Monatsmagie von Runaan (NaruHina | SakuSasu | NejiTen | No Actual Magic Involved) ================================================================================ Kapitel 1: June 8th - Hopeless Romantic (Sakura) ------------------------------------------------ Tentens kleiner Esotrip störte mich theoretisch nicht. Ich glaubte nicht an Magie. Jeder selbst war seines Glückes Schmied und das Vorhandensein von Tarotkarten, Schicksal und Seelenverwandten war für mich der Stoff von Büchern und nicht der des wahren Lebens. Ganz los ließ mich diese Sache jedoch nicht und das machte mir Sorgen.   Die stickige Luft des Zugabteils half mir nicht gerade dabei, meine Gedanken abzulenken. Entweder ich würde meinen Blick nicht von den verschwitzten Gesichtern von Kommilitonen, Pendlern und Touristen abwenden können oder ich ließ meine Gedankenschweifen und blieb bei der Kernaussage meiner Freundin hängen.                                                                     Juni ist für Romantikerinnen.   Tatsächlich hatte ich mir für diesen Juni etwas vorgenommen, was äußerst romantisch war. Schon insbesondere für mich. Die, die Augen bei den meisten Schnulzen verdrehte, weil ich die großen Liebesgesten nur peinlich und übergriffig fand. Das kirschrote Top, welches es schaffte sich mit meinen rosa Haaren zu vertragen und den ebenso roten Lippenstift hervorbrachte, hatte ich nur gewählt, weil ich mich etwas bestärkt von diesen Kinderein gefühlt hatte.   Dabei war theoretisch ja nichts dabei den wohl interessantesten Mann, den ich je getroffen hatte, nach seiner Nummer zu fragen.   Als ich aus dem Zug ausstieg und mit etwas kühlerer Luft meinen Weg zur Medizinischen Fakultät der Sarutobi Universität machte, hielt ich bereits Ausschau nach ihm. Das Herz in meiner Brust machte ein paar Sprünge. Stattdessen spürte ich nur eine Hand auf meinem Arm und wirbelte erschrocken herum. In letzter Zeit trieben sich eine Menge suspekter Typen an den Bahnhöfen herum.               „Ich bins nur“, murmelte Shikamaru und lächelte mir müde zu, „Sorry, soll ich dich vielleicht in Ruhe lassen?“   Shikamaru Nara war so tiefenentspannt, dass es mich manchmal ein wenig überraschte, wie lange er und Ino bereits zusammen waren. Während sie voller Kraft strotzte schien er es sich zum Prinzip gemacht zu haben, nur im Energiesparmodus zu funktionieren. Der Pferdeschwanz war so wie immer ein wenig lose, der Blick vollkommen übermüdet,             „Hab mir nur etwas Sorgen gemacht. Du sahst etwas gedankenverloren aus.“               „Ich geh nur ein paar Begriffe durch“, das war nicht einmal eine volle Lüge. Meistens ging ich noch einmal alle lateinischen Fachbegriffe durch, bevor mein Seminar begann. Prof. Senju war besonders streng und achtete auf so etwas. Dadurch, dass ich gerne im nächsten Semester eine Hilfskraftstelle bei ihr aufnehmen wollte, musste ich glänzen, „Wusstest du, dass riger mortis eigentlich-“               „Die Totenstarre ist? Und, dass sie tatsächlich auch wieder aufhört?“               „Streber“, grinste ich und begann mich zu entspannen. Fachgespräche heiterten mich immer ein wenig auf. Da hatte ich das Gefühl nicht zu schnell was Falsches sagen zu können. Und obwohl Shikamaru verdammt klug war, ließ er es nicht so raushängen, „Aber der Rechtsmedizinkurs besteht drauf.“   Er verdrehte die Augen,             „Einfach anstrengend“, sagte er, wie so oft, „Ich verstehe nicht ,was es euch bringt, die ganzen lateinischen Begriffe zu nennen. Erscheint mir wie so oft einfach nur wie eine zusätzliche Schranke, die Leuten die Zugang zu Fachwissen erschweren soll.“   Gut, vielleicht ließ er es doch manchmal raushängen. Gemeinsam liefen Shikamaru und ich zur Fakultät und atmeten erleichtert auf ,als wir in den klimatisierten Raum traten. Auch wenn der Juni noch jung war, so fühlte es sich für mich so an, als wären wir bereits im Hochsommer.               „Sag mal, was machst du im August?