Tian Guan Ci Fu von Naib_Subedar (Heaven Official's Blessing) ================================================================================ Kapitel 2: Kapitel 2 -------------------- Kapitel 2 Die Schrottgottheit betritt das Dritte mal die himmlische Hauptstadt “Herzlichen Glückwunsch, euer Hoheit.” Als er die Worte hörte, blickte Xie Lian auf und lächelte bevor er der Stimme antwortete: “Danke sehr, aber darf ich fragen, wofür ihr mich beglückwünscht?” Ling Wen Zhenjun¹ stand gerade, wie eine Kerze und mit ihren Händen in ihrem Rücken gefaltet, hinter ihm. “Ich beglückwünsche euch dafür, dass sie den ersten Platz beim Wettbewerb ‘der am meisten unerwünschten himmlischen Beamten, die binnen dieses Jahres aus dem Himmel geworfen werden sollten’ einnehmen.” “Nun, wie man es nimmt, der erste Platz, ist der erste Platz.” sagte Xie Lian. “Aber da Ihr mir schon gratuliert, gibt es einen Grund, Stolz oder Glücklich darüber zu sein?” “Ja” kam die Antwort von Ling Wen. “Der erste Platz auf dieser Liste erhält einhundert Verdienste².” Augenblicklich hellte sich Xie Lian’s Mine auf. “Wenn es in naher Zukunft weiterer solcher Wettbewerbe gibt, bitte, schreibt mich mit hinauf.” Ling Wen ignorierte den Einwand und fragte: “Wisst ihr, wer den zweiten Platz belegt?” Xie Lian wägte einen augenblick ab, ehe er antwortete. “Das ist schwer zu sagen. Bei meiner Popularität sollte ich auf den Plätzen Eins bis Drei liegen.” “Kommt nah dran.” erwiderte die junge Frau. “Es gibt keinen Zweiten Platz. Ihr seid allen soweit voraus, dass ihr eure Konkurrenten weit hinter euch zurückgelassen habt.” “Das ist zuviel der Ehre.” murmelte Xie Lian. “ Aber wem wohnte im letzten Kalenderzyklus der erste Platz inne?” “Es gab niemanden.” gab die sie ihm zur Antwort. “Weil dieser Wettbewerb erst seit heute besteht.” “Huh?!” nun war Xie Lian überrascht. “Ihr wollt mir sagen, man hat diese Liste extra für mich angefertigt?” Ling Wen musterte ihn einen moment, ehe sie wieder sprach. “So könnt ihr natürlich denken. Oder aber ihr stellt euch vor, dass ihr es gerade rechtzeitig geschafft habt, hier aufzutauchen und euch damit den ersten Platz schnappen konntet.” Xie Lian konnte nicht anders, als herzhaft zu grinsen. “Einverstanden. Irgendwie amüsiert es mich weit mehr, es auf diese Weise zu sehen.” “Wisst ihr, warum ihr den Ersten Platz belegt?” fragte Ling Wen weiter. “Wegen der Nachfrage nach Berühmtheiten?” vermutete Xie Lian. “Lasst mich euch den Grund erklärten.” meinte Ling Wen mit ihrer ruhigen, monotonen Stimme. “Bitte seht euch diese Glocke an.” Xie Lian wandte seinen Kopf in die Richtung, in die sie deutete und was er erblickte war eine atemberaubende, schöne Aussicht. In einiger Entfernung befand sich ein großer Palasttempel aus weißer Jade, mit reichlich Türmen, Pavillons und Lauben, die von himmlischen Wolken umschwärmt wurden. Bäche flossen und die Vögel tanzten in der sanften Brise. Eine Weile suchte er den Horizont ab, ehe er fragte: “Habt ihr vielleicht in die falsche Richtung gedeutet? Ich sehe nirgendwo eine Glocke?” “Habe ich nicht.” verneinte Ling Wen. “Sie ist gleich dort, seht ihr sie nicht?” Xie Lian folgte dem Deuten erneut mit dem Blick, ehe er den Kopf schüttelte und ehrlich antwortete. “Tu ich nicht.” Ling Wen nickte bei seiner Antwort leicht. “Es ist schon richtig, dass ihr sie nicht seht. Es gab dort eine Glocke, aber sie stürzte durch das Beben hinab, als ihr Aufgestiegen seid.” “...” “Diese Glocke ist Älter als ihr, aber sie hat einen beseelten Geist und genießt eine gute Show. Wenn jemand aufsteigt, so schlägt sie ein paar mal, wie zum Applaus. Den Tag, als ihr ankamt, waren die Beben so