Amnesie von Onlyknow3 (Wo ist Katsuya?) ================================================================================ Kapitel 1: Das Verschwinden des Jonouchi Katsuyas ------------------------------------------------- Kapitel 01 - Das Verschwinden des Jonouchi Katsuyas Kaiba Seto saß an seinem Schreibtisch seines Heimbüros. Der Raum wurde nur durch die traditionelle Schreibtischlampe erhellt, während sonst Dunkelheit herrschte. Regen klatschte schwer gegen das hohe Fenster, welches typisch für die Villa war, in der Seto seit seinem 10. Lebensjahr wohnte. Der Monitor seines Rechners war ausgeschalten, was ungewöhnlich war, wenn er sich in diesem Raum befand. Langsam hob der brünette Mittzwanziger seine Hand und griff nach einem flachen Schälchen, in dem ein Schluck Sake im Schein der Lampe schimmerte. Als er es zwischen Zeigefinger und Daumen hielt prostete er einem Bilderrahmen, der auf seinem Schreibtisch stand, zu. "Wieder ein Jahr ohne dich", meinte er melancholisch, bevor er das Schälchen an die Lippen hob und in einem Zug den Alkohol schluckte. "Nie hätte ich gedacht, dass du's ernst meinst." Langsam setzte er das Schälchen wieder auf die Oberfläche seines Schreibtisches und verkorkte die Sakeflasche wieder sorgfältig. Er konnte nicht glauben, dass es nun schon vier Jahre waren. Vier Jahre, in denen er nichts von Jonouchi Katsuya gehört oder gesehen hatte. Dafür konnte er sich umso deutlicher an ihre letzte Begegnung erinnern: "Alter, geh mir nicht auf den Sack", bellte Jonouchi den Jungunternehmer an. "Ich dir?", erwiderte Seto stoisch gelassen. "Eher du mir." "Den Scheiß hab ich mir jetzt drei volle Jahre angehört", keifte der Blonde erregt und wurde von seinem besten Freund, Honda Hiroto, zurückgehalten. Sonst hätte er seinen Gegenüber mit Sicherheit am Kragen gepackt und gegen die nächste Wand gedonnert. Seto grinste arrogant. Er musste arrogant grinsen, denn er befürchtete, dass Jonouchi ihn ansonsten durchschauen und seine Gefühle für ihn erkennen würde. Immer wieder hatte Setos kleiner Bruder ihm geraten endlich zu seinen Gefühlen zu stehen, doch die Erziehung ihres Adoptivvaters saß einfach zu tief in ihm. "Weißte was, Geldsack? Ich geb dir mein Wort: Nach heute wirst du mich nie wieder zu Gesicht bekommen oder etwas von mir hören", hatte Jonouchi aufgebracht geschrien. Dann befreite er sich von seinem besten Freund, schnappte sich seine Jacke und stapfte in die noch frische Märznacht davon. Gewäsch. Das hatte Seto über das Versprechen des anderen gedacht. Jonouchi hatte mit Ach und Krach seinen Abschluss gepackt. Sicherlich würde er in einem Schnellrestaurant am Drive Thru-Schalter landen ... oder auf dem Bau Hilfsarbeiten verrichten ... aber wohl kaum aus dieser Stadt rauskommen. Und dieser Gedanke erfüllte Seto mit ... Bitterkeit. Jonouchis Freundeskreis und er hatten doch alles getan, damit sich Jonouchis Notendurchschnitt hob, doch ein halbes Jahr war einfach zu wenig Zeit gewesen. Die schlechten Vornoten hatten den Schnitt des Blonden trotz der guten Abschlussarbeiten erheblich gesenkt. Doch als Jonouchi an diesem Abend dann anfing seine Noten, Anstrengungen und Leistungen selbst zu einem Witz zu degradieren, war Seto die Hutschnurr geplatzt. So hatte er sich hinreißen lassen etwas zu sagen, was er weder wirklich dachte, noch so meinte, nämlich das jeder seinen Platz im Leben zugewiesen bekommt. Noch im gleichen Moment hatte er seine Spitze gegen den Blonden bereut und sich gewünscht, sie wieder zurücknehmen zu können. Doch was einmal den Mund verlassen hatte, war draußen und konnte nicht wieder zurückgenommen werden. Er wusste, dass die Noten nichts über den Blonden aussagten. Der war nicht dumm, faul oder nachlässig gewesen. Er hatte schlicht und ergreifend keine Zeit zum Lernen gehabt. Das hatte sich erst gebessert, nachdem dieser Säufer von Vater ins Gras gebissen hatte. Der alte Jonouchi war im Suff eine Treppe zur U-Bahn hinunter gestürzt und hatte sich so schwer verletzt, dass er die Nacht im Krankenhaus trotz Notoperation nicht überlebt hatte. So hatte er einen mittellosen und nun total überschuldeten Sohn zurückgelassen, der dann auch noch drohte auf der Straße zu landen. Als Seto davon erfahren hatte, hatte er dem Inkassobüro die Schulden abgekauft und gelöscht. Dann hatte er dafür gesorgt, dass Jonouchi eine kleine, möblierte zwei-Zimmer-Wohnung in der Nähe der Schule gefunden hatte, die der Blonde sich leisten konnte. Tatsächlich hatte Seto das Gebäude mit der Wohnung kurzerhand gekauft, als er von Jonouchis Interesse an der Wohnung erfahren hatte. Dann hatte er den Verwalter angewiesen dem Blonden die Wohnung zu einem wesentlich günstigeren Preis anzubieten, so dass dieser sofort einschlug und die Wohnung anmietete. Alles, ohne dass Jonouchi auch nur eine Ahnung hatte, dass Seto hinter all dem steckte. Einige Tage nach der Abschlussfeier hatte sich der Verwalter des Mietshauses bei dem Jungunternehmer gemeldet. Er hatte nachgefragt, ob Seto die kleine Wohnung auch weiterhin so weit unter dem Mietwert auf dem Markt anbieten wollte. Erst hatte Seto die Frage nicht verstanden, doch dann fügte der Verwalter hinzu, dass man jetzt, wo sie wieder frei war, die Miete durchaus problemlos angleichen konnte. Es war, als hätte man ihm mit voller Wucht einen Vorschlaghammer in den Magen gerammt. Hektisch hatte er nachgehakt, was der Verwalter mit 'frei sein' meinte. Da informierte der Mann ihn, dass der junge Mann, der bislang in ihr gewohnt hatte, eine schriftliche Kündigung geschickt hatte. Zuerst war in Seto der Gedanke aufgeflammt, dass Jonouchi wohl rausbekommen hatte, wem das Gebäude gehörte. Doch wie? Also hatte er alles stehen und liegen lassen, war ins Büro des Verwalters, dass zwei Häuser weiter in einem anderen Mietshaus lag, gefahren und hatte sich die Kündigung zeigen lassen. Es war unverkennbar Jonouchis Handschrift. Wie konnte der Blonde so dumm sein, auf Grund eines verletzten Stolzes eine Wohnung in so günstiger Lage und zu so einer kriminell niedrigen Miete zu kündigen? Doch als er sich den Umschlag anschaute fiel ihm der Stempel des Postamtes auf. Der Brief war am Tag vor dem Abschlussfest gestempelt worden. Also... hatte die Kündigung nichts mit ihrer Auseinandersetzung zu tun gehabt? Er wandte sich um, ignorierte die Frage des Verwalters, was nun mit der Miete wäre, und verließ das Büro, sowie das fremde Haus. Draußen zog er sein Handy und suchte im Adressbuch nach dem Eintrag von Honda. Als er den Eintrag fand ließ er sich von seinem Chauffeur zur gespeicherten Adresse fahren, stieg aus und klopfte energisch an der Tür des kleinen Ein-Familien-Hauses. Erst nach einigen Minuten wurde ihm von einem ziemlich verschlafen wirkenden Honda die Tür geöffnet, der ihn fragend musterte. "Kaiba?", gähnte er ihm entgegen. "Ist er bei dir?", hatte Seto ihn direkt gefragt, ohne irgendeine Höflichkeitsfloskel zu entbieten. Direkt. Auf den Punkt. "Wer?", fragte Honda verwirrt. "Jonouchi", keifte der Brünette haltlos. "Ja, weißt du's denn gar nicht?", entgegnete Honda, der langsam wacher wurde. "Was?", drängte der Jungunternehmer weiter. "Jonouchi ist in den Staaten", erklärte Honda. "Willst du reinkommen und einen Kaffee?" "Was für Staaten?", überging er Hondas Einladung. "Die... vereinigten Staaten", kam es langsam von Honda. "Von Amerika." "Er besucht seine Schwester?", blaffte Seto überrascht. "Und wann kommt er wieder?" "Hm, ich würde sagen... in vier bis sechs Jahren", antwortete Honda, der langsam ungeduldig wurde. "Was?", hakte der Blauäugige nicht verstehend nach. "Haben sie ihn drüben einkassiert?" Honda musste auflachen, während er sich durch sein ungemachte Haar ging, dass ihm halb über das Gesicht hing und normalerweise nach hinten gegelt war. "Was?", blaffte Seto erneut. "Du weißt es wirklich nicht, oder?", kam es etwas belustigt von dem anderen Brünetten. "Er ist zum Studieren drüben. Letzte Woche wurde er informiert, dass er bei einer der Unis, auf deren Warteliste er stand, doch noch reingekommen ist. Mit Vollstipendium. Ein anderer Stipendiat war abgesprungen", informierte Honda sein Gegenüber. "Also... ist er weg?", stammelte der Jungunternehmer geschockt. "Er wird sicherlich in den Semesterferien vorbei schauen... oder wenn er fertig ist zurückkommen", versuchte Honda Seto zu beruhigen, dessen Schulter plötzlich abgesackt waren. "Da... Danke für die Auskunft, Honda", meinte er schließlich kraftlos und wandte sich zum Gehen. "Warum hast du es ihm nicht einfach gesagt?", rief Honda ihm fragend hinterher. Seto blieb stehen, drehte sich halb um und sah den anderen fragend an. "Was du für ihn wirklich fühlst?" Seto hatte gemerkt, wie seine Wangen heiß wurden, als sie sich röteten. Ohne die Frage zu beantworten hatte er sich wieder dem niedrigen Gartentor zugewandt, es geöffnet und hatte den Grund und Boden der Familie Honda verlassen, um in seine Oberklassenlimousine einzusteigen. Eigentlich hätte sich Seto für den Blonden freuen wollen, doch der Streit lag ihm noch schwer im Magen und dann ... kam alles noch viel schlimmer: Nach einer Woche, in der Seto kaum mehr als ein Schatten seiner selbst gewesen war, hatte Honda vor der Villa auf ihn gewartet, als er abends nach Hause gekommen war. Seto war ausgestiegen und war zu dem anderen gegangen, der irgendwie auch nicht wie er selbst wirkte. "Was willst du?", fragte Seto ohne Umschweife. "Es geht um Jou", hatte Honda begonnen. "Was? Schmeckt ihm die amerikanische Küche nicht?", hatte der Geschäftsmann schnippig eingeworfen und bereute sofort diese Reaktion. "Er ist nie in Amerika angekommen", informierte Honda ihn ruhig. Für einen Moment fühlte Seto einen stechenden Schmerz in seiner Brust und griff sich an sein Hemd, während er zwei Schritte zurück taumelte. Honda reagierte blitzschnell, griff nach seinem Arm und bewahrte ihn davor, das Gleichgewicht zu verlieren. "Komm, lass uns erst einmal reingehen. Dann kannst du dich se..." "Wenn er nicht in Amerika ist, wo ist er dann?", kam es auf einmal aufgebracht von dem etwas Älteren. "Das wissen wir nicht", antwortete Honda sofort. "Seine Mutter und seine Schwester haben gedacht, dass er sich vielleicht mit dem Abflugtag vertan hätte. Sie haben versucht ihn anzurufen, aber konnten ihn nicht erreichen. Dann haben sie hier bei uns die Polizei angerufen, doch die sagte ihnen, dass sie erst nach drei Tagen aktiv werden könnten. Jetzt ist er vermisst gemeldet, aber es gibt keine Spur. Die Polizei bittet uns alle morgen Vormittag auf der Wache zu erscheinen." "Er ist seit anderthalb Wochen weg und erst jetzt wird die Polizei aktiv?", fauchte Seto ungläubig. Honda konnte nur mit den Schultern zucken. "Unfähiges Pack. Ich werde ihn selbst suchen ... und finden." Damit schob er sich an Honda vorbei in seine Villa, eilte in sein Hausbüro und rief den firmeneigenen Privatermittler an. Vier Jahre später hatten sie immer noch keine Spur. Doch die Suche lief immer noch. Nicht von Seiten der Polizei. Sie hatten die Akte nach ein paar Monaten ohne Ergebnis geschlossen. Doch Seto war hartnäckig geblieben und hatte jede Woche den zuständigen Detective aufgesucht und nach neuen Erkenntnissen gefragt. Irgendwann, nach weiteren Monaten hatte der Detective ihn zur Seite genommen und ihn gebeten, nicht mehr zu ihnen zu kommen. Offiziell vermutete die Polizei, dass Jonouchi seine Pläne in letzter Minute geändert hatte und einen neuen, eigenen Weg verfolgte. Das glaubte Seto nicht. Jonouchi hatte das gesamte halbe Jahr vor ihrem Abschluss immer wieder von dieser einen Uni gesprochen, auf die er so unbedingt wollte. Die, die ihn schließlich in letzter Minute doch noch aufgenommen hatte. Diese Chance hätte der Blonde niemals weggeworfen. Niemals. "Wo bist du, Katsuya?", richtete Seto seine Frage an den Bilderrahmen vor ihm. In ihm war ein Bild des Blonden, auf dem er gerade herzlich lachte. Er hatte dieses Bild von Honda bekommen, damit er etwas hatte, was ihn an den Blonden erinnerte. Nicht dass er so etwas gebraucht hätte. Dennoch hatte er es gerahmt und hier auf seinen Schreibtisch neben das Bild seiner Eltern und dem Bild von Mokuba gestellt. Vier Menschen, die ihm alles bedeuteten, und jeder einzelne hatte ihn verlassen. Kapitel 2: Yamada Taro* ----------------------- Kapitel 02 - Yamada Tarō* Der Nebel, der Yamada Tarō in seinem Traum umgab, war wie immer mehr als dicht. Wenn er seine Hand hob konnte er sie kaum noch sehen. Von irgendwoher konnte er ein Nebelhorn hören. Der Untergrund, auf dem er stand, schwankte verdächtig von einer Seite zur anderen. Ihm wurde bewusst, dass er auf einem Boot stehen musste. Wasser plätscherten gegen das Holz des kleinen Boots. Es schwankte immer heftiger im Wellengang des Meeres. Tarō verlor sein Gleichgewicht und stieß gegen den niedrigen Mast, den das kleine Boot trotz seiner geringen Größe bot. Ungehalten knurrte er, denn er hasste Wasser und insbesondere das Meer. Erneut dröhnte das Nebelhorn, jedoch wesentlich lauter, als noch vor einigen Augenblicken. "Hey, ist da jemand?", rief Tarō in den Nebel, doch seine Stimme wurde durch das erneute Dröhnen des Nebelhorns übertönt. Das kleine Boot geriet mehr ins Wanken und Tarō war sich sicher, dass ein größeres Schiff in unmittelbarer Nähe an ihm vorbei fuhr. Ein merkwürdiges Klappern wurde hörbar. Tarō kannte das Geräusch, konnte es aber erst nicht zuordnen. Dann wurde ihm bewusst, dass dieses Geräusch seine Zähne waren, die aufeinander schlugen. Er fror. Erst jetzt bemerkte er, dass seine Kleidung schwer und nass an ihm hing. Aus einer Richtung konnte er etwas sehen. War das ein Leuchtturm? Nein. Das war nicht nur ein Licht, was er im Nebel zu erkennen glaubte. Es waren zwei. Sie standen nebeneinander und leuchteten in einem unglaublich durchdringenden Blau. Der Wecker beendete die Nacht für Yamada Tarō, der die Augen aufschlug und kurz gegen die Wand, an der sein Bett stand, starrte. Er konnte spüren, wie sein Herz heftig schlug. Es war keine Angst oder Panik, aber er konnte auch nicht wirklich benennen, was es war. Langsam setzte er sich auf und schaltete den Wecker aus, der auf dem Fensterbrett stand. Er blickte aus dem Fenster auf den kleinen Fischerort, in dem er seit dreieinhalb Jahren lebte. Der Himmel war blau und der Schrei der Möwen drang an sein Ohr. Der Ort schmiegte sich in die Krümmung einer natürlichen Bucht, die so groß war, dass man die andere Seite dieser nur in der Ferne verschwommen sehen konnte. Dort lag eine große Stadt, deren Wolkenkratzer wie kleine Nadeln in den Himmel empor ragten. Tarō strich sich mit den Fingern die langen, blonden Haare zurück und atmete die Meeresluft tief ein. Er hasste zwar das Meer, doch diese Art von Luft tat ihm doch gut. Langsam und ohne Hast schlug er seine Bettdecke zurück und stand auf. Seine Füße trugen ihn ins Badezimmer, in dem er kurz duschen ging und seine Morgentoilette absolvierte. Mit einem Handtuch um die Hüfte kam er zurück, ging in die kleine Kochnische und setzte den Wasserkocher auf. Dann kehrte er zu seinem Bett zurück, schüttelte das Kissen auf, faltete die Decke ordentlich und platzierte beides sorgfältig auf dem Bett. An der Wand hingen einige Zeichnungen von ihm, die er von der kleinen Stadt gemacht hatte. Auf manchen waren auch Freunde und Bekannte zu sehen oder Tiere, die er täglich sah. Einige seiner Bekannten hatten ihm wiederholt bescheinigt, er habe Talent, doch Tarō hatte jedes Mal nur darüber aufgelacht und abgewunken. Er und Talent? Sicher nicht. Er zog sich eine Jeans an und darauf ein einfaches, uni-farbiges T-Shirt. Dann zog er sich ein Lederarmband an das linke Handgelenk, um die dortige Narbe zu verbergen. Noch immer konnte er sich nicht erinnern, wie er zu dieser Narbe gekommen war oder was in seinem Leben so furchtbar schief gelaufen sein mochte, dass er scheinbar versucht hatte sich selbst das Leben zu nehmen. Oder ob die Narbe einen anderen Ursprung hatte. Doch ihm waren die Blicke der Leute unangenehm und wollte keine Fragen provozieren, auf die er keine Antwort hatte. Der Wasserkocher klackte, als er die gewünschte Temperatur erreicht hatte. Also ging Tarō zurück zur Kochnische, nahm sich eine Tasse und befüllte ein Teeei. Dann brühte er den Tee auf und ließ ihn durchziehen. In der Zeit ging er zurück ins Badezimmer um sich die Haare zu trocknen und mit einem Gummi zusammenzubinden. Als er zurück kam war der Tee fertig und nicht mehr zu heiß. Also holte er das Teeei heraus und setzte sich mit der Tasse an einen kleinen Schreibtisch, auf dem allerlei Mappen lagen. Er nahm einen Schluck und zog dann eine bestimmte Mappe hervor. Als er sie öffnete kamen weitere Zeichnungen von ihm zum Vorschein. Alle hatten das gleiche Motiv: durchdringende, eisblaue Augen, die von Schwärze umgeben waren. Wem gehörten diese Augen? Gab es sie überhaupt? Oder entsprangen sie einer Fantasie? Immer wieder nahm er einen Schluck Tee, während er durch die Zeichnungen blätterte, die er teils mit Buntstifte, teils mit Öl-Pastell-Kreide angefertigt hatte. Erst als seine Armbanduhr, die an der Tür auf einer Ablage ruhte, piepste wurde ihm bewusst, dass es Zeit war. Er schlug die Mappe wieder zusammen, brachte die Tasse zur Spüle und wusch sie kurz aus, bevor er sie zum Trocknen auf die Abtropffläche stellte. Dann ging er zu seiner Wohnungstür, zog seine Uhr, die ein breites Lederband besaß und dem Lederarmband glich, an, nahm seinen Schlüssel und verließ die Wohnung. Er ging über den Laubgang zur offenen Treppe und stieg die drei Stockwerke hinab. Dann überquerte er eine kleine, gepflegte Grünfläche und erreichte den Parkplatz seiner Wohnanlage. Dort stieg er in sein Auto und fuhr los. Sein Weg führte ihn einmal durch den 100.000-Seelen-Ort, zum Industriegebiet, dass gleich neben dem Hafen lag. Dort parkte er auf einem Angestelltenparkplatz, schloss sein Auto ab und lief die Straße zu seinem Arbeitsplatz entlang. Auf dem Weg hob er immer wieder kurz die Hand zum Gruß und winkte den Menschen, die er kannte und mit denen er teilweise bekannt war. Dann kam er an Kens Meisterwerkstatt für Autos und Motorräder an, wo sein Chef - Ken - ihn freundlich grüßte. Tarō ging in die Umkleide, um aus seiner Jeans zu schlüpfen und dort in seinen Werkstattoverall. Dann suchte er das Auftragsboard - ein Whiteboard im Büro seines Chefes - auf und grüßte dort noch Yayoi, Kens Frau und Verwaltungsangestellte der Werkstatt. "Tarō, kannst du bitte Auftrag drei übernehmen?", bat sie ihn, während sie ihm eine Tasse Tee hinhielt. "Klaro", kam es salopp von dem Blonden. Vom Board erfuhr er, dass es sich um ein Motorrad handelte, eine Honda Rebel 250, die bereits einige Jahre auf den Reifen hatte. Honda ... Tarō blieb an dem Namen hängen. Er wusste nicht warum, aber irgendwas verband er damit. Etwas, was er wohl vermissen sollte, wenn er sich nur erinnern könnte. Dann ging er in den Teil der Werkstatt, wo das gute Stück stand und wartete. Er strich mit der Hand über den Sattel. Als er dann von vorne auf die Maschine blickte wurde ihm bewusst, dass er so eine Maschine schon einmal gesehen hatte. Jemand grinste ihn vom Sattel her stolz an. Doch in seiner Erinnerung hatte dieser Jemand kein Gesicht. Das einzige, was ihm auffiel, war diese absurde Frisur, die nach vorne spitz hoch gegelt waren. In seiner Mittagspause verließ Tarō das Gelände der Werkstatt und suchte ein nahes Restaurant auf, deren Besucher auf Hocker an einer nach außen gewandten Theke saßen. Dort bestellte er sein übliches Mittagessen: Soba. Als der Mann hinter der Theke ihm die Schüssel reichte lächelte er Tarō an. "Na, wie geht es dir?", fragte er wie jeden Tag. "Gut", erwiderte Tarō und nahm seine Stäbchen in die Hand. "Und dir?" "Muss. Muss", meinte der Ältere. "Und... wieder von diesen blauen Augen geträumt?" Tarō sah auf und lächelte verlegen, bevor er die ersten Nudeln probierte und nickte. "Ja, hab ich tatsächlich", meinte er danach. "Gehören bestimmt einer ausländischen Schönheit", kam es von dem Koch. "Wie kommst du auf ausländisch?", fragte Tarō überrascht nach. "Na, weil die Augen blau sind. Japaner haben doch eher dunkle, also kommt sie bestimmt aus Amerika oder Europa. Vielleicht Russland? Da gibt es viele Blauäugige. Blonde, vollbusige Blauäugige", schwärmte der Mann in seinen klischeebehafteten Vorstellungen. Tarō lächelte nur und zeigte nicht, dass die Vorstellung, dass die Augen einer Frau gehören konnten ihm gar nicht gefiel. Plötzlich hielt er inne. In den letzten dreieinhalb Jahren hatte er nie einen Gedanken an eine Beziehung verschwendet. Es hatte sich immer gefühlt, als würde er auf etwas warten. Oder jemanden? Er wusste es nicht. Sex in irgendeiner Form hatte in dieser Zeit auch keine Rolle für ihn gespielt. Ob das unnormal war? Aber was war - auf ihn bezogen - schon normal? "Ich sag es dir, Sakamoto, der Freak gehörte bestimmt 'ner Gumi an und ist hier untergetaucht.", hörte er die Stimme eines anderen Gastes, der zwei Hocker weiter saß. Es war ein Schweißer, der in einer der umgebenden Firmen arbeitete und der ihm nicht glaubte, dass sich Tarō an nichts vor den dreieinhalb Jahren erinnern konnte. "Wenn ich ein Yakuza wäre, dann hättest du jetzt aber ein Problem", kam es amüsiert von Tarō. "Oder meinst du, ein Yakuza würde dir so ein Spruch durchgehen lassen?" Der Koch lächelte nur stoisch weiter und servierte dem Schweißer ein Glas Bier, um diesen zu beschwichtigen, der Tarō bitterböse anfunkelte. Doch dieser aß ruhig und gelassen seine Schale mit Soba weiter. "Dann biste halt ein anderer Krimineller, der meint, hier in der Kleinstadt untertauchen zu können. Räuber oder Vergewaltiger oder sowas", keifte der Schweißer. "Dies ist eine ordentliche Stadt und so einen Verlierer, wie dich, brauchen wir hier nicht." Tarō kramte ein paar Scheine aus seiner Geldbörse und legte sie auf den Tresen unter seine Teetasse, hob die Hand zum Gruß und ging, obwohl seine Schale erst zur Hälfte leer war. Als er sich abwandte hörte er den Schweißer laut auflachen. "Wie ein räudiger Köter zieht er den Schwanz ein und macht sich davon", hörte er die raue Stimme des anderen und stockte auf einmal im Schritt. Schon die Bezeichnung Verlierer hatte einen Knoten in seinem Magen entstehen lassen. Doch 'Köter' ließ sein Inneres auf einmal erzittern, wie eine Fensterscheibe, wenn ein Erdbeben nahte. Er griff sich an die Brust. Sein Herz schlug wieder schneller und heftiger. Was war das nur, was ihm gerade den Atem raubte? Seine Finger gruben sich mehr in den Stoff seines Shirts und er musste sich an der Hauswand abstützen. Da war eine Stimme in seinem Kopf, die dieses Wort immer und immer wieder sagte. Dabei klang sie mal spottend, mal abschätzig, beleidigend oder belustigt. Tarō schloss seine Augen und zählte von zehn langsam herunter. Langsam beruhigten sich sein Herz und die Gefühle in seinem Inneren wieder. Als er die Augen wieder öffnete stellte er überrascht fest, dass der Koch vor ihm stand und ihn besorgt ansah. Wann war der ihm hinterher gekommen. "Hey, ist alles in Ordnung? Soll ich einen Krankenwagen rufen?", fragte er besorgt. "Nein, alles wieder okay", meinte Tarō und richtete sich langsam wieder auf. In seinen Ohren rauschte noch das Blut, was ihm erst jetzt auffiel. "Biste sicher, Junge?", hakte der Ältere nach und wollte ihn am Arm packen. Doch Tarō wich mit zwei Schritten nach hinten aus und entzog sich der drohenden Berührung. "Ja, wirklich. Wir sehen uns morgen Mittag", lächelte er nun den Koch wieder an, der ihn immer noch kritisch musterte, ihn aber dann gehen ließ. Als Tarō an diesem Tag nach Hause kam legte er seine Uhr und den Wohnungsschlüssel in die Schale auf der Ablage neben der Tür, schlüpfte aus seinen Schuhen, durchquerte den Wohnraum mit der Kochnische und ließ sich erschöpft in sein Bett fallen. Nach einem langen Augenblick setzte er sich auf seine Ellenbogen auf und zog ein Büchlein unter der Matratze hervor. Er schlug es dort auf, wo das Lesebändchen war, nahm den Stift auf der Lasche und schrieb die Worte 'Verlierer' und 'Köter' hinein. Auf der anderen Seite waren ebenfalls einige Worte notiert, die in ihm komische Gefühle ausgelöst hatten. Er wollte das Buch schon wieder zuschlagen, als er inne hielt und sich dann noch 'Honda' notierte. Erst dann schlug er es wieder zu, schob den Stift in die Lasche zurück und legte das Buch wieder unter die Matratze. * Yamada Tarō ist der japanische Platzhaltername für unidentifizierte Männer in Japan, so wie John Doe in den USA, John Smith in UK oder Max Mustermann in Deutschland Kapitel 3: Ein Hinweis ---------------------- Kapitel 03 - Ein Hinweis Setos Blick schweifte über die Stadt. Von seinem Büro im Kaiba Corp Tower hatte er einen weitläufigen Blick über Domino City. Auf das belebte Herz der Stadt, in der es zahlreiche Wolkenkratzer gab, die aber alle niedriger waren, als sein Firmenhauptsitz. Darum reihten sich die verschiedenen Viertel, die überwiegend Wohnraum für die Bewohner dieser Stadt boten. Von den unzähligen Bezirken, in denen sich nach amerikanischen Vorbild Ein-Familien-Häuser in Vorortflair sammelten, über die typisch japanischen Wohngebiete, in denen sich die niedrigen Wohnhäuser aneinander reihten, den Apartment-Gebieten, in denen sich Wohnanlage und Apartmentgebäude abwechselten, bis zu dem sozialschwachen Brennpunkt. Wie jedes Jahr, nachdem der Jahrestag ihres Schulabschluss sich mehrte, stand er hier und fragte sich, ob Jonouchi Katsuya irgendwo da unten war. Er hoffte, dass es dem Blonden gut ging und dieser glücklich war. Egal, wo er war. Die Angst, dass seine erste Liebe tot sein könnte, schob er so weit weg von sich, wie er nur konnte. Dennoch zerrte sie immer aus der Dunkelheit an ihm. Auf einmal hörte er eine aufgeregte Stimme im Vorzimmer seines Büros, die ihm wohlbekannt war. Er drehte sich zur Tür und zog kurz seine Augenbrauen kraus, dann ging auf einmal seine Tür auf und ein aufgebrachter Honda stürmte in Badeshorts, einem Hawaii-Hemd und Flip Flops in sein Büro. Die neue Sekretärin stolperte hinter ihm her und versuchte ihn aufzuhalten. Dabei entschuldigte sie sich wiederholt bei Seto für diesen Fauxpas, der ihr da wohl gerade unterlief. Ihr Gesicht wirkte in diesem Moment einfach nur verzweifelt und ihre Augen waren bereits feucht. Der erfahrene Firmenleiter schätzte, dass es nur noch ein i-Tüpfelchen bräuchte, um die junge Frau zum Weinen zu bringen. Also hob er seine Hand und sowohl Honda, als auch die Nachwuchs-Büroorganisatorin hielten inne und sahen ihn verwundert an. "Hayashi-san, das ist Honda Hiroto, ein persönlicher, enger Freund von mir. Auch... wenn sein Auftreten mehr als unangebracht ist, können Sie ihn jederzeit zu mir vorlassen, es sei denn, ich bin in einem Gespräch", erklärte er der jungen Frau, die ihn mit großen Augen ansah. Dann nickte sie, wandte sich dem Besucher zu und schien zu stocken. "Tee?", fragte sie ihn dann gepresst. Der Angesprochene hob eine Hand, lächelte höfflich und schüttelte den Kopf. "Nein, danke", meinte er kurz angebunden. Sie wandte sich noch einmal Seto zu. "Wenn Sie etwas brauchen, Kaiba-sama, lassen Sie es mich bitte wissen", meinte sie, bevor sie das Büro verließ und hinter sich die Tür schloss. "Wo is'n Kuroi-san?", fragte Honda, als er sicher war, dass die Tür geschlossen war. Seto griff sich kurz an die Nasenwurzel. "In Reha", antwortete er ruhig. "Was, warum?", kam es geschockt von Honda. "Schlaganfall", war die knappe Antwort. Dann musterte er Honda. "Hiroto, warum bist du so aufgewühlt, dass du im Strandoutfit hier erscheinst? Wolltest du nicht mit Otogi ans Meer?" "Da waren wir auch", kam es hastig von dem anderen Brünetten, der mit einigen Schritten überwand, was ihn von Seto trennte und ihm dann etwas mit der flachen Hand gegen die Brust drückte. Seto zog erneut die Augenbrauen zur Nasenwurzel, griff nach dem kleinen Gegenstand, so dass Honda seine Hand zurück ziehen konnte und er erstarrte, als er begriff, was er da in seinen Händen hielt. "Wo... wo hast du das her?", stammelte er mit erstickender Stimme, als er den silbernen, rechteckigen Anhänger anstarrte, den er all die Jahre um Jonouchis Hals baumeln gesehen hatte. Mit zittrigen Fingern öffnete er das Amulett und überzeugte sich davon, dass es wirklich das war, was es schien. Und tatsächlich lächelte ihn eine junge Shizuka von einem verblassten und welligen Bild an. Ein Schmerz durchzog seine Brust. "Wir waren auf der anderen Seite der Bucht am Strand. Da hab ich einen Jungen gesehen, der es trug", erzählte