In another life the sea is in the sky (Teil 1) von YoungMasterWei (Searching for the smile of the moon) ================================================================================ Kapitel 25: ------------ Es gab, in der Tat, eine Höhle. Ihr Eingang war von schwarzen Ranken überwuchert, die sich wie ein Nest Schlangen in sich wanden und ein eigenartiges, gelbliches Sekret ausstießen, als er etwas yuàn qì gegen diese richtete, in der Hoffnung sie zum Auseinanderweichen bringen zu können. Die Wahrscheinlichkeit, dass es sich dabei um ein Gift handelte, war recht hoch und er wollte gar nicht wissen, was dieses zu bewirken vermochte. Noch wollte er herausfinden, wozu dieses Gewächs im Stande wäre, wenn es sich zu sehr provoziert von ihnen sah. Einige Ausläufer schienen sich bereits neugierig nach ihnen auszustrecken, dass sie keine unnötige Zeit mehr verschwenden sollten. Er zog folglich einen Talisman hervor, den er rasch beschrieb. Báiwù´s Mittel und die richtige Symbol- und Schriftzeichenkombination, sollten den gewünschten Effekt bringen. „Luft anhalten, wenn ich es sage.“, verkündete er und ließ den Talisman auf die Pflanze treffen, auf das sich ein feiner silbriger Nebel davon ausbreitete. Das Winden der Ranken wurde träger und einige sackten bereits schlaff nach unten, als Yi Ling ein „Jetzt!“, von sich gab und mit seinem yuàn qì eine Öffnung auseinanderschob, durch welche sie hindurchhuschen konnten. Mit einem Feuertalisman, erhellte er darauf das Innere der Höhle. Sie war, soweit, nichts Besonderes, aber es war anzunehmen, das sich auch hier diverses Unheil versteckt halten würde. Es gab drei Gänge, die weiter in den Berg führten. Mo Xuanyu gab ein missbilligendes Schnalzen von sich, während er die Gänge fixierte. „Gibt es ein Problem?“, erkundigte sich Lan Zhan überraschend, hatte er über ihren Weg hier her, kein Wort mehr verloren. Nicht ungewöhnlich, wenn man ihn näher kannte. Doch schien Mo Xuanyu etwas irritiert über dessen plötzliches Einbringen in die Situation, schaute er zögerlich und sein souveränes Lächeln zuckte, für einen verschwindenden Moment, aggressiv in einem Mundwinkel. „Es liegen Siegel auf den Gängen, die dafür sorgen, dass sich der richtige Weg regelmäßig ändert. Zur Sicherheit, sollte wer versuchen diesen Ausgang unbefugt zu nutzen.“ Dieser grinste darauf in einer Manier, die ungewohnt aber weitaus natürlicher auf seinen Zügen wirkte, als dieser ihn ansah, um zu unterstreichen, dass sie genau diese unbefugten Objekte wären. „Ein falsch gewählter Tunnel, führt in einen Labyrinth-Zauber. „Verstehe. Bàng Hēi. Chénqíng.“ Beide nahmen sich jeweils einen der Tunnel vor und verschwanden darin. Solange sie ihn als Fixpunkt hatten, würden sie sich nicht verirren können. In der Zwischenzeit schauten sie sich etwas weiter um, doch gab es nicht wirklich viel mehr als blanken Fels. Das nervige Zwicken, das Yi Ling auch beim Aufstieg verspürte, ließ ihn eine Hand wirsch in seinen Nacken legen, um darüber zu reiben, als er etwas dort bemerkte und rasch ergriff. Nun war er es, der genervt schnalzte. „Verdammte Biester.“, zischte er beim Anblick eines zappelnden Traumfängers zwischen seinen Fingern, der sich unbemerkt an ihm hatte festsetzen können. Ein Scheppern war zu hören, und der Traumfänger entwischte ihm, über seinen Fokuswechsel. Mo Xuanyu schaute entschuldigend, als er eines seiner Schwerter vom Boden aufhob. „Ich dachte, ich hab was gehört.