Die Wette von Mithril-chan ================================================================================ Kapitel 1: Zu viel Butterbier ----------------------------- Es war Frühling und ich befand mich in meinem sechsten Jahr in Hogwarts. Noch war das Wetter recht kühl, aber die ersten Blumen hatten bereits angefangen zu blühen. Dieses Wochenende hatten wir die Erlaubnis Hogsmeade zu besuchen. Ich hatte mich samstags mit Ron und ein paar anderen Gryffindors auf den Weg gemacht. Hermine hatte mit mahnendem Gesichtsausdruck ein Mitkommen abgelehnt und darauf hingewiesen, dass es bis zu den Abschlussprüfungen des Schuljahres nicht mehr viel Zeit wäre. Ich selbst wollte gerade deshalb noch etwas freie Zeit genießen, bevor Hermine uns über Wochen mit in die Bibliothek schleifen würde. Die meisten Schüler aus Hogwarts schienen das ganz ähnlich zu sehen. Und so war es recht voll in Hogsmeade. Es war ein kalter, aber klarer Tag. Nicht eine Wolke war am Himmel zu sehen. Ron, Dean Thomas, Seamus Finnigan und ich saßen abends zusammen an einem Tisch im „drei Besen“. Wir unterhielten uns bei unserem vierten Butterbier über Mädchen und Quidditch. Der Wirt hatte uns schon schräg angeschaut, als wir die vierte Runde bestellten. Wahrscheinlich würde er uns keine weitere Runde servieren. Ich hatte das Gefühl, meine Gedankengänge verliefen mittlerweile recht schleppend. Irgendwie wurden wir immer alberner. „Dieses Jahr werden wir die Slytherins wieder beim Quidditch platt machen.“, sagte Dean mit langsamer Ausdrucksweise. „Harry, du bist unser bester Mann!“ prostete mir Seamus zu, „Ich habe übrigens von meiner Mutter heute Morgen einen „geölten Blitz“ bekommen.“ Er holte etwas aus seiner Jackentasche, die über seinem Stuhl hing, das aussah, wie eine Mädchen Haarspange in Form eines Blitzes. „Woah“, staunte Ron, „Ich hatte mich schon gefragt, was in dem Päckchen war, das du bekommen hast.“ „Was ist das denn?“, fragte ich. Ich wunderte mich. Nach all den Jahren, in denen ich jetzt schon Teil der Zaubererwelt war, gab es immer noch Neues zu entdecken. „Das ist ganz neu. Man befestigt ihn an den Reisigzweigen am Besen. Dadurch gewinnt der Besen zusätzliche 20% an Speed.“, erklärte Ron. Er seufzte: „Ich hätte furchtbar gerne einen davon.“ „Wo bekommt man das her?“, fragte ich interessiert. In Gedanken trieb ich meinen Besen zu immer größerer Geschwindigkeit an und flog den Suchern der anderen Hausmannschaften meilenweit davon. „Irre teuer das Ding und außerdem überall ausverkauft.“, sagte Seamus. Enttäuscht lehnte ich mich auf meinem Stuhl zurück. „Ich habe eine Idee.“, meinte Seamus mit einem plötzlichen Grinsen im Gesicht, „Lass uns doch eine Wette abschließen. Deine wunderschöne Schneeeule gegen meinen „geölten Blitz“. Um zu gewinnen musst du nur … hm, mal überlegen … die nächste Person flach legen, die aus unserem Jahrgang zur Tür hereinkommt.