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Der letzte Krieg

1. Auf einer Reise
von

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29. Wenn der Schleier fällt

Die Soldaten rückten näher. Shen nahm jede ihrer Bewegungen aus dem Augenwinkel wahr. Es waren zu viele von ihnen. Ohne den schadenfrohen Augen seines Rivalen auszuweichen, senkte er langsam den Speer in seinen Flügeln. Schließlich warf er ihn weg. Xiang stand auf, noch immer mit dem hämischen Lächeln auf dem Schnabel.

Plötzlich machte Shen eine schnelle Bewegung. In Bruchteilen einer Millisekunde, Xiang schaffte es gerade noch auszuweichen, aber der schneidende Schmerz der Federklinge ließ ihn aufschreien.

Im nächsten Moment stürzten sich die Soldaten auf den weißen Pfau und drückten ihn zu Boden. Mittlerweile hielt sich Xiang den linken Flügel mit seiner rechten befiederten Hand.

Guo eilte zu ihm. „Mein König, seid Ihr in Ordnung?“

Xiang warf einen Blick unter seinen Flügel. Blut färbte seine blauen Federn.

Guo zog sein Messer. „Sollen wir ihn niederstrecken?“

Der blaue Pfau keuchte, aber er blieb aufrecht stehen.

„Nein“, antwortete er, während er damit beschäftigt war einen Teil seiner Robe abzureißen und es um seinen verletzten oberen Teil seines Flügels zu binden. Die Schnittwunde war nicht schlimm, aber diese unverschämte Attacke machte Xiang wütender als der Schmerz. Seine zornigen Augen schauten auf den am Boden liegendenden weißen Pfau herab. Xiang rieb seine blutende Wunde.

„Aber ich werde es ihm auf die gleiche Weise heimzahlen.“ Er winkte mit seinem unbeschädigten Flügel einen der Soldaten zu sich und bat um einen Speer. „Streckt ihn aus!“

Sofort rissen die Ochsensoldaten den weißen Lord hoch. Zwei packten ihn an den Flügeln und breiteten sie weit auseinander. Xiang rieb das Blut am Speer ab, welches immer noch an seinen Federn klebte, womit er zuvor seine Wunde zugehalten hatte. Ungeduldig beobachtete er wie der Lord vor ihm stand.
 

Yin-Yu schlug sich die Flügel über den Schnabel als sie dieses Bild aus einiger Entfernung sah. „Er wird ihn übel zurichten!“

Die Pfauenhenne rannte vor, aber Po schaffte es gerade noch sie am Flügel festzuhalten. „Nein! Warte! Wang wird bald hier sein.“

Sie zog wie wild. „Da ist es zu spät. Lass mich gehen!“
 

Shen wehrte sich nicht, aber seine Körperhaltung verriet eine klare Geste des großen Widerstandes. Mit angespannten Muskeln schaute er zum blauen Lord, der wiederum erwiderte seinen Ärger mit Bosheit.

„Du hast einen Fehler gemacht“, keifte Lord Xiang düster.

Der weiße Pfau verengte gefährlich die Augen. „Es war mir ein Vergnügen.“

Xiang hob den Speer.

„Nein, Xiang! Hör auf!“

Beide Pfaue starrten ungläubig wie die Pfauenhenne sich zwischen ihn und ihrem Ehemann stellte. Aber das konnte den blauen Lord nicht lange beeindrucken.

„Geh mir aus dem Weg, du verdammtes Weib!“ Er stieß sie weg. Sie fiel zu Boden. „Wie oft soll ich dir noch befehlen deinen Mund zu halten?!“

Er war kurz davor den Speer auf sie zu werfen.

„Nein! Lass Mutter in Ruhe!“

Mit großen Augen beobachtete Po wie die zwei Kinder auf sie zu gerannt kamen.

„Rede ich hier gegen eine Wand?“ Mit einem tiefen Seufzer folgte der Drachenkrieger ihnen.

Schützend stellten sich Xia und Sheng neben ihre Mutter.

Als Xiang Sheng erblickte wurde er doch etwas umsichtig. „Wie kommst du hierher?“

„Das war nicht Teil von deinem Plan, oder?“, erwiderte Sheng zurück.

Mit besorgtem Blick schaute Po auf Yin-Yu. „Alles in Ordnung?“

„Du schon wieder?“ Xiang war nicht gerade erfreut, den schwarz-weißen Drachenkrieger zu sehen.

Po rieb sich mit einem nervösen Lächeln über den Kopf. „Ich bin nur Tourist.“

„Wag es ja nicht Mutter was anzutun!“, befahl Xia ihm.

Der blaue Pfau knurrte. „Du hast eine ziemlich große Klappe, du freches Ding! Ich werd dir deine Unverschämtheiten schon noch austreiben.“

Der blaue Pfau winkte mit dem Flügel. „Schafft sie weg!“

Die Soldaten packten die zwei jungen Vögel und zerrten sie von ihrer Mutter weg. Doch Sheng schaffte es sich freizukämpfen und sprang Xiang an. Doch dieser war darauf vorbereitet und warf den jungen Pfau mit einem harten Tritt von sich. Eine Kralle schrammte seine Kehle und Sheng fiel keuchend zu Boden. In der nächsten Sekunde wurde er von einem der Soldaten brutal hochgerissen.

