen Kuss übereinander.    „Ich liebe dich auch“, raunte er.    Kurenai stierte ihn an; unfähig, sich zu bewegen, unfähig, zu sprechen. Tränen sammelten sich an ihren Augenwinkeln und rasch blinzelte sie fort, da sie nicht für eine Sekunde ihren Blick von ihm abwenden wollte.    „Das musst du nicht“, sagte sie sanft.    Lächelnd küsste Asuma sie auf die Nase und schüttelte den Kopf. „Danke für den Ausweg. Aber ich brauche ihn nicht. Nicht mehr.“   Er zog sie in den kraftvollen und schützenden Kreis seiner Arme. Götter, sie hatte sich niemals sicherer gefühlt, als wenn sie sich in seinen Armen befand. Kurenai legte ihre Wange an seine Brust, um dem starken, steten Pochen seines Herzschlages zu lauschen und leise zu schnurren, als sie spürte, wie seine Finger durch ihr Haar strichen, während sie den Drang niederkämpfte, wie der letzte Idiot zu grinsen.    Hals über Kopf…   Sie hielten sich gegenseitig, sanken in die Wärme der Gefühle, vor denen sie sich so gefürchtet hatten, sie zu benennen. Kurenai hatte gedacht, es würde die Magie zerstören, den Traum zerschellen lassen. Aber es machte es zuverlässig, fest und etwas, von dem sie niemals gedacht hätte, dass es das sein würde. Sicher.   Danke.   Sie drückte einen Kuss auf Asumas Brust und ihr Atem drang wie Nebel durch das Gewebe seines Oberteils. Zärtlich küsste er ihr Haar und summte tief genug, dass sie spürte, wie die Vibrationen durch sie rollten und sie erschauerte.    „Wie fühlst du dich?“, murmelte Asuma und sie wusste sofort, auf was er anspielte.   Kurenai ließ ihre Finger über seinen Arm wandern. „Keine Missionen mehr für mich. Ich werde schon einen Weg finden, es meinem Team klar zu machen…wenn sie es nicht von selber herausbekommen. Bei Kibas Nase wird er es vermutlich erkennen.“   Asuma grunzte. „Ich will mir nicht einmal vorstellen, wie er das machen würde.“   „Naja, er wird in der Lage sein-“   „Nein. Wirklich. Um seiner Sicherheit willen; sag es mir nicht.“   Kurenai kicherte und legte den Kopf in den Nacken, um durch ihre Wimpern zu ihm aufzusehen. „Wie gut, dass Kibas ‚Sensei Schwarm‘- Phase endgültig vorbei ist.“   Asuma sah sie schief an. „Er wird sich in einer fetten ‚Sensei Schwarm‘-Phase mit meiner Faust wiederfinden, wenn er anfängt, um dich herum zu schnüffeln.“   Mit rollenden Augen lachte Kurenai. „Mein Höhlenmenschen Held. Wie chauvinistisch von dir, zu denken, ich könnte nicht allein mit meinen Kids zurecht kommen.“   „Ich weiß, dass du das könntest“, verteidigte sich Asuma grummelnd.    Als Kurenais Hände über seine Seiten strichen und mit einem Kitzeln drohten, erholte er sich von seinem mürrischen Zustand. Rasch fing er ihre blassen Finger zwischen seinen ein, um sie ineinander zu verschränken, bis Kurenai Asumas große, leicht schwielige Handfläche gegen die schlanke Form ihrer eigenen presste.    „Hast du mit Shikamaru gesprochen?“, wisperte sie so leise wie möglich, da sie den Frieden nicht stören wollte, der sich um sie gelegt hatte – auch wenn sie mit Sicherheit ein Risiko einging, diese Frage zu stellen.    „Jo…“, murmelte Asuma zurück. Er seufzte lang und der Klang stach sich wie ein Schwall eiskalter Luft durch Kurenai.    „Hat das irgendetwas hiermit zu tun?“ Sie deutete mit den Zehen auf die Karten und das Chaos, das auf dem Tisch ausgebreitet lag, da sie sich nicht weiter von ihm entfernen wollte.    „Jo.“   Kurenai nickte. Einsilbige Antworten waren besser als Schweigen. Außerdem hatte er in seinem betrunkenen Zustand schon genug gesagt. Sie konnte sich noch immer an den Schmerz in seinen Augen entsinnen; an das aggressive, unkoordinierte Auf- und Abschreiten, als er sein Scheitern verfluchte. Sie hauchte einen weiteren Kuss über sein Herz.    „Gibt es irgendetwas, das ich tun kann?“   Asumas Arme spannten sich in einem kurzen Drücken um sie herum an. „Glaub mir, das tust du bereits.“   Langsam lehnte sie den Kopf nach hinten und versuchte, seinen Blick auf sich zu ziehen. „Asuma…“   Ein scharfes Klopfen an der Tür schreckte beide auf.    Stirnrunzelnd reckte Kurenai den Hals, um zurück zur Tür zu schielen. „Wer um alles in der Welt kann das denn um diese Uhrzeit sein?“   Asumas Verstand musste ihm ein paar mögliche Antworten geliefert haben, denn sein Atem geriet ins Stocken und wie ein Hund, der Fährte aufgenommen hatte sprang er auf, wobei er Kurenai seitwärts auf das Sofa schubste. Schneller als eine Katze war sie wieder auf den Füßen und ihre Brauen zogen sich belustigt zusammen, als sie beobachtete, wie Asuma mit dem Arm über den Tisch wischte und hektisch Papiere zusammenschob. Ruckartig öffnete er eine Reisetasche und fegte die Dokumente hinein, bevor er sie mit der flachen Hand nach unten stopfte.    Kurenai konnte nicht anders, als sich über diesen unnatürlichen Zustand der Panik zu amüsieren. „Erwartest du jemanden?“, schnurrte sie neckend und wandte sich der Tür zu.    Asuma schnaubte, doch seine Bewegungen wurden noch hastiger. „Ich sollte eigentlich diese Frage stellen.“   Augenrollend nahm Kurenai den tiefroten Kimono auf, der bei der Tür hing und schlüpfte in die glatte Seide, bevor sie den Gürtel sicher befestigte. Sie erwartete niemanden, weswegen der mysteriöse Klopfer eigentlich nur ihre Nachbarin sein konnte. Ihre Nachbarin, auch bekannt als die sauergesichtige, violettäugige alte Dame, die drei Türen weiter wohnte.   Zweimal die Woche, garantiert.   Es war Routine. Zweimal die Woche am frühen Morgen machte es sich Ume-san zur Aufgabe, Kurenai über den Stuhlgang ihres wertvollen Akita Hundes und den neuesten Skandal auf ihrer Wohnungsetage auf dem Laufenden zu halten. Die alte Dame verabscheute Ninjas und weigerte sich vehement, zu glauben, dass Kurenai mit ihnen Verbindung stand; völlig ungeachtet des Berufes oder der romantischen Interessen der Kunoichi. Die alte Krähe hatte sogar ihren eigenen Sohn enterbt, weil er eine Ninja Karriere eingeschlagen hatte.    „Wahrscheinlich ist es meine Nachbarin“, sagte Kurenai mit einem Gefühl von Fatalismus. „Außer es gibt da jemanden, der dich und deine Detektivarbeit jagt.“   „Hn, Genma wird vermutlich darauf aus sein, ein paar Senbons auf meinen Hintern zu schießen“, murrte Asuma, während er die Tasche schloss.    Genma?   Diese willkürliche Aussage kam wie aus heiterem Himmel und verwirrte Kurenai. Warum sollte Genma ihm Probleme machen? Doch sie hatte keine Zeit, die Frage zu stellen. Es klopfte erneut.    Asuma stierte finster auf die Tür, machte zwei rasche Schritte zu Kurenai, stahl sich einen Kuss und wandte sich gleich darauf dem Fenster zu. „Du kriegst das schon hin.“   Kurenai nickte und griff bereits nach dem Türknauf, auch wenn sie die Augen auf Asuma gerichtet hielt, um ihn dazu zu bringen, sich umzudrehen, sodass sie sein Gesicht lesen konnte. „Du gehst?“   Asuma summte abgelenkt, während er das Fenster noch weiter öffnete. „Oh, ich bin bald zurück. Ich muss nur das Zeug verstauen.“   Aufmerksam sah sie zu, wie er die Tasche auf eine Schulter hiefte und nicht zum ersten Mal in dieser Nacht wunderte sie sich über die Geheimniskrämerei mit diesen Informationen. Es war nicht unbedingt Neugierde, die an ihr nagte, sondern eher tiefer werdende Sorge. Dieser seltsame Umschwung in den Detektivmodus sah ihm überhaupt nicht ähnlich. Er war nicht der Typ, der sich Verschwörungen hingab oder sich mit dem Teufel herumschlug, der in den Details lag.    In was um alles in der Welt war er da nur hinein geraten?   Oder eher; in was war Shikamaru hinein geraten?   Und was hat irgendetwas davon mit Genma zu tun?   Kurenai schüttelte angesichts des Durcheinanders an Fragen den Kopf. „Sei vorsichtig, Asuma.“   Asuma kicherte und schien die unterschwellige Bedeutung ihrer Worte nicht zu bemerken. „Wenn ich zu Tode stürze, dann sag, dass ich es mit Stil getan habe“, scherzte er, stellte einen Fuß auf der Fensterbank ab und kauerte sich darauf nieder, um sich auf seinen dramatischen Abgang vorzubereiten. „Ich komm dann später wieder nach Hause.“   Ihr Herz überschlug sich kurz bei den Worten ‚nach Hause‘. Eine Flut aus Wärme vertrieb die dunklen Wolken aus ihren Gedanken, um Freude wie Sonnenschein in ihr zu verbreiten. Sie schmunzelte seinen Rücken an und drehte den Türknopf, um die Tür einen Spalt breit zu öffnen, ließ die Kette aber vorgeschoben.    Tief durchatmen…   Kurenai legte den Kopf schief und spähte hinaus auf den Korridor. Sie bereitete sich auf violette Augen vor, die bereits mit den ersten Anzeichen von Katarakt milchig wurden und auf das menschenfeindliche Gerede über Hunde, Skandale und Ninja Abschaum.    Kaffeefarbene Augen sahen sie an und Flecken aus dunklem Honig in den Iriden fingen das Licht des Ganges auf. „Kurenai-sensei.“   Kurenais Verstand stolperte überrascht. „Shikamaru…?“   Die Lippen des jungen Nara zuckten an einem Mundwinkel; schwach und entschuldigend. Langsam verlagerte er das Gewicht von einem Fuß auf den anderen und hatte die Hände in den Taschen seiner Hose vergraben, was ihm ein Aussehen verlieh, das wie eine eigenartige Mischung eines verlorenen Welpen und eines gewieftem Streuners wirkte.   „Hey…“ Er wich einen halben Schritt nach hinten und befreite eine seiner Hände, um sich den Nacken zu reiben. „Tut mir leid, dass ich hier so unangekündigt vorbei schneie…ich bin auf der Suche nach Asuma.