Eisprinz - Ich bringe dein Herz zum schmelzen von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 11: ------------ Ein paar Tage hörte Otabek nichts mehr von Vasily und war auch irgendwie froh darüber. Am Freitagabend, nach dem Training, war Yuri bei ihm und quälte sich mit seinen Schularbeiten herum. Plötzlich vibrierte das Smartphone neben ihm. Otabek war in der Küche am Kochen. „Ota, dein Handy klingelt.“ „Bringst du es mir kurz?“ „Klar.“ Yuri nahm es und ging in die Küche. Er warf einen kurzen Blick auf das Display, der Name Vasily war darauf zu lesen. Er wollte gerade einen flapsigen Kommentar ablassen, ließ es aber doch. Wenn Otabek ihm von der Nachricht erzählen wollte, würde er es tun. „Hier.“ Er drückte es ihm in die Hand und ging wieder ins Wohnzimmer. Als Otabek den Namen auf dem Display sah, seufzte er. Allerdings kannte er seinen alten Freund gut genug, um zu wissen, dass er keine Ruhe gab, wenn er es ignorieren würde. >Treffen wir uns morgen? Ich möchte dir etwas zeigen< >Ich habe keine Zeit, sorry< >Bitte Otabek, es dauert nicht lange< >Also schön, wann und wo< >An der Eishalle, um 11 Uhr< Otabek seufzte wieder, was sollte er nur Yuri erzählen? Sollte er lügen? Oder die Wahrheit sagen? „Sag mal Yuri, hast du morgen Training?“ „Ja, um zehn Uhr bis ca. dreizehn Uhr, wieso?“ „Ach, ich dachte, ich hole dich danach ab und wir essen in der Stadt Mittag.“ „Ja, find ich cool.“ Otabek atmete auf, Yuri schien keinen Verdacht zu schöpfen. Trotzdem hatte er ein ziemlich schlechtes Gewissen, als er am nächsten Tag zur Eishalle fuhr. Yuri´s Kuss, den er ihm gegeben hatte, als er ihn bei der Ballettschule abgesetzt hatte, brannte wie Feuer. Fing es jetzt schon an, dass er Geheimnisse vor seinem Freund hatte? Allerdings traf er sich nur mit einem alten Freund. Vielleicht war alles ganz harmlos. Als Otabek die Halle betrat, sah er Vasily schon auf dem Eis seine Runden drehen. Er sah ihn noch nicht und auf Otabeks Gesicht breitete sich ein Lächeln aus. Genauso kannte er ihn, hochkonzentriert, völlig in der Bewegung vertieft, in sich versunken und geschmeidig gleitend. Wehmut mischte sich mit Bewunderung, denn er erkannte sich selbst wieder. Otabek dachte, sein Karriereaus überwunden zu haben, doch es tat immer noch weh. Jetzt winkte Vasily ihm zu und kam an die Bande. „Du bist tatsächlich gekommen. Hat dein Dompteur dich gehen lassen?“ Vasily lächelte und zwinkerte ihm zu. Otabek wusste, dass es scherzhaft gemeint war aber es wurmte ihn. „Streite dich nicht mit mir!“ „Natürlich nicht, entschuldige.“ „Was wolltest du mir denn jetzt zeigen?“ „Kannst du dich noch daran erinnern, dass ich immer Schwierigkeiten hatte, den dreifachen Rittberger zu schaffen? Entweder bin ich gestürzt oder unsauber aufgekommen.“ „Ich erinnere mich. Du warst mehr als einmal sehr betrübt darüber.“ „Betrübt ist gut, ich war am Boden zerstört. Aber schau, ich kann es jetzt.“ Vasily drehte elegant ein paar Runden, wurde dann schneller und sprang den Dreifachsprung. Federnd kam er auf und Otabek nickte. Ein sehr sauberer und sicherer Sprung. Strahlend kam Vasily wieder an die Bande. In seinen Augen lag ein Leuchten, dass Otabek nur zu gut kannte. Es hatte bei Vasily immer nur zwei Ausdrücke gegeben, der des puren Verzweifelns oder der des grenzenlosen Glücks. „Was sagt dein Fachmann Auge?