Honda aufgeregt. "Ein Junge? Wo hatte der es her?", hakte Seto hastig nach. "Er sagte, er hat's vor ein paar Jahren am Strand gefunden", antwortete Honda. "Vor ein paar Jahren?", kam es aufgeregt von Seto. Endlich hatten sie etwas von Jonouchi gefunden. "Erst hat er gemeint, seine Mutter habe es ihm geschenkt. Als ich ihm zeigte, dass es ein Medaillon ist und darin ein Foto von Shizuka ist, hat er gestanden, dass er es vor vier Jahren im Frühjahr am Strand gefunden habe. Es sei angespült worden. Er fand den Anhänger ganz cool und hat ihn ab da getragen. Als ich ihm sagte, dass ich den tatsächlichen Eigentümer kenne hat er es mir überlassen", erzählte Honda aufgeregt. Seto wandte sich ab und ging zu seinem Schreibtisch zurück. Dort rief er am Computer eine Karte von Japan auf und suchte Domino City. Ihre Heimatstadt lag auf der Nordspitze einer großen, natürlichen Bucht, die einige Kilometer Durchmesser besaß. Auf der anderen Seite dieser Bucht befand sich eine kleine Stadt, mit kaum 100.000 Einwohnern. Wie sollte ein Medaillon vom Hals seines Streuners quer über diese Bucht zu dieser Fischerort gekommen sein. "Hey, zoom mal näher an Domino City ran", meinte Honda plötzlich, der sich neben ihn gesellt hatte. Wieder zog Seto seine Stirn kraus, entsprach der Bitte dann aber, bis die Stadt den Bildschirm ausfüllte. Dann legte Honda seinen Finger auf den Monitor und deutete auf einen Stadtteil. "Da haben wir doch unseren Abschluss gefeiert." Erst verstand Seto nicht, worauf der andere hinaus wollte, doch dann bemerkte er, dass die Halle, in der sie gefeiert hatten auf einer Landzunge lag, die ins Meer ragte. An ihr führte eine kurvenreiche Straße entlang. "Jou ist damals ziemlich wütend abgedampft. Wenn er wütend war ist er gelaufen, weil er so die Wut abbauen konnte. Was wenn er hier an der Straße entlang zurück in die Stadt gelaufen ist und ... keine Ahnung ... ins Meer gefallen wäre?", sprudelte es auf einmal aus Honda. "Warum sollte er ins Meer gefallen sein?", kam es etwas ungehalten von Seto. Doch dann hielt er inne. "Es... war schon recht dunkel, oder?" "Als er die Feier verließ? Ja, war es", antwortete der andere Brünette. "Er... er hätte gestolpert sein können", meinte Seto nachdenklich. Dann schaltete er seinen Monitor aus, stand auf und ging um seinen Tisch. "Komm." Honda musste sich etwas sputen, um zu Seto aufzuschließen. "Wohin gehen wir?", fragte er verwirrt. "Wir fahren zu der Halle und dann schauen wir uns diese Straße genauer an", meinte er entschlossen. Eine halbe Stunde später erreichten sie die Halle und parkten vor ihr auf dem Platz. Seto stieg aus und zog seinen Mantel etwas enger um sich. Hier oben war die Brise, die vom Meer kam, doch noch recht frisch. "Und bei der Kälte geht ihr an den Strand?", fragte Seto und sah zu, wie Honda in seinen Shorts und dem dünnen Hawaii-Hemd fror. Seufzend ging er zu seinem Kofferraum, öffnete diesen und kramte in einer Sporttasche. Dann zog er eine lange Jogginghose und ein Sweatshirt hervor. Beides warf er dem anderen zu. "Danke, Seto", kam es von Honda, der dankbar in die Hose schlüpfte und sich den Pulli überstülpte. Dann blickte Seto auf die nackten Füße des anderen. Er griff zu einem Schuhkarton, in dem seine neuen, noch nicht getragenen Laufschuhe lagen. Diese reichte er Honda. "Läufst du immer noch so viel, wie früher?", fragte Honda. "Wann immer ich Zeit finde", meinte Seto. "Mir geht es da wohl so ähnlich wie Jonouchi." "Vor allem nach dem Jahrestag, was?", hakte Honda weiter nach und erntete erst einen giftigen Blick, der dann weicher wurde. "Es lässt dich nicht los, was?" "Dich doch auch nicht", meinte er zu Honda. "Die Ungewissheit ist das Schlimmste", erwiderte Honda. "Ich mein, wenn wir wüssten, dass er tot ist... ich glaube dann könnte ich damit abschließen." "Er ist nicht tot", kam es tonlos von Seto, der Honda durchdringend anblickte. "Niemals ist dieser sture Hund tot." "Seto...", setzte Honda an und legte eine Hand auf Setos Arm. Dieser zuckte dabei zusammen und entzog sich der Berührung. "Er ist nicht tot", wiederholte er mit fester Stimme, bevor er sich zu der Halle wandte. "Er muss da drüben rausgekommen sein, nachdem er uns stehen gelassen hat." Honda folgte der Hand zu der Tür, die dort war. "Er wird relativ kopflos gewesen sein", meinte Honda, "dann wird er seine Hände in die Hosentasche gestopft haben und mit gesenktem Kopf einfach geradeaus weitergelaufen sein. Also wird er die Straße in die Richtung runter gelaufen sein." Er ging auf die Stelle zu, wo der Parkplatz der Halle auf die Straße führte. Die Leitplanke sicherte die Straße, da es direkt dahinter steil hinab ging und einige Meter tiefer das Meer gegen die Landzunge schlug. Honda blickte über die Leitplanke und musste gegen den Schwindel durch die Höhe ankämpfen. Ein Bürgersteig gab es hier nicht. Nur einen schmalen Seitenstreifen. Auf diesem machten sich die beiden hintereinander auf den Weg, der Straße zu folgen. Sie waren noch gar nicht weit gelaufen, als ein Auto mit hoher Geschwindigkeit um die Kurve geschossen kam. Als der Fahrer sie sah hupte er aufgeregt und korrigierte seine Bahn ein wenig und schoss knapp an ihnen vorbei. "Was für ein Penner", keifte Honda dem Auto hinterher, während er die Faust in die Luft reckte, um seinem Ärger Luft zu machte. Als er sich wieder zu Seto umwandte sah er diesen, wie er sich über die Leitplanke beugte. "Was ist?" "Sag mal, Hiroto... hatte Jonouchi seine Umhängetasche dabei?", fragte Seto. Honda musste kurz überlegen und nickte dann zögerlich. "Glaube, ja. Wieso?", antwortete er ruhiger. "Schau mal da, auf halber Höhe... sieht das für dich wie eine Tasche aus", fragte Seto weiter und deutete mit dem Finger auf eine Stelle weiter unter ihnen. Honda stellte sich neben ihn und schaute an dessen Finger vorbei. Tatsächlich schien auf halber Höhe des Abhangs etwas zu liegen, dass eine Tasche hätte sein können. "Meinst du... Jou ist es so gegangen, wie uns gerade? Das ein Auto zu schnell um die Kurve kam, er ausweichen wollte und dabei über die Leitplanke gestürzt ist?", fragte Honda. Seto richtete sich langsam auf und sah ihn lange an, bevor er sein Smartphone aus der Tasche zog und einen Anruf tätigte. . Kapitel 4: Das Zerwürfnis ------------------------- Kapitel 04 - Das Zerwürfnis Seto blickte auf den Monitor seines Laptops, auf dem in einem Videocall Mokuba ihn mit seinen grau-blauen Augen anschaute. Noch immer hatte sich Seto nicht an die Kurzhaarfrisur gewöhnt, die sein Bruder seit über einem Jahr trug. Das ließ Mokuba noch fremder wirken, als es sich für Seto ohnehin schon anfühlte. "Und tatsächlich ist es Jonouchis Tasche", meinte Seto abschließend. "Was macht euch da so sicher? War sein Portemonnaie drin?", fragte der Schwarzhaarige. "Nein, war es nicht", antwortete der Ältere. "Woher kommt dann die Gewissheit?", hakte Mokuba nach. "In ihr war ein Skizzenbuch und Bleistifte, so Künstlerzeug eben", erwiderte Seto. "Na ja, aber das ist ja nun nichts, was es nur einmal gäbe", merkte Mokuba an und sah kurz an seiner Webcam vorbei auf etwas, was dahinter war. Ein kurzes Lächeln huschte ihm über das Gesicht, was Setos Brust kurz stechen ließ. "Es war kein leeres Skizzenbuch. Jonouchis Stil ist unverkennbar, sowohl in der Strichführung, als auch in der Motivwahl", kam es etwas reservierter von Seto, was sofort Mokubas Aufmerksamkeit wieder auf ihn richtete. "Motivwahl?", fragte der Schwarzhaarige. "Überwiegend war das Buch voller Skizzen und Zeichnungen von... mir", meinte Seto nach einem kurzen Stocken. Honda hatte es ihm schon zich mal gesagt, doch er hatte es nie so recht glauben wollen: Jonouchi war allen Anscheins auch in ihn verliebt gewesen. Warum hatten sie damals einander nicht lesen und erkennen können, dass ihre Gefühle auf Gegenseitigkeit beruhten? "Aber ändert dieser Fund wirklich etwas?", fragte Mokuba schließlich ruhig. Seto sah ihn leicht schockiert an. "Wir wissen jetzt, dass er auf dieser Straße unterwegs war und wenn er das Pech hatte, dass ein Volltrottel ihm mit hoher Geschwindigkeit entgegengekommen ist könnte er über die Leitplanke gestürzt sein", meinte er etwas echauffiert. "Ja, okay. Wir können damit eine Eventualität der Geschehnisse vermuten, aber es ändert nichts daran, dass Jonouchi to...", kam es neutral von Mokuba, als ihm sein Bruder das Wort abschnitt. "ER IST NICHT TOT", keifte der Brünette entrüstet. Mokuba rollte mit den Augen und seufzte schwer. "Ich weiß, du hörst das nicht gerne, aber nach vier Jahren ohne ein Lebenszeichen kann man doch alles andere ausschließen", erwiderte Mokuba weiterhin ruhig. "Jonouchi. Ist. Tot!" Seto klappte seinen Laptop zu und beendete damit jegliche Aktivität dessen, was auch für das Videogespräch mit Mokuba bedeutete. Er sprang auf und tigerte in seinem Heimbüro auf und ab. Verzweifelt ging er sich mit den Händen durch sein Haar, während er mit den Zähnen knirschte. Genau so ein Gespräch hatte vor anderthalb Jahre dazu geführt, dass Mokuba sich für ein Studium weit weg von ihm entschieden hatte. "Es sind jetzt schon zweieinhalb Jahre", rief Mokuba aufgeregt. "Ich weiß, dass es weh tut. Du bist nicht der einzige, der ihn vermisst. Aber wir müssen uns einfach den Tatsachen stellen und akzeptieren, dass er to..." Die Ohrfeige schallte laut in dem Heimbüro des älteren Kaibas, der seinen Bruder entgeistert anstierte. "Jonouchi ist nicht tot", erwiderte Seto zischend. Mokuba rieb sich die Wange, während eine Träne sich löste und über die gerötete Haut lief. "Das ist Realitätsflucht, Seto", meinte Mokuba unpassend ruhig. "Du klammerst dich an die Ungewissheit und hoffst auf das Unwahrscheinliche. Weder die Polizei, noch unser Hausdetektiv konnten einen Hinweis auf seinen Verbleib finden." "Das ist auch unfähiges Pack", kam es leise und angespannt von dem Brünetten. "Ich hab jetzt einen auf vermisste Personen spezialisierten Detektiv engagiert." "Und wie viel wird der für seine Dienste fordern?", fragte Mokuba nüchtern. "Ist mir egal. Wir haben Geld wie Heu. Wir könnten den lieben langen Tag Geld bündelweise im Kamin verbrennen und hätten immer noch mehr als wir je in unserem Leben ausgeben könnten", hatte Seto mit Schmerz in der Stimme erwidert. "Du musst damit aufhören, Seto", rief sein Bruder verzweifelt. "Lass endlich los und finde einen Abschluss. Lebe dein Leben weiter. Ansonsten wird dich das alles zugrunde richten." "Ich kann nicht", flüsterte Seto mit dem Rücken zu Mokuba gewandt. "Er ist da draußen und wartet darauf, dass ich ihn finde." "Und ich kann das auch nicht mehr, Seto", kam es nach einem langen Moment der Stille von dem Jüngeren. Seto sah halb über seine Schulter und musterte den Schwarzhaarigen. "Was meinst du?", fragte er kraftlos. "Dir dabei zusehen, wie du in diesen Abgrund stürzt und jede Chance auf Rettung ausschlägst", erklärte Mokuba mit Tränen in der Stimme. "Du willst dich nicht dem stellen, was so offensichtlich ist, okay. Aber ich halte dir nicht die Hand, während du immer mehr zerbrichst." "Was...?", kam es entsetzt von Seto, als er sich langsam zu seinem Bruder umwandte. "Ich hab eine Zusage von der Uni in London", kam es wieder ruhiger von Mokuba. "Ich werde also Ende nächsten Monats von hier verschwinden." Seto starrte seinen kleinen Bruder an, bevor er sich ein Lächeln abrang. "Ich bin sehr stolz auf dich, dass du an dieser Uni aufgenommen worden bist. Du hast hart dafür gearbeitet und es freut mich, dass du dir diesen Traum erfüllen wirst. Ich werde einen Makler anrufen, damit er dir dort eine schöne Wohnung oder ein kleines Häuschen sucht", meinte Seto schließlich gezwungen ruhig. "Ist das alles?", fragte Mokuba mit einer Spur Enttäuschung in der Stimme, was Seto missinterpretierte. "Natürlich kannst du dir auch etwas größeres aussuchen, ich möchte dich da nicht beschränken", erwiderte Seto beschwichtigend. Wieder seufzte Mokuba schwer, schüttelte leicht den Kopf und wandte sich zum Gehen. Seto sah ihm noch nach, nachdem Mokuba längst nicht mehr zu sehen war. Es war kaum zu glauben, dass das schon anderthalb Jahre her war. In dieser Zeit war Mokuba nicht einmal nach Hause zurück gekehrt. Seto wusste nicht einmal genau, was Mokuba studierte. Aber wenn er den Blick seines Bruders richtig gedeutet hatte, hatte dieser wohl jemand kennen gelernt. Natürlich freute sich Seto für seinen jüngeren Bruder. Er wollte diesen glücklich sehen. Doch in solchen Augenblicken, wie beim Videotelefonieren, wurde ihm bewusst, dass er außen vor war. Aber das konnte er Mokuba nicht zum Vorwurf machen. Das war allein seine Schuld gewesen. Doch Jonouchi aufgeben? Niemals. Kapitel 5: Stillstand --------------------- Kapitel 05 - Stillstand Yamada Tarō war gerade mit der Honda fertig geworden und polierte den Tank noch ein letztes Mal mit einer ungewohnten Hingabe. Seine Kollegen zogen ihn gelegentlich damit auf, dass sie ihn noch nie mit so viel Leidenschaft an einem Projekt hatten arbeiten sehen, wie an dieser Maschine. Tarō selbst konnte kaum erklären, warum es ihm so wichtig war, diese Maschine mit so viel Sorgfalt und Liebe zu behandeln. Doch es hatte sich gelohnt: Die Honda sah aus, als wäre sie frisch vom Fließband gekommen. Dann rieb er den Ledersattel noch einmal mit einem Pflegeprodukt ein, damit es geschmeidig und gegen alle Wetterlagen geschützt blieb. Schließlich war er mehr als zufrieden und ging sich die Hände waschen, bevor er in das Büro zurück ging, an dem die Aufträge an einem Whiteboard auf magnetischem Papier hingen. Er nahm die Honda und schob sie in den Bereich, der mit 'Erledigt' betitelt war. "Sie ist großartig geworden", meinte Yayoi lächelnd. "Danke", meinte Jonouchi nur knapp und sah sich nach einem neuen Auftrag um. "Ich soll dir das hier von Ken geben", meinte sie und reichte Jonouchi einen Umschlag. Er nahm den Umschlag entgegen und öffnete ihn. Darin war ein Scheck, auf dem ein hübsches Sümmchen stand. "Was...", kam es überrascht von dem Blonden. "Ein Bonus für die tolle Arbeit an der Honda", meinte Yayoi lächelnd. "Und jetzt sag nicht, dass der Bonus nicht nötig wäre. Gute Arbeit sollte gut bezahlt, großartige Arbeit belohnt werden." Tarō lächelte, nickte und steckte den Umschlag in seine Hosentasche. Dann angelte er sich einen neuen Auftrag und schob ihn in das Feld, welches seinen Namen trug. "Träumen Sie noch immer von diesen blauen Augen?", fragte Reijirou Inukai, Tarōs Therapeut, der dem Blonden gegenübersaß. Tarō rutschte in dem Sessel, indem er in den letzten drei Jahren Woche für Woche Platz nahm, unruhig hin und her und nickte. "Ja... Ich... bin auf so 'nem kleinen Boot. Dann schwankt es heftig, als würde etwas Großes an mir vorbei schwimmen und dann sind da die blauen Augen, die durch den Nebel hindurch auf mich herab schauen", erzählte Tarō erneut. "Sie schauen auf Sie herab?", fragte der Rothaarige nach. "Sie sind ziemlich weit oben...", erklärte Tarō. "Aber ja, es wirkt auf mich, als würden sie auf mich in mehr als nur dieser Weise herab sehen." "Das ist das erste Mal, dass sie den Augen eine negative Wertung geben", merkte der Gesprächspartner an. Tarō zuckte nur mit den Schultern. "Wann hat das angefangen?" "Weiß nicht genau... vor ein paar Tagen glaub ich", antwortete Tarō ruhig. "Ist denn vor ein paar Tagen etwas geschehen?", hakte der Mann ihm gegenüber nach. Tarō zögerte kurz mit seiner Antwort. "Es ist etwas geschehen, oder?" "Ich war bei meinem Stamm-Imbiss und hab Soba gegessen", begann Tarō zu erzählen. "Der Koch fragte mich auch nach den Augen und meinte, dass sie wohl einer ausländischen Schönheit gehören müssen, da in Japan ja eher dunkle Augen vorkommen. Einer, der anderen Stammgäste machte mich dumm von der Seite an. Er... nannte mich Verlierer und als ich ging, bezeichnete er mich als Köter. Mein... Herz begann auf einmal heftig zu rasen und ich musste mich an einer Wand abstützen. Es fühlte sich ein wenig, wie eine Panikattacke an. Also hab ich die Methode angewandt, die Sie mir am Anfang gezeigt haben. Mein Herzschlag wurde wieder ruhiger und ich hab den Tag ganz normal beendet. Aber seitdem hab ich bei diesem Traum das Gefühl, dass diese Augen auf mich abwertend herunterschauen." "Was glauben Sie, warum es sich so anfühlt?", fragte Doktor Reijirou. "Keine Ahnung... vielleicht, weil ich tatsächlich ein Verlierer bin?", meinte Tarō heute ungewohnt genervt. Der Doktor zog fast etwas tadelnd seine Augenbraue hoch. "Ich weiß es wirklich nicht." "Okay...", meinte der Therapeut sanft lächelnd und machte sich eine Notiz auf seinem Block. "Noch etwas", merkte Tarō an. "Ich hatte in der Werkstatt einen Auftrag, ein Motorrad instandzusetzen und als ich lass, dass es eine Honda war, hat sich da etwas in mir gerührt." "Sie meinen, dass sie das an etwas erinnert hat?", fragte sein Gegenüber überrascht. "Na ja, ich mein mich an jemanden erinnern zu können, der genau so ein Motorrad mal gefahren hat, doch ich seh nur ein breites Grinsen und eine echt lächerliche Gel-Frisur. Alles andere ist... wie ausgeblurt", erzählte Tarō weiter. "Was für Gefühle kommen bei der Honda oder diesem verschwommenen Bild dieser Person in Ihnen auf?", hakte der Psychologe weiter nach. Tarō musste einige Augenblicke überlegen. "Dieser Typ... ist jemand, auf den man sich zu jeder Tag- und Nachtzeit verlassen kann. Der immer für einen da ist, wenn man jemanden braucht. Er würde einen nie hintergehen oder verraten", meinte er ruhig. Wieder machte sich Doktor Reijirou einige Notizen. "Gibt es eine Person in ihrem jetzigen Leben, auf die das auch zutrifft?", fragte der Rothaarige prüfend. Ohne zögern schüttelte Tarō den Kopf. "Meiden Sie immer noch jeden Kontakt in ihrer Freizeit?" "Ich arbeite recht viel, da bleibt nicht viel Freizeit", meinte Tarō entschuldigend. "Wir beide wissen, dass das eine Ausrede ist, nicht wahr? Das haben wir schon in früheren Sitzungen festgestellt", kam es mit einer gewissen Strenge von dem Rothaarigen. Tarō senkte seinen Blick. "Also, warum meiden Sie weiterhin jeden sozialen Kontakt außerhalb der Arbeit?" "Die Menschen sehen in mir einen Freak, weil ich mich an alles vor meinem Erwachen im Krankenhaus nicht erinnern kann", erklärte Tarō ruhig. "Das bekomme ich immer wieder zu spüren. Entweder sie glauben mir nicht und unterstellen mir, ich würde mich hier nur verstecken und die Amnesie benutzen, weil ich über meine Vergangenheit nicht reden will oder sie fühlen sich unwohl mit jemandem Zeit zu verbringen, der jederzeit sein Gedächtnis zurück bekommen könnte und dann möglicherweise ein ganz anderer Mensch sein könnte." "Und deshalb scheuen Sie weiterhin den sozialen Kontakt?", fasste Doktor Reijirou zusammen. "Es ist so einfacher... für alle Beteiligte", meinte Tarō und grinste dabei aufgesetzt. Er hatte schon damals im Krankenhaus schnell festgestellt, dass er das ganz gut konnte: Über seine eigenen Gefühle durch ein Grinsen hinweg täuschen. "Tun Sie das bitte nicht", bat sein Gesprächspartner. Sofort wusste Tarō, dass dieser damit das Grinsen meinte und er ließ es wieder verschwinden. "Sie brauchen soziale Kontakte. Wir wissen nicht, ob oder wann ihr Gedächtnis wiederkehren wird. Möglicherweise werden Sie nie erfahren, was gewesen ist, bevor sie auf dem Meer von dem Fischer gefunden wurden. Also scheuen Sie nicht das, was Sie brauchen." Die Worte seines Therapeuten schwirrten ihm noch lange im Kopf herum, selbst als er schon längst zuhause war. Tarō kochte sich eine Kleinigkeit und setzte sich mit der Schüssel Reis über dem ein Ei langsam stockte am offenen Fenster und ließ seinen Blick schweifen: Vor ihm den Hügel hinab sah er den Fischerort und an einem Ende das Industriegebiet, in dem die Werkstatt lag, in der er arbeitete. Daneben lag der Fischerhafen. Der Ort, an dem das Fischerboot damals angelegt und einen Krankenwagen gerufen hatte. Er hatte nichts außer der Kleidung am nassen Leib getragen. Kein Ausweis, kein Hinweis, woher er gekommen war. Im Krankenhaus war man völlig überrascht gewesen, dass er überhaupt japanisch gesprochen hatte, war man doch davon ausgegangen, dass er möglicherweise von einem ausländischen Schiff gestürzt war, weil er blondes Haar hatte. Auch heute kämpfte er noch mit dem Vorurteil, dass er zumindest teilweise Ausländer zu sein schien. Gerade in so einer 'ländlichen' Gegend, wie dieser Fischerort, fiel er damit auf, wie ein bunter Hund und nicht selten hörte er, wie jemanden das Wort Gaijin in Bezug auf ihn verwendete. Wie sollte er da Freunde finden? Und was... wenn er doch sein Gedächtnis zurück bekommen würde? Kapitel 6: Ausflug ------------------ Kapitel 06 - Ausflug Seto saß in seinem Auto und breitete die Karte über dem Lenkrad hinweg aus. Wieder besah er sich die natürliche Bucht, an deren nördlichem Ende Domino City lag. Er fuhr mit dem Finger über das Papier, von seiner Heimatstadt gen Süden und traf dort erneut auf den Fischerort, in dem Honda mit Otogi am Strand gewesen war. Dort hatte Honda diesen Jungen gefunden, der Jonouchis Medaillon getragen hatte. Dann nahm Seto eine weitere Karte zur Hand und faltete sie auseinander. Sie zeigte ebenfalls die Bucht, doch in der Wasserfläche waren mit Pfeilen die Strömungsverhältnisse vor der Küste und in der Bucht eingezeichnet. Seto suchte die Stelle in Domino City, an der ihre Abschlussfeier stattgefunden hatte. Wenn man dort ins Wasser gefallen und nicht von den Wellen zurück an die Steilwand geworfen worden wäre, dann hätte die Strömung einen erst aufs Meer hinaus gezogen, bevor die Strömung zurück an die Südspitze der Bucht geführt hätte. Genau an den Ort, an dem dieser Fischerort lag. Grob faltete Seto die beiden Karten ineinander wieder zusammen und warf sie auf seinen Rücksitz. Er griff nach seinem Kaffeebecher und vom Beifahrersitz eine Akte. Diese legte er auf das Lenkrad und schlug sie auf. Die Vermisstenanzeige schlug ihm entgegen, welche vor vier Jahren von Jonouchis Mutter aufgegeben worden war, nachdem dieser schon zwei Wochen verschwunden gewesen war. Wieso hatte sie so lange gebraucht eine Vermisstenanzeige aufzugeben? Er war bei einer Geschäftsreise in die USA mal bei ihr gewesen und hatte sie gefragt. Doch sie hatte nur pikiert die Tür geschlossen und war ihm die Antwort schuldig geblieben. Vielleicht hatte sie gedacht, dass er ihr eine Mitschuld zuschreiben wollte, doch tatsächlich hatte das ihm gänzlich fern gelegen. Es war nur eine Frage, die ihn marterte und auf die er sich eine Antwort erhofft hatte. Seto seufzte und nahm einen Schluck aus seinem Thermobecher. Der Kaffee war sogar noch warm. Er blätterte weiter. Einige wenige Seiten von der Polizei: Das Ergebnis ihrer halbherzigen Suche. Die Polizei hatte sich nie wirklich für den Fall interessiert. Ein Halbstarker, der in der Mittelschule einer Gang angehört hatte und in zahlreiche Schlägereien verwickelt war. Aber seit Jonouchi an der Oberschule war hatte er sich von der Gang ferngehalten und war polizeilich nicht mehr aufgefallen. Dennoch hatten die Polizisten keine Spuren gefunden und hatten sich dann anderen Fällen zugewandt. Danach kamen einige Seiten Protokolle von den beiden Privatdetektiven, die Seto beauftragt hatte. Erst den Firmendetektiv, der schon schnell einräumte, dass diese Suche nach dem Blonden nicht gerade in sein Metier fiel. Der Zweite, der sich selbst Spezialist für vermisste Personen schimpfte, hatte auch kaum mehr in Erfahrung gebracht. Trotz all dem hatte Seto die Hoffnung, dass Jonouchi doch noch irgendwo herum wuselte, nicht aufgeben können. Einer nach dem anderen hatten sich mit dem vermeintlichen Tod des Blonden abgefunden. Zuerst hatte Jonouchis Mutter aufgegeben. Sie war zurück in die USA geflogen. Anfangs hatte er versucht sie noch auf dem Laufenden zu halten, doch irgendwann war sie nicht mehr ans Telefon gegangen. Dann hatte Mokuba ihm gesagt, dass es Zeit wurde einen Schlussstrich unter das Verschwinden zu ziehen. Das hatte schlussendlich zu ihrem Zerwürfnis geführt und ihr Verhältnis war zerbrochen. Auch die Clique hatte nach und nach ihr Leben wieder aufgenommen. Einer nach dem anderen. Sie glaubten nicht daran, dass Jonouchi tot war, doch irgendwie... hatten sie geschafft das Verschwinden ihres Freundes zu überwinden. Alle, bis auf Honda. Während all der Wochen und Monaten war er der einzige - von allen Betroffenen - der Jonouchi genauso sehr finden wollte, wie Seto. So hatten sie sich angefreundet... soweit, dass sie sich heute sogar mit Vornamen ansprachen. Als Seto erneut an seinem Becher nippen wollte wurde das Auto ruckartig auf einer Seite angehoben, so dass der Kaffee nicht in seinem Mund, sondern in seinem Schoss landete. Leise fluchte er und griff hastig nach einem Taschentuch in seiner Brusttasche. Damit tupfte er den Kaffee in seinem Schritt weg, während er seinen Becher wieder in die Halterung gleiten ließ. Der Brünette hob seinen Blick und ließ ihn über die Motorhaube seines Wagens und die Absperrung davor gleiten: Das Wasser der Bucht war heute etwas unruhig, aber nicht besorgniserregend. Dennoch würde Seto es begrüßen, sobald er wieder von der Fähre auf festen Grund fahren konnte. Vielleicht würde er auf dem Rückweg doch eher die Landstraße nehmen, auch wenn die Fahrt gut zwei Stunden in Anspruch nehmen würde. Die Fahrt mit der Fähre dauerte dagegen nur zwanzig Minuten. Er seufzte. Doch dann sah er, wie die Fähre begann sich langsam zu drehen. Der Blick auf die Bucht änderte sich zum offenen Meer hin und dann drängte sich von der Seite die Südspitze der Bucht ins Blickfeld. Das erste, was Seto von dem Fischerort sah war das Industriegebiet. Man konnte erkennen, dass die meisten Gebäude hier ursprünglich wohl mal dem Walfang gedient haben mochten. Soweit Seto gelesen hatte war diese Gemeinde die erste japanische Stadt, die mit dieser Tradition - dem Walfang - gebrochen hatte. Sie hatte sich auf andere Industriezweige verlagert und viele der damaligen Gebäude wurden heute anderweitig genutzt. Die Fähre drehte sich noch etwas und machte sich bereit anzulegen. So kam mehr von dem beschaulichen Ort ins Blickfeld und der Brünette konnte sehen, wie dieser sich die Hügel hinauf erstreckte. Dabei standen vor allem auf der Hügelkette Apartmentgebäude, in denen mehrere Wohnungen zu günstigen Preisen vermietet wurden. Dann klappte die Absperrung nach unten und Seto bekam ein Wink von dem Fährmitarbeiter, dass er nun runterfahren konnte, was er sogleich auch tat. Etwas ziellos fuhr er herum, ohne genau zu wissen, was er sich von diesem Ausflug eigentlich erhoffte. Im Büro der Kaiba Corp hatte er sich auf nichts konzentrieren können. Immer wieder hatte er am Fenster gestanden und über die Stadt geblickt. Zur Bucht. In die Ferne, wo er diesen Ort vermutet hatte. Dann, ohne, dass es wirklich einen Auslöser gegeben hätte, hatte er Hayashi, seiner neuen Sekretärin, gebeten ihm einen Thermobecher Kaffee zu besorgen. Sie war irritiert gewesen, war aber sofort losgeeilt. In der Zeit hatte er Isono noch schnell eine Mail geschrieben, in der er den Älteren bat einen Teil seiner heutigen Meetings zu übernehmen und Hayashi Bescheid zu geben, welche Meetings verschoben werden sollte. Dann hatte er alles ausgeschaltet und war in seinen Mantel geschlüpft. Gerade als er sein Büro verlassen wollte war Hayashi herein gekommen und er hatte ihr dankend den Becher abgenommen. Völlig verwirrt, wo ihr Chef jetzt auf einmal hin wollte war sie ihm bis zum Aufzug nachgelaufen und hatte förmlich um eine Erklärung gebettelt, doch Seto hatte sie einfach an Isono verwiesen. So gedankenverloren war Seto vor sich hingefahren, bis er im Industriegebiet in eine Sackgasse gelangt war. Er blinzelte kurz, schüttelte seinen Kopf und ging sich mit den Fingern durch das braune Haar. Langsam wendete er den Wagen und wollte wieder zurückfahren und stieß dabei auf die Schwierigkeit, dass er nicht wusste, wie er überhaupt hier her gekommen war. Nachdem er eine viertel Stunde durch das fremde und verschlungene Industriegebiet gefahren war sah er schließlich ein Restaurant - nun ja, er würde es Imbiss, wenn überhaupt, nennen - und beschloss dort nach dem Weg zu fragen. Direkt davor war ein Parkplatz frei, in den Seto fuhr und parkte. Er brauchte noch einen Moment, bevor er sich überwand auszusteigen. Noch einmal musterte er den Laden eingehend. Die Front war offen und die berühmt-berüchtigten Wimpel mit dem Namen des Imbiss hingen bis auf Schulterhöhe. Der Geruch von Nudelwasser und Gegrilltem drang zu ihm und erinnerten ihn daran, dass er das Frühstück ausgelassen