“   Kurenai blinzelte und für einen Moment bewegte sich ihr Mund wortlos.    „Asuma?“, brachte sie hervor und ihre nächste Frage war vollkommen ungeplant: „Warum bist du hierher gekommen?“   Shikamaru hob eine Braue, hatte aber den Anstand, nicht zu grinsen. „So eine Ahnung.“   Der wissende Blick sorgte dafür, dass sich Kurenai irgendwie unbehaglich fühlte, aber auch amüsiert und noch dazu eine ganze Reihe anderer Dinge, die ihr nicht gestatteten, eine Antwort für Shikamaru zu finden.    Das musste sie aber auch nicht.    Die Antwort erscholl in einem lauten Krachen.    ~❃~   Das ist gerade nicht wirklich passiert…   Als die Welt wieder zurück in den Fokus rückte, fragte sich Asuma ernsthaft, ob es denn möglich war, durch Erniedrigung zu sterben. Er war sich auch nicht sicher, ob er die Götter verfluchen sollte, die offensichtlich sehr über seinen Plan, die Flucht zu ergreifen, gelacht hatten, oder ob er ihnen für die dichten Büsche danken sollte, die seinen Sturz abgefangen hatten.    Wie zur Hölle habe ich das denn fertig gebracht…?   Er machte sich eine mentale Notiz, nie wieder Witze darüber zu reißen, zu Tode zu stürzen. Immerhin war das eine Einladung, der das Schicksal einfach nicht widerstehen konnte. Asuma ächzte und schob die Gießkanne weg, die auf sein Gesicht tropfte. Das erklärte dann wohl auch das rutschige Fensterbrett. Er hatte nicht einmal daran gedacht, sich die Mühe zu machen, Chakra in seine Füße zu kanalisieren.    Anfängerfehler…   Oder einfach nur ein idiotischer Fehler. Scheinbar ging der Besitz von Chakra Hand in Hand mit gesundem Menschenverstand – oder dem Fehlen davon.    Scheiße.   Er hoffte bei allen Göttern, dass das gerade niemand gesehen hatte. Er hatte nicht einmal genug Zeit gehabt, um es so aussehen zu lassen, als wäre es Absicht gewesen; nicht, dass ein Hechtsprung oder ein origineller freier Fall es irgendwie lässiger hätten aussehen lassen können, wie er auf dem Hintern landete. Er knurrte, während er versuchte, in den Büschen irgendeinen Halt zu finden, um sich in die Aufrichtung und auf die Füße zu schieben.    Ein Schatten fiel über ihn.    Fuck.   Asuma verzog das Gesicht und eine feine Röte kroch seinen Hals hinauf. Fest darauf vorbereitet, sich gegen jeden zu verteidigen, der seine Erniedrigung miterlebt hatte, blinzelte er hinauf zu dem Flackern einer Straßenlaterne und brachte die Gestalt, die direkt unter dem ersterbenden Glühen stand, in den Fokus. Seine Augen wurden vor Überraschung rund, während auf seinen Schock auch prompt die Verlegenheit folgte.    Shikamaru spähte seitwärts zu ihm und hob langsam eine Braue. „Was für ein cooler Erwachsener.“   Asuma kicherte nervös und warf rasche Blicke in alle Richtungen, da er halb erwartete, Ino und Chōji würden ihn von den Seitenlinien auslachen. „Danke für deine Besorgnis. Mir geht’s übrigens gut.“   Shikamaru schmunzelte nicht.    Genervt versuchte Asuma, seine Tasche aus einem Gewirr von Zweigen zu lösen. „Was zur Hölle machst du eigentlich schon so früh auf? Es ist noch nicht mal sechs.“   Doch statt seiner üblichen, trockenen Erwiderung blieb Shikamaru stumm. Asuma sah zurück zu seinem Schüler und erwischte den jungen Nara vollkommen unvorbereitet. Shikamaru spannte sich an und lehnte sich rasch von dem milchigen Lichtstrahl fort, um sich halb in Schatten zu hüllen.    Sich versteckend…   Aber nicht wegrennend.    Noch nicht.   Asuma bemerkte die Anzeichen sofort. Kurz dachte er über die Idee nach, Humor zu nutzen, verwarf sie aber wieder; da war etwas an Shikamarus Schweigen, das Asuma geradezu anschrie. Er hätte es auf logische Weise auf nichts festlegen können. Alle Signale deuteten darauf hin, dass sich Shikamaru eher aus dem Staub machen würde, statt ein einziges Wort zu sagen.    Doch dann sprach er; oder zumindest versuchte er es.    „Es ist lästig, aber ich kann nicht noch länger…“ Shikamaru brach ab, bis sein Atem in einer zitternden Wolke von seinen Lippen stolperte.    Auf Asumas Miene zeigte sich ebenso viel Besorgnis wie Verwirrung. „Bist du okay, Junge?“   Shikamaru schüttelte den Kopf und presste die Lider aufeinander. „Nein…“, hauchte er.    Asuma fühlte sich, als wäre er gerade noch einmal aus dem Fenster gefallen. Sprachlos von diesem Geständnis stierte er den Nara durch weite Augen an, da er niemals auch nur einen haarfeinen Riss des Durchbruches bei seinem Schüler erwartet hätte. Ganz bestimmt nicht hier; wenn er in einem Busch feststeckte und Shikamaru im sprichwörtlichen Rampenlicht stand. Und nicht so schnell nach dem letzten gescheiterten Versuch des Sarutobi, seinen Schüler erreichen zu können. Es machte keinen Sinn. Es passte überhaupt nicht in Shikamarus Vermeidungsmuster.    Fuck. Was ist passiert?   Sorge hämmerte sich brutal in Asumas Eingeweide. Rasch ging er im Geiste die letzten paar Stunden durch und versuchte, alles zu beachten, was das hier ausgelöst haben könnte. In der Zeit, in der Asuma auf seine Reaktionen warten ließ, nahm Shikamaru einen zerfetzten Atemzug und wandte den Kopf ab. Und sein Körper war schon dabei, der Bewegung zu folgen…war schon dabei, erneut außer Reichweite zu schlüpfen…   Nein!   Rasch kam Asuma auf die Füße. „Shikamaru“, rief er mit sanfter, aber ernster Stimme.    Shikamaru erstarrte, als wäre ihm auf physische Weise der Weg versperrt worden und hielt das Gesicht weiter abgewandt. Zumindest sah er nicht mehr so aus, als wäre er bereit, wegzurennen. Bedacht atmete Asuma aus und zerrte energisch seine Tasche aus dem Busch, während er die Augen die ganze Zeit über auf Shikamaru gerichtet hielt. Wenn er diesen Augenblick verstreichen ließe, gab es keine Garantie, dass er jemals wiederkommen würde. Die Tatsache, dass Shikamaru zu ihm gekommen war, statt davon zu rennen, sagte mehr aus, als Asuma mit Worten darauf hätte reagieren können.    Aber er würde diese Worte finden müssen.    Vermassle das nicht.   Statt sich Shikamaru von hinten zu nähern, beschrieb er einen Bogen, um sich vor den Schattenninja zu stellen. Der junge Nara starrte den Bürgersteig entlang und wich Asumas Blick aus. Seine Kehle zuckte und seine Stirn war in tiefe Falten gelegt.    „Hey“, sagte Asuma leise und legte eine Hand auf Shikamarus Schulter, um eine physische Verbindung mit seinem Schüler herzustellen und ihn von welcher geistigen Straße auch immer zurückzuführen, die er hinunter rennen wollte. „Lass uns mal aus dieser Kälte verschwinden und irgendwohin gehen, wo ich rauchen kann.“   Shikamaru nickte.    Und das war genug.    ~※~   Asuma entschied sich für das Mangetsu. Ein Restaurant, das nur einen Steinwurf von dem geächteten regenbogenfarbenen Niji entfernt war. Mangetsu, was Vollmond bedeutete, richtete seine Tradition an seinem Namen aus. Das Lokal schloss immer nur in den Vollmondnächten; ein bizarrer Aberglaube, der die Ausnahme zu der 24/7 Regel darstellte. Allerdings war die Art und Weise, wie Asuma hier behandelt wurde, eine Regel, für die es keine Ausnahme gab.   „Zeig etwas Nachsicht mit ihr“, sagte Asuma und zog Shikamarus Blick auf sich, während sie die vier breiten Stufen hinauf stiegen, die zum Restaurant führte. „Megumi ist etwas speziell, aber mach einfach mit, okay?“   Shikamaru spähte fragend zu seinem Sensei, nickte aber. „Wenn du das sagst.“   Sie traten in das Foyer des Restaurants und wurden auch schon von einer alten Frau mit dunklem, silberdurchsetztem Haar begrüßt, das sie mit Elfenbeinnadeln hochgesteckt hatte. Sie war in eine lange Seidenrobe gekleidet, deren Farben so weich waren wie das schillernde Pink eines Muschelhorns. Hübsch wie eine Porzellanpuppe, mochte Megumi Yoi einmal zart ausgesehen haben, aber die Linien des Alters um ihre Augen prägten eher ein Bild der Stärke als der Zerbrechlichkeit.    „Obaa-san“, grüßte Asuma und ignorierte Shikamarus perplexe Miene angesichts des Kosewortes.    „Sarutobi-sama“, erwiderte Megumi und ihre Formalität stand in hartem Kontrast mit Asumas Vertrautheit, als sie die Hände aneinander legte und sich verneigte. „Es ist lange her.“   Asuma verzog wegen des hohen Titels und der Distanz, die es zwischen ihnen kreierte, das Gesicht, aber er lächelte, während er die Verbeugung erwiderte. „Lange her, aber wieder das alte Lied.“   ‚Wieder das alte Lied‘ gab den routinierten Zweck und die unausgesprochenen Anforderungen für Asumas Besuche wieder; Privatsphäre, ein bisschen Fegefeuer und sehr viel Ruhe. Er war in seiner Jugend oft genug hierher gekommen, um seine Wunden zu lecken und seinem Vater zu entkommen. Zu dieser Zeit war Megumi zu so etwas wie einer Ziehmutter geworden. Während seines selbst auferlegten Exils hatte er mehr Schuldgefühle darüber verspürt, sie zu verlassen statt sein Dorf. Vielleicht war sie zu der Mutterfigur geworden, die er niemals wirklich gehabt hatte.    „Wieder das alte Lied, sagt er“, murmelte Megumi spielerisch und streckte die Arme aus, um Asumas Hände zu ergreifen und sie mit Zuneigung zu drücken, während Belustigung in ihren alterslosen Augen tanzte. „Aber die alte Megumi sieht, dass du nicht derselbe bist, Asuma-kun…“   Der liebevolle Titel beruhigte Asuma sofort und sein Gesichtsausdruck entspannte sich zu einem trägen Grinsen. „Erstaunlich, was so ein Bart ausmacht.