Be My Light! von CharleyQueens ================================================================================ Kapitel 1: Traum oder Realität? ------------------------------- Langsam aber sicher kehrte so etwas wie Normalität zurück. Es wurde wieder dem Alltag nachgegangen, doch noch immer waren die Schäden von Leviathan zu spüren, die es angerichtet hatte. Zerstörte Straßen und Gebäude, die gesperrt wurden, da immer noch Einsturzgefahr bestand. Menschen, die sich in Therapie befanden, um die Erlebnisse besser verarbeiten zu können. Der Kashinoki Buchhandel war – wie durch ein Wunder – verschont gewesen und schon nach wenigen Tagen herrschte wieder der übliche Trubel. Heute war jedoch ein ruhiger Tag, mit nur wenig Kundschaft. Aber von alldem bekam Haru nichts mit, so sehr war er in seine Notizen vertieft. Er hatte es ihm versprochen. Irgendwie würde er ihn zurückholen. Doch das Buch vor ihm war definitiv nicht für den Wissensstand seiner Altersklasse bestimmt. Zu viele unerklärte Fachbegriffe, von denen der Autor ausging, dass sie seiner Leserschaft schon geläufig waren. Haru hatte sich mehr Wörter notiert, die er nachschlagen wollte, als Informationen darüber, was er eigentlich wissen wollte. Sein Appmon Gatchmon war zu Hause, zusammen mit seiner Mutter. Er hatte nicht vorgehabt, ihr von Gatchmon zu erzählen. Als Haru nach Hause gekommen war, hatte sie ihn minutenlang an sich gedrückt, mit ihm geschimpft, dass er ihr riesige Sorgen bereitet hatte und wie froh sie trotzdem war, dass er unverletzt zurück war. Sie hatte ihm sein Lieblingsessen zubereitet und bevor es ins Bett ging, hatten sie es sich dann mit einem alten Anime-Film auf dem Sofa gemütlich gemacht. Haru war irgendwann eingeschlafen und seine Mutter musste ihn in sein Zimmer getragen haben, denn das Nächste, woran er sich erinnerte, war ein Albtraum, aus dem er schreiend aufwachte. Gatchmon, das den Abend über in seinem Zimmer verbracht hatte, stand über ihm und redete besorgt auf ihn. Dann ging seine Zimmertür auf und seine Mutter hatte im Flur gestanden. Er wollte noch rufen, dass alles in Ordnung war, doch sie hatte schon den Lichtschalter angeknipst. Und so hatte Harus Mutter Gatchmon kennengelernt. Weil ihm nichts anderes übrigblieb, erzählte er ihr von dem, was das letzte Jahr über passiert war. Er war erleichtert, dass sie nun Bescheid wusste. Gatchmon konnte sich in ihrer Wohnung freibewegen, ohne dass es sich Sorgen machen musste, von Harus Mutter erwischt zu werden. Und nach dem anfänglichen Schock war sie begeistert von ihm. So begeistert, dass sie Gatchmon alle möglichen Babyfotos von Haru zeigte, etwas, was Haru definitiv bereute. Er seufzte schwer und starrte auf die klein geschriebenen Wörter, bis sie zu verschwimmen begannen. Vielleicht sollte er eine Pause einlegen. Zumindest etwas trinken. Das Glas Wasser, dass Ai ihm gebracht hatte, ehe sie sich mit Eri treffen wollte, war nicht einmal zur Hälfte geleert. Wenn er jetzt hier wäre, dann hätte er Haru schon längst dafür geschalten, dass er nicht immer das Trinken vergessen sollte, wenn er mit irgendetwas beschäftigt war. Aber er war nicht da. Und Haru stürzte sich nur seinetwegen in all diese Arbeit. Er streckte seine Hand aus, um nach dem Glas zu greifen, und kam dabei gegen sein Radiergummi, fegte es vom Tisch. Haru rutschte seinen Stuhl nach hinten und beugte sich dann, um den Radierer aufheben zu können. Da waren Schritte auf der Treppe. Er griff nach dem Radiergummi und wollte sich wiederaufsetzen, als seine Stimme die Stille durchdrang. „Haru!“ Plötzlich war sein Mund trocken. War er vielleicht doch eingeschlafen und das war nur ein Traum? Kurz überlegte er, einfach so zu tun, als hätte er nichts gehört und zu warten, bis er wieder aufwachte. Aber selbst, wenn es nur ein Traum war, er wollte wenigstens noch einmal sein Gesicht sehen. Haru drehte sich um und blickte die Treppe rauf. Sein Gesicht erhellte sich, als er ihn sah. Yuujin stand auf der untersten Stufe und sah ihn unsicher an. Das musste ein Traum sein. Im Anime war das jetzt die Stelle, wo sich die Protagonisten gegenseitig in die Wange kniffen nur um dann festzustellen, dass sie wirklich wach waren. Aber wenn es wirklich ein Traum war, dann wollte er nicht aufwachen. Noch nicht. Wenigstens ein einziges Wort wollte er mit Yuujin gewechselt haben. Vielleicht sollte er es riskieren und diesen Traum noch etwas länger auskosten. Die Handlung selbst bestimmen. Er war doch der Protagonist in seinen eigenen Träumen, oder? Eilig stand er auf und stürzte dann auf Yuujin zu, nur um wenige Schritte vor ihm stehen zu bleiben. Ängstlich sah er zu ihm auf. „Yuujin“, flüsterte er seinen Namen und der Angesprochene sah ihn hoffnungsvoll an. „Ich wünschte wirklich, dass wäre nicht nur ein Traum…“ „Und wenn ich dir sage, dass es kein Traum ist?