Frühlingstaumel von irish_shamrock (Im Herzen Diebin [Nami ♥ Sanji OS]) ================================================================================ Kapitel 1: Frühlingstaumel - Im Herzen Diebin ---------------------------------------------    Frühlingstaumel     Im Herzen Diebin Stimmengewirr gelangte an seine Ohren. Günstige Winde und eine See, die ihm gewogen war, hatten ihn an diesen Ort geführt. Eine prächtige Farbenvielfalt säumte bereits Felder und Wiesen. Vögel tirilierten, Insekten summten, doch es war ihm nicht vergönnt, diesem Schauspiel weiterhin zu frönen. Der junge Mann kannte die verschlungen Pfade, die ihn ans Ziel brachten. Wenngleich Jeff ihn einmal in der Woche auf diese Insel schickte, um fehlende Gewürze, Fleisch und Fisch zu erstehen. Wohl nie ließe sich voraussagen, ob und wann die Flut an Gästen über das berühmte, schwimmende Restaurant im Eastblue hereinbrach. Es gab Tage, da standen die Köche vor aller Arbeit Kopf und Augenblicke, in denen sie vor Langeweile kaum wussten, etwas mit sich anzufangen, da die Küche mehr als glänzte, alle Kartoffeln geschält und der Gastraum ein einladendes Erscheinungsbild bot. An diesem Tage blieb es ruhig im Baratié, für Jeff, als Chef und Betreiber des Restaurants, Grund genug, seinen Schützling in die Spur zu schicken. Die Bekanntheit unter den Stadtbewohnern erleichterte es dem Jungen, die gewünschten Lebensmittel zu erwerben. Hier wechselte man ein freundliches Wort, dort verhandelte man hartnäckig über den Zustand der Ware. »Ich habe hier das beste Nackensteak, das Jeff sich wünschen kann!«, pries der Metzger. »Es tut mir sehr leid, Hiroshi.« Mit einem Lächeln war er versucht, dem Drängen des Mannes etwas Milde entgegenzubringen. „Sanji, Junge, so glaube mir doch, wenn ich dir sage, dass es das beste ist.“ Abermals versuchte der Fleischer ihm das Steak schmackhafter zu gestalten. »Vielleicht in der nächsten Woche.« Der junge Koch tat uninteressiert und besah sich die nächsten Punkte auf der Liste, die es abzuarbeiten galt. »Vielleicht ist die Qualität dann aber nicht mehr so gut«, rief ihm der Metzger nach. »Das wäre enttäuschend«, erklärte Sanji und wandte sich nochmals zu dem Mann um. »Dabei hält Jeff große Stücke auf dein Angebot und deine Arbeit.« Leicht verlegen winkte der Fleischer ab. Es war eine Bereicherung für diese Insel, in Partnerschaft mit dem Baratié zu stehen. Eine Hand wusch die andere. Und wenn die noble Kundschaft die Zubereitung und den Wert der Speisen zu schätzen gelernt hatte, so blühte auch diese kleine Stadt allmählich auf, so, wie es die Blumen auf den Feldern taten. Nach einem weiteren Austausch leichten Geplänkels mit den anderen Händlern, führte ihn sein Weg, weg vom Markt, weitere Stufen ins Stadtinnere hinab. Auch wenn dieses Eiland nicht viel hermachen wollte, so waren es doch die kleinen Gassen, die ihre Schätze im Verborgenen hielten. Eine Handvoll Treppen mussten erklommen und wieder hinabgestiegen werden, ehe er dem letzten Punkt seiner Reise ein Häkchen versetzen konnte. Auch wenn die Zeit ihn dennoch ermahnte, nicht allzu verschwenderisch zu sein, so konnte er gut und gern für Stunden in diesem Laden verbleiben, einen Plausch mit der alten Frau halten und sich über die neuesten Kreationen erkunden, die die Dame zusammenstellte. Soeben wollten