Libertalia von -Kiara ================================================================================ Kapitel 13: Für Gott und Libertalia ----------------------------------- Zitternd presste Guybrush die linke Hand an die vor Schmerz pochende Seite. Eine warme Nässe benetzte den Stoff seines Hemdes. Mit schwindender Kraft zog er sich zur Wand des großen Festsaales. Er könnte sich am Fenstersims hochziehen, um wieder auf die Beine zu kommen, welche ihn so schamlos im Stich gelassen hatten. Er musste sich lediglich eine kleine Pause gönnen, eher er sein Vorhaben in die Tat umsetzen konnte, denn jede Bewegung verlangte zu viel kostbare Energie und mit jeder verstrichenen Minute wurde ihm zunehmend schwindeliger. Unter Stöhnen hievte sich Guybrush in eine Sitzposition und lehnte den Rücken an das kalte Gestein. Sein Blick wanderte über den Ort des Geschehens. Vor noch einer Stunde hatten sich die zwölf Gründer am großen Mahagonitisch niedergelassen und rege über den weiteren Verlauf der Kolonie diskutiert. „Vertrauen ist wichtig“, hatte Henry Avery betont und bedeutsam in die Runde gesehen. „Daher sollten wir den Bürgern entgegenkommen und ihnen zeigen, dass es nichts zu befürchten gibt.“ Sie waren sich alle einig gewesen, dass man das Steuer noch herumreißen könnte, wenn sie den Forderungen der Rebellen nachkämen und die Schätze, gemäß ihrer Einzahlung, herausgeben würden. Die oberste Priorität war es, die Auseinandersetzung friedlich zu beenden. Das pöbelnde Verhalten in der Kneipe war eine Sache; Eine Kolonie zu führen erforderte hingegen diplomatisches Handeln, ein offenes Ohr und den Willen Kompromisse einzugehen. So hatten sie in den letzten zehn Jahren jedes politische Problem auf der Insel lösen können. Libertalia war ein sicherer Hafen für alle Raubeine, die zu ihren Pforten fanden. Guybrush versuchte durchzuatmen. Ein zunehmend stechender Schmerz ließ ihn stoppen und er biss die Zähne zusammen. Ein prüfender Blick hinunter zu seiner Hand bestätigte, was er eh schon wusste. Blut floss von seiner Handfläche und tropfte in seinen Schoß. Eilig presste er sie erneut an die rot befleckte Stelle an seinem Hemd. Dumpf konnte er aus einem Nebenraum laute Stimmen wahrnehmen. Es klang nach einem Streit. Plötzlich wurde es wieder ruhig. Guybrush horchte auf. Er hörte Tew zögerlich lachen. Weitere zu einem unverständlichen Brummen gedämpfte Worte drangen durch die Wand. Dann fielen mehrere Schüsse. Totenstille legte sich wie ein Schleier über das Gründerhaus. „Für Gott und Libertalia!“, toasteten die zwölf Gründer im Chor und erhoben ihre silbernen Kelche. Sie stießen auf ihre Einigung an und leerten die Behälter in wenigen Zügen. Doch der edle, teure Brandwein schmeckte anders als gewöhnlich. Noch bevor einer der Gründer realisieren konnte, was dies zu bedeuten hatte, stockte bereits dem ersten Piraten die Luft. Acht weitere versuchten sich die Krägen zu lockern, nach Atem zu schnappen, doch auch sie husteten und röchelten bald. In ihrer Verzweiflung krallten die Opfer sich in das Holz des Tisches und hinterließen blutige Kratzspuren, sie schlugen das Geschirr zu Boden und krümmten sich auf ihren Stühlen. In ihren letzten Sekunden war jeder mit sich selbst beschäftigt. Fluchte, flehte, betete. Seelenruhig beobachteten Avery und Tew wie ihre Kameraden einer nach dem anderen verendeten. Bis auf einen. Seit Jahren tauschte Guybrush den Alkohol in seinem Kelch stets mit einem großzügigen Schluck Beinahe-Grog aus. Der Rachenputzer den Avery an alle verteilte, hatte ihm bei ihrer ersten Versammlung das Bewusstsein gekostet und er sah es nicht ein als Schwächling dazustehen, der keinen Hochprozentigen vertrug. Dass es ihm einmal das Leben retten würde, hätte er nicht gedacht. Wenn sie ihn hintergehen wollten, nahm er an, dass sie ihm direkt mit einem Messer in den Rücken stechen würden. Naja. Oder eine Kugel verpassten. „Guybrush, Guybrush“, tadelte Avery enttäuscht. “Wo ist dein Vertrauen geblieben?