Blood Game von stone0902 (Cato x Clove) ================================================================================ Kapitel 6: Eifersucht --------------------- [Tag 4] Clove hackte immer und immer wieder auf den Baumstamm ein, auf dem sie saß, und stellte sich vor, es wäre nicht die brüchige, harte Rinde, in die ihr Messer stieß, sondern Glimmers aufgeblasenes Gesicht. Sie waren erst seit einigen Tagen in der Arena und bereits jetzt war Clove so kurz davor ihr Bündnis zu brechen. Die verkrampften Finger fest um den Griff des Messers verstärkt, die Augen hasserfüllt auf den Tribut aus Distrikt 1 gerichtet, bohrte sie ihr Messer immer weiter in den Stamm.   Glimmer stand bei Cato, so wie sie immer neben ihm zu stehen schien, seitdem sie einen Fuß in diese Arena gesetzt hatte. Sie redete mit ihm und flirtete, immer wieder berührten ihre Finger flüchtig seinen Arm, seine Schultern oder seinen Oberkörper. Die beiden standen im Augenblick zu weit von der Dunkelhaarigen entfernt, um ihre Worte hören zu können, aber Clove konnte sich ganz genau vorstellen, was die Blondine ihm für einen Honig ums Maul schmierte.   Im Kapitol waren die sechs Karrieretribute immer zusammen gewesen und auch wenn Glimmer bereits dort mit jedem männlichen Wesen in ihrem Bündnis zu flirten schien, hatte Clove den Eindruck, dass sie in der Arena ihre Hauptaufmerksamkeit Cato widmete. Der Tribut aus Distrikt 4 war nicht mehr unter ihnen, da er bereits im Blutbad sein Leben verloren hatte und ihren eigenen Distriktpartner schien Glimmer größtenteils zu ignorieren.   Clove jedenfalls machte es rasend.   Sie hasste es, wenn sie Glimmers Stimme hörte, wie sie Catos Namen säuselte. Sie hasste es, wenn sie plötzlich aus dem Nichts zu erscheinen schien, wenn Clove sich gerade mit ihm unterhielt, und Glimmer sich dann bei ihm anschmiegte. Und sie hasste es, wenn dieses Miststück ihr diesen überlegenen Blick zuwarf, der vor Arroganz und Selbstverliebtheit nur so strotzte.   Was bitte war an diesem muskelbepackten Macho nur so interessant, dass Glimmer ständig an ihm klebte, wie die Fruchtfliegen am verfaulenden Obst? Na schön, Cato sah gut aus und bekam aufgrund seiner Kraft vermutlich viele Sponsoren, noch dazu war er nicht ohne Grund der Anführer ihrer Allianz. Doch Clove bezweifelte, dass es tatsächliche Zuneigung sein sollte, die sie da so offen zur Schau gestellt beobachten konnte. Nein, sie wollte es nicht glauben. Glimmer musste irgendetwas vorhaben. Irgendeinen teuflischen Plan und sei es nur ihre Sammlung an Eroberungen zu erweitern. Vielleicht reizte sie das in den Hungerspielen nur umso mehr? Vor den Augen ganz Panems den mordlustigen Karriero zu verführen?   Clove beschloss deshalb Glimmer ganz genau im Auge zu behalten, auch wenn ihr jedes mal kotzübel wurde, wenn sie die Blondine und Cato zusammen sah. Was sie außerdem nur noch mehr aufzuregen schien, war, dass es ihren arroganten Distriktpartner natürlich in keinster Weise zu stören schien, dass Glimmer ihm ständig schöne Augen machte. Im Gegenteil: Cato genoss es in allen Zügen. Das sorgte dafür, dass Clove ihn beinahe genauso sehr hasste, wie Glimmer. Vielleicht lag es ja an dem tragischen Liebespaar aus Distrikt 12, das ihnen allen die Show gestohlen hatte? Wobei, nach Liebe sah es bei den beiden keineswegs aus, eher nach lüsternen Teenagern, die es kaum erwarten konnten allein in den Büschen zu verschwinden.   