Kusuri, der Dämonenarzt von Dudisliebling ================================================================================ Kapitel 2: Kindheit ------------------- Kindheit Mein Leben, begann als einer von vielen. Geboren in eine Familie, die wohl niemals aufhören würde, in diesem Tempo zu wachsen. Zusammen mit mir, wurden an jenem milden Sommerabend auch drei weitere geboren. Meine Mutter hatte das Unglück, immer mehrere Kinder in einem Wurf gebären zu müssen. Doch sie gebar sie alle und so fiel ich es wusste, minderte es doch nicht die Antriebskraft, die sie mit meinem Vater auslebte. Das einzig gute war, das Vater viel auf Reisen war. Er war Arzt und sehr angesehen. Allein wegen seiner Herkunft schon, denn er war ein Inuyokai. Wogegen Mutter eine Inoshihi war. Doch durch seinen guten Rang, machte er ihr Ansehen besser und auch wenn sie es nur ahnen konnten, so ignorierten sie, wie wir, ihre Brut behandelt wurde. Wir waren allesamt halb. Auf keiner Seite der Klans wirklich willkommen. Ich weiß nicht mal mehr, wie viele Geschwister ich insgesamt hatte. Denn alle zerstreuten sich in die Himmelsrichtungen, suchten überall Unterschlupf und ich sah am Ende niemanden mehr von ihnen wieder. Der einzige der mir im Gedächtnis blieb, war Ryochi. Er war einer meiner älteren Brüder und nahm sich uns kleineren an. Er kümmerte sich um uns, wenn Mutter fort war, um genug Nahrung zu beschaffen. Und dies tat sie eigentlich rund um die Uhr, um alle Mäuler zu stopfen. Ryochi schimpfte oft mit uns, war streng und viel zu schnell erwachsen geworden. Er wusste, das er uns zu beschützen hatte. Denn auch wenn Mutter uns zu versorgen bedachte, so hatte sie eine strenge und kalte Erziehung. Liebe war selten, wenn sie überhaupt vorhanden war. Ryochi versuchte ebenso hart zu sein, aber abends kam er immerzu an mein Lager und setze sich zu mir. „Und wieder ein Abend, ohne Mutter oder Vater“, seufzte er dann des Öfteren und ich sah zu ihm hinauf. Er war schon ein Mann, hatte Muskeln und ebenso wie alle anderen, war er an sich recht kräftig. Nur meine Gestalt unterschied sich von denen der anderen. Ich war schmächtig und klein. Dafür zierten mächtige Dämonenmahle mein Gesicht und ähnelten die von Vater. „Ja. Es war ein langer Tag, großer Bruder“, murmelte ich und aß an einem Stück Rettich, welchen er gerecht für alle geschnitten hatte. Seine goldenen Augen trafen auf mein Gesicht und er zog einen Lumpen zu sich heran. Damit wischte er mir unsanft durchs Gesicht und beschwor meinen Zorn. „Hey! Ich esse noch!“, knurrte ich und bemerkte den Blick der anderen. „Esst weiter. Euer kleiner Bruder ist nur so verschmutzt, das er mehr Dreck, wie Rettich isst“, wies Ryochi die anderen an und rieb den rauen Stoff an meiner Wange. Die anderen wendeten sich ab und ich funkelte meinem Bruder in die Augen. „Warum musst du das nur immer tun?! Ich bin schon groß“, brummte ich und brachte ihn zum Lachen. Er hatte eine tiefe Stimme bekommen und konnte nun kehlig, keuchend lachen. Das hatte mich am Anfang etwas befremdet, doch er machte sich nichts daraus. „Ach, kleiner Bruder. Ich habe manchmal das Gefühl, es wären nur wir zwei. Die anderen sind in ihrer eigenen kleinen Welt und wenn ich mich nicht um alle kümmern würde, dann“, sprach er ruhig und brach dann ab. „Dafür bist du noch zu klein.