Der Tiger im Käfig von KatieBell ([Yuriy x Mariah]) ================================================================================ Kapitel 8: Zustände ------------------- Er wusste nicht wieso er sich so breitschlagen ließ. Vielleicht, weil er sich so überrumpelt gefühlt hatte. Aber im Endeffekt war er jetzt hier zusammen mit der Rosahaarigen auf dem Markt. Während sie fröhlich eine Sache nach der anderen einkaufte, stand er mit dem Korb hinter ihr, in dem auch schon einige Sachen lagen. „Wie viel willst du noch kaufen? Reicht das nicht langsam?“, beschwerte er sich und sah zu, wie sie schon wieder beim nächsten Händler stand. „Jammer nicht. Oder kannst du nichts mehr tragen?“, fragte sie schnippisch, wobei er nur grinste und sich nah an ihren Rücken stellte. „Meine Qualitäten liegen woanders, wenn du verstehst.“, flüsterte er ihr ins Ohr. Er bemerkte ihre Gänsehaut an ihrem Hals und musste innerlich noch mehr grinsen. Es ließ sie ja doch nicht so kalt, wie sie immer tat. Doch so schnell wie er diesen einen Moment genoss, war er auch schon wieder vorbei. Sie ging sofort auf Abstand und warf ihm nur einen angewiderten Blick zu. Sie öffnete ihren Mund und wollte gerade etwas sagen, als ein Schrei durch den Markt hallte. Seine Augen folgten dem Geschrei und blieben an einem alten Mann hängen. Er gehörte offenbar zu einem der Händler, da er eine Schürze trug. „Du Balg!“, schrie er wütend, während er etwas in der Hand hielt, was er einem kleinen Kind vor ihm wohl abgenommen hatte. „Halt mal.“, sagte Mariah plötzlich und drückte ihm einen weiteren Korb in die Hand. „Was... warte.“, kam es stockend von ihm und sah ihr nach. Mariah ging auf beide Personen zu. Gerade rechtzeitig, da der der Mann seinen Arm hob und ihn auf das Kind zurasen lassen wollte. Doch sie hatte sich schnell zwischen dem Mann und dem Kind gestellt und fing seinen Arm ab. „Was zum... Verzieh dich, Weib.“ „Lassen Sie die Kleine in Ruhe.“, sagte sie ernst, während sich das kleine Mädchen hinter ihr verängstigt an ihre Kleidung klammerte. „Das hat dich nichts anzugehen.“ „Jetzt schon.“, sagte sie beschützend. „Ihr bräuchtet beide eine Abreibung die sich gewaschen hat!“, zischte er wütend und holte abermals mit seiner Hand aus. Doch zu einem Aufprall kam es nicht. Yuriy hatte schneller reagiert. Die Taschen auf den Boden abgestellt und sich schützend vor die Rosahaarige gestellt. Er schnappte sich die Hand des Mannes, drehte dessen Arm unbequem auf den Rücken und drückte ihn damit an die Wand. „Sie hat gesagt, du sollst dich verpissen.“, sagte der Rothaarige in einem gefährlichen Unterton. "Scheiße... ist ja gut.", knickte der Mann schnell ein und Yuriy ließ ihn los, schubste ihn allerdings noch einmal von ihnen weg. Er blieb mit Abstand wieder stehen und beäugte vor allem Mariah und das Kind genau. „Na los, oder soll ich dir nachhelfen?“, zischte Yuriy wieder und brachte den Mann dazu, den Augenkontakt zu lösen. Er murmelte irgendetwas in einer Sprache, die er nicht verstand, trottete aber dann geschlagen von dannen. „Mistkerl.“, stieß er kurz wütend aus, bevor er sich an die Rosahaarige wandte, „Alles okay?“ Sie nickte sachte und er hörte sogar ein leises „Danke“ aus ihrem Mund, bevor sie sich dem Kind wieder zu wandte. „Jetzt ist der böse Mann weg.“, lächelte sie das Mädchen an, und strich ihr die langen braunen Haare aus dem Gesicht, „Hast du hunger?“ Die Kleine nickte aufgeregt. Yuriy sagte kein Wort mehr, als er beobachtete wie die Chinesin mit dem Kind in einen kleinen Imbiss verschwunden war. Ihn hatte sie sowieso komplett ausgeblendet. Sie kam nach wenigen Minuten wieder raus und das kleine Mädchen hatte eine große Pappschüssel in der Hand, voll mit Nudeln. Er kam den beiden gerade näher, nachdem er die Körbe wieder geholt hatte, als Mariah wieder das Wort an das Mädchen richtete. „Such dir ein schattiges Plätzchen, okay?“, lächelte sie sanft. Sie nickte wieder, so dass ihre zerzausten Haare wie wild umher flogen. Sie umarmte zu erst die Rosahaarige um die Beine und dann plötzlich ihn. Er war perplex, zum zweiten Mal an diesem Tag. Sie lächelte zu ihm hoch, nahm ihre Schüssel fest in die Hände und lief davon. Was für Zustände hier herrschten. Er kannte solche Fälle noch von früher. Moskau war ähnlich gewesen. An jeder dunklen Ecke lungerten Kinder herum. Bettelten um Essen oder Geld. Entweder es waren die Eltern, die zu wenig Geld hatten und daher dann ihre Kinder auf die Straße schickten, oder sie waren Waisen. Erst durch Kai und seine Hilfsorganisation wurde das besser. Mittlerweile sank die Zahl von Kindern auf der Straße. Laut Statistik. Die Dunkelziffer konnte man sich nur erahnen. „Yuriy.“ „Was?“, wurde er aus den Gedanken gerissen und er erkannte ihre gelben Augen auf ihn gerichtet. „Den Korb. Einen kann ich tragen.“ „Oh.“, kam es nur von ihm und übergab ihr ihren Korb wieder. Sie wollte schon weitergehen, als wäre nichts gewesen, doch das Thema interessierte ihn. „Gibt’s hier viele Straßenkinder?“ Sie seufzte leise, bevor sie antwortete. „Zu viele.“, hauchte sie und sah zu ihm, „Es gibt immer mal wieder kleinere Aufstände. Sie sind oft politischer Natur. Die Erwachsenen werden eingesperrt und die Kinder landen auf der Straße.“, erzählte sie mitleidig, „Die Regierung kümmert sich nicht darum. Am Ende müssen sie eben klauen, um zu überleben.“, sagte sie leise und ging weiter die Straße entlang. Er schritt ihr hinterher und konnte einfach nicht den Mund halten. „Du hättest da nicht eingreifen dürfen... nicht als-“ „Als was?“, sagte sie spitz, „Als Frau? Ja, vermutlich. Aber es tut ja sonst keiner etwas!“, sagte sie standhaft und blieb vor ihm stehen, „Meinst du, irgendjemand hat sich zu uns umgedreht? Die schauen alle weg. Aus Angst oder weil es sie einfach nicht selbst betrifft. Ich werde nicht wegschauen. Nur, weil man etwas ausblendet, verschwindet das Problem nicht.“ Ihre Einstellung in allen Ehren, aber die Situation war mehr als nur eine harmlose Sache. Er wüsste nicht, was passiert wäre, wenn er nicht dabei gewesen wäre. Allein wie der Kerl sie angeredet hatte. Abfälliger ging es nicht. „Es sind nur unschuldige Kinder.“, sagte sie und riss ihn wieder aus den Gedanken. Er sah zu ihr auf, doch sie hatte sich schon wieder umgedreht und ging bereits weiter. Yuriy lief ihr still hinterher. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)