“, erklärte er dessen Ziehen und steckte es zurück in die Scheide. Der Traumfänger war verschwunden und er raunte ergeben. Bàng Hēi tauchte zuerst wieder auf. Kein Erfolg. Es dauerte noch etwas, bis Chénqíng es diesem Gleich tat und ihnen mitteilte, das am Ende eine Art Altar inmitten eines in Stein geprägten, magischen Zirkels zu finden sei, was, nach Mo Xuanyu´s Bestätigung, das gesuchte Ausgangsportal wäre. „Wird uns das Portal einfach so hindurchlassen?“, hinterfragte Lan Zhan, nicht zu Unrecht, auf das Mo Xuanyu selbstsicher einen runden Token aus einer Tasche an seinem Gürtel hervorzog, den das Siegel des Nie-Clans zierte. „Der Schlüssel, um es zu öffnen.“ Sie durchquerten den Gang, doch hielt Yi Ling seine Aufmerksamkeit auf ihre Umgebung gerichtet, wäre es nicht unwahrscheinlich, wenn es auf die letzten Meter noch eine Überraschung geben könnte. Sie hatten das Portal schon im Blick, das er Chénqíng voraus schickte, um es sich anzusehen, als Yi Ling nur ein winziger Augenblick blieb, um die Siegel zu bemerken, die sich aktivierten, als Mo Xuanyu der erste von ihnen war, der aus dem Tunnel trat. Zu spät um noch etwas verhindern zu können, vibrierte das Gestein um sie unheilvoll, verbunden mit einem lauten Schaben von Stein an Stein, das das Öffnen eines weiteren Tunnels frei gab. Jedoch war das was sich dahinter verbarg, etwas das Yi Ling regelrecht an Ort und Stelle festfrieren ließ. Wangji, wollte Mo Xuanyu noch zurückziehen, als er die Schutzmagie bemerkte, doch hatte ihn nicht mehr rechtzeitig greifen können. Die schwarze Bestie, die sich darauf aus dem Verborgenen zeigte, mit ihren rot glühenden Augen und wild peitschenden, weißen Schweif, verlor keine Zeit sich einfach nur einschüchternd zu zeigen, sondern hetzte aus ihrem Versteck und schnappte ungehalten mit ihren Reißzähnen nach ihnen, denen Mo Xuanyu gerade so noch ausweichen konnte, indem er hinter den Altar hechtete. Wangji schaute sich nach Yi Ling um, der wie versteinert an Ort und Stelle stand, seine Augen weit mit Horror und bleich, wie es der Schnee in der Wolkenschlucht war. „Yi Ling!“ Dieser regte sich nicht, noch schien er ihn überhaupt gehört zu haben. Einem Duōjí gegenüberzustehen, war in der Tat etwas das einen erstarren lassen konnte, doch hatte er Yi Ling mit weitaus mehr Mut erleben können, dass es ihn nicht ausgerechnet jetzt so aus dieser Souveräne werfen sollte. Das mächtige Ungetüm in Form eines Wolfes, kümmerte sich jedoch nicht um dessen Zaudern und schlug mit einer seiner scharfkralligen Pranken nach ihm, das Wangji ihn gerade noch so hatte zur Seite reißen können, damit er davon nicht zerquetscht werden würde. „Das ist der schlimmste Albtraum.“, hörte er diesen nur zusammenhangslos nuscheln, noch immer solch eine ungewohnte Panik in den Augen, und einem merklichen Zittern in den Gliedern. Dann entsann Wangji sich. Yi Ling´s Phobie vor Hunden. Er hatte es nie wirklich hinterfragt, doch zeigte dessen gegenwärtiger Zustand, das mehr dahinter zu stecken schien, als er vermutet hätte. Ein gequälter Aufschrei erfüllte die Höhle und mit Entsetzen musste Wangji mit ansehen, das der Duōjí Mo Xuanyu zwischen seinen Zähnen hielt und diese gnadenlos in dessen Leib sinken ließ. Mo Xuanyu gab ein blutiges Gurgeln von sich, während die Bestie ihren Kopf hin und her schüttelte, um seiner Beute sämtliches Leben zu entreißen. Wangji legte es darauf an, auch wenn er wusste, dass es ihm ein Nachteil werden würde und zog Bichen, mit dem er auf das Biest zu schnellte. Sein líng qì zog dessen Aufmerksamkeit sofort auf ihn und mit einem tiefen Grollen, schleuderte er den schlaffen Körper zwischen seinen Fängen in die Schatten, um folglich nach ihm zu schnappen. Und je länger er ihm auswich oder die wenigen Chancen nutzte, es mit seinem Schwert zu treffen, umso rasender wurde es. Ein Duōjí war ein kraftvolles, dämonisches Wesen und das nicht nur in seiner Erscheinung. Ein solches Ungetüm war im Stande allesverschlingende Feuersbrünste auszulösen, welche es mit seinen Pranken legen konnte, die sich nun in einem roten Glühen zeigten und die Luft um sie herum zum Schwimmen brachte. Er allein würde jedoch nicht mit ihr fertig werden können. „Yi Ling!