stark, dass die Glocke wie wild läutete, dass sie sich nicht zusammen reißen und stoppen konnte. Am Ende hatte sie sich dabei selbst aus der Verankerung gerissen und stürzte den Glockenturm hinab, ehe sie endlich verstummte. Als sie jedoch fiel, krachte sie auf einen passierenden himmlischen Beamten.” “Geht es denn wieder?” erkundigte sich Xie Lian vorsichtig. “Noch nicht, sie wird noch immer Repariert.” antwortete Ling Wen. “Eigentlich sprach ich von dem himmlischen Beamten, der verletzt wurde.” stellte er klar. “Denjenigen, den es traf, war ein Kriegsgott.” berichtete sie ihm weiter. “Ein drehen seines Handgelenks und die Glocke war an Ort und Stelle entzwei geschnitten. Nun seht bitte dort hinüber zu den Goldenen Palästen. Seht ihr sie?” Erneut hielt Xie Lian ausschau, auf was die Frau deutete und diesmal sah er zwischen dem Schleier aus Wolken die leuchtenden goldglänzenden Dächer. “Ah, dieses mal sehe ich es!” “Ihr solltet dort eigentlich nichts sehen.” korrigierte Ling Wen ihn. “Die Fläche sollte für gewöhnlich frei sein” “...” “Als ihr aufstiegt, stürzten viele der goldenen Säulen, die die Paläste der Gottheiten zierten, im zuge des Bebens ein und ihre Glasschindeln zerbrachen. Einige von ihnen werden nicht leicht wiederherzustellen sein, also haben die himmlischen Beamten alles in die Wege geleitet, um Notfall Paläste zu errichten, bis die Eigentlichen wieder bewohnbar sind.” “Und ich bin derjenige, der dafür Verantwortlich ist?” “Korrekt, das seid ihr.” “Mm….”Xie Lian wollte sicher gehen. “Also habe ich eine ganze Menge himmlische Beamte beleidigt in dem Augenblick, als ich den Himmel wieder betrat?” “Wenn ihr etwas beisteuert, vielleicht nicht.” antwortete Ling Wen. “Wie steuere ich bei?” “Ganz einfach. Spendet Acht Millionen Achthundert Achtzigtausend Verdienste.” Xie Lian grinste erneut. Allein deswegen sah sich Ling Wen dazu genötigt, etwas beizufügen. “Natürlich ist mir bewusst, dass ihr nicht einmal ein zehntel dieser Menge besitzt.” In aller Ehrlichkeit musterte Xie Lian die Frau einen moment, ehe er erwiderte. “Nun, wie soll ich sagen? Selbst wenn es mir aufrichtig und ehrlich leid tut, aber selbst wenn ihr nur ein Zehntausendstel von der Menge verlangen würdet, ich hätte sie nicht.” Das Vertrauen der menschlichen Gläubigen wurde für einen jeden himmlischen Beamten in spirituelle Kraft umgewandelt und stieg mit jedem Räucherstäbchen, dass für sie entzündet wird. Jede dieser Opfergaben wird unter den Göttern als “Verdienste” betitelt. Mit düsterem Blick wandte sich Xie Lian um und fragte ernsthaft: “Wenn ich euch erlaube, mich vom Himmel hinab zu treten, würdet ihr mir dafür die Acht Millionen Achthundert Achtzigtausend Verdienste überreichen?” Lin Weng schüttelte sachte den Kopf. “Ich bin eine bürgerliche Gottheit. Wenn ihr jemanden sucht, der euch gegen Bezahlung hinunter stößt, so werdet ihr einen Kriegsgott dafür ausfindig machen müssen. Je härter sie euch treten, umso mehr Verdienste könnt ihr verlangen.” Xie Liang stieß schwer den Atem aus. “Bitte erlaubt mir etwas darüber nachzudenken, was ich nun tun werde.” Ling Wen tätschelte ihm die Schulter. “Keine Sorge, man überquert erst eine Brücke, wenn man davor steht.” Mit Bitternis in der Stimme erwiderte Xie Lian: “Nur leider ist diese Brücke bereits abgebrannt.” Wäre es vor achthundert Jahren gewesen, als der Palast von Xianle noch an der Spitze des Reichtums stand, so wären Acht Millionen Achthundert Achtzigtausend Verdienste für ihn nichts gewesen. Der Kronprinz hätte sie mit offenen Händen zum Fenster hinauswerfen können. Aber die Gegenwart war nicht die Vergangenheit und alle seine Tempel in der sterblichen Welt