Im Himmel ist der Teufel los von Sky- (Apokalypse Reloaded) ================================================================================ Kapitel 10: Liebe macht geisteskrank ------------------------------------ Für Samael war der Abend mit Luzifer endgültig gelaufen, nachdem Uriel ihm noch weiter nachgestellt hatte. Also hatte er sich stattdessen wieder auf die Vorbereitungen seiner Umsturzpläne vorbereitet und alles genau mit seinem Liebhaber durchgesprochen. Das war das Einzige, was ihn noch halbwegs aufmuntern konnte. Einmal das und natürlich der Alkohol, den er gebunkert hatte. Hauptsache er konnte diese mehr als schrecklichen Erinnerungen mit Uriel aus seinem Gedächtnis streichen. Zumindest hoffte er, dass der Kerl sich wieder ein wenig einkriegen und dann deutlich handzahmer werden würde. Vielleicht brauchte er einfach nur jemanden zum Ausheulen und wenn er sich wieder emotional eingependelt hatte, gingen die Dinge wieder ihren gewohnten Gang. Als der nächste Tag anbrach und es immer noch keine genauen Informationen darüber gab, wann das Meeting fortgesetzt werden sollte, beschloss der Todesengel, Metatron einen Besuch abzustatten. Damit es nicht allzu sehr auffiel, dass sich Luzifer immer noch im Himmel befand und noch nicht in die Hölle zurückgekehrt war, wies Samael ihn an, sich in seinen Gemächern versteckt zu halten und sich möglichst nicht blicken zu lassen, bis er endlich wusste, wie es jetzt weitergehen sollte. Es wunderte ihn schon, dass er noch nicht benachrichtigt worden war. Immerhin war er doch der Vizeregent des Himmels und der mächtigste und höchste Seraph nach Metatron. Zwar war er nicht beliebt, aber es wäre trotzdem schön gewesen, mal Bescheid zu sagen. Er hatte noch all die Male deutlich im Gedächtnis, wo er einfach schriftlich informiert worden war und jedes Mal die Botenengel daran erinnern musste, dass er blind war und somit die Botschaften gar nicht lesen konnte. Nur weil er in der Lage war, die Präsenzen anderer Lebewesen zu spüren und sich durch seine überirdischen Sinne einigermaßen zurechtzufinden, bedeutete das noch lange nicht, dass sie ihm sein Augenlicht komplett ersetzten. Aber leider vergaß die gesamte Belegschaft das immer wieder, weil er der einzige beeinträchtigte Engel im gesamten Reich war. Es war schon traurig, dass der Himmel nicht einmal wirklich behindertengerecht war. Noch trauriger war es, wenn man der einzige körperlich behinderte Engel im gesamten Himmelreich war. Und das alles hätte nicht sein müssen, wenn ihm dieser verdammte senile Narr Mose nicht den Stock ins Gesicht gedonnert hätte. Naja, es half auch nichts, immer wieder daran zu denken und sich darüber aufzuregen. Davon wurde die Sache auch nicht besser. Und er hatte ja seine Genugtuung bekommen. Jetzt durfte der gute Mose zusehen, wie er die Ewigkeit ohne seine Sinnesorgane auskommen würde. Dieser Gedanke heiterte ihn nun deutlich auf und er ließ sich fast schon zu einem zufriedenen Lächeln hinreißen, als er sich auf den Weg zum siebten Himmel machte, um persönlich bei Metatron vorbeizuschauen. Weit kam er aber nicht, denn kaum dass er auf den Korridor hinausgetreten war, wurde er auch schon von Uriel abgefangen, der offenbar auf ihn gewartet hatte. „Guten Morgen, Samael“, grüßte dieser ihn überglücklich, umarmte ihn stürmisch und küsste ihn liebevoll. Doch zum Leidwesen des blinden Seraphs waren seine Küsse genauso schlecht und amateurhaft wie gestern. Samael musste sich wirklich zusammenreißen um keine Miene zu verziehen. Zumindest musste er nicht das breite und fröhliche Grinsen des liebeskranken Erzengels sehen. Alleine schon es aus seiner Stimme herauszuhören war schon mehr als genug. „Du siehst gut wie eh und je. Wie geht es dir denn heute? Hast du irgendetwas Wichtiges vor? Kann ich dich begleiten?