Das Leben ist wie ein Garten am Bahndamm von DieLadi ================================================================================ Kapitel 1: Abendmahl -------------------- Marti und Jako waren gemeinsam in ihrer Küche und bereiteten des Abendessen vor. Oft hatten sie nicht Zeit, gemeinsam zu kochen. Ihr Alltag war nicht unkompliziert und oftmals ziemlich vollgepackt. Doch wann immer es möglich war, tat sie es und genossen es alle beide. Seit fast zwei Jahren wohnten sie nun in der gemeinsamen Wohnung mitten in Berlin, am Rande einer ausgedehnten Parkanlage. Die Wohnung war barrierefrei eingerichtet und bot für Marti alle Bequemlichkeiten, die es ihm möglich machte, trotz seines Rollstuhls möglichst selbstständig zu leben. Die Arbeitsflächen in der Küche waren beispielsweise auf der entsprechenden Höhe angebracht. Die Türen waren breiter als gewöhnlich, die Dusche im Bad hatte keine Duschwanne sondern sank zur Mitte hin ein wenig ab und hatte dort einen Abfluss. Über die große Terrasse, die zur Wohnung gehörte, konnte Marti über eine kleine Rampe direkt in den Park hinaus. Und so waren viele Details ihrer Wohnung an seine Bedürfnisse angepasst. Für Jako war das in Ordnung. Er passte sich all dem an und war jederzeit bereit, Marti behilflich zu sein. Marti jedoch legte großen Wert darauf, möglichst viel selber zu machen. Hilfe nahm er nur da an, wo es gar nicht anders ging. Ihm war es wichtig, sich seine Unabhängigkeit zu bewahren und Jako verstand das. Er hatte recht schnell herausgefunden, dass Marti es gar nicht schätzte, wenn man ihm Dinge ungefragt abnahm. Besser war es, zu warten, bis Marti von sich aus um Hilfe fragte und dann für ihn da zu sein. Marti dagegen hatte schnell gelernt, dass er Jako auch um Hilfe bitten konnte; dass es keinen Grund gab, sich deshalb schlecht zu fühlen; dass es andererseits auch eine Menge Dinge gab, bei denen er Jako wiederum behilflich sein konnte. Sie waren glücklich miteinander, auch wenn es beileibe nicht immer einfach war. Natürlich war es das nicht. Und es wäre sicher auch dumm gewesen, so etwas zu erwarten. Martis körperliche Beeinträchtigung machte den Alltag eben manchmal ganz schön kompliziert. Solche Dinge sollte man nicht unterschätzen, denn wenn man das tut, stellt man möglicherweise Erwartungen an das Zusammenleben, die der andere nicht erfüllen kann. Hinzu kam die Tatsache, dass sowohl er als auch Jako ganz schöne Dickköpfe waren und manchmal wie die Ziegenböcke aufeinander prallten. Aber sie waren sich der Schwierigkeiten bewusst, und da sie sich von Herzen liebten und einfach gemeinsam an einem Strang zogen, bewältigten sie nach und nach diese Probleme und waren inzwischen ein gut eingespieltes Team. Jako wischte sich den Schweiß von der Stirn, denn obwohl es erst Mitte Mai war, war es im Moment schon hochsommerlich warm. Er griff aus dem Hängeschrank einen großen Topf, füllte ihn mit Wasser und stellte ihn auf die Herdflamme. Sie hatten ihr Geschirr und ihre Kochutensilien ungefähr zur Hälfte in die Hänge- und die Unterschränke verteilt, damit zum einen Marti an alles heran kam und zum andern Jako, der doch ein ganzes Stück größer war, sich nicht unnötig bücken musste und außerdem wurde so der Platz gut ausgenutzt, denn die Wohnung war nicht über die Maßen groß. Marti saß unterdessen am Tisch und machte sich ans Gemüse schnibbeln, denn was Küchendinge betraf, hatte er eindeutig das Heft in der Hand. Er hatte ein Holzbrettchen vor sich liegen und bearbeitete eine Zwiebel, die er gerade gepellt hatte. Er hatte sie halbiert und begann, sie mit einer irrsinnigen Geschwindigkeit seht geschickt in winzige Würfelchen zu hacken. „Holla die Waldfee“, staunte Jako. „Ich wusste ja, dass du so was gut kannst, aber sooo gut, da staune ich dann doch.