“   Megumi kicherte wie ein kleines Mädchen. Ihre Fähigkeit, zwischen Weisheit und Schalk zu wechseln, hielt die meisten Leute stets auf Trab. Schmunzelnd ließ Megumi ihren Blick an Asuma vorbei wandern und ihre dunklen mandelförmigen Augen richteten sich neugierig und unschuldig wie die eines Kindes auf Shikamaru.   „Dein Schüler, Asuma-kun“, stellte sie eher fest, als dass sie es vermutete.    Asuma nickte. „Shikamaru, das ist Megumi-san.“   Shikamaru presste die Hände aneinander und verneigte sich höflich.    Und Megumi überraschte den jungen Nara, indem sie nach vorn trat, um seine Hände in ihre zu nehmen und ihn dazu zu zwingen, sich wieder aufzurichten. Ohne Erlaubnis oder Zögern umfasste sie sein Gesicht mit langen eleganten Handflächen und musterte seine Gesichtszüge. Ihre weisen Iriden schimmerten wie schwarze Turmalinkristalle und funkelten mit einem inneren Glühen, statt einem geliehenen Licht.    „Shikakus Junge“, sagte sie und zeichnete imaginäre Male auf Shikamarus Gesicht nach: die Narben, die sein Vater trug. Dann sah sie ihm tief in die Augen und löste dadurch das reflexartige Schließen dieser braunen Seen aus.    Asuma versuchte angestrengt, nicht angesichts der automatischen und defensiven Reaktion seines Schülers zu lächeln, während seine Aufmerksamkeit zwischen den beiden hin und her wanderte. Wahrscheinlich hätte er den jungen Nara besser vorwarnen sollen. Aber vielleicht würde ihn das genug aufrütteln, um ein paar Dinge loszulösen.    Vielleicht wird sie sehen, was ich nicht sehen kann…   Megumi neigte Shikamarus Kopf nach unten und drehte sein Gesicht in dem Versuch, einen besseren Blick auf seine geschlossenen Augen zu erhaschen. Nach einer Weile schnalzte sie mit der Zunge. „Tsk! Mach diese Augen auf, Kind. Lass mich dich sehen.“   Shikamarus Miene zuckte, aber der Ausdruck war fort, bevor er sich wirklich festsetzen konnte. Stattdessen wandten sich seine abgeschirmten Augen nach einer Hilfe suchend zu Asuma, die er nicht bekommen würde. Einem Kichern widerstehend hob Asuma eine Schulter und glättete sein Lächeln mit den Fingern, während er in Megumis Richtung nickte. Eine unausgesprochene Mahnung, Nachsicht zu zeigen. Shikamarus Kiefer zuckte genervt und stur mied er die dunklen Augen, die versuchten, ihn in sich zu ziehen.    Megumi lachte leise und schien nichts weniger von dem jungen Nara erwartet zu haben. „Genau wie es dein Vater war. Schüchtern wie ein Nara Kitz.“   Da er diesen Vergleich überhaupt nicht zu schätzen wusste, schnitt Shikamarus Blick zurück zu der alten Dame und diesmal hielt er ihr Starren. Hinter seiner Hand schmunzelte Asuma. Megumi belohnte den Mut des Jungen mit einem Nicken und strich mit ihren Daumen über seine Augenwinkel, als würde sie Alterslinien folgen, die nicht da waren. Kopfschüttelnd summte sie einen sanften, mitfühlenden Ton.    „So vieles, was du mit dir trägst“, sagte sie leise. „Und so vieles, was du nicht sehen kannst. Du willst es nicht sehen. Es ist, wie es sein sollte. Du bist nicht bereit.“   Shikamarus Augen wurden rund, bevor sie sich vollständig abwandten. „Bereit?“, fragte er und klang dabei heiser und von dem Wort beunruhigt.   Megumi lächelte dieses rätselhafte Kwan-Yin Lächeln und tätschelte die schlanke Wange des Nara, um seinen Blick wieder zu ihrem zu ziehen. „Nara Männer. Solch verschleierte Kreaturen. Mit euren beschatteten Augen…und eurem komischen Haar.“   Asuma versuchte angestrengt, nicht zu lachen. Er war schon lange vertraut mit Megumis mystischen, mütterlichen und übermäßig taktilen Tendenzen. Doch unvorbereitet wie Shikamaru war, war es amüsant zu sehen, wie das Zehn-Schritte-Voraus Hirn über eine passende Reaktion stolperte. Der junge Nara öffnete den Mund, schloss ihn und hob eine Hand, um sich unbehaglich den Hinterkopf zu reiben.    Megumi klatschte freudig in die Hände, lachte und führte sie hinein in den Zufluchtsort, der das Restaurant war. „Kommt, kommt.“   Im Inneren war das Mangetsu dunkel und warm, bestand aus schwarz lackierter Zypresse und Blattgold Intarsien. Es wurde von buddhistischen Details dominiert und von zarten Papierlaternen illuminiert, die das Licht zu tiefen Schattierungen dämpfte. Nicht beklemmend für müde Augen und aufgewühlte Herzen. Perfekt.   Die Nische, in der sie sich niederließen, befand sich an der Rückseite eines privaten Raumes.    Asuma setzte sich auf die am weitesten entfernte Bank, sodass er einen Blick auf das gesamte Restaurant jenseits der Shojitüren hatte. Shikamaru rutschte auf die andere Seite und begab sich direkt zum innersten Ende der Nische, um seine Schulter am Fenster abzustützen. Die Aussicht ging hinaus auf einen eleganten Garten mit Teichen, dessen geschwungenes Design voll von kleinen Inseln und schmalen Brücken war. Die roten Schattierungen des Morgengrauens kräuselten sich auf den Wellen der Koiteiche.    Asuma tauschte noch ein paar leise Worte mit Megumi bezüglich Privatsphäre und bestellte ein großes Frühstück. Kaum war sie fort, schob er sich eine Zigarette zwischen die Lippen und musterte den Schattenninja mit trügerisch entspannter Miene.    „Ich hoffe, du hast Hunger“, sagte er und öffnete sein Feuerzeug, dessen Flamme im Glas funkelte.    Ohne den Kopf zu drehen sah Shikamaru zu ihm hinüber; das Kinn hatte er in seiner Handfläche abgelegt. „Also was ist sie? Eine Wahrsagerin oder sowas?“   „Ich habe dir gesagt, etwas Nachsicht mit ihr zu zeigen“, erwiderte Asuma als vage Erklärung, sagte sonst aber nichts in Bezug auf die Frau. „Mach dir keine Sorgen, das ist auf jeden Fall das Letzte, was sie ist. Sie versteht aber, dass ich immer, wenn ich hierher komme, in Ruhe gelassen werden will.“   Shikamaru hob eine Braue. „Warum solltest du in Ruhe gelassen werden wollen?“   Den Blick auf den Tisch gerichtet mied Asuma sowohl den Gesichtsausdruck, als auch die Frage. „Wir sind nicht hier, um über mich zu reden.“   Shikamaru runzelte die Stirn und sah wieder hinaus auf den Garten. Kaum eine Sekunde später streckte er eine Hand aus, um einen gläsernen Aschenbecher zu seinem Sensei zu schieben. Die zarte Schale glitt mit einem leisen Wispern über das Holz. Eine kooperative Bewegung. Asuma deutete das als ein positives Zeichen und entließ den angespannten Atem, den er angehalten hatte.    Okay, das musst du clever angehen…   Der Sarutobi nahm einen langen Zug an seiner Zigarette und betete zu welchem Gott auch immer, der sie zu diesem Augenblick gebracht hatte, dass er das hier nicht vermasseln würde.    Währenddessen fuhr Shikamaru einfach nur fort, hinaus auf den Garten zu starren und nichts zu sagen.    Wahrscheinlich denkt er aber alles Mögliche…   Asuma atmete leise Tabak in die Stille aus und schickte mit dem Rauch auch Gebete nach oben. Geduldig wartete er, bis das Frühstück angerichtet war und Megumi die Shojitüren schloss, bevor er endlich das Wort ergriff.    „Na schön. Ich höre dir zu“, sagte er, als er seine Zigarette ausdrückte. „Rede mit mir.“   Shikamaru ließ sich Zeit zu antworten und nahm stattdessen zwei Bissen Tofu, bevor er etwas erwiderte. „Du hast gesagt, ich wäre wie ein Fremder gewesen…“   Asuma sah von seinem Essen auf. „Was?“   „Als wir vor zwei Jahren Shogi gespielt haben. Du hast gesagt, dass es war, als wäre ich nicht dort gewesen. Witzig…“ Leise fuhr Shikamaru fort, hielt die Augen aber das Tofu in seiner Suppe fixiert. „…denn das war die einzige Zeit, zu der ich jemals das Gefühl gehabt habe, als wäre ich zurück gekommen.“   Was daran witzig sein sollte, konnte Asuma nicht einmal ansatzweise begreifen. Stirnrunzelnd suchte er Shikamarus Gesichtsausdruck ab. „Von wo zurück gekommen?“   Doch Shikamaru hielt den Blick auf seine Mahlzeit gerichtet und stocherte in seinen Reiskörnern herum, als versuchte er, seine Gedanken auszusieben. Das Schleifen der mentalen Räder, die sich in diesem genialen Verstand drehten, brachten Asuma dazu, sich zu wünschen, er könnte die Zahnräder in Shikamarus Kopf blockieren, nur um ihn dazu zu bringen, zu reden statt zu denken.    Vermassle. Das. Nicht.   In einem sanften Klacken ließ Asuma seine Essstäbchen gegen das Porzellan schnippen. Er zwang sich dazu, Shikamarus Schweigen auszusitzen und wurde mit dem flüchtigen Aufblitzen eines Augenkontaktes belohnt.    „Als du den zwölf Elitewächtern beigetreten bist, wurdest du…“ Shikamaru hielt inne und suchte scheinbar nach den richtigen Worten. „Wurdest du für diese Stellung abgeworben?“   Asuma blinzelte, während er sich auf seinem Platz aufrichtete. Die Erinnerung an diese Zeit fühlte sich wie ein eiskaltes Schrapnell an, das in seinem Schädel steckte; ein konstanter Druck auf tief vergrabene Nerven. Er wollte wirklich nicht darüber sprechen. Aber da er davon ausging, dass eine Antwort zu geben ihm vielleicht auch eine einbringen würde, dachte er über seine Erwiderung nach.    „Ich würde nicht sagen, dass ich abgeworben wurde.“ Er kratzte sich am Hals und zog den Kragen seines Oberteils mit einer Grimasse zurecht. „Ich wurde nicht direkt rekrutiert…nicht im…uh…konventionellen Sinn.“   Shikamaru zog die Brauen zusammen. „Wie haben sie dich gefunden?“   Grunzend spähte Asuma aus dem Fenster.    Wie hatten sie ihn gefunden?    