Liebste Lena von Lillithia-Symphonia ================================================================================ Kapitel 3: Kapitel 2 -------------------- Das Wetter war grau und trist. Der wolkenbehangene Himmel deutete unvermeidbar auf den kommenden Regen hin, den die Dame im Radio angekündigt hatte. Lena liebte diese Art des Wetters. Wenn der Sommer in den Herbst überging, die Tage kühler wurden und das Laub die Farbe von Sonnenaufgängen annahm. Seit Beginn ihrer Ausbildung zur Steuerfachangestellten hatte sie sich immer zum meteorologischem Herbstbeginn Urlaub genommen. Auch heute saß sie in ihrem Lieblingscafé am Rande der Stadt. Eine Stunde war sie mit den öffentlichen Verkehrsmitteln hergefahren, doch jeder Meter hatte sich gelohnt. Sie liebte dieses Café mit seinen hellen Farben, die an den Frühling erinnerten, seinen kleinen runden Tischen und Stühlen mit verzierten Rückenlehnen. Doch am liebsten hatte sie die Plätze an den Fenstern. Vor jedem befand sich eine Bank mit Kissen und einem eingearbeitetem Fach für Bücher. Das Café war der Rückzugsort für Menschen wie sie. Menschen die es liebten zu lesen und in fremde Welten zu tauchen. Sie konnte nicht nur die Bücher, die sie von zu Hause mitbrachte hier lesen, sondern auch neue entdecken. Das Konzept glich einem Bücherschrank. Wollte man ein Buch mitnehmen, tauschte man es einfach gegen eins aus, dass man selbst mitbrachte. Heute hatte Lena ein Buch mitgebracht, dass sie hier beenden und zurücklassen wollte. Jedes Buch, das ihr gefiel, teilte sie mit ihren Mitmenschen. Es war zu schade ein Buch im Regal stehen zu lassen, wenn man es mit Anderen teilen konnte. Highlights kaufte sie sich einfach doppelt, um eines davon in ihr Bücherregal zu stellen. Ihre kleine Mietwohnung bot nicht viel Platz, weswegen es ihr nicht möglich war hundert Bücher bei sich zu horten. Das war ein zusätzlicher Grund gewesen mit dem aussetzen ihrer gelesenen Bücher zu beginnen. In jedes Buch legte Lena eine Postkarte, auf der sie ein paar nette Worte verfasste und den Lesenden darum bat selbst das Buch weiter zu teilen. Ein Muss war es natürlich nicht, aber es freute sie zu wissen, dass vielleicht jemand an der Wanderung des Buches teilnahm. Vor kurzem war ihr ein Buch in die Hände gefallen, dass sie vor einigen Monaten hier ausgesetzt hatte. Gefunden hatte sie es in einem Bücherschrank in der nächsten Großstadt. Ganze 50 Kilometer entfernt von dem Platz auf dem Lena gerade die letzten Seiten ihres aktuellen Buches verschlang. Sie war so sehr in die Seiten des Buches vertieft, dass sie nicht gemerkt hatte, wie sich das Café füllte und jeder Platz im Inneren besetzt wurde. Eine Außengastronomie war durch den Platzmangel nicht möglich. Eine Männerstimme beendete ihre Suche nach dem Serienmörder, der bereits vier Frauen auf dem Gewissen hatte. „Verzeihung ich möchte Sie ungern stören. Aber wäre hier vielleicht ein Platz frei?“ Vor Lena stand ein hochgewachsener Mann mit dunkelblonden Haaren, die er unter einem Beanie versteckt hielt. In seiner Hand hielt er eine Tasse aus der etwas Milchschaum vorlugte, Milchkaffee oder Cappuccino. „Ich habe leider nicht nachgeguckt, ob hier noch Plätze frei sind und mir einfach einen Kaffee bestellt.“ War das eine dumme Anmache von ihm? Lena musste zugeben, dass der Mann nicht schlecht aussah. Seine braunen Augen, seine Nase mit dem leichten Höcker ließen sein Gesicht markant und sanft zugleich erscheinen. Sie antwortete nicht sofort, schätzte zuerst die Lage ab. Sie hatte genug Bücher gelesen, in denen diese Art der Begegnung zur Liebe des Lebens geführt hatte. In genau so vielen Büchern hatte es aber auch zum Ende des Lebens geführt, weil sich hinter der hübschen Maske ein skrupelloser Serienmörder versteckte. „Sicher. Der Platz ist frei, also nur zu.