hatte. Dann hob er einen Wimpel zur Seite und schritt über die Schwelle. Abrupt blieb er stehen und konnte seinen Augen kaum trauen: Da saß... Jonouchi Katsuya. Kapitel 7: Begegnung -------------------- Kapitel 07 - Begegnung "Willkommen", kam es herzlich von dem Koch des kleinen Restaurants. Es wunderte ihn, dass ein Mann in Anzug und Krawatte, der eine Sonnenbrille trug und an dessen Frisur er bereits sah, dass er nicht in dieses Viertel gehörte, in sein kleines Restaurant stolperte. Doch das dieser dann zur Salzsäule erstarrte ließ ihn fragend eine Augenbraue hochziehen. "Ist alles mit Ihnen in Ordnung?", fragte er daher. Diese Frage erregte die Aufmerksamkeit seiner Gäste, die ihr Mittagessen hier einnahmen. Darunter auch sein Stammgast, der Yamada Tarō genannt wurde. Der Blonde lenkte seinen Blick von seiner Schale Soba zu dem Fremden und musterte diesen eindringlich. Dabei fiel ihm auf, dass der Fremde ihn scheinbar anstarrte. "Kann ich helfen, Meister?", fragte er sachlich. Die Frage schien den Fremden zu verwirren. Dann schien der Anzugträger einen Schritt zurück zu taumeln und Tarō stand auf. Für ihn wirkte es so, als würde der Mann jeden Augenblick den Halt verlieren. "Hey, Mann. Kommen Sie, setzen Sie sich erst einmal hin", meinte Tarō, hielt dem Anderen eine Hand hin und deutete mit der zweiten auf den Sitz neben seinen. Als der Fremde seine Hand zögerlich in die Tarōs legte, konnte der Blonde spüren, wie der Brünette scheinbar zitterte. Dann leitete der Mechaniker den Anzugträger zum Hocker und ließ ihn sich setzen, bevor er sich selbst wieder hinsetzte. "Chef... hast du mal 'nen Tee?", fragte Tarō den Koch, der nickte und sich umdrehte, das dauerkochende Wasser von der Kochstelle nahm und einen frischen Tee aufbrühte. Diesen stellte er dem Geschäftsmann hin. Doch dieser schien immer noch durch seine Sonnenbrille Tarō anzustarren. "Vielleicht... hat der gute Mann einen Schlaganfall?", rätselte der Blonde und griff vorsichtig nach der Sonnenbrille. Als er sie dem Brünetten abzog durchzog ihn ein Schock. Diese blauen Augen... wie in seinem Traum. Und sie gehörten nicht einer ausländischen Frau, sondern einem... Mann! "Hey Yamada", kam es jetzt besorgt von dem Koch. Doch dann sah er die blauen Augen und verstand die Reaktion des Blonden. "Kennen wir uns?", fragte Tarō schließlich den Brünetten. Dieser wirkte noch immer, als hätte er einen Geist gesehen. "Na, Köter", kam es von dem herein kommende Uejima, dem Schweißer, dessen Tageshighlight wohl das alltägliche Mittagessen war, bei dem er eine Spitze nach der anderen gegen Tarō fuhr. Doch Tarō hatte gerade keinen Kopf für den Schweißer. Der Brünette begann langsam zu blinzeln. Verwirrt zog er seine Augenbraue zur Nasenwurzel. "Ob wir uns kennen?", wiederholte Seto die Frage, die er gerade nicht verstand. "Komm, Mann", meinte Tarō lächelnd. "Nehmen Sie erst mal einen Schluck vom Tee. Der ist echt gut." Automatisch griff Seto nach dem einfachen Becher, in dem der Koch ihm den Tee serviert hatte und nahm einen Schluck. Der Tee war gut. Nicht überragend, aber gut. Und er gab ihm eine Wärme zurück, die in den letzten Augenblicken aus ihm gewichen war. Dann musterte er Jonouchi Katsuya, der ihn wirklich nicht wiederzuerkennen schien, obwohl er eben für einen Moment den Eindruck gemacht hatte. "Ja, wir kennen uns", beantwortete Seto schließlich die Frage und Jonouchis Augen weiteten sich ungläubig. Auf einmal schien der Blonde ganz aufgeregt zu sein. "Na, biste endlich aufgeflogen?", kam es stichelnd von Uejima, doch auch dieses Mal ignorierte der Blonde den Schweißer. "Ehrlich?", kam es von Jonouchi und seine Stimme schien sich fast schon zu überschlagen. "Woher?" Seto sah sich kurz um und empfand, dass das nicht der richtige Ort für dieses Gespräch war. "Wollen wir nicht wo anders hin?", fragte er den Blonden. Erst jetzt wurde ihm bewusst, dass sie noch immer in dem kleinen Restaurant waren und dass seine Mittagspause fast vorbei war. "Scheiße", kam es von Jonouchi. "Hören Sie... warten Sie bitte hier, ich geh schnell bei m einem Chef Bescheid geben, dass ich heute Nachmittag frei brauch", meinte er, während er vom Hocker rutschte. "Bei deinem Chef?", fragte Seto verwundert. "Jap, ist nicht weit. Nur ein Stück die Straße runter in der Werkstatt", erklärte Jonouchi, der scheinbar Angst hatte, dass Seto einfach so wieder verschwinden könnte. Noch begriff Seto nicht, wieso Jonouchi ihn nicht erkannte, aber er würde einen Teufel tun und jetzt, wo er den Blonden endlich tatsächlich gefunden hatte, ihn wieder loslassen. "Kann ich dich begleiten?", fragte er ruhig und legte mehrere Scheine, die er aus seiner Manteltasche gezogen hatte, auf den Tresen. "Der Tee ging aufs Haus", meinte Sakamoto, der Koch. "Für sein Mittagessen", meinte Seto ruhig. "Danke, aber nein danke. Ich kann für mein Essen aufkommen", meinte Jonouchi und grinste, wie er es früher in der Schule oft getan hatte und wirkte einmal mehr, wie in Setos Erinnerung. Manche Dinge schienen sich nie zu ändern, wie Jonouchis Stolz. Dann zog der Blonde seine Geldbörse und krammte ein paar Scheine hervor. Bei der Gelegenheit ergatterte Seto einen Blick auf Jonouchis Führerschein, auf dem der Name Yamada Tarō stand. Da Yamada Tarō in Japan so geläufig war, wie in den USA John Doe, erkannte Seto, dass Jonouchi tatsächlich nicht wusste wer er war, dass sie sich kannte oder wer er selbst war. Da Jonouchi seine Bitte nicht abgelehnt hatte folgte Seto Jonouchi nach draußen, der vor dem Oberklassenwagen kurz stehen geblieben war und ihn bewundernd ansah. Jonouchi ging einmal um das Auto und prasselte mit einigen technischen Eckdaten auf Seto ein, von denen dieser jedoch keine Ahnung hatte. Nicht, weil er nichts davon verstand, sondern viel mehr, weil es ihn nicht interessiert hatte. Dafür schien Jonouchi eine Menge davon zu verstehen, was ihn weiterhin ehrlich überraschte. Nicht, weil er den Blonden nicht für klug gehalten hätte. Er wusste nur zu gut, wie klug Jonouchi war. Aber eigentlich hatte sich der Blonde früher nie für Autos interessiert. "Du scheinst eine Menge von Autos zu verstehen", meinte Seto schließlich. Der Blonde zuckte mit den Schultern. "Sollte ich wohl, wenn ich an ihnen rumschraube", antwortete der Blonde nur lapidar. "Du... bist Mechaniker?" "Jap...", antwortete er und blickte zu dem Mann mit diesen unglaublich blauen Augen, der davon irritiert schien. "Was hätte ich denn stattdessen sein sollen?" Seto zuckte mit den Schultern. Er war sich unsicher, ob er Jonouchi mit geballtem Wissen erschlagen sollte oder ob er dem Blonden das alles Schluck für Schluck verabreichen sollte. "Komm, steig ein, dann fahren wir zu der Werkstatt, von der du sprachst", meinte Seto und entriegelte die Türen des Autos. Jonouchi musterte ihn kurz kritisch, doch dann nickte er und stieg auf der Beifahrerseite an. Scheinbar hatte er wohl kurz überleg, ob er zu einem ihm Fremden ins Auto steigen sollte, oder nicht und das brachte Seto doch etwas zum Schmunzeln. Dann zog er seine Sonnenbrille wieder auf und ließ sich nach dem Einsteigen von Jonouchi zu dessen Arbeitsplatz leiten. Kapitel 8: Fragen über Fragen ----------------------------- Kapitel 08 - Fragen über Fragen Seto sah sich in der kleinen, Einraumwohnung interessiert um. Alles war ordentlich und sauber, wobei er ignorierte, dass das schmale Bett ungemacht war. Scheinbar schlief Jonouchi allein. Er wusste nicht warum, aber diese Erkenntnis linderte die Befürchtung, dass Jonouchi möglicherweise bereits in einer Beziehung war. "Wie trinken Sie ihren Tee?", fragte der Blonde von der Küchenzeile aus. "Hör endlich auf mich zu siezen", bat Seto. "Ja, sorry", kam es verlegen von Jonouchi. "Wir kennen uns also aus der Schulzeit?" "Wir waren in der gleichen Klasse", ergänzte Seto und sah die Kleiderstange, die offen in einer Nische angebracht war und die übersichtliche Anzahl an Klamotten präsentierte. Schließlich blieb er bei den Skizzen an der Wand hängen. Scheinbar hatte der Blonde nicht oft Besuch oder es war ihm egal, wenn Besucher einen solchen intimen Einblick in sein Leben erhielten. "Waren wir Freunde?", hakte der Blonde weiter nach, während er die zwei Tassen Tee zu seinem kleinen Esszimmertisch brachte und darauf platzierte. Dann holte er den Zucker, den er in einer kleinen Frischhaltedose aufbewahrte und legte noch zwei Löffel dazu. "Freunde? Nein", meine Seto ehrlich und wandte sich zu seinem Gastgeber, der ihn überrascht ansah. "Nicht?", wiederholte dieser dann ungläubig. "Sorry, hab keine Milch für den Tee." "Schon okay", meinte der Brünette und schlüpfte aus seinem Mantel. Jonouchi wollte ihm den Mantel abnehmen, doch Seto gab ihm zu verstehen, dass er den Mantel nicht aus der Hand geben würde. Er setzte sich und legte den Mantel über seinen Schoss. "Nein, wir waren keine Freunde. Wir haben uns gelegentlich spielerisch ein Wortgefecht geliefert." "Klingt, als ob wir uns nicht ausstehen konnten", kam es immer noch baff über die Ehrlichkeit seines Gegenübers von Jonouchi, der sich auch langsam hinsetzte. "Hm... für die meisten sah es so aus, aber ich... würde das so nicht unterschreiben", merkte Seto an und nahm einen Schluck vom Tee. Überrascht zog er eine Augenbraue hoch, als er seine Hausmarke erkannte. "Guter Tee." "Danke", kam es leise von Jonouchi, den dieses Kompliment überraschte. "Ich hab einige Teesorten ausprobiert, aber aus irgendeinem Grund bevorzuge ich diesen hier. Wie würden Si... ähm... wie würdest du es dann beschreiben?" "Du warst der einzige in unserer Klasse, der sich nicht gescheut hat mir offen und ehrlich seine Meinung ins Gesicht zu sagen", erklärte Seto nach einem kurzen Augenblick. "Das hab ich sehr geschätzt, auch wenn ich es versäumt habe, dir das zu zeigen oder zu sagen." Jonouchi blickte erneut überrascht auf. Seto war sich bewusst, dass er da etwas anklingen ließ, was er früher nie offen zugegeben hätte. Doch wenn ihn die letzten vier Jahre etwas gelehrt hatten, dann, dass es wichtig war seinen Gefühlen Ausdruck zu verleihen, bevor es zu spät wäre. Dennoch wollte er den Blonden jetzt aber auch nicht mit dem gesamten Spektrum seiner Gefühle überfallen und möglicherweise verschrecken. "Dann warst du sicher der beliebte Typ in der Klasse, dem alle Honig um den Bart schmierten?", wagte sich Jonouchi mit einer Mutmaßung vor. "Nein", war Setos schlichte Antwort, bevor er noch einmal an dem Tee nippte. "Ich war Klassenbester, aber nicht beliebt. Ich hab keinen Wert auf die Gesellschaft oder Anerkennung anderer gelegt." Wieder schoben sich Jonouchis Augenbrauen überrascht nach oben. "Du... warst also ein Außenseiter?", hakte der Blonde vorsichtig nach. "In gewisser Weise", kam es von Seto. "Nur, dass die meisten Angst vor mir hatten." "Warum?", wollte sein Gastgeber nicht verstehend wissen. "Weil ich eine gewisse soziale Stellung hatte und nicht scheute, diese zu nutzen, um zu bekommen was ich wollte", gab Seto ehrlich zu. "Ich hatte die falschen Vorbilder und hab erst nach der Schulzeit erkannt, dass es andere - bessere Wege gibt, zu erreichen, was ich möchte." Tarōs Kopf dröhnte von all den Informationen, die er seit dem Mittag über sich und diesen Brünetten erfahren hatte. Angefangen davon, dass sein wahrer Name Jonouchi Katsuya war, bis hin, dass er eigentlich auf der anderen Seite der Bucht zu Hause war. Er hatte dreieinhalb Jahre nach Antworten gesucht und nun, da er jemand gefunden hatte, der sie ihm geben konnte, kam ihm das alles so unwirklich vor. "Und wie war ich so?", fragte er fast zaghaft. Der Brünette musterte ihn wieder mit diesen unglaublich blauen Augen. "Du?", kam es von dem offensichtlichen Geschäftsmann, der noch einmal an seiner Tasse nippte. "Du warst... du schienst immer gut drauf zu sein. Als ob niemals ein Wölkchen am Himmel ist, außer wenn wir uns Wortgefechte lieferten." Die Änderung der Wortwahl bei seiner Antwort ließ Tarō seine Augenbrauchen kurz zusammen ziehen. "Ich schien?", hakte er nach. "Du hast damit deine Probleme zu Hause überspielt, weil du nicht wolltest, dass deine Freunde sich Sorgen um dich machen", eröffnete Seto ihm ruhig. Seine Probleme zu Hause, hallte es Tarō durch den Kopf. Ja, irgendwo im Nebel seiner Erinnerungen klang das vertraut. "Ich hatte Freunde?", kam es unsicher von ihm, denn seit er hier lebte hatte er jeden engeren Kontakt zu irgendwem gescheut. Er hatte zwar Bekanntschaften, wie Sakamoto - dem Koch seines Stammlokals - oder seinen Arbeitskollegen, aber keine Freundschaften und keine Beziehungen. "Die hast du immer noch!", meinte Seto. "Du hast Freunde und eine Schwester." Geschockt blickte Tarō Seto an. Die Nachricht, dass er eine Schwester hatte, traf ihn irgendwie schwerer, als er gedacht hatte. Instinktiv griff er oberhalb der Brust nach etwas, was nicht da war. Doch genau das schien seinem Gegenüber ein Lächeln auf das Gesicht zu zaubern und für einen Moment schlug Tarōs Herz etwas schneller. Warum, dass konnte er selbst nicht sagen. Irgendetwas in ihm sagte ihm, dass dieses Lächel eine Besonderheit war. "Eltern?", fragte Tarō weiter. "Deine Mutter lebt mit deiner Schwester in den Vereinigten Staaten", begann Seto. "Dein Vater ist vor ein paar Jahren gestorben." Tarō hätte erwartet, dass die Nachricht vom Tod seines Vaters eine ebenso heftige Reaktion in ihm auslösen würde, wie die Erkenntnis, dass er eine Schwester hatte. Doch da war nichts. Keine Regung. Nur Gleichgültigkeit, die ihn verunsicherte. Scheinbar war diese Unsicherheit für den anderen so deutlich sichtbar, dass er noch einmal das Wort ergriff. "Du hattest kein gutes Verhältnis zu deinem Vater", ergänzte der Brünette erklärend. Doch genau das warf noch weitere Fragen auf und die Kopfschmerzen wurden schlimmer. Fahrig ging er sich mit den Fingern durch sein kurzes, blondes Haar. "Das ist eine Menge Input", gestand sein ehemaliger Klassenkamerad ihm zu. "Vielleicht möchtest du erst einmal alles sacken lassen?" "Wäre vielleicht ganz gut", stimmte Tarō zu. "Darf ich dich was fragen?", kam es nach einem kurzen Augenblick der Stille von dem Geschäftsmann. "Klar", meinte Tarō, der einen großen Schluck aus seiner Tasse nahm. "Weißt du, was passiert ist?", fragte der Brünette schließlich. Tarō blickte zu ihm und schüttelte dann seinen Kopf. "Man hat mir erzählt, dass ein Fischer mich auf dem Meer gefunden hat. Er hat mich mit an Land genommen und einen Krankenwagen gerufen. Ein paar Monate später bin ich dann hier im Krankenhaus aufgewacht und... alles war weg", erzählte er. "Aber wieso konnte man dich nicht identifizieren? Wir hatten eine Vermisstenanzeige gestellt und alle haben nach dir gesucht", begehrte Seto auf einmal ein wenig auf, bevor er sich selbst scheinbar wieder zur Ruhe rief. Tarō konnte nur mit den Schultern zucken. "Keine Ahnung. Die im Krankenhaus waren überrascht, dass ich überhaupt japanisch spreche und mit so allgemeinem Kram aus der japanischen Kultur vertraut bin", meinte der Blonde ruhig. "Eigentlich waren sie davon ausgegangen, dass ich von einem der Frachtschiffe gefallen sei, deren Routen durch das japanische Meer verlaufen." Tarō konnte den Unmut im Gesicht seines Gegenübers ablesen. Dabei studierte er unbewusst jede kleinste Regung und jedes winzige Detail in diesem Gesicht, das ihn so faszinierte. Kapitel 9: Geteilte Freude -------------------------- Kapitel 09 - Geteilte Freude Otogi öffnete die Tür und blickte Seto überrascht an. Der Moment hielt kurz an, während sie sich stumm gegenseitig musterte. Dann rollte der Schwarzhaarige mit seinen Augen, trat von der Tür weg, so dass Seto herein kommen konnte, während er sich bereits dem Durchgang zum Wohnraum zuwandte. "Hiroto... Besuch für dich", rief Otogi quer durch den Wohnraum, von dem aus man in die Küche schauen konnte. Dort stand Honda, hatte eine Schürze um und blickte überrascht vom Schneidebrett auf, auf dem er gerade wohl die Zutaten für das gemeinsame Abendessen klein schnitt. Als er Seto sah legte er das Messer zur Seite, nahm sich ein Handtuch, um die Hände kurz abzuwischen und kam dann aus der Küche. "Seto?", begrüßte er seinen Besucher. "Ist was geschehen?" Seto stand vor ihm, die Hände in den Manteltaschen und sah Honda mit leicht geröteten Augen an. "Ich ... hab ihn gefunden, Hiroto", kam es mit brüchiger Stimme von dem Brünetten. Erst brauchte Honda einen Moment, bis die Tragweite dieser wenigen Worte ihn erreichte. Dann weiteten sich seine Augen ungläubig. "WAS?", kam es laut von dem anderen Brünetten. "Jonouchi...", war alles was Seto noch rausbrachte, bevor er eine Hand aus seiner Tasche zog und sie sich über die Augen legte, um zu verbergen, dass er die Tränen kaum zurück halten konnte. Honda überwand, was sie trennte und legte seine Hände an Setos Schultern. "Wie? Wo? Ist... er...", Honda wagte nicht seine Frage, ob Jonouchi tot war, fertig zu formulieren. "Er lebt und es geht ihm gut", kam es plötzlich glücklich und erleichtert von Seto, der die Hand von den Augen nahm und in Hondas Augen sah. "Mit der Fähre lebt er etwa 20 Minuten von hier." "Was?", kam es wieder ungläubig von Honda. "Aber... wenn er so nah ist, warum hat er sich nie gemeldet. Er muss doch geahnt haben, dass wir uns Sorgen machen..." "Nein... nein, das konnte er nicht wissen", setzte Seto zu einer Erklärung an, während Otogi heran kam und auf den Kaffeetisch vor dem Sofa zwei Tassen Tee abstellte. Dann legte er kurz seine Hand in Hondas Rücken. Der sah erst zu Otogi, dann zum Tee und lächelte seinen Freund glücklich an, bevor er ihn kurz küsste. Dann lud Honda Seto mit einer Handbewegung ein auf dem Sofa Platz zu nehmen, was dieser gerne annahm. Seto nahm die Tasse sofort auf und nahm einen Schluck, verzog aber kurz das Gesicht, da dieser Tee wie aufgebrühtes Filterpapier schmeckte. Er stellte die Tasse wieder ab. "Er weiß nicht wer er ist oder woher er kommt", meinte er dann etwas ruhiger. "Er hat sein Gedächtnis verloren?", kam es weiterhin ungläubig von Honda. Seto nickte. "Das... ich ihn gefunden habe, war reiner Zufall", meinte Seto. "Oder... und ich glaub nicht, dass ich dieses Wort freiwillig in den Mund nehme: Schicksal?" "Erzähl schon", forderte Honda ihn aufgeregt auf, der langsam realisierte, dass die Zeit der Ungewissheit vorüber war und sich alles scheinbar zum Guten wandte, anstatt zur bitteren Erkenntnis, dass Jonouchi tot war. "Nun ja... ähm...", begann Seto und erzählte ihm von dem Gespräch mit dem Blonden und den Infos, die er von ihm erhalten hatte. "Jonouchi, ein Mechaniker?", kam es am Ende ungläubig von Honda. "Ich mein, klar, in der Oberschule hat er mir hin und wieder zugeschaut, wenn ich an meinem Bike rumgeschraubt hab... aber er schien sich nie wirklich dafür zu interessieren." "Er hat sein künstlerisches Talent aber nicht aufgegeben. In seiner Wohnung gibt es eine ganze Wand voller Skizzen und Zeichnungen. Auch von dir gibt es eine Skizze, nur ohne Gesicht", erzählte Seto. "Von mir? Wie geht das?", fragte Honda verwirrt. "Nun ja, er träumt wohl immer mal wieder unzusammenhängende Bilder und er hat die Tage wohl an einer Honda rumgeschraubt und da hat er wohl in einem Traum dich gesehen. Das war eins zu eins du auf deiner Maschine, aber in seinen Träumen sieht er wohl keine Gesichter", kam es weiterhin aufgeregt von Seto. "Aber... sag mal... wenn er da drüben im Krankenhaus lag, warum hat ihn die Polizei nicht gefunden?", kam es schließlich etwas gedämpfter von dem Brünetten. "Keine Ahnung, aber das werde ich noch rausfinden", meinte Seto ernst. "Irgendwer wird dafür zur Verantwortung gezogen, dass wir dank dessen Unfähigkeit so lange im Ungewissen waren." Honda musste schmunzeln, was Setos Aufmerksamkeit weckte. "Was?", fragte der Geschäftsmann. "Hat mich nur an früher erinnert", meinte Honda ruhig. "An früher?", wiederholte Seto fragend. "Ja, ... als du noch recht unbeherrscht und rigoros warst", erklärte Honda und Seto sah ihn kurz schockiert an, bevor auch er schmunzelte. "Hab ich mich wirklich so verändert?", fragte er ruhiger. "Du bist jetzt wesentlich reflektierter", antwortete Honda ihm. "Aber das ist was Gutes." "Das hoff ich doch, immerhin war es viel Arbeit", meinte Seto und spürte, wie erschöpft er eigentlich war. "Seto, wann kann ich Jonouchi sehen?", fragte Honda ruhig. "Das... kann ich dir nicht beantworten, Honda. Das muss Jonouchi entscheiden, aber ich hab ihm vorhin erzählt, dass er Freunde hat", meinte er schmunzelnd. Er wollte gerade aufstehen und sich verabschieden, als Otogi wieder zu ihnen kam. "Essen ist fertig", meinte der Schwarzhaarige, was Seto als Aufforderung verstand zu gehen. Doch als er endlich aufstand und den Esstisch sah, bemerkte er, dass Otogi für ihn mitgedeckt hatte. "Du weißt ja, wo die Garderobe ist. Geh deinen Mantel aufhängen und dir die Hände waschen", meinte Otogi ohne besondere Schärfe in der Stimme, bevor er sich abwandte und zurück in die Küche ging. Seto sah ungläubig zu Honda, der nur verschmitzt lächelte und mit den Schultern zuckte. "Hoffe du hast Hunger", meinte der andere Brünette nur, bevor er aufstand und zu Otogi in die Küche ging. Kapitel 10: Skepsis ------------------- Kapitel 10 - Skepsis Tarō starrte schon seit Minuten auf seine Hand, die an einem Teil eines offen daliegenden Motors eines Autos ruhte. Dabei sah er nicht seine Hand. Oder den Motor. Er nahm nicht mal wahr, dass er sich hier in der Werkstatt befand, in der er arbeitete. Seine Gedanken kreisten - nicht zum ersten Mal - um das Gespräch, dass er gestern mit diesem Kaiba Seto geführt hatte. Immer und immer wieder ging er ihr zufälliges Treffen, die Fahrt zu Tarōs Wohnung und das Gespräch dort durch. Erst als er eine Hand auf seinem Rücken spürte kehrte er mit einem schreckhaften Zucken ins Hier und jetzt zurück. Er musste ein paar Mal blinzeln, bevor er wusste, wo er war und merkte, dass jemand neben ihm stand. Als er zu dieser Person blickte erkannte er Ken, seinen Chef. "Hey, Tarō, komm lass uns mal einen Tee trinken", meinte dieser väterlich zu dem Blonden. Dieser nahm ein Tuch, welches am Rand der Motorhaube lag und wischte sich die Hände daran sauber, bevor er dem Älteren in die kleine Küche der Werkstatt folgte. Dort goss Ken bereits zwei Tassen Tee auf und trug diese dann zu dem kleinen Tisch, an dem vier Stühle standen. Tarō setzte sich ihm gegenüber und nahm danken die Tasse entgegen. "Du scheinst heute nicht ganz bei der Sache zu sein", meinte Ken dann direkt und ohne Umschweife. Das war etwas, was Tarō an dem Mann schätzte. "Sorry...", kam es entschuldigend von dem Blonden. "Oh, dafür musst du dich nicht entschuldigen... jeder von uns hat doch mal einen Tag, der nicht so läuft", lächelte Ken. "Also... was ist es, was dich beschäftigt?" Tarō blickte seinen Chef an. Dann erzählte er ihm vom Vortag. "Uff... da kann ich verstehen, dass deine Gedanken wo ganz anders sind, als hier in der Werkstatt", gestand Ken ihm am Ende. "Aber bist du dir sicher, dass der Typ kein böses Spiel mit dir treibt?" Tarō sah seinen Chef verwirrt an. "Wie sollte er? Er hätte nicht wissen können, dass ich mittags bei Sakamoto zu Mittag esse", erwiderte er. "Wirklich nicht? Du gehst fast jeden Mittag zu Sakamoto. Wenn man dich ein wenig beobachtet, dann kann man so ein Treffen schon fingieren", merkte sein Chef vorsichtig an. "Aber was hätte man davon? Ich bin nicht reich, bedeutend oder sonst etwas", erwiderte Tarō energisch, der nicht verstand, warum sein Chef ihm das kleine Stück, was er gestern von seiner Vergangenheit gefunden hatte, schlecht reden wollte. "Hey, wie ich sagte: Ich gönn dir, wenn du etwas von dir erfährst, was vor deinem Unfall lag. Aber du bist wie ein Sohn für mich und daher sorge ich mich auch. Alles was ich sage ist, dass du sicher gehen sollst. Hat dir der Typ gesagt, auf welcher Schule ihr gewesen sein wollt? Hat er die Namen deiner Freunde genannt, von denen er gesprochen hat?", hakte Ken erneut nach. Das waren gute Fragen, wie Tarō befand. Er schüttelte den Kopf. Allerdings hatte er gestern auch nicht danach gefragt und es hatte für ihn auch keine Dringlichkeit besessen. "Menschen können grausam sein und schon aus den niedersten Motivationen heraus einem einen Höllentrip verpassen." Da hatte sein Chef sicherlich recht, dass spürte der Blonde tief in seinem Inneren. Und etwas kritischer zu sein, wäre wohl auch nicht das Schlechteste. Doch was ihn im Moment am meisten beschäftigte, war die Frage, warum er ausgerechnet von Kaiba Setos Augen immer wieder träumte. Zugegeben, der andere war attraktiv. Aber er hatte selbst gesagt, dass sie keine Freunde waren und sich höchstens hier und da ein Wortgefecht geliefert hatten. Also warum träumte er dann so oft von diesen blauen Augen, die nun endlich auch ein umgebendes Gesicht besaßen? Dieses Treffen hatte weit mehr Fragen aufgeworfen, als beantwortet. "Wenn du da drüben Freunde hast... warum haben sie dich dann nicht gesucht?", kam es plötzlich von Ken und Tarō musste gestehen, dass das eine echt gute Frage war. "Und Sie können sich an nichts erinnern?", fragte der Detective, der neben seinem Krankenhausbett stand und auf ihn herab sah. Tarō schüttelte den Kopf. "Auch nicht, ob sie Japaner sind oder vielleicht einer anderen Nationalität angehören?", hakte der Polizist weiter nach. Wieder war die Antwort ein Kopfschütteln. "Aber sie verstehen unsere Sprache?", wollte der Beamte wissen. "Ja, ich verstehe die Sprache. Ich spreche die Sprache. Ich habe keinen Akzent. Ich denke und träume in dieser Sprache", kam es etwas gereizt von Tarō, der damit seine Angst überspielte. Die Angst vor dem Ungewissen. Dem Nichtwissen, wer er war, woher er kam oder wieso er im Meer getrieben war. Die ganze Situation machte ihm eine Scheißangst. "Nur die Ruhe. Wir müssen diese Fragen stellen"; meinte der Detectiv fast schon gleichgültig. "Laut den Ärzten gibt es bis auf ein paar kleinen Narben an ihrem Bauch keine körperlichen Merkmale, die auf ihre Identität hinweisen." "Ja, das weiß ich schon", meinte der Blonde. "Wissen Sie vielleicht, wie sie zu diesen Narben gekommen sind?", hakte der Polizist nach und Tarō blickte ihn entgeistert an. Was verstand der Mann nicht an dem Wort Amnesie? "Also... das ist jetzt bestimmt die sechste oder siebte Frage, in der Sie mich direkt oder indirekt fragen, ob ich mich an etwas erinnern kann", kam es entnervt von dem Blonden. "Wie oft soll ich es Ihnen denn noch sagen? Oder würde es etwas helfen, wenn ich es ihnen aufschreibe?" "Können Sie denn auf Japanisch schreiben?", hakte der Polizist nach. "Keine Ahnung. Geben Sie mir einen Stift und Papier, dann finden wir es raus", zischte der Blonde. Tatsächlich reichte der Mann ihm einen Stift, den Tarō aber auf Grund seines mehrmonatigen Komas kaum halten konnte. In furchtbar krakeliger Handschrift schrieb er 'Ich kann mich an nichts erinnern' in japanischer Schrift auf. "Hm... okay", meinte der Polizist nur unbeeindruckt. "Das einzig auffällige an Ihnen ist ihr blondes Haar. Sie können fließend und akzentfreies Japanisch sprechen, Sie können es schreiben, Sie denken und träumen in unserer Sprache, aber Sie können sich an nichts erinnern. Bis auf die Narben, die wohl von Zigaretten stammen, haben sie keine anderen körperlichen Besonderheiten." "Sie könnten beim Jugendamt nach vermissten Jugendliche fragen", schlug der anwesende Arzt vor. "Wieso sollten wir beim Jugendamt nachfragen?", kam es verwundert vom Polizisten. "Nun ja, die Röntgenaufnahmen zeigen, dass der junge Mann sich mal alle Finger gebrochen hat... und zwar an genau der gleichen Position. Meiner Meinung kommt sowas nur vor, wenn Kinder von den Eltern misshandelt werden. Wenn das so war, dann muss es bei der Jugendfürsorge eine Akte geben." Die Erkenntnis, dass er wohl als Kind misshandelt worden war, schockierte den Blonden und unbewusst rieb er sich seine Finger genau über der Stelle, an der die Brüche auf dem Röntgenbild zu erkennen gewesen waren. Der Polizist seufzte schwer, klappte seinen Notizblock zusammen und steckte ihn mit dem Stift in die Innentasche seines Mantels. "Sollten Sie sich an irgendetwas zu erinnern beginnen, dann sagen Sie uns bitte unverzüglich nach. Die Polizei anzulügen ist ein Delikt, welches mit einer Geldbuße geahndet wird", belehrte der ältere Mann ihn, bevor er sich abwandte und mit seinem Partner, der die ganze Zeit nicht ein Wort gesagt hatte, das Zimmer wieder verließ. Frustriert schnaufte Tarō noch einmal, während der Arzt ihn sanft anlächelte. "Für manche Menschen ist so etwas schwer zu