seine Finger nach dem Türöffner greifen, als ein erstickter Schrei all seine Aufmerksamkeit verlangte. Im Augenwinkel bemerkte er eine Gestalt, die schnell und schier gnadenlos auf ihn zuhielt. Dass die Wege alt und die steinernen Treppen durch Risse einer Gefahr für Leib und Leben glichen, war den Bewohnern wohl bekannt. Sie wussten um die vielen Stolpersteine und umgingen sorgsam jene Fallen, die sich vor ihnen auftaten. Doch diesem Mädchen, das geradewegs auf ihn zueilte, blieben diese Geheimnisse offenkundig verwehrt. Strauchelnd jagte die Fremde auf ihn zu. Noch ehe er sich's versah, war ihm der Einkauf entglitten und das Mädchen fand sich jammernd und keuchend in zwei Armen wieder, die einem Aufprall jedoch nicht mehr standhielten. Gemeinsam entglitt ihnen mehr und mehr der sichere Boden, sie fielen und landeten unsanft. »Es … es tut mir leid, bitte entschuldige«, japste das Mädchen und war versucht, ihm eiligst die Last ihres Körpers zu entwenden. Er wusste nicht, ob ihn Wut oder Erleichterung überkam, war er noch zu überrascht und benommen, um sich der Situation zu begreifen. Ein Auflachen seinerseits ließ sie blinzeln, ehe er sich keuchenden Lautes aufsetzte. Hastig huschte sein Blick über die verstreuten Lebensmittel. »Ein Jammer«, seufzte Sanji auf. Den brennenden Schmerz, der ihn überfiel, sobald er sich regte, versuchte er vor dem Fräulein zu verbergen. Erschrocken fuhr das Mädchen zusammen und machte sich mit aller Hast daran, das, was ihr noch ganz und heil erschien, zusammenzuklauben. »Es tut mir so unendlich leid«, beteuerte sie in einem fort. Hilflos und nicht weniger zerstreut, als es die Güter waren, die um sie herum verteilt lagen. »Nein, schon … das macht doch nichts. Diese Treppen sind wahre Stolperfallen.« Es gelang ihm, trotz dieser verfahrenen Situation, die Mundwinkel zu einem Lächeln zu heben. Dem Mädchen standen noch immer Schock und Starre ins Gesicht geschrieben. Auch wenn es ihm widerstrebte, so kam der junge Mann nicht umhin, das junge Fräulein in Augenschein zu nehmen. Das Hemd verdreckt, das Haar, fiele es nicht den Schatten der Gasse zum Opfer, war zerzaust, doch ließe es selbst wohl die Sonne vor Neid erblassen, Kratzer und Schürfwunden an den Armen waren Zeuge ihres Überfalls, gleichsam der zerschlissene Stoff der Hose, die ihre mageren Beine bedeckte. Mitleid überfiel ihn. »Hast du dich verlaufen?« Hastig wandte das Mädchen den Kopf. Ihr Erscheinungsbild ließ Erinnerungen keimen, die er längst hatte vergessen wollen. Zu seiner Verblüffung war sie rasch auf den Füßen, klopfte sich, wenngleich mit schmerzverzerrtem Gesicht, Staub und Schmutz von den Kleidern. Wortlos reichte sie ihm die Überbleibsel, die sie in den Beuteln verstaut hatten. Verdutzt blinzelte Sanji, nahm ihre Geste des guten Willens dennoch dankbar an. Noch ehe er sie nach ihrem Namen fragen konnte, war das Mädchen verschwunden. »Bist du … ein Geist?« Sanji neigte den Kopf, begutachtete dennoch achtsam den Inhalt der eiligst zusammengerafften Lebensmittel. Etwas fehlte, doch er würde es diesem armen Mädchen nachsehen. Erschrocken fuhr Madame Shio zusammen, als der junge Mann ihren Laden betrat. Wortreich versicherte er der alten Dame, dass er beinahe unversehrt sei und sein eigentliches Anliegen dem Kauf neuer Gewürzmischungen galt. Auch wenn sie ihm die edelsten Gewürze vortrug, gelang es ihm kaum, den Worten der Frau gewahr zu werden. Auch vermochten weder die Aromen noch der Geschmack der vielen Zutaten ihn auf andere Gedanken bringen. »Mein Junge, dieses fremde Ding scheint dir gehörig im Kopf umherzugehen«, maß sich Madame Shio an. Ein Seufzer entrang sich seinen Lippen. »Sie ist selbst dir unbekannt?