Der letzte Krieg von BuchTraumFaenger (1. Auf einer Reise) ================================================================================ Kapitel 15: 15. Die Lady, der König und der Lord ------------------------------------------------ Während Po, Shen und Tu durch die Geheimgänge hinter, oder genauer gesagt, in der Wand der Burg gingen, führten die Soldaten die Pfauenhenne durch den langen Hauptkorridor. Das Gebäude von König Wang war mehr eine Mischung aus rustikaler Burg und einem noblen Palast. Von außen erweckte es den Anblick einer kalten furchteinflößenden Festung, aber im Inneren, zumindest in König Wangs Räumen, besaß sie alle möglichen Bequemlichkeiten. Jedoch nicht annährend wie die Dekoration in Shens Palast. Wangs Inneneinrichtung war mehr robuster Art ohne viel Details. Die Tische besaßen so gut wie keine Verzierungen. Keine Spiegel, tapetenlose Wände und auch keine Bilder. Nur Steine, die aber zumindest mit einem hellen Farbton das ganze etwas auffrischten. Das gleiche betraf auch den Boden ohne Marmorbestanteile, der teilweise mit Teppichen ausgelegt war. Ein paar Laternen in eisigen Käfigen spendeten Licht in den dunklen Ecken. Die Pfauenhenne mit Namen Lady Yin-Yu schenkte diesem keine Beachtung. Es schien sie nicht zu kümmern wohin sie ging und wo sie war. Wie ein fügsames Kind folgte sie den Ochsen bis in den zweiten Stock, wo König Wangs private Räume lagen. Der erste Wächter wechselte ein paar Worte mit einem anderem Ochsenwächter vor einer Tür. Diese wurde dann kurz darauf von ihm geöffnet und fragte etwas in den Raum. Eine andere tiefe Stimme antwortete und der Wächter nickte. Die anderen Wächter zogen sich zurück, während der Türsteher ihr den Weg in den Raum wies. König Wang, ein riesiger Ochse mit großen Hörnern und befellter Kleidung, erhob sich von einem großen Stuhl. „Willkommen Lady Yin-Yu. Ich hoffe, Ihr seid mit der Unterbringung zufrieden, oder nicht?“ Zum ersten Mal erhob die Pfauenhenne die Augen. Sie stand in einem mehr oder weniger komfortablem Raum, der etwas mehr an Dekoration aufwies, aber die Wände immer noch karges Gestein beinhalteten. „Das ist es!“ Die Zikade deutete auf einen kleinen Querbalken in der Wand. „Hinter diesen kannst du einen Blick in König Wangs Räume werfen.“ „Alles klar“, sagte Po und schob das Holz beiseite, wo er durch zwei kleine Löcher in der Wand blicken konnte. „Oh, ich kann sie sehen. Willst du auch mal durchschauen?“ Er blickte auf Shen. Doch der Lord wich seinem Blick aus. „Ich bin nicht taub.“ Po schnaubte. „Spielverderber.“ „Nehmen Sie doch Platz“, hörte er König Wangs Stimme. Schnell schaute er wieder durch die zwei Löcher. König Wang war auf die Pfauenhenne zugegangen und winkte auf einen kleineren Stuhl. Lady Yin-Yu sagte nicht ein Wort und setzte sich. Ihr Kopf immer noch dabei gesenkt. Der Ochse schnaubte mit einem Lachen und legte eine Teetasse auf den Tisch. Doch sie sah nicht auf. Ihr Gesicht war immer noch nach unten gerichtet. Doch dann bewegte sie ihre Schnabellippen. „Wo sind meine Kinder?“ Ein erneutes Schnauben und Po befürchtete schon er würde sie schlagen wollen. „Ist das das Einzige, woran Sie denken können?