Blood Game von stone0902 (Cato x Clove) ================================================================================ Kapitel 2: Wünsche ------------------ [Tag 3] „Ich stinke!“ Cato hob seinen Arm, schnüffelte geräuschvoll unter seinen Achseln und verzog das Gesicht. Auf seinem T-Shirt hatten sich bereits dunkle Schweißflecken gebildet.   Clove warf ihm einen angewiderten Blick zu. Naserümpfend sagte sie: „Danke, für diese überaus nützliche Information.“   Ihr Distriktpartner warf ihr einen genervten Blick zu. „Darauf bereitet einen niemand vor: der Geruch. Das übertragen die Fernseher nicht!“, schimpfte er, während er sich einen der Rucksäcke voller Vorräte schnappte und schlecht gelaunt darin wühlte.   Es war erst der dritte Tag und die Laune der Karrieros glich der einer Schulklasse, der man soeben verkündet hatte, dass sie einen unangekündigten Test schreiben würden. Das anfängliche Gemetzel nach Betreten der Arena war der bisherige Höhepunkt und seitdem hatten sie nur einen weiteren Tribut ausfindig machen können. Sie suchten nach den Übriggebliebenen – es gab noch genug, denn schließlich war erst die Hälfte der Tribute tot –, doch ihre Bemühungen blieben erfolglos.   Langsam wurde es langweilig.   Cato setzte sich ins Gras neben Clove, die ihre Messer polierte. Ihnen gegenüber saßen Marvel und Glimmer im Schatten des Füllhorns, während Loverboy, das Mädchen aus Distrikt 4 und der Junge aus Distrikt 3 einige Meter entfernt standen. Die beiden Jungs, die jeweils nur durch einen glücklichen Zufall zu ihrer Allianz gestoßen waren, blieben stets in sicherer Entfernung, doch immer nah genug, dass die Karrieros sie im Auge behalten konnten. Von ihrer Pause, die sie am Füllhorn verbrachten, um etwas zu essen und sich ein wenig zu stärken, war bereits die Hälfte vorüber. Glimmer knabberte genüsslich an einem Cracker und Marvel packte gerade ein Sandwich aus. Wasser trugen sie immer mehr als genug bei sich, sicher in ihren Rucksäcken verstaut, doch das Essen ließen sie am Füllhorn zurück.   Die Sonne schien hell am wolkenlosen Himmel. In der Arena war es angenehm warm – zu warm, um die Jacken zu tragen. Ihre letzte Dusche lag nun Tage zurück und auch wenn es Bäche und Seen gab, an denen man sich waschen konnte, war das nichts im Vergleich zu den luxuriösen Bädern, die sie im Kapitol nutzen durften, voll ausgerüstet mit duftenden Seifen, flauschigen Handtüchern und warmem Wasser.   Clove musterte ihren Distriktpartner, der nun so nahe neben ihr saß, dass sich ihre Ellenbogen beinahe berührten. „Du stinkst tatsächlich.“   Als Antwort schnitt er ihr eine Grimasse, ging aber nicht weiter darauf ein. Aus dem Rucksack zog er eine Konservendose mit Fertigfraß. Mit verengten Augen las er das Etikett. „Igitt!“, rief er und warf die Dose so weit er konnte davon. „Kein Wunder, dass sie es Hungerspiele nennen. Was gäbe ich jetzt nicht für ein schönes Stück Steak“, seufzte er und Clove rollte mit den Augen.   Ihr Blick lag weiterhin auf ihren Messern, als sie voller Ironie sprach. „Vielleicht hast du ja Glück und ein Sponsor schickt dir ein Steak.“   Cato lief schon allein bei dem Gedanken daran das Wasser im Munde zusammen. Hier am Füllhorn hatten die Karrieros rechtzeitig dafür gesorgt sich die Vorräte zu sichern, sodass sie weder Hunger noch Durst würden leiden müssen. Doch der Fraß aus dem Kapitol gefiel ihm überhaupt nicht. Es schmeckte alles so künstlich. Es stillte zwar den Hunger, aber es war kein Genuss, es zu verspeisen. Nichts im Vergleich zu dem Essen, das er aus seiner Heimat kannte.   „Oh ja“, grinste Cato. „Dann sollen sie aber auch gleich Deospray mitschicken.“   Die beiden Tribute aus Distrikt 2 sahen sich eine Sekunde lang an, dann brachen sie in schallendes Gelächter aus. Marvel und Glimmer tauschten einen Blick und sie schienen beide das gleiche zu denken:   Diese beiden sind nicht ganz dicht.   „Dann möchte ich Shampoo“, schmunzelte Clove, als sie das Messer in die Luft hielt und den Schein der Sonne darin beobachtete, dessen Reflexion ein helles Muster auf ihr Gesicht warf.   Cato wandte sein Gesicht gen Himmel. „Habt ihr gehört, Sponsoren? Wir brauchen Deo und Shampoo!“   „Und ein Steak“, erinnerte ihn Clove.   „Ach ja, und ein Steak! Englisch, wenn’s geht!“   Die zwei fingen wieder an boshaft zu lachen. Marvel schüttelte nur den Kopf und Glimmer schaute sie an, als befände sie sich in Angesicht einer schwierigen Mathematikaufgabe, die sie nicht verstand. Diese beiden Hohlköpfe aus Distrikt 2 besaßen wirklich einen ziemlich schwarzen Humor. Sie machten sich lustig über die Sponsorengeschenke, die eigentlich dazu dienten, verhungernden oder verletzten Tributen mit einem Geschenk eventuell das Überleben zu sichern. Während in diesem Moment vielleicht ein Junge oder ein Mädchen dringend auf einen mitfühlenden Sponsor angewiesen war und mit dem Tod rang, verlangten diese zwei nach Hygieneartikeln.   Cato war ihr kritisierender Blick nicht entgangen. „Was würdest du dir wünschen, Glimmer?“ Er legte den Kopf leicht schief und sah sie fragend an. Dabei lehnte er sich nach hinten und stützte sich mit den Ellenbogen im Gras ab, den Rucksack zwischen seinen Beinen. Clove steckte ihr Messer in ihren Gürtel und Marvel gab weiterhin vor die Umgebung zu beobachten, während er sein Sandwich aß. Dieses Gespräch war offenbar unter seiner Würde. „Du kommst aus dem Distrikt der Luxusgüter. Diese Arena hier“, sagte Cato, der mit einer Armbewegung ausholte, um auf die Umgebung zu deuten, „muss dir vorkommen wie das letzte Drecksloch.“   Distrikt 2 stand zwar nicht für Luxus, sondern nur für die Maurer und Steinmetze, aber ihr Distrikt war alles andere als arm. Er kam direkt nach Distrikt 1, war nahe am Kapitol dran und so gut aufgestellt, dass es den Bewohnern nie an etwas mangelte. Weshalb die Tribute, die aus ihm zu den Spielen geschickt wurden, immer groß, wohl genährt und gut trainiert waren. Sie lebten zwar nicht im Überfluss, aber sie kannten auch keinen Hunger oder Geldnot.   Für einen Moment wirkte es, als würde Glimmer nicht darauf antworten wollen. Doch dann fuhr sie sich mit der Zunge über ihre Zähne, die sich anfühlten, als wäre ihre Oberfläche aus sanftem Schmirgelpapier. „Eine Zahnbürste“, erklärte sie trocken. Neben ihr nickte Marvel mitfühlend. Hätte sie gewusst, was sie erwartete, hätte sie statt des Rings vielleicht eine Zahnbürste als Andenken mitnehmen sollen. Die wäre wenigstens nützlich gewesen. Dann hätte sie jetzt einen frischen nach Minze duftenden Atem und keinen Ring, der irgendwo im Kapitol lag, da man ihn ihr ungerechterweise abgenommen hatte. Nach einem Moment verzogen sich ihre Lippen zu einem sehnsüchtigen Lächeln und sie hauchte nostalgisch: „Und meinen roten Lippenstift.“   Cato zog eine Augenbraue hoch und er wechselte einen Blick mit Marvel. Sie beide dachten das gleiche:   Weiber.   „Was willst du in der Arena mit einem roten Lippenstift?“, fragte Clove, die Augen abschätzig verengt.   Glimmer reckte das Kinn, warf sich die blonden Locken über die Schulter und strahlte ihr schönstes Lächeln. „Gut aussehen, natürlich. Für unsere Zuschauer.“   Vor ihrem inneren Auge sah sie ihr eigenes Spiegelbild, wie sie sich darin betrachtete, mit schwungvollen dichten Wimpern, einem Hauch Rouge auf den Wangen und blutroten Lippen, mit denen sie einen Kussmund formte. Kein Junge, kein Mann, konnte in ihrem Distrikt diesen verführerischen Lippen widerstehen. Als sie in die Realität zurückkehrte und ihren Blick über die anwesenden männlichen Tribute prüfend schweifen ließ, überwog sie kurz, wen von ihnen sie wohl am liebsten küssen würde: Marvel, ihr arroganter aber disziplinierter Distriktpartner; Cato, der charmante aber brutale Killer, Loverboy, der uninteressante, aber entschlossene Romantiker; oder Distrikt 3, der weinerliche aber geschickte Niemand?   Gedankenverloren fuhr sie sich mit der Zunge über ihre oberen Vorderzähne und wurde dadurch wieder daran erinnert, dass sie seit drei Tagen keine Zähne geputzt hatte. Und das betraf schließlich nicht nur sie, sondern auch die anderen Tribute. Sie schnaubte. Unter diesen Umständen würde sie ganz sicher niemanden küssen!   Cato richtete sich wieder auf wühlte erneut in dem Rucksack. Diesmal holte er einen grün-glänzenden Apfel hervor. Innerlich stöhnte er. Was sollte er denn damit? Er war ein Mann, verdammt, er wollte etwas Vernünftiges essen! Keinen beschissenen Apfel!   „Hier, für dich“, sagte er und warf das Obst Glimmer zu, die es gekonnt mit einer Hand auffing. Sie zwinkerte und biss lächelnd in den Apfel hinein. Von ihrem Flirten ganz abgelenkt vergaß Cato, weiter nach etwas Essbaren zu suchen. Er grinste dämlich zurück, bis er den Blick seiner Distriktpartnerin auf sich ruhen spürte. Als er sich zu ihr umdrehte, starrte sie ihn finster an.   „Was denn?“, fragte er, sich keiner Schuld bewusst.   Sie antwortete nicht. Ihr Blick wurde noch finsterer, als würde sie ihm telepathisch versuchen etwas mitzuteilen. Aber konnte Cato keine Gedanken lesen.   Offensichtlich ging es hier um den Apfel. „Wolltest du ihn haben?“, fragte er verwirrt.   Clove schnaubte, wandte sich von ihm ab und zeigte ihm nun die kalte Schulter.   Marvel aß das letzte Stück von seinem Sandwich und wischte sich dann die Hände an seiner Hose ab. Dieses bescheidene Mahl war … okay gewesen. Auch er war Besseres gewohnt. Insgeheim stimmte er seinem Verbündeten zu, was er jedoch niemals laut zugeben würde. Er gab sich zwar mit den beiden aus Distrikt 2 ab, aber sie würden nie auf Augenhöhe sein. Zwischen ihnen gab es so viele Unterschiede. Er und Glimmer kamen aus Distrikt 1, dem besten Distrikt von allen. Es gehörte schon beinahe zum Kapitol. Sein Ego litt bereits darunter, dass man ihn mit den Fischern, den Landwirten und den Kohlearbeitern auf eine Stufe stellte. Das waren Hinterwäldler! Das Kapitol war für sie eine andere Welt. Vermutlich benutzten einige von ihnen das erste Mal Messer und Gabel beim Essen. Diese armen Kinder umzubringen wäre ein Akt der Gnade. Keiner von ihnen sollte zurück in den Distrikt, in dem das Überleben so ungeheuer schwerfiel.   