“ Beide Wahrscheinlichkeiten waren so gut wie unmöglich. Eher lief es darauf hinaus, dass er seinen Kaffee trank, sich verabschiedete und ging. Danach würden sie sich nie wieder sehen. Hauptsache er stört mich nicht beim lesen, dachte Lena bei sich und schlug die nächste Seite auf. Dreißig Minuten brauchte sie um das Buch zu beenden und es zugeklappt neben sich auf die Bank zu legen. Der Mann saß immer noch am Tisch und hatte sich über sein Handy gebeugt. Immerhin hatte er Lena nicht beim Lesen gestört. Sie fragte sich, wie man am Handy sitzen konnte, wenn doch so viele Welten auf einen warteten. „Lesen Sie nicht?“, hörte sie sich fragen und biss sich kurz auf die Zunge. Gerade eben noch hatte sie sich vorgenommen den Sitznachbarn zu ignorieren und jetzt war sie es, die die Konversation begann. „Nicht so häufig, wie die anderen Gäste würde ich sagen. Aber oft genug, dass ich mich traue mitzureden.“ Mit einem breiten Grinsen zuckte ihr Gegenüber mit den Schultern und steckte das Handy in seine Jackentasche. „Dabei einschlafen tu ich schonmal nicht.“ Sein Kleidungsstil hatte etwas von einem Skater. Über einem grauen T-Shirt trug er eine dunkelblaue Kapuzenjacke, seine Jeans passte sich farblich dem anthrazitfarbenen Beanie an. Trotz des lässigen Kleidungsstil wirkte er nicht als wolle er unbedingt jünger wirken. Lena erkannte sofort, dass es einfach sein Stil war. „Ich verstehe gar nicht, wie man bei Büchern einschlafen kann. Wenn ich mich nicht zwingen würde zu schlafen, würde ich es bestimmt nie wieder tun.“ Skeptisch neigte Lena den Kopf zur Seite und sah den Mann herausfordernd an. Zu was sie ihn herausforderte, konnte sie nicht sagen, aber vielleicht wollte sie einfach nur seine Stimme weiter hören und sich über Bücher unterhalten, egal in welche Richtung. Lena liebte das Lesen genau so sehr, wie sie sich darüber unterhielt. Sein Lachen warf sie für einen kurzen Moment aus der Bahn. Es war leise und ging ihr trotzdem durch Mark und Bein. In einer schlechten Romanze wäre das jetzt Liebe auf den ersten Blick gewesen. Sie musste sich aber selbst eingestehen, dass sie ihn wirklich attraktiv und symphytisch fand. Sein offener Blick, der nicht auswich, während sie sich unterhielten, seine ruhigen Worte und Gesten seine Hände, während er versuchte ihr das Phänomen beim Lesen einzuschlafen zu erklären. „Darf ich deinen Namen erfahren? Nur wenn du möchtest, versteht sich.“ Sein Blick blieb aufrichtig auf ihr liegen. „Ich heiße Lena“, stellte sie sich vor und reichte ihr über den Tisch die Hand, welche er mit seiner griff und leicht zudrückte. Er selbst stellte sich mit Patrick vor und erklärte, dass er erst vor kurzem in die Gegend gezogen sei und nach Tipps suchte, was man im Umkreis alles machen konnte. Super, doch ein Flirtversuch, dachte Lena bei sich. „Ist das so? Und jetzt glaubst du, du könntest mich dazu bringen die Gegend zu zeigen?“ gab sie schnippiger zurück, als sie eigentlich beabsichtigt hatte. Patrick gab ihr keinen Grund für die zickige Antwort, nur wusste sie absolut nicht, was sie bei seiner Aussage denken sollte. Die Aussage klang einfach wie ein schlechter Flirtversuch. Durchschaubar und ziemlich unkreativ. Da hatte sie wirklich bessere gehört. Patricks zog seine Stirn kraus und seine Augenbrauen zogen sich ein Stück zusammen. Es wirkte, als hätten ihn Lenas Worte ziemlich harsch erwischt. „Das habe ich doch gar nicht gesagt. Ich habe nur gesagt, dass ich noch nicht lange in der Gegend wohne. Vor kurzem habe ich noch im südlichen Teil der Stadt gewohnt.“ Peinlichkeit hoch 1.000 schoss es Lena durch den Kopf wie eine Rakete beim Start. Sie spürte, wie heiß ihre Wangen wurden, und strich sich ein paar Strähnen ihrer dunkelbraunen Locken hinter das Ohr. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)