“ Unter normalen Umständen hätte ich mich auf so eine Wette nie eingelassen. Hedwig hatte eine ganz besondere Bedeutung für mich. Nie wäre mir in den Sinn gekommen, sie aufs Spiel zu setzten. Im Nachhinein kann ich nicht mehr genau sagen, woran es lag. Vielleicht an dem Alkoholeinfluss. So oft kamen wir in Hogwarts nicht in Kontakt mit Alkohol und waren deshalb auch absolut nichts gewöhnt. Oder daran, dass mein Selbstbewusstsein mit jedem Jahr in der Zaubererwelt wuchs. Wann immer es um etwas ging, war ich mittendrin. Und meine Freunde und ich waren es auch, die das Ruder herumrissen und alles zum Guten wendeten. Ich erfreute mich überaus großer Beliebtheit. Insbesondere auch wenn es darum ging, sich einen Partner auszusuchen. Bei beiden Geschlechtern konnte ich mir quasi aussuchen, wer mir gefiel. Im letzten Jahr hatte ich einige Erfahrungen gesammelt und war ein wenig Spaß im Allgemeinen nicht abgeneigt. Oder vielleicht lag es auch an Beidem. Jedenfalls kam es mir das wie eine außerordentlich gute Idee vor. Das würde einfach werden, dachte ich mir. Was sollte da schief gehen. Bald würde jeder von mir nur noch eine Staubwolke am Himmel sehen. „Einverstanden!“ Wir lachten und nahmen noch einen Schluck von unserem Butterbier. Lange mussten wir nicht warten, als die Tür zu den „drei Besen“ das nächste Mal aufgestoßen wurde. Meine Augen weiteten sich vor Entsetzen, als ich sah, wer da eingetreten war. Ron verschluckte sich so heftig an seinem Butterbier, dass er Probleme hatte, es bei sich zu behalten. Seamus und Dean fingen lauthals an zu lachen. Abgesehen von Voldemort vielleicht, gab es auf dieser Welt nur eine einzige Person, die ich noch weniger leiden konnte als meinen Cousin Dudley. Und diese Person war gerade hoch erhobenen Kopfes zur Tür hereinstolziert. Ich stöhnte entnervt auf und fasste mir mit der Hand an die Stirn. Kopfschmerzen … Was hatte ich nur getan … Ron hatte noch nicht aufgehört zu husten. Sein Gesicht wurde immer blasser und er schien kaum noch Luft zu bekommen. Dean, der links neben ihm saß, klopfte ihm auf den Rücken. Das Objekt unserer Wette schritt mit seinem Gefolge an uns vorbei. „Unsere Wette bezog sich doch sicherlich nur auf Frauen, oder?“, versuchte ich schwach. Ich kannte die Antwort bereits. In der Zaubererwelt waren gleichgeschlechtliche Liebesbeziehungen absolut anerkannt und damit weit mehr als die Beziehung zu Muggeln. Ich wusste, immerhin teilten wir den gleichen Schlafsaal, dass Seamus und Dean selbst auch ab und an das Bett teilten. Seit Neuestem sah ich auch öfter, dass Ginny mit Hannah Abbott, einem süßen blonden Mädchen aus meinem Jahrgang in Hufflepuff, an der Hand verschwand. Es war also in der Zaubererwelt eine völlig normale Sache eine Liebesbeziehung mit einer Person des eigenen Geschlechts anzufangen und es gab absolut keinen Grund die Wette nur auf Frauen zu beschränken. Genau das konnte ich auch in dem Blick von Seamus sehen, als dieser meinem begegnete. „Dafür, dass es eine wirklich große Herausforderung wird, gebe ich dir ein Jahr Zeit dafür.“, meinte er großspurig. Ron hatte mittlerweile endlich mit dem Husten aufgehört und schüttelte nur ungläubig den Kopf. Ich blickte mich nach Draco Malfoy um, der gerade im Begriff war, sich mit Grabbe, Goyle und Pansy Parkinson an einen Tisch am Fenster des Wirtshauses zu setzen. Mein schlimmster Albtraum war wahr geworden. Und dabei hatte ich noch nicht einmal gewusst, dass ich so einen Traum hegte. Nahezu jeden aus Hogwarts hätte ich haben können. Ich wusste sogar von einigen Slytherins, dass sie mir nicht abgeneigt waren. Warum nur musste es ausgerechnet Malfoy sein. Der Eine, der seit unseres ersten Schuljahres immer wieder versucht hatte mir und meinen Freunden zu schaden. Der Eine, mit dem ich die größte Feindschaft pflegte. Der