“, sagte König Wang etwas genervt. „Wie ich bereits gesagt habe, ich weiß nicht, wo sie sich aufhalten. Wir haben sie nach der Einnahme der Stadt verloren. Wir fanden keine Leichen. Aus diesem Grund würde ich mir keine großen Sorgen machen.“ Sie erwiderte nichts und hielt ihren Blick unten, während König Wang sich langsam auf und ab bewegte. „Ihr Ehemann war ein Narr! Es war seine eigene Schuld gewesen mich herauszufordern. Niemand bedroht einen Ochsen. Das sollte er sich mal in sein Gehirn einbrennen.“ Die Lady schnappte schwach nach Luft. Dann legte sie die Flügel zusammen und schaffte es ihren Kopf oben zu behalten. „Warum erlaubtet Ihr mir dieses Privileg?“ „Ich bin froh, dass Sie nicht auf den Kopf gefallen sind wie Ihr Mann“, meinte Wang anerkennend. „Nun, in Anbetracht der Situation, können Sie sich hoffentlich vorstellen, dass ich es mir nicht erlauben kann, Ihren Mann weiterhin als Lord in der Nachbarschaft regieren zu lassen. Aber ich kann es mir auch nicht erlauben, die Stadt sich selbst zu überlassen, ohne einen Herrscher und einer Herrscherin an ihrer Seite.“ Er machte eine kleine Pause bevor er stehen blieb und auf sie herabblickte. „Mein Appel an Sie ist, und ich bin sicher, dass Sie nicht so töricht sind und es einfach abweisen. Ihr Mann muss hingegen im Gefängnis bleiben, aber er wird nicht zu kurz kommen, solange er sich nicht weiterhin wie ein Irrer aufführt. Meine Gefängniswärter beschweren sich schon seit Tagen über ihn.“ Die Pfauenhenne schloss ihre Augen und presste ihre Flügel aneinander, als wünschte sie sich, dass es so schnell wie möglich vorbei sein möge. Endlich kam König Wang auf den Punkt. „Mein Vorschlag ist, Ihre Heirat mit ihm auflösen und stattdessen mich zu heiraten.“ Jetzt fand die Pfauenhenne mehr Kraft in einer stocksteifen Position zu sitzen. Po schluckte ein „Was?!“ herunter. „Hast du das gehört?“, hauchte er und tippte Shen auf die Schulter. „Fass mich nicht an!“, fauchte der Lord. „Ich bin nicht taub!“ Po presste die Lippen aufeinander. „Hast nicht verstanden, was er gerade gesagt hat?!“ „Pssst!“, zischte Tu. Mittlerweile hatte Lady Yin-Yu immer noch kein Wort über die Schnabellippen gebracht. König Wang winkte mit dem Huf. „Sie müssen die Entscheidung nicht heute treffen. Ich möchte Sie aber auch bitten, nicht zu lange zu warten.“ Plötzlich ertönten laute gedämpfte Rufe durch den Korridor hinter der Tür. Ein Wächter stürmte herein. Er war völlig außer Atem. „Was ist los?“, fragte König Wang. „Da ist ein Aufstand im Gefängnis!“ König Wang meinte nicht richtig zu hören, aber dann wandte er sich an Yin-Yu. „Sie bleiben hier. Ich werde jeden Moment zurücksein.“ Mit lautem Knall wurde die Tür geschlossen. Kurz danach sank die Pfauenhenne auf den Stuhl zusammen und bedeckte ihr Gesicht. Es wurde still um sie herum. Po krampften sich die Zehen hoch. „Das ist unsere Chance! Holen wir sie raus.“ Er schaute zu Tu. „Gibt es eine Möglichkeit in den Raum reinzukommen?“ Die Zikade vibrierte mit den Antennen. „Natürlich.“ „Großartig! Zeig mir den Weg, Companion.