“ „Du scheinst die Zeit, in der wir uns nicht gesehen haben, sehr gut genutzt zu haben. Sehr sichere Schrittführung, schöne Bögen und du wirkst im Ganzen entspannter.“ „Nicht wahr? Genau das sagt mein Trainer auch. Er wollte mich nicht eher zur Meisterschaft anmelden, ehe ich es nicht hundertprozentig draufhabe. Jetzt steht dem nichts mehr im Weg. Komm, ich will mich umziehen.“ Otabek folgte ihm zu den Umkleidekabinen. Vasily zog seinen Trainingsanzug aus und packte ihn in seine Tasche. Er stand nun in Boxershorts vor ihm und Otabek wunderte sich etwas. Wenn er Vasily früher halbnackt gesehen hatte, war ein Kribbeln durch seinen Bauch gewandert. Auch heute hatte sich sein Körper nicht verändert, war immer noch schlank, biegsam und doch muskulös. Und doch war es heute anders, das sexuelle Verlangen von früher war wie weggeblasen. Otabek war so vertieft in seinen Gedanken, dass er Vasilys heißen Atem erst bemerkte, als es schon zu spät war, sich von seinem Gesicht zu lösen. Vasily hatte sein Schweigen und die Blicke ganz anders gedeutet. „Die Anziehungskraft… sie ist immer noch da und deutlich zu merken. Nicht wahr? Du kannst es nicht mehr leugnen.“, hauchte Vasily. „Was zum… Vasily, lass es!“ Otabek drehte den Kopf zur Seite und entging dem Kuss. Ein leises Lachen drang an sein Ohr. „Früher haben öffentliche Orte dich mehr angemacht. Hast du Angst, dass man uns erwischt?“ „Ja, aber aus einem anderen Grund als du jetzt denkst.“ Vasily war ihm immer noch viel zu nahe, doch noch zögerte Otabek, ihn zur Seite zu stoßen. Gab es nicht noch eine andere Möglichkeit, ihn zur Vernunft zu bringen? Vasily deutete sein Schweigen leider falsch. „Es kann nicht vorbei sein, ich akzeptiere es nicht. Wir haben so viel erlebt, zusammen durchgemacht, geweint, gelacht. Und dein Zögern gibt mir Recht.“ „Vasily…“ Jetzt war es zu spät, Vasilys Kuss traf seine Lippen. Sie waren anders als Yuri´s. Seine waren süß und unschuldig, während Vasilys fordernd und mit einiger Erfahrung war. Jetzt spürte er, wie Vasilys Finger sich langsam den Weg in seine Hose bahnten. Erst vorsichtig, dann fester umschlossen sie seinen Penis. Otabek verfluchte sich dafür, dass er sofort hart wurde. Vasily lachte leise. „Deine Reaktion sagt mehr als tausend Worte, Ota.“ Es durchfuhr Otabek wie ein Schock. Verdammt, er hätte diese Nähe sofort unterbinden müssen. Was hatte er sich denn bloß beweisen wollen? >Ich bin schwach und gerade dabei, Yuri zu betrügen< Mit einem Ruck stieß er Vasily endlich beiseite. „Das, was wir hier tun, ist jetzt zu Ende! Du hast recht, für dich muss es so ausgesehen haben, als wäre ich im Zweifel. Dafür entschuldige ich mich, ich hätte es nicht so weit kommen lassen dürfen. Vasily, versteh mich nicht falsch, unsere Zeit war toll, ich werde mich immer sehr gern daran erinnern. Und, ja, vielleicht wären wir doch ein Paar geworden. Aber früher war früher und heute ist heute. Heute bin ich mit Yuri zusammen und unsere Liebe muss noch wachsen. Daran werde ich arbeiten, daran, und an meiner Ausbildung. Es ist für alle besser, wenn sich unsere Wege trennen. Ich werde dich immer in guter Erinnerung behalten, zerstöre es nicht. Machs gut, alter Freund.