“ Wangji sah wie Chénqíng bei diesem war und energisch an ihm zerrte. „Komm schon!“, hörte er diesen aufgebracht brüllen. „Oder willst du, das er am Ende doch noch hier zu Grunde geht!“, Chénqíng trat Yi Ling gegen das Gesicht, wohl seine Form einer kräftigen Ohrfeige und es reichte Yi Ling seinen Kopf heben zu lassen, das er dessen Blick für einen Moment einfangen konnte. Dann traf Wangji der Schweif des Duōjí und schickte ihn hart und benommen auf den nun aufgeheizten Fels unter ihm, dass er ebenso den Halt um Bichen verlor. Der Schmerz des Aufpralles und das Verbrennen der Haut seiner Hände, als er sich abfing ließ Wangji ein gepeinigtes Zischen von sich geben. Die Bestie hastete Bichen´s Aura nach, dass es ihm einen kurzen Moment zum Sammeln verschaffte. Er suchte abermals mit seinen Augen nach Yi Ling und erneut schaute dieser zu ihm, doch diesmal war die Panik in dessen Augen eine andere. „Lan Zhan.“ Es klang verbissen, wie auch etwas Rigoroses darin mitschwang, auf das er verfolgen konnte, wie Yi Ling sich schließlich aufrichtete, wenn auch mit zittrigen Knien. Eine stumme Konversation mit Chénqíng schien zu folgen, und er legte die Kette aus Drachenblutperlen ab. Es ließ Wangji mit einer rasant ansteigenden, unwohlen Ahnung zurück. Dann setzte sich Yi Ling das erste Mal, seit sie hier unten gestrandet waren, seine Dizi an die Lippen. Die Energie die daraufhin von Yi Ling in Bewegung gesetzt wurde, war der, der Bestie gleichzusetzen. Chénqíng war nicht mehr der jungenhafte Geist, hatte sich dessen Form in die eines Dämons gewandelt, mit einem sehnigen Leib, der jedem Angriff mit schlangenhafter Geschmeidigkeit auswich. Die einst tänzelnden Flammen seines Hauptes nun ein loderndes Feuer, das sich wie ein Kriegsbanner im Sturm bewegte und er die rubinroten Augen seines Meisters zeigte. Zusammen mit Bàng Hēi, der nun die Größe eines stattlichen Greifs mit feurig gold-roten Gefieder besaß, und dessen drei, kräftige Klauen, immer wieder in den Körper des Duōjí schlugen, schien die Bestie chancenlos. Yi Ling wieder in die Knie sacken zu sehen, während ihn das yuàn qì nahezu verschluckte, riss Wangji aus seinem Zusehen. Rasch befehligte er Bichen wieder zu sich und eilte zu Yi Ling. Es war sofort zu spüren, dass er das yuàn qì nur mit Mühe für sich kontrollieren konnte, war solch eine Flut, normalerweise, mit nichts zu bändigen. Selbst mit seinem líng qì in Takt, würde er nicht ohne die Hilfe Seinesgleichen versuchen, solch einer Kraft allein beikommen zu wollen. Wenn Yi Ling nicht aufhörte, würde es ihn zerreißen. „Yi Ling! Stopp!“, versuchte er durch das Tosen der dunklen Energie Wogen zu ihm durchzudringen, worauf er ebenso seine Hände nach ihm ausstreckte. Das yuàn qì biss wie wilde Tiere nach ihm, doch zog er sie dennoch nicht zurück. Er würde ihn verlieren, wenn er ihn nicht erreichen konnte! „Yi Ling.