verstehen und manche haben an ihrem Beruf so wenig Spaß, dass sie alles nur nach Schema F machen. Bei diesem Herrn haben wir eine Kombination aus beidem gesehen", versuchte der Mann im weißen Kittel ihn zu trösten. Tarō nickte nur und fühlte sich so erschöpft, dass es keine fünf Minuten dauerte, bis er eingeschlafen war und zum ersten Mal von den blauen Augen träumte. "Vielleicht haben sie mich gesucht, aber konnten mich nicht finden, weil... keine Ahnung", meinte Tarō zu Ken. Wenn er wirklich Freunde hatte, dann konnte er nur hoffen, dass er Recht behielt, und sie ihn gesucht hatten. Denn Freunde, die sein Verschwinden einfach so hingenommen hätten... wären wohl kaum wirklich gute Freunde - oder? Kapitel 11: Inkompetenz ----------------------- Kapitel 11 - Inkompetenz "Ich hab ihm das damals nicht abgekauft", kam es genervt von dem älteren Detective, vor dessen Schreibtisch sich ein junger Geschäftsmann aufgeplustert hatte und scheinbar nicht glauben konnte, was er hörte. "Sie haben ihm das nicht abgekauft?", wiederholte Kaiba Seto fassungslos die Aussage des Polizisten. "Aber dennoch hatten Sie doch die Pflicht, die Daten einzugeben." "ICH mach keine Dateneingaben. Ich hab es an die IT weitergereicht. Was die damit gemacht haben, weiß ich nicht. Ist auch nicht mein Bier", wiegelte der unbelehrbare Mann ab und verschränkte stur seine Arme vor der Brust. "Wo finde ich diese 'IT'?", fragte Seto genervt. "Hat heute frei", erwiderte der Mann stoisch. "Wollen Sie mich eigentlich gerade verarschen?", kam es leise von Seto. Der Mann hielt unbeeindruckt dem Blick des Geschäftsmanns stand. "Sie hat nachmittags immer frei, aber vielleicht haben Sie Glück und erwischen sie noch beim rausgehen", meinte der übergewichtige Polizist. "Viel Glück." Seto wandte sich von der Inkompetenz in Person ab und stapfte aus dessen Büro. Dass es heutzutage noch solche Polizisten gab verblüffte ihn immer wieder. Er ging zurück an die Theke, die im Eingangsbereich stand und erkundigte sich nach der ominösen Ein-Personen-IT. Er bekam eine Zimmernummer und stapfte dann, mehr als schlechtgelaunt, durch den nächsten Gang zu den Aufzügen. Dort fuhr er in das angegebene Stockwerk und suchte das Zimmer. Als er das Zimmer fand klopfte er an die Tür. "Immer herein", hörte er eine jugendliche Stimme. Er öffnete die Tür und musterte eine junge Frau, die vielleicht drei oder vier Jahre älter war, als er selbst. Sie blickte ihn durch ihre Brille fragend an. "Ja, bitte?", fragte sie ihn freundlich. "Sind Sie die IT hier im Haus?", fragte Seto angespannt. Die Frau lächelte und nickte. "Ich würde es nicht IT nennen, sondern eher Dateneingabe, aber jawohl, die bin ich", meinte sie mit einer Fröhlichkeit, die Setos schlechte Laune etwas abmilderte. "Ich hab eine Frage bezüglich eines Datensatzes, den Sie vor vier Jahren eingegeben haben sollen", begann Seto. "Aha... und Sie sind...?", kam es verwirrt von der Frau. "Mein Name ist Kaiba Seto und...", weiter kam er nicht. "DER Kaiba Seto?", fragte sie erstaunt und mit weit aufgerissen Augen. Seto ging ein Halleluja durch den Kopf, denn endlich hatte er jemand gefunden, der ihn in diesem Kaff offensichtlich kannte. "Ja... DER Kaiba Seto und Sie sind?", fragte er. "Ein Fan", kam es wie aus der Pistole geschossen von der Frau, der direkt im Anschluss nach diesem Reflex die Schamesröte ins Gesicht schoss. "Ich meine, ... ähm ... mein Name ist Ejima Kaori." "Ah, Ejima-san, ich versuche gerade rauszufinden, warum die Polizei aus Domino City nie etwas von ihrem Yamada Tarō erfahren hat und wir so über vier Jahre brauchten unseren Freund hier zufällig wiederzufinden", erklärte er ihr kurz. Sie sah ihn an. "Wer ist denn der zuständige Detective bei uns?", fragte sie. "So ein inkompetenter... ich meine... ein älterer Mann, mit kräftigen Bauchansatz", erklärte er ihr, da er den Namen des Detectives gar nicht erfragt hatte. Sie schmunzelte, als er mit 'inkompetent' angefangen hatte. "Ah, Sie meinen sicherlich Detective Hotta Zenzō", meinte sie bitter lächelnd. "Mister Zukunftsverweigerer." Das zu hören überraschte Seto jetzt so gar nicht. Doch er nickte nur, da er davon ausging, dass diese Dienststelle nicht allzu viele Beamte hatte, auf die diese Beschreibung zutraf. Jedenfalls hoffte er es inständig. "Und wann hätte er mir die Daten geben sollen?", fragte sie nach und öffnete eine Suchmaske in die sie bereits den Platzhaltername Yamada Tarō eingegeben hatte. "Vor etwas mehr als vier Jahre", meinte Seto und gab ihr dann einen Zeitraum, den sie als Suchparameter mit in die Maske eingab. Doch der Computer spukte kein Ergebnis aus. Sie sah zu ihm auf. "Wenn er mir die Daten weitergegeben hätte, wären sie in der Datenbank", erklärte sie. "Aber es wäre nicht das erste Mal, dass er die Weitergabe 'vergessen' hätte." Plötzlich tauchte ein älterer Mann in der Tür auf. "Was geht denn hier vor?", fragte er gebieterisch. "Nur eine Auskunftserteilung", antwortete Ejima Kaori. "Und an wen? Ich kann mich nicht erinnern, dass dieser Mann zu unserem Revier gehört", forderte der Mann eine weitere Erklärung. "Dieser Mann gehört zum technischen Support der Software, die wir verwenden, Chef", erklärte sie und log ihn ohne Zögern an. "Ich hab ihn angefordert, weil mir bei der Bearbeitung des Antrags auf Auskunft ein Fehler im System aufgefallen ist. Wir klären gerade, ob es ein allgemeiner Fehler der Software oder ein spezifischer Fehler der Anwendung ist." Seto sah dem Mann an, dass dieser kaum ein Wort verstanden hatte, dabei hatte sich die junge Frau schon recht simpel in ihrer Erklärung ausgedrückt. Der Ältere nickte und tippte sich dann auf einmal an die Brust. "Das nächste Mal melden Sie sich ordentlich an und tragen ihren Besucherausweis sichtbar in der Brusttasche", meinte er streng, bevor er sich abwandte. Seto zog verwundert eine Augenbraue hoch. "Simple Gemüter sollte man nicht erhitzen", meinte sie nur lächelnd zu ihm und zwinkerte im zu. Sie startete erneut eine Suche und runzelte die Stirn. "Ich hab hier etwas gefunden. Scheinbar hat der Detective damals einen Satz Fingerabdrücke checken lassen. Aber dieser Check hat landesweit keine Treffer ergeben. Damit war für ihn der Fall offensichtlich abgeschlossen", erklärte sie. "Schön und gut, Detective Inkompetent hat seine Meinung gefällt, die Akte geschlossen und seine Akte nicht zur Dateneingabe weitergereicht. Aber es lag eine Vermisstenanzeige aus Domino City vor und mein Freund hat ein schon recht ... ungewöhnliches Aussehen. Hätte man da nicht eins und eins zusammenzählen müssen?", fragte Seto nach. Die junge Frau zuckte nur nichtwissend die Schultern und wirkte verlegen. "Möglich, dass die Vermisstenmeldung in der Umstellung unterging. Damals lief hier noch allerhand analog und als ich hier anfing hab ich die Modernisierung durchgeboxt. Da gab es einige Systemausfälle, sowohl digitaler, als auch analoger Natur", gestand sie ihm. "Es ist gar nicht so leicht antiquierte Fossile dazu zu bringen sich dem technischen Fortschritt zu öffnen und das Argument, dass es schon immer so gemacht wurde auszuhebeln." "Sie haben die Modernisierung der Dienststelle hier initiiert und umgesetzt?", fragte Seto noch einmal prüfend. "Dienststelle? Ihnen ist schon bewusst, dass wir uns im Hauptrevier der hier ansässigen Polizei sind?", meinte sie leidend. "Aber gab es nicht vor ein paar Jahren von der Regierung aus eine Modernisierungsanweisung?", hakte Seto nach. "Ja klar, gab es den", stimmte sie sofort zu. "Aber keiner hier hat sich dran gehalten. Deshalb wurde ich ja auch hergeschickt, um das zu machen. Nur das ich keine Polizistin bin und den Leuten hier keine Befehle erteilen kann. Das heißt, jede Menge Steine." "Sie scheinen eine kompetente Frau zu sein", kam es von Seto, der aus seiner Manteltasche sein Visitenkartenetui zog und es öffnete. Er griff nach einer speziellen Visitenkarte. "Wenn Sie irgendwann Lust auf eine Veränderung haben, melden Sie sich bei meiner Firma und machen Sie den Alpha-Beta-Gamma-Test. Ich bin mir sicher, Sie würden ihn bestehen." Verwirrt sah sie auf die Visitenkarte, die sie entgegennahm, und wusste gar nicht, was sie sagen sollte. Sie konnte nur ein 'Danke' stammeln und zusehen, wie sich Kaiba Seto umdrehte und ihr mickriges Büro verließ. Kapitel 12: Ein Funken? ----------------------- Kapitel 12 - Ein Funken? Honda war aufgeregt. Es waren Tage vergangen, seit Seto bei Otogi und ihm Zuhause aufgetaucht war und davon erzählt hat, dass er Jonouchi gefunden hatte. Am liebsten wäre Honda sofort losgefahren, um seinen besten Freund wieder in seine Arme zu schließen. Doch dann hatte Seto ihm erzählt, dass der Blonde an einer Amnesie litt. Jonouchi konnte sich weder an Seto, Honda, die anderen oder an die Zeit, die länger als dreieinhalb Jahre zurück lag erinnern. Das hatte Honda schockiert. Wenn Jonouchi sich nicht erinnern konnte... in wie weit war er dann noch Jonouchi? Aber Seto hatte ihm die Hoffnung geschenkt, dass sie gemeinsam seiner Erinnerung auf die Sprünge helfen könnten. Daher hatte Honda eine Menge Bilder ausgedruckt, die er auf seinem PC oder auf seinem Handy hatte, und hatte damit ein Album gefüllt. Natürlich hatte er auch an Bilder von Shizuka gedacht, von der er einige Bilder aus dem Sommer hatte, in dem sie ihren Bruder hier besucht hatte. "Man, Hiroto", maulte Seto genervt. "Bleib doch endlich ruhig sitzen." "Sorry, aber ... ich hab so lange darauf gewartet, ihn endlich wiederzusehen", meinte Honda entschuldigend. "Ja, ich weiß...", kam es weiterhin genervt von dem jungen Geschäftsmann. "Ich bin einfach so gespannt auf ihn... Darauf, ob da noch irgendwo ein Funken von Jonouchi ist", erklärte Honda. "Ist er", kam es nur leise von Seto und brachte ihm einen erstaunten Blick von Honda ein. Dieser legte schließlich seine Hand auf die von Seto, die auf dem Schaltknüppel lag. "Ja, ist er...", stimmte Honda zu, der erkannte, dass Setos Gefühle für den Blonden noch immer ungebrochen waren. "Hör mal, Hiroto", begann Seto auf einmal, während die Fähre, auf der sie parkten, sich langsam begann zu drehen. "Sei bitte nicht enttäuscht, wenn er am Anfang etwas distanziert oder verhalten reagiert. Er wusste in den letzten dreieinhalb Jahren nicht mal seinen Namen und jetzt seine Vergangenheit Stückchenweise kennenzulernen... ich stell mir das für ihn schwierig und verwirrend vor." "Okay", erwiderte Honda ruhig. Er hatte mit so etwas schon gerechnet und es wunderte ihn nicht, dass Seto wohl zu dem Thema recherchiert hatte. "Vielleicht... müssten wir alle unsere Beziehungen zu ihm neu aufbauen", erzählte Seto sachlich weiter. "Wenn er das möchte." "Denkst du, dass er nicht daran interessiert sein wird?", hakte nun Honda unsicher nach. "Sicherlich hat er sich einen neuen Freundeskreis aufgebaut." "Hm... möglich", gab Seto zurück. "Aber ich hatte nicht den Eindruck, dass er Freunde hat. Viele Menschen, die an dieser Form der Amnesie leiden, scheuen anfangs davor zurück neue soziale Kontakte zu knüpfen." "Wieso das?", fragte Honda verwirrt. "Überleg doch mal: Du weißt nichts von dir selbst. Keinen Namen, kein Geburtsdatum, nicht woher du kommst oder was du bislang gemacht hast", erklärte Seto weiter. "Du weißt nicht, ob der Zustand bleibend ist oder dein Gedächtnis zurückkommt und wenn es zurückkommt, wann es kommen wird. Die Frage, ob du ohne Erinnerung noch immer die gleiche Person bist, wie mit deinen Erinnerungen stellt sich dir plötzlich. Was wenn sich deine Persönlichkeit dadurch verändert hat, denn sie entsteht ja aus der Summe deiner Erfahrungen und wenn du plötzlich auf keine Erfahrungen zurückgreifen kannst... was bleibt da noch?" "Okay, ich verstehe, warum man anfänglich keine neuen Kontakte eingehen möchte. Aber Jonouchi lebt jetzt dreieinhalb Jahre ohne Gedächtnis... irgendwann gewöhnt man sich doch daran", wandte Honda ein. "Manche, ja", antwortete Seto. "Aber es gibt Menschen, die haben Angst mit ihrer Situation anzuecken oder ausgegrenzt zu werden... und einige stellen sich immer die Frage, ob es fair wäre neue Freundschaften aufzubauen, wenn sie jederzeit ihre Erinnerungen zurück bekommen könnten und dann wieder wie früher wären. Vielleicht kann man dann die neuen Freunde gar nicht leiden. Manche brechen sogar den Kontakt zu ihren bisherigen Freunden ab, weil sie sich nicht mehr 'passend' fühlen." Honda hob unbewusst eine Hand zum Mund und begann an den Fingernägel zu kauen. Dass er das nicht zum ersten Mal tat, davon zeugten die Fingernägel der anderen Hand, die bereits bis zum Nagelbett abgefressen waren. Es wäre furchtbar, wenn sie Jonouchi gefunden hätten und dieser befinden würde, dass er ihre Freundschaft nicht wieder aufleben lassen wollen würde. Das wäre, als würden sie ihn ein zweites Mal verlieren. Die Fähre legte an und Seto fuhr den Wagen wieder als erstes aufs Festland. Dann aktivierte er das Navi, in das er Jonouchis Adresse einprogrammiert hatte. Auf dem Weg zu Jonouchi hatte Honda noch auf einen Zwischenstopp bestanden. Seto hatte sich erst geweigert, doch dann hatte Honda ihn davon überzeugt, dass sie nicht einfach mit leeren Händen bei Jonouchi aufschlagen konnten. Wenn man bei jemandem, den man kaum kannte, eingeladen war, hatte man gefälligst ein Gastgeschenk mitzubringen. Daher entschieden sich die beiden in einem kleinen Laden für japanische Süßwaren etwas zu kaufen. Erst wollten sie eine Auswahl nehmen, entschieden sich dann aber für die drei Sachen, die Jonouchi immer besonders gemocht hatten. Seto hatte sich anschließend sogar noch breit schlagen lassen Zutaten für ein Curry mit Reis zu kaufen. Doch diese Einkaufstasche ließen sie erst einmal im Auto, als sie bei dem Appartementgebäude ankamen. Sie nahmen ihr in einer kunstvollen Pappschachtel verpackte Auswahl an Süßwaren und trugen diese die Treppen auf die höchste Ebene des Gebäudes. Dort führte Seto Honda bis zur letzten Wohnung, bei der er schließlich die Klingel betätigte. Honda fiel sofort der fremde Name an der Klingel auf: Yamada Tarō. Klar, Jonouchi hatte ja nicht als 'Unbekannt' weitermachen können. Dennoch klang der Name so fremd. Umso mehr wurde er geflasht, als Jonouchi die Tür öffnete und sie mit einem Lächeln im Gesicht begrüßte. Keinen Zweifel: Das war ihr Jonouchi Katsuya. Da war weit mehr als ein Funke in ihm übrig. "Hi, Yamada", begann Seto. "Das ist Honda." "Hey, Kaiba", erwiderte der Blonde und wandte sich dann seinem eigentlich besten Freund zu. Er musterte ihn und war scheinbar von der Frisur ganz fasziniert, bevor er ihm kurz zu nickte. "Hey Honda, ich bin Yamada Tarō." "Freut mich... dich... ähm...", stotterte sich der Brünette einen ab, da er nicht wusste, ob er 'wiedersehen' oder 'kennenlernen' sagen sollte. Am liebsten hätte er ihn sofort an sich gezogen und fest umarmt. "...kennenzulernen", ergänzte Seto. "Er freut sich, dich kennenzulernen." "Wir... wir haben dir ein Gastgeschenk mitgebracht", kam es immer noch total neben sich stehend von Honda. Für einen weiteren Moment studierte Jonouchi Hondas Gesicht ganz genau, dann nahm er die Pappschachtel entgegen, trat bei Seite und ließ die beiden in seine Wohnung kommen. "Danke, das wäre doch nicht nötig gewesen", meinte der Blonde, wobei man ihm aber ansah, dass er sich darüber freute. Das erste, was Seto auffiel, war der Vorhang, der nun den Bereich mit dem Bett verbarg. Er war sich sicher, dass weder dieser noch die Vorhangstange bei seinem ersten Besuch schon da waren. Gerade, als er einen Fuß auf den Holzboden setzen wollte schlug ihm Honda mit dem Handrücken gegen den Oberarm. "Man, Seto... Schuhe", meinte dieser, der gerade dabei war aus seinen halbhohen Stiefel zu schlüpfen und sich ein Paar der Gästepantoffeln aus dem Halter an der Wand zu nehmen. Auch dieser war neu, wie Seto auffiel. Jetzt war er sich sicher, dass Jonouchi normalerweise keinen Besuch in seiner Wohnung empfing. Also schlüpfte auch Seto aus seinen teuren Schnürschuhen und schlüpfte in ein Paar Gästepantoffeln aus Filz. "Ähm, wollt ihr einen Tee?", fragte Jonouchi, während er die Pappschachtel auf der Anrichte abstellte. "Ich kann euch aber auch gern was Kaltes anbieten." Seto und Honda traten mehr in den Raum und blieben abrupt stehen, als sie auf dem kleinen Tisch einen Teller sahen, auf dem ... die gleichen Süßwaren angerichtet waren, wie sie vor kaum einer halben Stunde gekauft und gerade Jonouchi geschenkt hatten. Als Jonouchi keine Antwort bekam, wandte er sich zu den beiden um und sah sie auf die Süßwaren starren. "Ähm... ihr könnt euch gern bedienen. Ich hab sie extra für heute gekauft, damit ich euch mehr als nur einen Tee anbieten kann", erklärte er. Honda musste grinsen und sah dann zu dem lange Vermissten. "Du... wirst es nicht glauben, aber wir haben dir die gleichen gekauft", meinte Honda amüsiert. "Echt?", kam es ungläubig von Jonouchi, der sich wieder der Schachtel zuwandte und sie öffnete. Tatsächlich war darin die gleiche Auswahl, was ihn kurz amüsiert schnauben ließ. "Du hast die früher am liebsten genascht", erklärte Honda ihre Auswahl. "Wusste ich gar nicht. Ich hab ewig sowas nicht mehr gehabt", gab Jonouchi etwas verlegen zurück. "Ich würde mich über eine Tasse deines Tees sehr freuen", meinte Seto schließlich, der aus seinem Jackett schlüpfte und dieses über einen der bereitgestellten Stühle hing. Dabei fiel ihm auf, dass einer der Stühle nicht zu den anderen passte. "Ja, ähm... sorry, ich hab mir in der Werkstatt einen dritten Stuhl ausgeliehen, weil ich nur zwei hatte", erklärte der Blonde weiter verlegen, bevor er drei Tassen aus dem Schrank holte und in einer kleinen Kanne den Tee aufbrühte. Dann verteilte er den Tee auf die Tassen und holte aus dem Kühlschrank zwei kleine Kännchen. "Dieses Mal hab ich vorgesorgt", meinte Jonouchi und stellte zunächst die Kännchen, danach ein Gefäß mit Kandiszucker am Stil auf den Tisch, bevor er die Tassen verteilte. Schließlich nahmen sie Platz. Honda nahm einen Schluck und hielt abrupt inne. "Verrückt, das ist ja der gleiche Tee, den du auch Zuhause trinkst, Seto", meinte er auf einmal. Wieder blickte Jonouchi Honda verdaddelt an, bevor sein Blick zu Seto wechselte. "Ja. Danke, Hiroto", meinte Seto etwas aufgesetzt freundlich zurück. "Du trinkst auch diesen Tee bei dir Zuhause?", fragte Jonouchi. "Hast du das letzte Mal gar nicht gesagt." Kapitel 13: Freundschaft? ------------------------- Kapitel 13 - Freundschaft? Es schien eine schier unendliche Anzahl von Bildern in diesem Album zu geben und zu jedem konnte Honda eine Geschichte erzählen. Und genau das tat er auch. Er erzählte von seinem besten Freund: Jonouchi Katsuya. Tarō blickte auf diese Bilder. Zwar erkannte er sich äußerlich auf diesen Aufnahmen, doch er verband nichts damit. Weder mit der Situation, die Honda ihm schilderte, noch emotional. Dazu kamen die Kopfschmerzen, die mit jeder weiteren Geschichte stärker zu werden schienen. So schlug er nach ungefähr einem Drittel des Albums dieses zu und schob es etwas weg von sich. Verwirrt sah ihn Honda an. "Alles okay?", fragte dieser Tarō. "Ja, nur...", antwortete der Blonde unsicher und schien nach Worten zu suchen. "Es ist etwas viel auf einmal", ergänzte Seto ruhig. Honda sah ihn an und dann zu seinem besten Freund. Dieser sah überrascht, aber auch dankbar zu dem jungen Geschäftsmann, ehe er nickte. "Sorry, ich würde gern noch mehr hören, aber... mir brummt der Schädel", erklärte er. Honda begann zu lächeln. "Ist schon okay... wir müssen ja nicht das ganze Album auf einmal anschauen", meinte Honda lächelnd. "Also... wenn ich das richtig verstanden habe, dann sind wir beide seit der Mittelschule befreundet?", fasste Tarō noch mal für sich zusammen. Honda nickte bejahend. "Und in der Oberschule haben wir dann erst diesen kleinen Punk - wie war noch mal sein Name?" "Yugi", antwortete Honda. Jonouchi blickte ihn verwirrt an. "Wir beide waren beste Freunde...", setzte Jonouchi an. "Nun ja, ich hoffe doch, wir sind es immer noch", lächelte Honda unsicher. "...und sprechen uns mit Familiennamen an, wie es üblich ist. Aber den kleinen Punk, denn reden wir mit dem Vornamen an?", vollendete Tarō seine Frage ohne auf Hondas Anmerkung einzugehen. "Mutou ist in vielen Fällen speziell", merkte Seto an. Tarō blickte zu ihm und nickte. "Also, wir haben uns in der Mittelschule kennen gelernt und angefreundet", wiederholte Tarō erneut. "In der Oberschule haben wir Yugi erst gemobbt und sind dann Freunde geworden? Dann kam dieser Bakura dazu und schließlich der Schwarzhaarige... ähm..." "Der Würfelfreak", kam es trocken von Seto. "Otogi", berichtigte Honda hastig und warf Seto einen missbilligenden Blick zu. "Und wir", dabei deutete der Blonde auf Seto und sich, "waren nicht befreundet, sondern haben eine Rivalität gepflegt?" "Nein... die Rivalität hab ich mit Mutou gepflegt", berichtigte jetzt Seto. "Was waren wir dann?", fragte Tarō verwirrt. "Hund und Katze", kam es jetzt trocken von Honda, der daraufhin von Seto einen missbilligenden Blick geschenkt bekam. "Hund und Katze?", fragte Tarō verwirrt nach. "Eher Hund und Drache", kam es plötzlich von Seto. "Wann immer ich etwas tat oder sagte, was in deinen Augen falsch, herablassend oder arrogant war, hast du mich drauf hingewiesen." "Eher angebellt", kommentierte Honda amüsiert. "Und er hat dann zurück gefaucht, wie eine..." "Wie ein Drache", fiel Seto Honda ins Wort. "Okay, okay... stopp mal...", kam es energisch von Tarō. "Seid ihr sicher, dass wir beide Freunde waren und nicht ihr beiden? Ich mein, ihr geht schon recht vertraut miteinander um und ihr klingt irgendwie, wie ein altes Ehepaar." Erschrocken blickten die beiden zu ihm. "Unsere Freundschaft...", begann Honda zaghaft. "...etablierte sich erst nach deinem Verschwinden.", vollendete Seto den Satz. "Na wenigstens ein Gutes hatte mein 'Verschwinden'", kommentierte jetzt Tarō trocken. "Es war unser Glaube daran, dass du noch lebst", ergänzte Honda erklärend. "Und... die anderen Freunde, von denen du mir erzählt hast, haben diesen Glauben nicht mehr?", fragte der Blonde vorsichtig nach. Honda und Seto wechselten einen Blick, bevor sie wieder zu Tarō blickten. "Es ist nicht so, dass sie nicht glauben möchten. Sie hoffen natürlich noch, aber... sie mussten irgendwann ihr Leben fortsetzen", versuchte Honda zu erklären. "Aber... du scheinst dein Leben auch fortgesetzt und dennoch an deinem Glauben festgehalten zu haben", wandte Tarō ein. "Es ist nicht so, dass sie nach fünf Minuten aufgegeben haben, Jou... ähm... Yamada", erwiderte Honda. "Als wir merkten, dass du verschwunden bist, haben wir alle alles getan, was wir konnten, um eine Spur von dir zu finden. Monate lang." "Als ihr merktet, dass ich verschwunden war? Ihr hab das nicht sofort gemerkt?", hakte Tarō verblüfft nach und konnte eine Wut in sich spüren, die ihm bislang unbekannt gewesen war. "Die Situation war folgende", begann nun Seto. "Wir haben unseren Abschluss gefeiert und du solltest wenige Stunden später in einem Flieger in die USA sitzen. Du hattest ein Vollstipendium an einer Kunsthochschule ergattert und wolltest vorher ein paar Wochen mit deiner Schwester verbringen." Seine Wut verpuffte. Seine Freunde hatten nicht gemerkt, dass er verschwunden war, weil sie dachten, er sei in die USA geflogen? Doch dann erwachte seine Wut erneut. "Aber hätte ich mich bei meiner Ankunft in den USA nicht bei einem von euch gemeldet?", fragte er verständnislos. Wieder wechselten die beiden Brünetten einen Blick miteinander, bevor sie zu ihm sahen. "Du warst nie der mobile Typ", meinte Honda. "Du konntest dir mit Müh und Not ein Pre-Paid-Handy leisten und oft hattest du kein Guthaben. Wir dachten, dass du dich bei uns melden würdest, sobald du an deiner Uni wärst und dort einen Zugang zum Internet bekommen würdest." Tarō ließ sich das alles durch den Kopf gehen. War er damals wirklich so mittellos gewesen, dass er sich nicht mal ein Handy mit Online-Tarif hatte leisten können? "Also... habt ihr nach mir gesucht?", fragte er noch einmal unsicher nach. "Ja... haben wir", bekräftigte Honda noch einmal. "Sobald du uns erlaubst, werden wir auch deiner Schwester und deinen anderen Freunden erzählen, dass wir dich gefunden haben", erklärte Seto. "Ihr habt es ihnen nicht erzählt?", kam es verwirrt von Tarō. "Ich hab es nur Honda erzählt, weil er dein bester Freund ist", gestand Seto. "Außerdem wollte ich nicht, dass du dich von allem so überrollt fühlst." Tarō wusste gar nicht, was er darauf erwidern sollte. Seto schien ein sehr umsichtiger, fürsorglicher Mann zu sein, dem Tarōs Wohlergehen am Herzen lag. Das bewegte etwas in dem Blonden und er schenkte Seto ein sanftes Lächeln. Dann durchzog ein lautes Magenkurren die Stille, die entstanden war. Erst blickten sich alle an, während Tarō verlegen kurz wegschaute. Dann musste Honda lachen und irgendwie war das so ansteckend, dass auch Tarō lachen musste. "Hey, was dagegen, wenn Hiroto deine Küche benutzen würde?", fragte Seto plötzlich und Tarō blickte ihn verwirrt an. "Ich koche gerne und man sagt mir, gar nicht mal schlecht", meinte Honda, während er aufstand. "Oh... ich fürchte, ich hab gar nichts im Haus, was man kochen könnte", meinte Tarō verlegen. "Wir hätten ein paar Sachen dabei, ich muss sie nur fix unten holen gehen", meinte der Brünette mit der Gelfrisur und stand auf. Dann verschwand er aus der Wohnungstür und Tarō blickte ihm hinterher. "Ein paar Sachen?", wiederholte Tarō. "Hiroto möchte mit oder für dich kochen, da bin ich mir nicht mehr ganz sicher", meinte Seto. "Daher haben wir schon vorhin ein paar Sachen eingekauft." "Oh, ach so", kam es von dem Blonden. "Sag mir, was ihr dafür bekommt." "Ein Lächeln genügt", meinte Seto ruhig und schien kurz zu erstarren. Tarō musterte ihn und musste dann tatsächlich lächeln, was den Geschäftsmann wieder etwas locker werden ließ. "Ähm... und... ihr... ihr beiden... seid... also... Freunde?", fragte Tarō unsicher nach. Er wusste nicht, wie der andere auf die Frage reagieren würde, wenn er sie offensiver gestellt hätte. "Nur Freunde, ja", meinte Seto. "Sein Freund hätte auch was dagegen, wenn da mehr als nur Freundschaft laufen würde." "Sein Freund?", kam es erstaunt von Tarō. "Also... ist Honda... öhm..." "Schwul? Ja, und das sehr offen", erklärte Seto. "Er ist mit Otogi zusammen." "Dem... Schwarzhaarigen?", fragte Tarō erneut. Seto nickte. "Dem Würfelfreak, ja", bekräftigte der Brünette. "Und... ähm... deine... Freundin... Frau... Partnerin... hat kein Problem damit, dass du scheinbar so viel Zeit in die Suche nach mir investiert hast?", tastete sich Tarō weiter vor. "Ich bin in keiner Beziehung", meinte Seto. "War ich nie." "Ach komm... jemand der so gut aussieht hat keine Freundin oder so?", meinte Tarō ungläubig. "Es gibt nur eine Person, an der ich jemals interessiert war", erwiderte Seto ruhig, während er Tarō in die Augen sah. Dann klingelte es. Doch Tarō verharrte weiterhin und hielt den Blickkontakt mit Seto. Als es ein zweites Mal klingelte löste er sich nur widerwillig aus der Situation, um Honda herein zu lassen, der regelrecht strahlte. Dieser zog ihn mit zur Küchennische und band ihn direkt ins Kochen mit ein. 