“ Sofort drückte der listige Seraph ihn von sich um etwas mehr Abstand zu gewinnen. Erstens waren ihm das viel zu viele Fragen auf einmal und zweitens bevorzugte er lieber einen gewissen Abstand zu anderen. Vor allem zu jenen, deren Anwesenheit ihm schon einen eiskalten Schauer des Grauens über den Rücken jagten. „Immer mal der Reihe nach, Uriel. Was machst du denn überhaupt hier? Wie lange wartest du schon vor meiner Tür?“ „Ähm… noch nicht ganz so lange…“, murmelte der Erzengel verlegen und Samael brauchte nicht einmal sein Augenlicht um sofort zu erkennen, dass das eine Lüge war. Der stand eindeutig schon viel länger hier. Konnte es etwa sein, dass er seit seinem letzten Annäherungsversuch am gestrigen Abend nie wirklich weggegangen war? Hatte Uriel etwa allen Ernstes die ganze Zeit vor seinen Gemächern gewartet und sich nicht von der Stelle bewegt, nur um ihm dann weiter hinterherlaufen zu können? Das war nicht nur nervtötend, sondern auch noch verdammt gruselig obendrein. War der Kerl etwa ein Stalker? Kein Wunder, dass ihn keiner leiden konnte. Doch er versuchte gute Miene zum bösen Spiel zu machen und wahrte die Fassung. „Zu deiner zweiten Frage: ich habe da ein paar wichtige Dinge mit jemandem zu besprechen und bin deshalb etwas in Eile. Wenn du also bitte entschuldigst…“ Damit wollte Samael weitergehen, doch Uriel versperrte ihm den Weg und ließ ihn nicht weitergehen. Der blinde Seraph bewahrte zwar sein charismatisches und unnahbares Lächeln, doch innerlich kochte er vor Wut und hätte diesem unverschämten Erzengel eigenhändig den Kopf abgerissen. Was fiel diesem Versager ein, sich ihm so dreist in den Weg zu stellen? „Uriel… wärst du bitte so lieb und würdest mir aus dem Weg gehen?“ fragte er ruhig, doch der Sternenregent bewegte sich erst kein Stück von der Stelle. Er war etwas unruhig und wollte eindeutig etwas von ihm, schwieg dann aber als er merkte, dass sein Schwarm bei etwas schlechter Laune war und trat dann zögerlich beiseite. Ohne großartig weiter darauf einzugehen, ging Samael weiter und hoffte, dass er endlich etwas Ruhe haben würde. Doch auch diese Hoffnung wurde augenblicklich zerschlagen, als er merkte, dass Uriel wie ein Hündchen hinter ihm herlief und offenbar gar nicht vorhatte, ihn alleine zu lassen. Irgendwann bringe ich den Kerl um, dachte sich der Todesengel zerknirscht und hatte sichtlich Mühe, seine Wut runterzuschlucken und weiterhin Haltung zu bewahren. Doch er begann allmählich mit dem Gedanken zu spielen, dass ihm Uriels Tötung vielleicht sogar mehr Genugtuung bereiten würde als Gott zu stürzen. Wenigstens ging ihm dieser bei weitem nicht so sehr auf die Nerven. Nicht auszudenken, wenn er Uriel gar nicht mehr loswurde. Wie sollte er dann seine nächsten Schritte in Ruhe planen, wenn er ständig von einem liebeskranken Stalker verfolgt wurde?! „Gibt es noch irgendetwas, was du mich fragen willst, Uriel? Ich bin nämlich ein klein wenig in Eile…“ „Äh… ja nun… also…“ Nervös räusperte sich der vierte Erzengel und war ein wenig verlegen. „Ich dachte, wir können vielleicht was zusammen machen.“ „Tun wir doch gerade.“ „Ich meine jetzt nicht so nebeneinander herlaufen. Was ich eigentlich fragen wollte ist, ob wir uns richtig treffen. So wie ein Date.