“ Dieser Wall schien undurchdringlich und es ließ sein Herz in einem frenetischen Takt pulsieren. So würde er nichts erreichen. Das Flötenspiel verstummte abrupt, doch löste sich der Funken Hoffnung sofort wieder auf, als dies nicht bewirkte, dass das yuàn qì sich zu beruhigen gedachte, sondern es Yi Ling nur erstickte Schreie von sich geben ließ. Wenn er nur an ihn herankommen könnte! Schließlich folgte er nicht seinem Verstand, sondern seinem immer noch verzweifelt schlagendem Herzen. Er zog seine nun blutenden Hände zurück und befehligte Wangji vor sich. Das Brennen in seinen Fingern, war nichts im Vergleich zu dem Gefühl, schon zu spät zu sein, als er diese über die Saiten fliegen ließ, und ein kraftvoller Ton nach dem anderen auf den yuàn qì Wirbel einschlug, in der Absicht diesen damit auseinandertreiben zu können. Das klägliche Jaulen des Duōjí nahm er nur im Hintergrund wahr, gönnte er sich keinen Moment der Unachtsamkeit in seinem Spielen. Erst als Chénqíng und Bàng Hēi neben ihm auftauchten, erlaubte er sich einen weiteren Fokus. „Sag uns, was wir tun sollen.“, hörte er Chénqíng, im harten Befehlston an ihn gerichtet vorbringen, auf das dieser ihn mit wilden Augen anfunkelte. „Er gab dir die Gewalt über uns, sollte es eine Situation erfordern. Er ist so ein gutgläubiger Spinner.“ Wangji verstand nicht, auf was Chénqíng hinaus wollte, doch war er zu aufgewühlt etwas zu hinterfragen und folgte dessen Aufforderung. „Die Melodie, die es ermöglicht sein yuàn qì zu kontrollieren. Zeig sie mir.“ Chénqíng schaute ihn darauf überfordert an. „Ich habe keine Ahnung! Ich folge ihr nur. Ich kann keines dieser Instrumente spielen.“ Wangji schüttelte den Kopf, hatte er sich dies bereits denken können. „Nicht vorspielen. Ich brauche sie in meinem Kopf. Ihre Essenz. Ihre Energie.“ „Bist du genau so wahnsinnig!“ Wangji wusste, dass es irrsinnig erscheinen mochte. Noch vor wenigen Monaten hätte er lieber einen Arm gelassen, als sich freiwillig dunkler Energie hinzugeben. Sich davon verunreinigen zu lassen. Doch hier hatte solch ein falscher Stolz keinen Platz. Sie mussten handeln. Sofort. „Ich vertraue dir...“, ließ er Chénqíng wissen, der dies mit einem mokanten Schnaufen erwiderte. „Ihr zwei, habt euch wohl wirklich gesucht und gefunden.“, murrte dieser folglich und legte seine nebelhafte Gestalt schließlich, wie in einer Umarmung von hinten, über Wangji s Rücken. „Sollte es schief gehen…“, wies dieser ihn noch zurecht, raunte über Wangji stummes Kopfnicken, jedoch nur ergeben. Er spürte, wie Chénqíng´s Geist in seinen Kopf überfloss. Ein Gefühl von unnatürlicher Qualität. Aufbrausend und dornig. Ein gehetzter Hunger nach Überlegenheit. Der Fall in einen pechschwarzen, bodenlosen Abgrund. Doch durfte er sich von keiner dieser Impulse überwältigen lassen. Dann spürte er, wie all diese Elemente in Stücke brachen, und jedes Fragment einen neuen Platz einnahm, bis sich daraus etwas ganz Eigenes formte. Die Melodie, nach der er verlangt hatte. Es war ein kompliziertes Unterfangen die Noten auf seiner Guqin zu spielen, war sein Instrument solch eine aggressive Disharmonie der Klänge nicht gewöhnt, dass es kostbare Zeit verschlang die notwendige Balance zu finden auf den nun bereits, von seinen Fingern, blutgetränkten Saiten. Doch als er verstand sie zu führen, sie zu befehligen, war es wie ein reißender Strom der losbrach und er alle Mühe hatte, nicht selbst davon mitgerissen zu werden. Jedoch würde es nicht reichen, das yuàn qì einfach nur zu zwingen sich ihm zu beugen. Es würde nichts daran ändern, dass es immer noch um sie herum schleichen würde. Darauf wartend wieder zuschlagen zu können. Somit ließ er den Frost sich einen Platz in der Melodie suchen, auf das das yuàn qì Stück für Stück von blühenden Eiskristallen verschlungen wurde, die es in Stasis versetzten. Es war Bàng Hēi der darauf eine der Saiten mit seinem Schnabel zum Reißen brachte und diese abrupte Unterbrechung Wangji, wie