Mary Sue-Projekt Shuffle von Mary Sue-Projekt (Interne Jubiläumsaktion 2020) ================================================================================ 02 Eiscreme ----------- Ein strenger Geruch stieg mir in die Nase, als ich den schaurigen kleinen Laden betrat. Wie der Duft nach faulen Eiern und verrottetem Kohl. Ich rümpfte die Nase, während die Tür hinter mir zufiel. Doch trotz dem unverkennbarem Aroma der kleinen Apotheke, fühlte ich mich doch hingezogen zu den ganzen interessanten Dingen, die hier auslagen und vermutlich den Gestank verbreiteten. Ich schlang die Arme um mich, denn obwohl wir Sommer hatten war es hier drinne erstaunlich frisch, während ich langsam an den Regalen lang ging. Sie waren vollgestellt mit Gläsern die mit verschiedensten Zutaten befüllt waren. Neugierig studierte ich die Zettelchen die dabei standen: Wermut, Salbei und Baldrian kannte ich. Genauso wie Anis und viele der anderen Kräuter, die in dem Regal vor mir gelagert wurden. Als ich das nächste Regal erreichte wurde es dann schon exotischer. Hier waren verschiedene magische Pflanzen und Wurzeln ausgestellt. Wie Schlafbohnen und eine Pflanze namens Snargaluff oder die Wurzeln von Ingwer und Affodill.  Das dritte und letzte Regal war für alle tierischen Produkte reserviert. Neben gemahlenen Hörnern vom Einhorn, Insekten wie Florfliegen und Giften, gab es hier vor allem Innereien von Ratte, Fledermaus und Co. In der Ecke standen große Fässer, gefüllt mit verschiedenen Flüssigkeiten, wie Flubberwurmschleim. Hier war der Geruch mit Abstand am intensivsten, sodas ich doch keinen genauen Blick auf die Aaalaugen werfen wollte und zügig zum Tresen ging. „Hallo. Ich brauche Trankzutaten für Hogwarts bitte“ sprach ich den Herrn an. Er war alt und faltig, hatte aber ein freundliches Gesicht und lächelte mir zu. „Hogwarts also meine Liebe. Vermutlich für das erste Schuljahr“ krächzte er und holte eine Tüte aus Papier hervor. Zusammen mit kleinen Säckchen unterschiedlicher Beschaffenheit, huschte er durch die Regale. Routiniert arbeitete er sich systematisch vor, während ein  Junge sich hinter mir einreihte. Ich erinnerte mich, er musste den Laden betreten haben, als ich bei dem letzten Regal gewesen war. Das Läuten der Tür hatte ihn angekündigt. Neugierig musterte ich ihn. Er hatte ungepflegte kinnlange Haare und seine Augen waren genauso pechschwarz wie seine Frisur. Dazu trug er einen schlichten, abgetragenen Zauberumhang, der ihm mindestens zwei Nummern zu groß war, so das man seine Füße nicht sehen konnte. Durch seine fahle Haut wirkte er wie aus einem schwarz-weiß Film entsprungen. Natürlich merkte er meinen Blick, trotzdem verzog er keine Miene. Lediglich das zucken seiner Augen verriet mir, das auch er neugierig war. „Hi. Ich bin Jasmin“ versuchte ich es freundlich und schaute zu ihm auf. Sein Mundwinkel zuckte, während er sich schüchtern zu mir drehte. Ich reichte ihm meine Hand entgegen. Zögerlich löste er einen seiner Hände von der Tüte, die er umklammert hielt, und stellte sich vor. „Ich bin Severus… Hi.