Clove hackte wieder auf den Baumstamm ein. Das würde sie mit allen Mitteln zu verhindern wissen.   „Eifersüchtig?“   Seine Stimme riss sie aus ihrem Gedankenchaos. Als sie aufsah blickte sie in zwei graue Augen. Marvel saß ebenso wie sie breitbeinig auf dem dicken umgefallenen Baumstamm, nur dass er statt einem Messer seinen Speer in seinen Händen hielt, der zwischen seinen Beinen im Boden steckte. Sein sonst so gleichgültiger Ausdruck zeigte nun ein amüsiertes Lächeln, gepaart mit einem wissenden Blick. Wie ungewöhnlich für sie – sie hatte seine Anwesenheit gar nicht bemerkt. Als sie nicht antwortete und ihn nur verwirrt ansah, nickte er demonstrativ in Richtung ihrer beiden Distriktpartner.   Clove schnaubte verärgert. „Wohl kaum!“ Sie zog ihr Messer aus der Rinde heraus, nur um es dann wieder mit aller Kraft hineinzurammen. „Ich über nur“, erklärte sie, woraufhin er gluckste.   „Ach, und wofür?“   Für Glimmer, dachte sie verbissen, konnte sich die Antwort aber gerade noch so verkneifen, um ihn in seiner Theorie nicht zu bestärken. „Für die anderen Tribute.“   In dem Moment ertönte ein lautes Lachen. Clove und Marvel schauten beide auf, um zu sehen, wie Cato gerade den Kopf in den Nacken legte und herzlich lachte, während Glimmer sich an seine Brust schmiegte und kichernd zu ihm aufsah. Cloves Zähne pressten sich aufeinander und eine Welle des Zorns rauschte durch ihren Körper. So herzhaft hatte sie Cato noch nie lachen gehört. Höhnisches Lachen? Ja. Verächtliches Lachen? Auch. Triumphierendes Lachen? Sehr oft sogar. Aber so wirkte es, als wären die zwei sehr miteinander vertraut.   Clove konnte den Anblick nicht länger ertragen und starrte auf die zerfetzte Rinde zwischen ihren Beinen. „Ich hasse sie“, presste sie hervor. Ein kleiner Teil von ihr wünschte sich, Cato würde sie jetzt mit Marvel sehen, und das gleiche empfinden, was sie fühlte, wenn sie ihn mit Glimmer sah.   „Das ist ihre Masche“, erklärte Marvel, der Clove betrachtete, wie einen semi-interessanten Diamanten – ganz nett, aber viel zu klein. „Sie spielt gerne mit den Leuten. Und mit dem, was sie gerade abzieht, fängt sie gleich zwei Fliegen mit einer Klappe.“   Clove warf ihm einen zornigen Blick zu. Hatte er sie gerade als Fliege bezeichnet? „Falls du damit andeuten willst–“   „Oh, und ob ich das will!“, unterbrach er sie. Mit einem süffisanten Lächeln legte er den Kopf von der einen auf die andere Seite. „Sie hat erreicht, dass du wütend bist. Und wenn du wütend bist, bist du unkonzentriert.“ Dann nahm er den Speer und deutete mit der Spitze auf sie. „Und du bist eifersüchtig. Ob du es zugeben willst, oder nicht.“   Clove wurde bewusst, dass sie immer noch das Messer in ihrer rechten Hand hielt und für einen Moment ging ihr der Gedanke durch den Kopf, Marvel mit einer schnellen Bewegung die Kehle aufzuschlitzen, wodurch er aufhören würde so dümmlich zu grinsen. Ihre ohnehin schon bis aufs Äußerste angespannte Wut schien sich nur noch zu verstärken, in dem er sie vor den Augen und Ohren von ganz Panem demütigte.   Sie und eifersüchtig?   Worauf denn?   Würde sie jetzt gerne an Glimmers Stelle sein und kichernd an Catos Arm hängen?   Mit Sicherheit nicht!   Sie waren in den Hungerspielen und nicht in den verdammten Sexspielen, in die Glimmer sie jeden Moment verwandeln würde.   