vielleicht Einzige, mal abgesehen von Snape, der mich hasste wie die Pest. Selbst wenn ich also über meinen Schatten springen könnte etwas mit Malfoy zu haben, wie sollte ich ihn dazu bringen das auch zu tun? Wieso sollte er so etwas mit mir wollen? Er war ja auch eindeutig der Letzte mit dem ich es wollen würde. Ich hatte also lediglich noch ein Jahr mit meiner geliebten Schneeeule Hedwig zusammen… *************************************************************** Als ich mit Pansy, Grabbe und Goyle in die „drei Besen“ hereinkam, kam ich nicht umhin zu bemerken, dass sich Potter und seine Freunde noch merkwürdiger verhielten als sonst. Thomas und Finnigan lachten wie irre und schlugen mit ihren Fäusten auf den Tisch. Der Wirt schaute schon ganz zornig zu ihnen hinüber. Ich zog eine Augenbraue hoch. Potter starrte mich mit großen Augen an und das Wiesel war scheinbar gerade dabei zu ersticken…. Naja, er würde nicht fehlen. Die Weasleys hatten auch so noch genug Kinder übrig. Vielleicht könnte sich dann jetzt jeder ein ganzes Stück Brot zum Frühstück leisten. Mein Mund verzog sich zu einem Grinsen. Ich wollte schon zu einem derartigen Kommentar ansetzten, als ich sah, dass die Gryffindor Jungs allesamt mit geröteten Wangen dasaßen und leicht auf ihren Stühlen hin und herschwankten. Die hatten wohl schon zu tief ins Glas geschaut. Das war nun wirklich äußerst unter meinem Niveau. Außerdem hatte ich die Befürchtung, dass mich das Wiesel in seinem Hustenanfall mit seinem Butterbier bespucken würde, wenn ich dem Tisch zu nahe kommen würde. Naja…vielleicht würde ich Potter auf dem Rückweg nach draußen einen Schups versetzen. So wie er gerade betrunken auf seinem Stuhl hin und her wackelte, hatte ich möglicherweise das Glück, dass er herunterfiel. Angeekelt und mit gerümpfter Nase schritt ich mit großem Abstand an ihrem Tisch vorbei und lies mich an einem Tisch am Fenster nieder, der am Weitesten von den idiotischen Gryffindors entfernt lag. „Dummheit muss ansteckend sein.“, ich rollte mit den Augen. Meine Freunde pflichteten mir bei. Ich wusste schon, warum ich mit Gryffindors absolut nichts zu tun haben wollte. Wieso nur gab es in Hogsmeade keine, einem Malfoy angemessene, Alternative zu den „drei Besen“ in denen Slytherins ohne Belästigungen anderer Häuser Hogwarts einen netten Abend verbringen konnten. *************************************************************** Am nächsten Morgen war der Himmel in der großen Halle an der Decke mit Wolken bedeckt. Ron und ich saßen beim Frühstück. Wir hatten beide einen Kater. Ich hatte gerade mal einen Bissen von meinem Honigbrötchen genommen. Mehr brachte ich einfach nicht herunter. Auch mein Glas Kürbissaft stand unangetastet daneben. Ich sollte mir besser ein Glas Wasser einschenken, beschloss ich. Gestern hatte ich, nachdem ich gesehen hatte, wer da zur Tür hereingekommen war, den Rest meines Bieres in einem Zug geleert. Ron hatte mich nur mitleidig angesehen, während Seamus und Dean sich vor Lachen krümmten. Später auf dem Weg zurück ins Schloss konnte keiner von uns mehr geradlinig laufen. Seamus und Dean hatten sich in den Armen gelegen und die Schulhymne gegrölt. Die Slytherins hatten uns mit unverhohlener Schadenfreude auf den Gesichtern überholten. Im Vorbeigehen hatte Malfoy mich dann angerempelt, dass ich zur Seite wegkippte und auf dem Hintern landete. Ich hatte ihn wütend angeblickt. Er aber hatte nur böse gelächelt und seine sturmgrauen Augen hatten dabei mit den Sternen über ihm um die Wette gefunkelt. Ich war geknickt. So ein Schlammassel … Hermine, die mir gegenüber saß, schaute mich besorgt an, „Ist alles in Ordnung, Harry?