Kusuri, der Dämonenarzt von Dudisliebling ================================================================================ Kapitel 14: Heiliges Wasser --------------------------- 14 Heiliges Wasser Yosuke behielt Recht und sprach kein Wort über unseren Versuch. Als ich am Morgen erwachte und zu seinem Futon sah, schlief er noch tief und fest, hatte mir den Rücken zugewand. Leise schlich ich aus dem Raum, begab mich ins Bad und wusch meinen Körper. Schrubbend fuhr ich über meine Arme und hielt inne. Die Gedanken an Yosukes Berührungen, ließen mich nicht mehr los. Vorsichtig fuhr ich die Stellen an meinem Arm hinauf und endete mit den Fingern an meinen Lippen. Kurz verweilte ich in dieser Haltung und riss mich dann eilig los. Ich musste das vergessen! Es war nur ein Versuch gewesen. Nichts weiter. Zurück an der Zimmertür holte ich Luft und öffnete sie dann. Ich entdeckte Yosukes Rückseite. Er stand inmitten des Raumes, trug seinen Yukata ordentlich geschlossen und fummelte gerade in seinem Haar herum. Er fasste die oberen Schichten zusammen und band sie zu einem kleinen knoten zusammen. Zwischen seinen Lippen hielt er ein Band fest, welches er nun nahm und die Haare damit befestigte. Dabei bemerkte er wohl mich und wandte sich herum. „Guten Morgen, Kusuri“, begrüßte er mich und ich trat endlich in den Raum und schloss die Tür hinter mir. Kurz lagen meine Augen in seinem Blick, doch ich konnte dem nicht standhalten und wandte mich unserem Gepäck zu. „Morgen. Konntest du deinen Rausch ausschlafen?“, versuchte ich locker zu wirken und ihn etwas auf seinen Alkoholkonsum zu stoßen. Nebenbei prüfte ich mein Gepäck. Wasser und ein wenig Nahrung für die bevorstehende Reise, wären noch von Nöten. „Dieser Melonenschnaps war einfach zu lecker. Auch wenn er Kopfweh verursacht“, brummte Yosuke und kam in meine Richtung. Auch sein kleines Bündel stand bereit und er kniete sich zu diesem. „Wir sollten ordentlich frühstücken und Proviant einpacken.“, schlug er vor. „Das sollten wir“, stimmte ich zu und nach eben diesem Frühstück, welches wir alleine in unserem Raum zu uns nahmen, packten wir und verließen, nach Bezahlung, das Gasthaus. Unser Weg führte uns immer weiter in den Norden. Es wurde kälter, wahrlich eisig. Yosuke kannte sich in diesem Gebiet gut aus und führte uns zu Yokai, die uns weiterhelfen konnten. Sie lenkten uns alle an den höchsten Rand des Landes. An der Küste des Meeres sollte ein Bach, so groß wie ein Rinnsal in den anliegenden Wald führen. Am Ende dieses Baches, sollte sich ein kleiner Teich gebildet haben, an dem ein Yokai verweilte, der dieses Wasser hütete. Dieses Wasser, wäre die Lösung für die Markierung. Wenn man es beherrschen konnte. „Meinst du, du wirst es beherrschen können?“, fragte Yosuke ruhig und zog an einer Pfeife, welche er sich im letzten Dorf gekauft hatte. Er rauchte selten, aber in den letzten Tagen war es sein ständiger Begleiter. „Ich will es gar nicht beherrschen können, solange es seinen Nutzen erfüllt“, grummelte ich und rieb mir über die Arme. „Ach nicht? Sonst willst du doch immer alles wissen und an dich reißen“, machte Yosuke einen Scherz, lachte leicht und hob die lange Pfeife elegant vor seinen Mund. Augenrollend strafte ich ihn und blies mir meinen Atem in die Handflächen. „Ist dir so kalt?“, fragte mein Begleiter. „Diese Kälte ist doch kein Lebensraum“, schimpfte ich und sah mich um. Die Wälder wurden zwar wieder dichter, nachdem wir dem kleinen Rinnsal folgten, aber der eiskalte Wind des Meeres verfolgte mich förmlich. „Und doch leben hier viele starke Yokai. Mein Stamm liegt nicht weit von hier und existiert schon seit Jahrtausenden, hier in den kalten Wäldern“, erzählte Yosuke und zog seinen Kragen enger um seinen Hals. „Hast du noch Erinnerung an deine Familie?“, fragte ich vorsichtig und beobachtete wie er den Zug seiner Pfeife diesmal noch tiefer in seine Lungen pumpte. „Nein. Ich will nie mehr dort hin.