“ Ich hatte eine Vermutung, was er hatte sagen wollen. Wäre es nur ich, dann wären die Umstände besser. Oder er würde mich nehmen und von hier fort gehen. Wir würden ohnehin überall überleben können und wenn es in den tiefsten Bergen war. „Ich bin nicht klein“, brummte ich und aß das letzte Stück Rettich. Ich war noch lange nicht gesättigt, aber es würde genügen um einzuschlafen. „Doch, das bist du, kleiner Bruder. Und nun schlafe. Morgen nehme ich dich mit in den Wald“, eröffnete er mir und meine Augen blitzen vor Freude. „Wirklich?!“, wollte ich wissen und er nickte mit einem kurzen Lächeln. „Aber nur wenn du nun schläfst.“, wandte er das letzte Wort an mich und stand dann auf. Er gebot den anderen zur Eile und verfrachtete alle in ihre Schlafstätte, welche an sich aus einer Zusammenkunft aller Decken und Matten bestand, die über den Boden der gesamten Hütte ausgebreitet wurden. Ich tat was Ryochi mir befohlen hatte und rollte mich, so klein es ging, in meine Ecke. Es war warm genug um ohne Decke zu schlafen und so schloss ich die Augen, dachte voller Vorfreude an den nächsten Tag und schlief mit einem Lächeln ein. Am nächsten Morgen war Mutter zurück und schlief. Ihre gewaltige und große Gestalt, lag auf der Seite und bewegte sich stetig auf und ab. Ihr langes braunes Haar hatte sie zu einem Knoten gebunden. Ihr Kimono war fest und ordentlich gebunden, was für mich hieß, das Vater noch nicht zurück war. Er war nun schon einige Wochen fort. Aber dies änderte nichts an meiner Vorfreude, die Ryochi mir gegeben hatte. Ich sprang aus meinem kleinen Nachtlager, schob die Füße und Arme zur Seite, die mir den Weg nach draußen versperrten und trat in die morgendliche Sonne. Sie strahlte schon warm vom Himmel und die hohen Bäume, konnten nicht genug Schatten projizieren, um ihre Strahlen von meinem Gesicht fern zu halten. Ich atmete die frische Luft tief in meine Lunge und ging dann zu dem kleinen Bach, welcher in der Nähe des Hauses plätscherte. Dort wusch ich mich etwas und schüttelte meinen nassen Körper, welcher den Rest Feuchtigkeit, durch die Sonne verlieren würde. Als ich zur Hütte zurückkam, hörte man schon das Laute Geschrei meiner Mutter. Die anderen waren erwacht und nicht ruhig genug, damit sie schlafen konnte. Ryochi kam herausgesprungen und seufzte schwer, bevor er mich erblickte. “Du bist schon wach, Kusuri?”, fragte er bemerkend und kam auf mich zu. “Ja”, nickte ich und sah zur Hütte. “Wann willst du aufbrechen?”, fragte ich ihn und er streckte kurz seine starken Glieder. “Am besten sofort. Mutter, ist ja da und kümmert sich um die anderen”, antwortete er und kratze sich an seinem schwarzen Haarschopf. Er trug diesen stets, zu einem Schulterlangen Zopf gebunden. Denn Vater verbot uns längeres Haar zu haben. Er fand es ungepflegt. Ryochis Hand landete auf meinem Kopf und ließ mich zu ihm aufsehen. “Träumst du wieder?”, fragte er mit einem breiten Grinsen und ich schnaubte, wand mich aus seiner Hand und verschränkte die Arme. “Ich denke nach! Das ist kein Träumen!”, schimpfte ich und er begann wieder so zu lachen, wie am Abend zuvor. “Ist ja gut, kleiner Denker! Und nun, renn so schnell du kannst”, gab er den Startschuss und ich riss die Augen auf, als er mich schubste und klar machte, das er es ernst meinte. Es war unser Spiel, konnte man so sagen. Auch wenn ich oft bemerkte, das Ryochi mich wohl in seiner Art und Weise trainierte. Er selbst war sehr sportlich und konnte wahrlich schnell laufen. Eine Eigenschaft der Inus, wie wir von Vater erfuhren. Da alle meine Geschwister irgendeine Auffälligkeit besaßen, suchte Ryochi die meine und fand sie nicht. Schnell Laufen war nicht meine stärke und dennoch scheuchte er mich, gerade in diesem Moment durch das Geäst des Waldes. Die Voraussicht, einen Tag mit ihm auf der Lichtung zu