“ Nun blieb Samael stehen und hob ungläubig eine Augenbraue, als er das hörte. „Ein Date?“ „Eine romantische Verabredung“, erklärte Uriel und nahm seine Hand. Sie fühlte sich kalt und schwitzig an und machte die Sache nicht unbedingt angenehmer für den listigen Seraph. „So nennen das die Menschen heutzutage, weißt du?“ Lieber Gott… alles aber bloß das nicht!, fuhr es Samael durch den Kopf und sein charismatisches Lächeln wich nun eher einem verkrampften Grinsen, denn er hatte das unangenehme Gefühl, als würde ihm jeden Moment die Galle hochkommen. Zum Glück merkte Uriel nichts davon und deutete die Reaktion eher als vorfreudige Erwartung und glückliches Strahlen. Dass sein Schwarm gerade darüber fantasierte, ihm allein mit der Kraft seiner Gedanken den Kopf abzureißen und dann seine Überreste im tiefsten Höllenfeuer zu verbrennen, ging völlig an ihm vorbei. Aber Uriel war ohnehin nicht sonderlich gut darin, bestimmte Zeichen richtig zu deuten oder die Atmosphäre zu lesen. Da wirkte ein passiv-aggressives Zähnefletschen schnell wie ein freundliches Grinsen. „Das klingt ja wirklich wunderbar, mein Lieber“, meinte Samael und konnte in diesem Moment wirklich von Glück reden, dass der vierte Erzengel erstens blind vor Liebe und zweitens etwas schwer von Begriff war. Jeder andere hätte sofort den sarkastischen Unterton rausgehört und direkt erkannt, dass der blinde Seraph wirklich am Ende seiner Geduld war und am liebsten Köpfe rollen lassen wollte. „Lass uns am besten darüber sprechen, wenn ich wieder zurück bin. Ich muss nämlich noch zu Metatron und mit ihm über das vertagte Meeting sprechen. Solange ich nicht weiß, wann es weitergeht, habe ich wirklich nicht den Kopf für irgendwelche anderen Dinge.“ So, diese Ausrede musste aber nun wirklich genügen, um diesen Schwachkopf endlich loszuwerden. Doch leider musste Samael schnell erkennen, dass er Uriels Hartnäckigkeit wirklich unterschätzt hatte und ihn nicht so schnell abschütteln konnte wie er es sich vorgestellt hatte. Stattdessen hielt ihn der Sternenregent weiter fest und hinderte ihm am Weitergehen. Nun war es endgültig zu viel des Guten. Jetzt musste wirklich mal Tacheles geredet werden. Samael atmete geräuschvoll aus und war nun deutlich genervter als ohnehin schon. „Uriel, ich weiß deine Hingabe wirklich sehr zu schätzen aber ich muss weiter.“ Doch diese kalte und verschwitzte Hand hielt die seine weiterhin fest und etwas unsicher meinte Uriel „Weißt du es denn noch nicht? Das Meeting ist bis auf weiteres verschoben worden. Metatron ist von Gott zur Erde geschickt worden um Malachiel um Hilfe zu bitten. Bis dahin wird er von seinem Bruder vertreten.“ „WAS?!“ rief Samael in seiner donnernden Seraph-Stimme, welche den gesamten Korridor erzittern ließ und für einen Augenblick das Licht verdüsterte. Für gewöhnlich nutzte er diese Stimme nur wenn er wirklich aufgebracht war und keine Lust mehr auf irgendwelche Scharaden hatte. Da das aber so gut wie nie passierte weil er eine enorme Selbstbeherrschung an den Tag legen konnte, kam diese Reaktion für Uriel völlig unerwartet und erschrocken wich dieser vor ihm zurück. Niemand, aber auch wirklich niemand wollte sich freiwillig in einem 300-Meter-Radius mit Samael aufhalten, wenn dieser die Fassung verlor. „Metatron ist zur Erde hinabgereist?“ fragte der blinde Engel wütend. „Seit wann weißt du davon und warum hat mich niemand darüber informiert?