“ Seine Stimme war fest und ungewohnt freundlich. Mir war ganz mulmig zu mute und das hatte zwei Gründe. Zum einen traf ich grade meinen Lieblingscharakter, live und in Farbe. Er stand direkt vor mir und wir schüttelten Hände mitten zwischen allerlei Tränkezutaten. Es hatte – auf eine verschrobene Art und Weise – ja fast was romantisches ala Snape Stil. Also so gar nicht, denn ich fühlte mich ziemlich unwohl in meiner Haut. Vor allem aber weil es mir unendlich peinlich war das ich ihn nicht erkannt hatte. Zwar hatte ich bei seinem Anblick an ihn denken müssen, hatte aber meine Chancen geschwindend gering eingeschätzt hier wirklich auf Severus zu treffen. Zumal er als Teenager ein völlig anderer Mensch zu sein schien. Obwohl er keine glückliche Kindheit hatte war da trotzdem noch etwas, was sein erwachsenes Selbst verloren hatte. Unterbewusst war mir klar was es war. Die Freude am Leben. Auch wenn diese Lebensfreude vermutlich allein auf Lilys Existenz aufbaute. Das war zumindest mein Eindruck und zugleich war es der andere Grund, warum mir plötzlich ganz flau im Magen war. „Freut mich dich kennen zu lernen“ erwiderte ich und versuchte mir nichts anmerken zu lassen. Was mir nur semi gut gelang. Severus hatte es bemerkt und schnell wieder seine Tüte umklammert. Trotzdem schienen ihn meine Worte zu schmeicheln, scheinbar wollte schon als Teenager niemand was mit ihm zu tun haben. Eifrig versuchte ich mich zu erklären und log dabei das Blaue vom Himmel „du erinnerst mich an jemand, den ich mag. Weißt du.“ Und mir wurde bewusst das es tatsächlich die Halbewahrheit war. So irgendwie wenn man beide Augen zudrückte.  Betretenes Schweigen herrschte zwischen uns und der Apotheker war schließlich der der es brach. „Bitteschön. Damit solltest du durch das erste Jahr ohne Probleme kommen. Das macht dann dreizehn Galleonen und achtzehn Sickel bitte“ und ich reichte ihm das Geld. „Wir sehen uns dann also in Hogwarts“ wandte ich mich an Severus, der mittlerweile an den Tresen getreten war. Er nickte „ja bis dann. Vielleicht kommst du ja auch nach Slytherin. Würde mich freuen.“ Ich hob die Hand zum Gruß, dann verschwand ich. Leise fiel die Tür ins Schloss, während ich mich von der Sonne wärmen lies und darüber nach dachte, was darin passiert war. Am liebsten hätte ich mich dafür schlagen können. So hatte ich das alles nicht geplant. Warum muss sowas immer mir passieren? Jetzt im Nachhinein merkte ich erst wie peinlich das Ganze war und am liebsten wäre ich im Boden versunken. Die Tür hinter mir bimmelte erneut und Severus trat ebenfalls heraus. Er lächelte „bis dann.“ „Warte!“ ohne nach zudenken hielt ich ihn zurück und hatte meine Hand ausgestreckt, die ich nun zu einer Faust schloss. Langsam und etwas unangenehm berührt nahm ich die Hand wieder herunter. „Magst du vielleicht mit mir ein Eis essen gehen?“ stammelte ich, während ich erst seinem Blick auswich um dann doch meinen Mut zusammen zu nehmen und ihn anzuschauen. Er wirkte überrascht. Seine Augen waren etwas geweitet und er musterte mich, dann nickte er aber zustimmen. „Sehr gern“ und gemeinsam schlenderten wir zur Eisdiele. Einen Großteil des Weges waren wir still, doch nach einer Weile kamen wir langsam ins Gespräch. Anfänglich stockte es noch was, da es vor allem ihm schwer fiel sich zu unterhalten. Daher war er ganz dankbar, dass ich den aktiveren Part übernahm. „ Sind deine Eltern eigentlich Zauberer oder Muggel?“ fragte ich schließlich, als ich grade mein Eis nahm. Ich hatte mich für Schokolade und Straciatella entschieden. Auch Severus nahm seins und leckte nun an seiner Haselnuss Kugel, während er überlegte was er sagen wollte. „Meine Mom ist eine Hexe. Sie war auch auf Hogwarts, weist du. Und mein Dad…“ seine Mine verfinsterte sich und er hielt kurz inne „mein Dad ist ein Muggle.