Verloren…   Verloren auf der Straße ins Nirgendwo und zu nichts. Also hatten ihm die Männer des Feuerdaimyōs angeboten, ihn irgendwohin zu bringen und ihm irgendetwas zu geben. Er hatte akzeptiert. Und er hatte viel mehr daraus erhalten, als er erwartet hatte. Nicht, dass er außer Muskeln und Können viel als Gegenleistung hatte anbieten können. Er war gut im Kämpfen gewesen und war noch besser im Beschützen geworden. Er hatte einen Vorgeschmack auf die Anerkennung bekommen, die sein Vater ihm nie gegeben hatte und ein unangebrachtes Zugehörigkeitsgefühl, das Konoha ihm nicht hatte vermitteln können, bis er Jahre später zurückgekehrt war; desillusioniert, aber begierig, es noch einmal zu versuchen.   „Damals erschien es mir als ein guter Deal“, murmelte Asuma.    „Aber wie sind sie an dich ran gekommen?“   „An mich ran gekommen?“ Asuma hob angesichts dieser Wortwahl eine Braue. „Du lässt es klingen, als hätte ich keine Wahl gehabt…“   „Du weißt, was ich meine“, wies Shikamaru ihn ab und eine beharrliche Schärfe schnitt sich in seine Stimme. „Woher wussten sie, dass du das warst, was sie wollten?“   „Mein Ruf ist mir vorausgeeilt“, scherzte Asuma lahm, während er sich von der Erinnerung fort zog und eine weitere Zigarette hervor kramte. „Sagen wir einfach, ich war eher berüchtigt als gefeiert. Warum fragst du? Hattest du einen Sinneswandel was das Angebot des Feudalherren angeht?“   Shikamaru sah nicht amüsiert aus und auch nicht, als wäre er willens, eine Antwort darauf zu geben. Stattdessen fixierten sich seine Augen suchend und kalkulierend auf Asumas. „Du bist mit ihnen gegangen, weil du es wolltest.“   „Nun, sicher.“   „Also hat niemand versucht…“ Shikamaru brach ab und richtete den Blick auf die Tischplatte.    Asuma runzelte die Stirn. „Was versucht?“   „Nichts…“   Nichts am Arsch…   Der Sarutobi nahm sich einen Moment, um seine Zigarette anzuzünden und prüfte sorgfältig diese dicke fette Steinmauer, die sein Schüler gerade errichtet hatte. Klasse. Jetzt würde er ein paar Risse in diesen Defensiven auslösen müssen, um einen Durchbruch zu erzielen. Aber zumindest hatte Shikamaru ihn mit ein paar Informationen bewaffnet, um sie als Spitzhacke zu verwenden.    Er musterte Shikamaru genauestens und richtete alle seine Instinkte auf die Reaktion, die er für seine nächsten Worte erhalten würde. „Jemanden abzuwerben ist keine Kopfgeldjagd, Shikamaru.“   Shikamaru hielt inne, kurz bevor er einen Tofuwürfel aufnehmen konnte. Langsam legte er die Essstäbchen beiseite und schnaubte, während er Asumas Blick auswich. „Das weiß ich.“   „Tust du das?“   Shikamarus Hände verkrampften sich und glitten vom Tisch. Er lehnte sich fort. „Jo.“   Stirnrunzelnd beäugte Asuma diesen Rückzug und klopfte Asche in die gläserne Schüssel. „Als du das Angebot des Feuerdaimyōs abgelehnt hast, hast du mir gesagt, du hättest es getan, weil du in Konoha bleiben wolltest, um deine Freunde zu beschützen. Aber du hast auch gesagt, dass es auch ein nicht so edler Beweggrund war.“   Scharf sah Shikamaru auf, bevor er ruckartig den Blick abwandte.    Bingo.   „Also.“ Träge blies Asuma Rauch in die Luft. „Was war der wirkliche Grund, aus dem du abgelehnt hast?“   Shikamaru knirschte mit den Zähnen. „Das habe ich dir schon gesagt…“   „Ja…“ Asuma beugte sich nach vorn, um Shikamarus Aufmerksamkeit zurück zu sich zu ziehen, während er versuchte, den besten Weg zu finden, hiermit umzugehen. „Und ich weiß, dass du mich anlügst. Ist das der Grund, warum du zu mir gekommen bist? Um mir noch eine Lügengeschichte aufzutischen?“   Shikamaru blinzelte mit weiter werdenden Augen. Und Asuma stählte sich gegen den verletzten Ausdruck, der sich in diese dunklen Seen drängte und hielt stattdessen eine beleidigte Fassade aufrecht, da er hoffte, Shikamaru mit Schuldgefühlen in die Enge treiben zu können.    „Vielleicht ist das nicht einmal das Schlimmste“, fuhr Asuma fort und beobachtete, wie der Rauch in Spiralen von seiner Zigarette aufstieg, um sich davon abzuhalten, sehen zu müssen, wie die Miene seines Schülers zuckte. „Vielleicht willst du dem Ganzen noch die Krone aufsetzen, indem du nicht nur meine Intelligenz beleidigst, sondern auch die Tatsache, dass du weißt, dass ich dich immer in der Hoffnung anhören werde, etwas zu bekommen, das zumindest in der Nähe der Wahrheit liegt.“   Shikamaru sah aus, als hätte man ihm gerade eine heftige Ohrfeige verpasst. Rasch blinzelnd drehte er den Kopf zur Seite. „Das ist nicht wahr…“ Und dann – ziemlich unerwartet – schnitten seine Augen wieder zurück und verengten sich zu scharfen Nadelspitzen. „Du hast keine Ahnung…“   Es war eine Reaktion, als wäre ein Schalter umgelegt worden und Asuma bemerkte es sofort.    Gut. Mit Zorn kann ich arbeiten…   Zorn war besser als Vermeidung – Scheiße, gerade er sollte das wissen.    „Keine Ahnung? Da hast du auf jeden Fall recht.“ Asuma lachte dunkel und lehnte sich in seinem Sitz nach hinten, um sich aus Shikamarus Bereich zurück zu ziehen und dem Jungen Raum zum Atmen zu geben, sodass er sich nicht gefangen fühlte. „Stattdessen habe ich nur Ahnungen. Zum meinem Glück verlasse ich mich immer eher auf Instinkt statt Intellekt. Macht mich wahrscheinlich zu einem beschissenen Lügner. Du allerdings…“   Shikamarus Lippen spannten sich an, aber ein tiefer und verletzlicher Schmerz spielte direkt unter der Oberfläche seiner Augen. Er war noch nie in der Lage gewesen, das vor Asuma zu verstecken.    Also rennst du stattdessen davon…das verstehe ich…   Shikamaru warf einen flüchtigen Blick auf das Ende der Bank; eine unbewusste Suche nach einem Ausweg. „Sag es einfach“, knurrte er schließlich. „Mach nur und sag mir, dass ich ein Feigling und Lügner bin. Ich weiß es. Du weißt es. Also sag es einfach.“   Asuma schüttelte den Kopf. „Ich werde sicher nicht leugnen, dass du eine verdammte Silberzunge hast, Shikamaru. Aber wenn du einfach nur ein Lügner und Feigling bist, warum sind wir dann überhaupt hier?“   Die Frage fiel wie ein Amboss und zerbrach die Wut auf Shikamarus Gesicht. Dunkle Augen wurden groß und welche Antwort auch immer der Schattenninja gegeben hätte; sie schaffte es nie aus seiner Kehle. Sein Atem geriet ins Stocken und schon wieder sah er zur Seite weg.    „Rede mit mir“, sagte Asuma sanft. „Ich weiß, dass du mit mir reden willst.“   Schweigen verspottete sie beide. Es schrillte in Asumas Ohren und löste alle Arten von Alarm aus. Seufzend schloss er die Augen. Gott, er hatte es vermasselt. Dummerweise hatte er seine Chance vertan – vielleicht die einzige, die er jemals erhalten würde.    Und dann spielte das Schicksal eine andere Hand aus.    „Warum…?“   Asumas Lider flogen auf und er starrte Shikamaru an. „Was?“   „Warum…“ Die Stimme des Schattenninjas war schwach und klang so weit entfernt wie der Ausdruck in seinen Augen. „Warum zur Hölle musstest du mir sagen, dass es dir leidtut?“   Asuma stierte ihn noch etwas länger an. „Weil du es verdient hast, es zu hören.“   „Ich brauchte es nicht, das zu hören.“   „Dann habe ich es eben gebraucht, dass du es hörst“, erwiderte er; die waschechte Wahrheit, direkt aus seinem Mund, ohne Planung oder Präambel. „Ich habe es gebraucht, dass du weißt, dass es mir leidtut…und dass mir das immer leidtun wird.“   Shikamaru atmete zerfetzt ein. „Es war nicht deine Schuld.“   „Hier geht es nicht um meine Schuld, Shikamaru.“ Asuma drückte seine Zigarette aus und hielt seine Stimme weich und leise. „Aber wenn es das ist, was dich hierher gebracht hat, Shikamaru, dann bereue ich es nicht, dich damit belastet zu haben.“   „Du musst überhaupt nichts bereuen.“ Shikamaru sah ihn an und seine Stimme war jetzt stärker und sicherer. „Du warst nicht da. Es war nicht deine Schuld. Das musst du kapieren.“   „Okay. Ich kapiere es.“   „Du lügst.“   Ein schwaches Schmunzeln zupfte an Asumas Lippen. „Ich habe doch selbst gesagt, dass ich ein beschissener Lügner bin.“   „Ich brauche es nicht, dass es dir leidtut!“   „Du hast wirklich ein ziemliches Problem mit diesem Wort, stimmt’s? Wieso das?“   „Weil es überhaupt nichts ändert“, schnappte Shikamaru und bemühte sich, seine Stimme so eben wie möglich zu halten, wobei er offenbar nicht bemerkte, dass ihn seine Augen bereits verrieten. „Also vielleicht war das hier einfach nur eine blöde Idee. Die Vergangenheit ist vorbei. Es hat sich erledigt.“   Asuma schüttelte den Kopf, da er genauso gut wie sein Schüler wusste, dass die einzige Sache, die erledigt war, die Lüge war. Shikamaru hatte bis zum geht nicht mehr gelogen. Und dennoch zerrte er wie ein wehrloses Kind die zerfetzten Überreste davon wie eine Sicherheitsdecke mit sich und ließ sie nur widerwillig los.    Asumas Augen wurden weich. „Shikamaru…“   Sofort versteifte sich Shikamaru bei diesem Gesichtsausdruck. Energisch kämpfte er darum, den Blick seines Senseis halten zu können. „Hör auf, mich so anzusehen. Ich brauche deine Reue nicht.“   „Ist das der Grund, aus dem wir dieses Gespräch führen?“ Asuma musterte seinen Schüler unverwandt, während eine dunkle Braue nach oben wanderte. „Damit ich mich besser fühle? Das ist nicht deine Aufgabe.“   „Es ist auch nicht deine Aufgabe, mich zu beschützen. Ich bin kein Genin mehr“, knurrte Shikamaru zurück und blinzelte hektisch, während er sich an Logik klammerte, um sich vor den Emotionen retten zu können, die Asuma bereits sehen konnte, wie sie in seinen Augen aufstiegen und seine Stimme rau machten. „Du bist nicht für mich verantwortlich und-“   „Weiß es dein Vater?