“ Otabek verschwand und war sehr erleichtert, dass Vasily ihn nicht zurückhielt. Dass dieser die Fäuste vor Wut und Enttäuschung so sehr ballte, dass sie bluteten, sah Otabek nicht mehr. Yuri wartete schon ungeduldig auf seinen Freund. „Da bist du ja endlich! Ich dachte schon, du versetzt mich.“, begrüßte er ihn schmollend. Die leicht nach vorn geschobene Unterlippe und der säuerliche Blick brachten Otabek widerwillig zum Lachen. Er zerstrubbelte die Haare seines Freundes. „Naaa, ist der kleine Tiger etwa sauer?“ „Pfft, wenn du noch später gekommen wärst, hätten wir auch gleich Abendbrot essen können!“ „Jetzt gibst du es mir aber richtig, pass auf, dass ich dich nicht übers Knie lege und dir deinen süßen Po versohle!“ „Erst kommst du zu spät und dann kriege ich auch noch Schläge angedroht? Man, dass Mittagessen wird bombastisch sein müssen, um mich zu besänftigen.“ Doch die zuckenden Mundwinkel verrieten Otabek, dass Yuri nicht mehr böse war. Lachend legte er einen Arm um Yuri´s Schultern und drückte ihn. „Komm mit, es gibt ein königliches Mahl für das Raubtierchen.“ Im Restaurant wollte er nur in die hübschen grünen Augen Yuri´s gucken. „Wie war das Training?“ „Wie immer, die alte Vettel ist mit nichts zufrieden.“, muffelte Yuri hinter einer großen Portion Reis hervor. „Machst du Fortschritte?“ „Nein, es ist immer die gleiche Schrittfolge. Wenn ich nicht wüsste, dass es nicht für immer ist, hätte ich das Ganze schon hingeschmissen.“ „Hast du Schmerzen danach?“ „Nein, gar nicht. Nächste Woche geht es wieder für eine Stunde aufs Eis. Danach will ich endlich eine Entscheidung. Der Grand Prix steht an, ich will daran teilnehmen.“ Plötzlich spürte Otabek sein Handy vibrieren. >Sag deinem Freund, dass wir uns heute getroffen haben oder ich tus!< Otabek seufzte, er brauchte gar nicht auf den Absender zu gucken, wusste genau, wer es war. Warum konnte der Idiot es nicht gut sei lassen. „Ist was?“, fragte Yuri, der gemerkt hatte, dass sich Otabeks Stimmung plötzlich verschlechterte. „Ja… ich muss dir etwas beichten.“ „Aha…und was?“ „Ich habe mich vorhin mit Vasily getroffen.“ Yuri blieb im wahrsten Sinne des Wortes das Wort im Hals stecken und er hustete. Danach sah er Otabek an, die grünen Augen voller Entsetzen. „Wieso tust du so was?“ „Ich verfluche mich selbst deswegen, ich hätte wissen müssen, dass er mich hereinlegt.“ „Was ist passiert?“ Yuris Stimme war voller Angst und die Tränen, die in den Augenwinkeln schimmerten, brachen Otabek fast das Herz. Doch die Wahrheit musste jetzt auf den Tisch. „Er wollte mir den dreifachen Rittberger zeigen, mit dem er immer Probleme hatte. Ich ahnte nichts Böses und bin zur Eishalle. Es fing alles ganz harmlos an aber dann… küsste er mich und…“ Doch er kam nicht dazu, den Satz zu beenden, denn plötzlich sprang Yuri auf und lief aus dem Restaurant. „Yuri…“ Otabek wollte hinterher, doch dann überlegte er es sich anders. Yuri´s Reaktion war verständlich und er kannte seinen Freund mittlerweile so gut, um zu wissen, dass er sich in dieser Situation nicht beruhigen lassen würde. Er ließ ihn gehen, bezahlte und verließ den Laden. >Diesen Tag verzeihe ich dir nie, Vasily< Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)