“ „Naja… seit gestern Abend ist er schon weg“, murmelte Uriel verlegen und senkte schuldbewusst den Blick. Zwar war Samael blind, doch trotzdem wurde er das Gefühl nicht los, als würde etwas in diesen trüben und leeren Augen aufflammen, das ihn vorwurfsvoll anstarrte. Vielleicht war es aber auch einfach nur die schlechte Erfahrung mit seinen Kollegen. „Du hast dich gestern nicht so wohl gefühlt und da wollte ich dich nicht stören. Ich habe es auch erst durch Raphael erfahren. Offenbar ist Metatron ziemlich überstürzt aufgebrochen. Aber weißt du… das trifft sich doch ganz gut, findest du nicht? Dann haben wir mehr Zeit für uns.“ Hieraufhin ergriff er wieder Samaels Hand und hielt sie fest. Nachdem er seinen ersten Schreck über dessen wütende Reaktion verwunden hatte, war er einfach nur überglücklich, endlich wieder mit ihm allein zu sein und die gemeinsame Zeit zu genießen. Nun, da seine Gefühle endlich erwidert worden waren, wollte er nicht eine einzige Sekunde von seiner großen Liebe getrennt werden. Dass er sich damit sein eigenes Grab nur noch tiefer schaufelte, ahnte er natürlich nicht und bewies erneut, wie wenig Feingefühl er in dieser Situation hatte. Er bemerkte nicht einmal Samaels vor Zorn zuckende Augenlider und war nach wie vor der festen Überzeugung, dass dieser genauso glücklich war wie er und höchstens ein wenig schüchtern und viel zu beschäftigt war. Das Einzige, was Samael in diesem Moment davon abhielt, diesen liebeskranken Trottel eigenhändig zu zerfleischen, war lediglich seine Fassungslosigkeit über dessen grenzenlose Ignoranz. Er begann sich allmählich zu fragen, wie jemand derart hoffnungslos sein konnte, dass es an ein Wunder grenzte, dass er noch nicht ins Gras gebissen hatte. Tja, wahres Genie war zum Aussterben verurteilt, aber Dummheit hielt offenbar ewig. Je mehr Zeit er mit diesem verliebten Loser verbrachte, umso mehr verstand er, wieso er der Prügelknabe für alle war. Und umso weniger verstand er, warum jemand wie er überhaupt Erzengel werden konnte. Unter normalen Umständen hätte er ja darauf gewettet, dass er sich hochgeschlafen hatte, aber er hatte ja am eigenen Leib bereits feststellen müssen, dass das nicht zutraf. Doch er hatte jetzt weitaus größere Probleme als sich mit einem abgrenzungsbehinderten Engel herumzuschlagen. Dass Metatron zur Erde hinabgereist war, bedeutete eine absolute Katastrophe und konnte im schlimmsten Fall sein gesamtes Vorhaben gefährden. Dieser verdammte Malachiel hatte ihm schon vor 700 Jahren die Suppe versalzen und ihm die Apokalypse und damit auch die längst überfällige totale Säuberung der Erde versaut. Und dann hatte er es auch noch auf derart banale Art und Weise beendet, dass es wie Salz auf der Wunde gewesen war. Es war wirklich eine Szene für sich gewesen, als Metatron damals verkündet hatte, dass Gott einen Mediator geschickt hätte um den letzten Krieg zwischen Himmel und Hölle aufzuhalten. Alle hatten mit einem überraschenden Comeback von Jesus oder wenigstens einem zweiten Messias gerechnet, doch stattdessen war es eine abstrakte Kreuzung aus Engel und Dämon gewesen. Gott allein wusste, wie es überhaupt funktionieren konnte, dass dieser seltsame Freak existieren konnte, obwohl seine schiere Existenz gegen die natürliche Ordnung verstieß. Nachdem beide streitende Parteien ihre erste Verwirrung überwunden hatten, rechneten sie mit irgendeiner großspurigen Rede über Friede, Nächstenliebe und Gleichgewicht. Also etwas in der Art, das die Engel bis zum