“, schnitt Asuma ihm das Wort ab.    Shikamaru wurde stocksteif und regungslos, was in Asuma keinerlei Zweifel über die Antwort zurückließ. Und die Gewissheit dieser Antwort fraß sich in den Knoten aus Schuldgefühlen, den Asuma seit zwei Jahren wie ein Krebsgeschwür mit sich herum trug.    „Schätze mal, die Antwort ist ein Klacks, huh? Natürlich weiß er es nicht“, sagte Asuma leise und seine Augen erweichten sich zu tiefen Brunnen des Kummers. „Du wärst nicht immer noch in diesem Zustand, wenn er es wüsste.“   Ein langes Starren, das von einer noch längeren Stille bekräftigt wurde.    Er sah zu, wie Shikamarus Mund zuckte; Lippen drückten sich fest zusammen, während der Schattenninja mit sich selbst kämpfte und sein Atem etwas heftiger durch seine Nase kam.    „Er kann es nicht ändern…“, presste Shikamaru hervor. „Genauso wenig wie du…also erspar mir deine Schuldgefühle.“   „Du bist nicht dafür verantwortlich, wie ich mich aufgrund der Fehler fühle, die ich gemacht habe.“   „Und du bist nicht dafür verantwortlich, wie ich mich aufgrund dessen fühle, was ich getan habe.“   „Was du getan hast?“, forderte Asuma ihn mit tödlich ruhiger Stimme heraus. „Oder was dir angetan wurde?“   Shikamaru zog sich auf seinem Platz zurück. Die Zornesröte wurde schlagartig aus seinem Gesicht gesogen und ließ ihn bleich und angeschlagen zurück. „Nicht. Verdreh es nicht.“   „Was verdrehen?“   Shikamaru kämpfte um eine Antwort und sein Blick schien von jeder Oberfläche abzuprallen, als er innerlich nach irgendeiner Defensive suchte und seine Augen hektisch über die Tischplatte vor und zurück zuckten.    Sich einzig und allein auf seinen Instinkt verlassend, atmete Asuma tief ein und ließ seine nächste Frage fallen, bevor sich Shikamaru erholen konnte. „Ich weiß, dass dir etwas während dieser Chūnin Prüfungen vor zwei Jahren zugestoßen ist. Ist jemand vor dem Feuerdaimyō an dich ran gekommen?“   Shikamarus ruckender Blick hielt inne. Abgehackt sog er Luft durch die Nase ein.    Asumas Herz verkrampfte sich, als würde es jeden Moment reißen.   Genma, ich werde dich verfickt nochmal kastrieren…   Energisch hielt Asuma seinen Zorn im Zaum und zwang sich dazu, weiter zu machen; das zu tun, was er vorher nicht übers Herz gebracht hatte. „Hat jemand versucht, dich-“   „Nicht, Asuma…begib dich nicht dorthin…“   Asuma legte die Unterarme auf dem Tisch ab und überbrückte sehr sehr langsam die Distanz zwischen ihnen. „Es ist alles okay.“   Panisch fixierten sich Shikamarus Augen auf Asumas Brust, auch wenn der Jōnin deutlich spürte, dass er überhaupt nichts sah. Er trug den Blick von jemandem, dessen Systeme herunter fuhren und in dem sich innere Wände näherten. Diese glänzenden Seen wurden weiter und weiter und nahmen einen goldenen Schein in dem übernatürlichen Licht an, das durch den Raum fiel; sie blickten ohne irgendeinen Fokus nach vorn…starrten…starrten…   Asumas Magen zog sich bei diesem verlorenen Ausdruck schmerzhaft zusammen. „Ich weiß, dass du verängstigt bist.“   Shikamarus Kiefer bebte. Mit leblos wirkenden Augen stieß er ein leises bebendes Lachen aus und seine Stimme war angespannt und schwach. „Du weißt nicht, was ich bin…“   Asuma lächelte traurig. „Ich weiß, wer du bist, falls das hilft.“   Ein Schleier aus Tränen legte sich über Shikamarus Augen.    Da bist du ja, Junge.   Asuma musste energisch die Emotionen nach unten drücken, die sich in sein Zwerchfell rammten. „Shikamaru. Es ist alles o-“   „Es sollte eine Mission sein“, unterbrach Shikamaru ihn mit heiserer Stimme. „Eine Nebenoperation.“   Ein Frösteln schoss durch Asuma. „Sollte sein?“   „Drei, es gab drei…“   Genau wie es in den Berichten stand. Asuma nickte ihm ermutigend zu. „Und was ist passiert?“   „Ich habe versagt…“   „Du hast versagt?“ Asuma zog die Brauen zusammen. „Du meinst, dass nur du auf dieser Nebenmission warst?“   Das wäre auf gar keinen Fall möglich.    Doch Shikamaru beachtete die Frage auch überhaupt nicht. Mit einem schlagartigen Drehen des Kopfes schwang sein glasiger Blick aus dem Fenster. Und genauso schnell, wie er sich geöffnet hatte, knallte die sprichwörtliche Tür zwischen ihnen zu.    Scheiße!   Asuma weigerte sich vehement, diesen Faden der Wahrheit loszulassen und versuchte, den besten Weg zu finden, um Shikamaru wieder zurück zu holen. „Okay, diese Pseudo-Mission“, bohrte er vorsichtig nach. „Hat sie außerhalb von Kusakagure stattgefunden?“   Shikamaru nickte einmal. Kein Zögern.    „Wo?“   „Ich weiß nicht…“   Asuma hob eine Braue. „Was meinst du?“   „Ich erinnere mich nicht.“   „Wie kannst du dich nicht daran er-“   „Dissoziative Amnesie“, erklärte Shikamaru roboterhaft und fuhr unverwandt fort, mit feuchten distanzierten Augen benommen aus dem Fenster zu stieren. „Das ist zumindest die PTBS-Lehrbuchdefinition dafür.“ Ein sprödes, finsteres Lachen – beinahe ungläubig. „Ich habe recherchiert…“   Dissoziative Amnesie. PTBS…   Die Übersetzung schoss in einem sofortigen Abruf in sein Hirn: Posttraumatische Belastungsstörung. Furcht sank wie Blei in Asumas Magengrube und ihm wurde ein bisschen schwindelig und auch übel.    „Amnesie?“, echote er.    „Dissoziative.“ Shikamaru schniefte leise und schüttelte den Kopf über seine Reflexion im Glas; oder vielleicht über die Ironie seiner nächsten Worte. „Ich erinnere mich an Dinge, von denen ich mir wünsche, sie vergessen zu können…was zur Hölle sagt das…über das, woran ich mich nicht erinnern kann?“   Keine noch so große Menge an dunkler Vorahnung hätte Asuma auf das vorbereiten können. Er fühlte sich, als würde etwas in ihm beben. Und Zorn erschien ihm sicherer als Angst und er fing in seiner Magengegend Feuer, um roten Rauch in sein Hirn zu senden, der drohte, die Klarheit zu benebeln, die er dringend brauchte, um mit seinen Fragen weiter machen zu können.    Beruhige dich.   Asuma richtete sich etwas auf und legte die Hände auf den Schenkeln ab, deren Muskeln härter als Stahl waren.    Finde. Einen. Namen.   Tief atmete er ein und entließ die Luft langsam durch die Nase. „Sagt dir der Name Naoki irgendetwas?“   Shikamaru schüttelte den Kopf; ein ehrlicher Mangel an Wiedererkennen, soweit Asuma das einschätzen konnte.    Liegt das daran, dass du ihn nicht kennst…oder daran, dass du dich nicht erinnern kannst?   Götter, was zur Hölle war passiert? Was zur Hölle musste Shikamaru erlebt haben, damit sein Unterbewusstsein das meiste davon mit Schatten verschluckt hatte? Aufmerksam suchte Asuma das Profil seines Schülers ab, während sich Emotionen durch sein eigenes Gesicht gruben und eine tiefe Falte zwischen seine Brauen trieben.    „Shikamaru…“, murmelte er. „Erzählst du mir, an was du dich erinnern kannst?“   Shikamaru sagte nichts und seine nassen Augen nahmen Fokus an und verloren ihn wieder, als würde sich ein Teil von ihm darum bemühen, die Erinnerungen zu begrenzen, während ein anderer Teil sie vor seinem inneren Auge vergrößerte. Sein Atem wurde immer ausgefranster und verließ in hektischeren Beben seine Nase.    Angestrengt hielt sich Asuma davon ab, nach ihm zu greifen und hielt seine Stimme weich. „Du musst mir sagen, an was du dich erinnerst.“   Für einen langen Moment starrte Shikamaru einfach nur auf die Kondensation seines Atems auf dem Glas und sah zu, wie er in zerfetztem Keuchen zu Nebel wurde und verschwand. Dann drückte er sich gegen die Sitznische, als würde er sich von einem gefährlichen mentalen Rand zurück ziehen.    Asuma wollte ihn mit seinem Willen darüber zwingen; nur ein winziges Stück, nur weit genug, um einen Namen zu erhalten, einen Hinweis, eine Bestätigung des Ortes, den Genma ihm gezeigt hatte…etwas…irgendetwas…   „Shikamaru…“   „Das was ich träume…das ist, woran ich mich erinnern kann…“   „Was du träumst?“   „Teile…in Teilen, in Bruchstücken…“ Shikamaru blinzelte nicht, atmete nicht, durchbrach diesen Zustand für eine lange Weile nicht; beinahe, als wäre er in eine Trance hinüber geglitten. „Gesichter, Stimmen, Lärm…ein Onsen…ein Keller für Hetzjagden…“   „Ein Keller für Hetzjagden?“   Shikamaru nickte langsam und fuhr in einem tonlosen Murmeln fort. Die Details schwebten durch seinen Verstand und aus seinem Mund, als wären sie Rauch; obskur und vage. „Manchmal sehe ich zu…manchmal bin ich mitten drin…ich komme nicht raus. Ich weiß nicht, ob es eingebildet oder erinnert ist. Aber ich erinnere mich an den Lärm…“   „Lärm?“, drängte Asuma leise weiter.    „Tiere…und etwas anderes, das ich nicht erkennen kann. Sie sagten, ich hätte meinen Verstand bewiesen. Bewiesen, dass ich ein Stratege bin…aber er wollte etwas anderes zum Vorschein bringen.“   „Er?“ Asuma stürzte sich auf dieses Pronomen; verzweifelt danach, einen Namen und ein Gesicht daran heften zu können. Er spürte, wie sich sein Körper vor Zurückhaltung verkrampfte, während er den Drang nieder kämpfte, nach vorn zu schnellen. „Wer?“   Shikamaru bemerkte nicht einmal, dass er diesen Übergang von ‚sie‘ zu ‚er‘ gemacht hatte und fuhr einfach in dem gleichen weit entfernten Tonfall fort, da er Asumas Unterbrechung überhaupt nicht registriert hatte. „Er sagte, es wäre eine andere Art des Spiels…ein größeres Spiel…der Instinkt zu überleben. Motive auf einem grundlegenden Level zu begreifen…“ Er brach ab, um kurz nach Luft zu schnappen, als er hektisch blinzelte und krampfhafter atmete. „Es hatte überhaupt nichts mit Strategie zu tun.