“ Er lächelte Marti an. Marti grinste breit. „Tja, mein Schatz, wenn ich eine Zwiebel schneide, dann dann heult die Zwiebel!“ Jako musste lachen. „Ach so? Bist du so was wie Chuck Norris?“ Jetzt lachte auch Marti. „Ne, das nicht, aber Chuck Norris wäre gerne so wie ich!“ Jetzt konnte Jako nicht mehr. Er lachte sich kaputt über seinen verrückten, liebenswerten Freund und hielt sich dabei den Bauch. Marti machte weiter. Eine Knoblauchzehe musste zerhackt werden und eine Zucchini zerkleinert. Nachdem das geschehen war, rollte Marti zum Herd hinüber. Jako hatte schon die beschichtete Pfanne raus gestellt. Marti gab Öl hinein und Zwiebel und Knoblauch. Nachdem das angeschmort war, kamen die Zucchiniwürfel dazu, wurden angebraten und mit einer Dose gehackter Tomaten aufgegossen. Das Nudelwasser blubberte und kochte, während Jako vor sich hin sinnierte. „Ähm, Jako? Kannst mal die Spaghetti ...?“ Jako schreckte aus seinen Gedanken hoch. “Klar.“ Er griff nach dem Topfdeckel, schrie auf und ließ ihn laut scheppernd auf den gefliesten Küchenboden fallen. „Scheiße war das heiß!“ Marti grinste. „Mann, Mann , Mann, Joiko, wenn du mich nicht hättest, der hier in Küchendingen den Überblick hat, dann würdest du vermutlich von trocken Brot leben, oder verhungern!“ „Nö“, sagte Jako, „ich würde einfach eine Affaire mit dem Dönermann anfangen!“ Jetzt war Marti doch sprachlos. Dann schnappte er sich einen sauberen hölzernen Kochlöffel aus der Schublade, holte aus und versetzte Jako damit einen Klaps aufs Hinterteil. „Frecher Kerl du!“ Jako sprang lachend einen Satz zurück, dann kam er wieder zu Marti und beugte sich zu ihm hinab. Er küsste ihn sanft, legte seine Wange an Martis und sagte: „Wenn ich dich nicht hätte, wäre mangelndes nahrhaftes Essen mein geringstes Problem. Ich würde einfach wegen fehlender Liebe eingehen.“ Marti schloss die Augen und genoss Jakos Nähe und Jakos Duft. „Ich liebe dich auch“, sagte er. „Aber kannst du bitte trotzdem die Spaghetti in den Topf tun?“ Jako riss sich von seinem Liebsten los und tat die Nudeln ins sprudelnde Wasser. Und während Marti die Soße würzte und abschmeckte, deckte er schon einmal den Tisch. Teller, Löffel, Gabel. Jako liebte diese gemeinsamen Augenblicke. Sie waren ihm wertvoll und schenkten ihm Zufriedenheit. Die kleine Reibe und ein Stück Parmesan. Marti war einfach die Liebe seines Lebens, und er genoss es, mit ihm zusammen zu sein. Der kleine Topf mit dem frischen Basilikum. Er empfand in seiner Gegenwart Geborgenheit und diese Sehnsucht nach etwas unbekanntem, die früher immer an seinem Herzen gezogen hatte, war verschwunden. Salz und Pfeffer. Statt dessen war da das Gefühl, genau an dem Platz auf der Welt zu sein, wo er hingehörte. Jako füllte ihnen Nudeln auf die Teller und Marti platzierte die Pfanne mit der Soße mitten auf dem Tisch. Gemeinsam machten sie sich daran, das einfache, aber köstliche Abendessen zu verspeisen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)