“ Ein mächtiger Pirat vertraute niemandem außer sich selbst. Er war im Leben oft genug enttäuscht worden. Von seinen Crews, die binnen kürzester Zeit anfingen zu meutern, und sogar von seiner Geliebten, die seinen größten Erfolg für sich selbst beanspruchte. Doch ihr konnte er niemals böse sein. Sie war die Liebe seines Lebens. Das hübscheste Gesicht, das er je sah. Eine Frau mit Charakter, die sich durchzusetzen wusste. Mit einem Seufzen schloss Guybrush die Augen. Die Lider wurden ihm immer schwerer und mit jedem rasselnden Atemzug sank er mehr in sich zusammen. Oh, wie er seine süße Geliebte vermisste. War er dazu verdammt auf dieser Insel zu sterben, ohne ihr Gesicht noch ein einziges Mal wiederzusehen? Ohne ihre Stimme noch ein einziges Mal zu hören? Er konnte sie in seiner Erinnerung seinen Namen rufen hören. Der wundervolle Klang ihrer bezaubernden Stimme hallte in seinen Ohren. „Guybrush!“ Verwirrt runzelte er die Stirn. Er konnte sie tatsächlich rufen hören. Sollte sein Vorstellungsvermögen in seinen letzten Moment derart aufblühen? Vorsichtig blinzelte er die Augen wieder auf, aber das Sichtfeld war zu verschwommen um mehr als Schemen erkennen zu können. Weiche Hände legten sich an seine Wangen und hoben seinen Kopf an. „Elaine?“, fragte er. Seine eigene Stimme war rau und leise, als könnte sie jeden Augenblick versagen. „Nicht ganz. Aber wenn du sie wiedersehen willst, musst du gefälligst durchhalten!“, wies ihn die Stimme forsch an. Er blinzelte erneut und erkannte jetzt die brünette Gestalt, die vor ihm kniete und sich nun bemühte seine Wunde zu verarzten. „Ich hab‘ euch doch gesa-“, seine Belehrung fand ein jähes Ende, als er versuchte sich aufzusetzen und einen weiteren Schmerzschrei unterdrücken musste. „Spar dir deine Kräfte. Und wehe du stirbst!“, funkelte ihn die Piratin vorwurfsvoll durch meerblaue Augen an. Im hinteren Teil des Festsaals erkannte Guybrush den Rest ihrer Bande umherlaufen. Sie hatten eine Tür zu einem Raum geöffnet, von dem er sich nicht bewusst war, dass er existierte. „Was macht ihr hier?“, ächzte er. „Na, was wohl? Plündern. Die Schatzkammer ist leer, also kam uns der Einfall, dass das ganze Gold wohl hier gelagert wird.“ Sie knotete den provisorischen Verband zusammen. Guybrush verzog erneut das Gesicht. „Dafür seid ihr zurückgekommen?“ Kiara hob die Brauen und sah ihn nüchtern an. Ihr Blick offenbarte, dass es sich absolut nicht um den wahren Grund für ihr Aufkreuzen handelte. Sie wischte sich die blutbefleckten Hände an der Hose ab und machte Anstalten aufzustehen. „Boss, wir haben so viel wie wir tragen können“, verkündete einer der Piraten, bis zur Nasenspitze bepackt mit Truhen und Säcken voller Gold und Juwelen. Trotzdem hielt er in einer Hand eine massive, angebissene Fleischkeule. Mit einer fließenden Bewegung schlang sich Kiara seinen rechten Arm über die Schulter und half ihm auf die Beine. „Ich auch“, presste sie hervor, nicht gänzlich in der Lage das Gewicht eines mächtigen Piraten zu stemmen. „Kannst du laufen?“ Kiara lächelte entschuldigend. Sie war einen Kopf kleiner als er und daher als Stütze eher unqualifiziert. Trotzdem hielt der Arm an seinen Schulterblättern ihn wacker im Gleichgewicht, solange sie ihn an sich gedrückt hielt. Guybrush richtete sich mit Mühe auf und nickte zuversichtlich, auch wenn sein Lächeln wankte. „Kein Problem.