'Es gibt nur eine Person, an der ich jemals interessiert war', hallte es Tarō durch den Kopf. Seto hatte von einer Person, nicht von einer Frau gesprochen. Hieß das... dass auch der Geschäftsmann... schwul war? Auf einmal wurde Tarō bewusst, wie heftig sein Herz schlug. Was war das nur für ein Gefühl in ihm? Kapitel 14: Ich bin Ich? ------------------------ Kapitel 14 - Ich bin Ich? Tarō verräumte gerade die letzte Schüssel vom Abendessen. Honda und er hatten Curry auf Reis zubereitet. Das gemeinsame Kochen hatte wirklich Spaß gemacht und hatte sich vertraut angefühlt. Sie hatten sich dabei noch ein wenig darüber unterhalten, wie Tarōs Leben derzeit aussah. Wo er arbeitete. Was er so in seiner Freizeit tat. Dabei war Tarō aufgefallen, wie furchtbar langweilig sein Leben auf die zwei wirken musste, immerhin tat er Tag für Tag das gleiche zur gleichen Zeit. Doch das war etwas aus seiner Therapie gewesen: Ein gewohnter Ablauf half Struktur in den Tag und schlussendlich auch in sein Leben zu bringen. Es war wichtig gewesen, dass er sich diesen Tagesablauf angewöhnt hatte, ansonsten würde er durch die Tage, Wochen und Monaten stolpern ohne jemals wirklich voran zu kommen. Schließlich hatte Tarō erkannt, was sie da kochten: Curry auf Reis. Das war eines seiner favorisierten Essen, welches er sich aber selten gönnte. Er wusste nicht genau, warum er es sich nur zu besonderen Anlässen gestattete, aber so fühlte es sich einfach richtiger an, als daraus ein alltägliches Routineessen zu machen. Als sie beim Essen zusammensaßen hatte Honda dann einen Satz fallen lassen, den Tarō stutzig gemacht hatte. Der Brünette hatte gesagt, dass sich manche Dinge einfach nie ändern. Zunächst hatte Tarō nicht gewusst, worauf sein Gegenüber anspielte, doch dann war der Groschen gefallen: Sein früheres Ich - dieser Jonouchi Katsuya - musste dieses Essen auch geliebt haben. Das hatte ihn irgendwie sich beklemmter und verunsicherter fühlen lassen. Nach dem Essen hatte dann Seto darauf hingewiesen, dass die letzte Fähre bald fahren würde. Also hatte Tarō sie zur Tür gebracht und sie verabschiedet. Dabei hatte Honda ihn unbedingt umarmen wollen, also gestattete er es dem ihm eigentlich fremden Mann. Es fühlte sich merkwürdig an von einem Fremden so umarmt zu werden und doch... war da wieder dieses vertraute Gefühl. Er erkannte, dass sie sich nicht zum ersten Mal umarmten. Als Tarō nur mit einem Handtuch um die Hüfte und sich das blonde Haar trocken rubbelnd aus seinem Badezimmer kam fiel sein Blick auf das Fotoalbum, welches immer noch auf dem Küchentisch lag. Eigentlich hatte er sich nach dem Duschen noch ein Bier und etwas Netflix gönnen wollen, doch etwas in ihm schubste ihn zurück zum Tisch. Dort nahm er auf seinem Stuhl Platz und griff vorsichtig nach dem Album, als würde es ihn kratzen oder beißen, wenn er zu schnell danach griff. Als seine Finger es umgriffen zog er es ebenso bedächtig zu sich. Auf der ersten Seite war ein großes Foto eines brünetten Mädchens, dessen braune Augen voller Liebe und Wärme in die Kamera strahlten. Vorsichtig zog er mit dem Zeigefinger die Kontur ihres Gesichtes nah. Honda hatte ihm gesagt, dass diese junge Dame Jonouchis Schwester war. Nein. Seine Schwester. Ihr Name war Shizuka und wenn er den Erzählungen des aufgedrehten Brünetten Glauben schenken durfte, dann liebte sie ihn abgöttisch. Wie würde sie reagieren, wenn sie von ihm erfahren würde? Ihr Bruder war am Leben und doch... nicht ihr Bruder. Eigentlich war er ein völlig Fremder. Doch ganz tief in sich spürte er ihr gegenüber eine Verbundenheit. Das Gefühl, für sie die Welt aus den Angeln zu heben, wenn es notwendig wäre, war ungewohnt stark. Er blätterte weiter und sah noch einige Bilder aus ihren Kindertagen. Sie am Strand, beim Eisessen, im Park, auf dem Spielplatz. Auf einem Bild war sogar eine Frau zu sehen: Seine Mutter. Doch auch für sie empfand er nichts, wenn er sie so auf dem Bild betrachtete. Wie auch. Er konnte sich an nichts erinnern und soweit sein ehemals bester Freund ihm erzählt hatte, war er auf sie nicht gut zu sprechen. Schließlich kam er zu Bildern, die ihn mit anderen Jungs in seinem damaligen Alter zeigten. Doch auch da regte sich nicht wirklich viel in ihm. Durch die Erzählung Hondas wusste er, dass er mit all diesen Jungs befreundet gewesen war. Enge Freunde. Und doch nicht eng genug, um ihnen zu sagen, dass er daheim Probleme hatte? Er griff sich an den Bauch, dort wo die kleinen, runden Brandnarben saßen. Dann kam er zu der Stelle, an der er vorhin das Album zugeschlagen hatte. Sie zeigten ebenfalls all die Freunde, die schon auf den Fotos davor zu sehen waren, nur, dass ihre Runde durch einen jüngeren, schwarzhaarigen Jungen mit graublauen Augen ergänzt worden war. Wer war das? Ab da mehrten sich auch die Bilder, auf denen im Hintergrund Seto zu sehen war. Er schien fast immer desinteressiert und genervt. Doch trotz der defensiven Haltung, die er einnahm, schien er auf fast jedem Foto sein altes Ich zu beobachten. Als er zur letzten Seite kam fand er eine Galerie mit Profilbildern aller Menschen, die Honda wohl wichtig erschienen waren. Unter ihnen standen die passenden Namen. Auch der jüngere Schwarzhaarige war aufgelistet und Tarō las dessen Namen: Kaiba Mokuba. Kaiba? Wie Seto? Waren sie miteinander verwandt? Geschwister vielleicht? Selbst er war hier aufgelistet und unter dem Foto stand Jonouchi Katsuya. In der Nacht wälzte sich Tarō unruhig in seinem Bett hin und her. In seinem Traum stand er vor einem Spiegel. Er zeigte sein Bild und doch war etwas nicht richtig. Also beugte er sich näher an die gläserne Oberfläche, um zu ergründen, was nicht so war, wie es gehörte. Plötzlich schlug sein Spiegelbild mit der Faust gegen die Oberfläche, die sie trennte. Der Gesichtsausdruck war zu einer wütenden Fratze verzogen. Erschrocken zuckte Tarō zurück. "Du hast mir mein Leben gestohlen", schrie sein Spiegelbild und schlug erneut gegen das Glas. "Ich hab mir das doch nicht ausgesucht", erwiderte er und konnte das Blut in seinen Ohren rauschen hören. "Du bist ein Dieb. Ein Hochstapler. Du bist nicht ich. DU BIST NICHT ICH!", schrie ihn sein Spiegelbild weiter an und zerschlug den Spiegel. Tarō hob instinktiv seine Hand um seine Augen zu schützen. Da wurde er auch schon am Kragen gepackt und zu Boden gerissen. Er versuchte sich verzweifelt zu wehren, doch er war deutlich unterlegen. Als er endlich aufblicken konnte sah er sein anderes Ich erkennen. "Das sind meine Freunde, mein Leben, meine Vorlieben...", schrie dieser ihm immer wieder zu bis Tarō schweißgebadet aufschreckte. Sein Atem ging schnell und er ging sich fahrig durch das nasse Haar. Er schlug die Decke zurück und stand auf. So einen Traum hatte er noch nie gehabt. Doch er warf eine interessante Frage auf: In wie weit war er eine eigenständige Persönlichkeit? Er liebte Curry auf Reis und wie er seit dem gestrigen Abend wusste, war das auch die Leibspeise des Jonouchi Katsuya gewesen. Auch bei den Süßspeiesen schienen sie gleich gepolt zu sein. Der Tee, den er so gerne trank und von dem er jetzt wusste, dass Jonouchi ihn früher immer getrunken hatte, wenn sie alle ein Wochenende bei Seto verbracht hatten. Sogar sein Humor hatte seine Besucher an ihren alten Freund erinnert. Was... hatte er wohl noch aus seinem vergessenen Leben übernommen ohne es sich bewusst zu sein? War er doch nicht mehr als ein Hochstapler? Vielleicht hatte der Jonouchi aus seinem Traum Recht: Honda und Seto waren seine Freunde. Nicht Tarōs. Er kannte sie nicht und sie kannten ihn nicht. Doch weil er so aussah, wie der, den sie verloren hatten, suchten sie händeringend eine Verbindung und einen Draht zu ihm. Sie waren nicht an ihm interessiert. Nicht an Yamada Tarō. Und wieder drängte sich die Frage auf, die ihn nach seinem Erwachen aus dem Koma immer wieder gemartert hatte: Was würde aus ihm werden, wenn Jonouchi Katsuya jemals wieder auftauchte? Würde er einfach verschwinden? So, als hätte er niemals existiert? Würde es Menschen geben, die um ihn trauern würden? Plötzlich realisierte er, dass er weinte. Er hatte schon lange nicht mehr geweint. Doch jetzt schluchzte er verzweifelt auf. Seine Beine wurden weich und gaben nach, so dass er schließlich auf seinen Knien landete und sich in seinem Kummer nur noch nach vorne krümmen konnte. Kapitel 15: Rekonstruktion -------------------------- Kapitel 15 - Rekonstruktion Die Temperaturen hatten angezogen und eine sommerliche Hitze lag über dem Land. Daher hatte Tarō beschlossen die Fensterscheiben seines Autos herunter zu kurbeln und etwas vom Fahrtwind als Abkühlung zu nutzen. Dabei trommelte er unbewusst mit dem Daumen auf dem Lenkrad, während er sich auf den Verkehr konzentrierte. "Das ist eine schöne Strecke", meinte sein Therapeut, der neben ihm auf dem Beifahrersitz saß und die Gläser seiner Sonnenbrille putzte, bevor er sie sich wieder aufzog. "Ich weiß, mit der Fähre wären es nur zwanzig Minuten gewesen", erwiderte Tarō ruhig. "Oh, entschuldigen Sie", meinte Reijirou Inukai ehrlich. "Ich meinte das nicht als Kritik. Tatsächlich find ich die Landschaft entlang dieser Strecke schön." "Ah, okay", meinte Tarō etwas angespannt. "Wie fühlen Sie sich?", fragte der Rothaarige. "Ich fühle mich unwohl", begann der Blonde zu antworten. "Es ist ein wenig Aufregung mit viel Angst." "Angst ist nichts Negatives", merkte der Psychologe an. "Angst hilft uns zu überleben. Sie lässt uns aufmerksamer unsere Umgebung beobachten und schneller reagieren. Vor allem gleicht sie unsere aktuelle Situation mit Erfahrungen der Vergangenheit ab und warnt uns, wenn sich Muster auftun, die etwas Schlimmes ankündigen." "Ich wäre mit etwas weniger Angst auch zufrieden", kam es brummelnd von dem Blonden. "Die Angst wird sich nach und nach legen", versicherte der Rothaarige mit einem Lächeln, während sie weiter der großen Stadt Domino City entgegen fuhren. Das Trommeln auf dem Lenkrad war im Takt schneller geworden, je näher sie ihrem Ziel kamen. Als sie eine weitläufige Kurve um einen Hügel genommen hatten tauchte vor ihnen Domino City auf. Sie lag auf einer Halbinsel und war mit ihrem Teil des Landes mit verschiedenen Brücken verbunden. Was Tarō als erstes ins Auge stach war das höchste Gebäude der Stadt, welches wie eine spitze Nadel emporragte und alle umliegenden Wolkenkratzer unter sich zurück ließ. Selbst von hier aus konnte er erkennen, dass die Fassade dieses Wolkenkratzers weiß gestaltet und reichlich verglast war. Ein gigantisches KC prangerte an seinen Seiten. KC - Kaiba Corporation. Mittlerweile wusste er, dass Seto der CEO dieser Firma war. In den letzten Wochen hatte er selbst etwas recherchiert. Bei einem von Setos Besuchen hatte er ihn dann darauf angesprochen. Erst hatte der Brünette ihn überrascht angeblickt, doch dann gelächelt. Er hatte ihm erzählt, dass er die Leitung der Firma mit 15 übernommen hatte, woraufhin sich sein Adoptivvater das Leben genommen hatte. Sie hatten eine ganze Weile darüber gesprochen, was es für einen Fünfzehnjährigen bedeutet hatte die Leitung über eine waffenproduzierende Firma zu übernehmen. Seto hatte ihm anvertraut, wie schwierig es gewesen war sie grundlegend umzustrukturieren, so dass sie nicht länger Tod und Verderben förderte, sondern Spielsachen produzierte. Das hatte Tarō tief beeindruckt. Als sie die Brücke überquerten, die sie in die fremde Stadt führte, hörte Tarōs Daumen abrupt auf gegen das Lenkrad zu trommeln. Eine seltsame Ruhe legte sich über den Blonden. Er wusste selbst nicht, was er erwartet hatte, doch dass gar nichts geschah enttäuschte ihn doch etwas. Vielleicht hätte er irgendein Gefühl erwartet? Ein Gefühl nach Hause zu kommen? Oder das Gefühl hier schon einmal gewesen zu sein? Nichts. Nichts von alle dem empfand Tarō. Sein Therapeut lotste ihn nach der von Seto gesendeten Wegebeschreibung zu ihrem Ziel, was sie am Rand der Stadt und dann scheinbar wieder hinaus führte. Hinauf auf eine schmale, bergige Landzunge, an deren äußersten Punkt eine Halle gebaut worden war. Architektonisch wirkte dieses Gebäude eher wie ein traditionell japanisches Gebäude für Versammlungen aus der Edo-Zeit. Als Tarō auf den Parkplatz einbog sah er, dass Seto und Honda, sowie Otogi bereits auf sie warteten. Sicher fuhr er sein eigenes Auto neben das von Seto und hielt an. Nochmal sah er zu dem rothaarigen Mann neben sich. "Bereit?", fragte der Blonde eher sich selbst, als seinen Therapeuten, der ihn nur beruhigend anlächelte. "Denken Sie immer daran: Wenn Sie eine Pause brauchen, nehmen Sie sich eine. Wir haben keine Eile und wir müssen nichts erreichen oder unter Beweis stellen", sprach der Ältere zu ihm. Tarō nickte, bevor er dann ausstieg. "Hey, habt ihr gut her gefunden?", fragte Honda sofort, kaum dass Tarō ausgestiegen war. Der Blonde nickte zuerst. "Ja, die Wegebeschreibung war sehr detailliert. Danke dafür", erwiderte er an Seto gewandt. "Gerne", lächelte der Brünette ihn freundlich an und sah erneut umwerfend damit aus. Mittlerweile wusste Tarō, dass Seto nicht oft lächelte. Dafür umso öfters, wenn er ihn besuchte oder sie miteinander skypten. "Yamada, das ist Otogi Ryuji. Ryuji, das ist Yamada Tarō", meinte Honda dann, nachdem der Schwarzhaarige ihn sanft in den Rücken gestupst hatte. Noch immer schien es Honda schwer zu fallen zu realisieren, dass Tarō nicht Jonouchi Katsuya war. Otogi grinste ihn an und nickte ihm zu. Irgendwas gefiel Tarō an diesem Grinsen nicht. Aber er hätte es nicht benennen können. "Hi... und das ist Reijirou Inukai. Er ist mein Therapeut", stellte Tarō im Gegenzug den Rothaarigen vor, der sich nur kurz im Ansatz verbeugte. "Therapeut?", kam es verwirrt von Otogi und bekam den Ellenbogen von Honda in die Rippen. "Ich begleite Yamada-san seit er im Krankenhaus erwacht ist", erklärte der Ältere. Dann wurden ihm kurz die drei Einheimischen vorgestellt. Tarō blickte sich um. Der Wind hier oben war schnittig und der Blonde schob seine Hände in die Taschen seiner Jeans. "Das ist er also?", fragte Tarō schließlich und nickte zum Gebäude. "Ja, hier haben wir unseren Abschluss gefeiert", antwortete Seto ruhig und ließ Tarō keinen Moment aus seinem Blick, was Tarō durchaus auffiel. "Kommt es dir bekannt vor?", fragte Otogi und der Blonde schüttelte seinen Kopf. "Vielleicht... wenn du es von Innen siehst?", meinte Honda. "Von Innen?", kam es verwirrt von Tarō. "Es sieht nicht so aus, als ob man einfach rein könnte." "Ich hab den Schlüssel", kam es ruhig von Seto. Tarō blickte ihn erstaunt an. Mit was für einer Selbstverständlichkeit der Brünette das gesagt hatte beeindruckte ihn wieder. "Du hast es für heute gemietet?", fragte Honda verblüfft. "Ja... so ähnlich", meinte Seto und lud Tarō mit einer Handgeste dazu ein vorzugehen. Honda packte Seto am Arm und hielt ihn kurz auf. "So ähnlich?", hakte der andere Brünette nach. "Er hat es gekauft", warf Otogi ein und folgte entspannt dem Blonden und dessen Therapeut, während Honda fast eine Schnappatmung bekam. "Das ist ein Witz oder?", fragte er Seto, der nur mit den Schultern zuckte. "Ich kann es wieder verkaufen, wenn wir es nicht mehr brauchen", meinte Seto, als wäre es das normalste der Welt. Dann folgte auch er den anderen, bevor sich Honda durch das gegelte Haar ging und die Frisur damit erst einmal völlig aus der Balance brachte. Im Inneren fand Tarō die Räume dekoriert vor. "Oh, scheinbar soll hier ein Fest stattfinden", meinte er ruhig und etwas verlegen. "Nein, ich hab ein paar Leute beauftragt die Räumlichkeiten so zu dekorieren, wie sie damals beim Fest waren", gestand Seto und erntete erneut einen ungläubigen Blick von Honda. Dann zog der Geschäftsmann eine kleine Fernbedienung, die kaum größer als ein Autoschlüssel war, und drückte auf einen Knopf. Sofort fing leise Musik an, wie sie damals gespielt worden war. Sie kamen in einen Raum, in denen unzählige Stühle in Reihen sauber aufgestellt waren. Vor den Stuhlreihen war eine Bühne, auf der ein Sprechpult stand. "Der Direktor unserer Schule quälte uns fast eine Stunde mit seinem sinnlosen Gefasel", meinte Seto weiterhin ruhig. "Dann hat er uns namentlich aufgerufen und uns unsere Abschlusszeugnisse überreicht." "Als du dein Zeugnis entgegen nehmen wolltest, wollte er es erst nicht loslassen", kam es lachend von Otogi. "Er hat bis zum Schluss geglaubt, dass du dir den Abschluss erschummelt hättest." "Nett", kommentierte Tarō beiläufig. "Und... hab ich mir den Abschluss erschummelt?" "Nein!", kam es sofort energisch von Honda und Seto legte eine Hand auf die Schulter des anderen Brünetten. Dieser besann sich schließlich. "Deine Noten waren nie gut, aber das lag nicht daran, dass du den Stoff nicht verstanden hättest oder faul gewesen wärst, obwohl du versucht hast, diesen Eindruck zu erwecken." "So?", kam es ungläubig von Tarō. "Durch den Stress mit deinem Vater bist du nicht zum Lernen gekommen", übernahm Seto ruhig die Erzählung. "Erst nachdem er gestorben war hat sich das geändert. Wir - also nicht nur wir drei, sondern alle deine Freunde - haben mit dir den Stoff nachgeholt und gepaukt. Und die Noten in deinen Abschlussarbeiten waren hervorragend." "Aber...?", hakte der Blonde nach, während er durch die Stuhlreihen ging. "In das Abschlusszeugnis sind auch die vorherigen Noten geflossen und haben deinen Schnitt runtergezogen", meinte Otogi nun. "Okay", kam es ruhig von Tarō. "Nach dem offiziellen Teil hier verlagerten sich die Abgänger nebenan in den Saal am Innenhof und den Garten", erzählte Seto. Er betätigte wieder die Fernbedienung und die Musik änderte sich. Sie wechselten in den Saal in dem ein langer Tisch an der Kopfseite mit einer Tischdecke drapiert stand. Auf ihm standen eine leere Bowle und mehrere Bilder mit Getränken und Häppchen. Eine Tanzfläche war von einigen Tischen umsäumt. "Und die Feier verlief nicht nach Plan?", fragte Tarō interessiert. "Nein, nicht ganz", meinte Otogi. "Du fingst an über die Reaktion des Direx zu witzeln und deine Leistung runterzumachen." "Okay", kam es mit kritischem Blick von dem Blonden, dem auffiel, dass Seto wegschaute. "Und dann?" "Dann hab ich was gesagt, was mir im selben Augenblick leid getan hat", kam es weiterhin völlig ehrlich von Seto. "Das hat dich verletzt und wir haben uns ein Wortgefecht liefert. Am Ende meintest du zu mir, dass du jetzt verschwinden würdest und ich nie wieder etwas von dir sehen oder hören würde." Auf einmal wurde Tarō bewusst, dass auf Setos Schultern seit jenem Abend eine Schuld lastete. Eine Schuld, die nicht die seine war, auch wenn er eisern daran festhielt. "Du bist dann raus gestürmt", erzählte Otogi weiter und ging in Richtung des hier liegenden Ausgangs. Für einen Moment konnte sich Tarō nicht von Seto lösen, der ihn mit einem bitteren Lächeln ansah. Doch als der Geschäftsmann sich bewegte, erwachte Tarō aus seiner Starre und folgte dem Würfelfreak - wie Seto ihn gern und häufig nannte. "Wir glauben, dass du damals dann zu Fuß der Straße da runter gefolgt bist", meinte Honda schließlich. "Ihr glaubt?", kam es überrascht von dem Blonden. "Ist mir damals keiner hinterher?" "Hiroto wollte dir nach", erklärte Otogi. "Doch ich hab ihn davon abgehalten, weil ich die Situation falsch eingeschätzt hatte." "Und die anderen?", bohrte Tarō weiter. "Bakura und Yugi?" "Wir dachten, dass sich da einfach Frust entlädt", meinte Honda leise. "Dann wolltest du immer ein oder zwei Stunden alleine sein. Danach kamst du an und alles war wie zuvor." "Doch damals bin ich nicht wieder angekommen", kam es auf einmal etwas unbeherrschter von Tarō und sein Therapeut legte ihm eine Hand auf die Schulter. "Ich mein, ihr habt mir doch erzählt, dass ich vor gehabt hatte am Morgen nach der Abschlussfeier in die Staaten zu fliegen... und keiner von euch wollte noch mal nach mir schauen oder mich verabschieden?" "Pause", kam es auf einmal von dem Rothaarigen, der seit seiner Vorstellung nichts mehr gesagt hatte. Tarō wirbelte herum, um aufzubegehren, und erinnerte dabei einmal mehr an den Menschen, der er nicht war. Als er seinem Therapeuten in die Augen sah legte sich sein aggressives Verhalten schlagartig und er wurde wieder ruhiger. Er ging an dem Mann vorbei zu einem der Tische, an den er sich setzte, um sich wieder etwas zu beruhigen. Honda, Otogi und Seto sahen ihm nur betroffen hinterher. Kapitel 16: Kennenlernen ------------------------ Tarō saß an seinem Küchentisch, mit einem Bleistift in der einen und einem Skizzenbuch in der anderen Hand. Er hatte es erst vor kurzem gekauft und dennoch war es bereits zur Hälfte gefüllt. Er hatte die Menschen aus dem Album nachgezeichnet, Seto und Honda bei ihren Besuchen bei ihm, die Festhalle aus Domino City. Alles was ihn beschäftigte fand seinen Weg in das Skizzenbuch. Es war die Idee von Reijirou Inukai gewesen, dass Tarō so festhielt, was ihn beschäftigte. Der Rothaarige hatte damals im Krankenhaus immer wieder beobachtet, wie Tarō auf kleinen Zettel rumgekritzelt hatte. Teilweise noch zu einer Zeit, in der der Blonde kaum den Arm heben konnte. Doch Zeichnen ging immer und vor allem während ihrer Gespräche hatte der Blonde immer nebenbei rumgekritzelt. Es war Freitagabend und Tarō saß hier. Zuhause. An seinem Küchentisch. Und zeichnete. Ein Motiv, dass ihm einfach nicht mehr aus dem Kopf ging: Kaiba Seto. Dieser Mann mit diesen unglaublich blauen Augen... Augen, die ihn in den letzten dreieinhalb Jahren in seinen Träumen heimgesucht hatten. Die ihn beobachtet hatten. Von oben herab. Seto schien nicht der Mann zu sein, den man auf Grund der Erzählungen erwarten sollte. Sowohl Honda, als auch Seto selbst erzählten immer von ihm als einen äußerst arroganten Typ, der wusste, welche Macht er besaß und nicht davor scheute, diese auch einzusetzen. Jemand, der andere mit einem Blick dazu bringen konnten, dass was sie gerade taten oder vor hatten sein zu lassen und das Weite zu suchen. Doch der Mann, den Tarō in den letzten Wochen kennengelernt hatte entsprach nicht diesen Erzählungen. Seto war gnadenlos ehrlich - was Tarō wirklich begrüßte - und war bislang sehr behutsam und verständnisvoll mit ihm umgegangen. Das war keine Selbstverständlichkeit, wie Tarō aus eigener Erfahrung wusste. Auch das war erfrischend gewesen. Ein Klopfen riss Tarō aus seinen unvollendeten Gedanken. Er zog eine Augenbraue skeptisch hoch, blickte auf die Wanduhr und fragte sich, wer um kurz vor 20.00 Uhr was von ihm wollen würde. Seine Nachbarn kannte er nicht. Er war ein ruhiger, unauffälliger Mieter und wenn ihm doch mal jemand auf dem Laubgang begegnete nickte er dieser Person freundlich, aber distanziert zu. langsam und etwas unwillig legte er sein Skizzenbuch auf dem Tisch ab, stand auf und schlurfte zur Wohnungstür. Er öffnete die Tür und wurde vom Blitz getroffen. Natürlich nicht wortwörtlich. Doch genauso fühlte er sich in diesem Moment, als er dem Mann ins Antlitz blickte, den er gerade portraitierte. "Hi, stör ich?", fragte Seto mit ruhiger, warmer Stimme. Tarō blickte an dem jungen Geschäftsmann vorbei und stellte fest, dass dieser alleine gekommen war. Musternd betrachtete er seinen Gegenüber. Seto trug eine schlichte dunkelblaue Jeans, ein schwarzes Poloshirt, eine teure Armbanduhr mit breitem Lederarmband, sowie ein Anhänger in Form einer Spielkarte eines Sammelkartenspiels. Etwas rührte sich bei diesem Gedanken in Tarō. Dann schüttelte er den Kopf. "Was tust du hier?", fragte Tarō verwundert, denn er hatte seit ihrem letzten Treffen in Domino City bei der Festhalle weder mit Seto noch mit Honda geschrieben oder gesprochen. "Ich war in der Nähe und hab mich gefragt, ob du mit mir zu Abend essen würdest?", antwortete Seto. Ungläubig weiteten sich Tarōs Augen. "Du... warst in der Gegend?", fragte der Blonde nach. "Jap", antwortete der Brünette und lächelte mild. "Also... Hunger?" Tarō trat wortlos beiseite, so dass Seto herein kommen konnte. Dieser wirkte erleichtert, trat über die Schwelle und schlüpfte aus seinen teuren, womöglich maßgefertigten Schuhen und nahm sich ein Paar Gästepantoffeln. Erst jetzt bemerkte Tarō, dass Seto die ganze Zeit eine Stofftüte gehalten hatte. Diese brachte Seto zur Küchennische, stellte sie auf die Anrichte und packte die Sachen aus, die darin war. "Du... wirst doch kein Curry auf Reis kochen?", fragte Tarō mit etwas Unsicherheit in der Stimme. "Nein, ich dachte, ich koch uns etwas anderes", meinte Seto schmunzelnd. "Hast du eine Pfanne?" "Das war wirklich sehr gut", meinte Tarō ruhig, nachdem er sich den Mund mit einer Serviette abgetupft hatte. "War das auch eines meiner Lieblingsgerichte damals?" "Keine Ahnung...", gestand Seto. "Ich hab dich das nie essen sehen." "Aber warum wolltest du es mir dann kochen?", fragte der Blonde verwirrt. "Weil es gut schmeckt", kam die simple Antwort von dem Brünetten. Diese Antwort überraschte Tarō, doch gleichzeitig ließ sie ihn auch schmunzeln. Es war das erste Mal, seit er diesen Mann kannte, dass es nicht darum ging seinem Gedächtnis auf die Sprünge zu helfen, sondern schlicht ihm eine Freude zu machen. "Danke, dass du für mich dieses echt leckere Essen zubereitet hast", meinte er mit einem Lächeln. "Gerne", erwiderte Seto und beugte den Kopf leicht, um eine Verbeugung anzudeuten. "Ich hoffe, ich darf das bald wiederholen." "Klar, warum auch nicht", stimmte Tarō zu. "Ich hatte nicht den Eindruck, dass du nach unserem letzten Treffen noch viel Wert auf meine Gesellschaft legst", gestand Seto und war etwas ernster geworden. "Es... es war einfach alles etwas viel", räumte der Blonde ein und ließ sich etwas gegen die Rückenlehne seines Stuhles fallen. "Es ist für mich schwer nachvollziehbar, wieso die Menschen, die man mir als Freunde vorgestellt hat, so reagiert haben, wie sie es taten." "Das ist verständlich. Es ist auch schwer, alles immer in das richtige Licht zu rücken", merkte Seto an. "Vielleicht ist es aber auch ein Fehler von uns dich mit all diesen Sachen zu bombardieren." "Wie meinst du das?", fragte Tarō skeptisch. "Manchmal komm ich mir wie ein Lehrer vor, der dir ein Crash Kurs im Fach Jonouchi Katsuya geben soll", begann Seto langsam. "Versteh mich nicht falsch: Wenn du Fragen hast beantworte ich dir diese wirklich gerne oder sag dir, an wen du dich wenden musst, um eine gute Antwort zu erhalten. Aber Honda und ich haben dich in den letzten Wochen mit Informationen vollgepumpt. Nun ja... überwiegend Honda. Aber ich denke, dass das der falsche Weg ist. Ich, für meinen Teil, möchte dich kennen lernen. Dich: Yamada Tarō. Der Mensch, der damals aus dem Koma erwacht ist, Mechaniker wurde und sich ein geregeltes Leben aufgebaut hat." Tarō ließ die Worte auf sich wirken und es dauerte einige Augenblicke, bis er zu einer Antwort ansetzte. Dabei suchte er Setos Blickkontakt. "Darüber... würde ich mich sehr freuen", meinte er schließlich und lächelte Seto an. Zum ersten Mal hatte er das Gefühl, dass Seto ihn sah und nicht den, der er mal gewesen war. "Ich... hab da noch etwas für dich und ich hoffe sehr, dass du es annehmen wirst", meinte Seto und stand auf. Er ging zu der Stofftüte, die er an ein Regal gehängt hatte. Als er bei ihr ankam fiel ihm das offene Skizzenbuch auf, welches ein Bild von ihm zeigte. Er musste lächeln. Dann nahm er die Tasche und kehrte zurück zu Tarō. "Bei meinem ersten Besuch hier ist mir aufgefallen, dass du zeichnest", meinte der Brünette einleitend. "Du aber überwiegend nur mit dem Bleistift skizzierst." Erst wusste Tarō nicht, worauf der Brünette hinaus wollte, doch dann zog dieser eine Stifterolle aus der Tüte und reichte sie ihm langsam. Tarō war sprachlos. Er nahm die Rolle, öffnete den Verschluss und rollte sie auf. Darin waren dutzende teurer Holzmalstifte in allen möglichen Farben. "D...", der Blonde musste sich räuspern, als seine Stimme ihren Dienst kurz verweigerte. "Danke. Das ist ein schönes Geschenk." Seto nickte nur und schien damit zufrieden zu sein Tarō eine Freude gemacht zu haben. Jedenfalls lächelte er, während er Tarō beobachtete, wie er die neuen Buntstifte besah und kaum wagte sie anzurühren. Kapitel 17: Der nächste Schritt ------------------------------- Kapitel 17 - Der nächste Schritt Es war nicht das erste Mal, dass Tarō in diesem Haus zu Gast war. Es war Setos Haus und mittlerweile hatte er sich an die Größe und Weitläufigkeit gewöhnt. Am Anfang hatte die Größe ihn wahrlich eingeschüchtert. Vor allem, weil er sich tatsächlich damals auf dem Weg zur Küche verlaufen hatte, als er sich ein Glas Wasser holen wollte. Nach ein paar Stunden hatte Seto ihn in der Bibliothek gefunden. Im Sommer war Seto fast wöchentlich zu ihm gekommen. Dann hatten sie etwas gekocht, hatten sich unterhalten oder waren weggegangen. Ins Kino. Oder in eine Bar, ein Bier trinken. Dabei hatte Tarō festgestellt, dass Seto trotz des Reichtums, seiner Stellung und den Erzählungen aus ihrer Schulzeit recht bodenständig war. Doch irgendwann war der Blonde neugierig geworden. Er hatte aktiv nach Dingen aus ihrer Vergangenheit gefragt. So war es unumgänglich, dass er ein paar Mal nach Domino City gefahren war, um gewisse Orte zu besuchen: Die Schule, auf der sie gewesen waren. Die Mall, in der er mit seinen Freunden oft abgehangen hatte. Der Park, der etwas seltsam Vertrautes hatte. Oft waren diese Besuche aufwühlend und so hatte Seto ihm immer ein Gästezimmer angeboten, damit er die zweistündige Heimfahrt in der Nacht nicht in einem solchen bewegten Zustand bewältigen musste. Doch sein jetziger Besuch war anders. Er war seit zwei Tagen hier und war mit jedem Tag nervöser geworden. In den letzten Monaten hatte er zwei Mal die Woche mit seinem Therapeut an der Aufarbeitung seiner Gefühle für seine damaligen Freunde gearbeitet. Tatsächlich war es so, dass er keine Gefühle für die Personen hatte, die Jonouchi Katsuyas Freunde gewesen waren. Für Tarō