“ Leider war es das ganz und gar nicht. Ich wollte gerade dazu übergehen Hermine widerwillig von der Wette zu erzählen, als Draco Malfoy mit seinem Gefolge die große Halle betrat. Ich hielt inne. Er schritt auf den Slytherintisch zu. Wo lernte man so zu gehen? Ob er in den Ferien in Malfoy Manor mit einem Buch auf dem Kopf und einem Hindernisparkour seine Haltung übte? Vielleicht hatte sein Vater jemanden engagiert, der ihn trainierte? Dracos Gefolge bestand aus Grabbe, Goyle, Pansy und Blaise Zabini. Grabbe und Goyle frankierten Draco zumeist und sahen, mit ihrem groben und muskulösen Körperbau, aus als seien sie Dracos Leibgarde. Draco, Pansy und Blaise hatten fein geschnittene Gesichter. Von Pansy wusste ich, dass diese, ähnlich wie Hermine, nur in viel umfangreicherer Hinsicht, diesbezüglich mit ein paar Zaubersprüchen nachgeholfen hatte. Ihre nachtschwarzen Haare trug sie zu einer Bob Frisur. Sie war etwa so groß wie Hermine, also einen halben Kopf kleiner als ich selbst. Die Gesichter von Draco und Blaise waren demgegenüber von Natur aus so fein geschnitten. Blaise hatte kinnlanges, braunes gewelltes Haar. Er war groß gewachsen und überragte mich um einen halben Kopf. Alle Drei hatten eine aristokratische Blässe gemein. Sie hatten filigrane Hände und Finger. Ihr Haar war fein und glänzend. Sie gingen stets aufrecht, mit der Nase ein klein wenig in die Luft erhoben. Besonders Draco und Pansy sahen toll zusammen aus. Als wären sie König und Königin, die gerade eben einer alten Sage entsprungen waren. Nur Grabbe und Goyle störten mit ihrem groben Äußeren, das auf seine eigene Art harmonische Bild. Draco ließ sich am Slytherintisch auf einen Platz rechts gleiten, sodass ich ihm über den Tisch der Ravenclaws hinweg ins Gesicht schauen konnte. Grabbe und Goyle hatten sich links und rechts von Malfoy niedergelassen, während Pansy Parkinson den Platz gegenüber und Blaise Zabini den Platz schräg gegenüber einnahmen. Ich schaute mir Draco zum ersten Mal bewusst genauer an. Ich wusste, dass ich im letzten Jahr wieder um einiges gewachsen war, sodass ich ihn jetzt um einige Zentimeter überragen dürfte. Er war etwas schmaler gebaut als ich. Er wirkte mit seinem Körper und seiner ganzen Art eher elegant und filigran. Ein paar weißblonde Strähnen fielen ihm ins Gesicht, während er nach der Marmelade griff. Mit einer grazilen Handbewegung strich er sie sich mit der anderen Hand zurück. Er ist einfach schön, ging es mir durch den Kopf … Was hatte ich da gerade gedacht? Das war immerhin noch Malfoy. Ich schaute nochmal genauer hin. Aber das Bild, das sich mir bot blieb das gleiche … und ebenso mein Fazit. Malfoy war wirklich schön. Das Problem dabei war, mal abgesehen davon, dass es sich um Malfoy handelte, er wusste auch genau, dass er gut aussah. Seine Ausstrahlung bestand fast nur aus Arroganz und Überheblichkeit. Wenn es allein ums Äußere gegangen wäre, hätte ich wohl rein gar nichts dagegen gehabt, die Wette in die Tat umzusetzen, überlegte ich jetzt. Aber da gab es ja noch Dracos