Erbrechen auf der Erde gepredigt hatten, bis es ihnen zum Hals heraushing. Und so ziemlich auch genau derselbe Sermon, den schon Jesus zu Lebzeiten heruntergeleiert hatte, bis er sich damit ans Kreuz gepredigt hatte. Doch eine solche Rede war ausgeblieben und es folgte auch kein moralischer Appell. Malachiel war auch nicht unbedingt das gewesen, was man als würdevoll und charismatisch bezeichnen konnte. Von Reden über Frieden und Nächstenliebe hielt er nicht allzu viel und war auch nicht daran interessiert, sich bei irgendjemandem beliebt zu machen. Er war einfach nur ein missgelaunter und zynischer Faulenzer gewesen, der mit Worten um sich schoss, denen nicht einmal Jesus vergeben hätte. Statt also große Reden zu schwingen und auf diese Weise die Gemüter zu besänftigen, hatte er sie allesamt als starrsinnige, kurzsichtige und primitive Spatzenhirne bezeichnet. Dann hatte er ihnen das Szenario geschildert, welches nach der Apokalypse folgen würde und jeder musste erkennen, dass eine ganze Ewigkeit in quälender Monotonie doch nicht so das Wahre war. Die ewige Rivalität zwischen Himmel und Hölle und die Erde waren so ziemlich das Einzige, was sie alle davon abhielt, vor Langeweile zu sterben. Und wenn beides wegfiel, hätten sie rein gar nichts mehr, das ihnen das ewige Leben erträglicher machte. Wenn man also auf einen Krieg zugunsten einer weiterwährenden Fehde verzichtete, hätten alle etwas dabei gewonnen. Natürlich waren nicht alle vollkommen überzeugt gewesen und da Worte bekanntlich alleine nicht ausreichten, hatte Malachiel angeboten, den Streit mit Mitteln zu beenden, die „selbst der ignoranteste kriegstreibende Schwachmat“ verstand: wer es tatsächlich schaffte, ihn zu besiegen, würde zum Herrscher über alle Reiche ernannt werden. Und wenn er gewann, dann mussten alle schwören, die Erde nicht als Schlachtfeld für irgendwelche apokalyptischen Machtkämpfe zu missbrauchen. Das Endergebnis war gewesen, dass er jedem gehörig die Kauleiste poliert hatte, der nicht bei seinem Vorhaben mitspielen wollte. Und das war das Ende der Apokalypse gewesen, bevor sie überhaupt richtig losgegangen war. Es war der schwärzeste Tag für Samael seit jenem schicksalhaften Vorfall gewesen, der ihm sein Augenlicht genommen hatte. Vor allem aber war es eine peinliche Schmach für alle Beteiligten gewesen. Allein der Gedanke daran, dass dieser großmäulige Aufschneider sich wieder in fremde Angelegenheiten einmischte und Samaels Pläne komplett durcheinander brachte, stieß ihm sauer auf. Er konnte und wollte nicht zulassen, dass ihm schon wieder jemand in die Parade fuhr. Dieses Mal war er es endgültig leid und er musste unbedingt verhindern, dass Metatron mit ihm im Schlepptau in den Himmel zurückkehrte. Und er hatte auch schon eine Idee, wie er am besten vorging. Problem war nur, dass er dafür irgendwie Uriel loswerden musste. Da dieser sowieso schon da war, konnte er ihn auch gleich mit der nächsten Phase seines Plans betrauen. Es war ein wenig kurzfristig, aber andersherum auch die perfekte Gelegenheit, um endlich etwas Freiraum zu bekommen. Doch wie die Ironie so wollte, musste er dafür mal wieder seine Reize spielen lassen. Also wandte er sich mit einem aufgesetzten verführerischen Lächeln zu Uriel um und schlang seine Arme um dessen Schultern. Auch wenn er wusste, dass er sich damit nur noch mehr Ärger einbrockte, es war immer noch die effektivste Methode um diesen Erzengel um den Finger zu wickeln. „Uriel, erinnerst du dich noch, wie wir gestern darüber gesprochen haben, dass ich dir bei deinem Problem mit deinen Kollegen helfen werde? Ich wüsste da einen Weg aber die Frage ist: vertraust du mir auch?