Der letzte Krieg von BuchTraumFaenger (1. Auf einer Reise) ================================================================================ Kapitel 18: 18. Hitze und Kälte ------------------------------- PO!“ Po konnte nicht glauben, wen er da vor sich sah, als Mr. Pings warme Flügel sich um seinen Oberkörper schlangen. „Dad?“ Po war mehr als perplex. „Was machst du denn hier?“ „Eine innere Stimme hat mich hierher gerufen“, erklärte Mr. Ping. „Und ein fliegender Bote.“ „Aber woher besitzt du die Kraft mich heraufzuziehen?“ Mr. Ping schmunzelte. „Nun, mit ein bisschen Hilfe.“ Po schaue hinter ihm. Eine große Figur mit langen Haaren im Gesicht beugte sich gerade runter und war damit beschäftig Shen von den Fesseln zu befreien. „Wer ist das?“, fragte Po. „Das ist meine Haushaltshilfe“, klärte Mr. Ping ihn auf. Dem Panda blieb der Mund offen. „Das ist deine Haushaltshilfe?” Er betrachtete den großen Yak, der sich gerade erhob. „Nur für begrenzte Zeit“, räumte der Stämmige grimmig ein. „Meine Frau hat sich erkältet.“ „Aber was hattest du da im Fluss zu suchen gehabt?“, fragte Mr. Ping besorgt. „Das ist eine lange Geschichte“, murmelte Po. „Aber er muss sich erst mal dringend aufwärmen.“ Er deutete auf Shen, der zitternd im Schnee lag. Jetzt fühlte auch Po wie ihm die Kälte ins Fell kroch und umarmte sich selber. „Und für mich.“ „Wie die Tochter so der Vater“, sagte Mr. Ping mit einem sanften Lächeln, während er beobachtete wie ein Schaf ein warmes Handtuch der Wahrsagerin reichte. Die Ziege lächelte. „In der Tat, wie seine Familie.“ Behutsam legte sie das warme Tuch auf Shens Kopf, der eingehüllt in dicken Decken in einem Bett lag. Als das warme Tuch seine Federn berührte, zitterte er noch stärker. Sein Schnabel konnte gar nicht mehr aufhören zu zittern. Die Ziege schob die Decke höher bis der gesamte lange Hals des Vogels bedeckt war. Die Füße des Lords lagen frei, wo ein Schaf damit beschäftig war, seine kalten Füße warm zu rubbeln. Seit er das Wasser verlassen hatte, hatte der Lord seine Augen nicht mehr geöffnet. Er murmelte nur, dass ihm kalt war. Po saß nicht weit entfernt auf einer kleinen Bank, ebenfalls umhüllt mit Decken und seine Füße standen in einer Schüssel mit heißem Wasser. In der Zwischenzeit hatte er seinem Vater alles erzählt und Mr. Ping war mehr als beeindruckt. „Unglaublich“, murmelte Mr. Ping. „Ich könnte mir vorstellen, dass das eine sehr große Überraschung für ihn gewesen sein muss zu wissen, dass er eine Familie hat.“ Po nickte traurig. „Du ahnst es nicht.“ „Oh, ich würde die Hoffnung nicht aufgeben, Po“. Sanft berührte Mr. Ping sein Gesicht. „Du hast nur Hunger. Ich werde mal in die Küche schauen. Vielleicht ist Yuan schon fertig mit der Suppe.“ Nachdem Mr. Ping den Raum verlassen hatte, lehnte Po sich zur Wahrsagerin rüber. „Hast du ihm die Nachricht geschickt?“ Die Ziege wiegte den Kopf sachte hin und her. „Kurz nachdem wir die Stadt verlassen hatten. Ich dachte, es wäre das Beste ihn hierher zu bringen.“ „Warum?“ Sie wrang ein anderes Tuch aus, während sie weitersprach. „Ich dachte, er sollte jemanden in seiner Nähe haben, der bereits mit der Vaterrolle vertraut ist.“ Po wurde für einen Moment still. Dann fuhr er hoch, als er beim Stichwort "Vater" an Shens Sohn erinnert wurde. Besorgt schaute er zu den Schafen rüber. „Wie geht es ihm?!“, fragte er. Die Schafe schüttelten die Köpfe. „Noch immer unverändert.“ Po ließ die Ohren hängen. In diesem Moment kam Mr. Ping mit einer Schüssel Suppe in den Flügeln zurück und hielt sie seinem Sohn hin. Po nahm sie dankbar entgegen. „Danke, Dad.