auch Chénqíng zurückbrachte. Der immense Druck auf seine Lungen verschwand und mit einem kräftigen Schnappen nach Luft, kam Wangji wieder zu sich. Seine Hände zitterten kläglich, dass er sie zu Fäusten zusammenzog. Er schüttelte seinen Kopf über die nur langsam abziehenden, dunklen Schwaden, während sein Herz kaum noch recht zu schlagen wusste. Es war, alles in allem, eine der elendigsten Verfassungen, die er bis jetzt in seiner Existenz ertragen musste. Und doch raffte er sich sogleich wieder auf und strauchelte ein, zwei Schritte, bis er bei Yi Ling war. Das yuàn qì war solide eingefroren, das er sich auch nicht zurückhielt, als er die Kristalle mit Bichen zum Splittern brachte, um an Yi Ling heran zu gelangen. Yi Ling´s Körper war leblos in die Kristallstruktur ein drapiert. Zeigte auch keine Regung, auf das Vorbringen seines Namens, als Wangji ihn vorsichtig daraus befreite. Das erste, was er tat als dieser haltlos in seine Arme fiel, war dessen Puls zu suchen und beim ersten schwachen Schlagen, das er einfangen konnte, ihm etwas von seinen líng qì zu schicken. Ein müdes Raunen, war zu hören und nach einem Blick zu seiner Rechten, sah er Chénqíng und Bàng Hēi zusammen am Boden sitzend. Bàng Hēi in seiner normalen Form, wo Chénqíng nun kaum noch so groß war, wie ein Kleinkind. „Danke.“, ließ er diesen wissen, der darauf seine geschlossenen Augen, geschlossen hielt, aber eine schlaffe, abtuende Geste mit einer Hand machte. Ein kratziges Stöhnen folgte etwas später von Yi Ling. „Yi Ling? “ „Hm…La…n Zhan? “ „Mn.“ Ein plötzlicher, Hustenanfall brachte Yi Ling´s Körper zum verkrampfen, gefolgt von gespucktem Blut, was Wangji besorgt seine Augenbrauen zusammenziehen ließ. Sie mussten endlich hier weg. Schwer atmend, wandte sich Yi Ling ihm wieder zu und versuchte sich an einem Lächeln, auf seinen farblosen Lippen. „Nun schau nicht schon wieder so.“ Dieser hob eine klamme Hand und strich ihm die Falten zwischen seinen Brauen glatt. „Es ist ein natürlicher Prozess, als Reaktion auf deinen endlosen Leichtsinn.“, gab er ihm zu verstehen, dass es Yi Ling etwas auflachen ließ, bevor er abermals zu Husten begann. „Nichts was eine kräftige Suppe nicht wieder hinbiegen könnte.“, witzelte er zwischen tiefen, schweren Atemzügen hindurch. Wangji schüttelte kurz den Kopf, als Yi Ling ein heftiges Zittern erfasste, dass dieser sogar mit den Zähnen klapperte. Wangji verlor keine Zeit und streifte die Robe ab die er trug, um sie Yi Ling überzulegen und diesen etwas näher zu sich ziehen zu wollen, als er dessen schreckgeweitete Augen erfasste. Im nächsten Moment hatte Yi Ling ihre Positionen getauscht, indem er ihn hastig unter sich und auf den Boden brachte. Wangji sah die Pranke des Duōjí, die sich in einem Hieb über Yi Ling´s Rücken zog und diesen gequält aufschreien ließ. Er hatte nicht vor Augen, wie es ihm über diesen Schock möglich gewesen war Bichen zu befehligen, auf das sich sein Schwert zwischen die Augen des Biestes bohrte. Sein Fokus war ganz und gar auf Yi Ling´s zusammengesackten Körper gerichtet und die garstigen Wunden auf dessen Rücken, die diesen schlagartig rot mit Blut färbten. „Da sind wir wohl etwas zu spät.“, drang unerwartet eine Stimme zu ihm durch. Dann erst wurde er sich dem Trupp an Nie Soldaten bewusst, der am Eingang der Kammer stand, vorne an ein Gesicht, das ihm bekannt war. „Xiāo Míngqín?“ „Ah, nicht ganz.