Das Tagebuch von Palantay von Rikarin (Die Geschichte der Saiyajins) ================================================================================ Kapitel 3: Die Ankündigung des Sturms ------------------------------------- Wann begann er, der Krieg, der alles beendete? Der Beginn des Krieges ist für mich nicht nachzuverfolgen. Dass es eine Reihe von ernstzunehmenden Konflikten zwischen einigen Stämmen gab, erfuhren wir erst relativ spät. Unsere isolierte Lage in den Bergen schützte uns, verhinderte aber auch die neuesten Nachrichten. In meinem fünfzehnten Lebensjahr aber erhielten wir Informationen aus erster Hand. Zum ersten Mal in meinem Leben sah ich Saiyajins von einem anderen Stamm, die uns von dem Krieg erzählten. Damit wurden auch wir langsam in den Bruderzwist mit hineingezogen, obwohl wir uns um eine neutrale Stellung bemühten.   Ein herrlicher Sommer beschenkte die Aosaru mit reicher Ernte. Alles blühte, das Wetter war herrlich und dank der hohen, geschützten Lage herrschten angenehmen Temperaturen. In den Bergen war es kühler und regenreicher als in den Ebenen. Doch an diesem sonnigen Tag sollten die Aosaru während ihrer Arbeit vom seltenen Klang des Alarm-Gongs gestört werden. Die dünne Metall-Platte wurde in alarmierender Weise in schneller Abfolge geschlagen, deren hoher Klang deutlich hörbar übers Tal erschallte. Für die Aosaru war das ein Zeichen, dass die Wächter jemand Fremdes entdeckt hatten. Saiyajins, die nicht zum Stamm der Aosaru gehörten! „Alle Kinder und Frauen, sofort in die Höhlen!“ riefen die Männer und griffen nach Stöcken und Werkzeugen, um sich notgedrungen zu verteidigen. Auch die jungen Männer wie Palantay, die von Selbstverteidigung keine Ahnung hatten, mussten an vorderster Front stehen. Während die Alten verschwanden, die Frauen eilig ihre Kinder in die schützenden Felsen zogen, stellten sich die Männer kampfbereit auf. Nervös suchte Palantay nach einer nützlichen Waffe, obwohl er sich viel lieber in den sicheren Höhlen verstecken wollte. Das einzig Sinnvolle, was er fand, war sein Besen. Mit klopfenden Herzen, den Besen fest in der Hand, stand er vor den Höhlen und sah ins Tal hinab, von wo man aus die Eindringlinge sofort sehen würde. Jemand stellte sich an seine Seite hin. Erleichtert drehte er den Kopf, froh nicht allein zu sein, doch mit Schrecken erkannte er Topina, die prüfend zum Taleingang starrte. „Was machst du hier“ zischte er aufgeregt. „Du musst in die Höhle.“ Mit hochgezogener Augenbraue sah sie ihn an, bemerkte natürlich seine zitternden Beine. „So? Damit du mich mit deinen Besen beschützen kannst? Wie furchteinflößend“ spotte sie und bückte sich, um ein par Steine hochzuheben. „Da kann ich mich besser wehren, wenn ich die hier auf die Angreifer werfe.“ Palantay war in seinen männlichen Stolz gekränkt, obwohl sie Recht hatte. Würden sie von Feinden überrannt werden, wäre er nichts weiter als ein kleiner Stolperstein, den man mit einer Handbewegung fortstoßen könnte. „Wissen deine Eltern davon? Ach, was rede ich da? Du tust ja eh, was dir gefällt“ stöhnte Palantay, der fassungslos die Neugier in Topinas Gesicht bemerkte. Seine beste Freundin hatte keine Angst, nein, sie schien vorfreudig zu sein, fremde Saiyajins zu treffen. Sie grinste. „Ich bin siebzehn, ich kann auf mich allein aufpassen. Von hier aus sehe ich