“ Er fühlte wie neue Kraft durch seine Glieder pulsierte. Nicht nur die Verschnaufpause hatte ihm gutgetan, auch die Hoffnung seine geliebte Elaine wiederzusehen bestärkte ihn. Kiara hatte recht, für sie musste er durchhalten! Für einen Moment stockte Guybrush und sah erneut zur Piratin neben sich. Nicht nur für Elaine musste er durchhalten. „Tja, jetzt wird es allerdings schwierig zum Schiff zu gelangen. Der Dschungel brennt inzwischen“, informierte der Mann mit dem langen schwarzen Pferdeschwanz und der Zigarette im Mund. Er stand an der Tür Wache und beobachtete das Geschehen außerhalb der Mauern von New Devon. Der Kapitän presste die Lippen zu einer schmalen Linie. „Das hatte ich bereits befürchtet. Liegen im Hafen noch Schiffe?“ „Hinter New Devon liegt eine Bucht, da ankert meins“, ließ Guybrush verlauten. „Es gibt einen Tunnel der direkt dorthin führt.“ Die Screaming Narwhal war ein besonderes Schiff. Guybrush war nun seit über fünfzehn Jahren ihr Kapitän und in dieser Zeit hatte sie ihm stets treue Dienste erwiesen. Sie war vielleicht nicht das imposanteste oder nobelste Schiff, das die Welt je gesehen hatte, jedoch vermutlich die bemerkenswerteste aller Karavellen. Das Segel war aus den verschiedensten Stofffetzen genäht, der Mast bestand aus einem Gummibaumstamm, jegliche Verzierungen waren krumm und schief und das zusammengeklöppelte Steuerrad enthielt unter anderem ein Bowling Pin, eine Weinflasche und ein Holzbein. „Wat‘n ditte, Frankensteins Schiff, oda watt?!“, stieß einer der Männer fassungslos aus. Zweifelnd begutachtete er die ungleichmäßig geschliffenen Planken des Decks, als befürchtete er, dass ein falscher Tritt ihn geradewegs ins Lager durchbrechen ließ. „Das ist unsere Fahrkarte hier raus, also maul nicht rum!“, entgegnete ein anderer, dessen Stirnband den Namen ‘Yasopp‘ verkündete. Sie hatten die kostbare Fracht an Bord gebracht und die Planke eingezogen. Überrascht stellten die Seeleute fest, dass sie vergeblich nach einem Anker suchten, den sie lichten konnten. Der Rest einer verrosteten schweren Kette baumelte sinnlos an der Bordwand. „Das ist eine lustige Geschichte. Ich hab‘ sie damals auf Flotsam Island gewonnen, als ich-“ Der Vize blies ungerührt einen Schwall Rauch aus dem Mundwinkel. „Vielleicht sparst du dir das lieber für später auf, bis wir Kurs auf Sabaody gesetzt haben“, unterbrach er den mächtigen Piraten in seiner Erzählung. „Oh, richtig. Die Strömungen haben’s in sich.“ Mit diesen Worten erklomm Guybrush die Stufen zur Kommandobrücke. Er hatte in den letzten Jahren genug über diese raue See und das Navigieren gelernt, um so gut wie jedes Schiff manövrieren zu können. Und auf diesem hier hatte er quasi Heimvorteil. Verheißungsvoll nahm er das Steuerrad in die Hände. „Solltest du dich nicht besser ausruhen?“, rief Kiara entrüstet zu ihm hinauf. „Ich kann schlafen, wenn ich tot bin!“ Wenn er es sich genauer überlegte, jedoch… „Oder später heute Nacht.“ Mit einem kräftigen Tritt gegen die Reling löste er das Seil, welches das Segel gerefft hielt. Schwungvoll entfaltete es sich und zeigte die volle Pracht der bunt gemusterten Stoffflicken. Der Anblick war wenig vertrauenserweckend und unten an Deck rieb sich Kiara die Schläfen in einem Anflug von Migräne. „Und ich dachte die alte Schaluppe von Captain Dread wäre abgetakelt gewesen“, nuschelte sie ungläubig. Der kühle Wind war auf ihrer Seite und wölbte die Laken mit voller Spannkraft, sodass sich das Frankenstein-artige Schiff allmählich in Bewegung setzte. „Ett lebt!