“   Stirnrunzelnd biss Asuma so hart die Kiefer aufeinander, dass seine Backenzähne knackten. Er musste sich konzentrieren. Er konnte nicht reagieren. Er musste darauf eingehen. Antworten bekommen. „Also womit hatte es dann zu tun?“   „Damit, meine Instinkte zum Vorschein zu bringen…“ Shikamaru stieß ein ersticktes Lachen aus und der Klang erschütterte ihn wie ein Tremor vor einem Bruch. Inzwischen schwitzte er und seine Stimme zitterte. „Meine Angst zum Vorschein zu bringen…das Spielbrett zu entziehen…“   Das Spielbrett…?   Asuma kämpfte energisch darum, sitzen zu bleiben. Er konnte fast schon sehen, wie Shikamaru diesem mentalen Rand näher kam. Er hatte das Gefühl, als würde er zusammen mit seinem Schüler genau dort stehen. Unbewusst packte der Jōnin die Tischkante.    „Shikamaru…gib mir einen Namen.“   Shikamarus Hals verkrampfte sich und er spannte sich an, um zu schlucken, während er durch die Nase keuchte und sich seine Miene wegen des Schmerzes zu einer Grimasse verzog. Langsam hob er eine Hand, um sich über das Gesicht zu reiben, bevor er sie schlagartig zurück zog und geschockt auf seine schwitzenden Handflächen und bebenden Finger stierte.    „Das ist…verrückt…“, krächzte er zitternd. „Nein. Es ist nicht real.“   Fuck.   Asuma machte Anstalten, eine Hand nach dem Schattenninja auszustrecken. „Shikamaru…“   Aufgeschreckt zuckte Shikamaru von dem Tisch zurück und stolperte in dem Versuch, aufzuschnellen und aus der Sitznische zu stürzen, während sich Panik durch seine Atmung fraß.    Sofort schoss Asuma nach vorn und packte sein Handgelenk, um ihn zurück zu ziehen. „Renn nicht weg.“   Shikamaru stierte zornig auf Asumas Hand und seine Augen schienen sich wie schwarze Scheiben zu verfinstern, als sie erstarben und kalt wurden. Bebende Lippen teilten sich und seine Stimme erklang so frostüberzogen ruhig, dass es schien, als wäre sie vollkommen von ihm losgelöst.    „Geh verfickt nochmal weg von mir!“   Diese Stimme stürzte wie eine Woge aus Eis auf Asuma. Sein Herz setzte aus und sackte hinunter in seine Magengegend und ruckartig kam er auf die Beine, um einen harten Griff an Shikamarus Nacken zu bekommen.    „HEY!“, bellte Asuma, verankerte ihre Blicke und suchte diese düsteren Augen nach irgendeinem Anzeichen des Wiedererkennens ab. Mit den Fingern schnippte er vor Shikamarus Gesicht und schüttelte ihn heftig. „Konzentrier dich! Komm hierher zurück. Sieh mich an! Shikamaru!“   Shikamaru blinzelte und brach heraus aus welcher Zone auch immer, in die er geglitten war. Dunkle Seen fokussierten sich weit und nass erneut auf Asuma. „Lass los, Sensei…“   Asuma zögerte beinahe, gab dem Bitten beinahe nach. Doch stattdessen verstärkte er seinen Griff mit einer beständigen und tiefen Stimme. „Und dich fallen lassen? Auf keinen Fall. Du bist so weit gekommen und ich werde dich den Rest des Weges weiter ziehen, wenn ich muss. Selbst wenn ich durch deine Schatten muss, um zu dir zu kommen.“   Verwirrung verdrehte Shikamarus Miene und der Ausdruck war alles an Bestätigung, was Asuma brauchte; der Schattenninja hatte nicht die geringste Ahnung, was gerade passiert war. Er war vollkommen abwesend gewesen. Stirnrunzelnd senkte Asuma seinen Griff hinunter zu Shikamarus Schultern, um seinen Schüler festhalten zu können, während er gleichzeitig den Tisch verfluchte, der seinen Bewegungsspielraum einschränkte.    „Erzähl es mir einfach“, drängte er, zerrissen zwischen dem Wunsch, Shikamaru von dem Schmerz fort zu ziehen und dem gleichzeitigen Wunsch, ihn dort hindurch zu treiben. „Erzähl es mir, sodass ich dir dabei helfen kann, einen Sinn daraus zu machen. Erzähl es mir, sodass ich dir helfen kann, dass es aufhört!“   Heftig schüttelte Shikamaru den Kopf, versuchte aber nicht, Asumas Griff zu durchbrechen. Er hätte es tun können; er hätte sich daraus freidrehen können. Aber das tat er nicht. Und die Tatsache, dass er es nicht tat, schrie so laut um Hilfe, dass Asuma es beinahe hören konnte.    Verdammt! Ich bin doch DIREKT HIER!   Mit beiden Händen nahm Asuma seinen Zorn an die Kandare, als er Frust statt Kummer nachgab und seine Finger in Shikamarus Schultern grub. Er wollte, dass das Zittern des Jungen aufhörte, wollte, dass all die Fragen und all die Lügen aufhörten.   „Hör auf, vor mir WEGZURENNEN!“   „ICH KANN NICHT!“, knurrte Shikamaru, als sein Zorn nach vorn stürzte und er die Zähne bleckte. Ruckartig zog er die Schultern hoch und versuchte, den Griff zu durchbrechen. „Ich kann nicht AUFHÖREN! Ich weiß nicht WIE!“   Asuma packte härter zu. „Doch das kannst du. Das hast du. Du weißt wie. Gott verdammt. Du bist zu mir gekommen, oder nicht? Du hast eine Hand ausgestreckt. Und jetzt bist du wieder so weit, dass du dich aus dem Staub machen willst? Wenn du es nicht in dir selbst finden kannst, dich auf die Probe stellen zu können, dann mach es mit mir. Stell mich auf die Probe, wenn du mir nicht vertraust.“   „Mach das nicht…“, wisperte Shikamaru und das Flehen geriet in seiner Kehle ins Stocken. Mit beiden Händen griff er nach oben, um seinen Schädel zu umklammern, hielt aber auf Schulterhöhe inne, um Asuma mit zitternden Händen abzuwehren. „Bring meinen Kopf nicht mit Worten durcheinander…Nicht…es hat nichts mit Vertrauen zu tun…“   „Und es hat auch nichts mit deinem Kopf zu tun. Ich würde niemals diese Art Spielchen mit dir spielen“, grollte Asuma. „Das einzige Spiel, das wir spielen, ist Shogi.“   „Dann betrachte das als ein Schachmatt, Sensei…“, schoss Shikamaru mit einer Stimme zurück, die rau wie Sandpapier war. Mit einem Rucken befreite er sich und machte sich daran, aus der Nische heraus zu schlüpfen; desorientiert und verzweifelt nach einem Fluchtweg. „Ich bin erledigt!“   Erledigt. Beendet. Zu spät.    NEIN!   „Zur HÖLLE bist du das!“, fauchte Asuma.    Mit einem einzigen brutalen Schwung rammte er seine Faust in die Wand der Sitzecke, bevor Shikamaru hinaus schlüpfen konnte und zersplitterte das Holz unter der plüschigen Polsterung, um den Ausgang des Schattenninjas zu versperren.    Shikamaru erstarrte und wurde stocksteif.    Asuma beugte sich zu ihm und knurrte seine Worte direkt in Shikamarus Ohr. „SETZ. DICH. HIN.“   Der Schattenninja blieb vollkommen paralysiert und hielt die Augen auf Asumas Arm fixiert, als hätte der Schlag stattdessen ihn getroffen. Für einen langen Moment sagte keiner von ihnen etwas. Asuma hatte vollständig aufgehört zu atmen und die Spannung ging so stark von ihm aus, dass er hätte schwören können, es wäre die Kraft seiner Verzweiflung, die Shikamaru gegen die Seite der Kabine drückte. Doch er berührte den Jungen überhaupt nicht und dennoch sah Shikamaru aus, als befände er sich im Todesgriff von irgendetwas.    Angst…   Asumas Augen wurden weich und seine Stimme bebte heftig. „Gott, du sturer Junge. Was zur Hölle ist es? Warum kannst du es nicht versuchen? Wenn es vorüber und erledigt ist, warum hast du dann immer noch solche Angst?“   Mit äschernem Gesicht stierte Shikamaru geradeaus; seine Augen waren blind vor Furcht.    Götter, bitte…   Asumas ließ zu, dass sich seine Anspannung nach und nach abmilderte, senkte aber nicht den Arm, der seinen Schüler eingepfercht hielt. „Wenn du mir nicht sagen kannst, was passiert ist oder wer es getan hat…dann sag mir, WARUM du es nicht kannst.“   „Stop…“, krächzte Shikamaru.    „Sag mir, warum.“   „Ich kann nicht.“   „WARUM, Shikamaru!“   „ICH KANN NICHT!“   „VERDAMMT!“, schrie Asuma und lehnte sich noch weiter nach vorn. „Wovor zur Hölle hast du solche Angst?“   „VOR MIR!“, brüllte Shikamaru und die Worte zerrissen, als wären sie ein Teil seiner Seele; blutig und roh. Tränen benetzten seine Augen und sein Kopf zuckte herum, sodass er Asuma anstieren konnte. „Weil ich vielleicht etwas viel SCHLIMMERES bin, als sie es waren! Schlimmer, als ER es war!“   Asuma starrte ihn an; vollkommen benommen von dem Ausbruch. „…Was?“   „DESWEGEN!“, schrie Shikamaru und seine Stimme begann zu bröckeln. „Bitte mich nicht darum, ZURÜCK zu gehen! Niemand hat das je getan! Und ich bin FROH darum! Wenn ich mich nicht an das erinnere, wozu mich diese Leute gebracht haben…was ich wegen ihnen getan habe, dann muss ich es nicht WISSEN! Bitte mich nicht, es REAL ZU MACHEN, Asuma! Es ist nicht mehr REAL! Es ist VORBEI!“   Als er spürte, wie etwas in seiner Brust nachgab, flogen Asumas Hände erneut nach oben. Er packte Shikamarus Schultern und schüttelte ihn so heftig, dass seine Zähne klapperten. „Es ist NICHT vorbei!“   „DOCH, das ist es!“   „Es ist nicht VORBEI, bis derjenige, der dich verletzt hat unter der gottverdammten ERDE ist!“   „Dann ist es SOWIESO vorbei!“   „WARUM?!“ „WEIL ICH IHN UMGEBRACHT HABE!“, explodierte Shikamaru und schrie die Worte direkt in Asumas Gesicht. „Er ist TOT! Er ist unter der ERDE, weil ICH IHN UMGEBRACHT HABE!“   Schlagartig entwich sämtliche Luft aus Asumas Lungen.    Er ließ Shikamaru los.    Der Schattenninja sackte zusammen. Seine Knie knickten ein und seine Ellbogen schlugen mit einem lauten Knacken auf dem Tisch auf, als sein Kopf in seine Hände fiel und sich seine Finger um seinen Schädel krümmten. „Ich habe ihn umgebracht…“, keuchte er.    