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Adventskalender 2020

All I Want For Christmas ...
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
https://www.youtube.com/watch?v=AhdxjcjzCAM&ab_channel=ChristmasTimeTV
Dan Fogelberg: Same Old Lang Syne
Ist ans Original angelehnt und gehört zu Kapitel elf.
(Und ist wirklich auf den letzten Drücker fertig geworden) Komplett anzeigen

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Türchen 17: After All These Years ... (Yuffie)


 

~ The snow was falling Christmas eve ~
 

Yuffie eilte durch die kalten Straßen; ihr Atem formte kleine Wolken vor ihrem Gesicht, die sie im schnellen Lauf direkt hinter sich ließ, sodass es beinahe wirkte, als würde in der sternenklaren Winterluft Dampf hinter ihr herziehen. Sie zog die Schultern gegen die Kälte hoch und legte einen Schritt zu: Sie war spät dran, hatte länger gebraucht als geplant, jemand war zwischen sie und ihre Feierabendpläne gekommen, sie hatte nicht besorgt, was sie besorgen sollte, und die anderen Mütter würden sie wieder mit diesem Blick anschauen, den sie zu ignorieren suchte ...

An der nächsten roten Ampel wartete sie trotzdem; die paar Sekunden würden auch keinen Unterschied mehr machen und so kam sie wenigstens etwas zu Atem. Sie schaute rechts und links auf den Verkehr, blickte über die Schulter nach abbiegenden Autos, denen sie würde zuvorkommen müssen, sobald die Ampel auf Grün sprang, da sah sie ihn. Ihre Augen weiteten sich stumm in einer ungläubigen Schockstarre. Wie Nebel auf einem Feld teilte sich die Menschenmenge vor ihr und sie hatten klare Sicht aufeinander. Ihr Herz fing an, wie wild zu rasen, als ob es ihr davonjagen wollte; sie selbst bewegte sich keinen Zentimeter, Leute rempelten sie an, als sie an ihr vorbei über die Straße drängelten. Ihre Eingeweide gefroren in ihr, die Finger wurden ihr taub, sie hörte die Menschenmenge, die an ihr vorbeizog, nicht mehr, nahm sie kaum wahr, nur ihn, wie er vielleicht ein Dutzend Meter vor ihr stand und sich ebenso kaum rühren zu können schien.

Sie spürte, wie sie nach mehreren Sekunden wieder einen Atemzug tat und das Leben um sie herum wieder in normaler Geschwindigkeit abzulaufen begann. Er kam auf sie zu. Hier. Mitten in der Stadt. Ohne sich je bei ihr zu gemeldet zu haben. Wollte er tun, als ob nichts gewesen wäre? Sie starrte ihn immer noch an, ohne zu blinzeln, ihre Augen tränten in dem kalten Wind, der bald den ersten Schnee herantragen würde.

„Ist das dein Ernst?“, hörte sie sich selbst fragen; sie wusste nicht, was sie sagen wollte oder sollte, war sich nicht einmal bewusst gewesen, dass sie etwas hatte sagen wollen, denn ihr war mehr danach, davonzulaufen, doch ihre Beine fühlten sich so zittrig an, und das nicht nur wegen der Kälte, dass sie sich nicht sicher war, ob sie sie tragen würden.

„Tochter ...“, setzte ihr Vater an, allerdings kam er nicht weiter.

„Wie hast du mich hier überhaupt gefunden?“, fragte sie weiter. „Hast du einfach zufällig an irgendeinem Ort in der Stadt rumgestanden und gewartet, ob ich irgendwann da vorbeikomme? Es ist kalt, du frierst dich zu Tode!“

„Kind ...“

„Was hast du hier überhaupt zu suchen?!“, machte sie weiter, da sie nun in Fahrt war. „Was denkst du dir, dass du einfach auftauchen kannst, was soll das? Glaubst du, ich hab dir noch irgendwas zu sagen? Du meldest dich über Jahre nicht, ich hab es wenigstens versucht, aber nein, Wutai hier, Erbe da, die ach so wichtige Tradition, deine einzige Tochter darf nicht glücklich sein und ihre eigenen Entscheidungen treffen, lieber schmeißt du sie schwanger raus und rufst ihr noch hinterher, was sie für eine Enttäuschung –“

„Yuffie Kisaragi!“, unterbrach sie ihr Vater ein drittes Mal und sie hielt inne.

