Zum Inhalt der Seite

Die Farben Schneewittchens

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Suchende

„Gibt es irgendwen, den du fragen kannst?“, fragte Frodo schließlich.
 

Alle schwiegen.
 

Dann sagte Jakob:
 

„Na ja, es gibt da einen besonders alten und weisen Vampir, von dem behauptet wird, er wüsste so ziemlich alles, was sich zu wissen lohnte. Ich habe keine Ahnung, ob er weiß, was uns interessiert, aber er wäre der einzige, der mir einfällt ...“
 

„Und wo finden wir diesen Vampir?“, fragte Felix.
 

Jakob schluckte.
 

„Na ja, da wo ich herkomme.“
 

Alle sahen ihn fragend an. Jako hatte erzählt, er wäre aus Süddeutschland, aber das war wohl nur eine Legende gewesen, die er ja brauchte, um unter den Menschen zu leben ...
 

Er grinste schief und sagte:
 

„Ist zwar äußerst klischeehaft, aber die Familie des Vampirkönigs und damit auch ich leben seit Jahrtausenden in Transsylvanien.“
 

Ein bisschen mussten sie nun doch lachen.
 


 

„Dann sollten wir dort hin“, sagte Felix.
 

Jakob schluckte.
 

„Ihr wollt mich begleiten?“
 

Felix nickte.
 

„Also ... na ja ...“ Jakob stotterte. „Also einen könnte ich quasi mitnehmen. Wenn er meine Hand fasst, wird auch er zur Fledermaus. Klappt aber nur mit einem einzigen.“
 

„Gut“, sagte Felix. „Dann ... fliegt ... einer von uns mit dir. Die anderen beiden sollten sich das Märchen vornehmen. Wir haben tatsächlich im Wohnzimmer ein Exemplar der Grimms Märchen rumstehen. Und dann gibt es sicher verschiedene Fassungen im Internet. Vielleicht finden wir da einen Hinweis.“
 

„Gut“, sagte Jakob. „Und wen soll ich mitnehmen?“
 


 

Sie schwiegen einen Moment. Am liebsten hätte er Felix bei sich gehabt. Wenn Felix bei ihm war, fühlte er sich sicher und geborgen und gel ... geschützt.
 

Felix aber hatte andere Pläne.
 

„Nimm André mit. Er ist der Stärkste von uns allen.“
 

„Ja“, sagte André . „Macht Sinn. Felix sollte sich ans Lesen machen, er ist der Klügste von uns, er übersieht mit Sicherheit keinen Hinweis, wenn es einen gibt. Und Frodo, du hast irgendwie von uns das kindlichste Gemüt, was für das Lesen und Verstehen von Märchen auch nicht unbedingt verkehrt ist.“
 

Frodo guckte zuerst ein bisschen angefressen, aber ... er sah ein, dass André recht hatte. Und eigentlich mochte er sich so. Er war ein bisschen im Herzen Kind geblieben. Na und?
 


 

„Also los“, sagte André , „Lasst uns keine Zeit verlieren.“
 

„Gut“, sagte Jakob. „Aber denk dran, du darfst mich nicht los lassen, unter keinen Umständen, sonst verwandelst du dich zurück und stürzt ab.“
 

André nickte.
 

Jakob zog den Mantel an. Dann schlang er ihn so um sich und Andre, dass sie beide davon eingehüllt wurden und nahm noch dazu Andrés Hand.
 

Schon im nächsten Augenblick flatterten zwei Fledermäuse, die sich an den Krallen berührten, durch die Küche.
 

„Oh“, rief Frodo, sprang auf und öffnete das Fenster.
 

Die beiden flatterten hinaus und waren kurz darauf ihren Blicken entschwunden.
 

„Na hoffentlich geht ditte jut“, berlinerte Frodo.
 

„Es muss“, sagte Felix.
 

„Und jetzt komm, lass uns nach Hinweisen suchen!“
 


 

Sie gingen beide ins Wohnzimmer.
 

Frodo nahm das Märchenbuch und Felix begann, im Netz nach dem Märchen der Brüder Grimm zu suchen.
 


 

Bei seinen Recherchen stieß Felix auf eine interessante Sache.
 

Die beiden Brüder Grimm hatten die Sammlung der Märchen im Auftrag des Schriftstellers Clemens von Brentano begonnen, der sie dann aber nicht verwendete.
 

Sie hatten letztlich selber die Kinder- und Hausmärchen daraus gemacht.
 

Es gab nun offensichtlich eine handschriftliche Urfassung, die sich heute in der von Martin Bodmer gegründeten Bibliotheca Bodmeriana in Cologny bei Genf befindet.
 

Felix beschloss, dort anzurufen und nachzufragen, ob man irgendwie diese Urfassung einsehen könne.
 

Vielleicht würden sich darin Hinweise finden, die man im heute bekannten Märchen nicht fand.
 


 

Frodo dagegen las das Märchen, wie er es als Kind schon vorgelesen bekommen hatte: mit offenem Gemüt, unvoreingenommen und irgendwie an seinen Zauber glaubend.
 

Schließlich sagte er zu Felix:
 

„Weißt du, im Märchen ist es ja so, dass einer der Diener des Königs gestolpert ist. Dadurch wurde sie dann letztendlich erlöst. Ich überlege, ob 'gestolpert' einfach eine Metapher sein könnte. So was wie 'gestrauchelt' oder so, was ja auch einen moralischen Fehltritt bedeuten kann..“
 

Felix schaute zweifelnd.
 

„Mag sein, Frodo, aber wenn das so ist, sehe ich den Zusammenhang noch nicht.“
 

Frodo seufzte.
 

„Ich ja auch nicht.“
 

„Lass uns weitermachen“, sagte Felix. „Wir müssen irgendetwas herausfinden.“
 

„Ich lese mal andere Märchen quer“, sagte Frodo, „vielleicht finde ich irgendeinen Zusammenhang.“
 

„Gute Idee“, sagte Felix, „Ich lese hier im Netz mal noch andere Varianten des Schneewittchenthemas. Vielleicht finde ich da etwas.“
 

Und so machten sie sich wieder ans Werk.
 

Sie waren den ganzen Nachmittag beschäftigt, bis irgendwann der Abend kam.
 

Felix hatte zwischendurch mal Tee gemacht und belegte Brote geschmiert.
 

Sie gönnten sich eine kurze Pause.
 

Und dann ging es weiter.
 

Sie hatten das Gefühl, dass ihre Köpfe rauchten. Hier war eine Idee und da, hier ein loser Faden und da. Und doch, als es Nacht wurde, und sie beide müde waren, waren sie zu keinem wirklichen Ergebnis gekommen.
 

„Lass uns Pause machen“, sagte Felix, „und ein paar Stunden schlafen. Vielleicht sehen wir morgen früh mit ausgeschlafenen Köpfen klarer.“
 

Frodo war einverstanden und so gingen sie beide schlafen.
 

Und sie träumten die ganze Nacht von Zwergen, Königinnen, Prinzen, Hexen und Drachen.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Elnaro
2020-02-09T10:15:15+00:00 09.02.2020 11:15
Schneewittchen als Vampirin, was für eine verrückte Idee. Sehr cool! :D Märchen und Vampirgeschichten passen hervorragend zusammen.
Um König zu werden, muss man bestimmte Farben an sich haben, richtig? Es geht also weniger um die Abstammung. Ein interessanter Gedanke und sehr kreativ.
Was jagen Jakobs Eltern, wenn sie schreiben, dann sei er weit weg von den Menschen? Diesen Punkt hab ich nicht verstanden.


Zurück