Voller Verachtung schaute Xiang auf ihn herab. „Kein Wunder, dass du so schwach bist.“

Xia konnte ihre Frustration nicht länger zurückhalten. „Ich hasse dich!“

Das beindruckte Lord Xiang überhaupt nicht. „Deine Worte sind nur pures Geschwätz. Ich habe wichtigere Dinge zu tun.“

Er wandte seine Aufmerksamkeit wieder dem weißen Pfau zu, der immer noch gefangen in den Griffen der Soldaten stand.

Er näherte sich ihm. Was Yin-Yu veranlasste wieder auf die Beine zu kommen. „Nein, bitte! Tu ihm nicht weh!“

Doch alles was sie erhielt war ein bösartiger Blick.

„Nenn mir einen Grund, weshalb ich ihn nicht foltern soll.“ Damit hielt Xiang die Speerspitze sehr gefährlich über die Halsschlagader des Lords. Sachte schob sie den Speer weg. Sie fing seinen provozierenden Blick mit ihren silbernen Augen auf.

„Lass ihn bitte einfach gehen.“ Sie legte ihre Flügel auf seine. Ihre Stimme klang flehend. „Lass uns nach Hause gehen. Danach wirst du dich bestimmt besser fühlen.“

Sie versuchte zu lächeln. Xiang verengte die Augen.

Xia schrie auf, als ihre Mutter das Gesicht nach rechts drehen musste und dem blauen Pfau ihre von der Ohrfeige brennende Wange zeigte. Blut von Xiangs Wunde klebte an ihr. Vor Abscheu schnappte Po nach Luft und spannte die Muskeln an. Shen ging es nicht anders, aber es gab für ihn keine Möglichkeit ihn direkt anzugreifen. Er wollte eine Beleidigung schreien, aber die Soldaten hielten ihm einfach den Schnabel zu.

Für ein paar Sekunden war da nur Stille, bis die Lady ihren Flügel langsam hob und sich über die schmerzende Gesichtshälfte rieb. Ihre Augen wurden feucht, aber da waren keine Tränen.

Ihr Blick wanderte zurück auf den blauen Lord. „Das reicht! Ich verlasse dich!“

Xiang begann zu kichern. „Wo willst du denn ohne mich sein?“ Yin-Yu schrie vor Schmerz, als er sie brutal am Flügel packte und sie festhielt. „Ich werde dich nicht gehen lassen.“ Er lächelte teuflisch. „Bis das der Tod uns scheidet.“

Offenbar erwartete er, sie würde ihren Blick senken, doch stattdessen stieß sie ihn von sich.

„Wir waren nie ein Ehepaar gewesen! Schon die ganze Zeit nicht!“

Für einen Moment schien Xiang verwirrt, doch Yin-Yu gab ihm keine Zeit etwas darauf zu erwidern.

„Ich hatte alles für dich aufgegeben!“, schrie sie. „Meine Heimat, meine Vergangenheit, alles! Ich wollte dir eine Familie bieten, trotz der Heirat in die du mich reingezwungen hast. Aber du hast alles in den Schmutz geworfen! Ich hatte dir von Anfang an gesagt, dass du mich nicht heiraten solltest. Und ich hatte einen Grund.“ Sie schaute zu ihren Kindern. „Ich hatte nur zu viel Angst gehabt.“

Die Pfauenhenne wandte sich um und legte ihre Flügel auf Shens Schultern. „Ich wollte es nie sagen, aber –“ Sie zögerte einen Moment. Ihr Blick hing an ihren Kindern, aber es gab jetzt kein Zurück mehr. Der weiße Pfau konnte ihre Angst sehr intensiv spüren, aber sie fand den Mut mit festem Blick zurück zu Xiang zu schauen. „Er ist der Vater. Ich war schwanger, bevor wir geheiratet haben.“

Po wünsche sich, er könnte sich unsichtbar machen. Niemand konnte sagen, was gerade in Xiangs Kopf vor sich ging. Aber jeder konnte ahnen, dass es nichts Gutes war. Der Panda zog den Kopf ein, als er sah wie sich Xiangs Flügel um den Speergriff anspannten. Plötzlich schrie er und stürzte sich auf sie. Die Pfauenhenne wich seinem Angriff aus und der Speer bohrte sich in die Steinplatten.

Yin-Yu hielt inne, aber Xiang zog den Speer wieder raus und startete einen erneuten Angriff auf sie.

„DU ABSCHAUM VON EINER VEDAMMTEN…!“

„Ich – ich wollte es dir sagen!“, unterbrach sie ihn mit erhobenen Flügeln. „Aber ich hatte Angst, du könntest ihnen weh tun!“

Xiang schäumte vor Wut und warf mit dem Speer nach ihr. Yin-Yu tat ihr Bestes ihm auszuweichen.

„Lass das!“, schrie Shen und versuchte sich aus den Griffen zu befreien.

