Amnesie von Onlyknow3 (Wo ist Katsuya?) ================================================================================ Kapitel 17: Der nächste Schritt ------------------------------- Kapitel 17 - Der nächste Schritt Es war nicht das erste Mal, dass Tarō in diesem Haus zu Gast war. Es war Setos Haus und mittlerweile hatte er sich an die Größe und Weitläufigkeit gewöhnt. Am Anfang hatte die Größe ihn wahrlich eingeschüchtert. Vor allem, weil er sich tatsächlich damals auf dem Weg zur Küche verlaufen hatte, als er sich ein Glas Wasser holen wollte. Nach ein paar Stunden hatte Seto ihn in der Bibliothek gefunden. Im Sommer war Seto fast wöchentlich zu ihm gekommen. Dann hatten sie etwas gekocht, hatten sich unterhalten oder waren weggegangen. Ins Kino. Oder in eine Bar, ein Bier trinken. Dabei hatte Tarō festgestellt, dass Seto trotz des Reichtums, seiner Stellung und den Erzählungen aus ihrer Schulzeit recht bodenständig war. Doch irgendwann war der Blonde neugierig geworden. Er hatte aktiv nach Dingen aus ihrer Vergangenheit gefragt. So war es unumgänglich, dass er ein paar Mal nach Domino City gefahren war, um gewisse Orte zu besuchen: Die Schule, auf der sie gewesen waren. Die Mall, in der er mit seinen Freunden oft abgehangen hatte. Der Park, der etwas seltsam Vertrautes hatte. Oft waren diese Besuche aufwühlend und so hatte Seto ihm immer ein Gästezimmer angeboten, damit er die zweistündige Heimfahrt in der Nacht nicht in einem solchen bewegten Zustand bewältigen musste. Doch sein jetziger Besuch war anders. Er war seit zwei Tagen hier und war mit jedem Tag nervöser geworden. In den letzten Monaten hatte er zwei Mal die Woche mit seinem Therapeut an der Aufarbeitung seiner Gefühle für seine damaligen Freunde gearbeitet. Tatsächlich war es so, dass er keine Gefühle für die Personen hatte, die Jonouchi Katsuyas Freunde gewesen waren. Für Tarō waren sie einfach Fremde und mit all den Geschichten, die Honda und Seto ihm erzählten, verband er nichts. Sie waren recht unterhaltsam, aber das war es auch schon. Aber wann immer das Gespräch auf ihren Abschluss, den Streit und den Abgang seines früheren Ichs kam entstand in Tarō auf einmal eine ungeheure Wut. Eine Wut, die er sich nicht erklären konnte, denn für gewöhnlich empfand er sonst nichts so intensiv, wie diese Emotion. Doktor Reijirou hatte es dann für notwendig befunden, dass sie sich zwei Mal die Woche sahen, um diese Wut aufzuarbeiten. Es war ein schwieriger, kräftezehrender Prozess gewesen und dann... hatte Tarō endlich erkannt, dass diese Wut nicht von Jonouchi Katsuya kam. Es war seine eigene. Die des Yamada Tarō. Eine Wut, die aus der Verzweiflung geboren worden war, die er damals im Krankenhaus empfunden, aber einfach zur Seite geschoben hatte. Er hatte das Pflegepersonal, seine Ärzte und sogar Doktor Reijirou angelächelt, war freundlich und dankbar gewesen. Doch mit jedem Tag im Krankenhaus, der vergangen war, ohne dass sich jemand gemeldet hatte, der nach ihm suchte, war seine Verzweiflung gewachsen. Immer wieder hatte er sich damals gefragt, warum niemand nach ihm suchte. Immerhin hatte doch jeder Menschen, die einen vermissten, wenn man nicht da war. Die bemerken mussten, wenn man plötzlich verschwunden war. Also, warum kam keiner und suchte ihn? Dieses Gefühl, dass er wahrhaftig alleine war, hatte sich tief in ihn eingegraben und war mit ein Grund dafür gewesen, warum er in den letzten dreieinhalb Jahre weder Freundschaften geschlossen, noch Beziehungen eingegangen war. Nicht der alleinige Grund, aber ein gutes Fundament für seine Entscheidung alleine zu bleiben. Als er dann erfahren hatte, dass sein früheres Ich Freunde hatte - und nach den Erzählungen waren es solche Freunde, die man nur selten im Leben fand -, hatte sich diese Verzweiflung nach all der Zeit Bahn gebrochen. Wie konnten