“, sagte er stark und entließ den Nebel aus seinen Lippen. Diese Geste ließ mich wieder an seinen Lippen hängen bleiben. War der Kuss vor einigen Tagen wirklich geschehen, oder hatte ich ihn mir nur eingebildet? „Ich glaube wir kommen dem Teich näher“, weckten mich Yosukes Worte, als er einige große Schritte weiter ging und den Bach musterte. Dafür ging er in die Hocke und fuhr mit seinen Krallen durch das kalte Wasser. „Wir sollten uns beeilen.“ Nickend stimmte ich meinem Begleiter zu und wir liefen einige Meilen durch den Wald. Die Dunkelheit zog sich in augenblicklichen Schatten immer tiefer, über die Wipfel der Bäume. Bald konnten wir uns nur noch, durch unseren Geruchssinn und auf das, was wir hörten verlassen. Durch meine Gabe konnte ich wenigstens etwas Licht ins Dunkle bringen, doch es laugte mich ebenso aus. Die Reise und meine ständigen Gedanken machten meine Kräfte mürbe. Der Stab lag schwer in meiner Hand, aber irgendwie hatte ich das Gefühl, es habe sich etwas geändert. Ich wusste nicht warum und woran das lag, aber nachdem wir vom Gasthaus aufgebrochen waren, schien er etwas leichter. „Könnte es das sein?“, fragte Yosuke vor mir und das glühende Ende seiner Pfeife zeigte in eine Richtung. Dort glimmte, inmitten der Dunkelheit eine spiegelnde Oberfläche. Wir tauschten kurz einen Blick und gingen darauf zu. Der Teich war nicht groß, grade so, das ein erwachsener Mann, mit angewinkelten Beinen darin baden konnte. Die Oberfläche spiegelte sich wie blanker silbriger Stahl, sodass man den Grund nicht erkennen konnte. „Meinst du es reicht, etwas davon abzuschöpfen?“, überlegte Yosuke und hockte sich zum Wasser. „So leicht, wird es wohl nicht werden“, brummte ich und nahm ein kleines Tongefäß aus meinem Beutel, welchen ich im Dorf gekauft hatte. Darin wollte ich Toki den Trank übergeben. Damit kniete ich mich zum Teich und schöpfte mit dem Gefäß etwas Wasser ab, als ich plötzlich etwas wimmern und schreien hörte. Yosuke hörte es ebenso und sprang auf die Beine. „Da braucht jemand Hilfe. Schnell!“, sprach er und wir liefen einige Meter östlich und trafen auf ein mickriges, buckliges Wesen. Die Farbe seiner Haut war bläulich, wie erfroren und es konnte sich vor Schreck kaum bewegen, denn ein ekliges Wesen, in Form eines wilden Maderhundes beugte sich über ihn, bleckte die Zähne und entließ einen eklig riechenden Atem. „Hey! Lass den Gnom in Ruhe!“, rief ich dem Hund zu, welchen sogar ich, zu tote bringen könnte. In meinem Ärmel ruhte immerzu ein Messer zum Schutz, außerdem wäre der Stab auch zum erschlagen, eine gute Waffe. Wenn ich schon die wahre Macht nicht beherrschte. Der Maderhund erfasste uns mit grimmigen Blick und seine Augen leuchteten minimal auf. Seine blanken Zahnreihen stachen uns entgegen und er presste seine Pfoten in den feuchten, kalten Boden. „Er wird angreifen, geh zur Seite“, warnte Yosuke und ich blickte zu ihm rüber, wollte widersprechen, doch da sprang der Maderhund bereits auf uns zu, verwandelte sich in eine größere Form und zwang uns zum Ausweichen. „Er kann sich wandeln!“, rief ich Yosuke zu, welcher an einigen Baumstämmen, empor auf einen Ast sprang und hinabsah. Ein Knurren ließ meinen Blick wandern und ich sprang gerade noch empor, um meine Beine vor den Zähnen des Biestes zu schützen. Mit aller Kraft nahm ich meinen Stab in beide Hände und schlug nach dem Viech. Ich traf es an der Hüfte, wodurch einige Knochen brachen, wie ich hörte. „Du hast das Becken und die Kapsel gebrochen“, rief Yosuke mir zu und das silberne glänzen in seinen Augen zeigte sich intensiv in der Dunkelheit. Allerdings stockte mir der Atem, als ich zu Yosuke hinaufsah und erkannte, das nicht nur seine Augen silbern schienen. Die Male an seinen Armen stachen hell unter seiner Kleidung hervor und sein Knurren begann zu grollen. Yosuke war ein Wolfsyokai. Aber das auch er sich wandeln konnte, das hatte ich ihn nie gefragt. Das Knurren von Yosuke, brachte den Maderhund dazu, zu schweigen und dann zu wimmern. Fast schluchzend zog sich das Tier weiter und stemmte sich auf seine drei Läufe. Die plötzliche Nähe einer Person erschreckte mich und ich erhaschte einen Blick auf eine verzogene Fratze, welche von rotem Haar umgeben war. Der Maderhund lief los und flüchtete. Yosuke ließ noch einmal ein warnendes Knurren los und wandte sich dann von mir ab, sodass ich ihn nicht weiter betrachten konnte. Ich hob die Hand, wollte ihn ansprechen und sagen das es mir nichts ausmachte. Ich hatte schließlich schon schlimmeres im Krieg gesehen, doch eine kleine piepsige Stimme sprach mich an: „Oh Herr! Ihr habt mich gerettet! Bitte kommt und trinkt vom heiligen Wasser!