“ *** Es war nichts, was in seiner Hand zu liegen schien, als Wangji sich abermals in einer von Yi Ling´s Erinnerungen wiederfand, während er diesen über das schwere Fieber, das ihn erfasst hatte, kaum von der Seite wich, nun wo er Yi Ling mit zu sich in die Wolkenschlucht brachte. Es war der einzige Ort, wo er hoffte ihm helfen zu können, nachdem sie die Unheilige Ebene wieder verlassen hatten. Die Wunden auf seinem Rücken, waren nicht mehr lebensbedrohlich, doch war dessen Körper einfach zu ausgelaugt und überanstrengt, dass ihn ein schweres, unreines Fieber heimsuchte, das auch mit ihrer Heil-Magie nur langsam in den Griff zu bekommen war. Xiāo Míngqín oder Nie Huisang, wie er sich schließlich vorstellte, hatte sie ohne weiteres Aufsehen zu einem Transportportal gebracht, das in direkter Verbindung mit der Wolkenschlucht stand, und eigentlich nur dem Nie Clanführer, Nie Mingjue, vorbehalten war zu benutzen. Wangji wusste nicht, ob er sich dafür bedanken sollte, stellte sich über Nie Huaisang´s nervöses Gerede heraus, dass er sie bewusst zur dieser Miene gelotst hatte. Wangji wollte keinen Moment länger mehr dort verweilen und brachte Yi Ling schließlich zum verwaisten Haus seiner Mutter, um sich dort um ihn kümmern zu können. Es bedurfte nur einer Berührung, wenn dieser sich besonders rastlos in seinem fiebrigen Schlaf zeigte, um diese Verbindung herzustellen. Dass es Erinnerungen waren und keine Träume, deutete er damit, das er all die Emotion und den Schmerz, wie die eigenen wahrnahm, während er von wilden, garstig kläffenden Hunden, durch schmutzige, enge Gassen gehetzt wurde. Seine nackten Kinderfüße ihn kaum noch weiter tragen wollten und er betete nicht wieder von ihnen gebissen zu werden. Dann das Gefühl zu fallen, tiefer und tiefer mit der panischen Erwartung des Aufschlagens, war alles was er um sich herum ausmachen konnte schwarze, dichte Nebel, die nach ihm griffen. Eine andere Frequenz ließ ihn in einer dunklen Kammer auf dem Boden hocken, und auch wenn ihm körperlich nichts wehtat, so war es der innere, seelische Schmerz, der ihn wie eine glühende Fessel umschlungen hielt. Soviel Einsamkeit. Soviel Trauer. Soviel Hoffnungslosigkeit. Soviel Angst. Es war ihm vertraut. Dieser Schmerz, und er fühlte für den Jungen, den er nie hatte kennenlernen können. Wieder und wieder, sah er durch Yi Ling´s Augen den Horror den dieser miterlebt hatte. Ein Biest in Gestalt eines riesigen Vogels, das, wenn er sich über sein Studieren mystischer Kreaturen, nicht täuschte, ein Gǔdiāo sein musste. Was sich bestätigte, als er dessen unheiliges Kreischen vernahm, das an ein schreiendes Baby erinnerte. Den verzweifelten Kampf des Mannes, den Yi Ling Dào Zhǎng nannte Sein Fieber trieb seine Erinnerung, viel zu oft zurück an diesen Ort. Es war ein solch festgesetztes Trauma, das nie etwas von der überwältigenden Hilflosigkeit verlor. Und er sah das Schwert. Schwarz und blutrünstig. Verstand die Verzweiflung des Jungen. Wie er auch wusste, dass dieser nur ein weiteres Opfer für dessen, von Wahnsinn geprägter Mordlust, sein würde, sobald dieser seine zittrigen, schmalen Hände daran legte. Die Welt schien für einen Moment schlicht still zu stehen, folgte weder Schmerz noch Irrsinn. Nur Kälte, die von schwarzen Flammen her rührte, die sich Biss für Biss durch sein Inneres fraßen. Bis die Schreie einsetzten. Endlos, wie vom Sturm gepeitschte Wellen, die wieder und wieder auf einen niederstürzten. Einen darunter geradezu erstickten. Und so sehr er selbst aus diesen quälenden Bildern hätte flüchten wollen, so hielt er weiter Yi Ling´s Hand. Selbst wenn es sinnlos war und er ihn nicht vor dem Geschehenen würde bewahren können, so wollte er ihn genauso wenig allein darin lassen. „Yi Ling… Komm zurück… Komm zurück zu mir…“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)