die Eindringlinge meilenweit und die Höhlen mit ihrem schützenden Labyrinth sind direkt hinter uns. Wenn diese Kerle zu nahekommen, rennen wir beide rein“ plante sie furchtlos. Palantay war froh, das zu hören, denn er wollte auf keinen Fall kämpfen. Fest hielt er den nutzlosen Besen in seinen Händen und versuchte das Zittern seiner Knie zu unterbinden. Am Taleingang sahen sie schemenhafte Gestalten, konnten aber nichts genaueres erkennen, geschweige denn sie zählen. Doch der Alarm-Gong ertönte ein weiteres Mal und mit Hilfe seiner Klangfolge, ein geheimer Code, hörten die Aosaru die Nachricht. „Drei Männer“ übersetzte Topina. „Aber von welchem Stamm? Das habe ich nicht genau verstanden.“ „Kinsaru, wenn ich richtig gehört habe. Das ist ungewöhnlich, die bleiben eigentlich in ihrem Dschungel. Was wollen sie hier?“ rätselte Palantay. Das neue, hellere Schellen des Friedens-Gongs, welches nun erschallte, erklärte, dass die Besucher friedlich waren und sie sich offen gezeigt hatten. Die Aosaru entspannten sich. Nun, wo sie hörten, dass friedliche Fremde kommen würden, kamen sie neugierig aus ihren Höhlen. Nach einer halben Stunde waren die Fremden in Sichtweite, begleitet von den Spähern und Wachen der Aosaru. Die fünf Ältesten der Gemeinschaft, die Recht sprachen und schlichteten, stellten sich an die Spitze, während die anderen sich einen Platz mit guter Aussicht suchten. Auch Palantay, nun entspannter, weil er nicht um sein Leben fürchten musste, war neugierig, ebenso Topina, die den Hals reckte, um so viel wie möglich zu erkennen. Es waren drei junge Männer, die eine Rüstung aus Leder, darunter dunkle kurzärmlige Stoffkleidung und hohe Lederstiefel trugen. Über ihre Schulter trugen sie Rucksäcke. Zwei hatten die typischen dunkelbraunen Haare der Saiyajins aus der Ebene, aber der dritte besaß Haare, die unter der Sonne golden zu leuchten schienen. So etwas hatten die jüngeren Aosaru noch nie gesehen, und sie staunten und bewunderten ihn mit offenem Mund. Als der junge Mann die Aufmerksamkeit mitbekam, zwinkerte er den Frauen verschmitzt zu. Überrascht bemerkte Palantay, wie nicht nur seine eigene Freundin Chaya errötete, sondern sogar Topina angetan war. Ausgerechnet die schlagfertige Topina, die mit den jungen Männern spielte, konnte nun den Blick nicht abwenden. Zum ersten Mal zeigte sie ein offensichtliches Interesse an einen Mann.   Je näher sie kamen, desto mehr Details waren erkennbar. Die drei Krieger waren großgewachsen, muskulös, mit braunem Schweif und grünen Augen. „Er sieht ja so gut aus“ wisperte Topina angetan. „ich habe noch nie goldene Haare gesehen.“ „Ich auch nicht. Am liebsten möchte ich sie auszupfen und daraus ein goldenes Gewand weben“ schwärmte Chaya. „Also auf die Idee komme ich jetzt nicht gerade“ sagte Topina trocken und lächelte verschmitzt. „Ich würde ganz andere Sachen mit ihm anstellen.“ Sie zwinkerte ihrer Freundin lüstern zu. Die beiden jungen Frauen kicherten gleichzeitig, ebenso ein paar andere Gleichaltrige, die es gehört hatten.  Palantay sah die beiden mit großen Augen an und blinzelte fragend. Was sahen die Frauen nur in diesem Typen? Nur wegen seinen Haaren? Und Augen? Und seinen Muskeln? Er sah an seine schmächtige, normale Gestalt runter und fühlte sich unwohl.  