« »Ich kenne jeden hier im Dorf und glaube mir, wenn ich dir sage, dass Fremde hier, sind sie uns wohlgesonnen, nicht lang fremd bleiben. Doch dein Mädchen kenne ich nicht.« Ihrer Erklärung folgte ein murrender Laut. »Sanji, du bist fünfzehn Jahre alt. Da werden noch so viele Mädchen kommen. Konzentriere du dich auf das, was du kannst. Der Rest ergibt sich meist wie von selbst. Und wer weiß? Vielleicht siehst du sie eines Tages wieder?« Ihm sanken die Schultern herab, ehe sein Blick zu den Beuteln wanderte. »Nun gut, was schulde ich dir?« »Für die paar Gewürze? 50.000 Berry.« Die alte Dame schenkte ihm ein fast zahnloses Lächeln. Erschrocken über diese Art des Fevels hüpfte ihm eine Augenbraue empor. »Du bist eine Halsabschneiderin.« »Gut, dann 100.000 Berry«, gebot ihm die Hüterin der Gewürze. Sanji wandte den Kopf, suchte in den Taschen seiner Jacke nach der Geldbörse und wurde, je mehr Zeit verstrich, umso nervöser. »Wo zum -?« Madame Shio neigte das ergraute Haupt. »Suchst du etwas, mein Junge?« »Meine Brieftasche!«, rief der junge Koch aus. Madame Shio blinzelte. »Hast du sie verloren?« »Nein, ja … ich … bitte entschuldige, ich ...« Wie vom Schlag getroffen, sackte Sanji in sich zusammen. »Du willst mich doch wohl nicht um meine Tageseinnahme bringen?« Ein bedrohliches Knurren quoll der alten Dame über die Lippen. »Nein, Madame.« Schweiß perlte ihm bereits vor Scham von der Stirn. »Bleib ruhig, mein Junge. Du kannst auch später zahlen.« Abwehrend hob die Ladenbesitzerin die Hände. »Suche du nach deiner Geldbörse und begleiche die Schulden bei deinem nächsten Besuch. Aber vergiss nicht: Ich mag noch so alt sein, doch ich vergesse nichts.« Von tiefer Dankbarkeit erfüllt, verließ der junge Mann das Geschäft, streifte durch die Straßen, doch das, was er suchte, fand er nicht. Gedanken, so viele, kreisten ihm im Kopfe umher, dennoch war es an der Zeit sich auf den Rückweg zu begeben. Angeschlagen, aufgewühlt, missmutig und enttäuscht belud er den kleinen Kahn und hielt inne, als er abermals eine dunkle Gestalt, hoch über sich, bemerkte. Dort saß sie, auf der Kaimauer, während er dem Versuch erlag, das Boot seetüchtig zu machen. »Hier«, sie warf ihm die Geldbörse zu. »Du kannst sie wiederhaben. Wenn ich gewusste hätte, was für ein armer Tropf du bist, hätte ich dir ein paar Berry gegeben.« Zorn kroch ihm vom Halse aufwärts in die Wangen. »Da bist du ja wieder.« Das Mädchen ließ ein Zucken der Schultern erkennen. »Du hast mich bestohlen!«, ereiferte sich der junge Koch. »Da gibt es nicht zu stehlen. Nichts, das von Wert wäre«, lässig schlug sie Beine übereinander. Sanji neigte den Kopf. »Glaubst du?!« »Ich habe es gesehen.« Genüsslich, wie eine Katze, streckte sie sich der wärmenden Abendsonne entgegen. »Verrate mir deinen Namen!«, verlangte er. Doch die Fremde schnaubte nur. »Ich denke gar nicht daran!« »Du bist also eine Diebin, die keinen Namen hat. Eine Geächtete? Eine Namenlose?