“ Fragendes sah ich zum Waldboden und entdeckte das kleine bläuliche Wesen, welches vorher so in Gefahr geschwebt hatte. Ich ging in die Hocke und fing den trüben Blick des Wesens auf. Dabei fiel mir seine Blindheit auf. „Ihr seid blind?“, fragte ich vorsichtig und wandte meine Augen in Yosukes Richtung. Irgendwie sorgte ich mich, zwecks seines Verhaltens. „Und doch, sehe ich alles, Herr. Sowohl was vor mir ist, als auch das, was in den Wesen vorgeht", offenbarte der krumme Gnom. „Ihr seid unglücklich verbunden und wollt dies auflösen, habe ich recht?“, fragte er. Schluckend sah ich zurück zum Wesen vor mir und antwortete: „Ja. Meine einstige Gefährtin und ich wollen die Auflösung der Markierung.“ „Nun denn, folgt mir zur Quelle", bat der Gnom und schritt, auf wackeligen Beinchen vor mir her. Sein Körper war mit einem verwickelten Tuch umhüllt und so erschien es fast, als Geist in der Dunkelheit. Menschen fürchteten diesen Anblick sicher sehr. Ich folgte ihm zur Quelle, welche wir zuvor schon entdeckt hatten und fand dort auch den Tonkrug, welchen ich stehen gelassen hatte. Yosuke stand auch dort und sah mir wieder mit seiner normalen Geschichtszügen entgegen. Kurz erforschte ich seine Aura und musterte seinen silbernen Blick. Er beugte den Kopf kurz und signalisierte, das es ihm gut ginge. Erleichterung breitete sich in mir aus, welche mir bei meinem Vorhaben helfen würde. „Nun da wären wir", begann das Wesen vor mir wieder zu sprechen und musterte Yosuke. „Ihr habt euch wieder unter Kontrolle? Wollt auch Ihr euch, von etwas lossagen, was euch im tiefsten Herzen mit jemanden verbindet?“, fragte er an Yosuke gerichtet und dieser schnaubte: „Niemals. Aber danke für das Angebot." „Nun gut. Kusuri, Arzt mit den heilenden Händen, hier ist die Quelle des heiligen Wassers. Es kann einem die Wünsche erfüllen, welche nicht in unserem Ermessen liegen. Aber man muss den Wunsch aus vollen Stücken und mit ganzem Willen, wollen. Sonst funktioniert es nicht. Bist du dir also wirklich sicher, das du das Band zu deiner Gefährtin lösen willst?“, erklärte das Wesen und erlegte mir eine Entscheidung auf. Ich ging in die Hocke, musterte das spiegelnde Wasser und sah dann zum Gnom. Toki war tief in meinem Herzen, aber es gab kein zurück. Wir hatten unsere Entscheidungen getan und die Auflösung der Markierung war lediglich ein letzter Schritt, um diese Entscheidungen zu untermauern. „Ich bin mir absolut sicher", sagte ich mit fester Stimme. Der Gnom nickte kurz, hob die dreifingrigen Hände und das Wasser leuchtete einmal auf. Das blendete so hell, das ich meine Augen kurz verengte. „Nun nehmt euch vom Wasser, trinkt und gebt einen Tigel voll, eurem anvertrauten Weib. Danach wird sich das Band lösen, sollte auch sie diese feste Entscheidung haben. Wäre dem nicht so, dann kann euch das Wasser nicht mehr helfen. Handelt also weise.“, warnte er und ich beugte meine Hände zum Wasser, formte eine Schale damit und führte diese an meine Lippen. Das Wasser schmeckte eiskalt und klar, hatte keinen Nebengeschmack und wenn ich dem Gnom nicht vertrauen würde, dann hätte ich es, als einfaches Wasser abgetan. Nach einigen Schlucken beugte ich mich zurück und wischte mir mit dem Ärmel über den Mund, als mich plötzlich ein heftiger Druck im Herzen und an meiner Schulter erfasste. Mit zugepressten Lippen ergriff ich die Stelle und da fiel es mir ein. Dort hatte Toki mich damals gebissen. Die Markierung ließ also teilweise schon nach. „Füllt euren Tiegel und geht dann. Dies soll mein Dank für eure Hilfe sein und ich verzichte auf eine Bezahlung", gab der Gnom zu verstehen und schloss die Augen. Er erstarrte zu Eis, glich im nächsten Moment einem Felsen in der Form des Männchens, doch mehr war nicht mehr zu spüren. Keine Aura, noch ein Lebenszeichen. „Komischer Wächter", flüsterte Yosuke und wandte wich zum Gehen. Ich füllte erneut rasch den Tonkrug, verschloss das Gefäß und ging mit schnellen Schritten hinter Yosuke her, um wieder aufzuholen. „Geht es dir gut?