Dabei war er so in seinen Gedanken versunken, dass er beinahe verpasste, wie die drei Krieger sich ehrfurchtsvoll vor den Ältesten verbeugten und sich vorstellten. „Ihr müsst müde sein von der langen Reise und wir hatten lange keine Gäste mehr. Heute werden wir feiern“ sagte die Dorfvorsteherin, die alte Pea freundlich lächelnd und die jungen Aosaru brüllten begeistert. Sofort wurde in aller Eile ein Festmahl vorbereitet, während die Kinder neugierig die Fremden beäugten. Sie waren aber zu schüchtern, um sich ihnen zu nähern, im Gegensatz zu den Jägern und Krieger der Aosaru.  Auch die Frauen kamen näher, nachdem sie zuerst neugierig die Ohren gespitzt hatten. Schnell wurde der Namen des Goldhaarigen unter Wispern weitergegeben. Sein Name war Cress, ein zwanzigjähriger Krieger der Kinsaru und der Stolz des Stammes. Dieser Stamm hatte sich nach dem legendären Super-Saiyajin benannt. Sie sahen sich als seinen Nachkommen an und Mitglieder mit blonden Haaren und grünen Augen wurden als seine direkten Erben behandelt. Sein exotisches Aussehen bescherte ihm die geballte Dienstwilligkeit der jungen, ungebundenen Frauen. Aufmerksamkeitsheischend umringen sie ihn, boten ihm Leckerbissen an, kicherten bei seinen Komplimenten. Palantay, der sich etwas entfernt aufhielt und nur beobachtete, anstatt am Gespräch teilzunehmen, mochte ihn dagegen nicht. Er fand ihn eingebildet, wobei auch die Eifersucht aus ihm sprach. Sogar Chaya war unter den Frauen dabei, die Cress anhimmelten, seine eigene Freundin und nicht nur sie war seinem Charme verfallen. Fassungslos sah er dabei zu, wie sich Topina selbstbewusst an seine Seite setzte, kaum dass ein Platz frei wurde und ihn in ein Gespräch verwickelte. Cress sah sie bewundernd an und fing an, mit ihr zu flirten. Palantay schüttelte missbilligend den Kopf und verließ als erstes die Feier, um allein zu Bett zu gehen. An diesem Tag und Abend wurde bis spät gefeiert, ohne dass die Aosaru erfuhren, warum genau die Kinsaru sie besuchten. Diese verschoben die Aufklärung auf den nächsten Tag, da es gefährliche Neuigkeiten gab und die Kinder nichts davon hören sollten.   Am nächsten Tag trafen sich die höchstgestellten Erwachsene in einer Höhle: der Ältestenrat mit seinen fünf Mitglieder, die erfahrensten Jäger, die Krieger und als Ausnahme sogar Palantay, da er als Maler dafür zuständig war, die Geschichte an die Wände zu malen. Er sollte die Ankunft der drei Kinsaru an die Wand malen und musste dafür wissen, warum sie gekommen waren. Cress stellte sich als Wortführer aus. Mit ernsten Worten erklärte er den Grund ihrer Reise. „Seit einigen Jahren herrscht in den Ebenen eine starke Dürre. Es fällt wenig Regen, die Wüste breitet sich aus. Die Kurosaru gehen immer weiter in andere Gebiete, um zu jagen. Sie wollen unsere Jagdgründe streitig machen, die wegen der Dürre ebenfalls kleiner geworden sind. Leider sind sie unglaublich stark und widerspenstig. Es fällt uns immer schwerer, sie zurückzuschlagen. Wir bitten die Aosaru darum um Hilfe.“ Einige blauhaarige Krieger sahen erwartungsvoll auf. Das war die erste Nachricht von einem Kampf seit Jahren. Endlich eine Möglichkeit, sich hervorzuheben. Doch die Mehrheit der Aosaru schwieg und sah fragend den Ältestenrat an. Obwohl meistens nach Mehrheit entschieden wurden, war dies eine schwerwiegende Entscheidung, die von den erfahrenen, besonnen Alten geführt werden musste. Pea, die alte Sanfte, hörte auf zu lächeln. Stattdessen runzelte sie die faltige Stirn sorgenvoll. „Ich verstehe eure Anfrage nicht? Wir sind keine Kämpfer und wir haben auch schon lange nicht mehr unter den Kurosaru gelitten. Warum wollt ihr unsere Hilfe?