“, fragte Shikamaru plötzlich und ließ die Hände in die Hosentaschen sinken, „Ich hatte überlegt campen zu gehen und dachte Ino hätte da sicherlich mehr Spaß, wenn ihr als ihre Freundinnen dabei seid.“   Arme Ino. Wenn Juni für Romatikerinnen war, dann war es definitiv nicht Shikamarus Monat. Zumindest hatte er es geschafft darauf zu kommen, dass Camping vielleicht nicht die beste Idee war.             „Campen", wiederholte ich noch einmal für ihn,  "Mit Ino?“               „Hey, sie hat einen grünen Daumen. Pflanzen stören sie nicht. Nur gegen Moskitos hat sie was. Und sie würde euch alle eh den ganzen Tag anrufen. Also könnt ihr auch gleich mitkommen ,wir mieten ein Wohnmobil und ich kann ab und an ausschlafen ohne sie zu vernachlässigen.“   …ich wünschte ich wäre in der Lage zu wissen, ob das nun eine besonders liebevolle Geste war oder Shikamaru mal wieder nur auf Sparflamme blieb. Meinen letzten Freund hatte ich allerdings in der Oberstufe gehabt und das war nun fast mehr als vier Jahre her.               „Wie wäre es denn, wenn du das mal mit ihr besprichst?“               „Sie liebt Überraschungen“, das leichte Lächeln kam unerwartet auf seine Lippen und versetzte meinem Herzen einen kleinen Stich. Ich hatte ganz vergessen, wie verliebt er dreinschauen konnte. Ob mich auch mal jemand so ansehen würde? Naja, ich bezweifelte es.               „Also ich kann schon mitkommen aber ich weiß nicht, wie es bei den anderen aussieht. Frag doch Temari die nächsten Tage, sie hat uns irgendwie immer am besten auf dem Schirm“, ich legte ihm freundschaftlich  zum Abschied die Hand auf die Schulter, „Ich muss dann mal zu Rechtsmedizin.“   Erst als ich bereits die Stufen in den Keller der Fakultät machte bemerkte ich, dass ich ihn gar nicht gefragt hatte, was er hier trieb. Shikamaru studierte nicht Medizin. Wäre dem so, würden er und ich immer zusammensitzen. Das taten wir zumindest bei den Vorträgen, die wir uns gerne anhörten. Und zu den Juristen, die genauso wie ich diesen Rechtsmedizinkurs wählen sollten, gehörte er auch nicht. Warum ich das wusste?   Der Grund dafür wartete bereits vor dem Raum und scrollte langsam durch sein Handy. Das tiefschwarze Haar fiel ihm ins Gesicht und verdeckte dabei die noch schwärzeren Augen. Ich sah an mir herunter und mir wurde mit einem Mal bewusst, wie tief der Ausschnitt meines Tops war. Zwar war ich nicht schüchtern aber in Liebesdingen fehlte mir nun einmal Inos Sicherheit, Temaris Coolness oder Tentens Gelassenheit. Hinata hatte noch nie jemanden gut gefunden, solange ich sie kannte. Und ich?               „Oh, guten Morgen, Sasuke!“, ich wurde zu einer Schleimerin. Ich war nicht stolz drauf aber wann immer ich versuchte, es abzustellen, klang ich noch verzweifelter. Die Schleimerin war das kleinere Übel.   Sasuke sah von seinem Handy auf. Sein Mundwinkel bewegte sich zu einem leichten Lächeln. Er nickte mir zu. Mehr aber auch nicht. Ich fühlte mich auf einmal nur kindisch mit meiner Kleiderwahl vor. Dass der Blick nur wegen eines Kleidungsstücks hängen bleibt, ist dann doch ein bisschen zu optimistisch.               „Sasuke, guten Morgen“, flötete es hinter mir. Es war kein Geheimnis, dass Sasuke gut aussah und daher war ich mir sehr wohl bewusst, dass es auch andere gab, die ihn romantisch interessant fanden. Karin Uzumaki zum Beispiel hatte ihre Röcke bei weitem gekürzt und wirkte als käme sie zu einer Party im Nachtclub und nicht zu einer vorbereitenden Maßnahme für eine Leichenschau.   Ich verkniff mir den zickigen Kommentar. Karin war mir zwar unsympathisch, aber sie war gut in dem, was sie tat und würde einmal eine verdammt gute Ärztin abgeben. Über persönlichen Rivalitäten über Männer standen wir, als erwachsene Personen, doch alle drüber, oder?               „Oh, Haruno. Hab dich gar nicht gesehen. Süßes Top…so 2017!“, grinste sie mir zu. Das bedeutete so viel wie oh, ich sehe, du trägst immer noch deine Sachen aus der High School.  