waren sie einfach Fremde und mit all den Geschichten, die Honda und Seto ihm erzählten, verband er nichts. Sie waren recht unterhaltsam, aber das war es auch schon. Aber wann immer das Gespräch auf ihren Abschluss, den Streit und den Abgang seines früheren Ichs kam entstand in Tarō auf einmal eine ungeheure Wut. Eine Wut, die er sich nicht erklären konnte, denn für gewöhnlich empfand er sonst nichts so intensiv, wie diese Emotion. Doktor Reijirou hatte es dann für notwendig befunden, dass sie sich zwei Mal die Woche sahen, um diese Wut aufzuarbeiten. Es war ein schwieriger, kräftezehrender Prozess gewesen und dann... hatte Tarō endlich erkannt, dass diese Wut nicht von Jonouchi Katsuya kam. Es war seine eigene. Die des Yamada Tarō. Eine Wut, die aus der Verzweiflung geboren worden war, die er damals im Krankenhaus empfunden, aber einfach zur Seite geschoben hatte. Er hatte das Pflegepersonal, seine Ärzte und sogar Doktor Reijirou angelächelt, war freundlich und dankbar gewesen. Doch mit jedem Tag im Krankenhaus, der vergangen war, ohne dass sich jemand gemeldet hatte, der nach ihm suchte, war seine Verzweiflung gewachsen. Immer wieder hatte er sich damals gefragt, warum niemand nach ihm suchte. Immerhin hatte doch jeder Menschen, die einen vermissten, wenn man nicht da war. Die bemerken mussten, wenn man plötzlich verschwunden war. Also, warum kam keiner und suchte ihn? Dieses Gefühl, dass er wahrhaftig alleine war, hatte sich tief in ihn eingegraben und war mit ein Grund dafür gewesen, warum er in den letzten dreieinhalb Jahre weder Freundschaften geschlossen, noch Beziehungen eingegangen war. Nicht der alleinige Grund, aber ein gutes Fundament für seine Entscheidung alleine zu bleiben. Als er dann erfahren hatte, dass sein früheres Ich Freunde hatte - und nach den Erzählungen waren es solche Freunde, die man nur selten im Leben fand -, hatte sich diese Verzweiflung nach all der Zeit Bahn gebrochen. Wie konnten so gute Freunde ihn suchen und nicht finden? Die Suche sogar aufgeben? Doch so war es nicht. Er hatte nach all den Erzählungen sich ein recht umfangreiches Bild zusammengestückelt. Ein Bild von seinem damaligen Ich. Der loyale Freund, der sogar sein Leben riskierte, wenn er dafür einen Freund retten konnte. Der ewige Strahlemann, der mit seiner hibbeligen Art über seinen Schmerz und seine Not hinwegtäuschte, die ihren Ursprung in seinem Vater gehabt hatten. Der Chaot, der doch recht viel plante und vorbereitete, um auf alle Eventualitäten vorbereitet zu sein. Irgendwann hatte er von Honda erfahren, dass Jonouchi sich schon vor der Abschlussfeier von seinen Freunden verabschiedet hatte, denn er wollte nach dem Fest mit dem letzten Zug zum Flughafen fahren und dort in einem Hotel übernachten, um sich den Stress in den frühen Morgenstunden zu ersparen. Da der Abend damals nicht so gelaufen war, wie sie es alle erwartet hatten, hatten sie recht spontan in der Nacht beschlossen ihm zum Flughafen nachzufahren. Doch sie mussten auf den ersten Zug warten. Sie waren am Gate des Flugzeuges gewesen, doch hatten ihn nicht gefunden. Mehrmals hatten sie versucht ihn anzurufen, doch das Handy schien ausgeschaltet zu sein. Dann war das Flugzeug abgehoben und seine Freunde waren verwirrt zurück geblieben. Sie wussten nicht, ob sie ihn schlicht verpasst hatten oder ob es doch ein anderer Flug gewesen war. Dennoch blieben einige Fragen ungeklärt. Warum kam es ihnen nicht komisch vor, dass er sich nicht gemeldet hatte? Tarō hatte nicht den Eindruck, dass sein altes Ich es versäumt hätte, sich bei seinen Freunden zu melden. Dazu schienen ihm - zumindest in den Erzählungen - seine Freunde zu wichtig. Aber vielleicht hatte Honda seinen besten Freund in den Erzählungen auch glorifiziert? Oder diese Freundschaften, die sie gepflegt hatten? Es gab nur eine Möglichkeit herauszufinden, ob ein Großteil der Erzählungen wahr oder übertrieben war. Jedenfalls nur eine, die ihm eingefallen und wegen der er nun hier war. Doch er wusste selbst nicht, was ihm mehr Angst machte: Zu erfahren, dass Honda ihre Freundschaften glorifiziert hatte oder das sie genauso gewesen waren, wie sie durch die Erzählungen wirkten. Ein Klopfen riss ihn aus seinen Gedanken. "Herein?", rief er überraschend ruhig durch den Raum zur Tür, die sich dann langsam öffnete. "Na, wie geht es dir?", fragte ihn Honda, der eintrat und hinter sich die Tür wieder schloss. Tarō zuckte mit den Schultern. "Nervös", meinte er ehrlich. "Bist du sicher, dass du das alles so durchziehen möchtest?", hakte Honda erneut nach. "Ich mein, wir könnten das alles noch verschieben und vielleicht deinen Therapeuten dazu bitten." "In den letzten Monaten hab ich viel mit ihm gearbeitet", erklärte der Blonde. "Ich kann das." "Daran zweifle ich nicht", beteuerte Honda und konnte doch nicht verbergen, dass er sich sorgte. "Aber Doktor Reijirou schien dir in der Vergangenheit bei solchen Situationen eine große Stütze gewesen zu sein." "Das war er", stimmte Tarō zu. "Das ist er immer noch. Aber... irgendwann muss man die Stützräder abschrauben und sehen, ob man auch alleine fahren kann." Honda schmunzelte und nickte dann. "Denk bitte immer daran, Tarō", begann der Brünette noch einmal. "Du bist nicht alleine. Seto und ich sind da. Otogi... wenn dir etwas zu viel wird ist es in Ordnung, wenn du dich wieder etwas zurück ziehst, um dich zu sammeln." "Ja, ich weiß", erwiderte Tarō. Dann wollte Honda sich wieder der Tür zuwenden und gehen, als er den Blonden seinen Namen rufen hörte. "Ja?", fragte Honda überrascht. "Danke", meinte der Blonde. "Für alles." Honda begann breit zu grinsen. "Nicht dafür, Kumpel", meinte er zurück, öffnete die Tür und deutete mit einer Geste an, dass Tarō vorgehen sollte. Kapitel 18: Wiedersehen ----------------------- Kapitel 18 - Wiedersehen Seto ging noch einmal durch das gemütlich eingerichtete Esszimmer und prüfte, ob alle Gedecke richtig lagen. Er befand schließlich, dass alles zu seiner Zufriedenheit war. Dann wechselte er in die Küche, wo seine Köchin bereits im Endspurt für das Essen war. Sie lächelte ihn an und er erwiderte - zu ihrer Überraschung - das Lächeln. Der junge Geschäftsmann hörte die Klingel, strich sich noch einmal über seine Weste und verließ die Küche. Das Mädchen öffnete gerade die Haustür und ein strahlender Mutou Yugi in Begleitung von Bakura Ryou trat herein. Wie schon früher begrüßte er das Mädchen, als sei es Teil seiner Freunde. Erst jetzt fiel Seto zum ersten Mal auf, wie sehr Yugi durch seinen Wachstumsschub vor zwei Jahren in die Höhe geschossen war. Statt unter 1,50 Meter war er jetzt stolze 1,67 Meter groß. Bakura Ryou trug seit einiger Zeit seine Haare etwas kürzer, als in der Schulzeit, aber immer noch lang genug, um sie mit einem Gummi zusammenbinden zu können. Der früher so blasse Sohn eines Archäologen war mittlerweile etwas gebräunt, was Seto vermuten ließ, dass er erst kürzlich von einer seiner Reisen zurückgekehrt war. "Yugi, Bakura", begrüßte Seto die beiden und Yugi strahlte auch ihn an. "Schön, dass ihr es einrichten konntet." "Hey, Kaiba", erwiderte Yugi, der sein Haar immer noch hochgelte und dreifarbig färbte. Manche Dinge schienen sich nie zu ändern."Vielen Dank für die Einladung. Wir waren wirklich überrascht, dass du dieses Jahr mit deiner Tradition brichst und deinen Geburtstag feierst." "Tja, manchmal ist selbst mir zum Feiern zu Mute", meinte Seto lächelnd, was Bakuras Hand, deren Finger mit Yugis verschränkt waren, ihren Griff festigen ließ. "Wie läuft es bei euch so?", fragte Seto, während er seine beiden Gäste ins kleine Wohnzimmer führte, in dem bereits Otogi saß und auf sein Handy starrte. Als er sah, dass Yugi und Bakura eingetroffen waren, schob er sein Handy in die Brusttasche seiner Weste und stand auf, um seine Freunde zu begrüßen. "Gut", meinte Yugi etwas irritiert und sah an sich und Bakura herab. Sie hatten zwar ein Hemd an, aber nur eine Jeans, so dass er sich etwas underdressed fühlte. "Hätten wir uns festlicher anziehen sollen?" "Was?", kam es erst verwirrt von Seto, bevor er bemerkte, worauf der immer noch Kleinere hinaus wollte. "Nein, alles gut. Ihr seid ohnehin sehr förmlich gekleidet." "Wir wussten ja nicht, was für eine Art Feier das ist und wir wollten dich vor etwaigen Geschäftskollegen nicht in Verlegenheit bringen." "Du weißt doch, dass ich Privates und Geschäftliches immer trenne", meinte Seto wohlwollend und hörte, wie Otogi kicherte. "Meistens, jedenfalls." Tatsächlich hatte er vor ein paar Jahren mit Otogis Spielzeugladenkette eine Kooperation gegründet, wodurch Otogi die neusten Entwicklungen von Seto exklusiv für die ersten sechs Monate vertreiben durfte. "Wie läuft dein Laden?", erkundigte sich Seto ruhig. Yugi zuckte mit den Schultern. "Ich kann mich nicht beklagen. Die Kosten sind gedeckt und es bleibt genug übrig, um einen bequemen Lebensstandard zu halten", begann Yugi ruhig. "Aber seit mein Großvater nicht mehr da ist... fehlt irgendetwas." "Ja, dass mit deinem Großvater hab ich gehört. Tut mir leid, dass du ihn verloren hast", erwiderte Seto bedächtig, da er sich nicht sicher war, ob er Yugi schon sein Beileid ausgedrückt hatte. "Danke, Kaiba", lächelte Yugi ihn dankbar an, während Ryou ihn etwas enger zu sich zog. "Und du, Bakura? Du trägst jetzt nur noch die japanische Staatsbürgerschaft?", fragte Kaiba schließlich. Bakuras Vater war Japaner, während die Mutter Britin gewesen war. Damit hatte Bakura bis zu seinem 20. Lebensjahr die doppelte Staatsbürgerschaft und musste sich dann entscheiden, welche er behalten wollte. Der Weißhaarige schüttelte seinen Kopf. "Nein, ich hab mich für die britische Staatsbürgerschaft entschieden", erklärte er lächelnd. "Dann bist du mit einem Visum hier?", fragte Kaiba erstaunt nach. "Ich hab eine permanente Aufenthaltserlaubnis für Japan", antwortete Bakura und Seto musterte ihn kurz. "Durch das Museum?", fragte Seto weiter, denn er wusste, dass Bakura in die Fußstapfen seines Vaters als Angestellter des Museums in Domino City getreten war. Wieder schüttelte der Weißhaarige den Kopf. "Ehegattenvisum", meinte er nur und rang damit Seto eine erstaunte Reaktion ab. "Ehegatten?", wiederholte dieser und sah zu Yugi, der nur breit und glücklich grinste. Dann hob der Bunthaarige seine linke Hand, an der er einen Ehering trug. Seto war baff. Das war völlig an ihm vorüber gegangen. "Dann gratuliere ich euch beiden", meinte Kaiba ehrlich und von Herzen, was die beiden sichtlich entspannen ließ. "Besser spät als nie", hörte Seto auf einmal eine Stimme hinter sich, die ihm eine Gänsehaut verpasste. Langsam drehte er sich um und sah Mokuba im breiten Türrahmen des Wohnzimmers stehen. "Mokuba", war alles, was Seto in diesem Moment heraus bekam. Yugi dagegen stürmte sofort auf den Schwarzhaarigen zu, um ihn freudig in seine Arme zu schließen und zu drücken. "Ich freu mich so, dich mal wieder zu sehen", meinte Yugi und Seto beneidete den Bunthaarigen in diesem Moment. Er selbst bezweifelte, dass Mokuba eine solche Geste von ihm akzeptieren würde. Dann tauchte hinter Mokuba ein junger Mann mit türkisenen Haaren auf. Auch der wurde prompt von Yugi umarmt, als würde er ihn schon lange kennen. "Hey Leute, das ist Noah Bennet, mein... Verlobter", meinte Mokuba etwas förmlicher, Seto nicht aus den Augen lassen. Dieser blickte ihn überrascht an, lächelte dann aber auch glücklich. Er ging zu Mokuba und Noah, um dem Neuen in ihrer Runde die Hand zu reichen. "Willkommen in Japan", meinte Seto und vermied die Ansprache, da er nicht genau wusste, ob er ihn mit Bennet oder einfach Noah nennen sollte. "Danke, nenn mich bitte Noah", kam es höfflich und mit deutlich britischem Akzent von dem neuen Gesicht in ihrer Runde. Sie waren ins Esszimmer gewechselt und hatten sich schon an den Tisch gesetzt. Seto saß am Kopfende, neben ihm war ein Platz frei. Diesem Platz gegenüber saß Otogi. Neben Otogi saß Bakura, der über den Tisch hinweg Yugi ansehen konnte. Neben Yugi hatte Mokuba Platz genommen, was Seto ein wenig verletzt, hatte sein kleiner Bruder doch sonst immer neben ihm gesessen. Sein Verlobter saß neben Ryou und Seto gegenüber an der anderen Kopfseite des Tisches war ebenfalls ein unbesetzter, aber gedeckter Platz. "Wo ist eigentlich Honda-kun?", fragte Yugi in die Runde. "Er wird gleich kommen", antwortete Seto, der aufstand, worauf alle Gespräche am Tisch eingestellt wurden. "Ich möchte euch allen danken, dass ihr heute her gekommen seid. Allerdings muss ich euch etwas gestehen." "Hört, hört", kam es von Noah, der hoffte, dass man so etwas auch in Japan sagte. Doch als er merkte, dass er damit einige Blicke auf sich zog lächelte er nur verlegen und zog seinen Kopf etwas ein. "Ich hab euch nicht eingeladen, damit wir heute mein Geburtstag feiern, sondern weil wir euch etwas sagen wollen", begann Seto. "Wir?", fragte Mokuba nun nach, und wirkte dabei angestrengt höflich, eher etwas genervt. Er vermutete, dass Seto sie her gebeten hatte, um in ihnen erneut Hoffnung in Bezug ihres verschwundenen Freundes zu machen. Davon war er nicht begeistert. "Otogi und Honda. Wir wissen es seit ein paar Monaten und haben lange überlegt, wie und wann wir es euch sagen sollen, doch letztendlich war es gar nicht unsere Entscheidung", fuhr Seto fort. "Daher freue ich mich umso mehr euch heute jemand vorzustellen." "Himmel, du hast jemand kennen gelernt?", kam es überrascht und freudig von Yugi. "Ähm... jain", kam es verwirrt von dem Einwurf von dem Brünetten. "Honda?" In dem Moment ging die Tür vom Foyer zum Esszimmer auf und Honda kam herein. Dabei grinste er wie ein Honigkuchenpferd und grüßte alle kurz mit einer Handgeste, wobei er kurz verwirrt an dem neuen Gesicht hängen blieb. Dann trat er bei Seite und gab den Blick auf die Person hinter ihm frei, was schlagartig für eine gespenstige Stille sorgte. Yugi stand sogar der Mund offen, als er den Blonden herein kommen sah, der stehen blieb und sich höfflich vor allen verbeugte. Dann brach der Tumult aus. Yugi, Ryou und Mokuba sprangen sofort auf, rannten zu dem Blonden und umarmten ihn. Yugi weinte sogar vor Freude, während Noah auf seinem Platz sitzen geblieben war und nur verwundert die Szenerie beobachtete. Honda hatte sich gerade noch zur Seite retten können, während Otogi sich zu Seto beugte. "Ich glaube, diese Überraschung ist dir gelungen", flüsterte der Schwarzhaarige seinem Geschäftspartner zu. "Nicht mir... Tarō", erwiderte Seto, der wusste, dass das Schwerste jetzt erst noch kommen würde. Tarō war überwältigt von dieser Reaktion der Freunde seines alten Ichs, die ihn umringten und umarmten. Einer von ihnen weinte sogar. Er hatte Arme um sich herum, Hände in seinem Haar und am Gesicht, doch er wusste nicht, wie er nun einhaken sollte. Langsam wurde die Situation für ihn etwas unangenehm, denn er wusste, dass er die Erleichterung und die Freude dieser Menschen gleich dämpfen, wenn nicht sogar zerstören würde. "Leute... Leute lasst ihm doch noch Luft zum Atmen", hörte er auf einmal Honda rufen, der sich zwischen ihn und die anderen schob. Dadurch mussten die drei, die ihn umringt hatten, zurückweichen. Sie sahen Honda nicht verstehend an, warum er sie gerade wegdrängte. Mittlerweile war auch Seto aufgestanden, um den Tisch gegangen und hatte sich neben ihn gestellt. "Das ist Yamada Tarō", meinte Seto kurz und bündig, was die drei vor Tarō sofort zum Schweigen brachte. Überrascht und etwas perplex sahen sie Seto an, dann lachten sie amüsiert, als hätte dieser einer der besten Witze der Welt gebracht. Doch als sie merkten, dass weder Seto, noch Honda oder Otogi, nicht mal der Blonde lachte, verstummte dieses Lachen wieder und wich Konfusion. "Mein Name ist Yamada Tarō", begann nun auch Tarō. "Ich bin vor vier Jahren in einem Krankenhaus aufgewacht und wusste nichts von mir oder meinem Leben vor dem Aufwachen. Die Behörden konnten meine Identität nicht ermitteln und so hab ich den Namen Yamada Tarō behalten." Stille. Absolute Stille. Kapitel 19: Eine Bitte ---------------------- Kapitel 19 - Eine Bitte Nur langsam lichtete sich der Nebel um Seto herum und wich der salzigen Seeluft. Er konnte Möwen kreischen hören, obwohl es draußen gerade erst begann hell zu werden. Wahrscheinlich fuhren die ersten Fischer wieder in den Hafen und die Vögel versprachen sich einige Fischabfälle als Frühstück. Langsam fuhr er sich mit der Hand durch das braune Haar und stellte einmal mehr fest, dass Bier okay war, Sake nicht. Er war eher Sekt oder Champagner, gelegentlich einen guten Wein gewöhnt. Aber Sake zog ihm jedes Mal den Boden unter den Füßen weg. Langsam dreht er sich auf die Seite und musste lächeln, als er das blonde Haar seines Gastgebers sah. Dieser lag mit einem zweiten Futon neben ihm auf dem Boden. Am Anfang, als Seto die ersten Male hier genächtigt hatte, hatte er auf einem Futon geschlafen, während Tarō im Bett schlief. Eigentlich hatte Tarō ihm wiederholt das Bett angeboten und wollte selbst den Futon nutzen. Beim vierten oder fünften Mal hatte Tarō dann mit einem zweiten Futon aufgewartet. Seto würde sich darüber nicht beschweren. Für ihn gab es keine besseren Morgen, als neben Tarōs aufzuwachen. Ihm fiel auf, was für lange Wimpern der Blonde hatte und wie fein geschwungen seine wilden Augenbrauen waren. In den ersten Wochen hatte Seto beobachtet, das Tarō hin und wieder Albträume hatte. Wenn der Blonde aufschreckte griff er immer nach einem Skizzenblock neben dem Bett und begann fast manisch zu zeichnen. Dann war er kaum ansprechbar. Doch diese hatten sich - vor allem durch die intensive Arbeit mit Doktor Reijirou - allmählich gelegt. Der letzte Albtraum, den er mitbekommen hatte, war schon eine Weile her. Vorsichtig schob Seto seine Hand unter der Decke seines Futons hervor und in Richtung des blonden Haares. Vorsicht berührte er es und stellte fest, dass es genauso weich wie früher war. Tarō war Jonouchi so ähnlich und doch... gab es deutliche Unterschiede. Es waren zwei eigenständige Personen und Charakteren und doch... waren sie sich in vielen Dingen unheimlich gleich. War es da verwunderlich, dass er auch für Tarō Gefühle entwickelt hatte? Er hielt kurz inne, als die Frage durch seine Gedanken ging. Tatsächlich - wurde ihm in diesem Moment bewusst - hatte er tiefe Gefühle für Tarō entwickelt. Er würde sogar so weit gehen zu sagen, dass er ihn mittlerweile genauso sehr liebte, wie damals Jonouchi. Eine Bewegung riss Seto aus seinen frühmorgendlichen Gedanken, wobei frühmorgendlich vielleicht nicht ganz auf die Uhrzeit zutraf, immerhin war es bereits kurz vor acht Uhr. Die Augen des Blonden öffneten sich langsam und er sah ihn mit seinen bernsteinfarbenden Juwelen an. Der Blonde begann zu lächeln, als er ihn erkannte. "Guten Morgen", wisperte der Blonde. "Guten Morgen", erwiderte Seto lächelnd. "Hast du gut geschlafen?" "Hm... ja", antwortete Tarō. "Und du?" "Ich schlaf bei dir immer gut", erwiderte Seto und klatschte sich mental gegen die Stirn. "Freut mich...", lächelte Tarō etwas breiter. "Danke, dass du die Futons angeschafft hast", meinte Seto schließlich. "Dafür musst du mir nicht danken. Man sollte immer auf Gäste vorbereitet sein", meinte Tarō. "Vor allem, wenn sie für dich kochen und du dich mit ihnen so köstlich unterhalten kannst, wie ich mit dir." Setos Herz machte einen kleinen Hüpfer. Dennoch entschied sich den Brünetten nicht mit den eigenen Gefühlen für ihn zu überfallen. Dafür wollte er einen ruhigen und passenden Moment abpassen. "Wie läuft es denn mit deinem Bruder?", fragte Tarō auf einmal. Setos Lächeln milderte sich etwas ab. "Er... ist sauer", antwortete Seto. "Immer noch?", fragte Tarō. "Na ja, er ist erleichtert, dass er falsch lag. Aber er fand wohl die Aktion, wie wir es ihm und den anderen gesagt haben, nicht so gut", erklärte Seto. "Er war genauso wenig begeistert, wie von der Tatsache, dass wir dich schon im Frühjahr gefunden haben und erst jetzt, im Herbst, was gesagt haben. Aber er wird es schon noch verstehen, dass alles seine Zeit braucht." "Soll ich mal mit ihm reden?", fragte Tarō nach. "Er hat mich bei dem Abendessen nicht links liegen gelassen, wie er es bei dir getan hat. Ich könnte ihm erklären, dass ihr drei nur meinem Wunsch entsprochen habt und gar nichts dafür konntet." "Ich denke nicht, dass das was ändern wird", kam es bedauernd von Seto. "Er... scheint auf mich böse sein zu wollen und ich werd ihm seinen Willen lassen." "Aber du leidest darunter, dass er dich schneidet", merkte Tarō besorgt an. "Nun ja... wir haben schließlich nur uns gehabt und ich war immer sein Beschützer", begann Seto zu erzählen. "Bis zu unserer Adoption. Unser... Adoptivvater war sehr streng und hatte hohe Ansprüche, die ich zu erfüllen hatte. Er hat mich meinem Bruder immer mehr entfremdet. Ich war zuweilen sogar ziemlich grausam und kaltherzig zu meinem Bruder. Bis Mutou kam. Ich kann es mir auch nicht erklären... aber irgendwie hat er mich zum Umdenken gebracht. Ab da war ich wieder Mokis Beschützer und eigentlich lief alles wieder gut zwischen uns." "Wann hat sich das geändert?", fragte Tarō. "Ich würde sagen, als die ersten von Jonouchis Freunden akzeptierten, dass sein Schicksal ungewiss bleiben würde und ihr Leben weitergelebt haben", antwortete der Brünette ehrlich. "Das verstehe ich nicht", gestand Tarō. "Mokuba hat es ihnen gleich getan und versuchte mich davon zu überzeugen die Suche endlich aufzugeben und auch zu akzeptieren, dass wir Jonouchi nie wieder zurück bekommen werden", meinte er ruhig und studierte dabei genau Tarōs Gesicht und dessen Mimik. "Euer Zerwürfnis ist wegen Jonouchis Verschwinden entstanden?", fragte der Blonde erschrocken nach. "Warum hast du so sehr an ihm festgehalten? Ich mein, aus allem was mir erzählt wurde, geht hervor, dass ihr nicht befreundet wart. Also... warum hast du dein Verhältnis zu deinem Bruder diesem Menschen geopfert?" "Weil ich ihn geliebt habe", antwortete Seto ruhig, noch ehe er sich bewusst wurde, was er da gerade gesagt hatte. Tarōs Augen weiteten sich geschockt. "Du... hast ihn geliebt?", wiederholte der Blonde im Schock. "Ja, hab ich", bestätigte Seto seine Aussage noch einmal. "Aber das hab ich ihm nie gesagt. Ich konnte nicht ertragen, dass ich niemals die Möglichkeit haben würde, es ihm zu gestehen. Also hab ich mich an jeden Grashalm geklammert, der sich mir bot." "Bedauerst du, wie alles gelaufen ist?", fragte Tarō nach einem langen Moment, in dem er Setos Worte auf sich wirken gelassen hatte. "Ich bedaure, dass ich es ihm nicht gesagt habe, als ich noch die Chance gehabt habe", meinte Seto mit einer seltsamen Traurigkeit in der Stimme, die er selbst nicht ganz einordnen konnte. Tatsächlich hatten sich seine Gefühle für Jonouchi verändert. Sie trieben ihn nicht länger um, wie all die Jahre, in der die Ungewissheit an ihm genagt hatte. "Aber damals konnte ich das noch nicht." "Warum nicht?", fragte Tarō interessiert nach. "Weil... mein Adoptivvater aus seinem Grab heraus noch Macht über mich ausgeübt hat", erklärte Seto. Tarō verstand nicht genau, was Seto meinte. "Er... war ein herrischer, cholerischer Mann und alles was ihm an mir nicht gefiel hat er... weggeprügelt." Tarōs Augenbraue zog sich erschrocken hoch. "Er hat dich misshandelt?", fragte der Blonde nach. Seto nickte. "Aus seiner Sicht war jedes Bekenntnis zu Gefühlen, egal welcher Art, eine Schwäche und in der Geschäftswelt durfte man sich keine Schwächen leisten", erzählte Seto ruhig weiter. "Nach seinem Tod übernahm ich die Firma und wandelte sie um. Der Aufsichtsrat saß mir ständig im Nacken. Dazu noch das Jugendamt wegen der Vormundschaft für Mokuba. Ich durfte nicht zulassen, dass er erneut ins Heim kommen würde." "Da hat 'ne Menge auf dir gelastet", kam es bedauernd von dem Blonden, der Seto eine Strähne hinters Ohr strich und erst am Ende realisierte, was er da tat. Er zog seine Hand von dem Brünetten weg. "Sorry." "Dir muss nichts leidtun", meinte Seto und lächelte wieder zaghaft. Tarō blickte ihn erstaunt an. Mit dieser Reaktion hatte er nicht gerechnet. Für einen Moment überlegte er, ob er sich einfach zu Seto rüber beugen und ihn küssen sollte, doch dann... verwarf er diese Eingebung wieder. "Ich würde gerne mehr Zeit mit dir verbringen, Tarō", gestand Seto plötzlich. Überraschung legte sich über das Gesicht des Blonden. "Mehr... Zeit?", stammelte er zurück. Seto nickte. "Ich komm dich gern besuchen, aber ich würde dich auch gerne unter der Woche sehen", erklärte Seto. "Ich fürchte, dass wird nicht so einfach umzusetzen sein. Die Strecke nach Domino City kostet hin zwei Stunden und zurück noch einmal so viel, wenn der Verkehr gut fließt", erklärte Tarō traurig. "Mit der Fähre würde der Weg nur zwanzig Minuten Zeit in Anspruch nehmen und sie fährt bis zu einer gewissen Uhrzeit stündlich hin und her", merkte Seto an. In Tarōs Magen zog sich etwas zusammen, als er an die Fähre dachte. "Ich... kann... ich kann nicht mit der Fähre fahren", gestand Tarō leise. "Jedes Mal bekomm ich Schweißausbrüche, bevor ich sie betrete und sehe die schlimmsten Unglücke, die eintreten könnten. Und auf hoher See wird mir sofort schlecht." "Das kommt von deinem Unfall?", fragte Seto behutsam und Tarō nickte sofort. "Dann... zieh doch wieder zurück nach Domino City", schlug Seto plötzlich vor und traf Tarō völlig unvorbereitet. "DC ist viel größer, als dieser Ort. Man bekommt dort alles zu jeder Zeit." "Aber... meine Arbeit ist hier. Ich müsste täglich vier Stunden pendeln", merkte Tarō leise an. "Und... mit meinem Gehalt komm ich hier gut zurecht, in Domino ist alles doch sehr viel teurer... die Mieten, die Lebenshaltungskosten,... ich weiß nicht, ob ich mir das leisten kann." "Und wenn du dir in DC einen Job suchst? Oder mach deine eigene Werkstatt auf", schlug der junge Geschäftsmann weiter vor. "Eine eigene Werkstatt? Und woher nehm ich das Kapital, um mir eine Werkstatt zu mieten, Gerätschaften und Materialien für die Arbeit anzuschaffen, jemand einzustellen?", fragte Tarō. "Ich könnte dir hel...", wollte Seto vorschlagen, als Tarō sofort den Kopf schüttelte. "Nein, auf keinen Fall", kam es energisch von dem Blonden. "Man sollte Freundschaft nie mit Geld belasten." Seto musste mehr lächeln und hob seine Hände, als Zeichen, das er sich ergab. Dann rollte er sich wieder auf den Rücken und blickte zur Decke der kleinen Wohnung. Er wollte nicht aufstehen. Denn das hätte bedeutet, dass er sich irgendwann wieder auf den Rückweg nach Domino City machen müsste und das wollte er nicht. Nicht ohne Tarō. . Kapitel 20: Wiedervereinigt --------------------------- Kapitel 20 - Wiedervereinigt "Wie wäre es mal wieder mit Kino?", fragte Tarō seinen Besucher, der mittlerweile wöchentlich bei ihm übernachtete. Es begann immer damit, dass Seto am Freitagabend bei ihm klopfte, sie gemeinsam kochten und zu Abend aßen. Dazu tranken sie ein Bier oder gelegentlich brachte Seto einen Wein mit. Sie unterhielten sich und dann legten sie die beiden Futons aus. Am nächsten Tag unternahmen sie gemeinsam etwas und erst Sonntagabend fuhr Seto dann zurück nach Domino City. "Läuft denn etwas Interessantes?", fragte Seto interessiert. "Hm, bestimmt und wenn wir keinen Film finden, der uns zusagt könnten wir überlegen, was wir stattdessen machen", meinte Tarō lächelnd. "Klingt nach einem Plan", meinte Seto und verräumte die Futons in den Wandschrank. Dann ging er ins Badezimmer, während Tarō sich um ein gutes Frühstück kümmerte, für das er etwas Fisch auf den Kontaktgrill legte und Reis kochte. Während Seto bei ihren Abendessen eher international unterwegs war, behielt sich Tarō die traditionelle, japanische Küche vor. "Hab meine Zahncreme vergessen, kann ich etwas von deiner haben?", hörte er Seto aus dem Badezimmer. "Klar, wie wär's wenn wir später Zahnbürste und -creme kaufen, damit du sie nicht immer mitschleppen musst?", fragte der Blonde, während er das Gemüse kleinschnitt. Plötzlich schob sich ruckartig Setos Kopf durch die offene Badezimmertür. "Du... hättest nichts dagegen, wenn ich sowas da lassen würde?", fragte er mit der Zahnbürste in der Hand. "Warum sollte ich? Du bist doch jede Woche hier", erwiderte Tarō, der bei dem Anblick schmunzeln musste. "Okay... gerne", meinte Seto und spürte, wie sein Herz freudig hüpfte. Er durfte etwas von sich hier lassen und das war - in seinen Augen - ein erster Schritt Richtung zusammenziehen. Er schloss die Badezimmertür und stieg schnell unter die Dusche. Seto stand neben Tarō und sie spülten