Clove war nicht eifersüchtig, höchstens enttäuscht. Niemals hätte sie gedacht, dass Cato auf so ein billiges Flittchen stehen könnte. Eigentlich hatte sie angenommen, dass sein Anspruch größer wäre und dass er sich eher für jemanden interessieren würde, der so war, wie er. Und nicht das völlige Gegenteil.   „Ein Tipp von mir“, begann Marvel gönnerhaft. Er beugte sich in einer vertrauten Geste näher zu ihr, als wären sie zwei alte Freunde, die etwas Vertrauliches miteinander besprachen. „Ignorier es einfach.“ Dabei zuckte er gelassen mit den Schultern, als wäre das, was er vorschlug, das einfachste der Welt. „Und lass dir von diesen beiden selbstverliebten Idioten nicht die Chance auf den Sieg nehmen. Früher oder später sind sie tot. Und dann ist es egal, wie hübsch sie waren. Tot ist tot. Sie sind dann höchstens nur noch hübsche Leichen.“   Mit diesen Worten erhob er sich und ging samt Speer in der Hand davon. Clove schaute ihm nicht nach. Sie hackte erneut mit dem Messer auf den wehrlosen Baumstamm ein. Diesmal stellte sie sich vor, es wäre nicht Glimmers Gesicht, sondern das von Marvel. Dieser blöde, wichtigtuerische, arrogante Idiot dachte er würde alles wissen und sie durchschauen? Ha! Wenn er annahm, dass Clove eifersüchtig war, dann hatte er sich aber geschnitten! So war es nicht! Cato war ihr Distriktpartner. Nichts mehr und nichts weniger. Abgesehen davon war er ihr Verbündeter und vermutlich derjenige, der ihr beim Beseitigen der anderen Tribute die größte Hilfe sein würde. Deswegen wollte sie nicht, dass die Blondine ihn mit irgendwelchen aufreizenden Körperteilen ablenkte.   Als Clove gedämpfte Stimmen hörte und aufsah erkannte sie, dass die übrigen Karrieros sich inzwischen versammelt hatten. Alle bis auf sie. Anscheinend waren sie bereit, wieder auf die Jagd zu gehen. Von daher steckte sie ihr Messer zurück in die Innenseite ihrer Jacke und stand auf.   Erst einmal würde sie Marvels Ratschlag annehmen und die beiden einfach ignorieren.   Vielleicht würde das ja helfen gegen das nagende und schmerzende Gefühl in ihrer Brust.   * * *   Das Ignorieren fiel ihr schwer, wenn der Grund für ihre schlechte Laune nur zwei Meter von ihr entfernt lag. Im leichten Schein der Fackeln konnte Clove nur ihren Arm und ihre blonden Locken sehen, doch das allein reichte schon aus, um Glimmer den zarten Hals umdrehen zu wollen.   Um ein Haar hätten sie Distrikt 12 erwischt, doch das verfluchte Mädchen hatte es irgendwie geschafft wie ein kleines Eichhörnchen auf einen der Bäume zu klettern. Und Clove wünschte sich, sie könnte ebenso klettern und dem Mädchen, das in Flammen stand, hinterherjagen. Wie gern wäre sie diejenige, die dieses Mädchen tötete … Gerade sie hatte einen besonderen Tod verdient, vor allem, nachdem sie dafür gesorgt hatte, dass Clove und ihre Verbündeten vor den Augen von ganz Panem wie Idioten dastanden.   Niemand von ihnen schaffte es dort hinauf und 12 würde vermutlich auch nicht freiwillig hinunterkommen. Von daher warteten sie bis zum nächsten Morgen. Bis dahin hatte einer von ihnen hoffentlich einen guten Plan.   Das Leuchten ihrer Fackeln, die sie um sich herum in den Boden gesteckt hatten, bot ein wenig Licht, sodass Clove in der Nacht auch ohne Nachtsichtbrille etwas sehen konnte. Hin und wieder warf sie einen Blick in die Baumkronen, um sich zu vergewissern, dass 12 noch da war.   Jetzt waren sie so nah dran! Sie durfte ihnen nicht entwischen. Clove wollte sie umbringen und sie leiden sehen. Immer wieder spielte sie die imaginären Bilder in ihrem Kopf ab.   