Zumindest wusste ich jetzt, dass Tentens Monatsmagie totaler Schwachsinn gewesen wäre oder Sasuke wäre mir ritterlich zur Hilfe gesprungen. Stattdessen starrte er weiterhin auf sein Handy und ignorierte uns.               „Bevor wir uns weiter über Mode unterhalten“, begann ich stattdessen und wischte mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht, „Du hattest doch neulich auf einen Artikel zu Rückständen von Arsen im menschlichen Körper verwiesen – 19. Jahrhundert in etwa? Meine Mitbewohnerin liebt so etwas aber ich hab es auch trotz Google nicht finden können. Hast du den zufällig noch?“   Karin hob überrascht eine Augenbraue an und sah zwischen Sasuke und mir hin und her, ehe sie, etwas sachlicher als zuvor, ihr Handy herauszog, „Du meinst die Studie zu Napoleons Tod, richtig? Es ging um Scheelisches Grün, einen arsenhaltigen Farbstoff. Ich kann ihn dir nachher geben, wenn du willst.“   Die Stille zwischen uns dreien war kurz davor vollkommen unangenehm zu werden, als Professor Senju den Raum aufschloss und uns und die anderen Studenten bat einzutreten. Ich bedankte mich bei Karin und ging zu meinem Platz in der ersten Reihe.   Der Kurs „Rechtsmedizin“ umfasste genau 21 Studierende. Zwar war Professor Senju so gut, dass sie einen gigantischen Hörsaal ohne Probleme unterhalten konnte, doch Rechtsmedizin, insbesondere im Zusammenschluss mit Juristen, benötigte eine intensive Arbeitsatmosphäre. Gefallen hatte mir Sasuke optisch schon zuvor, doch es war der Unterricht des Seminars gewesen, der dazu geführt hatte, dass diese Schwärmerei mich nicht losließ. Hätte ich es den anderen erzählt, hätten sie bestimmt gelacht. Vielleicht waren mir deshalb Tentens Juniprophezeihungen noch im Kopf geblieben.                      Nur jemand hoffnungslos romantisches würde sich in einem Seminar über Leichen verlieben.   Während das Seminar losging, begannen meine Gedanken abzuschweifen. Der Raum war viel zu kühl und ich ärgerte mich, schon wieder keine Strickjacke oder Pulli mitgebracht zu haben. Während die Züge sich wie Öfen anfühlten, war es hier unten wie im Gefrierfach. Professor Senju lenkte uns von dieser Kälte mit bizarren Beispielen ab – den Umständen, die das Moor auf eine tote Person haben konnte. Warum es in Disney World einen Staubsauber für Asche gab. Dass Tränen je nach Art der Hervorrufung sich anders zusammensetzten. Jede Stunde begann Professor Senju mit so einem Beispiel, ehe sie uns zu den harten Fakten der Medizin zurückbrachte.               „Die Festellung der Todesursache bildet ein verbindendes Element zwischen der Medizin und dem Strafgesetzbuch“, erklärte Sasuke gerade. Seine Stimme war vollkommen dunkel und ruhig. Er klang selbstischer und gewählt, aber nicht aufgesetzt. Sasuke wusste, wovon er sprach, aber er lernte nicht blind auswending, „Während einige Mordmerkmale auf das Tätermotiv abstellen, bezieht sich das Merkmal der Grausamkeit auf die Todesursache. Das Opfer muss Qualen durchgestanden haben, um das Merkmal zu qualifizieren. Stirbt es jedoch bevor das Quälen beginnt, ist das Mordmerkmal nicht erfüllt und wir sprechen von Totschlag.“   Während meine Mitstudierenden zu nicken begannen, merkte ich, wie mein Magen sich leicht umdrehte. Ich nahm einen tiefen Atemzug, versuchte meine Gedanken zu ordnen. Wahrscheinlich übertrieb ich nur ein wenig, aber…               „Frau Haruno? Möchten Sie etwas sagen?“, fragte Professor Senju, die mich nicht aus dem Blick gelassen hatte. Ich merkte erst jetzt, dass ich meine Hand begonnen hatte zu heben. Scheiße.   Anders als Sasukes Stimme, begann meine zu zittern – ich klang höher, unsicher, „Es ist keine Frage auf medzinischer Seite aber…wieso ist in jenem Moment das Opferempfinden wichtig, wenn es doch sonst laut Sasuke nurnach der Tätermotivation geht? Wenn jemand einer Person Qual zufügen möchte, dann sollte dies doch auch gelten.