«, riet er. »Ich bin eine Diebin, das ist korrekt. Eine Diebin, die sich auf Piraten spezialisiert hat«, erklärte das Mädchen unumwunden. »Nur, bin ich kein Pirat.« Er ließ von dem Tau ab, das das Boot noch immer am Ufer hielt. »Ist mir aufgefallen«, gab sie zur Antwort. Sanji schnaubte. »Ich bin Koch.« »Wenn du das sagst.« Wieder zuckte sie nur die Schultern. »Ein Koch, mit mehr Löchern im Portemonnaie als ihm guttäte.« Ihm schnellte zum wiederholten Male eine Augenbraue gen Himmel hinauf. »Und du weißt, was mir guttut?« »Nein, und es interessiert mich nicht. Doch du hast mich ebenso bestohlen«, gab das Mädchen zurück. Erneut entfloh ihm ein schnaubender Laut. »Habe ich? Wie das?« »Du hast mir meine Zeit gestohlen«, erklärte die Diebin. »Zeit, die ich für andere Dinge genutzt hätte, als dir nachzujagen.« »Um noch mehr zu stehlen? Hör zu: Ich, an deiner Stelle, würde diese Bewohner in Frieden lassen. Das, was sie besitzen, ist alles, was sie haben«, rief Sanji zu ihr hinauf. »Ist mir gleich.« Erneut zuckte das Mädchen mit Schultern. Obschon er nicht viel von dem Mienenspiel zu erkennen vermochte, da die Sonne nunmehr hinter ihr versank und die letzten Strahlen das Gesicht des Mädchens in tiefe Schatten zogen, so glaubte er tatsächlich etwas in ihrer Haltung zu erspähen, das ihm imponierte. »Ich bin Sanji«, erklärte er. »Und du bist?« »Nicht interessiert«, rief sie ihm kopfschüttelnd zu. »Du kannst bei uns arbeiten. Fähige Helfer sind bei uns immer gerngesehen«, bot er an. Doch das Mädchen lachte nur. »Kein Interesse.« »Du könntest einer ehrlichen Arbeit nachgehen«, fuhr Sanji fort, ehe ihm ein Gedanke reifte. Die Kaimauer war kaum drei Meter hoch. Wenn er sprang, mit allem, was ihm noch bliebe, so wäre er schneller bei dieser dreisten, frechen Diebin, als diese ahnen konnte. Empört über derlei Anmaßung, stemmte sie die Hände in die Hüften. »Meine Arbeit ist ehrlicher Natur.« »Du bestiehlst hart arbeitende Leute«, verdattert entfloh ihm ein unbegreifliches Lachen. »Und wir drehen uns im Kreis, findest du nicht?«, seufzte sie. »Nein.« Nun war es an ihm, den Kopf zu schütteln. »Wie dem auch sei, es war mir eine wirkliche Unfreude, auf dich zu treffen.« Die Diebin machte Anstalten, die Beine über die Mauer zu schwingen. Sowie er ihr Vorgehen bemerkte, setzte er ihr nach, wenngleich auch nur mit Worten. »Du willst gehen?« Sie wandte ihm bereits den Rücken zu. »Hier gibt es nichts mehr für mich zu holen. Aber ich gebe dir einen Rat: Sei nicht allzu arglos, wenn dir ein hübsches Mädchen über den Weg läuft. Du weißt nie, ob sie nicht irgendwie einen Weg in deine Tasche findet.« »Oder in mein Herz?«, rief er abermals zu ihr auf. Sie fuhr kaum merklich zusammen, warf ihm dennoch einen Blick über die Schulter zu. »Du redest Unsinn!« Sanji hingegen schenkte ihr nur ein schiefes Lächeln. »Tue ich das?« Ein Schnauben, mehr hatte sie nicht für ihn übrig. Und so flink, wie sie ihm erschienen war, so rasch war das fremde Mädchen verschwunden. Doch ob er ihr je wiederbegegnen durfte, blieb ihm verbogen. Auf dem Weg zur anderen Seite der Insel, wühlte sie in ihren eigenen Taschen. Das, was sie ihm dennoch entwendet hatte, war klein, orange und duftete nicht minder angenehm als das, was sie mit ihrer Heimat verband. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)