Charakter … und der war leider alles andere als schön. Trotzdem wollte ich Hedwig natürlich gerne behalten. Ich hing sehr an ihr. Ich konnte doch nicht einfach tatenlos zusehen, wie mir meine geliebte Schneeeule weggenommen wurde. Ich musste es zumindest versuchen. Plötzlich begegnete Draco meinem Blick. Seine grauen Augen blickten mich verwirrt an. Scheinbar wusste er die Situation nicht einzuordnen. Harry Potter starrte ihn schließlich nicht jeden Tag während des Essens an. Meistens suchte er meine Aufmerksamkeit, überlegte ich. Aufmerksamkeit im negativen Sinne zwar. Er hatte mich zu seinem persönlichen Hassobjekt Nummer 1 auserkoren. Draco kniff skeptisch die Augen zusammen und eine seiner Augenbrauen glitt in die Höhe. Seine Lippen formten sich zu einem schmalen Strich zusammen, aber er löste den Blickkontakt nicht. Ich zögerte … Für dich Hedwig …, dachte ich, während ich den Klos in meinem Hals herunterschluckte. Ich versuchte mein charmantestes Lächeln aufzusetzen. Währenddessen stellte ich mir vor, dass es nicht Draco Malfoy war, dem ich dieses Lächeln schenkte, sondern ein hübsches Mädchen. Hermine drehte sich aufgrund meines Lächelns auf dem Stuhl herum, um zu sehen, wen ich damit bedachte. Ich konnte erkennen, dass Draco angesichts meines Lächelns auf seinem Stuhl erschrocken zurückwich. Kurz schien er wie erstarrt. Dann funkelte er mich wütend an. Er drehte seinen Kopf zur Seite, sodass unser Blickkontakt abbrach, erhob sich und verließ schnellen Schrittes die große Halle. Mein Lächeln schwand. So ein Reinfall, dachte ich. Natürlich, ich war wie ein rotes Tuch für Malfoy. Wie sollte ich ihn da bloß rumkriegen. Das war doch unmöglich. Hermine drehte sich mit großen Augen zu mir zurück, „Was ist hier eigentlich los?“. Ich lies meinen Kopf erschöpft auf meine Arme sinken. Ron hatte von alledem nichts mitbekommen, er war zu sehr mit seinem Kater und dem angebissenen Brötchen vor sich beschäftigt. Seine Gesichtsfarbe hatte von blass zu einem leichten grün gewechselt. Ich erzählte Hermine schließlich zerknirscht von der Wette. „Das ist nicht dein Ernst!“, sagte sie entrüstet, „Wie könnt ihr nur so eine Wette abschließen! Und dann noch Hedwig als Wetteinsatz! Wie konntest du nur.“ Ich wusste es selbst. Das hatte ich jetzt von meiner Überheblichkeit. Aber wie kam es auch, dass ich auf einmal so ein Pech hatte. Wenn nicht gerade Malfoy durch die Tür stolziert wäre, wäre jetzt alles immer noch gut. Ich kriegte doch immer die Kurve, egal was mir auch passierte. Wie also hatte es bloß dazu kommen können … Und wie kam ich da nur mit Hedwig an meiner Seite wieder raus. Als Rons Gesichtsfarbe immer grüner wurde, schnappten Hermine und ich ihn uns. Wir beeilten uns mit ihm den Gryffindorgemeinschaftsraum zu erreichen. *************************************************************** Ein merkwürdiges Gefühl überkam mich, als ich Sonntag morgens die große Halle betrat. Ich wusste nicht woher es kam, aber es war mir unangenehm und so versuchte ich es abzuschütteln. Ich begab mich mit meinen Freunden zum Slytherintisch. Pansy hatte sich mir gegenüber niedergelassen und schwärmte von einem Slytherin aus der 7., den sie gestern in Hogsmeade aufgerissen hatte. Pansy war im Laufe des letzten Jahres zu meiner engsten Vertrauten und Freundin geworden. Ihre Männergeschichten interessierten