Der gestohlene Nikolausstiefel von Sirielta ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Liv grinste zufrieden und stapfte die Straße hinunter, auf der sich mittlerweile ein wenig Schnee angesammelt hatte. Ihre gute Laune hatte sie nicht nur dem Schnee und der Tatsache, dass sie das weiße Zeug liebte zu verdanken, sondern auch dem roten, mittelgroßen Plastikstiefel, den sie in ihren Armen trug. Liv hatte keine Ahnung, ob das die letzten Jahre auch schon so gewesen war, aber auf dem Weg nach Hause von der Schule war sie ein paar Leuten begegnet, die anlässlich des heutigen Nikolaustages Nikolausstiefel austeilten. Normalerweise hätte sich Liv gar nicht dazu durchringen können, zu der Gruppe hinzugehen und einen der Stiefel zu nehmen, da ihr sonst ihre Schüchternheit im Weg stand und sie es einfach nicht mochte, mit fremden Menschen kommunizieren zu müssen. Dieses Mal aber hatte sie Glück gehabt, da ihr einer der Austeiler gleich einfach einen Stiefel unter die Nase gehalten hatte, als sie vorbei gegangen war, wodurch sie nur noch zugreifen hatte brauchen, ohne viel mit den Menschen selbst zu tun haben zu müssen. Und jetzt war sie hier, auf dem Weg nach Hause, die Schule war vorbei, es lag Schnee auf der Straße und sie hatte einen Nikolausstiefel, der vermutlich voll gefüllt mit Schokolade war. Ja, in diesem Moment war Liv wirklich zufrieden, was auch der Grund war, weshalb sie mit einem Grinsen durch die Gegend lief. Sie freute sich schon, wenn sie endlich Zuhause war, es sich gemütlich machen und diesen Stiefel genauer untersuchen konnte. Nachdenklich hob sie besagten Gegenstand ein wenig von sich weg in die Luft und betrachtete ihn. Liv hoffte wirklich, dass sich in seinem Inneren Schokolade befand und nicht irgendetwas Anderes, Unappetitliches oder Unbrauchbares, wie zum Beispiel irgendwelche gesunden Sachen oder komische Gutscheine für Dinge, die sie sowieso nicht kaufen wollte. Noch während sie den Nikolausstiefel musterte und von sich weg hielt, bemerkte sie aus dem Augenwinkel plötzlich eine Bewegung, welche blitzschnell auf sie zukam. Beinahe wäre ihr vor Schreck der Stiefel runter gefallen, doch ehe sie auch nur im Geringsten reagieren konnte, schnappte sich dieses Etwas den Stiefel und flog davon. Entgeistert und mit offenem Mund starrte Liv dem großen, bunten Vogel hinterher, der sich mit ihrem Nikolausstiefel in den Krallen immer weiter von ihr entfernte. Es dauerte einen Moment, bis Liv realisierte, was passiert war und empört schrie sie dem Vogel hinterher. „Hey! Das ist mein Stiefel, verdammt! Gib ihn wieder her.“ Kaum hatte sie zu Ende gesprochen, bemerkte sie die Blicke der Leute, die sie komisch anstarrten und am liebsten wäre sie in dem Moment im Boden versunken. Schnell klappte Liv den Mund wieder zu, zog den Kopf ein und beeilte sich, möglichst schnell von den Menschen weg und dem Vogel hinterher zu kommen. Dieser schien es nicht besonders eilig zu haben, da er nur stückchenweise flog und immer wieder irgendwo Halt machte und sich hinsetzte, nur um dann kurze Zeit später wieder weiter zu fliegen. Mit jedem weiteren Mal, bei dem Liv den Vogel fast eingeholt hatte und er genau dann wieder weiterflog, verstärkte sich bei ihr das Gefühl, der Vogel wolle sie verarschen. Genervt beschleunigte Liv ihre Schritte und rannte sogar ein Stück, um endlich den Abstand zwischen ihr und dem Tier zu überbrücken, was ihr jedoch nur mäßig gelang. Allmählich kam sich Liv auch wirklich bescheuert vor, schließlich rannte sie hier gerade wie eine Bekloppte einem seltsamen Vogel hinterher, weil dieser ihr ihren Nikolausstiefel geklaut hatte. Aufgeben wollte sie den Stiefel deswegen aber trotzdem nicht, zumal sie sich sicher war, dass Schokolade sowieso nicht gut für einen Vogel war. Abgesehen von all dem fragte sich Liv, was das eigentlich für ein Vogel war, da sie noch nie zuvor so einen gesehen hatte. Er war ungewöhnlich groß, wenn nicht sogar riesig, für einen normalen Vogel und seine Federn waren so leuchtend bunt, dass Liv sich fragte, ob er nicht eigentlich in den Regenwald und nicht hierher nach Deutschland gehörte. Vielleicht war er ja aus dem Zoo ausgebrochen oder so. Aber egal was das für ein Vogel war oder woher er kam, er hatte ihren Nikolausstiefel und ging Liv langsam aber sicher gehörig auf die Nerven. Der Vogel setzte erneut zur Landung an und irritiert blieb Liv stehen, als sie plötzlich den seltsamen Mann bemerkte, der ein Stück von ihr entfernt stand und ebenfalls den Vogel beobachtete. Der Mann war groß, und trug ein äußerst seltsames, langes und violettes undefinierbares Kleidungsstück. Vermutlich war es eine Robe oder so etwas in der Art, auf jeden Fall nichts, was man normalerweise im Alltag auf der Straße sah. Das Auffälligste an ihm aber war sein langer, weißsilberner Bart, der ihm gemeinsam mit seinen ebenfalls weißsilbernen Haaren bis zur Hüfte ging. Liv runzelte die Stirn. Sie konnte sich nicht erinnern, eine ähnliche Gestalt schon jemals in der Öffentlichkeit gesehen zu haben. Wobei…irgendwie kam er ihr bekannt vor. Liv ließ ihren Blick nach oben wandern und sah ihm ins Gesicht. Hinter einer halbmondförmigen Brille, welche auf einer ziemlich krummen Nase saß, blitzten zwei blaue Augen hervor. Liv klappte der Mund auf. Das Mann sah exakt so aus wie Albus Dumbledore! Entgeistert versuchte Liv zu verstehen, was hier vor sich ging, als der bunte Vogel, den sie jetzt als Fawkes erkannte, mit dem geklauten Nikolausstiefel noch immer in den Krallen, auf den vermeintlichen Dumbledore zuflog. Dieser streckte erfreut die Hände aus, um den Stiefel entgegen zu nehmen, und den nun gepäcklosen Vogel auf seiner Schulter landen zu lassen. Dumbledore funkelte Liv schelmisch an und zwinkerte vergnügt, ehe er mit einem leisen plop apparierte und so einen Augenblick später samt Vogel und Nikolausstiefel einfach verschwunden war. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)