“ Überrascht, dass man ihm Fragen stellte, anstatt die geforderte Hilfe sofort zuzusagen, hüstelte Cress verlegen und versuchte, die Ältesten zu überzeugen. „Sie haben euch noch nicht angegriffen, aber dazu kann es kommen. Ihr wärt eine leichte Beute ohne Gegenwehr. Wenn wir uns jetzt nicht gemeinsam widersetzen, haben wir keine Chance. Dann ist es zu spät.“ Sein Blick und seine Stimme wurden flehend. „Aber wir du schon bemerkt hast, haben wir nur wenige Krieger. Wir sind kein kampfsuchendes Volk, sondern ein friedliches. Wenn ihr einen Vermittler zwischen euch und den Kurosaru benötigt, sind wir gerne dazu bereit“ bot Pea ihm an, doch Cress unterbrach sie. Seine Stimme war nun angespannt, wie auch seine Haltung. „Nein, wir wollen keinen Frieden. Wir wollen das, was uns diese Diebe gestohlen haben, wieder zurück“ fauchte er. „Sie verdienen keine Ruhe, bis wir auch den letzten besiegt und wieder in die Wüste zurückgejagt haben.“ Pea hob unbeeindruckt eine Augenbraue vor diesem unhöflichen Verhalten. Langsam machte Cress den Eindruck eines verletzten, störrischen Kindes auf sie, nicht der eines Kriegers. Ihr Nachbar, der alte Pakcho mischte sich ein. „Es hört sich so an, als würdet ihr sehr unter den Kurosaru leiden“ fing er an zu fragen. Cress wandte sich erleichtert der sorgenvollen Stimme zu und nickte zustimmend. „Ja, so ist es. Sie stehlen unsere Früchte, jagen die Tiere und…“ Pakcho hob eine Hand, um seine Ausführungen zu unterbrechen. „Bei meiner letzten Reise vor vielen Jahren habe ich einen gigantischen Dschungel gesehen. Wie kann es sein, dass es nicht genügend Nahrung für beide Stämme gibt? Haben euch die Kurosaru um Hilfe gebeten, als die Dürre anfing?“ Ertappt zuckte Cress und seine Begleiter zusammen, doch schnell erholte er sich. „Mag sein, aber wenn wir teilen, haben wir nicht mehr genug für uns“ rechtfertigte er sich. „Auch der Dschungel leidet unter der Dürre und schrumpft. Wir hatten einige Waldbrände.“ „Warum können sich die beiden Stämme dann nicht unterstützen? Stattdessen verschwendet ihre Kraft fürs Kämpfen und kommt nun auf uns zu. Aber wenn wir euch helfen, haben wir keine Krieger mehr, die uns beschützen“ der Alte nutzte die Ausrede der Kinsaru gegen sie, um ihre Anfrage abzulehnen. Warum verlangten die Kinsaru Hilfe, wenn sie selber keine gaben? Dieser Konflikt, unter den sie litten, hätte vermieden werden können, aber eine friedliche Einmischung lehnten sie ab. „Wenn ein Saiyajin unter Hunger leidet, muss man helfen“ kritisierte der alte Radichio, ein weiteres Mitglied des Ältestenrats. Pikiert sah er auf die fremden Krieger herunter. „Wir gehören zwar verschiedenen Stämme an, aber wir sind ein Volk.“ Viele Aosaru nickten zustimmend und Cress ballte erzürnt die Hände. Er merkte, wie ihm die anfängliche wohlgesonnene Stimmung entglitt. „Sie stehlen nicht nur unser Essen, sondern auch unserer Frauen!“ widersprach er heftig. „Oh…haben die Kinsaru nicht ebenfalls Frauen von den Kurosaru entführt?