“ Die Zikade verdrehte die Augen, aber sie tat was er wollte und aktivierte wieder einen Stein in der Wand. Langsam und lautlos gab dieser Teil der Wand nach und öffnete sich wie eine Drehtür. Po war kurz davor loszulaufen, aber dann zögerte er und schaute zurück. Aber der Lord stand da, als ob ihm das alles nicht interessieren würde. „Äh, möchtest du zuerst reingehen?“ Der Pfau hob die Nase. „Ich werde nicht der Erste sein, der ihr hinterherrennt.“ Er hob den Flügel in einer abwertenden Weise und wandte sich ab. Po verengte die Augen. „Aber jetzt bist du so nah dran!“ „Keine Diskussion!“ Damit ging der Lord davon. „Bring sie zu den Treppen. Ich werde dort warten.“ Für einen Moment wusste Po nicht, was er sagen sollte. „O-okay, ich verstehe. In diesem Fall ist das mein Auftritt.“ Vorsichtig drückte er die Wandtür weiter auf. Schnuppernd sah er sich um, nur um ganz sicher zu gehen. Außer ihm befand sich neben ihr sonst keiner im Zimmer. Auf Zehenspitzen schlich er zu ihr rüber. Die Lady schenkte ihrer Umgebung keine Beachtung. Sie gab den Eindruck verloren und allein auf der Welt zu sein. Po fühlte Mitleid in sich aufsteigen. Was hatte eine solche schöne zerbrechliche Blume nur getan, dass der Lord so einen tiefen Groll gegen sie hegte? Aber für Interpretationen war jetzt keine Zeit. Vorsichtig beugte sich Po zu ihr runter. Die Pfauenhenne hatte ihn noch gar nicht bemerkt. Erst als er ihr ein paar Worte zuflüsterte, hob sie ruckartig den Kopf. „Äh… hi?“ Er schluckte. Ihre Pupillen waren wie dunkles Silber, umhüllt in einer tiefen Müdigkeit. Aber schöne Augen. Die Lady schien nicht sonderlich geschockt zu sein, aber auch nicht sehr sorglos. Unsicher sah sie den Panda an. „Keine Sorge“, sagte Po. „Ich bin ein guter Freund von ihrer Tochter.“ Jetzt keimte neues Leben in ihr auf. Schnell ergriff sie seinen Arm, sehr zu Pos Überraschung, und schaute ihn fest an. „Wo ist sie?!“ „Sie ist… sie ist in Sicherheit“, antwortete er immer noch völlig überrumpelt. „Was ist mit meinem Sohn?!“ war ihre nächste schnelle Frage. „Er lebt“, antwortete Po wahrheitsgemäß. „Aber kommen Sie. Wir bringen Sie von hier weg?“ „Wir?“ „Ja, mehr später. Hier lang.“ Behutsam nahm er ihren Flügel und zog sie zu dem versteckten Geheimgang. Kaum hatten sie den Durchgang passiert, verschloss Po die Tür auch wieder. Dann nahm er sie wieder an dem Flügel und gemeinsam gingen sie durch einen schmalen Gang bis sie in eine Art Halle kamen, wo eine steinige Wendeltreppe nach oben führte. Der Panda sah sich um. Doch der weiße Pfau war nirgends zu sehen. „Okay.“ Po blickte zurück. Die Pfauenhenne hatte immer noch einen traurigen Ausdruck auf ihrem Gesicht. Würde es nachher schlimmer werden? „Nun“, begann Po von neuem. „Da wären wir.“ „Warum halten wir hier an?“ Er ließ ihren Flügel los. „Nun, ich denke, da ist jemand, der mit Ihnen sprechen möchte.“ Wieder sah er sich um. „Jeden Moment. Denke ich. Bald.“ Auf einmal war da ein raschelnder, klirrender Klang. Po blickte automatisch nach oben. In der Dunkelheit der versteckten Mauerwerke erschien eine weiße, geisterhafte Gestalt auf den oberen Treppenabsatz. Po räusperte sich und deutet nach oben. „Das ist der, der mit Ihnen sprechen möchte.“ Hosted by Animexx e.V. 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