so gute Freunde ihn suchen und nicht finden? Die Suche sogar aufgeben? Doch so war es nicht. Er hatte nach all den Erzählungen sich ein recht umfangreiches Bild zusammengestückelt. Ein Bild von seinem damaligen Ich. Der loyale Freund, der sogar sein Leben riskierte, wenn er dafür einen Freund retten konnte. Der ewige Strahlemann, der mit seiner hibbeligen Art über seinen Schmerz und seine Not hinwegtäuschte, die ihren Ursprung in seinem Vater gehabt hatten. Der Chaot, der doch recht viel plante und vorbereitete, um auf alle Eventualitäten vorbereitet zu sein. Irgendwann hatte er von Honda erfahren, dass Jonouchi sich schon vor der Abschlussfeier von seinen Freunden verabschiedet hatte, denn er wollte nach dem Fest mit dem letzten Zug zum Flughafen fahren und dort in einem Hotel übernachten, um sich den Stress in den frühen Morgenstunden zu ersparen. Da der Abend damals nicht so gelaufen war, wie sie es alle erwartet hatten, hatten sie recht spontan in der Nacht beschlossen ihm zum Flughafen nachzufahren. Doch sie mussten auf den ersten Zug warten. Sie waren am Gate des Flugzeuges gewesen, doch hatten ihn nicht gefunden. Mehrmals hatten sie versucht ihn anzurufen, doch das Handy schien ausgeschaltet zu sein. Dann war das Flugzeug abgehoben und seine Freunde waren verwirrt zurück geblieben. Sie wussten nicht, ob sie ihn schlicht verpasst hatten oder ob es doch ein anderer Flug gewesen war. Dennoch blieben einige Fragen ungeklärt. Warum kam es ihnen nicht komisch vor, dass er sich nicht gemeldet hatte? Tarō hatte nicht den Eindruck, dass sein altes Ich es versäumt hätte, sich bei seinen Freunden zu melden. Dazu schienen ihm - zumindest in den Erzählungen - seine Freunde zu wichtig. Aber vielleicht hatte Honda seinen besten Freund in den Erzählungen auch glorifiziert? Oder diese Freundschaften, die sie gepflegt hatten? Es gab nur eine Möglichkeit herauszufinden, ob ein Großteil der Erzählungen wahr oder übertrieben war. Jedenfalls nur eine, die ihm eingefallen und wegen der er nun hier war. Doch er wusste selbst nicht, was ihm mehr Angst machte: Zu erfahren, dass Honda ihre Freundschaften glorifiziert hatte oder das sie genauso gewesen waren, wie sie durch die Erzählungen wirkten. Ein Klopfen riss ihn aus seinen Gedanken. "Herein?", rief er überraschend ruhig durch den Raum zur Tür, die sich dann langsam öffnete. "Na, wie geht es dir?", fragte ihn Honda, der eintrat und hinter sich die Tür wieder schloss. Tarō zuckte mit den Schultern. "Nervös", meinte er ehrlich. "Bist du sicher, dass du das alles so durchziehen möchtest?", hakte Honda erneut nach. "Ich mein, wir könnten das alles noch verschieben und vielleicht deinen Therapeuten dazu bitten." "In den letzten Monaten hab ich viel mit ihm gearbeitet", erklärte der Blonde. "Ich kann das." "Daran zweifle ich nicht", beteuerte Honda und konnte doch nicht verbergen, dass er sich sorgte. "Aber Doktor Reijirou schien dir in der Vergangenheit bei solchen Situationen eine große Stütze gewesen zu sein." "Das war er", stimmte Tarō zu. "Das ist er immer noch. Aber... irgendwann muss man die Stützräder abschrauben und sehen, ob man auch alleine fahren kann." Honda schmunzelte und nickte dann. "Denk bitte immer daran, Tarō", begann der Brünette noch einmal. "Du bist nicht alleine. Seto und ich sind da. Otogi... wenn dir etwas zu viel wird ist es in Ordnung, wenn du dich wieder etwas zurück ziehst, um dich zu sammeln." "Ja, ich weiß", erwiderte Tarō. Dann wollte Honda sich wieder der Tür zuwenden und gehen, als er den Blonden seinen Namen rufen hörte. "Ja?", fragte Honda überrascht. "Danke", meinte der Blonde. "Für alles." Honda begann breit zu grinsen. "Nicht dafür, Kumpel", meinte er zurück, öffnete die Tür und deutete mit einer Geste an, dass Tarō vorgehen sollte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)