“ entgegnete Pakcho. Wieder zuckten die Kinsaru-Krieger zusammen. Sie hätten nicht gedacht, dass der isolierte Stamm so gut informiert war. Zu ihrem Pech war Pakcho einst ein weit gereister Jäger gewesen, der als Kurier die anderen Stämme oft besucht hatte. Er kannte die Eigenheiten der Stämme. Er war nicht so leicht zu täuschen wie die Jüngeren und seine Kameraden waren ähnlich erfahren. Keiner der Alten wollte den Stamm in einen fremden Konflikt hineinziehen lassen. Sie hatten richtig geschätzt, dass e hier keinen „Guten“ und „Bösen“ gab, sondern beide Seiten ihre Fehler aus Gier und Eigennutz gemacht hatten. Cress und seine Begleiter warfen sich stumm fragende Blicke zu. Wie konnte sie die Aosaru überzeugen, für sie zu kämpfen? Aber es gab keinen logischen Grund und die blauhaarigen Saiyajins waren auch nicht so aggressiv und kampflustig, um sich in den fremden Krieg mit hineinziehen zu lassen. „Mein lieber Cress, wir sind gerne bereit zu helfen, aber die Hilfe muss gerechtfertigt sein“ bot Pea sanft eine Auswahl-Möglichkeit an. Cress und seine Kameraden tuschelten heimlich, bis sie schnell eine Antwort fanden. Doch anstatt dem ersten Angebot, als Friedensvermittler zu helfen, zuzustimmen, wollten die Kinsaru etwas anderes. „Dann bitten wir um die Führung durch die Berge zu den Shirosaru!“ Der Stamm, der hoch im Norden lebte, war am schnellsten durch die Berge zu erreichen. Die weißhaarigen Saiyajins waren raue, widerstandsfähige Gesellen, die es am ehesten mit den Kurosaru aufnehmen konnten. Sie würden vielleicht eher zustimmen, da sie in ihrem Jagdgebiet wenig Nahrung fanden, im Gegensatz zu den wohlhabenden Aosaru. Die Kinsaru hatten eh nicht daran geglaubt, dass die schwachen Aosaru eine große Hilfe wären, aber sie hatten es versuchen wollen. Nun, nach ihrer Absage, wichen sie auf zu ihrem ersten Plan zurück. Die Ältesten warfen sich nun gegenseitig gewisse Blicke zu, kommunizierten stumm und nickten leicht. „Also gut“ stimmte Pea laut zu. „Einige unsere Jäger werden euch durch die Berge führen und bei den dortigen Aosaru um Gastfreundschaft für euch bitten. Dort könnt ihr in den Nächten sicher übernachten und so schneller eure Reise beenden. Dafür wird unsere Neutralität geachtet.“ Die Kinsaru nickten erleichtert. „Ihr habt eine lange Reise vor euch und der Norden ist kalt. Warum bleibt ihr nicht noch ein paar Tage und nutzt sie zur Vorbereitung? Ihr braucht Proviant und Kleidung, damit ihr sicher ankommt“ schlug Pakcho hilfsbereit vor. Wieder nickte die Kinsaru zustimmend, erleichtert, wenigstens etwas Hilfe umsonst zu erhalten. Einige junge Krieger mischten sich ein und baten darum, ebenfalls auf die Reise zu gehen. Sie waren enttäuscht darüber, sich nicht beweisen zu können; unerfahren und naiv aus mangelnden Gelegenheiten. Sie hatten keine Ahnung, wie sich todesnahe Kämpfe anfühlten. Aber wenn sie schon nicht kämpfen sollten, wollten sie wenigstens ihre neuen Freunde sicher begleiten und gleichzeitig die Shirosaru kennen lernen. Die Ältesten waren darüber nicht begeistert, stimmten aber dem Drängen der Jugend zu. Es war einfacher, als es abzulehnen und es mit schmollenden Männern auszuhalten. Die Erfahrung würde ihnen guttun und wäre längst nicht so lebensgefährlich wie der Krieg. Palantay schmunzelte, erleichtert darüber, dass der eingebildete Cress keinen Erfolg gehabt hatte. Die Ältesten hatten sich weder von seinem guten Aussehen täuschen lassen noch von seiner Stellung als „Nachkomme des Super-Saiyajins.