sind schon vor langer Zeit bis in die Grundmauern niedergebrannt. Er hatte keine Gläubigen, kein Einkommen und keine Opfergaben. Was dieses Thema anging, gab es nichts mehr zu bereden. Egal wie er es drehte und wendete, er hatte nichts, nada, niente! Eine Weile kauerte er allein am Rande der großen Hauptstraße in der himmlischen Hauptstadt und spürte, wie er langsam von Verzweiflung heimgesucht wurde, bevor er sich plötzlich erinnerte - Es war nun beinah drei Tage her, seit dem er erneut aufgestiegen war, aber er hatte noch immer nicht das Kommunikations Siegel³ betreten. Zudem hatte er vergessen, nach dem Passwort zu fragen. Die himmlischen Beamten des oberen Hofes hatten sich zusammengetan und gemeinsam ein Siegel erschaffen, dass ihrem Bewusstsein erlaubte, Nachrichten sofort wie in einem Gewöhnlichen Gespräch, innerhalb dieses Siegels auszutauschen. Einst aufgestiegen, hatte jeder die Pflicht dieses Siegel zu betreten, aber man benötigte ein Passwort, damit das Bewusstsein den richtigen Raum fand. Das letzte mal, dass Xie Lian dieses Siegel betrat, lag nun achthundert Jahre zurück und er erinnerte sich kein bisschen an das Passwort. Eine weile ließ er sein Bewusstsein streuen, um in seiner Erinnerung zu suchen, ehe er ein Siegel entdeckte, dass ihm bekannt vorkam und er betrat es. Der Augenblick in dem er das Siegel betrat, wurde er beinah von der Fülle an geschimpfe erschlagen, die einem Wirbelwind gleich durch den Raum tobten. “Setzt eure Einsätze und keine Rücknahmen. Schätzt wie lang es seine Königliche Hoheit diesmal schafft, ehe er wieder hinab fährt.” “Ich wette ein Jahr!” “Ein Jahr ist viel zu lang. Das letzte Mal war es nicht mal eine wirklich zu schätzende Zeitspanne. Es werden nicht mehr als drei Tage sein. Ich setze meine Verdienste auf drei Tage. Drei Tage!” “Sei doch nicht so kleingeistig! Die drei Tage sind doch schon beinah um. Hast du überhaupt eine Ahnung wie man zockt?!” … Leise verließ Xie Lian dieses Siegel wieder. Er hatte den falschen Erwischt. Das war definitiv nicht, wonach er gesucht hatte. Die Beamten des oberen Hofes waren alles große Tiere, die über ein zugedachtes Gebiet herrschten. Sie waren als Haushalte allgemein hin bekannt und hielten sich mit einer unzahl an Staatsangelegenheiten beschäftigt. Da sie als Gottheiten respektvoll aufgestiegen waren, achteten sie sehr auf ihren Status und waren gewöhnlicherweise für ihr Diskretes, aber Arrogantes Verhalten bekannt. Er selbst war der einzige gewesen, der damals vor Aufregung jeden einzelnen himmlischen Beamten persönlich über das Kommunikations Siegel aufgesucht und gegrüßt hatte und sich dabei zugleich vorstellte. Nachdem Xie Lian nun dieses Siegel hinter sich gelassen hatte, hielt er ausschau nach einem anderen Raum, ehe er wieder nach dem Zufallsprinzip den nächsten betrat. Dieses Mal konnte er sich entspannten. “Wie ruhig es hier ist. Scheint der Richtige zu sein.” Ausgerechnet dann hörte er eine ruhige Stimme sprechen. “Also sind eure Hoheit zurückgekehrt?” Es war eine sehr angenehme Stimme, ihr klang sanft und weich, mit einer korrekten Ausdrucksweise. Andererseits, wenn man genauer hinhörte, erkannte man schnell, das diese Stimme kühl und neutral war. Selbst die Sentimentalität dieser Stimme hatte etwas kühles und Distanziertes an sich, was diese sanfte Behutsamkeit leicht zu einer boshaftes Absicht werden lassen konnte. Eigentlich war es Xie Lians absicht gewesen, dieses Siegel manierlich zu betreten und sich leise zu verhalten, aber da die andere Person ihn bereits angesprochen hatte, konnte er weder so tun, als sei er Taubstumm oder nicht anwesend. Hinzu kam, dass er sich irgendwie