“ Uriel errötete und zuerst fehlten ihm die Worte um überhaupt zu antworten. Hastig rief er „Ich würde dir mein Leben anvertrauen.“ „Das höre ich doch gerne“, raunte Samael und kam ihm so nah, dass sich ihre Nasenspitzen beinahe berührten. „Wenn du alles so machst wie ich es dir auftrage, dann verspreche ich dir, dass du endlich die Anerkennung bekommst, die dir zusteht. Es ist ganz einfach und wir zwei werden das zusammen durchziehen. Na? Wie klingt das für dich?“ Damit hatte er den liebeskranken Sternenregent vollkommen überwältigt und er hätte in diesem Zustand wirklich alles getan, was Samael ihm aufgetragen hätte. Er brachte nur ein „J-j-ja“ zustande. Mit einem geflüsterten „Wunderbar“ küsste der blinde Seraph ihn und ignorierte dabei seine innere Stimme, die ihn davon abhalten wollte, alles nur noch schlimmer zu machen. „Wir werden die Erzengel gegeneinander ausspielen und wenn Michael und Gabriel weg vom Fenster sind, dann wird dir nichts mehr im Weg stehen. Du musst nur Michaels Schwert stehlen und zwar so, dass keiner etwas mitbekommt.“ Hier zog Uriel etwas verwirrt die Augenbrauen zusammen und kam nicht so ganz mit, wozu das gut sein sollte. „Wozu brauche ich das Schwert?“ Samael begann ihm leise die Kurzfassung seines Plans zu erklären und wie erwartet war es keine große Kunst, Uriel zu überzeugen. Zwar war er anfangs noch ein wenig skeptisch, doch als der blinde Todesengel ihm versicherte, dass es schon gut gehen und niemand ihn in Verdacht bringen würde, willigte er ein. Da er seine Kollegen sowieso nicht ausstehen konnte, hatte er auch keine allzu großen Bedenken, Gabriel zu töten und Michael die Schuld in die Schuhe zu schieben. Geschah denen doch ganz Recht, wenn sie meinten, sich ständig für etwas Besseres halten zu müssen. Samael war sichtlich zufrieden und schärfte ihm noch ein, erst mit der nächsten Phase des Plans zu beginnen, wenn er die entsprechenden Anweisungen bekam. Dann schickte er Uriel los, um das Schwert besorgen und ermahnte ihn noch mal eindringlich, sich unter keinen Umständen von irgendjemandem dabei sehen zu lassen. Im Gegenzug versprach er ihm dafür, all das aufzuholen, wozu sie gestern nicht mehr gekommen waren. Und dieses Versprechen genügte vorerst, um diesen liebeskranken Stalker für eine Weile loszuwerden. Kaum war Uriel weg, eilte Samael schnell wieder zu seinen Gemächern zurück, wo er Luzifer zurückgelassen hatte. Jetzt musste er sich dringend etwas einfallen lassen um zu verhindern, dass Metatron diesen Spaßverderber Malachiel hierher brachte. Kaum war er wieder zurück, verriegelte er hastig die Tür um sicherzustellen, dass er nicht gestört werden würde. „Luzifer, wir haben ein Problem!“ Unter dem Bett kam eine dunkle Schlange mit dämonisch glühenden Augen hervor und richtete sich auf. Als sie Samael vernahm, verwandelte sie sich wieder zurück in den Höllenfürst, der sichtlich irritiert darüber war, dass sein Liebhaber schon so früh wieder zurückgekommen war. „Ist etwas passiert? Ist irgendetwas mit Uriel vorgefallen?“ „Vergiss den Kerl mal für einen Augenblick“, fuhr der dunkle Seraph genervt dazwischen, denn er war froh, wenn er wenigstens für diesen Moment nicht diesen Namen hören musste. Der Kerl hatte ihm sowieso schon den letzten Nerv geraubt. „Metatron ist zur Erde geschickt worden und soll Malachiel um Hilfe bitten. Wenn der nach oben kommt um die Krise zu bewältigen, wird er uns garantiert unsere Eroberungspläne versauen. Und das dürfen wir auf keinen Fall zulassen!