“ Yuujins Stimme zitterte leicht. Haru musste nur einen Schritt nach vorne machen und könnte Yuujin wieder festhalten. Aber etwas hinderte ihn. „Mit deiner Entscheidung damals hast du Leviathan mächtig beeindruckt“, erklärte Yuujin, nachdem Haru ihn immer noch stumm ansah. „Ehe sein Programm gelöscht wurde, hat er mich apprealized. Das hier ist … ein richtiger Körper, der fühlen kann und nicht nur, weil ein Programm es befiehlt.“ Leviathan. Haru blinzelte mehrmals, um Yuujins Sätze zu verarbeiten. Er hatte sich oft genug Szenarien ausgemalt, in denen Yuujin auf magische Weise plötzlich vor ihm stand, aber dass ausgerechnet Leviathan dafür verantwortlich war, hätte er sich nicht in seinen tiefsten Träumen auszumalen gewagt. Vielleicht war das hier ja wirklich kein Traum. Zögernd streckte Haru seine Hand aus, berührte Yuujins Wange. Sie war weich und warm, aber sie hatte sich schon immer wie echte Haut angefühlt. „Bist du wirklich wieder da?“, fragte er nervös, seine Stimme beinahe nur ein Flüstern. Yuujin nickte langsam und lächelte dann breit. „Haru! Wir sind wieder zurück!“ Eris Stimme drang durch den Raum und das junge Idol erschien auf der obersten Treppenstufe, händchenhaltend mit Ai. Dokamon schwebte auf seinem Chip hinter den beiden her. „Oh!“ Sie blieb stehen, als sie Yuujin entdeckte. Ihre Augen weiteten sich geschockt, ehe sie sich zu Ai umdrehte. „Eri-chan!“, rief Dokamon aufgeregt und flog auf Haru und Yuujin zu, schwebte mehrmals um die beiden herum. „Eri-chan, siehst du auch, was ich sehe?“ „Kneif mich mal bitte!“, verlangte sie von Ai. „Ich halluziniere entweder oder aber ich träume. Und ehrlich gesagt, will ich nicht, dass dieser Nachmittag mit dir nur ein Traum sein soll!“ Ai kicherte sanft. „Das ist definitiv kein Traum“, meinte sie dann. „Vielleicht war was im Essen drin?“, überlegte Eri laut. Ai errötete neben ihr. „D-dann würde Haru ihn aber nicht sehen können, oder?“, fiel ihr ein und die beiden jungen Mädchen blickten aufgeregt zwischen Haru und Yuujin hin und her. Nein, das war definitiv kein Traum. Haru griff nach Yuujins Hand, der ihn verdutzt ansah, und zog ihn dann die Stufen nach oben. „Yuujin ist wirklich wieder da!“, erklärte er laut. Er war den Tränen nahe und unterdrückte sie doch. Nicht, weil er sich schämte, zu weinen. Er wollte nur nicht, dass Yuujin ihn so sah. Schließlich war er wieder da und Haru war glücklich, da waren Tränen nicht angepasst. Selbst wenn es Freudentränen waren. „A-aber wir haben ihn sterben sehen“, plapperte Dokamon aufgeregt. „Wie kann das also möglich sein?“ „Leviathan hat mich zurückgebracht“, erzählte Yuujin ihnen das, was er bereits Haru erzählt hatte. „Aber der Kampf mit Leviathan ist doch schon drei Wochen her“, meinte Dokamon verwundert. „Wieso bist du nicht früher hergekommen?“ Neben ihm verkrampfte Yuujin sich und Haru schritt ein. „Ich bin mir sicher, dass Yuujin Gründe dafür hatte“, meinte er beschwichtigend. „Alles, was zählt ist doch, dass er wieder hier ist.“ Yuujin flüsterte ihm ein Dankeschön zu und drückte dann seine Hand. Was immer ihn aufgehalten hatte, Yuujin würde es ihm erzählen, wenn die Zeit reif war. Ai und Dokamon nickten zustimmend, nur Eri verschränkte ihre Arme und sah Yuujin nachdenklich an. Dann ging sie auf ihn zu, drückte ihm die Faust gegen die Brust. „Wenn du Haru noch einmal das Herz brichst, werde ich dir so einen harten Dokkan-Punch verpassen, der dich bis ans Ende des Universums beförderst!“, warnte sie ihn und stupste ihn dann mit ihrer Faust. „Verstanden?“ Yuujin nickte und sah sie ernst an. „Es tut mir leid“, entschuldigte er sich dann. „Nicht nur, was ich Haru angetan habe, sondern auch dir, Astra, Rei … und Offmon.“ „Ich hoffe, du entschuldigst dich persönlich bei ihnen“, meinte Eri grinsend und senkte ihren Arm. „Es ist wirklich schön, dich wiederzusehen“, meinte sie dann und zog ihn in eine Umarmung. „Aww!“, kommentierte Dokamon und gesellte sich dann dazu. „Ai, Haru, worauf wartet ihr noch?“, fragte Eri genervt und Ai legte ihre Arme ebenfalls um Yuujin und ihre Freundin. Haru zögerte und blickte auf die Hand, die noch immer Yuujins festhielt. Da war ein kleiner Stich in seinem Herzen, dass er Yuujin gerne als erstes umarmt hätte und am liebsten noch länger mit ihm alleine sein wollte. „Haru?“ Yuujin sah ihn nervös an, seine Augen huschten über sein Gesicht und er biss sich auf die Unterlippe, so als hätte er Angst, dass Haru ihn ablehnen würde. Haru sagte nichts, sondern schloss sich einfach nur der Umarmung an. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)