“ Sie umarmten sich. Beide sahen auf, als sie ein lautes Seufzen vernahmen. Shen begann sich im Bett zu bewegen und seine zittrigen Bewegungen durchfuhren ruckartig seinen Körper. Endlich blinzelte er und schaute in das bekannte Gesicht der Wahrsagerin. Er seufzte tief. „Wer sonst?“, murmelte er. Die Ziege lächelte. „Du versetzt mich von einer Sorge in die nächste.“ Der Pfau wischte sich über den Kopf. „Solange ich dich nicht an meinem Totenbett sehen muss.“ „Sprich nicht von so was.“ „Aber ich…“ Plötzlich schien Shen sich mit einem Schlag wieder an alles zu erinnern. Er setzte sich ruckartig im Bett auf und seine Augen trafen auf den Panda. Po lächelte scheu und winkte ihm zu. „Hi.“ Der Pfau antwortete nur mit knurrend, verengten Augen. Plötzlich tauchte jemand anderes in seinem Blickfeld auf. „Hallo, willkommen. Schön Sie wiederzusehen! Ein kleiner Service mit besten Empfehlungen.“ Der Lord schaute sehr überrascht. Doch als seine Augen auf die Suppe fielen, vergaß er es "Hallo" zu sagen. Er griff danach und schluckte das heiße Essbare hinunter. Doch Mr. Ping war nicht verärgert darüber. Dass jemand seine Suppe eher bevorzugte als eine Begrüßung, war für ihn immer noch Kompliment genug. Shen trank alles aus. Dann stellte er die Schüssel weg. Mr. Ping konnte sie gerade noch auffangen, bevor sie noch herunterfiel. Doch das kümmerte Shen überhaupt nicht. Er schloss die Augen, ließ sich willenlos zurück aufs Kissen sinken und atmete schwer. Mittlerweile hatte die Ziege den Lappen wieder genommen, welcher bei der ganzen Aktion heruntergefallen war und zurück auf seinen Kopf gelegt. Doch im nächsten Moment setzte sich der Pfau erneut im Bett auf. Po versuchte seine große Wut auf dem Gesicht zu ignorieren und schlürfte seine Suppe. Shen nahm einen tiefen Atemzug. „Würdet ihr uns entschuldigen? Alle!“ Alle Leute schraken zusammen. Der Lord klang mehr als verärgert. Einer nach dem anderen verließ den Raum und Po war der Letzte. Schnell stand der Panda auf und kletterte aus der Wasserschüssel. „Äh, ich glaube, ich hab draußen was vergessen.“ Mit nassen Füßen huschte er über den Boden zur Tür. „Panda!“ Er erstarrte. „Ich sage „uns“.“ Po schluckte schwer. Vorsichtig drehte er sich um und schaute den Lord an, der immer noch kerzengerade im Bett saß. Seine Augen sprühten vor Hass und Enttäuschung. Die Suppe hatten ihn zwar aufgewärmt, aber nicht das scheußliche Gefühl im Magen weggespült. „Hey!“ Po versuchte zu lachen. „Nett dich wieder zu sehen. Mann! Das war vielleicht eine Wildwasserfahrt. Wir sollten das – nicht – wiederholen solch eine Wassertour, nicht?“ Er zog den Kopf ein. Die Fingerfedern des Lords gruben sich in die Decke und zitterten, aber nicht vor Kälte, sondern vor Ärger. Dann wanderte sein bebender Flügel auf seinen Hinterkopf. „Du hast mir geschworen, mir nie Schaden zuzufügen“, fauchte er. Po presste die Lippen zusammen und wedelte mit den Armen. „Du hast mich dazu gezwungen!“ „Wir hatten eine Abmachung“, erwiderte Shen kurz. „Es war Notwehr!“ „Du hast mich geschlagen.“ „Du hättest es nur noch schlimmer gemacht. Hast du gewusst, was passiert wäre, wenn du ihm gesagt hättest, dass du und sie… du weißt schon was ich meine.“ Die schwere Atmung des Lords wurde lauter. „Ich wollte sie zerstören!“ „Denkst du nicht, dass sie schon genug gelitten hat?“ Shens Flügel verkrampften sich. Wie versteinert starrte er darauf. „Nicht mal in eine Millionen Jahren wäre es genug. Nicht für mich.“ Stille trat ein. Nur Shens Atemzüge erfüllten den Raum. Po räusperte sich, bevor er zu einem neuen Satz ansetzte. „Oh, komm schon, jetzt mach hier nicht einen auf Primadonna.