verbringen, schürte meinen Willen. Also gab ich alles. Trieb mich selbst zu schnellen Schritten und sprang über umgestürzte Bäume und Steine. Ryochi überholte mich zwar, aber er blieb in meiner Nähe und am Ende, tat er, als wäre er in einen Spitzen Ast getreten und blieb zurück. Ich rannte und rannte, freute mich darauf, diesmal der Gewinner zu werden, denn ich sah bereits die große, weite Wiese vor mir. Ich preschte durch die letzten Büsche und hüpfte einige Meter weiter durch das hohe Gras. “Ich habe gewonnen! Ryochi, ich habe es endlich mal wieder geschafft!”, rief ich und sprang herum. Aber da bemerkte ich, das mein großer Bruder nicht hinter mir war. Hatte ich mich getäuscht und er hatte sich wirklich verletzt? “Ryochi?”, hauchte ich und stürzte erschrocken zurück in die Bäume. Ich lief noch schneller als zuvor und kam bald an die Stelle, wo er in den Ast getreten sein musste. “Ryochi!” schrie ich, als ich ihn sah. “Du hörst dich an, wie ein kleines Ferkel”, rügte er mich und stand krampfhaft auf. Er versuchte seine Gesichtszüge nicht zu verkrampfen, aber er konnte es wohl nicht ganz. Er hatte schmerzen und irgendwie konnte ich das Pochen in seinem linken Fuß spüren. “Du bist wirklich verletzt!”, erfasste ich. Sein Fuß blutete sehr stark und der Ast hatte seinen Fußrücken durchbohrt. Ich kniete mich sofort zu seinen Füßen und spürte das Pochen immer mehr. Meine Hände kribbelten und ich führte sie an seine Wunde. “Lass es gut sein, kleiner Bruder. Ich ziehe den Ast gleich heraus und dann verheilt es schnell”, zischte Ryochi und als ich das Stück holz berührte, sank er zischend zusammen. “Spinnst du! Lass das!” Mit einem vielsagenden Blick sah ich zu ihm. Immerzu tat er, wie der starke Mann und rügte uns kleineren, wenn wir weinten. Nun saß er hier, war verletzt und konnte es nicht ertragen. “Stell dich nicht so an Ryochi und lass mich dir helfen”, brummte ich mutig und er presste die Lippen aufeinander. “Okay, aber zieh das Stück schnell heraus”, bat er und es war schon geschehen. Ich hatte es bereits fest erfasst, bevor er zugestimmt hatte und in einem Ruck, war es aus seinem Fuß heraus. Natürlich blutete es nun noch stärker und auch wenn ich seine Selbstheilungskräfte spürte, wie kleine Flüsse schlängelten sie sich durch seinen Körper, so würde es dauern und ihm eine Ohnmacht drohen. Jung und Banal wie ich war, presste ich meine Hände auf die Stelle und versuchte Druck auszuüben. Wir hatten ja weder Stoffe oder sonstiges dabei. Unsere Kleidung war schon so eng beschnitten, das abreißen auch keine Option war. Außerdem würde uns dies, Schläge von Mutter einbringen. Hitze sammelte sich in meinem Herzen und wanderte hinunter zu meinen Handflächen. Ryochi knurrte immer mehr und ich spürte das Pochen seines Körpers. Er hatte wirklich stark zu leiden und mit aller Gewalt wollte ich diese Last von ihm nehmen. Die Hitze in meinem Körper, wurde immer größer und ich presste die Augen zusammen. Los! Nun heile doch endlich du dämlicher Fuß! Ich würde Ryochi Schuhe flechten, so nahm ich mir in Gedanken vor und auch wenn es Jahre brauchen würde. So etwas wollte ich nicht noch einmal. “Kusuri!”, hörte ich Ryochis aufgeregte Stimme und öffnete meine Augen. Ein grelles Licht, blendete mich und ich sah erschrocken zwischen uns. Schnell zog ich meine Hände weg und bemerkte, das von diesen das Licht ausging. Ich schüttelte sie erschrocken hin und her und landete auf meinem Hinterteil. “Mach es weg, Ryochi!”, bettelte ich aufgeregt und fing an zu weinen. Was war denn das nun? Woher kam dieses Licht und wieso waren