Adventskalender 2020 von tobiiieee (All I Want For Christmas ...) ================================================================================ Kapitel 20: Türchen 20: Santa Tell Me (Ramon) --------------------------------------------- ~ Don't make me fall in love again If he won't be here next year ~ Ramon stand angespannt vor dem Festraum, in dem die Weihnachtsfeier langsam Fahrt aufnahm: Er hörte George Michael aus den Boxen dröhnen, überall waren Lichter aufgestellt, Girlanden aufgehängt, es gab sogar einen kleinen unechten Weihnachtsbaum und Geschenktattrappen; das Buffet war aufgebaut und Knabbereien auf den Tischen verteilt. Justo war noch nicht aufgetaucht. Ramon schaute auf die Uhr. Er wartete. Und dachte über seine neu entdeckten Gefühle für Justo nach. Seit sie sich verabredet hatten und Ramon klar geworden war, dass er so gut wie sein gesamtes neues Leben mit Justo verbrachte, war er sich sicher, dass sein Unterbewusstsein ihm seit drei Monaten zu sagen versuchte, dass er verliebt war, doch zwischen der Arbeit am neuen Institut und den Stunden, die er mit Justo verbrachte, war es ihm einfach nicht aufgefallen. Vielleicht hatte er es nicht sehen wollen. Ramon war bisher nur in einer wirklich ernsthaften Beziehung gewesen: Er hatte ihn seinen Eltern vorgestellt, sie hatten mit seiner Schwester rumgehangen, waren zwar nicht zusammengezogen, hatten aber häufig die Abende und Nächte in seiner Wohnung verbracht. Das war damals im Studium gewesen. Es war nach mehreren Jahren an seinem Ehrgeiz und seinen Prioritäten zerbrochen. Seit er in Forschung und Lehre war, war er in keiner Beziehung mehr gewesen ... außer ... Sein gebrochenes und seitdem nur schlecht verheiltes Herz rutschte ihm in die Hose. Natürlich hatte er nicht wahrhaben wollen, was er fühlte. Nicht nach dem, wie es letztes Mal gelaufen war. Genesis. Nur der Gedanke an den Namen ließ immer noch sein Herz schnell schlagen, doch weniger aus Liebe wie früher als aus Angst davor, wieder derart verletzt zu werden. Dass wieder wie aus dem Nichts ein Ex auftauchte. Dass der Mann, den er aufrichtig liebte, wieder zu seinem Ex zurückkehrte, um zu heiraten. Ramon schnürte es die Kehle zu. Durch die Tränen, die ihm in die Augen getreten waren, erkannte er zuerst fast nicht, dass es Justo war, der über den Institutsgang auf ihn zukam. Er winkte. Ramon beeilte sich, zurückzuwinken. Unwillkürlich lächelte er. „Alles klar?“, fragte Justo, als er vor Ramon zu stehen kam. „Allergie“, sagte Ramon etwas zu schnell. „Armes Baby“, erwiderte Justo; er wirkte, als würde er Ramons Ausrede glauben. Er beugte sich vor und wischte mit dem Daumen vorsichtig Ramons Tränen unter seiner Brille weg. Ramon blieb die Luft weg, als er Justo so nah spürte. Er war noch nie vorher so herangerückt. Ramon rieb sich die Augen, um die restlichen Tränenspuren wegzuwischen. „Wollen wir also?“, fragte er noch immer etwas atemlos, und wies auf den Raum hinter sich. „Ich bitte darum“, sagte Justo fröhlich und hakte sich bei Ramon unter. Die verantwortlichen Studierenden begrüßten ihn als Institutsleiter gesondert; er lächelte und versuchte ein paar Höflichkeiten auszutauschen, als Justo seinen Arm losließ, eine ganz andere Ecke des Raums ansteuerte und sich umwandte, um die Hand nach Ramon auszustrecken als Zeichen, dass er folgen sollte. „Sie entschuldigen mich“, sagte Ramon, ebenso überrascht wie seine Studierenden, bevor er Justo folgte. Er stellte Ramon einen Doktoranden vor, Raul, der zum selben Thema promovierte, zu dem Justo selbst zehn Jahre zuvor seine Dissertation eingereicht hatte. Sie gossen sich Wein in die bereitstehenden Gläser; Ramon verzog das Gesicht. „Wirklich trinken kann man das nicht“, bemerkte er, während sich Raul zum Buffet durchschlängelte. Justo probierte ebenfalls vom Wein. „Bäh, du hast recht“, sagte er. „Hätte ich, du weißt schon“, er senkte seine Stimme etwas; Justo beugte sich zu ihm vor, „besseren Alkohol sponsern sollen?“ „Haben sie dich nicht gefragt?“, fragte Justo. „Nein, dabei wär das doch wirklich kein Problem gewesen, wenn nur jemand was gesagt hätte ...“ Er sah sich zu den zwei Studentinnen um, die nun die Begrüßung der Ehrengäste aus dem Kollegium übernommen hatten. „Wirke ich so unnahbar, dass sich niemand getraut hat, mich zu fragen?“ Justo lächelte geheimnisvoll. „Find ich jedenfalls nicht.“ Ramon fiel plötzlich auf, dass ihre Gesichter nur Zentimeter voneinander entfernt waren. Er blinzelte. In seinem Gehirn war in diesem Moment zwar nicht viel Platz, doch mit der Wucht einer Lawine rastete ein Entschluss ein. Ramon bedeutete Justo mit einem Finger, näher zu kommen; er flüsterte ihm etwas ins Ohr. Justo war einen Moment perplex und schaute Ramon mit großen Augen an. Doch schon einen Herzschlag später lächelte er und nickte. Ramon atmete seufzend aus. Dieses Gewicht, das von seiner Brust verschwunden war. Himmel, er war glücklich. ~ It's true love that he thinks of ~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)