“, fragte ich, als ich auf seiner Höhe war. „Warum sollte es mir nicht gut gehen?“, fragte er und schlug einen eingeschnappten Ton an. „Ich habe deine Erscheinung gesehen und es macht mir nichts aus", wollte ich, das er es wusste und hörte sein Schnauben. Galant fischte er nach seiner Pfeife, welche er in seinem Gürtel gesteckt hatte und entzündete die Kräuter darin. „Das schätze ich an dir", gestand er dann und zog an der Pfeife. „Und ich würde es Schätzen, wenn du das Rauchen aufgibst. Es stinkt", grummelte ich. Am liebsten hätte ich sagen wollen, das er einfach mit mir redete, und nicht schweigsam war, wenn ihn etwas störte. Sonst hatte er doch auch immer ein vorlautes Mundwerk. „Lass mir das, Hänfling", stichelte er und brachte mich zum Knurren. „Es ist ungesund!“, schimpfte ich eingeschnappt und er lachte, hörte aber nicht auf mich und rauchte fröhlich weiter. Wir gingen also wieder Richtung Westen. Einige Tage waren vergangen und zwei weitere warteten auf uns, als plötzlich ein großer Keiler auf uns zu kam, dessen Aura ich erkannte. Es war derjenige gewesen, welcher dem Boten gehörte, der mich zu Okkoto-sama aufs Schlachtfeld gebracht hatte. „Ein Bote", murmelte ich und Yosuke wandte seinen Blick zu mir. „Bist du dir sicher?“, fragte er und seine Hand verschwand bereits in seinem Ärmel, wo er seine Waffe bereithielt. „Ja", antwortete ich und im nächsten Moment quietscht ein lautes Schweinsjaulen in unserer Nähe. Wenige Minuten später, preschte der Keiler vor uns aus den Bäumen und hielt einige Meter vor uns an. Musternd erkannte ich das Tier und suchte auf dessen Rücken den Besitzer. Der Keiler kam näher, streckte seinen Rüssel zu mir und zog so stark die Luft ein, das sich ein Luftzug um meinen Körper stahl. Yosuke wurde nervös, was ich an seiner Aura spürte, aber ich hob die Hand und hörte dann, wonach ich zuvor Ausschau gehalten hatte. „Kusuri-sama, seid ihr es?“ „Was sagt Euch, euer Keiler?“, fragte ich frech zurück und hörte ein Kichern. „Er sagt, das ihr es seid, also wird es stimmen", erwiderte der Bote, Herr des Keilers vor mir und erschien im nächsten Moment, von seinem Reittier springend, neben mir auf dem Waldboden. Er neigte sein Haupt und lächelte mir, dann Yosuke zu. „Ich habe nach Euch gesucht", eröffnete er. „Nach mir? Wieso?“, wollte ich wissen und musterte den Boten. „Tego-sama, bittet danach Euch zu sehen. Er braucht eure Hilfe", antwortete der Bote und überreichte mir einen Brief, welchen ich öffnete und überflog. Tegos Siegel prangte in Wachs, am unteren Ende des Pergaments, welches seine Richtigkeit damit unterstrich. „Sagte er Euch, warum?“, fragte Yosuke und der Bote schüttelte den Kopf. „Nein. Das will er mit Kusuri-sama selbst besprechen. Also bitte, setzt euch auf den Keiler", bat der Bote. „Ich bringe euch zu meinem Herrn." Kurz wechselte ich einen Blick mit Yosuke, welcher die Schultern hob und wieder fallen ließ. Eigentlich müsste ich zu Toki, hatte ich ihr doch versprochen schnell zurückzukehren. Allerdings, so dachte ich, als ich meinen Blick aus dem Westen zum Keiler wandte, welcher Richtung Osten bereitstand um loszulaufen, das es gerade mal eine Woche her war, als wir aufgebrochen waren. Toki könnte also noch etwas weiter Enthaltsamkeit üben, bevor sie ihr ganzes Leben lang, mit diesem Korouku Unzucht treiben konnte. Ein letzter Blick zu Yosuke, welcher seine Pfeife an seine schmunzelnden Lippen hielt, genügte. „Ich werde dich begleiten“, versprach er und unsere Reise nahm einen Umweg, der alles verändern würde. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)