“ Dabei wandte er den Blick ab und schien sich ziemlich zu schämen. Obwohl ich durchaus ein bisschen was über seine Vergangenheit wusste, musste ich gestehen das ich keine Ahnung hatte wie er zu seinem Leben stand. Lediglich das er seinen Vater nicht leiden konnte. Doch ob es daher kam das er seine Familie schlecht behandelte oder aber weil er eben ein Muggle war. Vorsichtig fragte ich nach. „Du magst deinen Vater nicht besonders. Oder? Ist es weil er ein Muggle ist?“ Mittlerweile hatten wir uns auf eine Stufe gesetz, doch Severus war bei der Frage fast wieder aufgesprungen. Heftig schüttelte er den Kopf. „Nein. Nein es ist nur so…“ er schwieg und betrachtete seine Füße. „Schon ok. Wenn du nicht drüber reden willst…“ gab ich was enttäuscht von mir. Ich war nicht enttäuscht weil Severus nicht reden wollte, viel eher ärgerte ich mich das ich mal wieder so neugierig gewesen war. Das war wirklich eine schlechte Angewohnheit. Allerdings schien es diesmal doch tatsächlich was gutes zu haben denn nun überraschte mich Severus doch tatsächlich. „Nein. Ich… Es ist so… Weißt du… Normalerweise interessiert sich niemand für mich“ und er leckte kurz an seinem Eis ehe er hinterher schob: „Warum bist du eigentlich so nett zu mir?“ Plötzlich war ich unglaublich beschäftigt damit mein Eis zu essen. Das er darauf zu sprechen kam hätte ich eigentlich erahnen können. Das Witzige, ich wusste es selber nicht so genau. Das er ein unglaublich interessanter Charakter aus dem Fandom war, war zweifelsohne ein Grund warum ich an ihm gefallen gefunden hatte. Doch der eigentlich Grund war ein anderer. Der eigentliche Grund rührte von wo anders her, denn ich war schon immer das Bedürfnis gehabt den Schwächeren zu helfen. So war es kein Wunder das ich mich ihm angenommen hatte. Innerlich betete ich dafür das er nie erfuhr das mein großer Motivator tatsächlich Mitleid gewesen war. Ich war mir sicher das ich diesen Moment lieber nicht erleben wollte. „Keine Ahnung…. Vielleicht weil du meine Neugierde geweckt hast. Ich mag verschlossene Menschen wie dich. Denke ich“ antwortete ich eine Weile später. „Außerdem bist du ein Zauberer und der ganze magische Kram ist alles so neu und aufregend. Ich fühle mich einfach wohler wenn ich schon jemand kenne der sich schon was besser auskennt.“ Beschämt sah ich zu Boden. Mir war das peinlich das mich solche abstrusen Dinge antrieben oder zumindest ich ihm nur diesen Grund nennen konnte. Ich mein, was würde er sagen wenn ich ihm die Wahrheit erzählte. Hi ich bin Jasmin und komme aus einem anderen Universum. Hogwarts und all das existierten dort als Fantasy Buchreihe und du bist mein Lieblingscharakter. Wie du trotzallem was du durch gemacht hast so… so… so… unglaublich geworden bist. Wirklich bewundernswert. So ein „Was dich nicht umbringt macht dich Stärker“ Typ. Wirklich cool und dann deine düstere, geradezu bedrohliche Ausstrahlung. Auf eine ungewöhnliche Art und Weise sexy… Ich zwang mich nicht den Kopf zu schütteln um diese abstrusen Gedanken los zu werden. Manchmal hasste ich es wenn mein Hirn sich selbstständig machte. Doch noch bevor ich weiter darüber grübeln konnte lenkte Severus meine Aufmerksamkeit auf sich, denn er lachte. Es war ein spöttisches Lachen, leise und so schnell wieder vorbei, das man denken konnte er hätte sich einfach nur verschluckt. Doch seine hochgezogenen Mundwinkel verrieten das es ihn noch immer amüsierte. „Dann hast du dir mit mir wirklich den falschen ausgesucht. Meine Mom hat sich nie getraut meinem Dad zu sagen das