“ Ansonsten war er nicht außergewöhnlich, weder besonders stark noch schlau. Doch bevor Palantay die Höhle verließ, lernte er aus Zufall, wie gerissen die Ältesten wirklich waren. Kaum hatten alle Krieger die Höhle verlassen, der Rest unterhielt sich murmelnd, als Pakcho heimlich den besten Jäger des Dorfes zu sich winkte. Leise flüsterte er ihm etwas zu, was Palantay dank seiner versteckten Lage in den Schatten aber belauschen konnte. Seine Unauffälligkeit hatte auch Vorteile. So hörte er als einziger den Befehl an den Jäger, in der Nacht los zureisen und die Nachbardörfer der Aosaru vorzuwarnen. Was, wenn Cress dasselbe noch mal versuchte? Versuchte, die Aosaru in seinen Konflikt hineinzuziehen? Keiner sollte dem Anliegen der Kinsaru zustimmen. Die Aosaru mussten geschlossen ablehnen, damit ihre Neutralität bewahrt blieb. Sie hatten sonst keine Chance zu überleben, würden nur verlieren. Indem man die Kinsaru für einige Tage bei sich behielt, aus „Sorge um ihr Wohlergehen und um die Reise zu planen“, würde der Jäger seinen Vorsprung nutzen, um seinen Auftrag zu erfüllen. Sollten sich diese drei Stämme doch bekriegen und die Aosaru bloß in Frieden lassen.   Am nächsten Tag sah Palantay dabei zu, wie wieder die jungen Frauen um die Kinsaru herum scharwenzelten. Es hatte sich schnell herumgesprochen, warum die Krieger zu Besuch waren und dass sie bald wieder fortgehen würde. Palantay hatte aber für sich behalten, was der alte Pakcho ausgeheckt hatte. Nachdenklich sah er in die weit entfernten Bergspitzen, wo der heimliche Jäger schon unterwegs war, um die restlichen Mitglieder des Stammes zu informieren. Cress und seine Stammesbrüder wurden von den Frauen ausgemessen, die ihnen langärmelige Kleidung und Umhänge nähen wollten. Die Krieger waren feuchtes, warmes Klima gewohnt und würden in den höhergelegenen Schluchten und im kalten Norden frieren. Unter den Frauen war auch Chaya, wie Palantay eifersüchtig bemerkte. Auch Topina war in der Nähe, aber sie verhielt sich unauffällig, als ob sie nur auf ihre Arbeit konzentriert war. Sie rührte eine Salbe an und schien nicht zu bemerken, wie Cress sie beobachtete.  Kaum waren die Frauen mit dem Ausmessen fertig, als er sich auch schon schnurstracks verließ, um Topina anzusprechen. Sie lachte bei seinem Interesse und zeigte auf die Salbe, die sie frisch für die Krieger zusammen mischte. Schon waren die zwei in einem Gespräch. Palantay schüttelte missbilligend den Kopf. Momentan waren die jungen Frauen des Stammes wie verrückt, aber er konnte dagegen nichts tun. Er drehte sich um und kehrte in seine Höhle zurück, um seine Farben zu mischen und die ersten Skizzen anzufertigen.   Erst am nächsten Tag kam Chaya wieder in seine Höhle, mit einem Gesicht, wo deutlich das schlechte Gewissen zu sehen war. Auch wenn sie gebadet hatte und er nichts mehr roch, wusste Palantay dank ihrem gestrigen Schreien, dass sie die letzte Nacht mit einem der unauffälligen Kinsaru-Krieger verbracht hatte. Er sah nur kurz auf und konzentrierte sich wieder auf seine Farben, eine starre Miene ohne freundliches Lächeln. „Sei nicht böse“ wisperte sie und setzte sich hinter ihm, lehnte ihren Kopf an seinen Rücken. „Ich war doch nur neugierig. Wir sind doch jung.