“ Seine Augen weiteten sich. Shen bewegte sich und hob seinen Kopf sehr langsam, und richtete die Augen auf ihn. „Ich soll nicht wütend auf sie sein?“ Eine dunkle Welle der Bitterkeit überkam ihn. „Sie hat mich gedemütigt!“ Po war kurz davor aus dem Zimmer zu rennen, doch dann nahm er erneut seinen Mut zusammen und blieb an Ort und Stelle mit strammen Beinen stehen. „Sag mir doch genau wieso!“, verlangte er. Shen schnaubte. „Das ist meine Angelegenheit.“ „Du hast zuvor von einem Brief gesprochen“, fuhr Po unbeirrt fort. „Was war das für ein Brief? Was stand darin?“ „Nichts für deine Ohren!“ „Sag es mir doch. Vielleicht versteh ich es dann.“ Shen zog die Augenbrauen zusammen. „Nur über meine Leiche.“ „Ach, aber über die Leichen von anderen, was?“ Shen zischte dunkel. „Vielleicht erleide ich wegen deinem Schlag eine Amnesie und vergesse alles, was wir in deinem verdammten, primitiven Dorf vereinbart haben.“ „Ach, jetzt komm mir doch nicht damit.“ Plötzlich klopfte es an der Tür. „Was?!“, schrie Shen. Die Tür öffnete sich und ein kleines Schaf lugte herein. „Verzeiht mir, aber da ist eine Dame. Sie sagte, dass sie was Wichtiges zu sagen hat.“ Pfau und Panda wechselten Blicke. Wer könnte das sein? Die Tür öffnete sich vollständig und ein in langen Mantel bedeckte Person trat ein. Als sie den Raum betrat, zog sie die Kapuze runter und das Gesicht einer grauen Füchsin tauchte auf. Beide starrten die Fuchsdame an. „Äh, wer sind Sie?“, begann Po bevor Shen fragen konnte. Die Füchsin legte ihre Pfoten zusammen und verneigte sich. „Mein Name ist Xinxin. Ich stehe schon seit vielen Jahren als Dienstmädchen meiner Herrin Yin-Yu. Ich verließ unsere überfallene Stadt, als ich hörte, dass Xia hier gesehen wurde. In Begleitung eines weißen Pfaus.“ Po deutete auf Shen. „Sie kennen ihn?“ „Yin-Yu hat mir von ihm erzählt“, erklärte sie ruhig. „Muss ja ein lustiger Frauenklatsch gewesen sein“, fauchet Shen bitter. Die Augen der Füchsin fokussierten ihn mit tiefer Ruhe. „Ihr seid wirklich so schön wie sie Euch immer beschrieben hat.“ „Das ist eine bloße Verspottung!“, schrie Shen. „Wie oft will sie mich noch erniedrigen?!“ Die Füchsin senkte ihren Blick. „Sie gab mir gegenüber oft zu, dass sie viele Dinge nicht richtig gemacht hatte.“ „Ist das alles?!“ Po ging ein paar Schritte zurück. Shen war an dem Punkt gelangt einen neuen Wutanfall zu erleiden. „Mein Herr“, begann Xinxin von vorne. „Ich kann mir vorstellen, wie Ihr Euch fühlt, aber Ihr könnt versichert sein, dass die Dinge anders liegen als Ihr denkt.“ „Anders?!“ Mit einem Sprung verließ der weiße Pfau das Bett und landete mit einem lauten Knall auf den Holzboden vor ihr. „Sie hat mir einen falschen Namen genannt!“ „Ich weiß.“ „Sie hat mich einfach verlassen!“ „Das stimmt. Sie wollte nicht, dass die Palastwachen Euch findet.“ „Das ist keine Entschuldig für das, was sie mir angetan hat. Sie hat mich nur zu ihrem Vergnügen benutzt!“ „Nein, mein Herr.“ „Du niederträchtige Frau der Falschheit!“, brüllte er. „Du Verlogene! Ich verfluche den Tag meiner Geburt! Aber mehr verfluche ich ihre Geburt!“ Die Füchsin seufzte sanft. „Ihr habt einen Brief vor vielen Jahren erhalten, nicht wahr?“ Der Lord schnappte nach Luft. „Deine Gelassenheit beweist nur, dass du nicht besser bist als sie.“ Po dachte, er würde sie schlagen wollen, doch stattdessen… Po schrak zusammen. Tränen füllten die Augen des weißen Vogels. Der Pfau wandte sich von der Fuchsdame ab, bedeckte mit einem Flügel sein Gesicht und seufzte in krampfartigem, stoßweisem Schluchzen. All sein Hass und seine Wut brachen aus ihm heraus, was er über all die Jahre in sich gestaut hatte. Vorsichtig kam Xinxin auf ihn zu. „Habt Ihr den Brief noch?