wir Magier sind, ich bin wie du in einem Mugglehaushalt groß geworden…“ Ich unterbrach ihn bevor er sich noch weiter schlecht machen konnte „aber ich mag dich und zwar so wie du bist! Mir ist es egal ob du aufgewachsen bist wie ein Mugglejunge oder wie gut du zaubern kannst“ denn er war immer noch besser als ich. Wieder wurde ich ganz plötzlich Mucksmäuschen Still und schaute peinlich berührt zu Boden. Ein paar vorbei laufende Menschen hatten sich zu uns umgedreht, da ich doch was lauter geworden war. Wir schwiegen und dann, ich hatte weder nach gedacht noch hatte ich mich bewusst dazu entschieden, passierte es. Ich hatte ihn geküsste. Kurz, aber trotzdem nicht so bedeutungslos wie es Kinder normal tun würden. Immerhin war ich nicht wirklich ein Kind. Von meinen Erfahrungen und meiner Reife her war ich weiter. Bevor einer von uns auch nur reagieren konnte war es schon wieder vorbei. Unüberlegt und irgendwie als eine Art Übersprunghandlung tat ich es. Mir war das schon mal passiert. Damals war ich in einem ähnlichen Alter, nur passierte es damals in der Schule und der Junge hatte danach geheult. Doch Severus heulte nicht. Dafür war er auch gar nicht der Typ. Allerdings hätte ich damit gerechnet das er aufsprang und mich sitzen ließ. Aber auch das tat er nicht. Vermutlich weil er viel zu überfordert damit war. Ungläubig, mit weit aufgerissenen Augen schaute er mich an und ich hörte ihn schlucken. Dann blinzelte er, stammelte wirres Zeug und verstummte als ich meine Stimme wieder gefunden hatte. „Es tut mir leid, oh mein Gott das wollte ich nicht. Nein so ist das nicht gemeint. Ich meine ich wollte dich nicht in Verlegenheit bringen…“ abermals verstummte ich. Wir Beide schauten nun schweigend auf unsere Hände und bearbeiteten unsere Fingernägel, während meine Gedanken wirr umher schwirrten. Warum?! Warum?! Jasmin du bist so unglaublich dämlich so doof wie du kann man ja wirklich nicht sein! Oh mein Gott! Ich hab wirklich ein Déjà-vu! Von meinem mit Abstand peinlichsten Erlebnis das ich bis jetzt sehr erfolgreich verdrängt hatte. Tja, das würde ich vermutlich nun nie wieder vergessen, resignierte ich deprimiert mit dem Wissen, das Severus mir das vermutlich ebenfalls nie vergessen würde. Mit einem Schaudern dachte ich darüber nach, wie ich als Erwachsene  Severus eines Tages wieder traf und er mich nur böse grinsend anschaute. Ich zog den Kopf ein und versank in weiteren Grübeleien. Eine Vorstellung schlimmer als die Andere. Erst Severus Stimme riss mich aus meinem Mentalen Gefängnis. „Lass es uns vielleicht einfach vergessen und nie wieder drüber sprechen. Okay?“ Und ich nickte eifrig. Eine bessere Lösung hätte ich mir nicht erträumen können und doch wünschte ich das es erst gar nicht passiert wäre. Denn Severus stand nun auf, auch er wollte scheinbar erstmal Abstand und eine Freundschaft konnte ich mir wohl jetzt erst recht abschminken. Doch der Junge überraschte mich abermals. „Wir sehen uns dann in Hogwarts…“ er wandte den Blick ab „… und wenn du magst kann ich dir dann das ein oder andere Beibringen.“ Mehr als ein Nicken und ein stockendes „Danke… Bis dann“ bekam ich nicht über die Lippen. Doch das war okay für Severus, denn er verschwand in der Menge ohne sich noch einmal umzudrehen. Ich schaute ihm noch lange nach, ehe auch ich aufstand und zurück zu meiner Mutter ging, die im Tropfenden Kessel saß und vermutlich krank vor Sorge war. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)