gerade die Teller des Mittagessens, als die Klingel der Wohnungstür ertönte. Tarō fuhr erschrocken zusammen. Es kam nicht oft vor, dass jemand klingelte, selbst Seto und Honda klopften. "Erwartest du jemand?", fragte Seto überrascht. "Nein... vielleicht der Paketbote, der etwas für die Nachbarn abgeben möchte?", riet Tarō und ging zur Tür. "Der würde doch nicht bis hier hoch steigen und klingeln", widersprach Seto. Tarō öffnete die Tür und sah sich auf einmal einer jungen Frau von Anfang 20 gegenüber, die ihr brünettes Haar zu einem lockeren Fischgrätenzopf zusammengeflochten hatte und ihn mit einem Leuchten in den Augen ansah. Shizuka, ging es Tarō auf einmal durch den Kopf. Es war nicht so, dass er sich an sie erinnerte, aber er erkannte sie von den Bildern aus dem Album wieder, auch wenn sie deutlich erwachsener war. Sie quietschte vor Freude und einige Tränen liefen ihr über die Wange, während sie ihm plötzlich um den Hals fiel und sich an ihn drückte. "Shizuka", hörte er eine strenge Frauenstimme, deren Trägerin ihm nun ebenfalls auffiel. Sie war älter, vielleicht Mitte Vierzig, trug ein Businesskostüm und hatte ihre Haare zu einer ordentlichen, seriösen Hochsteckfrisur frisiert. "Es... tut mir leid, es hat mich einfach überwältigt", kam es von der jungen Frau, die sich von Tarō löste und einen Schritt zurück trat. Tarō blieb reglos stehen und musterte die beiden. Er wusste, wer die beiden waren: Shizuka und ihre Mutter. Honda hatte ihm einiges von den beiden erzählt. Die Schwester, die Jonouchi abgöttisch geliebt hatte. Die Mutter, die ihren eigenen Sohn sehr reserviert gegenüberstand und immer etwas zu streng zu ihm gewesen war. Doch die Frage blieb, was die beiden hier wollten. Er hatte vor einiger Zeit den beiden einen Brief geschrieben. In diesem Brief hatte er ihnen davon berichtet, wer er war und in welcher Situation er sich befand. Einfach, weil er es für richtig befunden hatte der Familie von Jonouchi Bescheid zu geben. Doch er hatte nie eine Antwort erhalten. "Dürfen wir reinkommen?", fragte Shizuka nun etwas gesitteter, was Tarō aus seinen Gedanken holte. Er nickte, trat zurück und ließ beide herein kommen. Hinter ihnen schloss er die Tür wieder. "Darf... ich Ihnen einen Tee anbieten?", fragte Tarō, unsicher, wie er die beiden überhaupt ansprechen sollte. "Was soll das Siezen?", fragte Shizuka verblüfft. "Ich bin Shizuka und das ist unsere Mutter." "Ähm...", kam es verloren von Tarō, der wusste, dass das faktisch richtig war: Diese Frau war biologisch gesehen tatsächlich seine Mutter. Doch er war nicht Jonouchi Katsuya! "Midori", setzte Seto nun an, der nun den beiden Frauen auffiel. "Seto", kam es etwas kühl von der älteren frau. "Hallo Shizuka", grüßte der junge Geschäftsmann nun die jüngere Schwester seines damaligen Schwarms. Sie lächelte ihn nur sanft an. "Midori, hättest du etwas dagegen, wenn Tarō dich auch so anspricht?", fragte Seto kurzerhand. Die ältere Frau musterte den Mann, der eigentlich ihr Sohn war und schüttelte dann den Kopf. "Nein, das wäre in Ordnung", meinte sie ruhig. "Danke", kam es mit trockenem Mund von Tarō, der sich abwandte, den Wasserkocher aufsetzte und vier Tassen mit Tee vorbereitete. Das alles überforderte ihn total und er versuchte sich davon nicht einfach überrollen zu lassen. Doch auch das war nicht einfach. Während er auf das heiße Wasser wartete ging er an einen Schrank, nahm eine Packung mit britischen Plätzchen - ein Geschenk von Bakura - raus und richtete einige auf einem Teller an. Auf einmal spürte er jemand dicht hinter sich stehen. Doch er musste sich nicht umdrehen, um zu wissen, dass es Seto war. Dieser legte ihm behutsam eine Hand auf die Schulter. "Du bist nicht alleine", flüsterte er ihm ins Ohr. Stimmt. Er war nicht alleine. Seto war da und gab ihm Kraft. Dafür war Tarō dankbar. Also nickte er und wollte den Teller von der Anrichte heben, doch er zitterte ziemlich, so dass Seto nach dem Teller griff. "Komm, ich mach den Tee gleich fertig, setz du dich hin." Tarō ließ sich von Seto zum Tisch führen. Dort blieb der Blonde stehen, während Seto den Keksteller abstellte. "Bitte... nehmt doch Platz", bot er nun seinen Besucherinnen jeweils einen Stuhl an. Shizuka strahlte ihn an und nickte. Ohne Zögern ging sie zu einem der Stühle und nahm Platz. Ihre Mutter zögerte kurz, bevor sie ihrer Tochter folgte. "Ich hatte euch einen Brief geschrieben, in dem ich versucht habe alles zu erklären. Aber ... ich weiß nicht, ob dieser bei euch eingetroffen ist." "Ist er", kam es von Shizukas Mutter, die dabei die Plätzchen musterte und sich dann eines nahm. "Jedoch hab ich ihn für mich behalten und Shizuka nichts davon erzählt." Überrascht blickte Tarō die Frau an und dann zu Shizuka. "Ich hab ihn vor ein paar Tagen gefunden, nachdem er aus Mutters Tagebuch gefallen war. Da er an uns beide adressiert war habe ich ihn gelesen", erklärte die Brünette. Seto brachte derweil die vier Tassen Tee, setzte sie passgenau ab und nahm neben Tarō Platz. "Daher habe ich darauf bestsanden, dass wir her fliegen, um dich zu sehen." Der Blonde sah zu Jonouchis Mutter, die davon nicht sehr begeistert schien. "Ich wollte nicht für Spannungen zwischen euch sorgen", meinte er entschuldigend. "Hast du nicht", kam es sofort von Shizuka. "Ich habe den Brief für mich behalten, weil ich nicht wusste, ob es gut wäre, Shizuka davon zu erzählen. Es ist doch sehr verwirrend, dass ihr Bruder noch lebt, aber in gewisser Weise nicht ihr Bruder ist", erklärte die Mutter. "Ja, das verstehe ich", stimmte Tarō ruhig zu. "Quatsch", kam es nun von Shizuka. "Du warst, bist und bleibst mein Bruder, ob du dich nun daran erinnerst oder nicht spielt keine Rolle. Dann schaffen wir eben neue Erinnerungen." Tarō musste über Shizukas Aussage schmunzeln. Sie war tatsächlich genauso, wie in Hondas Erzählung. Also wollte er ihnen eine Chance einräumen und sie neu kennenlernen. Kapitel 21: Veränderungen ------------------------- Kapitel 21 - Veränderungen "Ich hätte nicht gedacht, dass das alles so schnell gehen würde", meinte Honda zu Tarō, der ihn mit einem gewissen Entsetzen ansah. "Ja meinst du ich hätte das gedacht", kam es mit einer leichten Panik in der Stimme von dem Blonden. Er fühlte sich so verloren in dem einstöckigen Häuschen, dass er gerade im Begriff war anzumieten. "Eigentlich hab ich gedacht, dass ich zwei, drei Monate brauchen würde, um etwas Passendes zu finden." "Manche haben eben Glück", kommentierte Otogi, der einen Arm um Hondas Schulter legte und sich an ihn schmiegte. "Glück?", fragte Tarō ungläubig. "Hey, ganz locker, Yamada", meinte Honda aufbauend zu ihm. "Es war einfach eine glückliche Fügung, dass ein Bekannter deines Chefs in den Ruhestand gehen wollte und ihn gefragt hat, ob er jemand wüsste, der seine Werkstatt übernehmen könnte." "Es ist einfach Schicksal, dass du nach Hause zurück kommst", meinte Yugi, der Tarō anstrahlte. "Ich weiß, du kannst dich nicht erinnern hier aufgewachsen zu sein, dennoch ist das dein Zuhause." Zuhause? Bislang war das einfach nur ein Platz, an dem er nächtigte und seine persönlichen Sachen aufbewahrte. So eine richtige Bedeutung hatte das für ihn einfach nicht. Und dennoch... spürte er etwas, was vorher nicht da gewesen war. "So, da bin ich wieder", meinte der ältere Herr im Anzug. "Ich freu mich, dass das alles so gut geklappt hat, Herr... ähm... Jonouchi?" Honda, Otogi und Yugi blickten überrascht zu Tarō, der bei dem Namen zusammenzuckte und dann nickte. "Ja, ich mich auch", meinte Tarō nur unsicher. "Hier sind die Schlüssel: Haustür, Keller, Garage, Gartenlaube", zählte der Makler auf. "Hier ist meine Nummer, sollte irgendetwas nicht in Ordnung sein können sie sich jederzeit bei mir melden." Es war nicht unüblich, dass in Japan ein Makler auch in die Rolle eines Verwalters schlüpfte. Also nahm der Blonde die ihm dargebotenen Visitenkarte an und verbeugte sich dabei leicht vor dem anderen Mann, der es ihm gleich tat. "Ich hoffe, sie werden sich schon bald hier heimisch fühlen", meinte der Anzugträger, bevor er sich dann empfahl und Tarō mit seinen Freunden alleine ließ. Honda nutzte die Gelegenheit und schloss wieder zu dem Blonden auf. "Jonouchi?", fragte er vorsichtig. "Um einen sauberen Abschluss zu finden, hab ich den Behörden auf der anderen Seite der Bucht gemeldet, dass sich meine Identität geklärt hat. Daher musste ich wieder diesen Namen annehmen...", erklärte er leise und unsicher, wie die drei darauf reagieren würden. Vielleicht fanden sie es ein Unding, dass er sich anmaß nun diesen Namen zu führen. Die Angst loderte wieder in ihm hoch und er wünschte sich, dass Seto jetzt hier war. Doch leider hatte dieser ein Meeting, welchen er nicht verschieben konnte. "Und wie fühlst du dich mit diesem Namen?", fragte Yugi ruhig und einfühlsam. Das war nicht die Reaktion die Tarō erwartet hätte. "Ich... fühle mich wie ein Betrüger", gestand Tarō schließlich nach einem Moment des Zögerns. "Das musst du nicht", kam es nun von Otogi. "Du bist AUCH Jonouchi Katsuya. Nicht der, mit dem wir zur Schule gegangen sind, aber wer ist heute noch der Mensch, der er vor fast fünf Jahren gewesen ist?" Ungläubig sah Tarō den Schwarzhaarigen an. Eigentlich hatte er mit Empörung gerechnet, doch ihm schlug so viel Wärme und Wohlwollen entgegen, ganz ohne den bitteren Beigeschmack des Gefühls, dass sich diese Menschen möglicherweise wünschten, dass er wieder zu ihrem alten Freund werden würde. Zum ersten Mal realisierte Tarō, dass diese Menschen ihn als eigenständige Person sahen. Sie waren wirklich mit ihm befreundet und machten sich scheinbar Sorgen darüber, wie er sich mit dieser weiteren Änderung in seinem Leben fühlte. "Danke", meinte Tarō dankbar. "Uhm... wie sollen wir dich denn jetzt nennen?", kam es unsicher von Yugi. "Yamada Tarō oder Jonouchi Katsuya?" Das war eine wirklich gute Frage, auf die Tarō keine Antwort wusste. "So, jetzt muss alles nur noch trocknen", meinte Honda müde. "Unglaublich, dass wir es wirklich in nur einer Woche geschafft haben, dass Häuschen wieder so gut in Schuss zu bringen." Tarō kam, reichte Honda ein Bier und ließ sich neben ihm auf dem Engawa - dem hölzernen Balkon zwischen dem Innenraum und dem Garten - nieder, so dass seine Beine über die Kante baumelten und über den schneebedeckten Boden schwangen. "Ohne deine Hilfe hätte ich das nie geschafft", gestand er dem Brünetten. "Doch, hättest du schon", widersprach Honda, bevor er schelmisch zu grinsen begann. "Nur nicht so schnell und so sauber." Beide lachten auf. Doch dann wurde Tarō wieder etwas ernster. "Honda?", sprach er den anderen an. "Ja?", erwiderte Honda und war gespannt, was wohl die Ernsthaftigkeit in der Stimme des Blonden zu bedeuten hatte. "Du warst Jonouchis bester Freund, nicht wahr?", begann Tarō. "Jap", war die schlichte Antwort Brünetten. "Hat... er mal mit dir darüber gesprochen, ob es da eine bestimmte Person in seinem Leben gibt, für die... er mehr empfand?", kam es stockend und unsicher von dem Blonden. "Du meinst, ob er in jemand verliebt war?", hakte Honda nach. "Uhm... jup", erwiderte Tarō und versuchte locker zu klingen. "Es gab jemand, in den Jonouchi vom ersten Tag an verliebt gewesen ist", antwortete Honda ruhig. "Aber er hat es ihm nie gesagt." "Ihm?", fragte Tarō überrascht nach. Honda blickte ihn verwirrt an. "Jonouchi war schwul", erklärte der Brünette. "Wusstest du das nicht?" "Uhm... ich... war mir nicht sicher", gestand Tarō. "Warst du nie an jemanden interessiert?", hakte nun Honda ungläubig nach. "Nicht... nicht bevor ich jemandem bestimmtes begegnet war", antwortete der Blonde ehrlich. "Weißt du... in wen Jonouchi verliebt war?" "Ich schätze", begann Honda lächelnd. "In den gleichen, in den auch du dich verliebt hast." Tarō starrte Honda ertappt an. "Du... du weißt es?", fragte er verlegen. "Alter, ich bin doch nicht blind", kam es lachend von dem Brünetten. "Man müsste schon scheintot sein, wenn man nicht merken würde, dass du total verschossen in Seto bist." "Oh", war alles was Tarō noch rausbrachte und erst einmal an seiner Flasche Bier trank. "Jonouchi war drei Jahre in Seto verliebt und hat es nie gewagt Seto das zu sagen. Seto war ewig in Jonouchi verliebt und hat es nicht fertig gebracht, ihm seine Gefühle zu gestehen", erzählte Honda. "Wir standen die ganze Zeit daneben und haben versucht beiden einen Schubs zu geben. Wenn du also von mir einen Rat willst und das willst du: Sag es Seto." "Was nur die fünf Kisten?", kam es erstaunt von Otogi, als er in Tarōs Wohnung im Fischerort kam. "Ich hab nie wirklich was angehäuft. Nur meine Skizzen und ein paar Bücher. Ein paar Klamotten. Das Geschirr...", zählte Tarō auf. Otogi hob nur die Hand und signalisierte, dass es keine Kritik gewesen war. "Was kommt von den Möbeln mit?", fragte Yugi. "Das meiste gehört zur Wohnung. An allem was mir gehört hab ich einen grünen Punkt aufgeklebt", erklärte Tarō und Yugi nickte. Dann begann er mit Bakura einige Sachen rauszutragen, überwiegend Haushaltsgeräte, die sich in den letzten Monaten angesammelt hatten. Derweil ging Otogi in die Knie und stemmte eine der fünf Kisten hoch. Das Ausräume seiner Sache aus dieser Ein-Zimmer-Wohnung dauerte dank seiner Freunde kaum eine halbe Stunde. Etwas wehmütig blickte er noch einmal durch den Raum. "Wir sehen uns dann in zweieinhalb Stunden, Tarō", rief Otogi durch die offene Tür und der Blonde hob nur die Hand, um zu zeigen, dass er den Schwarzhaarigen gehört hatte. Während seine Freuden mit dem Sprinter die Fähre nahmen, würde er sich gleich auf die zweistündige Fahrt über die Autobahn machen. Plötzlich spürte er eine Präsenz neben sich. "Na, etwas wehmütig?", fragte Seto ihn sanft. "Etwas", meinte Tarō. "Mein ganzes Leben, an das ich mich erinnern kann, hab ich hier gewohnt." "Dann nimm dir alle Zeit, die du brauchst", bat Seto ihn ruhig. "Würd ich gern, aber der Vermieter ist heute nur bis 14.00 Uhr in seinem Büro", meinte Tarō und wandte sich schließlich der Wohnungstür zu. Zum letzten Mal verließ er diese Wohnung, schloss hinter sich die Tür, ging über den offenen Laubgang zur Treppe und stieg diese hinab. Als er seinen Schlüssel beim Vermieter abgegeben hatte und wieder auf die Straße trat sah er Seto auf ihn warten. Er ging zu ihm und auf einmal löste sich eine Träne aus Tarōs Augen. Vorsichtig zog Seto ihn zu sich, so dass Taro in seinen Armen kurz Halt fand und sich sammeln konnten, bevor sie nach Domino City aufbrechen würden. Kapitel 22: Ein wundervoller Anfang? ------------------------------------ Kapitel 22 - Ein wundervoller Anfang? Der Wecker ging und Tarō tastete suchend danach. Dann erreichten seine Finger das Gerät und drückten auf die größte Taste, die das nervige Geräusch abstellte, das Radio anstellte und in 10 Minuten erneut den Wecker klingeln lassen würde. Schlaftrunken rieb sich der Blonde mit der Hand über die Augen und blinzelte dann. Es war noch dunkel draußen - was im Winter völlig normal war. Wieder fielen unzählige weiße Flocken vom Himmel. "Komisch", kam es ruhig und mehr zu sich selbst von Tarō. "Was ist komisch?", hörte er auf einmal Setos Stimme. Der Blonde wandte den Kopf ein wenig und musste schmunzeln. Seto sah am frühen Morgen mit total zerzaustem Haar kein bisschen wie ein erfolgreicher Geschäftsmann aus. Die blauen Augen blickten durch das Dämmerlicht, welches vom Radiowecker ausging, zu ihm und Tarō konnte sehen, dass auch Seto schmunzelte. "Ich finde Schnee eigentlich ganz schön und dennoch lässt mich allein der Anblick immer wieder frösteln", beantwortete er Setos Frage, der neben ihm auf dem zweiten Futon lag. Tatsächlich hatte Tarō sich dazu entschieden sich kein neues Bett zu kaufen, sondern einfach dauerhaft den Futon zu benutzen. So war es kein Problem den Raum tagsüber für etwas anderes zu nutzen und einen zweiten daneben zu legen, wenn Seto hier übernachtete. "Und du weißt nicht, woher das kommt?", fragte Seto erkennend. Tarō schüttelte seinen Kopf. "Das kommt von Jonouchi." "Von Jonouchi?", hakte Tarō nach und zog seine Stirn Kraus. Er hatte zwar offiziell den Namen Jonouchi Katsuya wieder angenommen, doch er hatte seine Freunde gebeten ihn Tarō zu nennen, auch jene, die ihn bislang nur Yamada gerufen hatten. "Jonouchis alter Herr hat das meiste Geld verspielt, den Rest versoffen und ihm war es egal, wie der Rest zustande kam. Jonouchi hat nebenbei gejobbt, aber nach dem Bezahlen der Miete und dem Einkauf von dem Notwendigsten zum Überleben war kein Geld mehr übrig, um andere Sachen zu begleichen oder anzuschaffen", erzählte Seto. "Es kam nicht selten vor, dass sie kein warmes Wasser hatten und im Winter nicht heizen konnten. Dazu kam, dass er nur eine Sommerjacke hatte." "Was für ein Looser", meinte Tarō auf einmal und erntete einen entsetzten Blick von Seto. "Oh, nein! Nicht Jonouchi... der Vater... wie kann einem das eigene Kind nur so egal sein? Warum hat ihm denn keiner geholfen?" "Es ist nicht so, dass man nicht versucht hat Jonouchi zu helfen, aber er hat alles immer runter gespielt oder ins Lächerliche gezogen", erklärte Seto weiter. "Und er war stolz... selbst wenn man ihm was Gutes tun wollte, lehnte er es ab und immer mit dem Satz, dass er keine Almosen annehmen will." "Wie konnte er in so einer Situation sowas sagen?", fragte Tarō überrascht. "Ich denke es lag daran, dass er tatsächlich auf Almosen angewiesen war, dass aber niemanden zeigen wollte", meinte der Brünette. "Vielleicht hat er gedacht, dass seine Freunde ihn anders behandeln würden, wenn sie wüssten, dass er seine Klamotten aus einer Kleiderkammer für Mittellose hatte?" "Kann ich irgendwo verstehen", merkte Tarō an. "So?", kam es nun überrascht von Seto. "Na ja, wenn ich mir die Situation vorstelle, dann würde ich auch nicht wollen, dass jemand wüsste, dass ich meine Klamotten aus der Altkleiderkammer habe", erzählte Tarō. "Sonst könnten Kommentare kommen, ob man sich das eine oder andere leisten kann oder die Freunde unternehmen mit einem nur noch Sachen, die nichts kosten, weil sie Rücksicht nehmen wollen. Was zwangsläufig dazu führt, dass sie alles andere ohne dich unternehmen und dich damit ausgrenzen." "So hab ich das noch nie gesehen", meinte Seto nachdenklich. Dann blickte er wieder zu Tarō. "Auf was hättest du denn heute Abend Lust?" "Du möchtest heute Abend wieder für mich kochen?", kam es schmunzelnd von Tarō. "Warum nicht? Alleine essen macht keinen Spaß und in guter Gesellschaft, mit einem guten Gespräch schmeckt es gleich noch mal so gut", erklärte Seto völlig sachlich, bevor er schelmisch grinste. "Hm... überzeugende Argumentation", erwiderte Tarō lächelnd. "Aber wie wäre es, wenn wir heute Abend einfach eine Pizza oder so bestellen, uns damit auf die Couch fläzen und einen Film schauen?" "Klingt auch gut", gestand Seto. "Ab wann bist du denn wieder daheim?" "Hm, ich denk, ich werd gegen 16.00 Uhr mit der Arbeit fertig sein. Dann wollte ich mir noch einen Steuerberater anschauen", zählte Tarō nachdenklich auf. "Du suchst nach einem Steuerberater?", fragte Seto. "Hm... ja. Mit der Werkstatt ist die Steuererklärung etwas kompliziert geworden, obwohl ich sie erst seit 'ner Woche gepachtet habe. Ich will da nichts auflaufen lassen", meinte Tarō. "Wie wär es dann, wenn ich dir meinen hauseigenen Steuerberater vorbei schicke?", schlug Seto vor. Tarō sah ihn kurz an und wägte ab, ob er das annehmen konnte, dann nickte er. "Okay... wenn er noch einen Termin frei hat, würd ich gern zu ihm", erwiderte der Blonde und sah zu, wie Seto begann zu lächeln. Scheinbar freute es den Brünetten, dass er seine Hilfe angenommen hatte. "Wenn ich nach Hause komme wollte ich noch mit Shizuka skypen... aber das dauert nicht länger als eine halbe Stunde." "Ihr habt weiterhin Kontakt?", fragte Seto verwundert. "Ja, wir skypen alle zwei, drei Tage miteinander", antwortete der Blonde. "Sie möchte nächstes Jahr noch einmal alleine zu Besuch kommen, für ein oder zwei Wochen." "Und... freust du dich darauf?", hakte der Brünette vorsichtig weiter nach. "Hm... sie ist ein nettes Mädchen und sie scheint kein Problem mit der Situation zu haben", erklärte Tarō. "Aber?", fragte Seto. "Kein aber... ich... weiß einfach noch nicht ganz genau, wie ich das alles einordnen soll. Selbst ihre Mutter meldet sich einmal die Woche telefonisch bei mir." "Echt jetzt?", fragte Seto sichtlich überrascht. "Ja... sie fragt, wie es mir geht und wie die Woche war, sowas halt", berichtete Tarō. "Es geschehen noch Zeichen und Wundern", murmelte Seto. "Was?", fragte Tarō sofort nach, da er Setos Kommentar kaum verstanden hatte. Doch der Wecker begann just in dem Moment zum zweiten Mal zu klingeln und sie zu unterbrechen. "Zeit zum Aufstehen", meinte Seto mit einem geheimnisvollen Lächeln und setzte sich auf. Doch Tarō zog ihn prompt wieder zu sich, so dass sich ihre Gesichte bis auf wenige Zentimeter genähert hatten. Nur ein kleines Stück und ihre Lippen würden sich berühren. Als Tarō das bewusst wurde ließ er Seto wieder los, der etwas enttäuscht wirkte, sich aber dann wieder aufrichtete. "Ich meinte, dass sie sich nie wirklich für ihren Sohn interessiert hat. Sie hat ihn nie angerufen, nie eine Karte geschickt oder so etwas", erklärte Seto dann seine vorherige Aussage. "Hm, okay", quittierte Tarō das gehörte kurz und setzte sich selbst auf. Er ging sich frustriert durch das Haar. Seto hatte sich auf seinen Ellenbogen gestützt, da er sich nicht erneut aufgesetzt hatte, nachdem ihn Tarō wieder runter gezogen hatte. Der Brünette studierte den Rücken des Blonden. "Wie lange wollen wir diesen Tanz noch aufführen?", fragte Seto schließlich ruhig. Tarō wandte sich nicht um. Er wusste, wovon Seto sprach und genauso gut wusste er, dass das Thema alles verändern könnte. Es konnte sogar das, was sie in den letzten Monaten aufgebaut hatten, einfach einreisen und nichts als Trümmer zurück lassen. "Keine Ahnung", gestand er. Langsam setzte sich Seto auf, kniete sich hinter Tarō und legte vorsichtig seine Arme um dessen Taille. "Ich hab schon einmal meine Gefühle verschwiegen, bis es zu spät war. Aber ich möchte dich auch nicht drängen", sprach er ruhig in Tarōs Ohr. "Jedoch spüre ich, dass meine Gefühle nicht nur einseitig sind. Du erwiderst sie... oder?" Kapitel 23: Angst ----------------- Kapitel 23 - Angst Es klopfte an der Haustür und Otogi ging hin, da Honda gerade dabei war für sie zu kochen. Als er die Tür öffnete wurde ihm schlagartig bewusst, dass Honda nicht dazu kommen würde sein Vorhaben fertig zu führen. Innerlich seufzte er kurz, dann trat er einen Schritt zurück, so dass ihr Gast eintreten konnte, und ging zurück in den Wohnraum. "Hiroto, Besuch", rief er durch den Raum Richtung offener Wohnküche. Honda blickte überrascht auf, nahm sich ein Handtuch und wischte sich damit die Hände ab. Dann kam er aus der Küche, in die Otogi nun ging, durchquerte den Wohnraum. Er musste aber gar nicht bis zum Genkan - dem traditionellen Eingangsbereich eines japanischen Hauses - gehen, da in diesem Moment ihr Besucher in Socken den Wohnraum betrat. Der Schnee auf dem Kopf begann zu schmelzen und in schweren Wassertropfen über die Haare zu rinnen und an den Spitzen auf die Schultern zu fallen. Für einen Moment war Honda überrascht Tarō vor sich zu sehen. Eigentlich war er es gewohnt, dass Seto in solchen Situationen vor ihm stand. Es war das erste Mal seit langer Zeit, dass vor ihm sein bester Freund wie ein begossener Pudel stand. Honda griff nach einem Handtuch vom Wäscheständer, der in einer Nische des Wohnzimmers stand und warf es Tarō zu. Der fing es und rubbelte sich wie in Zeitlupe damit das Haar wieder etwas trocken. "Danke", kam es erschlagen von dem Blonden. Hinter sich konnte Honda Otogi hören, der zwei Tassen frischen aufgebrühten Tee auf den Wohnzimmertisch abstellte. Also ging Honda mit Tarō zur Couch und ließ sich dort mit seinem Besucher nieder. "Du siehst echt scheiße aus", meinte Honda und bekam ein nur wenige Augenblicke anhaltendes, leicht bitteres Lächeln geschenkt. "Ich weiß gar nicht, warum ich hier bin. Es... steht mir gar nicht zu", meinte der Blonde plötzlich. "Du bist hier, weil ich dein Freund bin und du womöglich in einer Situation bist, in der du einen guten Rat oder jemand zum Zuhören brauchst", mutmaßte Honda ruhig und nahm seine Tasse auf, um daran zu nippen. Tarō machte es ihm gleich und nahm einen Schluck von dem Tee. "Der Tee schmeckt nach Papier", stellte Tarō ungefiltert fest. Honda musste grinsen. "Tja... das... hör ich nicht zum ersten Mal", erwiderte Honda. Tarō stellte seine Tasse wieder ab und sah dann zu Honda. "Ich habe Mist gebaut", begann der Blonde. "Ob du's glaubst oder nicht: Auch das hör ich nicht zum ersten Mal", antwortete Honda mit einem sanftem Lächeln. Auf einmal kullerte eine Träne über Tarōs Wange. "Hey, hey... komm schon... nichts ist so schlimme, wie es auf den ersten Blick wirkt." Tarō strich sich die Träne vom Gesicht und blickte dann auf seine Hände, die er in seinem Schoss faltete. "Seto...", begann der Blonde stockend. "Er sprach von seinen Gefühlen und fragte mich, ob ich sie erwidere." "Ja...?", fragte Honda nach einem Augenblick nach, in dem es nicht so schien, als wolle Tarō noch weiter sprechen. "Ich fühle das gleiche für ihn, wie er scheinbar für mich, aber...", erzählte Tarō schließlich weiter. "Aber?", kam es verblüfft von dem Brünetten mit den dunklen Augen. "Ich kann nicht mit ihm zusammen sein", gestand Tarō leise. "WAS?", kam es völlig überrascht von Otogi aus der Küche, wodurch Tarō erschrocken zusammenzuckte und Honda ihm einen strengen Blick zuwarf. "Tschuldigung." "Also... er liebt dich. Du liebst ihn. Wo ist das Problem, Tarō?", hakte Honda nach. "Ich... bin nicht Jonouchi Katsuya", kam es schließlich gepresst von Tarō. "WAS?", kam es erneut aus der offenen Küche von Otogi, was ihm erneut einen strengen Blick von Honda einbrachte. Er hob entschuldigend die Hände. "Tschuldigung." "Was hat Jonouchi Katsuya mit all dem zu tun?", wollte Honda nun etwas ruhiger wissen. "Was... was wenn ich morgen aufmache und Yamada Tarō verschwunden ist? Stattdessen ist da Jonouchi Katsuya", begann Tarō ruhig. "Dann findet er sich in einem Leben wieder, welches er nicht selbst gelebt hat. Es könnte sein, dass er sich an nichts aus meinem Leben erinnern kann und vielleicht sogar noch der achtzehnjährige, junge Mann ist, der auf dem Sprung nach Amerika zum Studieren war. Und dann ist da Seto, der mit Yamada Tarō zusammen war und dann plötzlich diesen verloren hat. Und wer weiß, ob Jonouchi Katsuya die Beziehung fortführen würde oder wie die Beziehung von da an laufen würde. So etwas könnte niederschmetternd sein." Honda ließ die Worte auf sich wirken. "Aber es ist nicht gesichert, dass du jemals wieder dein Gedächtnis zurück bekommst oder... ob ihr beiden zwei getrennte Persönlichkeiten seid und es wirklich entweder oder heißt", gab Honda schließlich zu bedenken. "Vielleicht wachst du morgen auf und erinnerst dich wieder an alles und bleibst die Person, die du jetzt bist, nur eben mit mehr Erinnerungen." "Das spielt doch alles keine Rolle", mischte sich erneut Otogi in das Gespräch ein und kam mit einem eigenen Tee zu ihnen rüber. Dabei blickte ihn Honda erneut streng an. Doch das ignorierte der Schwarzhaarige, während er sich auf einen Sessel niederließ. "Wie meinst du das?", fragte Tarō nach. "Du bist du, Seto ist Seto", begann Otogi plump. "Ihr liebt euch, also hört auf noch mehr Zeit damit zu verschwenden, wie auf rohen Eier um euch herumzutänzeln." "Aber was...", wollte der Blonde einwenden. "Nein!", kam es rabiat von Otogi. "Jedem Menschen kann es geschehen, dass er morgens aufsteht, Brötchen holen will und auf dem Weg überfahren wird. Diese Möglichkeit besteht und ist statistisch nicht mal so klein. Sollen wir jetzt alle keine Beziehungen mehr eingehen, weil wir möglicherweise von einem Auto überfahren werden könnten? Ihr habt gemeinsame Zeit und die solltet ihr genießen, egal wie lang sie ist." "Seh ich genauso", kam plötzlich eine tiefe Stimme, die Tarō nicht hier erwartet hätte und ihn aufspringen ließ. Erschrocken sah er Seto in dessen blauen Auge, die ihm - wie immer - durch Mark und Bein gingen. Der andere hatte einen Haustürschlüssel in seiner Hand, den Honda und Otogi ihm irgendwann mal gegeben hatten, falls er spätnachts Redebedarf hatte, damit er Otogi nicht mit der Klingel weckte. "Und Jonouchi?", fragte Tarō erneut. "Damit befassen wir uns, sollte es irgendwann einmal zu diesem