Schock katapultierte Asumas Verstand in die eine, dann in die andere Richtung.    Er mahlte mit dem Kiefer und fand sich nicht in der Lage, seine Stimme einzusetzen.    Tot…erledigt…vorbei…   „Und es tut mir nicht leid…“, raunte der Schattenninja, während sich seine Kehle geradezu um die Worte herum zusammenzog. Durch gerötete, tränennasse Augen stierte er auf die Mitte des Tisches und sah dabei aus, als wäre er bis ins Mark erschüttert. „Es kümmert mich nicht…ich habe ihm eine Spritze in den Hals gejagt…und ihn hinunter gezerrt in diese Grube…und es tut mir NICHT leid…“   Fassungslos starrte Asuma auf Shikamaru hinunter; bis zur Sprachlosigkeit betäubt. Und als wäre das nicht genug, traf ihn die Vergeblichkeit von allem, was er versucht hatte wieder gut zu machen, mit voller Breitseite und riss die Beine vollständig unter ihm fort.    Kami…   Langsam sank Asuma zurück auf seinen Platz.    Und Stille senkte sich mit ihm; kalt und zertrümmernd.    Hunderte Fragen schwammen durch seinen Kopf, Instinkte kreisten wie Haie um die Antworten und rochen den ranzigen Stich von Blut, waren aber dennoch nicht in der Lage, die Leichen zu finden.    Weil ich zu spät bin…   Immer zu spät. Asuma biss die Zähne zusammen. Venen pulsierten, Blut brüllte und seine Finger ballten sich zu Fäusten. Aber da war niemand, den er hätte umbringen können. Keinen namenlosen Feind, den es zu bestrafen galt. Der Körper, den er hatte zerstören wollen, war bereits begraben. Und alles, was blieb, war das blutige, psychologische Chaos der Folgen.    Und ich habe dich damit allein gelassen…für zwei ganze Jahre…   Langsam ließ der Schock nach und die Zeit kam schlagartig zurück.    Beinahe peripher bemerkte Asuma, dass die roten Schattierungen der Morgendämmerung zu einem Becken wolkengesprenkelten Himmels übergegangen waren. Weiche Sonnenstrahlen schimmerten durch das Glas, um die Oberfläche des Tisches in warmes Licht zu baden. Es war sowohl ruhig, als auch klar und war Zeuge von etwas, das keines von beidem war.    Das pastellfarbene Glühen zog Asumas Augen zu Shikamarus Händen.    Die Handflächen hart gegen seinen Schädel gepresst, traten die Knöchel des Schattenninjas weiß hervor und Sehnen hoben sich blasser als Kalk von seiner Haut ab. Die Linien waren so straff gezogen, dass seine Finger bebten…seine Arme zitterten…und seine Schultern hielten sich steif angespannt in dem Versuch, es aufzuhalten…   Der Schock verließ Asuma vollständig.    Sein Herz pochte heftig und ein ausweidender Schmerz zerriss das Innerste seiner Brust. „Shikamaru…“   Keine Reaktion.    Energisch blinzelte Asuma das feuchte Stechen aus seinen Augen fort und streckte beide Hände aus, um das Essen beiseite zu schieben und vorsichtig nach Shikamarus Unterarmen zu greifen. Der sanfte Kontakt löste eine Reaktion aus, die den gesamten Körper des Chūnins in einem einzigen bröckelnden Schaudern erschütterte.   Shikamarus Miene zersplitterte wie Glas und seine Lider schlossen sich. Und schließlich kamen die Tränen; sengend und stumm quollen sie aus ihm. „Fuck…was bin ich…?“   Asumas Atem verfing sich in dem Knoten in seiner Kehle. „Du bist ein guter Junge, das ist es, was du bist.“   „Dann…warum…“ Shikamaru presste die Handballen in seine Augen und zitterte heftig„Niemand hat irgendetwas gesagt…irgendetwas gefragt…ich…konnte mich nicht erinnern…und ich wollte es nicht wissen…ich habe nicht gefragt…ich wollte nicht…und alles, woran ich mich erinnern kann…ich habe es niemandem erzählt…weil ich…“   „Hey“, wisperte Asuma und drückte zaghaft die Arme des Schattenninjas, bevor er langsam seine Hände von seinem Gesicht fort zog. „Sieh mich an…“   „Weil ich ertragen kann, was er mir angetan hab…aber was ist mit dem, was ich getan habe…?“, presste Shikamaru erstickt hervor, während er auf seine Handflächen stierte; auf das bittere Salz seiner Tränen. „Was ist, wenn ich…etwas viel Schlimmeres bin…?“   „Das bist du nicht!“, knurrte Asuma, drückte erneut Shikamarus Arme und versuchte, seine Worte zusätzlich durch den Griff auszudrücken. „Hierbei musst du mir vertrauen.“   „Wie?“ Shikamaru schloss die Augen und wandte das Gesicht ab. „Es tut mir nicht leid…und ich will nicht zurück gehen, um herauszufinden, ob es mir leidtun sollte…das ist so abgefuckt…“ Ein zerfetzter Atem brach aus ihm heraus und erstickte sich zu einem Schluchzen. „Ich bin total abgefuckt…“   Sofort zog Asuma ihn nach vorn, bis die Ellbogen des Nara über das Holz glitten, sodass sich Shikamaru hinunter auf die Tischplatte sinken lassen konnte. Mit rasselndem Atem ließ der Schattenninja seinen Kopf zwischen seine Arme fallen, während Tränen wie Blut aus ihm sickerten.    „Du bist nicht abgefuckt!“ Asuma legte eine Hand an Shikamarus Nacken und drückte ihn zärtlich, bevor er sich nach unten beugte, bis sich ihre Köpfe beinahe berührten. „Menschen vergießen keine Tränen über Dinge, die sie nicht kümmern. Aber lass mich dir etwas sagen. Es kümmert mich nicht, was du tun musstest, um dort heraus und nach Hause zu kommen…du bist ein guter Junge, Shikamaru…du bist nicht, was auch immer ‚sie‘ oder er dir gesagt haben, was du angeblich sein sollst…“   Kopfschüttelnd versuchte Shikamaru, sich fort zu ziehen.    „Denk nicht mal dran“, knurrte Asuma und zog ihn zurück. „Du weißt, dass ich dir nachjagen werde. Bring mich nicht dazu. Nicht jetzt, wenn ich endlich aufgeholt habe.“   Shikamaru sank bei diesen Worten wieder nach vorn und sein Widerstand kollabierte, als Muskeln zitterten und Atem in flachem Keuchen stockte. Leise summend hielt Asuma den Kontakt am Nacken des Schattenninjas aufrecht, um diese lebenswichtige Rettungsleine, diese entscheidende Verbindung bereitzustellen.    Eine entscheidende Verbindung, die viel zu spät kommt…ich hätte da sein müssen…warum habe ich mich nicht darauf vorbereitet…? Warum habe ich zugelassen, dass Tsunade dich dorthin schickt? Warum habe ich nicht weiter voraus gedacht? Warum habe ich es nicht aufgehalten? Warum hat Genma dir keine Hilfe geholt? Warum weiß es Shikaku nicht?   Warum. Warum. WARUM!   Es spielte keine Rolle, dass all die ‚Warums‘ keine verdammte Sache ändern würden. Es spielte keine Rolle, dass all die ‚Warums‘ keinen Einfluss auf die Vergangenheit oder die Menschen darin hatten. Es spielte keine Rolle, dass im Nachhinein alles lösbar und reversibel erschien, wenn es in der Realität nicht so funktionierte.    Es spielte überhaupt keine Rolle.    Denn so nutzlos wie diese ‚Warums‘ jetzt auch waren, sie tauchten völlig ungeachtet ihrer Vergeblichkeit in Asumas Verstand auf. Gott, allein der Gedanke daran, dass irgendjemand Shikamaru verletzte, war undenkbar gewesen…und jetzt mit Sicherheit zu wissen, dass es jemand getan hatte…   WARUM!   Asuma biss die Zähne aufeinander und bemühte sich, seine eigene Fassung wiederzuerlangen, während er die Gelegenheit ergriff, die Augen zu schließen, als sein Schüler sein Gesicht nicht sehen konnte.    Wenn du ihn nicht umgebracht hättest…Gott weiß, dass ich es getan hätte…   Und Gott wusste auch, dass er ihm einen langsamen, qualvollen Tod zu einer abscheulichen, ewig andauernden Hölle gebracht hätte.    Was Shikaku getan hätte…   Schon allein die Tatsache, dass Shikaku nicht einmal davon wusste, öffnete eine massive, chaotische Büchse der Pandora voll mit finsteren Fragen; und alle davon drehten sich um das ‚Wie‘. Wie zur Hölle hatte diese Information überhaupt von dem älteren Nara ferngehalten werden können?    Ein weiteres Netz aus Lügen…   Und Shikamaru war darin gefangen und kämpfte darum, all die Fäden zusammenzuhalten, einfach nur, um sich davon abhalten zu können, vollkommen auseinander zu fallen.    Götter…es tut mir leid…   Mit einer Hand strich Asuma über Shikamarus Kopf. „Ich würde es ungeschehen machen, wenn ich es könnte.“   Shikamaru stieß ein angespanntes, ersticktes Geräusch aus und seine Stimme kratzte so schwach aus ihm heraus, dass Asuma den Kopf nach unten neigen musste, um ihn zu hören. „Du jagst mir immer nach.“   Der Jōnin schluckte schwer. „Hält mich in Form“, neckte er schwach, da er verzweifelt versuchte, den Druck von seiner eigenen Brust zu nehmen. „Aber du musst jetzt nicht vor mir wegrennen. Oder vor dir selbst.“   Shikamaru schüttelte den Kopf, wobei sein Pferdeschwanz von einer Seite auf die andere wippte. „Es ist verloren…ich bekomme es nicht zu fassen…“   Asuma beugte den Kopf noch etwas weiter und sprach leise: „Wenn du dich stark genug fühlst, dich daran zu erinnern, dann wird es zurück kommen. Und wenn du bereit bist, dich dem zu stellen und darüber zu sprechen, dann werde ich da sein. Egal, wie lange es dauern wird. Ich werde nirgendwohin gehen. Ich werde dich nicht fallen lassen. Ich werde dich damit nicht allein lassen!“   Asuma ließ das Versprechen in diesen Worten die Stille übertönen. Es war alles, was der Jōnin tun konnte, um sich von Raserei abzuhalten; um sich davon abzuhalten, die Dinge in die eigenen Hände zu nehmen. Aber wenn Shikaku von nichts wusste, dann würde er hier sehr vorsichtig vorgehen müssen. Seine Strategie müsste makellos sein und er müsste auf den richtigen Augenblick warten.    Aber dieser Augenblick würde kommen.   