Blood Game von stone0902 (Cato x Clove) ================================================================================ Kapitel 4: Elf -------------- [Vor den Spielen] Brutus und Lyme sprachen von ihnen in den höchsten Tönen. Das Kapitol TV zeigte gerade einige Highlights aus den vergangenen Trainingsstunden der Tribute und Clove und Cato gehörten nicht nur zu denjenigen, die am öftesten gezeigt wurden, sondern auch zu denen, mit den beeindruckendsten Aufnahmen. Das würde ihnen sicher einige Sponsoren einbringen, die sie in der Arena gut gebrauchen konnten. Den Gesichtern ihrer beiden Mentoren nach zu urteilen, waren sie mehr als nur zufrieden.   Stolz.   „Ihr zwei seid die besten Tribute, die wir je hatten“, sagte Lyme. Die große durchtrainierte blonde Frau, die selbst vor vielen Jahren einmal die Spiele gewonnen hatte, musste in ihrer Zeit als Mentorin schon viele Tribute erlebt haben. Da sie aber alle aus Distrikt 2 kamen gehörten sie wohl zu den erfahrensten und talentiertesten Tributen der Spiele. Ein Schwächling war wohl kaum dabei gewesen.   „Das sagt ihr doch sicher jedes Jahr“, entgegnete Cato mit einem charmanten Schmunzeln, das Lyme sofort einzuwickeln schien.   Brutus klopfte seinem Schützling auf die Schulter. „Es ist wie sie sagt, Junge. Ihr beide“, und sein Blick glitt kurz zu Clove, die ihnen gegenüber saß, „stellt alle anderen Tribute in den Schatten. Sogar die beiden aus Eins.“   „Das sind ja auch Flachpfeifen“, meinte Clove trocken, woraufhin Cato mit einem schiefen Lächeln zustimmend nickte.   „Einer von euch wird die Spiele gewinnen“, prophezeite Brutus. Er lehnte sich mit einem Glas Whiskey in der Hand auf dem Sofa zurück und sah von Cato zu Clove. „Darauf würde ich mein ganzes Geld verwetten.“   Die zwei Tribute, die sich bei der Ernte freiwillig gemeldet hatten, sahen sich an, beide stolz, enthusiastisch und sich des Sieges und der Unverwundbarkeit sicher.   „Ihr zwei seid ein gutes Team“, ergänzte Lyme. „Die anderen haben keine Chance gegen euch. Und sobald ihr die Tribute aus den anderen Distrikten ausgeschaltet habt, könnt ihr euch auch gegen eure Verbündeten richten. Ihr braucht sie dann nicht mehr.“   „So läuft es immer.“ Brutus prostete Lyme mit seinem Whiskeyglas in der Hand zu und leerte es anschließend in einem Zug. Augenblicklich erschien ein Avox hinter ihm und schenkte nach. Brutus bedachte das stumme Mädchen keines Blickes.   Das Lächeln der beiden Tribute verblasste langsam. „Und was kommt danach?“, sprach Cato ihre Gedanken laut aus, obwohl sie beide die Antwort darauf genau kannten. Nur einer von ihnen würde lebend aus der Arena herauskommen.   Cloves Blick lag auf ihrem Distriktpartner, der lässig auf dem Sofa saß, einen Arm über die Sofalehne drapiert, das eine Bein über das andere geschlagen, sein Kopf lag leicht schief und ein herausfordernder Ausdruck zierte sein Gesicht.   Beide kamen gemeinsam hierher, trainierten zusammen, aßen zusammen, agierten zusammen, als ein Team. Was für eine Ironie, denn überleben würde nur einer. Sie waren die Tribute aus Distrikt 2. Sie lernten einander kennen, die Stärken und die Schwächen des anderen. Manch einer war töricht genug Freundschaften zu schließen, Bindungen aufzubauen, nur um mitanzusehen, wie der Partner, der Verbündete starb oder man gar in die Lage kam dies selbst in die Hand zu nehmen. Töten oder getötet werden. Es war besser, man betrachtete jeden als Feind. Als Opfer. Gefühle galten in der Arena als eins der stärksten Hindernisse.   „Nun“, es war Brutus, der die Stille durchbrach. Seine Stimme war fast neutral, lediglich ein Hauch Erwartung schwang darin mit. Er wusste wie es lief, er sah es Jahr für Jahr bei seinen Tributen und er hatte es einmal sogar selbst miterlebt. Er empfand kein Mitleid darüber, dass, wenn es darauf ankam, sie sich gegenseitig abschlachten mussten. Vermutlich würde er diesen Kampf wie die Kapitolbewohner erwartungsvoll vor dem Bildschirm verfolgen. „Das macht ihr am besten unter euch aus.“   Catos Blick war eindeutig. Er würde nicht zögern sie zu töten.   Genauso wenig wie sie.   Brutus und Lyme erhoben sich und ließen die beiden Tribute allein auf dem Sofa zurück. Sie sahen sich immer noch an, die Augen starr miteinander verkettet, als würden sie sich ein Blickduell liefern, das keiner von ihnen verlieren wollte.   Allmählich veränderten sich seine Gesichtszüge, sie wurden selbstsicherer, anzüglicher, als wolle er sie allein mit seinem Blick verführen wollen. Dann hob er eine Augenbraue und biss sich auf die Unterlippe.   „Sieh mich nicht so an“, sagte Clove unbeeindruckt, ohne den Blickkontakt zu brechen. Wenn er dachte sie würde jetzt einknicken hatte er sich geschnitten. „Das mag vielleicht bei den Idioten aus dem Kapitol funktionieren, aber nicht bei mir.“ Oder bei Glimmer, fügte sie in Gedanken hinzu. Der weibliche Tribut aus Distrikt 1 versuchte die gleiche Taktik: Jemanden einlullen und denjenigen denken lassen, man wäre zu begehrenswert, um getötet zu werden, nur um dann im richtigen Moment die Klinge in den Rücken zu rammen. Er mochte es gewohnt sein, dass die anderen ihm zu Füßen lagen, sie aber ganz sicher nicht …   Cato lehnte sich nach vorne und stützte die Unterarme auf seinen Oberschenkeln ab, immer noch mit einem Lächeln auf den Lippen, das jedes Frauenherz zum Schmelzen brachte. „Ach nein?“, hauchte er leise und lasziv. „Das werden wir ja noch sehen.“   Clove schnaubte, halb genervt, halb belustigt. Dann schaute sie zur Seite und sie wusste, wie er arrogant und dämlich neben ihr grinsen musste, da er ihr Blickduell gewonnen hatte. Ihr Herz schlug schneller, als es ihr lieb war. „Idiot“, murmelte sie nur zwischen zusammengepressten Zähnen.   Wenig später, auf genau dem gleichen Sofa, beglückwünschten sie sich gegenseitig, was eher eine höfliche Floskel war, als tatsächliche Hochachtung, denn inzwischen kannten sie die Stärken des jeweils anderen und sie zollten einander Respekt. Ehrlich gesagt erfüllten sie nur die Erwartungen. Ihre Mentoren standen hinter dem Sofa, beide mit einem Drink in der Hand, und überschütteten sie mit Lob und Beglückwünschungen. Clove und Cato hatten beide jeweils eine Zehn für ihre Einzelstunde erhalten – die bisherige Bestleistung! Das würde ihnen sicher den ein oder anderen Sponsoren einbringen. Stolz und arrogant wie sie waren, beobachteten sie den Fernseher nicht weiter. Alles Interessante war vorbei, die Karrieretribute waren diejenigen mit den Höchstpunkten – wie erwartet. Die anderen waren alle Schwächlinge. So wurden die Punktvergaben für 9, 10 und 11 nur noch halbherzig wahrgenommen – lediglich die Zehn von dem männlichen Tribut aus 11 war es wert, diskutiert zu werden.   Eine Zahl erlangte jedoch das Gehör von allen:   Elf.   