freute, dass es noch himmlische Beamte gab, die seine Anwesenheit bemerkten und sogar ein Gespräch mit ihm in kauf nahmen, obwohl er als Unglücksgott verkannt war. Daher kam seine Antwort unverzüglich. “Jaaa…!! Hallo allerseits, ich bin wieder da.” Leider wusste Xie Lian nicht, dass er nach dieser Begrüßung die aufmerksamkeit aller in dem Zirkel anwesenden Beamten auf sich gezogen hatte. Die Stimme seines Gesprächspartners klang träge. “Dieses Mal musste euer Hoheit wohl mit möglichst viel Kraft aufsteigen, huh.” Innerhalb des oberen Hofes war es nicht unüblich Kaisern, Königen, Generälen und Kanzlern zu begegnen. Selbst Helden gab es hier wie Sand am Meer. Um eine Gottheit zu werden, musste man erst etwas Bedeutsames vollbringen. Auf der Ebene der sterblichen hatten es jene leichter, die Lorbeeren ernteten oder mit großen Talenten gesegnet waren in den Himmel aufzusteigen. Daher war es auch ein leichtes zu sagen, dass es nichts besonderes war, wenn man Herrscher, Prinzen, Adelige, Generäle und weitere hohe Persönlichkeiten antraf. All diese Leute waren Eigen, legten wert auf Höflichkeit und so entschieden sie sich dazu, dass sie einander mit euer Majestät, euer Hoheit, Herr General, Häuptling und so weiter ansprachen, solange die Benennung schmeichelnd war. Doch die Worte dieses Beamten schienen mit einem gewissen Unterton versehen zu sein. Selbst wenn er euer Hoheit hier, euer Hoheit dort nutzte, konnte Xie Lian nicht den kleinsten Hauch von respekt in der Anrede ihm gegenüber erkennen. Es fühlte sich eher so an, als würde man ihn mit einer Nadel piesacken. Hinzu kam, dass sich neben ihm noch andere Kronprinzen in diesem Zirkel befanden, deren Nackenhaare sich bei der Aussprache aufstellten und sie sich merklich unwohl fühlten. Xie Lian spürte nur zu deutlich, dass sein Gegenüber keine guten Absichten ihm gegenüber besaß, aber er war nicht in der Position einen Streit zu beginnen und wählte stattdessen die Flucht. Er lächelte. “Es ist nicht sooo furchtbar.” Doch wie es schien, ließ ihm der Beamte keine Möglichkeit die Flucht zu ergreifen. und erhob stattdessen unbeeindruckt die Stimme. “Für euer Hoheit scheint ein nicht so furchtbar vielleicht nicht so schlecht zu sein, aber mein Glück scheint dem ganzen nicht zuzustimmen.” Plötzlich hörte Xie Lian eine private Nachricht von Ling Wen. Das einzige Wort, dass sie ihm mitteilte, lautete “Glocke.” Augenblicklich verstand Xie Lian. Dies war also der Kriegsgott, den er mit der Glocke abgeworfen hatte! Wenn das wirklich der Fall war, dann verwunderte es ihn nicht, wieso sein Gegenüber zornig war. Xie Lian war schon immer gut darin gewesen, wenn es zu Entschuldigungen kam. “Ich habe von dem Vorfall mit der Glocke gehört. Es tut mir furchtbar leid und ich bitte um Verzeihung.” Sein Gegenüber grummelte, die Bedeutung blieb unklar. Es waren eine menge Kriegsgötter in den Himmel aufgesteigen und viele davon waren neue Unsterbliche, die erst nach Xie Lians Zeit hier oben, angekommen waren. Nur der Stimme nach, konnte er diese Person nicht zuordnen, genauso wenig wie er das Problem ignorieren konnte, den Namen nicht zu wissen, nachdem er sich Entschuldigt hatte. Also fragte Xie Lian nach. “Dürfte ich vielleicht erfahren, wie ich mein Herrn ansprechen darf?” Den Augenblick in dem er diese Frage stellte, verfiel sein Gegenüber in absolutes Schweigen. Aber nicht nur er schwieg, sondern das ganze Siegel wirkte, als sei es zur Salzsäule erstarrt und nichts regte sich. Auf der anderen Seite wandte sich Ling Wen erneut an ihn, mit einer Nachricht. “Euer Hoheit, zwar hatte ich nicht erwartet, dass ihr nach eurem langen Gespräch euren Gegenüber nicht erkennt, aber