Das Leben in dieser Arena war grenzwertig. Zum Glück hatte Marvel sich bereits jahrelang darauf vorbereitet: im Freien schlafen, bei Hitze und Kälte trainieren und viele andere wichtige Situationen üben und in ihnen ausharren, um das Überleben zu sichern. Mit den Waffen konnte er mehr als gut umgehen, jedoch wusste er aus den bisherigen Spielen, dass es nicht nur darauf ankam, wie gut man töten konnte. Die Spielemacher waren unberechenbar.   Umso eher er aus dieser unzivilisierten Arena herauskam, desto besser. Er sehnte sich bereits nach seinem Bett, seinen stylischen Klamotten und das Feiern mit seinen Jungs.   Und die Mädchen …   Oh man, all die hübschen Mädchen …   Wenn er als Sieger in seinen Distrikt zurückkehrte würden sie ihm alle zu Füßen liegen.   Marvels Augen blickten kurz zu der blonden Schönheit neben ihm, wie sie genüsslich in ihren Apfel biss, wobei ihr der Saft über die Lippen lief. Langsam leckte sie mit der Zunge darüber, und sah die ganze Zeit über Cato an, der wie gebannt zurück starrte.   Sie wäre die erste, auf die er sich stürzen würde, sobald der letzte Tribut tot war und ihr Bündnis zerbrach. Die Abfuhr, die sie ihm vor ein paar Tagen im Kapitol erteilt hatte, nagte immer noch an seinem Ego. Niemand lehnte ihn ab! Und wenn sie dachte, er würde sie verschonen, nur weil sie hübsch war, dann hatte sie sich aber getäuscht! Marvels Blick wanderte von ihrem Gesicht weiter hinab, zu ihren Brüsten. Er biss sich auf die Unterlippe, bei dem Gedanken daran, wie er ihr seinen Speer durch den Brustkorb stieß.   Oh ja, rot würde ihr wirklich ausgesprochen gut stehen …   Die Pause war allmählich vorüber und Peeta stieß zu den vier Karrieros, die momentan seine Verbündeten waren. Mit einem kurzen Blick hatte er die Situation analysiert: Cato und Marvel stierten Glimmer an, die die Aufmerksamkeit offensichtlich zu genießen schien, während Clove vor Eifersucht beinahe platzte. Gut, sollten die vier sich doch gegenseitig zerfleischen. Sie waren zwar Verbündete, doch gab es kein wirkliches Band zwischen diesen Personen. Ihre Allianz war nur Mittel zum Zweck und früher oder später würden sie nicht zögern sich gegenseitig an die Kehle zu gehen. Und seiner Meinung nach konnte dieser Zeitpunkt nicht früh genug kommen. Denn jeder tote Karriero bedeutete eine Gefahr weniger für Katniss.   Plötzlich sahen alle Köpfe nach oben. Vom blauen Himmel segelte langsam und lautlos ein silberner Fallschirm. Nun kam auch Distrikt 4 dazu. Distrikt 3 hielt sich weiterhin zurück, offenbar davon überzeugt, dass dieses Geschenk nicht für ihn bestimmt sein konnte. Für wen es wohl sein mochte? Es war noch früh, erst der dritte Tag und niemand benötigte etwas. Sie hatten alles was sie brauchten: Essen, Trinken, Waffen. Und keiner war verletzt. Was war also in dem Fallschirm?   Und Peeta begann zu träumen, sich auszumalen, was da drin sein könnte, wenn dieses Geschenk für ihn bestimmt wäre.   Er lächelte traurig.   Was er wollte, passte in keinen Fallschirm. Was er wollte, war nichts Materielles.   Alles, was er wollte, war Katniss das Leben zu retten.   Er sah dem Fallschirm weiter zu, wie er gen Boden segelte und sie bereits ihre Hände nach ihm ausstreckten.   Für Katniss würde er alles tun. Sogar sich mit dem Feind verbünden, um sie ihr vom Leib zu halten, und sie, wenn nötig, einen nach dem anderen, langsam auszuschalten.   Auch wenn das bedeutete, dass selbst er dafür sterben musste, damit sie leben konnte … Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)