„Ich bin nicht taub“, maulte sie kleinlaut.

„Wie dem auch sei“, sagte er dann mit etwas zittriger Ruhe, „jetzt hör deinem alten Vater zu.“ Yuffie sah das nicht ein, allerdings hätte sie es kindisch gefunden, davonzustürmen, also begnügte sie sich damit, ihren Vater keines Blickes zu würdigen, während er sprach. „Es sind Dinge gesagt worden, die uns sicher beiden nicht gutgetan haben, und es sind Dinge getan worden, die jetzt zwischen uns standen, aber das soll Vergangenheit sein, es ist doch nicht in Ordnung, dass ich meine eigene Tochter nicht kenne, dachte ich mir, nun bin ich hergekommen, um das zu ändern, und jetzt erbitte ich nichts weiter als eine Chance: Schenk deinem Vater ein bisschen von deiner wertvollen Zeit.“

Yuffie schaute betreten drein. Was ihr Vater sagte, klang nicht nach viel, ein bisschen Zeit würde sie doch wohl erübrigen können. Aber sie ahnte irgendwo in ihrem Unterbewusstsein, dass auch nur „ein bisschen Zeit“ in den Händen ihres Vaters wieder zu einem Instrument werden konnte, das dafür sorgte, dass sie sich genauso schlecht fühlte wie all die Jahre zuvor ...

„Ich schätze“, räumte sie ein, „ein paar Minuten können nicht schaden, da hinten verkaufen sie süßen Wein, vielleicht wäre das was ...“

Peinlich schweigend überquerten sie die Straße; Yuffie war entfernt bewusst, dass sie andere Pläne gehabt hatte, doch sie waren aus ihrem Kopf gefegt. Nun war sie wieder auf der Hut, fühlte sich unterdrückt, traute sich nicht, zu sagen, was sie dachte, traute sich eigentlich nicht, überhaupt etwas zu sagen, ihr wäre im Grunde auch nichts eingefallen. Was sollte sie einem quasi Fremden sagen, den sie in so entscheidenden Jahren ihres Lebens nicht mehr gesehen hatte? Sie hatte mittlerweile eine Teenager-Tochter, und seit sie mit ihr schwanger gewesen war, hatte sie ihren eigenen Vater nur noch sporadisch gesehen, wobei sie ihm nicht gerade ihr Herz ausgeschüttet hatte; seit nunmehr über fünf Jahren hatten sie gar keinen Kontakt mehr gehabt. In Wutai konnte allerlei passiert sein, ohne dass sie Kenntnis davon erlangt hätte; sie wusste, in ihrem Leben waren Dinge passiert, die sie zu einer gänzlich anderen Person gemacht hatten, von denen ihr Vater nichts ahnte – wo sollten sie anfangen?

„Zweimal rot, bitte.“ Yuffie nahm die dampfenden Becher süßen Rotweins entgegen und reichte einen davon an ihren Vater weiter. Er schnupperte daran und verzog das Gesicht.

„Das riecht pervers“, sagte er, nahm aber einen Schluck. „Schmeckt ganz in Ordnung.“ Yuffie hatte nicht die Absicht, den ersten Schritt zu machen; sie ging auf den unbeholfenen Smalltalk ein, den ihr Vater machte, über den Wein, über das Wetter, über die Kälte, über die Stadt, solange sie nur nicht dazu kommen würden, ihr Leben niederzumachen, das sie sich so mühsam aufgebaut hatte. Sie trank kaum von dem Wein; sie wusste, er würde ihr schnell zu Kopf steigen, das konnte sie nicht gebrauchen. Sie wollte genau mitbekommen, was ihr Vater sagte, und auch in der Lage sein, gut Konter zu geben.

„Yuffie“, seufzte ihr Vater schließlich. „Was soll das? Wozu drumherum reden?“

„Du hast geredet“, gab sie schulterzuckend zurück. Sie machte sich innerlich bereit.

„Dann rede du jetzt“, sagte ihr Vater. „Erzähl mir von deinem Leben.“

Sie zuckte erneut die Schultern. „Du weißt alles Wichtige, es hat sich nichts geändert“, sagte sie, während sie starr auf den Tisch vor sich blickte. „Ich bin hier, hab einen Job, ein Kind, das du noch nie gesehen hast ...“

„Hast du sie denn je mitgebracht?“, erwiderte ihr Vater, sofort erhitzt.