Postwendend erstarben die Stimmen im Raum. Alle Köpfe wandten sich dem Fernseher zu, wo ihnen das Gesicht vom weiblichen Tribut aus 12 mit entschlossenem Blick entgegenstarrte. Unter ihrem Bild stand die Zahl der Punkte, die sie von den Spielemachern erhalten hatte.   Tatsächlich. Sie hatten sich nicht verhört. Die Erkenntnis brauchte mehrere Sekunden, um bei allen durchzusickern.   Elf.   „Was?!“ Cato war plötzlich auf den Beinen. Wut berauschte ihn. „Was?!“ Er warf den Tisch um, der gegen die Wand flog. Das Geschirr und die Vasen zerbarsten in tausend Teile.   Auch Clove raste vor Wut. Sie starrte immer noch auf den Bildschirm, auf dem nun Caesar Flickerman zu sehen war, in seinem widerlich blauen Anzug, der über diese Höchstanzahl an Punkten plauderte, aber Clove sah ihn nicht, sie sah immer noch das Gesicht von 12. Ihre Hände zu Fäusten geballt, so stark, dass die Knöchel weiß hervortraten und die Arme zitterten. Ihre Zähne hatte sie fest aufeinander gepresst und ein Knurren kroch ihre Kehle hoch.   Wie hatte diese Niete es geschafft so eine hohe Punktzahl zu erhalten? Wie hatte sie es geschafft, sie zu übertreffen? Wie konnte sie es wagen?   Purer Hass brodelte in ihr.   Bis zur Eröffnung der Spiele würde sie nicht warten können. Clove würde am liebsten jetzt sofort das Appartement verlassen, in den Fahrstuhl steigen und sich auf den Weg zu dem Aufenthaltsraum von Distrikt 12 machen, um ihr die Eingeweide herauszureißen! Wie beschämt sie sich in diesem Moment fühlte!   Cato wollte weiterhin auf die teure Einrichtung des Zimmers einschlagen, als ihm ein Avox in die Quere kam. Das dumme Mädchen handelte offensichtlich ohne nachzudenken. Sie wollte einfach nur pflichtbewusst die Scherben der Vase vom Boden aufsammeln, vielleicht, damit sich niemand verletzte, womöglich aber auch nur weil sie gelernt hatte Befehlen zu gehorchen. Jedoch begann sie damit einen Fehler.   Als sein Blick auf sie fiel packte Cato sie in Sekundenschnelle am Arm und zog sie an sich. Der Avox stand nun mit dem Rücken gegen seine Brust gepresst. Seine beiden starken Arme legten sich um ihren Hals und hielten sie im Schwitzkasten fest. Der Avox versuchte verzweifelt sich zu befreien. Mit ihren schlanken und zierlichen Fingern zog sie an seinen breiten muskulösen Armen, die ihr weiterhin die Luft abschnitten. Als sie begann mit den Füßen nach ihm zu treten, hob er seine Arme an und zog ihren zierlichen Körper in die Höhe, als würde sie nicht mehr wiegen als ein Kleinkind, mit dem man spielte. Ihre Füße baumelten nutzlos in der Luft. Ihre Augen waren vor Angst weit aufgerissen, genau wie ihr Mund, aus dem kein einziges Wort drang, bis auf ein paar erstickte Geräusche, die immer lauter wurden.   Clove sah ihren Distriktpartner an und beschloss, nicht einzuschreiten, denn sie wollte nicht den Platz mit dem törichten Avox tauschen. Cato sah im Moment rot. Er war ein Pulverfass. Und sie wäre nicht so dumm ein Streichholz in seiner Nähe anzuzünden.   Die anderen Avoxe im Raum blieben ebenfalls stumm. Nicht, als hätten sie eine Wahl gehabt. Sie rührten sich nicht einen Millimeter, nur ihre panischen Augen offenbarten, wie es in ihrem Inneren aussah.   Nun flogen die Hände des Avox nach oben in Richtung von Catos Gesicht, ein letzter verzweifelter Versuch sich aus seinen Klauen zu befreien. Er hob den Kopf, um ihren Nägeln auszuweichen. Sie begann zu röcheln, nach Luft zu ringen.   „Cato!“, durchbrach schließlich die ruhige aber autoritäre dunkle Stimme von Brutus den Raum. Neben ihm stand Lyme. Beide Mentoren wirkten angespannt, schienen aber ebenfalls nicht eingreifen zu wollen. Clove bezweifelte, dass es aus Angst vor Cato war. Viel eher glaubte sie, dass der Tod des Avox-Mädchens sie nicht groß interessierte. Natürlich würde es Ärger geben, wenn ein Tribut schon vor Eröffnung der Spiele anfing Leute umzubringen, aber es handelte sich schließlich nur um einen wertlosen Avox …   Cato achtete nicht auf seinen Mentor. Er konzentrierte sich lediglich auf den immer ruhiger werdenden Körper in seinen Armen, und wie er spürte, wie sie langsam dem Leben entglitt. Ihre Bemühungen wurden immer schwächer. Seine Arme waren inzwischen ganz zerkratzt. Es sah die roten Striemen auf den Unterarmen von ihren Fingernägeln, aber er spürte nichts. Was er spürte war nur Hass.   Und Macht.   Dann ließ er das Mädchen los und sie sackte zu Boden. Mit ihr fiel auch der komplette Zorn von ihm ab, als hätte er sich davon befreien können. Seine Finger zuckten noch, doch insgesamt hatte sein Körper sich beruhigt. Vor einer Minute wäre er beinahe noch geplatzt vor unterdrückter Wut.   Er bedachte das reglose Mädchen nicht eines Blickes, als er sich abwandte und sich wieder auf das Sofa setzte. Dabei warf er Brutus einen gleichgültigen Blick zu, der wiederum nur leicht den Kopf schüttelte. Das unterdrückte Schmunzeln seines Mentors war jedoch nicht übersehbar.   „Keine Angst noch vor den Spielen disqualifiziert zu werden, Junge?“, fragte Brutus mit verschränkten Armen vor der Brust. Er schien viel mehr aufrichtig interessiert zu sein, als seinen Schüler tadeln zu wollen. Clove blickte ihren Distriktpartner an. Wenn er disqualifiziert werden würde, dann wäre sie dem Sieg einen Schritt näher. Sie und Lyme wechselten einen Blick.   Cato schnaubte. „Sie ist nicht tot“, sagte er nur. Sein Gesicht war wieder arrogant und selbstsicher, wie sie ihn kannten, als hätte es diesen Gefühlsausbruch nie gegeben.   In dem Moment erklang ein kehliges Husten und Clove sah, wie das Avox-Mädchen sich zitternd wieder aufrichtete. Das Dienstmädchen vermied den Blick in die Richtung der anwesenden Personen im Raum, aber man konnte an ihrem Schluchzen hören, dass sie weinte. Langsam erhob sie sich und stellte sich wieder an ihren Platz, mit nassen Wangen und einem wundroten Hals. Brutus und Lyme begannen nun wieder über die Trainingsergebnisse zu diskutieren und einen Schlachtplan zu entwerfen, als hätte es diesen Vorfall nie gegeben.   Clove sah nun wieder zu Cato. Jeder normale Mensch müsste vor ihm Angst haben und sich von ihm fernhalten. Clove jedoch war kein normaler Mensch. Sie wollte sich nicht zurückziehen, im Gegenteil. Es war, als würde er sie anziehen.   Sie war beeindruckt. Er hatte dem Mädchen so lange die Luft abgeschnürt, bis sie ohnmächtig wurde, gerade so, dass sie nicht starb. Es faszinierte sie. Langsam rückte sie ihm auf dem Sofa näher, bis sie direkt neben ihm saß, ihm mit ihrem gesamten Körper zugewandt.   Als Cato sich zu ihr umdrehte und sie musterte, mit einer Augenbraue fragend hochgezogen, da sie ihm so ungewöhnlich nahe war, lehnte sie sich sogar noch ein Stückchen zu ihm vor, und hauchte:   „Zeig mir, wie das geht.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)