Amnesie von Onlyknow3 (Wo ist Katsuya?) ================================================================================ Kapitel 4: Das Zerwürfnis ------------------------- Kapitel 04 - Das Zerwürfnis Seto blickte auf den Monitor seines Laptops, auf dem in einem Videocall Mokuba ihn mit seinen grau-blauen Augen anschaute. Noch immer hatte sich Seto nicht an die Kurzhaarfrisur gewöhnt, die sein Bruder seit über einem Jahr trug. Das ließ Mokuba noch fremder wirken, als es sich für Seto ohnehin schon anfühlte. "Und tatsächlich ist es Jonouchis Tasche", meinte Seto abschließend. "Was macht euch da so sicher? War sein Portemonnaie drin?", fragte der Schwarzhaarige. "Nein, war es nicht", antwortete der Ältere. "Woher kommt dann die Gewissheit?", hakte Mokuba nach. "In ihr war ein Skizzenbuch und Bleistifte, so Künstlerzeug eben", erwiderte Seto. "Na ja, aber das ist ja nun nichts, was es nur einmal gäbe", merkte Mokuba an und sah kurz an seiner Webcam vorbei auf etwas, was dahinter war. Ein kurzes Lächeln huschte ihm über das Gesicht, was Setos Brust kurz stechen ließ. "Es war kein leeres Skizzenbuch. Jonouchis Stil ist unverkennbar, sowohl in der Strichführung, als auch in der Motivwahl", kam es etwas reservierter von Seto, was sofort Mokubas Aufmerksamkeit wieder auf ihn richtete. "Motivwahl?", fragte der Schwarzhaarige. "Überwiegend war das Buch voller Skizzen und Zeichnungen von... mir", meinte Seto nach einem kurzen Stocken. Honda hatte es ihm schon zich mal gesagt, doch er hatte es nie so recht glauben wollen: Jonouchi war allen Anscheins auch in ihn verliebt gewesen. Warum hatten sie damals einander nicht lesen und erkennen können, dass ihre Gefühle auf Gegenseitigkeit beruhten? "Aber ändert dieser Fund wirklich etwas?", fragte Mokuba schließlich ruhig. Seto sah ihn leicht schockiert an. "Wir wissen jetzt, dass er auf dieser Straße unterwegs war und wenn er das Pech hatte, dass ein Volltrottel ihm mit hoher Geschwindigkeit entgegengekommen ist könnte er über die Leitplanke gestürzt sein", meinte er etwas echauffiert. "Ja, okay. Wir können damit eine Eventualität der Geschehnisse vermuten, aber es ändert nichts daran, dass Jonouchi to...", kam es neutral von Mokuba, als ihm sein Bruder das Wort abschnitt. "ER IST NICHT TOT", keifte der Brünette entrüstet. Mokuba rollte mit den Augen und seufzte schwer. "Ich weiß, du hörst das nicht gerne, aber nach vier Jahren ohne ein Lebenszeichen kann man doch alles andere ausschließen", erwiderte Mokuba weiterhin ruhig. "Jonouchi. Ist. Tot!" Seto klappte seinen Laptop zu und beendete damit jegliche Aktivität dessen, was auch für das Videogespräch mit Mokuba bedeutete. Er sprang auf und tigerte in seinem Heimbüro auf und ab. Verzweifelt ging er sich mit den Händen durch sein Haar, während er mit den Zähnen knirschte. Genau so ein Gespräch hatte vor anderthalb Jahre dazu geführt, dass Mokuba sich für ein Studium weit weg von ihm entschieden hatte. "Es sind jetzt schon zweieinhalb Jahre", rief Mokuba aufgeregt. "Ich weiß, dass es weh tut. Du bist nicht der einzige, der ihn vermisst. Aber wir müssen uns einfach den Tatsachen stellen und akzeptieren, dass er to..." Die Ohrfeige schallte laut in dem Heimbüro des älteren Kaibas, der seinen Bruder entgeistert anstierte. "Jonouchi