Die Gedanken an das Mädchen hielten sie wach. Während Marvel an einen Baumstamm gelehnt saß, von dem man die Lichtung gut überblicken konnte, und Wache hielt, lagen die anderen Karrieros auf dem Boden und versuchten zu schlafen. Clove lag auf der harten mit ein wenig Gras bewachsenen Erde und nutzte den kleinen Rucksack als Kopfkissen.   Aber sie konnte nicht schlafen.   Ihr gegenüber lag ihr Distriktpartner, mit dem Gesicht ihr zugewandt. Sie beide hatten in ihrem Heimatdistrikt oft im Freien übernachtet, um sich auf die Arena vorzubereiten, weshalb die zwei relativ abgehärtet waren, im Gegensatz zu den beiden Tributen aus dem Luxusdistrikt. Vielleicht war das der Grund, weshalb sich Glimmer wieder einmal an Cato schmiegte. Der große muskelbepackte Tribut strömte in dieser kühlen Nacht mit Sicherheit eine enorme Körperwärme aus. Im Schein der Fackeln sah Clove nur Glimmers Arm, den sie von hinten um seine Hüfte gelegt hatte, sowie ihre blonden Locken, die hinter seinem Kopf hervorlugten.   Clove starrte unentwegt zu ihrem Gegenüber, der seelenruhig zu schlafen schien. Natürlich würden alle Kameras jetzt sie zeigen. Das Zusammentreffen der Karrieros mit einem weiteren Tribut war das Spannendste, was die Bildschirme seit Tagen lieferten. Jeden Moment konnte es wieder losgehen. Für den Fall, das Distrikt 12 in der Dunkelheit der Nacht heimlich etwas plante, hielt Marvel mit der Nachtsichtbrille Wache, um sie im Notfall aufwecken zu können. Wie peinlich wäre das denn, wenn sie alle am nächsten Morgen aufwachten und der Baum wäre leer und verlassen?   Nein, morgen würde es ein aufregendes Spektakel geben und nicht nur die Zuschauer freuten sich darauf. Clove konnte es kaum erwarten, bis 12 endlich in die Reichweite ihrer Messer kam.   Alles woran Glimmer denken konnte war natürlich mal wieder nur das eine. In dem Moment, als Cato seinen Schlafplatz ausgewählt hatte, lag sie auch schon neben ihm. Es hatte eine Ewigkeit gedauert, bis sie endlich aufgehört hatte zu plappern und zu kichern und eingeschlafen war. Es war immer stiller geworden, bis nur noch das Atmen der anderen Tribute und der Wind in den Blättern zu hören war. Nur Clove konnte nicht schlafen.   Wieder betrachtete sie Glimmers Hand und ihre Finger mit den langen, perfekt gefeilten Nägeln, wie sie auf Catos Bauch lagen, der sich bei jedem seiner Atemzüge hob und wieder senkte. Wie gern würde sie dort hinüber marschieren, die blonden Locken packen und sie gewaltsam von ihm wegzerren? Wieso störte es sie überhaupt? Dieses Verhalten passte gar nicht zu ihr. Clove mochte die meisten Menschen nicht. Viele waren ihr auch einfach nur egal. Glimmer schien sie jedoch regelrecht zu hassen. Sie machte sie beinahe so wahnsinnig, wie diese Katniss, als sie eine höhere Bewertung beim Einzeltraining erreichen konnte, als sie. Das konnte sie ja noch nachvollziehen. Aber welchen Grund gab ihr Glimmer?   Eifersüchtig …   Marvels arrogante Stimme tauchte plötzlich in ihrem Kopf auf und Clove stöhnte innerlich auf. Auf so einen Mist durfte sie sich in der Arena auf keinen Fall einlassen. Sie musste sich um andere Dinge Gedanken machen: Wo waren die anderen Tribute? Wie gehen wir am besten jagen? Wie kriege ich weiterhin Sponsoren? Welche Gefahren könnten sich die Spielemacher ausdenken? Und, und, und …   Cato würde, ebenso wie Glimmer, früher oder später in dieser Arena sterben müssen, damit sie hier lebend herauskam. Das war ihr von Anfang an klar gewesen und Clove wäre eine Idiotin, wenn sie anfing für auch nur irgendjemanden hier drin Gefühle zu entwickeln, was sie nicht nur ihren Sieg, sondern auch ihr Leben kosten könnte. Für Mitgefühl hatte Clove nie wirklich viel übrig gehabt.   