“, rief der Pirat mit der Mütze unheilvoll in die Bucht hinaus. Stück für Stück ließen sie das lodernde Libertalia hinter sich, während der Ruf noch an der steilen Küste widerhallte. Die eine Hand fest am Steuer, nutzte Guybrush die Gelegenheit solange sie sich noch im ruhigen Gewässer befanden, mit der anderen Hand in den Untiefen seiner Manteltasche zu wühlen. Irgendwo zwischen seiner Ansammlung an Ramsch und Kleinigkeiten sollte sich etwas befinden, das ihre Reise erleichtern sollte. Geschickt schlängelten sich seine Finger durch den Inhalt seiner Tasche. Ein vorläufiger Büchereiausweis, ein Magnet, ein Flachmann mit Beinahe-Grog, Wachslippen, eine Dose Holzbeinpolitur – aha! Seine Hand umschloss eine hölzerne Fassung, welche einer Sanduhr ähnelte. Triumphal zog Guybrush einen Eternal Pose hervor, welcher die Beschriftung ‚Sabaody Archipel‘ eingraviert hatte. Die in eine gläserne Kugel eingelassene Kompassnadel zitterte mit Bestimmung nach Backbord. Gezielt drehte Guybrush das Steuerrad und setzte Kurs auf die Strömung, welche sie auf dem schnellsten Weg zum nächsten Festland bringen sollte. Die Holzplanken der gewundenen Treppe knarzten leise, während sie unter dem Gewicht des Rothaarigen leicht nachgaben. Mit einem Auge auf die tückische See gesellte er sich zum mächtigen Piraten auf die Brücke. „Du scheinst dich gut auszukennen“, kommentierte er beiläufig. Guybrush nickte. „Ich bin in den letzten Jahren oft genug zum Archipel gesegelt. Da lebt ein Bekannter von mir. Wir treffen uns in einer Bar und tauschen Piratengeschichten aus. Dabei versuchen wir uns ständig gegenseitig zu übertreffen. Ich muss schon zugeben, seine Himmelsinseln können es mit meiner Verfluchten Klinge des Kaflu aufnehmen.“ Der Kapitän hob interessiert die Augenbrauen. Ein wissendes Schmunzeln breitete sich auf seinen Lippen aus. „Ich glaube, ich kenne deinen Bekannten.“ Gelassen lehnte er sich mit dem Schiff zur Seite, als Guybrush das Ruder hart herumriss um auf eine andere Meeresströmung zu wechseln. Unten stolperten Kiara zwei der anderen Crewmitglieder unbeholfen umher. Die Hand des Rothaarigen wanderte in den schwarzen Mantel den er trug und zog ein angegilbtes, sich wölbendes Papier hervor. „Ich nehme an, dieses G20 sollten deine Initialen darstellen?“, fragte er. Guybrush erlaubte sich den Blick vom Horizont abzuwenden und das Papier eingehend zu betrachten. „Hey, das ist die Karte nach Libertalia, die ich vor Ewigkeiten angefertigt habe! Damit habt ihr zur Insel gefunden?“ Er lachte auf. „Ich bin beeindruckt, dass ihr mein Rätsel lösen konntet.“ „Nun, eigentlich war Kiara diejenige, die es gelöst hat. Im Alleingang und in Rekordzeit“, räumte der Rothaarige ein. Mit einem zufriedenen Lächeln beobachtete Guybrush die junge Piratin, welche am Bug mit ihrem Mützentragenden Kameraden über die vaycaylianische Wetterfahne philosophierte. Stolz erfüllte seine Brust. Und Sauerstoff, den er inbrünstig in sich aufsog. Jedenfalls bis seine heimtückische Wunde erneut mit einem Schwall aus Schmerz auf sich aufmerksam machte. Er versuchte seinen Zustand mit einem halbwegs musikalischen Summen zu überspielen. „Und du bist also ihr…?“, setzte er ablenkend an und musterte den Piraten aus den Augenwinkeln. „Käpt’n“, entgegnete der Angesprochene sachlich. „Oh, na dann! Sehr erfreut, Käpt’n –“ Er hielt inne. Zwar kam ihm sein Gesicht schon seit der Auseinandersetzung in der Kneipe irgendwie vertraut vor, jedoch konnte er es einfach nicht zuordnen. „Shanks. Die Freude ist ganz meinerseits.“ Da ging Guybrush ein Licht auf. „Ha! Ich wusste doch, dass du mir bekannt vorkommst! Du warst einer der Super Rookies damals auf Sabaody! Ich hab‘ gehört, ihr hättet ein gewaltiges Chaos angerichtet.