Und Gott helfe denjenigen, die eine Rolle in dieser Vertuschung gespielt hatten und ein aktiver Part des Vergehens gewesen waren.    Denn es gab noch immer ein ‚sie‘ zu bestrafen, wenn nicht sogar einen ‚Er‘. Es würde eine ganze Reihe an Raubtieren geben, die diesem jemand, der Shikamaru verletzt hatte, die Macht verliehen hatten, an den Schattenninja heran zu kommen. Und Asuma würde diese Verantwortlichen aufspüren, sie hetzen und jagen und sie ausschalten. Er würde sie einen nach dem anderen verfolgen, wenn es sein musste. Wäre nicht das erste Mal, dass er sogenannte ‚Unantastbare‘ ausgerottet hätte; Spieler, die sich in sozialen Kreisen bewegten, die über jeden Verdacht und Vorwurf erhaben waren. Er war nicht umsonst ein Elitewächter für einen der mächtigsten Daimyōs überhaupt gewesen.    Und das war ein Grundsatz.    Das hier hatte nichts mit Pflicht oder Prinzipien zu tun.    Das hier ist etwas Persönliches…   Er war kein Wesen der Distanzierung oder Logik, wenn es um die wichtigen Dinge ging. Er war nicht Kakashi und ganz sicher war er auch nicht Genma. Vielleicht wäre er seinen Schülern auch nie so nahe gekommen, wenn er es gewesen wäre. Und er hätte diese Bande für nichts auf der Welt geopfert, selbst dann nicht, wenn es das Leben einfacher gemacht hätte.   Team 10 war nicht einfach nur die Einheit, die er übernommen hatte; er hatte sie aufgenommen.   Sie hatten ihn vor einem Leben des ziellosen Treibens bewahrt.   Sie hatten ihm das zurück gegeben, was die Zwölf Elitewächter zerbrochen hatten.    Diese Bande gingen tiefer als Blut…und wehe jedem, der unterschätzte, wie weit er für sie gehen würde.    Ich werde so weit gehen, wie es nötig ist.   Auch wenn es zu spät kam und auch wenn die Schuldzuweisung bei dem, wen auch immer Shikamaru getötet hatte, aufhörte; auch wenn es sinnlos und sadistisch erschien, all das zwei Jahre später auszugraben.    ‚Und wenn dir der Nara Junge am Herzen liegt…dann lässt du das hier gut sein.‘   Scheiß drauf.   Es war, weil er ihm am Herzen lag, dass er es nicht gut sein lassen konnte. Nicht gut sein lassen würde.    Irgendjemand wird dafür bezahlen…das schwöre ich…   Shikamaru atmete bebend aus und zerrte Asumas Aufmerksamkeit zurück. Langsam drehte der Schattenninja seinen Kopf auf eine Seite, als wäre er ein Taucher, der für Luft an die Oberfläche kam, bevor er eine schlanke Wange auf seinem Arm ablegte. Er hatte aufgehört zu zittern und seine Atmung war steter und weicher.    Asuma zog seine Hand zurück und drückte leicht das Handgelenk des Nara, um zur selben Zeit seinen Puls zu prüfen und er wartete geduldig, bis sich der Schlag zu beruhigen begann. „Ich weiß, wer du in deinem Innersten bist. Und nichts und niemand kann das antasten.“   Shikamaru schluckte schwer und sagte für einen langen Moment gar nichts. „Und wenn da noch etwas anderes in mir ist?“, wisperte er wie zu sich selbst.    Asumas Griff verstärkte sich leicht und seine Stimme war ein leises Knurren, das dennoch heftiger klang als ein Schrei, da es vor Kraft und Emotionen grollte. „Du wirst mich hierbei hören, Shikamaru. Ich gebe einen Scheiß auf das, was du tun musstest, um zu überleben. Hast du das kapiert? Sieh mich an.“   Mit mehr Anstrengung, als Asuma ertragen konnte, sie sehen zu müssen, richtete sich Shikamaru gerade weit genug auf, um seine Augen zu heben und seinen Sensei wie ein verlorenes Kind mit whiskybraunen Seen, die tränenbenetzt waren, anzusehen – ließ zu, dass Asuma einfach alles auf seinem Gesicht ablesen konnte.    Und der Sarutobi erkannte dieses Fallenlassen der Defensiven mit einem sanften Nicken an. „Was auch immer du tun musstest; es spielt keine Rolle.“   Shikamaru suchte das Gesicht seines Senseis nach einer Lüge ab; verzweifelt danach, diese Worte zu glauben, auch wenn er es nicht wagte, sich selbst diese Bestätigung einzugestehen. Seine Augen zuckten. „Du liegst falsch. Es sollte eine Rolle spielen…“   Asuma blinzelte, als er seine eigene Stimme in Shikamarus Worten hörte…und dann Kakashis Stimme; unglaublich ruhig glitt sie über die anderen beiden:    ‚…Moral hat viele Gesichter und die verändern sich stetig je nach Sitten, Kultur und was noch viel wichtiger ist, je nach Kontext; der allzu oft davon beeinflusst wird, wer und was uns wichtig ist.‘   Asuma schluckte und fühlte sich, als wäre er gerade schon wieder mit dem Offensichtlichen zwangsernährt worden. Er konnte einfach nicht anders, als leicht zu schmunzeln, da er wusste, dass Kakashi – wie üblich – irritierend recht gehabt hatte, was die objektive Einsicht in subjektive Belange anging. Nicht, dass Asuma das jemals zugeben würde…nun, zumindest nicht laut.    „Vielleicht sollte es eine Rolle spielen…“, sagte Asuma. „Für die Moralapostel. Aber nicht für mich.“   „Shikamarus Augen weiteten sich. „Aber-“   „Nichts aber“, knurrte Asuma. „Es interessiert mich nicht, wie selbstsüchtig das klingt. Es interessiert mich nicht, wie tief du hast kriechen müssen, um es wieder zurück auf deine Füße zu schaffen. Es hat dich nach Hause gebracht. Es hat dich zurück gebracht. Das ist alles, was mich interessiert.“   Ein weiterer suchender Blick, ein weiterer zerfetzter Atemzug. „Was, wenn ich es niemals zurück auf die Füße geschafft habe.“   „Das hast du.“   „Wie kannst du das wissen?“   Asuma lächelte traurig. „Weil es selbst Wegrennen erfordert, wieder auf die Füße zu kommen. Und du bist für eine sehr lange Zeit gerannt. Zeit, anzuhalten. Du bist jetzt in Sicherheit.“   Shikamaru blinzelte langsam, während die Worte in ihn sanken. Und zum ersten Mal, seit sie immer wieder über diese Sache gesprochen hatten, schlüpfte er nicht fort in diese unbewussten Schatten, wie er es unzählige Male zuvor getan hatte. Zum ersten Mal sah Asuma etwas, das hinter dem Schmerz und der Furcht in diesen dunklen Augen verweilte und sich stärker hielt als die Schatten. Er erblickte den siebenjährigen Nara Jungen, der ihn ansah und im Rauch nach Wolken suchte. Verloren, aber nicht fort.    Dieses Kind. Gott. Das ist alles, was ich sehen musste…   Denn dieses Kind hatte welche Hölle auch immer überlebt, die der Teenager hatte durchleben müssen. Vielleicht war etwas im Inneren zerbrochen, fest eingehüllt in der Finsternis von Shikamarus Unterbewusstsein. Aber was zerbrochen war, konnte repariert werden. Es war heimgesucht, aber nicht hohl; desillusioniert, aber nicht tot. Und jetzt, endlich, konnten sie daran arbeiten, Shikamaru aus diesen Schatten heraus zu holen. Daran arbeiten, die Wunden zu versorgen, die er vernäht hatte, obwohl die Infektion immer noch unter den Narben brannte. Diese Narben mussten erneut aufgeschnitten werden, sodass das Gift heraus bluten konnte.    Aber nicht heute.   Shikamaru war noch nicht bereit. Aber er hatte den ersten Schritt gemacht. Asuma würde ihn an der Türschwelle treffen und ihn den Rest des Weges mit sich ziehen, wenn es sein musste.   Ich kann nicht ändern, was dir zugestoßen ist…aber was auch immer dieser Bastard und diese Leute dir angetan haben; ich werde dich nicht deswegen fallen lassen.   Zaghaft legte Asuma seine Hand auf Shikamarus Kopf, um ihn leicht hin und her zu wiegen. „Du wirst es dort hindurch schaffen. Und ich werde direkt an deiner Seite sein…dir in den Hintern treten und dich an den Ohren weiter zerren, wenn es sein muss.“   Shikamaru schwieg für eine lange Sekunde, bevor er ein leises „Wie lästig…“ murmelte.   Die vertraute Phrase war wie ein Signal. Der erwidernde Griff an der Hand, die Asuma niemals loslassen würde. Es war ein weiterer Schritt vorwärts; zaghaft, aber ehrlich.   „Darauf kannst du wetten“, antwortete Asuma und schielte unter die Hand, um Shikamaurs Blick einzufangen, während er die Brauen hob. „Also, hörst du mich hierbei, oder wie sieht’s aus?“   Shikamaru sah ihn an; verarbeitete, absorbierte. Langsam nickte er unter dem erdenden Gewicht der Hand seines Lehrers und seine Lippen hoben sich leicht an einem Mundwinkel.    „Ich höre dich, Sensei.“   Asuma erwiderte das Lächeln.    Jetzt im Moment, war das alles, was er wissen musste.      _________________________ Und hier ist es...das letzte Kapitel von 'On the Cusp'...ich schiebe wieder allen eine Menge Taschentücher und Schokolade zu, die von dem Kapitel emotional aufgewühlt wurden!  Ja, Shikamaru hat sich zumindest ein bisschen geöffnet, auch wenn das Rätsel bei weitem nicht gelöst ist. Vielleicht sind sogar eher noch ein paar Fragezeichen mehr dazu gekommen? Wieso weiß Shikaku von nichts? Was hat Shikamaru getan? Jaaa, Fragen über Fragen, die Asuma schwer beschäftigen.  Es ist gerade zum Ende hin ein enorm emotionales Kapitel finde ich und ich hoffe SEHR, dass es euch gefallen hat. Ich bin jetzt schon etwas wehmütig, weil nur noch der Epilog folgen wird und die Geschichte dann vorbei sein wird... Über ein paar Meinungen würde ich mich gerade bei diesem Kapitel ganz besonders freuen!!! Es motiviert mich immer wieder enorm, zu lesen, was die Leser/innen von der Geschichte und den einzelnen Kapiteln halten!! Was mich gleich dazu bringt: Ja, ich weiß, ich hänge mit dem Antworten schon wieder ziemlich zurück, aber keine Sorge, ich hole das nach!! :)  Auf auf zum Endspurt meine Lieben!  Vielen Dank natürlich wie immer an alle meine lieben Reviewer/innen und Leser/innen!! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)