ist nicht tot", erwiderte Seto zischend. Mokuba rieb sich die Wange, während eine Träne sich löste und über die gerötete Haut lief. "Das ist Realitätsflucht, Seto", meinte Mokuba unpassend ruhig. "Du klammerst dich an die Ungewissheit und hoffst auf das Unwahrscheinliche. Weder die Polizei, noch unser Hausdetektiv konnten einen Hinweis auf seinen Verbleib finden." "Das ist auch unfähiges Pack", kam es leise und angespannt von dem Brünetten. "Ich hab jetzt einen auf vermisste Personen spezialisierten Detektiv engagiert." "Und wie viel wird der für seine Dienste fordern?", fragte Mokuba nüchtern. "Ist mir egal. Wir haben Geld wie Heu. Wir könnten den lieben langen Tag Geld bündelweise im Kamin verbrennen und hätten immer noch mehr als wir je in unserem Leben ausgeben könnten", hatte Seto mit Schmerz in der Stimme erwidert. "Du musst damit aufhören, Seto", rief sein Bruder verzweifelt. "Lass endlich los und finde einen Abschluss. Lebe dein Leben weiter. Ansonsten wird dich das alles zugrunde richten." "Ich kann nicht", flüsterte Seto mit dem Rücken zu Mokuba gewandt. "Er ist da draußen und wartet darauf, dass ich ihn finde." "Und ich kann das auch nicht mehr, Seto", kam es nach einem langen Moment der Stille von dem Jüngeren. Seto sah halb über seine Schulter und musterte den Schwarzhaarigen. "Was meinst du?", fragte er kraftlos. "Dir dabei zusehen, wie du in diesen Abgrund stürzt und jede Chance auf Rettung ausschlägst", erklärte Mokuba mit Tränen in der Stimme. "Du willst dich nicht dem stellen, was so offensichtlich ist, okay. Aber ich halte dir nicht die Hand, während du immer mehr zerbrichst." "Was...?", kam es entsetzt von Seto, als er sich langsam zu seinem Bruder umwandte. "Ich hab eine Zusage von der Uni in London", kam es wieder ruhiger von Mokuba. "Ich werde also Ende nächsten Monats von hier verschwinden." Seto starrte seinen kleinen Bruder an, bevor er sich ein Lächeln abrang. "Ich bin sehr stolz auf dich, dass du an dieser Uni aufgenommen worden bist. Du hast hart dafür gearbeitet und es freut mich, dass du dir diesen Traum erfüllen wirst. Ich werde einen Makler anrufen, damit er dir dort eine schöne Wohnung oder ein kleines Häuschen sucht", meinte Seto schließlich gezwungen ruhig. "Ist das alles?", fragte Mokuba mit einer Spur Enttäuschung in der Stimme, was Seto missinterpretierte. "Natürlich kannst du dir auch etwas größeres aussuchen, ich möchte dich da nicht beschränken", erwiderte Seto beschwichtigend. Wieder seufzte Mokuba schwer, schüttelte leicht den Kopf und wandte sich zum Gehen. Seto sah ihm noch nach, nachdem Mokuba längst nicht mehr zu sehen war. Es war kaum zu glauben, dass das schon anderthalb Jahre her war. In dieser Zeit war Mokuba nicht einmal nach Hause zurück gekehrt. Seto wusste nicht einmal genau, was Mokuba studierte. Aber wenn er den Blick seines Bruders richtig gedeutet hatte, hatte dieser wohl jemand kennen gelernt. Natürlich freute sich Seto für seinen jüngeren Bruder. Er wollte diesen glücklich sehen. Doch in solchen Augenblicken, wie beim Videotelefonieren, wurde ihm bewusst, dass er außen vor war. Aber das konnte er Mokuba nicht zum Vorwurf machen. Das war allein seine Schuld gewesen. Doch Jonouchi aufgeben? Niemals. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)