meine Hände so unglaublich heiß?! Mein Herz schlug mir bis zum Hals und ich atmete heftig. Zu heftig, denn ich konnte nicht mehr aufhören und spürte den nahenden Schwindel. Ich war einfach zu geschockt, um meinen Körper unter Kontrolle zu bringen und fiel nach hinten über. “Kusuri, beruhige dich!”, hörte ich die Stimme meines großen Bruders und spürte seine Hände, die mich weckend ins Gesicht schlugen. Doch ich dämmerte immer weiter weg, verzog mich in meinen Geist und ließ die Krämpfe zu, die sich in meinem Inneren ausbreiteten. “Geh zur Seite, Bursche!”, vernahm ich noch eine andere Stimme und erkannte sie. “Vater!”, stieß Ryochi aus und ich hörte seinen schmerzerfüllten Schrei, bevor ein weiteres, heftiges Pochen über meinen Körper flog und ich endgültig das Bewusstsein verlor. Als ich erwachte, lag ich auf meiner Schlafstätte. Es war stockfinstere Nacht und als ich dieser Tatsache bewusst wurde, riss ich meine Hände nach oben. Sie waren wieder ganz normal. Kein leuchten, keine Hitze, kein Pochen. Erfreut tastete ich meinen Körper ab und setze mich dann leicht auf. In der Ecke in der meine Eltern schliefen, entdeckte ich, das es wirklich Vater gewesen war, der gekommen war und mich augenscheinlich zurück getragen hatte. “Du bist wach?”, flüsterte es neben mir und ich sah zu Ryochi, welcher an meinem Kopfende saß und dort geschlafen haben musste. “Ja. Was ist passiert?”, wollte ich wissen und seine Augen erforschten meinen Körper, bevor sie an meinem Blick haften blieben. “Weißt du es nicht mehr?”, fragte er flüsternd, denn es sollte schließlich niemand geweckt werden. Ich rutschte an die Wand, an die er lehnte und zog meine Beine an meinen Körper, legte meine Arme darauf und hob die Hände. “Sie haben geleuchtet”, gab ich Antwort und teilte meinem Bruder mit, das ich wusste, was passiert war. “Nicht nur das”, flüsterte er und zog sein Hosenbein etwas hinauf. Darunter kam sein Fuß zum Vorschein. Doch dort war nichts. Keine Narbe oder auch nur ein Hauch von einer Verletzung. Auch wenn wir schnell heilten, so schnell, ging es doch nicht. “Wo ist deine Wunde? Hat Vater dich geheilt?”, wollte ich wissen und musterte seinen Fuß, bis er sein Hosenbein wieder darauf fallen ließ. “Nein. Sie verschwand, als deine Hände angefangen hatten zu leuchten.”, erklärte er und verwirrte mich. Was hatte das zu bedeuten? “Ich denke, das du es warst. Dieses leuchten.” “Aber das kann nicht sein. Ich habe nichts getan, als zu versuchen die Blutung zu stoppen”, wand ich eilig ein. Mein Kopf drehte sich. So viele Gedanken und Verwirrung verbanden sich darin, das mir ganz schlecht wurde. Ryochi kniete sich vor mich, nahm mein Gesicht in die Hände und fixierte meinen Blick. “Hey, kleiner Denker! Versuch dich daran zu gewöhnen. Ich habe es nach all den Jahren endlich geschafft, deine wahre Kraft herauszufinden!”, freute er sich und seine Augen strahlten einen gewissen Stolz aus. Das dieser mir gelten konnte, das hatte ich nicht gewagt zu denken, aber es ließ mein Herz hüpfen, das er es war. Er war der einzige, der sich diesem ungewöhnlichen Falls erfreute und nahm mich kurz in seine Arme. “Nun müssen wir nur noch trainieren und aus dir wird ein großer, starker Heiler, kleiner Bruder”, flüsterte er mir zu. Überrumpelt von seiner Umarmung hob ich die Hände und legte sie an seinen Rücken. Ein lächeln schlich sich auf meine Lippen und ich konnte annehmen, das heute etwas Gutes passiert war. Ich hatte meine Kräfte gefunden. Ich war also doch kein kleiner, schwacher Yokai. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)