mich demgegenüber nicht im Geringsten. Sie war immer ach so schnell von Jemandem begeistert. Diese Begeisterung hielt aber nicht lange an. Und so hatte sie alle paar Wochen wieder einen Neuen am Start. Als ich nach der Marmelade griff, um mein Brötchen damit zu beschmieren, fielen mir einige Haarsträhnen ins Gesicht, die ich zurückstrich. Irgendwie nahm dieses merkwürdige Gefühl einfach nicht ab. Ich fühlte mich beobachtet. Klar folgten mir oft die Blicke anderer Schüler. Ich war mir meiner Wirkung auf Andere durchaus bewusst. Aber diesmal war etwas aus irgendeinem Grund anders. Ich hob meinen Blick und begegnete dem Blick von Harry Potter, der mich offensichtlich musterte. Ron Weasley saß links neben ihm, während Hermine Granger ihm gegenüber saß. Ron war, ebenso wie Blaise Zabini groß gewachsen. Er hatte feuerrote Haare, strahlend blaue Augen, Sommersprossen und eine etwas breitere Nase. Durch das Quidditch Training war sein Kreuz breiter geworden und er wirkte nicht mehr so schlaksig wie in der Zeit, in der ich ihn kennengelernt hatte. Hermine war etwa so groß wie Pansy. Sie hatte kluge braune Augen und eindrucksvolle, lange, braune Locken. Und Harry Potter selbst war im letzten Jahr wieder gewachsen. Er war jetzt ein paar Zentimeter größer als ich. Durch den häufigen Aufenthalt an der frischen Luft während des Quidditch Trainings, war seine Haut gebräunt. Seine schwarzen Haare waren immer durcheinander, als wäre er gerade erst aufgestanden, was seinem Auftreten etwas verwegenes verlieh. Seine hellgrünen Augen leuchteten stets vor Lebensfreude und ein gewinnendes Lächeln umspielte die meiste Zeit seine Lippen. Zumindest solange nicht ich es war, mit dem er eine Unterhaltung führte. Ich war irritiert. Weshalb starrte Potter mich gerade so penetrant an? … Während ich fieberhaft überlegte, was für einen Grund das merkwürdige Verhalten von Potter seit dem gestrigen Abend haben könnte, fixierte ich Potter meinerseits. Als er merkte, dass ich seinen Blick erwiderte, lächelte er mich plötzlich an. Bei Merlins Barte, was sollte das … war Potter jetzt endgültig verrückt geworden? Hatte er einen Fluch zu viel abbekommen? Ich wich erschrocken zurück. Dann überkam mich auf einmal die blanke Wut. Ich hatte dieses Lächeln schon des Öfteren bei Potter gesehen. Meist, wenn er sich mit einem Mädchen unterhielt. Ich funkelte ihn an. Das würde noch ein Nachspiel haben, Potter... Keiner machte sich über einen Malfoy lustig. Keiner! Auch kein Junge, der was weiß ich wie viele Angriffe von du weißt schon wem überlebt hatte. Mal sehen, wie er damit zurechtkam, wenn ein Malfoy richtig sauer wurde. Das würde er noch bereuen … Mir war der Appetit deutlich vergangen. Ohne ein Wort zu sagen, erhob ich mich von meinem Platz und verließ schnellen Schrittes und hoch erhobenen Hauptes die große Halle. Obwohl ich seinen Blick in meinem Nacken spürte, blickte ich kein einziges Mal zurück. Als die Tür zur großen Halle hinter mir zufiel, verlangsamte ich meine Schritte. Ich atmete auf. An einer Treppe, die in den Kerker führte, lehnte ich mich an das Geländer. Ich griff mir an die Brust. Mein Herz schlug heftig dagegen. Ich sollte mich beruhigen … Er konnte es doch nicht bemerkt haben? Ich benahm mich doch wie immer… Niemand durfte jemals davon erfahren … Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)