“ „Den Halb-Engel?“ hakte Luzifer stirnrunzelnd nach. „Oh Mann, das gibt definitiv Ärger…“ „Wieso? Ist irgendwas vorgefallen?“ „Na und ob!“ rief der Höllenfürst verärgert. „Er hat mehrere hochrangige Dämonen bezwungen und in seinem Pfarrhaus versiegelt als wäre das sein privates Museum. Und allein die Art und Weise erst… Belphegor, den Erzdämon der Todsünde Trägheit hat er in eine Standuhr eingesperrt und gemeint, etwas Bewegung würde diesem Faulpelz nicht schaden. Amducias hat er in ein Radio versiegelt, welches andauernd nur Schlagermusik abspielt, weil er von Amducias‘ Musik einen Ohrwurm bekommen hat. Und Astaroth hat er erst die Zunge verknotet und ihn dann in einen alten VHS-Rekorder gesperrt weil – und ich zitiere – niemand einen Typen leiden kann, der immer alles spoilern muss. Ganz zu schweigen davon, dass er unzählige andere Dämonen in irgendwelche Haushaltsgegenstände gesperrt hat.“ „Na super… also haben wir einen zweiten König Salomon“, seufzte Samael und fuhr sich durch sein kohlrabenschwarzes Haar. „Und ich schätze mal, bei der aktuellen Unterbesetzung in der Hölle kann sich Satan keine weiteren Ausfälle erlauben. Hast du da vielleicht noch irgendeine Idee, wie man ihn kleinkriegen oder zumindest davon abhalten kann, hierher zu kommen?“ Luzifer verschränkte die Arme und dachte nach. Leider war es so wie Samael bereits gesagt hatte und er hatte leider nicht genügend Ressourcen an Dämonen zur Verfügung, die er Malachiel auf den Hals hetzen konnte. Es hätte vielleicht anders ausgesehen, wenn es diese blöde Krise nicht geben würde, aber in Zeiten der Not wurde man auch kreativ. Und er hatte da eine Idee, was vielleicht helfen konnte: „Vielleicht liegt es einfach daran, weil die gefangenen Dämonen bereits so bekannt sind, dass ihre Schwachstellen nicht schwer zu erraten sind. Wenn wir aber jemanden losschicken würden, zu dem es noch keine Aufzeichnungen gibt, würde das unsere Chancen erhöhen. Es gibt da eine Gruppe von Nachwuchsdämonen, die sich als New Age Dämonen bezeichnen und auf moderne Mittel setzen, um Chaos und Elend zu verbreiten. Vielleicht fahren wir damit besser als mit all diesen altmodischen Oberdämonen, die nicht mal wissen was ein Shitstorm ist.“ Das Argument klang durchaus plausibel. So wie sich die menschliche Zivilisation entwickelt hatte, war es eher hinderlich, Dämonen mit wichtigen Aufgaben zu betrauen, die sich überhaupt nicht mit dem modernen Schnickschnack auskannten. Wenn es also jemanden gab, der sich perfekt an diese Welt anpassen konnte und über weitaus bessere Mittel verfügte, dann war es definitiv einen Versuch wert. Am liebsten wäre Samael selber gegangen, aber er wollte lieber nicht riskieren, dass Uriel noch irgendeine Dummheit anstellte, die sein Vorhaben in Gefahr bringen konnte. Ebenso wenig konnte er Luzifer losschicken. Wenn der genug Pech hatte und genauso endete wie all die anderen Dämonen, die in Malachiels Mobiliar und Haushaltsutensilien versiegelt waren, hätte er seine stärkste Figur im Spiel verloren. Und das konnte er sich genauso wenig leisten. Also ging er lieber das kleinste Risiko ein. „Also gut, dann sag deinem Kandidaten, er soll nach Hollingsworth gehen und dafür sorgen, dass Malachiel und Metatron nicht in den Himmel zurückkehren.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)