ich möchte euch auf die Sprünge helfen. Das ist Xuan Zhen.” “Xuan Zhen?” wiederholte Xie Lian. Einen Moment lang stand er auf dem Schlauch, ehe es endlich klickte und seine Stimme vor überraschung bebte. “Das ist Mu Qing?” General Xuan Zhen war der Kriegsgott des Südwesten und besaß siebentausend Tempel. Sein Name in der Menschenwelt war verständlicherweise weit verbreitet und der eigentliche Name dieser Gottheit lautete Mu Qing. Vor achthundert Jahren war er ein Stellvertretender General im Xianle Palast. Doch auch Ling Wen war überrascht. “Ihr habt ihn wirklich nicht wiedererkannt?” “Nein, wirklich nicht.” antwortete Xie Lian. “Er hat damals anders mit mir Gesprochen. Und um ehrlich zu sein, ich kann mich nicht mal mehr daran erinnern, wann wir uns das letzte Mal begegnet sind. Es muss so fünf oder sechs Jahrhunderte her sein. Genauso wenig, wie ich kaum noch weiß, wie er damals Ausgesehen hat. Also, wie soll ich mich da noch dran erinnern, wie seine Stimme klingt?” Noch immer hüllte sich das kommunikations Siegel in Schweigen. Mu Quing gab keinen Ton von sich und die restlichen Beamten warteten nur gespannt darauf, während sie still lauschten, wer nun von ihnen das Gespräch wieder Aufgreifen würde. Die Dinge lagen schon immer etwas schwierig wenn es zu diesen Beiden kam. Nach so vielen Jahren, in denen Gerüchte Zeit hatten sich auszuschmücken und zu verdehen, kannte beinah jeder die Geschichte, die die Beiden teilten. Damals, als Xie Lian noch immer der rechtmäßige Kronprinz von Xianle war, trainierte er im königlichen Pavillon. Dieser Ort war die heilige Halle der Gelehrten, die ihre Kultivierung nur an die wenigen, streng Ausgewählten Lehrlinge weiter reichten. Mu Qing besaß einen ärmlichen Hintergrund. Jemand dessen Vater ein hingerichteter Verbrecher war, hatte nicht die Qualifikation dem königlichen Pavillon zu betreten, also konnte er nur als Laufbursche dienen. Innerhalb dieser Tempelmauern war er einer derjenigen, die die Räumlichkeiten des Kronprinzen sauber hielten und Tee und Wasser servierten. Xie Lian sah, wie hart er am arbeiten war, also trat er an die Gelehrten heran, um sie, um eine Ausnahme was Mu Qing betraf, zu unterbreiten und ihn als Lehrling anzunehmen. Es war nur seiner goldenen Zunge zu verdanken, dass der junge Mann den Tempel neben dem Prinzen zum lernen betreten durfte. Nach seinem ersten Aufstieg berief er ihn damals als seinen General ein und nahm ihn mit in die Königliche Hauptstadt. Doch als das Königreich von Xianle fiel und Xie Lian in die Welt der Sterblichen verbannt worden war, folgte Mu Qing ihm nicht. Nicht nur, dass er ihm nicht folgte, er sprach auch kein gutes Wort mehr zu Xie Lians Gunsten. Wie man es auch nehmen wollte, der Kronprinz war weg, also war er frei. Er fand eine Höhle in einer abgeschiedenen Gegend und verfeinerte energisch sein Training. Nach einigen Jahren bestand er eines Tages das Himmlische Unglück und stieg eigenständig in den Himmel auf. Damals war einer von ihnen mit dem Himmel verbunden, während der andere an die Erde gebunden war. Heute ist es immernoch das gleiche Bild, nur haben sich ihre Positionen nach all den Jahren gewechselt, das war alles. Letztendlich wisperte Ling Wen: “Er ist sehr wütend.” “Soviel habe ich schon vermutet.” Xie Lian konnte sich diese Antwort nicht nehmen lassen. “Ich werde einen Themenwechsel vornehmen, am besten nutzt ihr die Zeit um zu verschwinden.” schlug die Frau leise vor. “Nah, das geht in Ordnung.” erwiederte Xie Lian und winkte ab. “So lang wie wir tun, als sei nichts passiert.” “Wirklich?” unglaube schlich sich in Ling Wen’s Stimme. “Allein ich fühle mich unbehaglich, wenn