Clove drehte sich auf den Rücken und warf noch einmal einen prüfenden Blick in die Baumkronen, aber 12 saß unverändert auf dem Ast, an dem sie sich festgeschnallt hatte. Vermutlich schlief sie, so wie die anderen. Als Clove sich wieder lautlos auf die Seite rollte und zu Cato hinüberschaute, stellte sie überrascht fest, dass seine Augen offen waren. Sie sahen sie direkt an und wirkten hellwach, als hätte er die ganze Zeit über gar nicht geschlafen, so wie sie es angenommen hatte. Im Fackelschein konnte sie seine Mimik nicht richtig deuten. Oft war er wie ein offenes Buch. Doch manchmal schien sein Blick unergründlich. Und sie fragte sich, was er in diesem Moment wohl denken mochte.   Mehrere Minuten lagen sie einfach nur gegenüber und betrachteten einander. Cato hätte tatsächlich so etwas wie ein Freund werden können, dachte Clove. Von allen war er derjenige, mit dem sie sich am besten verstand. Sie hatten die gleichen Prinzipien, denselben Humor, den gleichen Ehrgeiz. Vermutlich waren sie sich so ähnlich, weil sie aus demselben Distrikt kamen. Von klein auf spielten sie nach denselben Regeln. Und Clove mochte es, wenn sie nachts zusammen die anderen Tribute jagen gingen, nur sie beide allein.   Aber Clove wollte in dieser Arena keine Freunde finden. Sie wollte niemanden an sich ran lassen. Im Gegenteil. Alle anderen mussten sterben, damit sie leben konnte. Und Clove hatte jahrelang trainiert, um diese Aufgabe mit Vergnügen selbst in die Hand nehmen zu können.   Nach einer Weile verlor sie sich so sehr in seinen Augen, dass sie Glimmer völlig vergaß. Doch dann seufzte sie im Schlaf und der Arm der Blondine wanderte ein Stückchen höher. All die negativen Gefühle stürzten wie eine tosende Welle auf sie hinein, überschwemmten sie und ließen, als sie sich zurückzog, nichts als Chaos zurück.   Clove zeigte ihm den Mittelfinger.   Cato verzog verärgert das Gesicht und wandte ihr den Rücken zu, indem er sich ruckartig zu Glimmer umdrehte. Ihre Hand legte sich – bewusst oder unbewusst – auf seinen Rücken. Das machte Clove nur noch wütender. Geräuschvoll drehte sie sich ebenfalls auf dem harten Erdboden um, um ihm die kalte Schulter zu zeigen. Sollte er doch mit der Schlampe kuscheln! Das machte ihr überhaupt nichts aus!   Clove atmete noch einmal tief aus, um sich etwas zu beruhigen, bevor sie die Augen schloss, in der Hoffnung, endlich einzuschlafen. Es sollte allerdings noch einige Zeit vergehen, bis Marvel Glimmer weckte und sie aufstand, um seine Wache zu übernehmen. Erst dann konnte Clove endlich einschlafen.   * * *   [Tag 5] Mit einem Mal war Clove hellwach, dabei hatte sie gerade erst das Gefühl gehabt, eingeschlafen zu sein. Instinkt sowie jahrelanges Training sorgten dafür, dass sie sofort auf den Beinen war. Um sie herum brach das Chaos aus. Die Luft war voll mit summenden Jägerwespen, die sie angriffen. Da schon spürte sie den ersten Stich. Hysterische Schreie und unverständliche Rufe drangen an ihr Ohr und Clove hätte am liebsten mitgeschrien, als der Schmerz sich durch ihren Körper bahnte. Egal wie viele sie versuchte zu vertreiben, sie ließen sich nicht abwimmeln. Im Gegenteil, es schien, als würden es immer mehr werden.   