Genauso wie Po, dem jedoch keine Möglichkeit blieb einzuschreiten und die Soldaten ihn nur noch mehr einengten. „Hey, ich bin auch ein Krieger des Friedens, Leute!“

Der blaue Vogel jagte die Frau über den ganzen Hof.

„Hör auf damit!“, rief sie. „Ich warne dich!“

„Ich knüpfe deine Leiche über meine Haustür auf!“, brüllte er ihr nach.

In diesem Moment bestand für die Frau kein Zweifel mehr, dass es keinen Weg gab ihm von seinem Vorhaben abzuhalten. Sie nahm Anlauf und raste auf eine Wand zu. Doch statt stehen zu bleiben, stieß sie sich von dort ab, drehte sich wieder um und raste mit einem lauten Schrei auf ihn zu. Xiang hielt nicht an und stürzte sich weiter auf sie, in der Absicht sie mit der scharfen Waffe zu erdolchen. Aber der Fuß von ihr traf ihn mit voller Wucht. Xiang wurde durch die Luft geschleudert. Er krachte gegen Guo und beide knallten gegen die nächste Wand. Stöhnend blieben beide Antagonisten dort liegen.

Po stand da mit offenem Mund. „Wow, der Shèjī-Kick.“

Tief beeindruckt ließ er seinen Blick auf der Frau ruhen, die inzwischen vor Erschöpfung auf den Boden gesunken war.

Jeder war sprachlos.

Plötzlich nutzte Shen die Chance und kickte die beiden Soldaten weg. Das animierte den Rest der Soldaten wiederum, aber Po war es inzwischen Leid die Opferrolle zu spielen und nahm eine Kampfhaltung ein.

„Bleibt weg, oder wir kicken euch in den Himmel!“

Zu seiner Verwunderung blieben die Soldaten tatsächlich stehen und wichen zurück.

Nach dieser kleinen Phase der Verwirrung hob Po triumphieren die Nase in den Wind. „Yeah, ihr wisst ganz genau, wann es Zeit ist aufzugeben, nicht wahr?“

„Ähm“, unterbrach ihn Sheng und deutete hinter den Panda. „Ich denke, die haben sich wegen denen da zurückgezogen.“

Po drehte sich um. Nicht weit entfernt standen mehrere andere Soldaten, angeführt von König Wang.

„Oh, das erklärt natürlich alles.“

„Tut mir leid für die Verspätung“, entschuldigte sich Wang.

Po lächelte. „Ach, das ist schon okay. Wir sind ja eh fast fertig.“

Wang nickte und winkte seine Soldaten heran. „Verhaftet jeden hier!“

Sie gehorchten und verteilte sich.

„Ist irgendjemand verletzt?“

Po lächelte. „Mehr oder weniger. Die Opfer campen dort drüben.“

Mit großen Augen starrte der Hunnenkönig auf den immer noch benommenen Pfau und den Ochsen.

„Wer war das?“

Der Panda deutet auf Yin-Yu. „Sie.“

Ungläubig sah Wang sie an. „Sie?“

„Allerdings.“

„Wie hat sie das gemacht?“

„Ja, woher kennst du diesen Kick?“

Mittlerweile hatten sich Xia und Sheng neben ihrer Mutter niedergelassen, die sich über ihr schmerzendes Bein rieb.

„Ich hatte ihn heimlich geübt“, erklärte sie. „Ich hab mich aber nie getraut ihn anzuwenden.“ Ihr Blick fiel auf ihre Kinder. „Für euch.“ Sie senkte den Blick wieder. „Und wegen jemand anderen.“

Ein Seufzer traf ihre Ohren. Shen stand nur einen Meter von ihr weg und sah auf sie herab. Doch dann ging er auf sie zu. Xia und Sheng machte ihm Platz. Die Pfauenhenne wagte nicht zu ihm aufzuschauen. Shen kniete sich zu ihr runter und nahm ihren Flügel in seine. Sie hob den Kopf. Nach so langer Zeit studierten seine rot-schwarzen Augen jede Facette ihrer Silbernen. Nach einer Weile ließ ihre Anspannung nach. Vorsichtig half er ihr hoch und hielt sie in den Flügeln.

Sein Blick wurde ernst. Er berührte ihr Gesicht. „Sag mir, hast du deine Mutter umgebracht?“

Sie schloss die Augen langsam und er wusste die Antwort. Sie lehnte ihren Kopf gegen seinen Brustkorb.

„Sie hat mir keine andere Wahl gelassen.“

Ihr zittriger Körper drückte sich gegen seinen. Aber da war kein Vorwurf in seiner Reaktion.

Gerührt beobachtete Po die beiden. Doch dann wurde seine Aufmerksamkeit von Xiang abgelenkt, als Soldaten damit begannen ihn aufzuheben. Die Kollision war zu viel für ihn gewesen. Mit einem spöttischen Grinsen kam Po näher und sah auf den stöhnenden Pfau herab. „Oh, so schwach? Na dann, gute Besserung.“

Damit winkte er mit seinen Fingern über die Stirn.



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