Fall kommen... wovon ich nicht überzeugt bin", meinte Seto ruhig. "Tarō, wir wohnen doch schon eigentlich zusammen. Ich hab meine Zahnbürste im gleichen Becher stehen, wie du deine. Hab Shampoo, Duschgel und Rasierzeug bei dir. Du hast mir sogar zwei Schubladen für Klamotten überlassen." Wieder ließ Tarō diese Worte auf sich wirken und merkte gar nicht, wie Seto zu ihm gekommen und sich vor ihn gestellt hatte. Sanft legte Seto seine Hand an Tarōs Wange, der verwirrt blinzelte. Dann hob der Brünette sein Gesicht ein kleines Stückchen, beugte sich vor und küsste ihn voller Liebe. Kapitel 24: Zusammen -------------------- Kapitel 24 - Zusammen "Gut, dass das Haus doch ein paar Zimmer mehr hatte", meinte Tarō lachend, als er die x-te Kiste rein trug, die sicherlich auch reichlich mit Büchern gefüllt wäre. "Die kommt ins Büro", meinte Seto, nachdem er auf die Nummer auf dem Kistendeckel geschaut und auf seinem Klemmbrett nachgesehen hatte. "Maaan, konntest du nicht ein wenig aussortieren?", maulte Otogi, der die nächste, recht schwere Kiste herein trug. "Hab ich doch?", kam es unschuldig von Seto, was ihm einen entsetzten Blick von Otogi einbrachte. "Die kommt auch ins Büro." "Du hast echt viele Klamotten, Kaiba", rief Yugi belustigt, als er einen mobilen Kleiderständer herein rollte. "Der kommt auch ins Büro", dirigierte der Angesprochene Yugi, der damit schon ins Schlafzimmer wollte. "Ins Büro?", fragte Yugi verdutzt. "Jap, das da ist meine Arbeitskleidung", merkte Seto an und tatsächlich hingen auf dem Ständer nur Anzüge und Hemden. Seto musste zugeben, dass Freunde zu haben nicht schlecht war. Wenn man so etwas wie einen Umzug hatte, hatte man viele helfende Hände, die einen unterstützten. Honda kam zu ihm und legte ihm einen Arm um. Dabei grinste er ihn an, bevor er das Klemmbrett aus Setos Händen wand. "Der gnädige Herr ist aber nicht unser Aufseher, also kannst du gefälligst auch mal mit anpacken", meinte Honda zu seinem Freund. Kaiba sah ihn kurz geschockt an. "Und woher soll der Kindergarten...", setzte er zu einer Antwort an und erntete ein Räuspern von Otogi, der gerade wieder an ihm vorbei nach draußen ging. "Woher sollen die anderen wissen, wo welche Kiste hingehört?" Honda nahm das Klemmbrett, zog eine metallene Lasche am oberen Ende hervor, ging zur Eingangstür und hängte das Brett dort an einen Haken. "Jetzt kann jeder selbst schauen, wo er hin muss und oh Wunder: Du hast die Hände frei", feixte Honda grinsend, bevor er Seto dann mit sich aus dem Haus zum Umzugslaster zog. Sie saßen alle rund um den niedrigen Wohnzimmertisch, auf dem drei große Pizzaschachteln lagen. Jeder von ihnen konnte seine Muskeln klar und deutlich spüren und obwohl sie hundsmüde waren, wollte keiner die Runde jetzt schon verlassen. Dazu hatten sie einfach zu viel Spaß, wie sie so beisammen saßen, rumlaberten und Pizza aßen. Doch irgendwann hatte sich auch der Letzte von ihnen auf den Heimweg gemacht und Seto schloss die Haustür ab. Als er zurück ins Wohnzimmer kam sah er Tarō gerade aufräumen. Er eilte zu ihm, nahm ihm die Pizzaschachteln aus der Hand und ließ sie wieder auf den Wohnzimmertisch fallen. "Genug aufgeräumt für heute", meinte er glücklich zu dem Blonden, den er dann eng an sich zog, seine Hand an dessen Wange legte und ihn sanft küsste. Tarō erwiderte den Kuss glücklich und ließ seine Hand im Nacken in Setos braunes Haar fahren. Als sie sich Minuten später von einander lösten sahen sie einander verliebt an. "Komm, lass uns schlafen gehen", meinte Seto sanft zu Tarō, der sich daraufhin von Seto aus dem Wohnzimmer ziehen ließ. Als sie in ihr Schlafzimmer kamen blieb er verwundert stehen, denn darin stand ein Doppelbett. "Wann... hast du das hier rein geschafft?", fragte Tarō verwundert. "Als du mit Honda die Pizzen holen warst", meinte Seto lächelnd. "Oder soll ich es wieder los werden?" "Nein... es sieht sehr bequem aus", meinte Tarō lächelnd. Sanft umschlangen ihn Setos Arme von hinten und er konnte spüren, wie Setos Kopf auf seiner Schulter zur Ruhe kam. Für einen Augenblick standen beide reglos so da und genossen die Nähe des anderen. "Geh du zuerst duschen", meinte Tarō schließlich leise zu Seto. "Oh, stink ich so stark?", fragte Seto gekünstelt. "Ach, i-wo", lachte der Blonde. "Aber wir sind beide recht verschwitzt und ich möchte nicht so in ein frisch bezogenes Bett hüpfen." "Okay", meinte Seto und küsste Tarō sanft am Nacken. Dieser musste dadurch etwas kichern. Für Tarō waren solche Berührungen etwas völlig Neues. Dann löste sich Seto langsam von ihm und entschwand ins Badezimmer. Der Blonde stand etwas verloren vor dem Bett und realisierte zum ersten Mal, dass Seto nun wirklich hier mit ihm wohnte und sie eine echte Beziehung führen würden. Die Angst, dass er eines Tages einfach verschwinden und statt seiner Jonouchi Katsuya zurück kehren könnte, war nicht verschwunden. Doch er arbeitete zusammen mit Doktor Reijirou daran, der es gut fand, dass Tarō aufgehört hatte in absolutem Stillstand zu verharren, sondern endlich sein Leben aufgenommen hatte. Aber er tat Tarō Angst nicht einfach ab, sondern half ihm damit zu leben, ohne dass sie sein Leben bestimmte. Dafür war er dem Doktor dankbar, der immerhin einmal die Woche den Weg nach Domino City auf sich nahm. Plötzlich umschlangen ihn erneut Arme von hinten. Doch die Haut war nicht feucht. "Es wäre doch eine Verschwendung, wenn wir nacheinander duschen gehen würden", flüsterte Seto ihm ins Ohr. Das ließ Tarōs Wangen sofort schamhaft erröten. Das Nackteste, was er von Seto je gesehen hatte, war im Handtuch um die Hüfte. Er biss sich sanft auf die Unterlippe. "Du... meinst... wir... wir beide zusammen unter der Dusche?", hakte Tarō nach. Er konnte spüren, wie Seto lächelte. "Jap...", meinte Seto sanft und begann den Blonden langsam zu sich zu drehen. Erst jetzt erkannte Tarō, dass Seto nackt hinter ihm gestanden hatte. Sofort flammte das restliche Gesicht auf und glich seine Farbe an die Wangen an. Schüchtern und etwas verlegen wandte er seinen Blick von Seto ab. "Gefällt dir nicht, was du siehst?", fragte Seto sanft. Erschrocken blickte Tarō wieder zu dem Brünetten. "Do... Doch, klar... ich meine... du... du bist ein gut aussehender Mann und... deine... deine Muskeln sind sehr fein definiert und... und...", stammelte Tarō in rascher Folge vor sich hin, bevor Seto ihn zu sich zog und seine Lippen mit den eigenen verschloss. Kurz erstarrte Tarō, doch dann begann er sich mehr zu entspannen. Langsam zog ihn der Brünette aus dem Schlafzimmer und ins Badezimmer, wo er ihm vorsichtig die Kleider von der Haut schälte. "Du musst dich aber auch nicht verstecken", merkte Seto verliebt an. "Du hast auch einen unglaublich heißen Körper." Unbewusst schob Tarō seine Hand über die Stelle an seiner Leiste, an der ihn irgendwer irgendwann mal mit Zigaretten verbrannt hatte. Doch Seto zog die Hand weg. "Nicht doch", mahnte ihn der Brünette liebevoll. "Sie gehören zu dir und tun deiner Attraktivität keinen Abbruch." Dann zog Seto ihn erneut in einen langen, intensiven Kuss, bevor er ihn mit unter die Dusche nahm. "Seto?", kam es auf einmal von Tarō, als das warme Wasser auf sie hinab rieselte. "Ja?", erwiderte Seto liebevoll. "Ich liebe dich", flüsterte Tarō und brachte Seto damit zum Strahlen. "Ich liebe dich auch", erwiderte Seto, bevor er seinen Geliebten erneut in einen innigen Kuss zog. ~ Owari Kapitel 25: Versöhnung ---------------------- Bonus - Versöhnung "Das... ist reichlich", meinte Seto, als er an diesem Morgen in die Küche kam, Tarō von hinten umarmte und ihn sanft am Hals küsste. Sie waren jetzt fast ein Jahr zusammen und draußen schneite es wieder. "Hm... vielleicht", meinte Tarō lächelnd, während er weiter Gemüse in Streifen schnitt und in einzelne Schälchen legte, die er zu einem nicht weniger reichlich gedeckten Tisch brachte. Sofort fielen Seto die vier Gedecke auf, doch bevor er Tarō dazu befragen konnte klingelt es an der Haustür. Da Tarō gerade beschäftigt schien ging Seto - sich verwundert am Hinterkopf kratzend - zur Tür. Vielleicht hatte er ein Frühstück mit Honda und Otogi oder Yugi und Bakura vergessen? Als er die Tür öffnete blieb er wie vom Blitz getroffen stehen und starte mit großen, ungläubigen Augen auf ihre Besucher: Vor ihm standen Mokuba und sein Verlobter Noah. "Guten Morgen, ich hoffe, wir sind nicht zu früh", ergriff Noah kurzerhand das Wort, als die beiden Brüder in einem Staring Contest verfielen. Das löste Seto aus seinem Starren und er blickte zu Noah. "Ich... denke nicht", antwortete Seto immer noch etwas perplex, bevor er blinzelte. "Guten Morgen und willkommen in Japan." "Danke", lächelte Noah breit. "Ich... hab gehört, hier gäb es ein Gästezimmer", kam es mit einer Spur Unsicherheit von Mokuba. Der eben noch so selbstsichere und stur wirkende Schwarzhaarige wirkte auf einmal wie sein 14jähriges Ich, dass nicht wusste, ob sein großer Bruder böse auf ihn war. "Klar, kommt herein", lud Seto sie beide ein und machte ihnen Platz, damit sie herein kommen konnten. Sie klopften ihre Schuhe ab, zogen sie aus und schlüpften in die bereit stehenden und angewärmten Hausschuhe. Noah zog dabei zwei aufeinander gestapelte Koffer mit sich. Als sie in den Wohnraum kamen, von dem aus man in die offene Küche schauen konnte begann auch Tarō zu strahlen. "Willkommen", grüßte er die beiden Männer. "Schön, dass ihr kommen konntet. Das Frühstück ist auch gleich fertig." "Hallo Tarō", grüßte Mokuba den Blonden mit einem sanften Lächeln. "Seto, zeigst du den Jungs das Gästezimmer?", bat Tarō sanft. Seto nickte und führte die beiden in einen Flur und zu dem frisch renovierten Gästezimmer, dass sogar ein eigenes kleines Bad hatte. So langsam begriff Seto, dass Tarō diesen Besuch eingefädelt haben musste, denn auch hier war alles frisch hergerichtet. "Ich geh mir mal kurz das Gesicht waschen", meinte Noah und verschwand im Badezimmer, wodurch Seto und Mokuba in betroffener Stille alleine zurück blieb. "Wie... war der Flug?", fragte Seto und versuchte die unangenehme Stille zu durchbrechen. "Ereignislos und lang", antwortete Mokuba. "Aber dank der neuen Erste Klasse, die es in immer mehr Flugzeugen gibt, doch recht angenehm." "Ich hätte euch den Jet geschickt", kam es vorsichtig von Seto. "Ja, ich weiß, aber das wäre ökologisch noch viel schlechter gewesen, als es der Langstreckenflug eh schon war", erwiderte Mokuba recht neutral. "Oh", war alles, was Seto darauf erwidern konnte. "Da,... hast du natürlich recht." "Wie ich sehe hast du dich auch etwas verkleinert", meinte Mokuba und blickte dabei kurz durch den Raum, stellvertretend für das Haus. "Dank Tarō, ja", meinte er und konnte nicht umhin kommen sanft zu schmunzeln. "Und das Herrenhaus?", fragte Mokuba weiter. "Ist jetzt ein sicherer Zufluchtsort für misshandelte Kinder und Jugendliche", erklärte Seto ruhig. "Dafür hast du also meine Unterschrift vor ein paar Monate gebraucht?", hakte Mokuba überrascht nach. "Für... die Gründung der Stiftung und die Überschreibung von Grundstück und Immobilie, ja", beantwortete Seto Mokubas Frage. Wieder drohte eine unangenehme Stille Einzug zu halten. "Du, Seto?" - "Du, Mokuba", kam es auf einmal von beiden gleichzeitig, sahen sich überrascht an und mussten dann lächelnd. "Ja, Mokuba?", fragte Seto schließlich. "Nein, du zuerst, Seto", bat Mokuba höflich. "Es tut mir leid", kam es von dem älteren Bruder. Der Jüngere zog kurz seine Stirn kraus und lächelte dann. "Ja, mir tut es auch leid", meinte der Schwarzhaarige. "Ich... wusste, was du für Jonouchi empfunden hast und warum du es ihm nie sagen konntest. Das war auch der Grund, warum du damals nicht loslassen konntest und heute muss ich sagen, dass ich froh bin, dass du an der Sache geblieben bist." Das von seinem jüngeren Bruder zu hören bedeutete Seto viel und so konnte er nicht anders, als das zu überwinden, was sie trennte und den Schwarzhaarigen in seine Arme zu ziehen. Mokuba seinerseits umarmte Seto fest und war froh, dass ihr Bruch begann wieder zu heilen. "Also", begann Mokuba nach einer Weile, nachdem sie an den Tisch gekommen und mit dem Frühstück begonnen hatten. "Was wolltest du uns nicht über Skype sagen?" Interessiert blickte Seto zu Tarō, der geheimnisvoll lächelte. Dann sah er zu Seto und auf einmal verstand Seto, welchen Vorwand sein Geliebter genutzt hatte die beiden erst einmal herzulocken. "Ich", begann Seto, statt Tarō auf einmal. "Ich hab Tarō gefragt, ob er mich heiraten möchte." Noahs Augen wurden größer und pure Freude strömte bereits jetzt schon aus ihnen. "Und ich hab 'Ja' gesagt", schloss Tarō. Sofort sprang der Brite auf, kam um den Tisch und umarmte Tarō, bevor er bei Seto kurz stockte und nicht wusste, ob dieser das dulden würde. Doch dieser lächelte nur und stand auf, so dass Noah ihn umarmen konnte. "Ich gratuliere euch beiden", meinte der Grünhaarige. "Danke", kam es von den beiden Älteren, als auch Mokuba aufstand und erst Seto und dann Tarō fest umarmte. "Danke", flüsterte er dem Blonden ins Ohr und Tarō schmunzelte sanft. "Nicht dafür", flüsterte er zurück und drückte den Jüngeren noch einen Moment länger an sich. Kapitel 26: Bonuskapitel Jahrestag ---------------------------------- Bonus 02 - Jahrestag Tarō tigerte unruhig im gemeinsamen Schlafzimmer vor dem Bett auf und ab. In seinem Bauch kribbelte es, als würden eintausend Schmetterlinge gleichzeitig mit den Flügeln schlagen. Die Tatsache, dass er nur mit einer schwarzen, enganliegenden Hose bekleidet war half auch nicht gerade, seine Aufregung irgendwie in den Griff zu bekommen. Auf den Nachttischen hatte der Blonde einige Kerzen in Gläser platziert und entzündet. Dazu hatte er ein Duftlämpchen an, welches den Duft von Rosen verströmte. Oder waren das die unzähligen Rosenblätter, die er von der Haustür, die Treppe hinauf bis in das Schlafzimmer gestreut hatte und die nun das Bett einrahmte. Es war ihr Jahrestag. Nicht der Tag, an dem sie zusammengekommen oder zusammengezogen waren, sondern der Tag, an dem Seto ihn in dem kleinen Fischerort gefunden hatte. Schon damals hatte es Tarō wie vom Blitz getroffen, als er diese wundervollen, blauen Augen gesehen hatten. Ihm war es damals noch nicht bewusst gewesen, aber dort, in dem kleinen Imbiss, in dem er häufig zu Mittag gegessen hatte, hatte er sich schlagartig in diesen gutaussehenden Brünetten verliebt. Tarō musste schmunzeln, als er daran zurück dachte. Seto hatte einen anderen gesucht und ihn gefunden. Statt an dem anderen festzuhalten hatte der Brünette dann ihn kennenlernen wollen. Über Monate hinweg hatte er ihn in dem Fischerdorf besucht und schließlich gefragt, ob er nicht wieder nach Domino City ziehen wollte. Schon damals hätte er erkennen müssen, dass die Frage nicht von ungefähr kam. Das Seto die Gefühle, die Tarō für den Brünetten empfand, teilte. Nervös begann er an seinen Fingernägeln zu kauen. Er wusste, dass Seto das nicht mochte, doch ... verdammt, es war eben eine Übersprunghandlung, die ihm half etwas ruhiger zu werden. Hatte er an alles gedacht? Gedanklich ging er alles noch einmal durch: Kondome. Gleitgel. Taschentücher. Alles war unaufdringlich arrangiert und vom Bett aus in Griffweite. Wieder schlug die Aufregung in seinem Magen hoch und für einen Moment glaubte Tarō sich übergeben zu müssen. Warum war er eigentlich so aufgeregt? Er wollte doch nur zum ersten Mal mit seinem Freund schlafen. Da war doch nichts dabei. Sie teilten sich das Bett schon seit Monaten, hatten sich schon ausgiebig gegenseitig erkundet, waren bereits auf gewissen Arten intim gewesen, waren aber nie bis zum Äußersten gegangen. Doch sie waren Männer und da sollte Sex nun nicht gerade das Thema sein... oder? Allerdings, gab er sich selbst zu bedenken, war es auch sein erstes Mal überhaupt. Jedenfalls konnte er sich nicht erinnern, ob sein früheres Ich bereits Erfahrungen gesammelt hatte. War auch egal, denn er war nicht diese Person, die so lange schmerzlich vermisst und gesucht worden war. Das Wissen darüber, ob Jonouchi Katsuya zu seiner Oberschulzeit schon sexuell aktiv gewesen war hätte in keinster Weise seine - Tarōs - Aufregung gemindert. Die Haustür riss ihn aus seinen Gedanken und ließ ihn abrupt stehen bleiben. Er lauschte einen Moment und dann hörte er, wie jemand die Treppe hinauf kam. Plötzlich wurde er von Eile angetrieben. Geschwind ging er zum Bett und mit viel Elan ließ er sich hinein fallen, so dass er möglichst mittig zur Ruhe kam. Im Vorfeld hatte er einige Posen durchprobiert, doch er wusste einfach nicht mehr für welche er sich entschieden hatte. Die Pose war einfach weg? Ausradiert aus seinem Kopf. Am liebsten hätte er sich einfach die Haare gerauft, doch da begann sich die Tür zu bewegen und instinktiv warf er sich in irgendeine Pose. Er konnte nur hoffen, dass Seto ihn nicht auslachen würde! Als Seto die Haustür aufschloss blieb er wie angewurzelt stehen, als er die roten Rosenblätter auf dem Boden sah, die in ihrer Masse eine kaum zu übersehende Spur bildete, der er offensichtlich folgen sollte. Er trat ein, zog seine Schuhe aus und stellte die Aktentasche unter die Garderobe. In der anderen Hand hatte er eine teure Flasche Wein, deren Geschmack süßlich-mild war. Es war der einzige Wein, von dem Seto wusste, der Tarō wirklich schmeckte und von diesem gern getrunken wurde. Taro hatte zwar nie andere Weine abgelehnt, doch mittlerweile kannte der Brünette seinen Freund lange und gut genug, um so etwas zu wissen. Seto trug selten Hausschuhe und lief lieber mit Socken oder barfuß durch das Haus. Er ging kurz in ihr Esszimmer und nahm zwei passende Weingläser, sowie einen Öffner aus dem Buffet. Damit machte er sich schließlich auf den Weg der Spur aus Rosenblätter nach oben zu folgen. Als er noch auf der Treppe war konnte er eilige Schritte hören, was ihn kurz seine Augenbrauen zur Nasenwurzel ziehen ließ. Was wohl seinen Freund derartig zur Eile antrieb? An der Schlafzimmertür ließ er sich einen Moment Zeit, bevor er sie aufzuschieben begann. Irgendwie hatte er das Gefühl, dass Tarō noch einen Moment bräuchte. Doch als sich der Blick ins Schlafzimmer für ihn öffnete sah er seinen Freund, bis auf die enganliegende, schwarze Boxer völlig unbekleidet, mittig auf ihrem Bett liegen, die Beine etwas angewinkelt und sich mit den Händen von hinten abstützend, so dass sich die Brust etwas nach vorne schob. "Hallo, mein Drache", raunte Tarō ihm mit rauer Stimme entgegen, der er anscheinend einen anrüchigen Unterton verleihen wollte. Seto nahm sich die Zeit seinen Geliebten ausgiebig zu betrachten und schmunzelte dabei verliebt. "Guten Abend, mein Juwel", entgegnete Seto ruhig und trat endlich ins Schlafzimmer ein. Hinter sich schob er die Tür wieder zu. "Du siehst umwerfend aus." "Ein Juwel muss seinem Drachen auch würdig sein", entgegnete Tarō kess lächelnd und begann sich leicht lasziv zu bewegen. "Was hast du uns da mitgebracht?" "Einen edlen Tropfen", antwortete Seto geheimnisvoll und trat nun mit einigen Schritten an das Bett heran. Dort präsentierte er die Flasche seinem Geliebten. "Oho...", kam es erfreut von dem Blonden. "Mein Lieblingswein. Was ist denn der Anlass?" "Ich denke, der gleiche, warum du es hier so fantastisch und romantisch hergerichtet hast", schmunzelte Seto, der sich auf die Bettkante setzte und dann Tarō in einen leidenschaftlichen Kuss zog. Er konnte nicht bestreiten, dass Tarōs Anblick auf dem Bett, mit kaum was an, keine Wirkung auf ihn gehabt hatte. Sanft legte Tarō eine Hand an Setos Wange und ließ seine Finger in das seidig-weiche, brünette Haar gleiten. Nachdem der Kuss langsam ausgeklungen war blickte der Blonde ihm tief in die Augen, dabei glänzten seine Augen im Schein der Kerzen und wirkten wie Bernsteine. "Ich möchte heute mit dir schlafen", brachte Tarō plötzlich hervor, als versuche er sich ein Pflaster abzureißen: Schnell und ruckartig. Auf Setos Gesicht zeichnete sich ein sanftes Schmunzeln ab. Er stellte die Flasche, die zwei Gläser und den Öffner auf seinem Nachttisch ab. "Sehr gerne", entgegnete er ihm und zog ihn erneut in einen etwas leidenschaftlicheren Kuss, als der vorangegangene. Dabei beugte er sich etwas nach vorne, was Tarō dazu brachte, sich rücklings auf das Bett zu legen. Setos Hand strich sanft an der Seite des Blonden entlang, hinab zu dessen Hüfte, auf den Oberschenkel, bevor sie kehrt machte und wieder nach oben glitt. Dann löste er den Kuss, nur um seine Lippen sogleich an den Hals des Blonden zu legen und ihn dort nach unten entlang zu küssen. Tarō keuchte erregt auf und räkelte sich etwas unter Seto. Dann streifte der Blonde ihm das Jackett von den Schultern, welches sie achtlos neben das Bett fallen ließen. Er löste Setos Krawatte und öffnete dann einen Knopf nach dem anderen, bis das Hemd auseinander glitt. Auch dieses fand zusammen mit der Krawatte seinen Weg auf den Boden neben das Jackett. Seto liebte es, wenn er Tarōs Hände über seinen Körper wandern spüren durfte. Sie glitten über seinen Rücken hinab zu seiner Hüfte und strichen am Hosenbund nach vorne, wo sie sich am Knopf trafen. Mit einer geschickten Bewegung öffnete Tarō ihm die Hose und ließ seine Hände dann über die Lende nach hinten wandern. Langsam schob er sie unter den Stoff der Hose und die Hose damit über Setos Gesäß. So zogen sie Kleidungstechnisch gleich. "Seto?", hörte er Tarō Stimme, in der eine leichte Unsicherheit Einzug gehalten hatte. Er stoppte seine Küsse und schob sich wieder nach oben, so dass sie einander in die Augen schauen konnten. "Ja, Tarō?", fragte der Brünette sanft und strich eine goldene Strähne hinter Tarōs Ohr. "Ich... uhm...", Tarō schluckte nervös. "Seit meinem Unfall gab es nie jemand, mit dem ich... also... intim geworden bin." Seto brauchte einen Moment, bis er verstand, was Tarō ihm damit sagen wollte und musste etwas verlegen schmunzeln. "Dann sind wir schon zwei", entgegnete Seto liebevoll und konnte die Überraschung in Tarō Augen sehen. Doch dann lächelte der Blonde beruhigt und zog Seto wieder in einen Kuss. Dabei ließ er seine Hand über Setos Rücken nach unten gleiten, bis er dessen Rundung in ihr hielt. Das fachte Setos Ständer nur noch weiter an, den er hatte, seit er in dieses Zimmer getreten war. " Tarō?", war es dieses Mal Seto, der den Kuss brach. "Ja, Seto?", fragte Tarō neugierig. "Ich möchte, dass wir auf gleicher Augenhöhe miteinander Sex haben", offenbarte der Brünette ihm nach einem Moment der Überwindung. Er hatte schon öfters darüber nachgedacht, wie der Sex mit Tarō wohl aussehen würde und für ihn stand immer fest, dass sie bei ihrem ersten Mal weder die Missionarsstellung, noch eine Stellung einnehmen würde, bei der sie einander nicht anschauen würden können. "O-okay?", kam es wieder etwas unsicher von Tarō, der scheinbar nicht ganz verstand, was Seto meinte. Seto sank etwas tiefer, um seine Lippen über Tarōs Nippel zu legen und ihn mit seiner Zunge und etwas Unterdruck zu reizen. Erregt keuchte der Blonde auf und ging für einen Augenblick in den Ansatz eines Hohlkreuzes. Er winkelte eines seiner Beine an und stellte es auf. Setos Hand glitt seitlich wieder an Tarōs Seite hinab und strich bis zum Oberschenkel. Als er wieder nach oben glitt strich er an der Innenseite des Schenkels entlang. Tarō zuckte etwas, als sei er an der Stelle etwas kitzlig. Das tat der Blonde immer, wenn er dort berührt wurde und das fand Seto unglaublich süß. Dann schob sich Seto wieder etwas nach oben, so dass er Taro wieder in die Augen schauen konnte. "Hast du... dich schon vorbereitet?", fragte der Brünette behutsam und Tarō blickte ihn erst überrascht an, bevor er verlegen zur Seite schaute und nickte. "Da hat also jemand Hausaufgaben gemacht." "Ach sei still", kam es von Tarō, der nicht wusste, wohin er mit seiner Verlegenheit sollte. Doch Seto zog ihn wieder in einen Kuss. Langsam verlagerte Seto sein Gewicht ein wenig, so dass er sich nicht länger mit einer Hand auf dem Bett abstützen musste. Er hakte seine Finger auf beiden Seite in den Bund von Tarōs Boxer ein und schob sie dann gekonnt von der Hüfte des Blonden. Dieser keuchte in ihren Kuss, als seine Erektion nun unverhüllt zum Vorschein kam. Dann entledigte sich Seto noch schnell seiner Unterwäsche. Der Kuss brach und wie immer, wenn sie einander nackt sahen, nahmen sie sich beide kurz die Zeit, einander zu mustern. Dabei griff Seto zur Seite zum anderen Nachttischchen und zog eines der Kondome heran. Er öffnete es und stülpte es sich über seine Erregung. Dabei beobachtete Tarō scheinbar ganz genau jede Bewegung. Plötzlich blickte Seto zu Tarō auf. "Oder wolltest du...", fragte Seto auf einmal hektisch. Doch Tarō schüttelte nur den Kopf. "Bei diesem Mal nicht", lächelte der Blonde sanft. Auch Seto lächelte wieder nahm das Gleitgel und rieb es über das Kondom. Tarō öffnete seine Schenkel etwas und Seto konnte sich dazwischen knien. Der Blonde hob etwas seine Hüfte, um Seto das Eindringen zu erleichter. Seto beugte sich über Tarō, doch statt einzudringen schob er nur eine Hand unter den Blonden, so dass sie in dessen Rücken lag und hob ihn mit einem gewaltigen Ruck aus der liegenden Position, während er sich gleichzeitig wieder aufsetzte. Damit wuchtete er Tarō auf seinen Schoss, der das wohl so nicht erwartet hatte und ihn mit großen Augen ansah. "Auf Augenhöhe", wiederholte Seto sanft seine Worte von vorhin und konnte sehen, wie Tarō erkannte, was er gemeint hatte. Dieses Mal war es der Blonde der den Kuss initiierte und seine Arme um Setos Nacken schlang. Dieser ließ seine Hände tiefer gleiten, bis er ein paar Mal über Tarō Gesäß gestrichen hatte. Dann tastete er vorsichtig nach dem empfindlichen Muskel, der tatsächlich gut vorbereitet schien, so wie er zuckte. Also positionierte sich Seto richtig und Tarō ließ sich langsam tiefer sinken. Setos Spitze stieß auf den Muskel, der sich sofort öffnete und ihm erlaubte einzudringen, während er sich wieder um das Glied schloss. Tarō stöhnte erregt in ihren Kuss. Langsam zog sich Seto wieder etwas zurück und Tarō hob instinktiv seine Hüfte wieder an, bevor er sich wieder niederließ und Seto ein Stückchen tiefer gelangen ließ. Auch Seto kam nicht umhin, in ihren Kuss zu stöhnen. Als beim dritten Stoß etwa mehr als die Hälfte von Setos Länge in Tarō vorstieß brachen beide ihren Kuss und stöhnten in Erregung laut auf. Seto wollte den anderen und konnte spüren, wie dieser ihn wollte. Also wurden sie etwas schneller und zwei weitere Stöße versenkte sich Seto zur Gänze in seinem Geliebten. Beide hielten schwer atmend inne und genossen den Moment, in dem sie nun endlich vollends vereint waren. Seto beobachtete Tarōs Reaktionen. Nach einem Moment öffnete Tarō seine Augen und blickte in Setos. Dann begann sich Tarō wieder etwas langsamer auf Setos Schoss auf und ab zu bewegen, während Seto seine Hände in den Rücken des Blonden schob und ihm damit Halt bot. Es dauerte nicht lang und Tarō zog das Tempo etwas an, während er seinen Kopf in den Nacken legte und durch einen halb geöffneten Mund laut stöhnte. Schweiß hatte sich auf ihrem Körper gebildet und bei Tarō sammelten sich einige Tropfen und rannen in kleine Rinnsale über seine Haut. Seto konnte seinen Blick keinen Augenblick von seinem Juwel abwenden und genoss den Anblick, der ihm der andere bot. War dankbar für das Vertrauen, welches er ihm schenkte. Dann spürte er, wie sich Tarōs Muskel plötzlich anspannte und enger um seine Erektion schloss. Keinen Moment später kam der Blonde laut aufstöhnend, was Setos eigenen Orgasmus beflügelte und ihn eben so ungehemmt kommen ließ. Atemlos lagen die beiden nebeneinander in ihrem Bett. Tarō rollte sich auf die Seite, so dass Seto seinen Arm unter ihn schieben und ihn zu sich ziehen konnte. Glücklich lächelnd blickte der Blonde zu seinem Drachen auf. "Das war... um sooo viel besser, als alle Fantasien, die ich davon hatte", kam es immer noch etwas keuchend von Tarō. Seto musste breit lächelnd und strich dem anderen erneut eine Strähne aus dem Gesicht. "Und das war erst das erste Mal von vielen, die da noch kommen werden", entgegnete Seto zufrieden. "Was meinst du, wie gut sich das erst anfühlt, wenn wir beide etwas mehr Praxis haben und wissen, was wir tun." Beide mussten kurz kichern, während Seto Tarō enger an sich ran zog, so dass sie einander in den Armen lagen. "Ich liebe dich, Seto", kam es erschöpft von dem Blonden. "Und ich liebe dich, Tarō", entgegnete Seto ebenso entkräftet. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)