„Ich hätte sie dem nicht aussetzen wollen“, sagte Yuffie. Diese Antwort hatte sie seit jeher parat gehabt, doch die zugehörige Frage war nie gestellt worden.

„Dem was genau?“, fragte ihr Vater nach.

Yuffie sah ihm diesmal direkt in die Augen. „Dem hier“, sagte sie knapp. „Erzähl mir nicht, du würdest das nicht merken.“

Sein Kiefer mahlte, doch er sagte nichts dazu. „Du hast immer noch einen Job, sagst du“, merkte er dann an.

„Jupp“, machte Yuffie. „Immer noch der gleiche in der WRO. Bei den Bösen.“

„Allerdings“, sagte Godo, „hast du denn keinen Stolz, schämst du dich nicht, bei den Männern zu arbeiten, die dein Land besetzt und in einen Kurort verwandelt haben?“

„Nein“, sagte Yuffie schlicht, die Augen wieder auf den Weinbecher gerichtet. Sie wollte nicht schon wieder Zeit darauf verschwenden, zu erklären, dass die WRO nicht die neue Shin-Ra war und dass sie mitnichten mit denselben Leuten zusammenarbeitete, gegen die sie vor Jahrzehnten Krieg geführt hatten. Sie war es leid, dass ihr Vater nicht zuhörte, dass ihre Worte für ihn nicht galten und er nicht einmal zu verstehen versuchte, was sie sagte.

„Und wann wolltest du mir sagen, dass du geheiratet hast?!“, fuhr er sie wie aus dem Nichts an. Yuffie drehte matt den Kopf in seine Richtung, dann wieder zurück und hob ihre Hand, an der ihr Ehering saß.

„Du hast es doch offensichtlich auch so herausgefunden“, sagte sie schulterzuckend. „Ich bin immer noch mit demselben Mann zusammen, mit dem ich eine vierzehnjährige Tochter habe, da kommt es schon mal manchmal vor, dass man heiratet.“

„Verkauf mich nicht für dumm!“, erboste sich ihr Vater. „Du hast mich noch nie an deinem Leben teilhaben lassen, was muss ich tun, um zu erfahren, was du so treibst, Spione auf dich ansetzen? Du warst schon immer so undankbar, womit habe ich armer Vater das nur verdient, ein Kind, das auf einmal vom Stockholmsyndrom gepackt wird und lieber bei denen lebt und für diese Unholde arbeitet, die ihr Land überfallen haben, auch noch einen davon heiratet, ein Mischlingskind zeugt –“, doch an dieser Stelle war es ihr zu viel.

„Es reicht!“, rief sie plötzlich, zu ihrer eigenen Überraschung. „Ich hab dich nicht hergebeten, jetzt machst du mir irgendwelche dämlichen Vorwürfe, das muss ich mir nicht gefallen lassen! Es reicht mir, Godo!“ Und während sie, am ganzen Körper zitternd, davonstürmte, das Blut rauschte ihr in den Ohren, vernahm sie undeutlich, wie er ihr noch etwas hinterherrief, aber sie hörte nicht darauf, sie drehte sich nicht mehr um. Alles, was sie wollte, war, wieder so viel Abstand zwischen sich und ihren Vater zu bringen wie nur möglich.
 

~ Tried to reach beyond the emptiness

But neither one knew how ~


 


Nachwort zu diesem Kapitel:
Ich glaube, roter Glühwein ist am üblichsten, oder? Ich bin nicht so häufig am Weihnachtsmarkt (dieses Jahr eh nicht) und mag weder Alkohol noch Weihnachtsgewürze, aber vor ein paar Jahren waren wir an einem Stand, der bot Rot, Weiß und Rosé als Glühwein an, ich glaub, das ist nicht so häufig, oder?

Wie ich schon in den Yuffie-Kapitel davor gesagt habe, ich weiß, dass ein solcher Konflikt zwischen Yuffie und Godo unwahrscheinlich ist, aber das hier ist ja auch bloß Fanfiction, auch wenn ich mich am Original statt AU versucht hab.
Und vielleicht hab ich dieses Jahr ein bisschen zu viel Gilmore Girls geguckt.
Apropos! Wir sehen Paul Anka im nächsten Kapitel wieder! <3

Bis morgen!
Alles Liebe,
Tobie Komplett anzeigen

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