“ Shen zuckte bei dieser Frage zusammen. „Ich habe ihn verbrannt!“, fauchte er. „Aber ich erinnere mich noch an jedes Schriftzeichen, das sie mit ihrer vergifteten Feder niedergeschrieben hatte.“ Immer noch ihr den Rücken zugekehrt hob er langsam den Kopf. Er wischte sich über die Wangen und starrte an die Wand. „Von diesem Tag an, wollte ich sie töten.“ Er schwang herum. In seinem Flügel hielt er eine Federklinge. „Und alle anderen von ihr!“ Doch bevor der Lord es werfen konnte, fiel etwas auf ihn und drückte ihn zu Boden. „Runter von mir!“ Doch der Panda, der sich auf ihn geworfen hatte, rührte sich nicht. Shen versuchte aufzustehen, aber er konnte nicht mehr tun als auf dem Bauch zu liegen. „Ich werde solange auf dir sitzen bleiben, bis du dich bereit erklärst mal zuzuhören“, sagte Po festentschlossen. „Dazu gibt es keinen Grund!“, schrie Shen und gab den Widerstand auf. „Warum könnt ihr nicht aufhören mich zu quälen?“ In einem Augenblick verlor er alle Kraft. „Warum?“, hörte Po ihn murmeln. „Warum für was?“ Xinxin kam näher und kniete sich nieder. Ihr Gesicht gefüllt mit Mitleid. „Wie schmerzhaft war es?“ Der Lord funkelte sie an, niedergeschlagen in seinem Leiden. „Wie schmerzhaft könnte es sein, wenn du einen Brief bekommst, wo du liest, dass sie dich hasst?“ Po hob die Augenbrauen. „Das hat sie geschrieben?“ „Viel schlimmer!“ Wieder wurden Shens Augen feucht. „Sie wäre beschämt darüber, dass sie ihre Jungfräulichkeit an mir verloren hätte.“ Po konnte nicht glauben, was er da hörte. „Ich kann mir nicht vorstellen… dass sie sowas schreiben…“ „Wer hat mir ihr geschlafen?! Du oder ich?!“ Po rieb sich nervös den Kopf. Shen nahm kein Blatt vor dem Mund. Der Panda konnte nur ahnen wie sehr er sie geliebt haben musste. „Sie, sie…“ Der Lord schluckte bevor er weitesprach. „Sie schrieb mir auch, ob ich impotent wäre. – Du hast nichts gehört!“ Po erschrak, als Shen so bedrohlich auf ihn zeigte. „Ja, ja… nein, nein, natürlich hab ich nichts gehört.“ Und hielt sich die Ohren zu. „Und dass sie jemanden gefunden hätte, der ihre Erwartungen besser befriedigen würde als ich. Ich wäre nicht gut genug für sie gewesen. Ich soll sonst irgendwo hingehen.“ Er seufzte schwer. „Nachdem ich das gelesen habe, warf ich sämtliche Stühle und Tische um. Über ein Jahr suchten meine Soldaten nach ihr. Aber sie haben sie nie gefunden.“ Er seufzte tief und nahm einen starken Atemzug. „Und ich habe nie aufgehört sie zu hassen. Ich schwörte, sie sollte nie mehr die Gelegenheit bekommen mir weh zu tun.“ Er schloss die Augen und ließ sich kraftlos auf dem Boden unter der Last des Pandas nieder. „Ich habe meine Seele umschlossen mit Metall wie das meiner Waffen“, murmelte er schwach. Seine Stimme war kaum hörbar. Seine Fingerfedern gruben sich in den Holzboden. Die Füchsin hatte ihm zugehört ohne mit einer Wimper zu zucken. Schließlich strich sie sich über ihr Fell und tippte die Fingerspitzen sehr ruhig und bedächtig aneinander. „Aber Ihr solltet was wissen. Das ist auch der Grund, weshalb ich hierher gekommen bin.“ Damit begab sie sich zu der kleinen Bank, wischte ein paar Mal mit dem Fuchsschwanz drüber und setzte sich. Po mittlerweile hielt es für das Beste von Shen runterzusteigen, der immer noch auf dem Boden kauerte. „Hört mir zu, mein Herr“, begann sie und beugte sich vor. „Den Brief, den Ihr gelesen habt – Yin-Yu hat diesen Brief nie geschrieben.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)