“ Sie gab ihm einen beruhigenden Kuss auf die Schulterblätter. Palantay brummte abfällig auf. „Soll das heißen, wenn ich mal „Neugierig“ bin, ist das für dich in Ordnung?“ Er spürte, wie sie hinter ihm zusammenzuckte. Anscheinend hatte sie sich noch nie Gedanken darüber gemacht. „Nun, sollten mal Frauen aus den anderen Stämmen mal auftauchen und sich für dich interessieren, werde ich das verstehen“ sagte sie schnippisch. „Fein, ich werde dich daran erinnern“ antwortete Palantay eingeschnappt. „Fein, wie du willst“ fauchte Chaya und verschwand wieder. Sie wusste, ihr Freund würde sich schon früher oder später beruhigen und ein wenig gefiel ihr seine Eifersucht auch. Sie sah aber keine Gefahr, dass er ihr jemals untreu wäre. Ha, als ob mal Frauen aus den anderen Stämmen hier auftauchen würden, das war ja lächerlich.   In den nächsten Tagen wurde die warme Kleidung fertig gestellt, die Werkzeuge für die Durchquerung der Berge doppelt überprüft, neue Seile an jedes Mitglied der Expedition verteilt und der Weg geplant. Die Frauen sorgten für den Proviant, indem Fleisch getrocknet und harte, aber lange haltbare Kekse gebacken wurden. Die Kinsaru-Krieger konnten da wenig helfen; sie hatten von den Vorbereitungen keine Ahnung und waren sehr blauäugig und unvorbereitet auf ihre Reise gegangen. Sie hatten Glück gehabt, das erste Dorf der Aosaru sicher gefunden zu haben ohne von einem Gewitter überrascht oder sich im Nebel verirrt zu haben. Sie verbrachten ihre Zeit meistens mit den jungen Kriegern der Aosaru, die sie zum friedlichen Übungskampf, den Randori, herausforderten. Die Kinsaru waren geschickte Kämpfer, die eine andere Technik beherrschten. Sie war auf schnelle, flinke Angriffe ausgerichtet. Kein Aosaru konnte sie besiegen. Cress verbrachte die restliche freie Zeit bei Topina, man sah sie oft auf  Spaziergänge Händchen halten oder gestikulieren. Dann wusste Palantay, der sie aus der Ferne beobachtete, dass Cress wieder von seinen großen „Heldentaten“ erzählte. „Ein hübsches Paar“ sagte seine Mutter Pina beim Vorbeigehen, die seinen mürrischen Blick bemerkt hatte. „Na, ich weiß nicht. Er wirkt auf mich wie ein Maulheld“ entgegnete er. Sein Vater Parslee nickte zustimmend. „Ganz deiner Meinung. Er denkt, er wäre ein Krieger, aber er ist noch ein halbes Kind.“ Pina lachte laut. „Ach, ihr Männer seid doch nur eifersüchtig, weil alle weibliche Augen gerade auf ihn gerichtete sind“ sie küsste ihren Mann kichernd auf die Wange und kniff Palantay aufmunternd in seine. „Ich glaube ja auch nicht, dass er zurückkehren wird, aber vielleicht bekommt sie ein nettes „Souvenir“ von ihm. Ein Kind mit goldenen Haaren wäre doch wundervoll.“ Palantay verdrehte die Augen. Daran wollte er gerade nicht denken, obwohl es offensichtlich war, dass die beiden miteinander schliefen. Er sah auf seine kleine Schwester runter, die immer noch am Rockzipfel ihrer Mutter hing und hob sie hoch. Er küsste sie schmatzend auf die Wange und sie lachte kichernd auf. „Aber du, Zuchhi, du magst mich doch mehr“ sagte er lachend zu ihr. Doch seine kleine Schwester schüttelte nur kichernd den Kopf. „Gold, Gold“ rief sie aus und zog an seinen blauvioletten Haaren. „Autsch“ er zuckte schmerzhaft zusammen. „Sogar du, du kleine Verräterin.