ich euch beide nur beobachte.” “So schlimm ist es nun auch wieder nicht.” antwortete er. Für jemanden wie Xie Lian war alles irgendwie in Ordnung, solange es nichts mit dem Tod gemein hatte. Er hatte nicht viel und vor allem keine Scham. In den ganzen letzten Jahrhunderten hatte er so viel gelitten, das deutlich beklommener war, als dieser Augenblick, sodass es ihm leicht fiel, die Situation herunter zu spielen. Doch wer konnte ahnen, dass “in Ordnung” kein Wort war, dass man leichtfertig aussprechen sollte. Den gerade als er diesen Satz geäußert hatte, hallte eine wütende Stimme durch den Raum. “WER ZUR HÖLLE HAT MEINEN GOLDENEN PALAST EINGERISSEN?! ZEIGT EUCH?!” Das wütende Brüllen ließ den Anwesenden Göttern beinah das Trommelfell platzen. Obwohl sie alle schon bis zum Rand mit anschwellenden Klagen zu kämpfen hatten, hielt jeder von ihnen den Atem an und warteten darauf, was Xie Lian diesem Vorwurf entgegen zu bringen hatte. Unerwarteter Weise wurde die ganze Sache nur noch aufregender. Bevor Xie Lian überhaupt den Mund öffnen konnte, hatte Mu Qing bereits gesprochen. Oder eher geprustet. “Heh.” Der Neuankömmling spieh ihm eisig entgegen. “Ihr habt ihn also eingerissen? Fein. Wartet nur ab.” Mu Qing ließ sich davon nicht beirren und legte wieder seinen gelassenen Tonfall an den Tag. “Ich sagte nicht, dass ich es war. Hört auf, Leute grundlos zu beschuldigen, wenn ihr keine Beweise habt.” Sein Gegenüber war wütend. “Dann verratet mir, worüber ihr gelacht habt. Seid ihr verrückt?” “Es hat keinen echten Grund, es klang nur lustig, das ist alles.” erwiderte Mu Qing. “Der Verantwortliche, der euren Palast zum einsturz gebracht hat, befindet sich aber noch in diesem Kommunikations Zirkel. Ihr solltet ihn vielleicht verhören.” An diesem Punkt angelangt, war selbst Xie Lian zu verlegen, um noch die Flucht zu ergreifen und abzuhauen. Vorsichtig räusperte er sich. “Ich war das. Es tut mir leid.” Im nächsten Augenblick verstummte auch der Gott, der als letzter diesen Raum betreten hatte. Wieder hörte Xie Lian das aufploppen einer Nachricht von Ling Wen. “Euer Hoheit, dies ist Nan Yang.” “Den kannte ich noch.” gab Xie Lian leicht unruhig zurück. “Aber er scheint mich nicht wiederzuerkennen.” Ling Wen korrigierte diese Aussage augenblicklich. “Doch, tut er. Es ist nur so, dass er mehr Zeit in der Welt der Sterblichen verbringt und nur selten in die himmlische Hauptstadt zurückkehrt. Also hatte er eure Rückkehr verpasst und wurde erst später über euren Aufstieg in Kenntnis gesetzt.” Nan Yang Zhenjun war der Kriegsgott des Südwestens, besaß achttausend Tempel und wurde von den Menschen geliebt. Sein eigentlicher Name war Feng Xin und vor achthundert Jahren war er der erste himmlische General im Xianle Palast unter dem Kronprinzen. Feng Xin war hingebungsvoll Loyal und seit dem Xie Lian fünfzehn Jahre alt gewesen war sein königlicher Leibwächter. Er wuchs mit dem Kronprinzen auf, betrat den Himmel mit ihm und auch nach seiner Herabstufung und Verbannung irrten sie noch zusammen durch die Welt. Leider schafften sie es nicht, diese achthundert Jahre zu überdauern. Letztendlich trennten sie sich unter schlechten Bedingungen, ehe jeder seinen Weg ging und sie sich nie wieder sahen. __________________ ¹Zhenjun (ein Suffix) ist ein aus dem Daoistischen stammender Begriff der so viel wie “Wahre Lordschaft” bedeutet. Da Unsterbliche perfekte Wesen sind und Erleuchtung gefunden haben. ²In diesem Fall ist es eine Art Währung unter den Unsterblichen und Göttern. Sie werden anhand von Gebeten und Gläubigern errechnet. ³ Eine Art Chatroom für die Götter. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)