Der zweite Stich. Dass Cato sie grob am Arm packte und vom Nest wegzerrte bemerkte sie kaum, genauso wie er rief, dass sie zum See laufen sollte. Schon fast widerstrebend ließ sie ihre Waffen und ihren Rucksack zurück, als sie lossprintete. Der dritte Stich. Es tat unheimlich weh, doch das Adrenalin hielt sie weiterhin auf den Beinen. Was jetzt zählte, war die Flucht! Der vierte Stich. Ihre Augen hafteten sich an Catos Rücken und sie folgte ihm, so wie sie ihm immer folgen würde. Hinter ihr wieder ein Schrei. Der qualvolle Klang war kaum zu ertragen. Jemand rief um Hilfe. Für den Bruchteil einer Sekunde ging ihr der Gedanke durch den Kopf, ob sie stehenbleiben und helfen sollte. Clove warf einen Blick über ihre Schulter und sah Glimmer, die wie wild um sich schlug.   Nein, schoss es ihr durch den Kopf.   Und Clove rannte, rannte, wie sie noch nie in ihrem Leben gerannt war.   Noch ein Stich. Noch nie da gewesener Schmerz, der ihren gesamten Körper in Brand setzte.   So viele Gedanken schossen ihr durch den Kopf. Was war geschehen? Was war mit Distrikt 12? War sie das gewesen? Oder war sie auch ein Opfer des Angriffes geworden? Wieso hatte sie niemand rechtzeitig geweckt? Glimmer hatte doch Wache gehalten. Hatten vielleicht die Spielemacher ihre Finger im Spiel?   Clove stolperte, doch es gelang ihr noch das Gleichgewicht zu finden, ehe sie zu Boden stürzte, was sie durchaus das Leben kosten könnte. Sie musste sich zunehmend konzentrieren weiter geradeaus zu laufen. Ihre Sinne versagten ihr langsam den Dienst. Die Jägerwespen kannte sie aus anderen Spielen. Eine tödliche Züchtung aus dem Kapitol. Die giftigen Stiche konnten nicht nur zu Halluzinationen führen, sondern auch zum Tod. Immer noch folgten ihnen diese widerspenstigen Viecher. Das hektische Summen um sie herum wurde immer lauter. Blanke Panik vernebelte ihre Gedanken. Sollte das ihr Ende sein? Clove wollte nicht wahrhaben, dass sie jahrelang trainiert hatte, um am Ende in der Arena von Mutationen getötet zu werden. Was würde ihre Familie von ihr denken? Oder ihr Distrikt? Oder Panem?   Nein, sie weigerte sich, so zu sterben. Sie rannte schneller. Immer weiter hinter Cato her. Er war so schnell und egal wie sehr sie sich bemühte, sie konnte ihn nicht einholen. Seine Gestalt schien sich langsam zu verändern, nahm unnatürliche Formen an. Clove wollte blinzeln, um dieses trügerische Bild zu vertreiben, denn das musste sie sich offensichtlich einbilden. Aber ihre Augen bewegten sich wie in Zeitlupe und die Augenlider wurden so unsagbar schwer. Das Gift zeigte bereits seine Wirkung.   Endlich sah sie den See, der die lästigen und hartnäckigen Jägerwespen davon abhalten würde sie weiter zu stechen. Clove begann zu schwanken. Ihr wurde schwindelig. Oder war es der Boden, der sich bewegte?   Weiter, gleich hatte sie es geschafft. Ihre Lungen brannten bei jedem Atemzug und das Summen – dieses verfluchte Summen! – verfolgte sie immer noch! Sie konnte noch sehen, wie Cato ohne zu zögern ins Wasser sprang und nur zwei Sekunden später erreichte sie ebenfalls das Ufer. Bevor sie sprang hörte sie noch den Knall einer Kanone. Für einen Moment hatte sie das Gefühl, zu fliegen. Dann versank sie im kühlen Nass des rettenden Sees. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)