“ Er erinnerte sich vage daran, dass angeblich ein eskalierender Schwertkampf mit einem anderen Super Rookie für hellen Aufruhr gesorgt hatte. Er selbst war einige Tage später für eine kleine Tour auf die Insel gekommen und konnte die Überbleibsel des Ausmaßes begutachten. Die Tageszeitungen und zahlreichen Aushänge hatten seinen Steckbrief über den gesamten Ort verteilt. Ob dieser Kerl einen ordentlichen Umgang für seine Tochter darstellte? „Ehrlich gesagt, hätte ich erwartet, dass sie sich ihre eigene Crew sucht.“ Shanks schmunzelte leise. „Sie wollte keine Erfahrung mit Meuterern machen, meinte sie mal.“ Die Sorge konnte Guybrush sehr gut nachvollziehen. „Außerdem hätten sie mich zuhause eh nur ausgelacht, wenn ich da Leute zum Anheuern gesucht hätte“, ertönte plötzlich Kiaras Stimme hinter ihnen und ließ den mächtigen Piraten erschrocken zusammenfahren. „Yikes! Schleich dich doch nicht so an.“ Sie unterdrückte ein Lachen. „Entschuldige. Hey, wir haben das Bett in der Kabine fertig gemacht. Du legst dich hin, wenn die See wieder ruhig ist, ja?“ Zwar klang sie entgegenkommend und hilfsbereit, doch ihre Augen sahen ihn eindringlich und auffordernd an. Es war schwer bei diesem Gesicht Nein zu sagen. „Keine Sorge, Kapitän Threepwood, wir kriegen den Kahn schon geschaukelt“, pflichtete auch der Rothaarige mit bei. Nichtsdestotrotz Guybrush winkte ab. „Macht euch keine Umstände. Ich hab‘ das hier alles voll im Griff.“ „Was du vor allen Dingen hast, ist immer noch eine klaffende Schusswunde. Dass du überhaupt noch aufrecht stehst ist ein Wunder!“, zeterte Kiara. Von aufrecht konnte kaum noch die Rede sein, er hatte das Gefühl sich inzwischen am Steuerrad festzuklammern, statt es zum Lenken zu verwenden. Doch er wollte sich nichts anmerken lassen, also lächelte er tapfer weiter. Mit Nachdruck setzte sie hinzu: „Übertreib es bitte nicht, sonst führt dich die Reise doch noch zum Scheideweg.“ „Tatsächlich war ich da schon“, bemerkte Guybrush, so munter, wie es ihm gelang. „Hm??“, machte Kiara ungläubig. „Es hat damit angefangen, dass so ein verrückter Wissenschaftler meine Hand abschneiden wollte, weil sie von Voodoo-Pocken besessen war.“ Die Crew des Roten Shanks wurde hellhörig. „Voodoo-Pocken?“, wiederholte der Mann, dessen Name wohl Yasopp lautete. „Und ich dachte, Kiara hätte sich diese übertriebenen Geschichten nur ausgedacht.“ Guybrush blickte verwirrt zwischen den Piraten umher. „Welche Geschichten?“ Verlegen fuhr sich die Angesprochene durch die Haare und fand plötzlich reges Interesse daran, durch die brünetten Strähnen zu kämmen, während sie versuchte Sternzeichen am Himmel zu erkennen. „Och, öhm. Die üblichen halt. Wie du LeChuck besiegt und Big Whoop gefunden hast.“ Ein heiteres Lachen wanderte durch die Crew. „Ja. Wie war das? Jetzt bist du dran, du klitschiger Klumpen Karpfen-Köder!“, imitierte der Pirat mit einem Schlangen-Tattoo am Oberarm. „Ick verkoofe diese feinen Kleider in Pink, wa?“, stimmte sein Kumpel mit ein. Ein beinahe tonloses Lachen entfloh der Kehle des mächtigen Piraten. „Ha! Dabei war das erst der Anfang meiner Karriere!“ Er schob sich vom Steuer weg und griff beherzt mit beiden Händen an den dunkelroten Besatz seines blauen Mantels. Selbstgefällig sah er in die Runde. „Ich hab‘ noch Tonnen an piratigen Geschichten auf Lager!“, verkündete er und wollte gerade ausholen, als er bemerkte, dass er deutlich mehr schwankte, als der Wellengang im vorgab. Mit einem Mal wurde ihm furchtbar schwindelig und flau im Magen. Sein Kopf verlor jeglichen Gedanken, die Sicht verschwamm und das letzte was er mitbekam war, wie sich hektisch Arme um ihn schlangen und seinen Fall zu Boden abbremsten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)