“               „Es erfüllt den Tatbestand nicht“, wie ein Anwalt erlaubte Sasuke keine Gegenargumentation.               „Ich hab das schon beim ersten Mal verstanden“, wer hätte gedacht, dass im Kampf zwischen der inneren Schleimerin und der Streberin Letztere siegen würde?, „Ich frage dich nur, warum. Geht es nicht genau darum in deinem Metier?“   Es war das erste Mal, dass Sasuke mir in die Augen sah. Ich bekam kein Herzrasen und hörte auch keine Engel singen. Er stand auch nicht auf und nahm meine Hand, um sich bei mir liebevoll zu entschuldigen. Aber er sah mich an, für einen Augenblick, und nicht mehr so flüchtig wie im Flur.               „Im Allgemeinen werden die Mordmerkmale momentan kritisch beurteilt, da ihre Art der Kategorisierung sehr veraltet ist. Die Feststellung von Grausamkeit ist eines davon – das Hauptproblem hierbei ist, dass wir, wenn wir nur auf den Täterwillen abstellen, ebenfalls Mordfälle übersehen, in dem Personen unter schlimmsten Qualen verstorben sind aber ohne Wissen des Täters. Momentan ist unsere Version dieses Merkmals also das kleinere Übel“, das Lächeln begann seine Lippen zu umspielen, „Aber, das gehört nicht hierher. Ich wollte lediglich einen Einblick in mein Metier geben.“               „Zwar ist Hauptfunktion dieser Veranstaltung zu demonstrieren, welche medizinischen Schritte zur Festellung von Tod und Todesmerkmalen angewendet werden, doch ich habe mit Grund darauf gedrängt, dass wir auch Jura-Studenten wie Sie, Herr Uchiha, bei uns begrüßen. Genauso ist deshalb ein Austausch wie zwischen Ihnen beiden sehr wichtig – nur durch das Stellen der Fragen erlangen wir Erkenntnis. Auch, wenn nicht jede Frage hypothetisch gesehen hierher gehört.“   Ich bekam kaum noch etwas mit von dem, was Frau Senju sagte. Wie ein Teenager ließ ich den Moment Revue passieren und wusste nicht, ob ich mich freuen oder schämen sollte. Ich kopierte leise das Tafelbild und spürte, wie Karin mich mit ihren Blicken durchbohrte. Wenn Sasuke weiterhin im Seminar sich meldete blickte ich nicht auf.   Erst als der Kellerraum sich geleert hatte, begann ich meine Sachen zusammen zu räumen. Bücher und Blöcke verschwanden in meinem pastelrosa Rucksack, den ich schulterte, und mit welchem ich den Raum verließ. Zu meiner Überraschung warteten sowohl Karin als auch Sasuke auf mich.               „Du wolltest den Artikel. Für deine Mitbewohnerin?“               „Oh, ja, stimmt. Dein Spind?“               „Ja“, Karin rührte sich nicht vom Fleck. Sie hatte genauso wenig Ahnung wie ich von dem, was Sasuke wollte, aber die Tatsache, dass ihre Bluse nun einen Knopf weniger geschlossen hatte, zeigte, dass sie das Schlachtfeld nicht räumen wollte.               „Haruno“, nickte er mir zu. Jetzt kannte er meinen Namen natürlich.               „J-ja?“               „Karin meinte, ihr beiden wollt in den weiterführenden Kurs nächstes Semester“, er stieß sich leicht von der Wand ab. Er sah ganz anders aus, jetzt wo sein Fokus direkt auf uns war – nicht mehr so geheimnisvoll wie vor dem Seminar aber immernoch faszinierend, „Mein Bruder hat diesen Kurs vor ein paar Jahren belegt. Wir sollten zusammen lernen.“   Ich war so froh ,dass ich einen Rucksack trug, oder mir wäre die Tasche aus der Hand gerutscht,             „K-klar, ähm…“               „Meine Emailaddresse steht im Online-Kurs für diese Gruppe. Schreibt mir und ich schicke euch meine Nummer. Wegen Terminen können wir uns dann noch einmal austauschen.“   Er wartete nicht auf eine Antwort, sondern ging einfach. Verwirrt sah ich zu Karin zurück, die ihre Augen noch nicht von Sasukes Hintern abgewendet hatte. Als sie meinen Blick bemerkte, räusperte sie sich und rückte ihre Brille zurecht. Vielleicht war der Juni ja doch irgendwie auf meiner Seite.  Mit Pech war er jedoch auch auf Karins. Ich wollte ihr den Romantikerinnen-Titel nicht verweigern. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)