“   Zwei Tage später sollte es endlich losgehen. Palantay konnte es kaum erwarten, dass endlich wieder Frieden einkehrte und die Frauen sich normal verhielten. „Normal“ war eine wage Hoffnung, wie er bemerkte, als er in der Frühe sein Wasser aus der nahen Quelle holen wollte und die einsame Gestalt von Topina bemerkte. Sie schien mit sich selbst zu sprechen, ihre Augen waren gerötet, das Haar ungekämmt und sie gestikulierte in der Luft, als würde sie gegen jemanden kämpfen. „Du bist ein Idiot…das hätte ich schon bei deinen Anblick wissen müssen. Wie man in der falschen Kleidung durch die Berge zieht, das sagt ja alles aus…“ „Topina, ist alles in Ordnung?“ fragte er vorsichtig. Erschrocken drehte sie den Kopf, bemerkte ihn erst jetzt. „Ach, du…ich…ja, mir geht es gut“ stammelte sie und rieb sich hastig  über die Augen. Palantay runzelte sorgenvoll die Stirn. Gut? So sah sie nicht aus. Er setzte sich noch ins taufrische Gras und bot ihr stumm einen Platz an. Sie überlegte, seufzte und tat es ihm gleich. Palantay fielen ihre nackten Füßen auf und dass sie immer noch ihr Nachtkleid trug. „Also?“ fragte er nach einigen Minuten friedlicher Stille, in der sie nur auf den Bach gestarrt hatten. „Ach, es ist Cress. Dieser Idiot“ ihre Augen blitzten wütend. „ich habe ihn gefragt, wann er wieder kommen würde und da hat er anfangen rum zu stammeln. Ob ich denn tatsächlich denken würde, dass es etwas Festes wäre? Er wäre schließlich ein Fremder und sie wären auf wichtiger Mission. Versteh mich nicht falsch“ sie sah ihn scharf an „ich war nicht so naiv zu glauben, er wäre mein Sarang-Partner; aber ich dachte, er hätte wenigstens Respekt vor mir. Dass es nicht nur Sex wäre. Aber stattdessen sagt er, er hätte nur …ich wäre nur…er hat so angegeben“ hauchte sie schmerzhaft auf. „Er wäre ein Nachfahre des Super-Saiyajins und würde daher nur eine Kinsaru mit ebenso reinen Blut zur Gefährtin nehmen. Aosaru wären zwar hübsch, aber so schwach. Einen Haufen weiter Unsinn hat  er verzapft, den ich schon nicht mehr gehört habe. Mir war so schlecht. Ich habe mit ihm so oft geschlafen und habe nicht bemerkt, was für ein Dummkopf er war.“ Sie senkte deprimiert ihren Kopf auf ihre angezogenen Knie. Palantay hörte ein leises Schluchzen und sah, wie ihr Körper zitterte. Sanft tätschelte er ihre Schulter in einen aufmunternden Versuch und suchte nach den richtigen Worten. „Streiche es als wichtige Lebenserfahrung ab“ sagte er. „Du weißt jetzt Bescheid und wirst ihn nicht vermissen. Das Leben geht gewohnt weiter. Lass dich nicht von diesem Blödmann unterkriegen.“ Sie nickte, schniefte ein letztes Mal, aber langsam trat der übliche kämpferische Ausdruck in ihre Augen zurück. „Du hast Recht, der Kerl ist keine weitere Träne wert. Soll er doch in den Bergen abstürzen, dieser Pseudo-Super-Saiyajin.“ Sie stand auf und klopfte sich etwas Erde vom Kleid. „Ich mache mich jetzt frisch. Der Blödmann soll bereuen, was er zurück lässt. Sollte er es wagen, zurück zu kehren, mische ich ihm ein Abführmittel in den Tee“ sie lachte grimmig auf und stampfte zurück. Palantay sah ihr schmunzelnd nach. Damit war das Thema endlich erledigt.   Wie naiv ich damals war. Ich dachte, wir wären sicher und es wäre nichts weiter als Episode in einem langen, friedlichen Leben. Doch wir bemerkten später, dass dies nur die Ankündigung war. Auch wir konnten uns nicht mehr verstecken.     Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)